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UNIVERSALISD A S A L A N U S M A G A Z I N
06 // September 2015 // www.alanus.edu
Kostenlos ABONNIERENwww.alanus.edu/ universalis
INNOVATION – NUR ETWAS FÜR MACHER?Seite 14 // Gesellschaftsgestalter gesucht!
„ICH MUSS NICHT ALLES SELBST KÖNNEN“Seite 36 // Erkenntnisse aus dem Praxistraining zur Teamleitung in sozialen Einrichtungen
Titelthema
SOZIALE IMPULSESeite 6 – 19 // Mit Initiativkraft und Verantwortung unsere Gesellschaft gestalten
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3Editorial
Die soziale Frage wurde im Lichte sozialistischer Weltdeutung im 19. und 20. Jahrhundert
häufig nur als Klassenkampf und als Überwindung der materiellen Ungleichheit mit dem
Ziel Wohlstand für alle zu schaffen, gesehen. Gelingen sollte dies mittels eines omniprä-
senten sozialistischen Staates. Der Staat sollte dabei, um das Wohl aller zu garantieren,
das Leben der Bürger organisieren, bestimmen und überwachen und so das egoistisch-
kapitalistische Streben des Einzelnen ausschalten.
Die Überwindung von sozialer Benachteiligung ist zweifelsohne ein hohes gesellschaft-
liches und staatliches Ziel. Jedoch lehren gerade die Erfahrungen mit totalitären Regimen
im 20. Jahrhundert, dass der gute Staat eher der zurückgenommene Staat ist und dass
gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen nicht in erster Linie von Parteien
und Behörden, sondern von den Bürgern ausgehen müssen. Es geht vor allem darum,
die Freiräume des individuellen und kollektiven Handelns zu sichern und zu schützen.
Ein Staat ist daher daran zu messen, wie viel Freiheitsraum er seinen Bürgern ermög-
licht, und wie sehr er es vermeidet, sie zu bevormunden und zu funktionalisieren. Gute
Verfassungen schützen ihre Bürger vor dem übergriffigen Staat und wertschätzen damit
ihre Würde.
Die Würde des Menschen gründet in seiner Freiheit und in der Fähigkeit, Verantwortung
für sich selbst und das Ganze zu übernehmen. Freiheit und Verantwortung erfordern
Initiative und die Fähigkeit, sein Leben sinnvoll und mit Respekt gegenüber Natur und
Mensch zu gestalten. Solche sozialen und ökologischen Kompetenzen kommen nicht
von selbst, sondern bedürfen der Pflege. Hier liegt die Aufgabe von Bildung insgesamt
und von Hochschulbildung im Speziellen. Gelingt ihr dies, so sorgt sie dafür, dass die
Freiräume der modernen Gesellschaft tatsächlich mit der Initiative der Bürger gefüllt
werden können. Gute Bildung entfacht im Menschen das Bewusstsein, dass er ein Kul-
turwesen ist, das sich biographisch und gesellschaftlich selbst in die Hand nehmen
kann und für sich und das Ganze stets mitverantwortlich ist. Sie vermittelt Mut und
Vertrauen in die Initiativkraft des Individuums einerseits und Sinn für Verantwortung
andererseits. Bildung ist der beste Garant für eine nachhaltige Zukunft und für soziale
Innovationen, die allein den immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Problemen
gerecht werden können.
Dieses Thema greifen wir in der vorliegenden Ausgabe unter dem Titel Soziale Impulseauf und möchten damit einige Denkanstöße geben. Wir wünschen Ihnen eine anregende
Lektüre.
Ihr Prof. Dr. Marcelo da VeigaRektor der Alanus Hochschule
LIEBE LESERINNEN
UND LESER,
Kommunikation für kleine Geldbeutel
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4 Inhalt
Titelthema: Soziale Impulse
6 DER SOZIALIMPULS DER WALDORFPÄDAGOGIK Analyse und Standortbestimmung der
„Schule für alle“
11 HERAUSFORDERUNG ARMUT Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft
fördert Studentenprojekte
14 INNOVATION – NUR ETWAS FÜR MACHER? Gesellschaftsgestalter gesucht!
17 GUTES TUN UND DAVON PROFITIEREN?! BWL-Absolventen und ihre Gründerprojekte
Campus
20 MAHLGUT WIRD KUNSTGUT LandArt in der Mühle von Lézaff
22 BEGEGNUNGSRÄUME UND COUCHSURFING Im Gespräch mit den Studenten Aljoscha Zöller
und Jan Vaupel
24 EINE OASE AUF DEM DACH Architekturstudenten entwerfen
für das Uniklinikum Bonn
Forschung26 EINE MITTE FÜR SCHMIDTHEIM
Architekten erforschen bürgerschaftliches
Engagement für Baukultur
29 GEMEINSAM NACHHALTIG Forschungsprojekt zur Einbindung von Mitarbeitern
146
5Inhalt
Der besondere Ort
31 ROTE LINIEN AM JOHANNISHOF
Engagement
32 „IMPULSE SETZEN“ Gespräch mit Achim Grenz, Vorstandsmitglied
der Software AG-Stiftung, zum neugegründeten
Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik
Alanus Werkhaus
34 „ICH MUSS NICHT ALLES SELBST KÖNNEN!“ Erkenntnisse aus dem Praxistraining zur Teamleitung
in sozialen Einrichtungen
36 DEN MENSCHEN IN DEN MITTELPUNKT STELLEN Fortbildung für Ausbilder am Alanus Weiter-
bildungszentrum
Menschen
38 ANNETTE WEISSKIRCHER Eine Professorin, die sich um die Balance kümmert
40 DENKEN IN RÄUMEN Ein Atelierbesuch bei Hannah Schneider –
Trägerin des Alanus Kunstpreis
42 ABSOLVENTEN MIT GESTALTUNGSWILLEN
43 Kurz & Knapp
46 Terminvorschau
47 Impressum Alle abgebildeten Werke sind Arbeiten von Studenten oder Mitarbei-tern der Alanus Hochschule oder des Alanus Werkhauses
31 40
6 Titelthema: Soziale Impulse
DER SOZIALIMPULS DER WALDORFPÄDAGOGIK
7Titelthema: Soziale Impulse
Eine Schule für alle, weg vom bürgerlichen Bildungsprivileg hin zu einem individualisierten Bildungsverständnis – das war eine der Ideen, die Rudolf Steiner bei der Gründung der ersten Waldorfschule zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfolgte und mit der er wegweisende Impulse gab. Doch wird die Waldorfschulbewegung diesem Anspruch heute noch gerecht?
8 Titelthema: Soziale Impulse
Bunt lasierte Räume in Gebäuden, bei denen
der rechte Winkel verpönt ist und deren schrä-
ge Ecken an Fenstern und Wandflächen das
Label organische Architektur tragen, die aber
nicht selten von einer eigentümlich monumen-
tal-schwerfälligen Dachlastigkeit geprägt sind.
Darin fröhliche und lerneifrige Kinder, die sich
scheinbar spielend und stressfrei Rechnen,
Lesen und Schreiben aneignen und dabei zu-
gleich ein Feld bebauen, Schnitzarbeiten aus-
und in pastellenen Eurythmiekittelchen Rei-
gentänze aufführen.
Dieses Bild prägt seit Jahrzehnten die Waldorf-
pädagogik in Deutschland. Jeden Morgen wer-
den die Kleinen von im Alternativchic gestyl-
ten „SUV-Müttern“ zur Schule gefahren: eine
elitäre, akademisch geprägte Gesellschafts-
schicht, die sich Bildung jenseits staatlicher
Verfügungswillkür, die in grauen Lernsilos mit
hohem Migrantenanteil stattfindet, leisten
können.
Dabei ist die erste Waldorfschule 1919 in
Stuttgart aus dem Unternehmerethos Emil
Molts, Inhaber der Waldorf-Astoria-Zigaret-
tenfabrik, als Bildungseinrichtung für Arbeiter-
kinder gegründet worden. Was ist aus diesem
Sozialethos der Waldorfpädagogik geworden?
In Deutschland und weltweit sind Waldorf-
schulen Privatschulen, die sich trotz staatli-
cher Beihilfen nur mit dem zusätzlichen Schul-
geld der Eltern finanzieren können, wobei das
staatliche Sonderungsverbot, demnach die
Schulwahl nicht einkommensabhängig sein
darf, von den Waldorfschulen unterstützt wird.
Und dennoch: Die Waldorfschule hat sich zu
einer Schule für die bürgerliche akademische
Mittelschicht in Deutschland etabliert. Das ist
so nicht intendiert gewesen.
Rudolf Steiner, der das pädagogische Kon-
zept der Waldorfschule entworfen hat, woll-
te, wie viele Reformpädagogen in dieser Zeit,
den staatlichen Buchschulen, die abfragba-
re Wissensbrocken in die Köpfe der Schüler
transferierten, eine kindzentrierte Pädagogik
gegenüberstellen. Der soziale Impuls war weit-
reichend.
EINE SCHULE FÜR ALLE
Die Waldorfschule will eine Schule für alle sein.
Zur Zeit ihrer Gründung war höhere Bildung
das alleinige Privileg einer bürgerlichen Gesell-
schaftsschicht. Die Waldorfschule sollte eine
Schule für alle Kinder werden. Dies ist heute
nichts Besonderes mehr, da der Bildungszu-
gang für alle und die freie Schulwahl verfas-
sungsrechtlich geschützt sind. Entscheidender
ist gegenwärtig, dass die Waldorfschule keine
Leistungsselektion vornimmt und daher auch
entsprechende Instrumente wie Notengebung
und Sitzenbleiben ablehnt. Der Unterricht fin-
det in leistungsheterogenen Gruppen statt und
ist um ein hohes Maß an individueller Förde-
rung bemüht. Zudem lehnt sie eine einseitig
kognitive Gewichtung des Lernens ab, wie es
durch die Dominanz der sogenannten Haupt-
fächer (Mathematik, Deutsch und Englisch) im
Regelschulsystem zum Ausdruck kommt.
Die Waldorfpädagogik steht für einen ganzheit-
lichen Ansatz, der kognitive, musisch-künstle-
rische und handlungspraktische Lernbereiche
(Kopf, Herz und Hand) gleichermaßen gewich-
tet. Das Begabungsspektrum der Kinder soll
in allen Bereichen angesprochen und geför-
dert werden. Dabei wird auch der unterschied-
lichen Lern- und Entwicklungsgeschwindigkeit
der einzelnen Kinder Rechnung getragen. Denn Waldorfschulen sind Vorkämpfer für ein individualisiertes Bildungsverständis
Werden Waldorfschulen ihren pädagogischen Idealen gerecht?
9Titelthema: Soziale Impulse
die frühe Selektion des deutschen Regelschul-
systems führt dazu, dass Berufsbiographien
oft schon nach dem Ende der Grundschulzeit
feststehen, wenn verpflichtende Empfehlun-
gen für weiterführende Schulen ausgesprochen
werden.
FREIE SCHULEN
Waldorfschulen gelten und begreifen sich
selbst als freie Schulen. Das bedeutet, dass
sie gegenüber den ministeriellen Vorgaben für
das Regelschulsystem bestimmte Freiräume
(bundeslandspezifisch variierend) bezogen
auf ihre Lehrplangestaltung und die Anstellung
von Lehrkräften besitzen. Rudolf Steiner hatte
hier eine weitreichendere Perspektive. Er setz-
te in Bildungseinrichtungen auf die Autonomie
eines sich selbst regulierenden freien Geistes-lebens, wie es im Hochschulbereich selbstver-
ständlich ist. Im Schulbereich gibt es dagegen
bis heute ein hohes Maß an externer Kontrolle
durch Schulaufsichten, die – wie sich an vie-
len Stellen zeigt – ungeeignet ist, Bildungs-
qualität und -zufriedenheit zu gewährleisten. Kognitive, künstlerisch-musische und handwerkliche Elemente sind gleichermaßen wichtig
10 Titelthema: Soziale Impulse
Hier sind Waldorfschulen bis heute Vorkämp-
fer für ein individualisiertes Bildungsverständ-
nis, das seine qualitativen Maßstäbe im Dia-
log aller Beteiligter (Eltern, Lehrer und Schüler)
generiert (selbstverständlich im Einklang und
in Anerkennung des bundesrepublikanischen
Wertekanons).
ELTERNBETEILIGUNG
Die Einbeziehung und aktive Zusammenarbeit
mit den Eltern ist eine der tragenden Säulen
der Waldorfpädagogik. Denn Waldorfschulen
existieren nur und können nur existieren, weil
es Eltern gibt, die das Vertrauen haben, dass
ihr Kind auf einer Waldorfschule von den Leh-
rern verstanden und gefördert wird. Dies sind
die entscheidenden Qualitätsmerkmale: Ver-
ständnis und Förderung. Waldorfschulen wer-
den nicht von Behörden und auch nicht von
Lehrern, sie werden von Eltern gegründet, die
für ihr Kind die aus ihrer Sicht beste Pädagogik
wünschen. Dabei ist viel Einsatz gefragt, der
über die finanzielle Beteiligung hinaus Mithilfe
bei der Schulraumgestaltung und bei Schulfei-
ern, pädagogische Begleitung auf Elternaben-
den und im Austausch mit Lehrkräften fordert.
Unberührt bleibt allerdings die pädagogisch-
fachliche Autonomie und Autorität der Lehr-
kräfte, die dafür ausgebildet sind.
LEHRERKOLLEGIUM UND WIRT-SCHAFTSGEMEINSCHAFT
Ein besonderes soziales Ethos der Waldorf-
pädagogik besteht darin, dass sich alle am
pädagogischen Prozess beteiligten Lehrkräf-
te als egalitäre Wirtschaftsgemeinschaft be-
greifen. Die Waldorfpädagogik verzichtet auf
eine Binnenhierarchisierung in Form eines
Rektorates. Oberstes beschlussfähiges und
verantwortungstragendes Organ ist die Leh-
rerkonferenz, in der alle Kolleginnen und Kol-
legen gleiche Rechte haben. In der Regel gibt
es aus arbeitsökonomischen Gründen auf Zeit
gewählte Delegationen, die allerdings gegen-
über der Lehrerkonferenz rechenschaftspflich-
tig sind. Wirtschaftlich sind alle Kolleginnen
und Kollegen untereinander gleichgestellt. Es
gibt in der Regel lediglich deputats- bzw. al-
ters- und familienstandsabhängige finanzi-
elle Differenzierungen, die wiederum in einer
gemeinsam verabschiedeten Gehaltsordnung
vereinbart werden. Eine Lehrkraft der Unter-
stufe hat demnach im Prinzip das gleiche Ein-
kommen wie eine Lehrkraft der Oberstufe. Dies
ist für deutsche, aber auch für internationale
Verhältnisse einmalig, da hierdurch die päd-
agogische Arbeit aller gleichermaßen gewür-
digt wird.
INSEL DER SELIGEN?
Bilden die Waldorfschulen damit Inseln der
Seligen in der heutigen Bildungslandschaft?
Mitnichten. Das oben ausgesprochene päda-
gogische Ideal wird sicherlich nicht an allen
Waldorfschulen vollständig umgesetzt. Viele
hadern mit Qualitätsproblemen und Konflikten
im Zuge ihrer Selbstverwaltung. Zudem bilden
Waldorfschulen schon lange nicht mehr (wie
oben bereits angedeutet) den Querschnitt un-
serer Gesellschaft ab. Es gibt kaum Kinder mit
Migrationshintergrund an Waldorfschulen. Das
hat Christiane Leiste, Initiatorin eines neuen
Schulprojektes in Hamburg, dazu geführt,
Waldorfpädagogik ganz bewusst und gezielt
in einer staatlichen Grundschule in einem
sogenannten Brennpunktviertel in Hamburg-
Wilhelmsburg zu integrieren. Christiane Leiste
sagt dazu: „Die Waldorfschule hat die letzten
hundert Jahre im Gewächshaus existiert“, d. h.
unter geschützten Bedingungen, „nun wird es
Zeit, dass sie sich der Wirklichkeit stellt“.
Ein weiteres sozial impulsierendes Beispiel bil-
det die interkulturelle Waldorfschule in Mann-
heim. Und auch international gibt es zahlrei-
che Waldorfschulen, die in von Not, Armut und
Konflikten geprägten Regionen über politische
und kulturelle Grenzen hinweg eine hervor-
ragende pädagogische Basisarbeit leisten. In
diesem Sinne ist zu hoffen, dass sich die in-
novative soziale Kraft der Waldorfpädagogik
weiterentwickelt und sie aus ihrem bürgerli-
chen Dornröschenschlaf in Deutschland her-
austritt.
Von: Jost Schieren // Professor für Schul-
pädagogik mit Schwerpunkt Waldorf -
pä dagogik
Die soziale Kraft der Waldorfpädagogik weiterentwickeln
11Titelthema: Soziale Impulse
HERAUSFORDERUNGARMUT
Sie begleitet uns in den Nachrichten, auf den
Straßen, vielleicht sogar im persönlichen Um-
feld und bleibt doch oft unsichtbar: Armut.
Ein Thema, mit dem sich die meisten Men-
schen nicht gerne beschäftigen. Der Wettbe-
werb „Perspektive Armut“ der Montag Stiftung
Kunst und Gesellschaft und der Alanus Hoch-
schule forderte Studenten auf, sich künstle-
risch im öffentlichen Raum mit diesem Thema
auseinanderzusetzen.
Die fünf Gewinnerprojekte werden aktuell um-
gesetzt. Dazu gehört das Projekt „Drinnen
trifft Draußen“ von Theresa Herzog, Sarah
Arend und Lisa Küpper. Die drei jungen Frauen
wollen die Besucherzone der Justizvollzugsan-
stalt Köln-Ossendorf künstlerisch gestalten,
um eine angenehme Gesprächsatmosphäre
für Insassen und Angehörige zu schaffen. In
dem Projekt vereinen die drei ihre unterschied-
lichen Studienhintergründe: Kunst-Pädagogik-
Therapie, Kindheitspädagogik und Architektur.
Malereistudent Leo Fischer und Leon von der
Eltz, Absolvent der Betriebswirtschaftslehre,
werden mit einem „Büro für Wunschvermitt-
lung“ durch die Stadt ziehen, um Wünsche und
Angebote von Menschen zusammenzubringen.
Die Malereistudentinnen Lilian Friese und
Jacqualine Burk wiederum binden den aktuel-
len „Selfie-Trend“ in ihr Projekt ein. Wie sehen
mich andere? Wer bin ich wirklich? Wie möchte
ich gerne gesehen werden? Dazu werden sie
Kameras und einen Kostümfundus in Bahn-
hofsmissionen und Flüchtlingsheimen aufstel-
len und Menschen bitten, sich selbst zu foto-
grafieren. Außerdem sind eine Ausstellung in
der LVR-Klinik Bonn, einer Klinik für Psychiatrie,
und ein Projekt zur Gefühlsarmut bei Kindern
und Jugendlichen aufgrund von Sprachbarrie-
ren geplant. Die Studenten haben bis November
Zeit, ihre Ideen umzusetzen. Die Stiftung för-
dert die Projekte mit jeweils 1.000 Euro.
Wieso hat die Jury sich für diese Projekte ent-
schieden? Was lösen partizipative Kunstpro-
jekte bei den unterschiedlich Beteiligten aus?
Diese und weitere Fragen beantworten Stif-
tungsvorständin Ruth Gilberger und Professor
Thomas Egelkamp, der die Projekte betreut, im
Gespräch.
Studenten entwickeln mit Unterstützung der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft künstlerische Projekte mit sozialer Teilhabe
12 Titelthema: Soziale Impulse
Frau Gilberger, Herr Egelkamp, was hat Sie an den geförderten Projekten
überzeugt?GILBERGER: Alle Projekte überzeugten durch
ebenso präzise Fragestellungen wie ergebnis-
offene Projektverläufe, die sich zielgruppen-
orientiert mit dem Thema „partizipative Kunst-
projekte als Motor gesellschaftlichen Wandels
– Armut als Herausforderung“ beschäftigen.
Ein besonderer inhaltlicher Fokus liegt auf dem
Ort des Projektgeschehens: Justizvollzugsan-
stalt, Landesklinik, Flüchtlingsheim und der
öffentliche Raum werden von den partizipa-
tiven Projekten in besonderer Weise künstle-
risch sichtbar gemacht, indem sie durch un-
gewohnte Perspektiven mit den Menschen vor
Ort neue Möglichkeits- und Handlungsräume
gestalten. — EGELKAMP: Die Entscheidung
für die Förderung fiel nicht leicht. Es wurden
aktuell dreimal so viele Projekte eingereicht
wie beim ersten Mal, und zwar aus allen Fach-
bereichen. Eine sehr große Spannbreite künst-
lerischer Projektideen.
Frau Gilberger, Armut war bereits Thema der ersten Ausschreibung 2014.
Warum haben Sie es erneut aufgegriffen? GILBERGER: Die erste Ausschreibung soll-
te auf das große Praxisprojekt „Public Resi-
dence“ der Stiftung in Dortmund reagieren
(Anm. d. R.: Insgesamt lebten sieben Kunst-
schaffende ein Jahr lang am Borsigplatz in
Dortmund und entwickelten mit der Bevölke-
rung Projekte, die das Quartier verändern soll-
ten). Armut als eigentliches Thema ist dabei auf
einmal in den Hintergrund gerückt. Was sehr in-
teressant ist, da die meisten Menschen dort
als arm bezeichnet werden. Das Thema schien
mir noch nicht abgeschlossen. Wir haben uns
gefragt, wer uns das Recht gibt, darüber zu be-
finden, wer arm ist und wer nicht. Geht es um
materielle Armut? Freiwillige Armut? Kulturelle
Armut? Mit diesem Thema beschäftigen sich
die meisten Menschen nicht gerne, aber bei den
Studierenden hat es einen nachhaltigen Ein-
druck hinterlassen. Es haben sich während der
ersten Ausschreibung viele interessante Fragen
ergeben, so dass wir uns entschieden haben,
das Thema erneut aufzugreifen.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie über die geförderten Projekte?
GILBERGER: Ein Kriterium ist der Tandem-Ge-
danke. Wir bemühen uns, Projekte zu finden,
bei denen die Teams möglichst unterschied-
lich sind, zum Beispiel Wirtschaftsstudie-
rende, die zusammen mit Kunststudierenden
? ? ?
Im vergangenen Jahr baute eine Gewinnergruppe gemeinsam mit Flüchtlingen eine Tafel am Frankenbad in Bonn
13Titelthema: Soziale Impulse
arbeiten. Das zweite Kriterium ist die Relevanz
des Themas und das Dritte ist die Innovation
und Einzigartigkeit des Projektes. Nicht zuletzt
zählt natürlich die ästhetische und künstleri-
sche Qualität. — EGELKAMP: Und die Projek-
te sollen partizipativ sein. Es geht nicht um
die Selbstdarstellung der Künstlerinnen und
Künstler, sondern es muss eine Art der Par-
tizipation geben, das heißt zu dem jeweiligen
Thema sollen passende Bevölkerungsgruppen
einbezogen werden.
Herr Egelkamp, welche Erfahrungen können die Studenten im öffentlichen
Raum machen?EGELKAMP: Die meisten Studierenden haben
noch nicht viel Erfahrung im öffentlichen
Raum. Durch die Praxisprojekte lernen sie, wie
sie sich als Kunstschaffende im öffentlichen
Raum bewegen, was notwendig ist, um mit
verschiedenen Personengruppen partizipativ
zu arbeiten, aber auch, wo Grenzen sind. Nicht
alles funktioniert wie in der Vorstellung. Bei
Projektarbeit gibt es keine Wiederholungen, du
kannst keine Rezepturen einsetzen. Durch sie
wird die Lehre fassbar. Die Studierenden glei-
chen die Theorie mit der Praxis ab und gehen
beim nächsten Mal ganz anders mit dem the-
oretischen Wissen um. Sie merken, dass Stu-
dieren nicht nur Wissensvermittlung, sondern
auch Erfahrungswissen ist. Um es mit den
Worten von John Dewey zu sagen: „Ein Gramm
Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie.“
Wie nachhaltig sind die Projektideen?EGELKAMP: Eines der laufenden Projek-
te wurde bereits im vergangenen Jahr geför-
dert. Die Studierenden sind mittlerweile im
Masterstudiengang und haben das Thema
weiterentwickelt. Auch für den Stadtteil Me-
dinghoven wurde erneut eine Projektidee ein-
gereicht. Viele Studierende, die bei der Aus-
schreibung mitmachen, sind im zweiten oder
dritten Studienjahr und kommen dadurch auch
in Kontakt zu Institutionen. Projektarbeit ist
der beste Einstieg in die berufliche Praxis. —
GILBERGER: Von Stiftungsseite interessiert
mich im Rahmen der Kooperation auch der
Theorie-Praxis-Transfer in beide Richtungen.
Uns freut es natürlich, wenn zwei von drei Pro-
jekten weitergehen und man das Gefühl hat,
man kann mit diesen Projekten ganz viel be-
wegen.
Herzlichen Dank für das Gespräch! SST
PERSPEKTIVE ARMUTDas Projekt „Perspektive Armut“ des Instituts für philosophische und ästhetische Bildung der Alanus Hochschule wird zum zweiten Mal, zusammen mit der Transferstelle „Partizipa-tive Kunst“, unter der Leitung von Professo-rin Gabriele Oberreuter, als Kooperation mit der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft durchgeführt. Ein zentrales Ziel ist die Ver-bindung künstlerischer Handlungsweisen mit sozialem Engagement und gesellschaftlichen Fragestellungen. Am 4. Dezember 2015 findet die öffentliche Abschlusspräsentation statt.
Ruth Gilberger // Vorständin der Mon-
tag Stiftung Kunst und Gesellschaft in
Bonn — Thomas Egelkamp // Professor
für Kunstvermittlung und Kunst im öffent-
lichen Raum
? ?
14 Titelthema: Soziale Impulse
INNOVATION – NUR ETWAS FÜR MACHER?
„Mein altes Leben schmeckt wie ein labbriger
Toast … Mir platzt der Kopf, alles muss sich
verändern … Wenn’s dir nicht gefällt, mach
neu!“ Diese Zeilen stammen aus einem Lied
von Peter Fox, das vor einigen Jahren den Nerv
der Zeit traf und die Spitze der Charts er-
klomm. Dazu trug auch das innovative Musik-
video bei, in dem trommelnde Affen den Takt
vorgeben und scheinbar unaufhaltsam Farbe
in die graue Landschaft bringen, womit „alles
neu“ wird. Der ganze Vorgang erscheint symp-
tomatisch: Was neu ist, landet ganz oben. Wer
innovativ ist, gewinnt. Und wer nicht beim
Alten verharrt, kommt voran.
NUR NOCH NEUES UNTER DER SONNE?
Der hohe Stellenwert, den das Neue, das Inno-
vative in unserem Leben einnimmt, ist freilich
älter als ein Jahrzehnt, aber so alt dann doch
nicht, wie man vielleicht glauben könnte. Er
Gesellschaftsgestalter gesucht!
15Titelthema: Soziale Impulse
entstand am Ende des Mittelalters und damit
zu Beginn einer Epoche, der man später be-
wusst den Namen „Neuzeit“ gab. Eine Fülle
von historischen, philosophischen, religiösen,
ästhetischen, sozialen und ökonomischen
Faktoren führte damals dazu, dem Alten und
Traditionellen kein Vertrauen mehr zu schen-
ken. Wer sicheren Stand finden wollte, um die
theoretischen und praktischen Herausforde-
rungen der Gegenwart zu bewältigen, muss-
te die morschen alten Gebäude mitsamt ihren
Grundmauern abreißen und selbst ein neues
Fundament legen, auf dem man dann sichere
Aufbauarbeit leisten konnte. „Ich denke, also
bin ich“ – so lautete die bekannte Einsicht von
René Descartes, die den Beginn der modernen
Wissenschaften markierte. Diese gehen ana-
lytisch vor, methodisch und akzeptieren nur
das als Wissen, was der Überprüfung durch
Experimente standhält, noch standhält – bis
es durch neue Erkenntnisse abgelöst wird. Weil
damit auch der Siegeszug der modernen Tech-
nologien zusammenhängt, deren Fortschritt
bis heute nicht nur anhält, sondern sich ste-
tig zu beschleunigen scheint, kann man das
Selbstverständnis des neuzeitlich-modernen
Menschen um folgende Aussage erweitern:
„Ich mache, also bin ich.“
DAS IMMER GLEICHE IM GEWAND DES NEUEN?
Der Ruf nach Innovation erschallt also seit
Langem, aber heute offensichtlich lauter
denn je. Auch Fox rückt daher in seinem Lied
mit „Baumaschinen, Baggern und Walzen und
Kränen“ an, um auf und aus den Trümmern
des Alten Neues zu erschaffen. Kein Wunder,
dass diese umfassende Erneuerungsbewegung
vor unserem Selbstverständnis als Menschen
nicht halt macht. Zu machen, um zu sein,
heißt eben auch, sich zu machen, sich besser zu machen, um mithalten zu können in unserer
Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der digita-
len Technologien klingt das dann so: „Bin das
Update, Peter Fox 1.1 … Ich bin euphorisiert,
und habe teure Pläne.“
Mit Nachdruck an sich selbst zu arbeiten, sich
zu optimieren, scheint das Gebot der Stunde.
Und doch mischen sich Misstöne in das inno-
vative Konzert. Ist das Neue wirklich immer
das Bessere? Führt uns dieser Fortschritt
nicht auch fort von uns selbst? Erkaufen wir
die Euphorie der Selbstoptimierung nicht mit
einem Grundgefühl der Unzufriedenheit, weil
wir so, wie wir jetzt sind, noch nicht gut genug
sind? Ist das so verstandene Neue wirklich neu
oder nicht vielmehr ein Höher, Schneller und
Weiter des immer Gleichen? „Hey, alles glänzt
so schön neu“, heißt es im Lied, und die Iro-
nie ist nicht zu überhören beziehungsweise zu
übersehen, wenn im Musikvideo die weiße Wä-
sche an der Leine weht. Unter der polierten
Oberfläche unserer Gesellschaft klafft eine
große Leere, verbreiten sich Depressionen
und Burnout, greift die Sinnlosigkeit um sich.
Immer mehr Menschen kommen daher zu der
Einsicht, dass hier etwas nicht stimmt. Es wird Zeit, Innovation (wieder) neu zu denken.
DAS INNOVATIVE POTENZIAL VON PHILOSOPHIE UND KUNST!
Philosophie und Kunst fördern ganzheitliches
Denken und Handeln. Sie verhelfen dazu, die
eindimensionale Sicht von Mensch und Welt
unter der Maßgabe der Machbarkeit zu über-
winden und ihre Vielschichtigkeit zu erfassen.
Sie analysieren nicht nur, sondern erkennen
Zusammenhänge und tragen dazu bei, neue
Orientierung zu finden. Ganzheitliches Denken
und Handeln versetzen aber auch in die Lage,
überkommene Auffassungen kreativ zu verän-
dern – jene eingeschlossen, die Innovation auf
den immergleichen Gleisen betreiben.
16 Titelthema: Soziale Impulse
Das Institut für philosophische und ästheti-
sche Bildung der Alanus Hochschule entwickelt
daher gerade einen Studiengang*, der dieses
innovative Potenzial aufgreifen und für die Ge-
sellschaft fruchtbar machen möchte: „Philo-
sophy, Arts and Social Entrepreneurship“. Die
Studierenden erhalten dabei die Gelegenheit,
ihren persönlichen Bildungsweg zu gehen. Die-
ser Findungsprozess ist freilich kein einsames,
sondern ein zutiefst soziales Unternehmen. Der
Studiengang fördert daher die aktive Beteili-
gung in Gesellschaft wie Wirtschaft und be-
fähigt zu sozialer Intervention jenseits bloßer
Konventionen.
Wer frischen Wind in unsere Gesellschaft brin-
gen möchte, selbst etwas bewirken und nach-
haltig verändern will, muss kein Macher sein.
Das Einüben von reflexivem und kontempla-
tivem Denken und die Erfahrungen von schöp-
ferischen Prozessen zeigen vielmehr, dass sich
das wirklich Neue gar nicht herstellen lässt.
Gefragt sind daher Menschen, die dazu in der
Lage sind, sich auf unberechenbare, aber ge-
staltbare Prozesse einzulassen, die neue Per-
spektiven einnehmen, kreativ tätig sind und
erfahren haben, dass auf diese Weise Möglich-
keiten ins Spiel kommen, die eine Machbar-
keitsstudie gar nicht auf der Rechnung haben
kann. Das erfrischend Neue, welches dabei
entsteht, muss auch keine Berührungsängste
mit dem Alten haben. In diesem Sinne erneuert
der Studiengang die Tradition der Liberal Arts,
die schon zur Geburtsstunde der Universität
Gesellschaft gestaltet haben. Wer hier mittel-
alterliches Gedankengut vermutet, liegt aller-
dings weit daneben. Kulturelle Bildung sucht
nicht Imitation, sondern Inspiration.
Auch Peter Fox kann ein Lied davon singen.
Der markante Einstieg seines Songs „Alles
neu“, der am stärksten ins Ohr geht und über
das Liedende hinaus nachklingt, ist nämlich
gar keine neuartige Idee, sondern stammt aus
der siebten Symphonie von Dimitri Schostako-
witsch. Aber die Art, wie der Songwriter diese
Stelle aufgreift, umgestaltet und einsetzt, ist
von einer innovativen Kraft, die auch heute
nichts von ihrer Frische verloren hat.
Von: Thomas Schmaus // Juniorprofessor
für philosophische Anthropologie
* Der sechssemestrige Bachelorstudiengang startet zum Herbstsemester 2015/2016.
17Titelthema: Soziale Impulse
GUTES TUN UND DAVON PROFITIEREN?!Fair gehandelte Produkte kaufen, beim Car-
sharing mitmachen, Ökostrom beziehen –
nachhaltiges Verhalten sollte belohnt wer-
den, finden Milan Wolfs und Sebastian Schulz.
Noch besser gefällt ihnen die Idee eines nach-
haltigen Kreislaufs. Dazu arbeiten die Jung-
unternehmer gerade an einem ganzheitlichen
Bonussystem. Kunden bekommen Punkte für
nachhaltiges Konsumverhalten. Diese ent-
sprechen einem bestimmten Geldwert und
können gegen einen Wertgutschein für weite-
re nachhaltige Produkte oder Dienstleistungen
eingelöst oder in Spenden umgewandelt wer-
den. „Wertewandel“ haben sie ihr Vorhaben
genannt. Die Idee kam Schulz während seiner
Praxisphase bei dm-drogerie markt, einem von
rund fünfundzwanzig Partnerunternehmen des
Fachbereichs Wirtschaft. Im sechsten Semes-
ter wurde daraus gemeinsam mit Wolfs ein
konkretes Geschäftsmodell. Ende 2014 schlos-
sen die beiden ihr Studium ab. Seit Anfang
des Jahres führen sie Gespräche mit passen-
den Unternehmen, beantragten Fördermittel,
konnten mit ihrer Idee bei einem Gründerwett-
bewerb ein vierstelliges Preisgeld erzielen und
stehen nun vor der Gründung einer GmbH.
Die wichtigste Zielgröße vieler Unternehmen ist Profit. Kristina Wilms, Milan Wolfs und Sebastian Schulz sehen das anders. Wilms hat eine App gegen Depression ent-wickelt. Die beiden anderen Absolventen der Betriebswirt-schaftslehre wollen nachhaltiges Verhalten prämieren. Die Gesellschaft zu verändern ist für sie keine Nebensache.
Die drei ausgestreckten Finger für das „W“ in ihrem Firmennamen „Wertewandel“ sind das Marken zeichen von Milan Wolfs und Sebastian Schulz
18 Titelthema: Soziale Impulse
NACHHALTIGKEIT UND UNTER-NEHMENSETHIK
Nachhaltigkeit ist für beide erst während des
Studiums zum Thema geworden. „Das Be-
wusstsein dafür war da, aber ich selbst habe
lange etwas Anderes gelebt“, erklärt Wolfs.
„Das erste Studienjahr hat mich wachgerüt-
telt. Auf einmal wurden ganz andere Dialoge
als in der Schule geführt. Mit meinem heutigen
Wissen kann ich nicht mehr so tun, als ginge
mich das Thema nichts an“, ergänzt Schulz.
Beide absolvierten den Bachelorstudiengang
Betriebswirtschaftslehre an der Alanus Hoch-
schule. Nachhaltigkeit und Unternehmensethik
stehen hier genauso auf dem Stundenplan wie
klassische BWL. Die Studenten können sich
etwa auf NGO-Management, Social Banking
oder nachhaltige Unternehmensführung spezi-
alisieren. Wer, wie die beiden Jungunternehmer,
gründen möchte und soziale Ziele verfolgt, ent-
scheidet sich für den Schwerpunkt „Entrepre-
neurship“ und „Social Innovation und Business
Design“. Vom ersten Semester an bietet der
Fachbereich Wirtschaft entsprechende Kurse
und die Begleitung eigener Projekte an.
„Wir verstehen Innovation nicht im klassischen
Sinne. Wir sind keine Erfinder. Oft sind es
Ideen, die schon in einem anderen Kontext mit
großem Erfolg betrieben werden“, erklärt Su-
sanne Blazejewski, Professorin für allgemeine
Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Füh-
rung, Organisation und Personal. Im Vorder-
grund der Lehre stehe nicht die Frage, wieviel
Geld man mit seinem Unternehmen verdienen
kann, sondern wie man als Individuum oder
mithilfe einer Organisation gesellschaftliche
Probleme lösen kann. Die Studenten müssen
dafür nicht direkt die Welt retten. Ein Seminar
der Professorin heißt „Individuum, Organisa-
tion und Institution“ und bietet den Rahmen
für die Entwicklung einer eigenen sozialen
Geschäftsidee. Die Studenten überlegen sich
ein lokales Problem, etwas, das sie oder ihre
Freunde und Familie betrifft, und entwickeln
dafür Lösungsansätze. Im letzten Semester
kamen dabei ganz unterschiedliche Projekte
zusammen. Die Studenten entwickelten Kon-
zepte gegen die Vereinsamung in den Städten
und für einen besseren Zugang zu beruflicher
Bildung von Flüchtlingen, bearbeiteten aber
auch ganz persönliche Fragen, etwa, welche
Räume sie am Campus für den gegenseitigen
Austausch außerhalb des Unterrichts gestal-
ten könnten. Am Ende des Seminars steht ein
Pitch vor einer Jury, ganz wie im echten Leben
vor potenziellen Investoren. In zwei bis drei Mi-
nuten müssen die Studenten ihre Idee verkau-
fen können, inklusive überzeugendem Finan-
zierungskonzept.
Auch Jacob Hörisch beginnt seine Seminare
auf einer persönlichen Ebene. Er ist seit Be-
ginn dieses Jahres Juniorprofessor für Sustain-
able Innovation und Entrepreneurship. Wenn
sich die Studenten zu Beginn des Studiums in
einem Tagesworkshop zum ersten Mal mit dem
Die App gegen Depression soll noch 2015 auf den Markt kommen
Im BWL-Studium lernen die Studenten neue Perspektiven für wirtschaftliches Handeln kennen
19Titelthema: Soziale Impulse
Thema Entrepreneurship beschäftigen, erzäh-
len sie sich zunächst in Zweier-Teams gegen-
seitig von einem Nachhaltigkeitsproblem, das
sie persönlich bewegt. Durch die Lösungsideen
des Gegenübers lernen sie neue Perspektiven
auf das Problem kennen – sogenannte „Design
Thinking Methoden“ unterstützen die syste-
matische Ideenfindung und -entwicklung. „Im
Tagesworkshop behandeln wir das Thema im
Kleinen. Es gibt aber auch Entrepreneurship-
Kurse, die das ganze Semester dauern. So hat
man die Möglichkeit, eine Idee kontinuierlich
während des Studiums weiterzuentwickeln“,
erklärt Hörisch.
EINE APP GEGEN DEPRESSION
Auch Kristina Wilms Weg zu einem Start up
begann mit einer persönlichen Betroffenheit.
Ihr BWL-Studium hat sie vor fünf Jahren abge-
schlossen. Sie lebte selbst mit einer Depres-
sion und hat sich immer so etwas wie die von
ihr entwickelte „Arya App“ gewünscht. Mit ihr
können Patienten immer und überall ihre Ge-
danken und Gefühle ins Handy eintippen und
an ihren Therapeuten schicken. Das lästige
und auffällige Mitführen eines therapiebe-
gleitenden Tagebuchs entfällt. Dass aus Wilms
Idee ein Unternehmen wurde, war letztlich Zu-
fall. In ihren E-Mails fand die junge Frau einen
Wettbewerbsaufruf von einem australischen
App-Entwickler. Sie reichte ihre Idee ein, lernte
während des Wettbewerbs ihren heutigen Un-
ternehmenspartner kennen und gewann. In den
nächsten Jahren folgten die technische Ent-
wicklung der App und die Kontaktaufnahme
mit Ärzten und Patienten. 2014 wurde Wilms
von der Bundesregierung als Kultur- und Kre-
ativpilotin ausgezeichnet. Mittlerweile lebt sie
in Berlin. „Social Impact Start", ein Stipendi-
um für soziale Start ups ermöglicht ihr einen
Arbeitsplatz in einem Co-Working-Space mit
anderen Sozialunternehmern. Auch eine För-
derung der gesetzlichen Krankenkassen haben
sie mittlerweile bekommen. Im Laufe des Jah-
res soll die App auf den Markt kommen. Doch
damit ist das Projekt keineswegs abgeschlos-
sen. „Wir möchten das Leben von Menschen
mit Depressionen verbessern und eine Gesell-
schaft schaffen, in der man Verschiedenheit
durch Inklusion begegnet. Dazu wollen wir
Projekte durchführen, die gegen die Stigmati-
sierung psychischer Erkrankungen vorgehen“,
erklärt Wilms.
SOZIALE ZIELE UND PROFIT
Bis aus einem Start up ein tragfähiges Unter-
nehmen wird, dauert es. Der Fachbereich Wirt-
schaft will den Studenten dafür von Beginn
an die richtigen Konzepte an die Hand geben.
„Auch wenn ich etwas für die Gesellschaft tue,
muss ich damit zuerst einmal meinen Lebens-
unterhalt finanzieren und die Einkommenser-
zielung meiner Mitarbeiter berücksichtigen. Ich
kann ein soziales Ziel profitabel und nicht pro-
fitabel erreichen und ich freue mich für jeden,
der es profitabel erreicht“, erklärt Blazejew-
ski. Ein Unternehmensmodell könne dafür in
manchen Fällen sogar die bessere Wahl sein.
So bergen Non-Profit-Organisationen etwa die
Gefahr, dass die Fördermittel bei einem Poli-
tikwechsel gestrichen werden. „Profit zu erzie-
len und sozialen oder ökologischen Nutzen zu
stiften, steht nicht automatisch im Gegensatz,
es ist kein Entweder-Oder. Wenn die Produk-
te oder Dienstleistungen, die ein Unternehmen
anbietet, zwar einen sozialen Nutzen stiften
würden, aber nicht konsumiert werden, kre-
iert das Unternehmen weder einen finanziellen
noch sozialen Nutzen “, ergänzt Hörisch.
Nicht alle Studenten streben nach dem Stu-
dium die Selbstständigkeit an. Durch die kon-
tinuierlichen Praxisphasen während des Stu-
diums werden viele Absolventen von ihrem
Partnerunternehmen übernommen. Viele davon
verfolgen selbst eine ökologische oder soziale
Unternehmensführung. Und wenn nicht, sind
die Studenten bestens ausgebildet, das zu än-
dern. „Es gibt Unternehmen mit viel Gestal-
tungsspielraum. Auch im Unternehmen selbst
kann ich als sogenannter Intrapreneur mit
einem Bewusstsein für Nachhaltigkeitspro-
bleme viel bewegen“ erklärt Hörisch. SST
Kristina Wilms wurde für ihre „Arya App“ als Kultur- und Kreativpilotin von der Bundesregierung ausgezeichnet
20 Campus
MAHLGUT WIRD KUNSTGUT
Mühlen stehen für einen Vorgang der Zerklei-
nerung von Naturmaterialien. Sie zerreiben,
und zermahlen den Naturstoff und wandeln
ihn in einen Kulturstoff um. Diesen Vorgang
der Transformation haben vierzehn Studen-
ten der Alanus Hochschule in ihrem LandArt-
Projekt aufgegriffen. Von Mai bis Juni leb-
ten und arbeiteten sie – angeleitet von Bild-
hauerei professor Jochen Breme – in einer
ehemaligen Wassermühle bei Brest in der
Bretagne. Materialien, Eindrücke und am Ort
gefundene Motive haben sie künstlerisch ver-
arbeitet – „gemahlen“. Es wurde gezeichnet,
gebaut, verformt, medial bearbeitet, gemalt
und installiert – was immer denkbar war an
künst lerischen Herangehensweisen. CZ
LandArt in der Mühle von Lézaff
21Campus
v.l. im Uhrzeigersinn:
Miriam Nolte & Darja Esser: „Jusqu’à ce que tu aies croqué la pomme“
Jochen Breme: „Interstellar“
Darja Esser: „L’ombre d’Orphélie“
„Le souper d’or“, Abendessen in der Mühle
Christiane Wien: „Cubes“
22 Campus
BEGEGNUNGSRÄUME UND COUCHSURFING
Wenn Sie morgens an Ihren Campus kommen, was denken Sie dann?
ZÖLLER: Bei uns im Fachgebiet gibt es den
Spruch: Studieren, wo andere Urlaub machen.
Hier kann man sich im Sommer auf die Wiese
legen, es gibt Pferdekoppeln, dann der weite
Ausblick und der kleine Tümpel – da kann
man schön Texte lernen. Oder die Bildhauer-
wiese, da machen wir abends schon mal –
wenn die Proben nicht allzu lange dauern –
ein Lagerfeuer oder grillen. Der Campus lädt
ein, das Studium mit der Freizeit zu verbin-
den. Man kann auch mal einen Gedichtabend
oder einen Sprechkurs nach draußen verlegen,
wenn man beispielsweise gerade Naturge-
dichte behandelt und sich auf die Wiese
hier stellt – das ist genial. Ich bin froh hier,
auch wenn ich eigentlich in die Stadt woll-
te, nach Berlin Mitte oder so. — VAUPEL: Das ist spannend, ich kann das nachvollzie-
hen, diesen Dorfcharakter, den man in Alf-
ter hat, so im Grünen. Dagegen ist Mann-
heim ein großer Kontrast. Ich bin genau der
gegenteilige Typ, ich würde am liebsten so
im Grünen studieren. Mannheim ist da eher
eine Industriestadt, wo ich morgens an rau-
chenden Schloten vorbeifahre. Und dann ist
es wie eine Insel, auf der ich stranden darf,
wenn ich an die Hochschule komme und
den Garten und das wunderschön gestalte-
te Gebäude genießen kann. Ich bin glücklich,
dort – obwohl es mitten in der Stadt ist –
einen solchen Freiraum zu haben, einen Ort,
an dem etwas Anderes wirksam ist.
Welche Bedeutung hat die Anthropo-sophie in Ihrem Studienalltag? Welche
Bedeutung hatte sie vor dem Studium?VAUPEL: Ich bin während der Oberstufe mit
Steiner und seinem Werk in Berührung ge-
kommen, habe dann aber etwas ganz Ande-
res – im Bereich der Schreinerei – gemacht.
Ich habe immer wieder philosophische Texte
gelesen und jetzt im Studium hat die An -
Aljoscha Zöller und Jan Vaupel studieren beide im vierten Jahr an der Alanus Hochschule. Aljoscha ist Schauspielstudent in Alfter, während Jan sich ca. 200 Kilometer entfernt am Mann-heimer Standort der Waldorfpädagogik widmet. Ein Gespräch, das zu einer Annäherung wird.
?
?
23Campus
throposophie eine sehr große Bedeutung, die
Auseinandersetzung mit dem pädagogischen
Werk Steiners. Sehr schnell kommt man dann
auch in den Bereich der Selbstschulung, da
bietet die Anthroposophie viele Möglichkei-
ten, die man ergreifen kann, aber zum Glück
nicht muss. Das ist das Schöne, dass man
nicht muss, sich aber bei Interesse bei sehr
guten Dozenten Nahrung beschaffen kann. Für
mich persönlich hat die Anthroposophie einen
großen Stellenwert; ich sehe aber auch, dass
das an der Hochschule gerade bei wachsen-
den Studentenzahlen zurückgeht. — ZÖLLER: Ich hatte vor dem Studium überhaupt nichts
mit An throposophie zu tun, ich kannte das
Wort nicht mal. Mir ist das Thema dann hin
und wieder im zweiten Studienjahr begegnet.
Erst sehr viel später ist mir bewusst gewor-
den, dass beispielsweise Michael Tschechow,
den wir bereits im ersten Studienjahr behan-
delt haben, sich intensiv mit Steiner beschäf-
tigt hat.
Und welchen Stellenwert hat die Kunst in Ihrem Studienalltag?
VAUPEL: In Mannheim wird gerade in Bezug
auf die Persönlichkeitsbildung ein großer
Schwerpunkt auf die Kunst gelegt. Man hat da
drei Einheiten am Tag – mindestens. Die erste
Einheit ist theoretisch, die zweite Einheit Kunst
und die dritte Einheit wieder eine theoretische
Arbeit, das ist ein sehr schöner Kontrast und
Ausgleich. Das sind dann Künste, die wir spä-
ter in unserer pädagogischen Praxis einfließen
lassen können, während es insbesondere beim
Plastizieren um die Persönlichkeitsbildung
geht: Das Schulen der Wahrnehmung an dem
Objekt und das Sehen lernen, was auch wieder
für die pädagogische Praxis wichtig ist. Dann
ist da noch die Sprachgestaltung, die Stimme
ist eines der wichtigsten Elemente des Leh-
rers. Also für mich hat die Kunst einen hohen
Stellenwert, wobei man das nicht vergleichen
kann mit dem, wie Kunst hier in Alfter ver-
standen wird. Bei uns ist es eben pädagogisch
ausgerichtet, es geht nicht um einen kreativen
Entfaltungsprozess, sondern Kunst als Medium
zu nutzen. Zum Beispiel beim Malen geht es
um das Farberlebnis und nicht darum, ein
schönes Bild zu malen – der Prozess ist das
Entscheidende. Bei uns sind es kleine Impul-
se, die gesetzt werden. — ZÖLLER: Das gibt
es bei uns ja auch, beispielsweise im Studien-
gang Kunst-Pädagogik-Therapie, da geht es
auch um den Prozess, und dass man lernt, mit
Schülern zu arbeiten oder etwas über die the-
rapeutische Entwicklung. Für mich stellt sich
die Frage, wie sehr der Künstler sich neben
dem künstlerischen Prozess darauf einstel-
len muss, ergebnisorientiert zu arbeiten. Was
nützt es, wenn er keine Produkte herstellt und
zum Schluss brotlos ist. Wir müssen im Fach-
gebiet Schauspiel auch Produkte abliefern. Am
Ende der Ausbildung müssen wir dann dahin
kommen, selbstständige Künstler zu werden.
Hier werden Künstler ausgebildet, die das
technische Handwerk können, aber auch eine
Persönlichkeit darstellen. — VAUPEL: Und
bei uns kommt auch irgendwann der Punkt,
wo wir das, was wir an Handwerkszeug be-
kommen haben, in die Praxis umsetzen und
zum Erziehungskünstler werden müssen. Das
ist der Impuls, den Steiner gesetzt hat, die
Erziehung als eine Kunst zu betrachten. Und
dafür bestimmte künstlerische Techniken zu
nutzen. Die Herausforderung liegt darin, nach
dem Studium eine eigenständige Persönlich-
keit zu sein, die darüber hinaus künstlerisch
erzieherisch tätig wird.
Wie können sich Alfter und Mannheim näherkommen? Wie kommt ein Aus-
tausch zustande?BEIDE: Der findet doch schon statt.
ZÖLLER: Wir haben „Der Geizige“ am Stand-
ort in Mannheim gespielt, bei Mannheimer
Studenten gewohnt und uns beim Couchsur-
fing kennengelernt. — VAUPEL: Die Anfänge
sind auf jeden Fall gemacht; es ist ja noch
eine ganz junge Beziehung, da muss man sich
noch ein wenig beschnuppern – sich vertraut
machen. Durch die Zusammenarbeit mit Ala-
nus ist für das Institut in Mannheim eine neue
Zukunft entstanden. Das Thema des vonein-
ander Lernens und der sozialen Plastik – ich
bin noch sehr gespannt darauf, wie wir das
befruchtend gestalten und Begegnungsräume
schaffen. Ich glaube, da ist noch eine Menge
Potenzial da. JWD
Jan Vaupel (links) und Aljoscha Zöller (rechts) im Gespräch
?
?
24 Campus
Eine ausgeprägte Naturverbundenheit, Rück-
zugs- sowie Gemeinschaftsflächen – dies sind
die einenden Elemente der fünf Konzepte, die
Architekturstudenten der Alanus Hochschule
Anfang des Jahres in einem Entwurfswork-
shop für die Gestaltung eines Dachgartens
entwickelt haben. Dabei handelt es sich aber
nicht um irgendeinen Dachgarten. Das Projekt
verlangte den Studenten unterschiedlicher
Fachsemester nicht nur Kreativität, sondern
auch Einfühlungsvermögen und Sensibilität
ab. Unter der Überschrift „Der letzte Man-
tel“ galt es, im Auftrag der Palliativstation
eine räumlich-atmosphärische Umgebung zu
schaffen, die Schutz bietet und die Menschen
fried- und würdevoll durch die letzte Lebens-
phase begleitet.
Initiiert wurde das Projekt durch Professor
Radbruch, Direktor der Palliativstation. In sei-
ner Abteilung finden Patienten, die keine Hei-
lung mehr zu erwarten haben, die Lebensqua-
lität, die ihnen woanders nicht oder nur schwer
ermöglicht werden kann. Neben medizinisch-
therapeutischer Versorgung besteht auch das
Angebot zu einer psychosozialen und spiritu-
ellen Begleitung, denn für die Erholung von
Körper und Seele sollte es in der letzten Le-
bensphase genug Raum geben.
„VIELE GUTE IDEEN“
Die sieben Studenten um den Architekturpro-
fessor Willem-Jan Beeren stellten sich der Auf-
EINE OASE AUF DEM DACH In vielerlei Hinsicht ist der Tod ein Tabuthema; nicht so für
die Teilnehmer eines Entwurfsworkshops, der Anfang 2015 im Rahmen des Architekturstudiums stattgefunden hat. Die Studenten legten fünf Konzepte zur Gestaltung des Dach gartens der Palliativstation des Uniklinikums Bonn vor.
Grundskizze des Dachgartens mit ersten Gedanken der Studenten
25Campus
gabe, den Dachgarten des für 2017 geplan-
ten Gebäudes der Neurologie, Psychiatrie und
Palliativmedizin, kurz NPP, zu gestalten. „Der
Bezug von Studienaufgaben zu realen Projekten
ist etwas, worauf wir generell viel Wert legen.
Die Studenten können ihre bereits erworbenen
Fähigkeiten erproben und anhand einer realen
Fragestellung weiterentwickeln“, so Beeren.
Eine Woche lang setzten sich die Studenten
mit dem Krankenhausgelände und den Gege-
benheiten der zu planenden Fläche sowie den
Bedürfnissen der Palliativ-Patienten, ihrer
Angehörigen und dem Personal auseinander.
Zudem hatten sie die Möglichkeit, sich mit den
Architekten auszutauschen, die für die Planung
des NPP-Gebäudes verantwortlich sind. Aus
ihren Erlebnissen und Ideen entwickelten die
Studenten fünf Konzepte. Auch Radbruch zeigt
sich begeistert von den Skizzen, Modellen und
Beschreibungen für den Neubau: „Die Treffen
mit den angehenden Architekten waren sehr
inspirierend. Wir freuen uns über die fruchtba-
re Zusammenarbeit. In dieser einen Woche sind
viele gute Ideen entstanden.“
NACHDENKEN – WANDERN – SPIELEN
Zunächst machten sich die Workshop-Teilneh-
mer mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut.
Durch die Unterstützung des Teams der Pallia-
tivstation, besonders des Direktors selbst und
der Krankenschwester Almut Guercke-Belling-
hausen, standen vor Ort weitere fachkundige
Ansprechpartner Frage und Antwort. Die Archi-
tekturstudenten erarbeiteten gemeinsam eine
Grundstruktur der zu planenden Fläche. Hier-
bei wurden die baulichen Rahmenbedingungen
und funktionalen Beziehungen zum Gebäude
reflektiert. Ein entscheidender Schritt war die
Einteilung der Terrasse in drei Bereiche, die
durch die Schlagworte „Nachdenken – Wan-
dern – Spielen“ widergespiegelt werden. Jedes
Konzept sollte nun also einen Rückzugsbereich
zum Nachdenken, eine bestimmte Wegführung,
die das Wandern zwischen einem „introver-
tierten“ und einem „extrovertierten“ Bereich
fördert und Platz zum Spielen, beispielsweise
für die Kinder der Patienten, enthalten.
EIN KONZEPT – EIN SCHWERPUNKT
In Kleingruppen arbeiteten die Studenten dann
mit unterschiedlichen Schwerpunkten weiter.
Willem-Jan Beeren resümiert: „Die Ausarbei-
tungen der Studenten deuten bis in Stilistik
und Materialsprache unterschiedliche Stim-
mungen und Atmosphären an.“ Eine der Ar-
beitsgruppen konzentrierte sich zum Beispiel
auf eine klare Wegführung, während sich eine
andere Gruppe mit bestimmten Gestaltungs-
elementen als zentralem Aspekt auseinander-
setze. Angelina Frechen entwarf ein Konzept,
das Wert auf viele Grünflächen und barriere-
freie Flächen legt. Bei ihrem Entwurf steht die
organische Gestaltung des Dachgartens im
Mittelpunkt. Verschiedene Blumen, Wasser-
läufe sowie die freigelassene Sicht zum an-
grenzenden Wald beleben ihren Entwurf.
Zudem zielen die duftende, bunte Flora und
die plätschernden Wasserläufe darauf ab, die
Sinne der Patienten anzuregen. Den Rückzugs-
bereich gestaltet sie bewusst abgeschottet
und in die Natur eingebettet: Dicht bepflanzte
Hochbeete und ein Dach aus Efeu oder Wein-
ranken gewährleisten Ruhe und Schutz vor
fremden Blicken. Eine ganz andere Herange-
hensweise zeigt das Konzept von Lars Pohl-
mann und Tom Walther. Ihr Schwerpunkt liegt
auf dem Entwerfen einer schlichten Terrasse.
Die Skizzen zeigen ein sehr geordnetes Bild.
Gerade und symmetrisch angelegte Wege, die
in regelmäßigen Abständen von Beeten und
Sitzmöglichkeiten unterbrochen werden, prä-
gen das Konzept. Um den freien Blick auf den
umliegenden Wald zu wahren, arbeiteten sie
verstärkt mit Blickachsen und Sichtbezügen:
„Die stärksten Sichtachsen, welche unseren
Entwurf bestimmen, sind ausgehend von den
Patientenzimmern und deren Öffnungen zur
Dachterrasse in Richtung Wald. Diese fass-
ten wir als Rahmen, sodass eine Beziehung
zwischen Innen und Außen entsteht,“ erklärt
Walther.
MEHR ALS NUR EIN STUDIEN-PROJEKT
Pohlmann betont neben der fachlichen Wis-
senserweiterung durch den Workshop auch
den persönlichen Gewinn: „Das war eine sehr
intensive Woche – auch emotional.“ Durch die
Aufenthalte vor Ort und die Beschäftigung mit
dem Thema entstanden innerhalb des Work-
shops viele Gespräche über den Tod. „Wir
haben viel über das Thema Sterben gespro-
chen und uns hierdurch mehr mit dem Leben
auseinandergesetzt. Das war eine sehr wert-
volle Erfahrung.“ Besonders im Gedächtnis
ist dem Student ein Satz des Klinikdirektors
geblieben: „Es geht nicht darum, dem Leben
mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr
Leben.“ (Cicely Saunders) NK
Die Studenten mit Klinikdirektor Radbruch (hinten links) und Architekturprofessor Beeren (hinten rechts)
26 Forschung
EINE MITTE FÜR SCHMIDTHEIM
Vom Generationenpark bis zum Musikcafé: In einem 1.500-Seelen-Ort in der Eifel realisiert eine Interessengemeinschaft verschiedene Baumaßnahmen, um ihren Wohnort lebenswerter zu machen. Ein Team der Alanus Hochschule erforscht, mit welchen Mitteln bürgerschaftliches Engagement wie dieses mehr Dynamik, Wirkung und Akzeptanz erhalten kann. Dazu entwickeln Professoren und engagierte Bürger gemeinsam Projekte.
27Forschung
An einem sonnigen, aber kühlen Frühlingstag
betritt Florian Kluge das Hinterzimmer einer
ehemaligen Bäckerei in der Nordeifel. Auf der
Wand, deren Tapete den Betrachter schlagar-
tig in die 1980er Jahre zurückversetzt, ist ein
Schaubild aus Skizzen und zahlreichen bunten
Haftnotizen angebracht, auf das der Professor
für Projektmanagement zusteuert. „Netzwer-
ke schaffen“, „Zusammenarbeit mit Gemein-
derat stärken“ und „Studentenwettbewerb“
ist darauf zu lesen. Kluge folgen gut zwan-
zig Menschen, die meisten von ihnen wohnen
hier in Schmidtheim und kennen die Bäcke-
rei noch aus längst vergangenen Tagen, als
hier Brötchen und Streuselkuchen verkauft
wurden. Schuhe quietschen auf dem grauen
PVC-Boden, Stimmengewirr erfüllt den Raum.
„Die Interessengemeinschaft Schmidtheim hat
hier im Ort bereits große Projekte angescho-
ben und realisiert – in den vergangenen zwei
Tagen haben wir gemeinsam versucht heraus-
zufinden, was als nächstes anstehen könnte
und wie es in die Tat umgesetzt werden kann“,
beginnt Kluge.
INITIATIVEN UNTERSTÜTZEN
Gemeinsam mit der Interessengemeinschaft,
dem Bürgermeister und Mitgliedern des Ge-
meinderates fanden dazu Workshops statt.
Sehr schnell habe sich die „Dorfmitte“ heraus-
kristallisiert, deren Zustand allen Schmidthei-
mern „im Magen liegt“, an deren Umgestal-
tung sich aber niemand herantraue – „das
Projekt wird als zu umfangreich oder nicht re-
alisierbar empfunden“, beschreibt der Profes-
sor die Sachlage. Kluge gehört zu einem Team
des Fachbereichs Architektur der Alanus Hoch-
schule, dem Leipziger Büro für urbane Projekte
sowie dem österreichischen Verein LandLuft,
der Baukultur im ländlichen Raum fördert. Sie
bilden gemeinsam die Arbeitsgemeinschaft
„Baukultur konkret“, die im Auftrag des Bun-
desinstituts für Bau-, Stadt- und Raumfor-
schung erforscht, mit welchen Verfahren,
Instrumenten und Prozessen gemeinschafts-
orientierte Bauvorhaben auf dem Land und in
Kleinstädten gefördert und realisiert werden
können. Um diese Forschung möglichst pra-
xisnah zu gestalten, führt die Arbeitsgemein-
schaft Projekte mit insgesamt zwölf Initiativen
durch, die sich für Baukultur in ihrer Region
engagieren – eine davon ist die Interessen-
gemeinschaft Schmidtheim.
NEUGIER, SKEPSIS, OFFENHEIT
„Wir haben Möglichkeiten für eine Belebung
der Dorfmitte erarbeitet“, fährt Kluge fort.
Dazu hat das Team Ideen und Wünsche der
Einwohner zusammengetragen und struktu-
riert, Ziele festgelegt „und auch versucht,
der ‚Dat geht eh‘ nich‘-Haltung entgegenzu-
wirken“, fährt der Professor fort und erlangt
damit ein Schmunzeln bei vielen Anwesenden.
Die Atmosphäre in der Bäckerei ist geprägt von
einer Mischung aus Neugier und Skepsis, aber
auch spürbarer Offenheit für die „externen Be-
rater“, wie einer der Besucher das Team nennt.
Die Herausforderung, die die Umgestaltung
der Dorfmitte hin zu einem Ort der Begegnung
mit sich bringt, wird bei einem Blick aus dem
Fenster sofort klar: Die Hauptdurchfahrts-
straße teilt den sogenannten „Dorfplatz“, von
dem ein Drittel als Parkmöglichkeit genutzt
wird. Eine der beiden vorhandenen Grünflä-
chen verschwindet hinter dem verwitterten
Wartehäuschen der Bushaltestelle. An Feste
Studenten und Dozenten bringen neue Blickwinkel nach Schmidtheim
28 Forschung
oder einen Wochenmarkt ist auf diesem Areal
derzeit nicht zu denken. „Aber genau das ist
der Wunsch vieler Schmidtheimer“, fasst Flo-
rian Kluge zusammen.
EXPERTENWISSEN NUTZEN
Renate Krumpen ist Mitglied der Interessen-
gemeinschaft Schmidtheim, die hier alle kurz
„IG“ nennen. „Wunderbar“, beschreibt sie be-
geistert die Zusammenarbeit mit dem Projekt-
team. Die zierliche Frau lebt „mit kurzen Un-
terbrechungen“ seit fast 60 Jahren in Schmidt-
heim und realisierte mit der IG unter anderem
ein Musikcafé und einen Generationenpark –
eine einladende, fußballfeldgroße Freizeitanla-
ge mit Bouleplatz, Kräutergarten, Barfußpfad,
Grillhütte und Spielplatz, die Besucher aus
der ganzen Region anzieht. Aufgrund dieser
Projekte wurde die IG ausgewählt, und nun in
kurzen Intensiveinsätzen durch das Projekt-
team von „Baukultur konkret“ begleitet. „Die
gemeinsamen Überlegungen zur Umgestal-
tung der Dorfmitte waren sehr hilfreich. Vor
allem die Expertenkenntnisse der Professoren
waren dabei wirklich wertvoll“, stellt Krumpen
fest. Das mache Mut. „Wenn wir alle an einem
Strang ziehen, können wir hier noch viel be-
wegen“, stellt sie optimistisch fest und lächelt
verschmitzt. Krumpen sitzt bei Brezel und Bier
in der Sonne, die Präsentation zum Abschluss
der Workshops ist beendet. Auch der Vorsitzen-
de der IG, Richard Wolf, ist mehr als zufrieden.
„Das war eine gute Sache“, fasst er nüchtern,
aber anerkennend zusammen. „Durch die Zu-
sammenarbeit mit dem Projektteam ist die
Belebung des Dorfplatzes zu einem konkre-
ten Ziel geworden, für dessen Realisierung wir
unterschiedliche Ideen entwickelt haben.“ Das
sei unter anderem durch den Blick von außen
und die „richtigen Fragen“ möglich geworden.
ENTSCHEIDENDER IMPULS
Sechs Wochen später. Florian Kluge sieht zu-
frieden aus, als er den Abschlussworkshop
resümiert, mit dem das Forschungsteam so-
eben die Begleitung der IG Schmidtheim abge-
schlossen hat: „In Schmidtheim ist viel mehr
gelungen, als wir zu träumen gewagt hätten:
Die IG hat – mit unserer punktuellen Unter-
stützung – den entscheidenden Impuls gesetzt
und ein reales Baukulturprojekt in Gang ge-
bracht: die neue Dorfmitte.“ Der Bürgermeis-
ter sei „voll ins Projekt eingestiegen“: Bei den
kurzfristig anstehenden Kanalarbeiten werden
die Belange der neuen Dorfmitte schon be-
rücksichtigt, Straßenführung und -breite könn-
ten angepasst werden. Im Anschluss daran soll
mithilfe von Fördermitteln ein professioneller
Planer beauftragt werden. „Auf dem langen
Weg einer Initiative gehen wir einen Schritt ge-
meinsam“, setzt Kluge die Arbeit seines Teams
ins Verhältnis. Auch wenn es sich bei der Zu-
sammenarbeit mit der IG Schmidtheim nur um
einen Schritt von vielen handelt, ist er doch
ein beachtliches Beispiel für die gelungene Zu-
sammenarbeit von Wissenschaft und Praxis –
eine, die bürgerschaftliches Engagement noch
wirksamer macht. TF
BAUKULTUR KONKRETDas Forschungsprojekt mit einer Laufzeit von drei Jahren wird realisiert durch den Fachbe-reich Architektur der Alanus Hochschule (Mi-riam Hamel wissenschaftliche Mitarbeiterin, Prof. Swen Geiss, Prof. Dr. Florian Kluge), das Leipziger Büro für urbane Projekte sowie den österreichischen Verein LandLuft. Auftragge-ber sind das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und das Bundes-ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; die Auftragssumme beläuft sich auf über 730.000 Euro. Die Bun-desstiftung Baukultur begleitet das Vorhaben.
Die „Dat geht eh nich-Haltung“ ablegenErmitteltes Ziel: Die Ortsdurchfahrt zum Ort der Begegnung machen
29Forschung
GEMEINSAM NACHHALTIG
Max Bauer* arbeitet in einem großen Unter-
nehmen. Nachhaltigkeit ist wichtiger Teil der
Firmenphilosophie. Trotzdem gibt es kein Bio-
Essen. Das möchte er ändern, doch der Koch
in der Großkantine winkt ab, als er ihm seinen
Vorschlag unterbreitet. Bauer bekommt Zwei-
fel an der Idee und vergisst sie bald wieder.
Petra Wagner* geht es ähnlich. Sie arbeitet bei
einem Lieferdienst und regt bei einem Ideen-
wettbewerb die Umstellung auf CO2 freundli-
ches Verpackungsmaterial an. Doch sie erhält
nie eine Rückmeldung. Wagner ist enttäuscht.
„In beiden Fällen treffen die Mitarbeiter auf
eine organisationale Barriere. Man müsste
ihnen andere Kanäle für ihre Ideen öffnen“,
erklärt Susanne Blazejewski, Professorin für
allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbe-
sondere Führung, Organisation und Personal.
Bio-Essen in der Kantine oder umweltbewusstere Produkte – viele Mitarbeiter haben nachhaltige Ideen, doch werden diese im Unternehmen nicht umgesetzt. Das neue Forschungsprojekt „IMKoN“ untersucht, woran das liegt.
30 Forschung
An dieser Stelle setzt das neue Forschungspro-
jekt „IMKoN“ der Technischen Universität Ber-
lin und der Alanus Hochschule an. Gemeinsam
untersuchen die Wissenschaftler, wie Unter-
nehmen ihre Mitarbeiter stärker in nachhalti-
ge Innovationsprozesse einbinden können. Ziel
des Projekts ist es, die Anzahl und den Erfolg
von Nachhaltigkeitsinnovationen zu erhöhen.
Es sollen Strukturen geschaffen werden, die
nachhaltigen Konsum einfacher und nachhal-
tiges Management erfolgreicher machen.
OPEN INNOVATION
Die Öffnung des Innovationsprozesses ist als
„Open Innovation“ schon länger bekannt. Viele
Unternehmen nutzen das Verfahren, um dem
steigenden Wettbewerbsdruck durch Globali-
sierung und kürzere Produktlebenszyklen ent-
gegenzuwirken. Oft sind es die Kunden, die
dabei miteinbezogen werden. Diese testen neue
Produkte, schicken eigene Produktideen oder
entwickeln gemeinsam mit dem Unternehmen
bestehende Produkte in Workshops weiter. Das
Forschungsprojekt „IMKoN“ konzentriert sich
hingegen bewusst auf die Potenziale innerhalb
eines Unternehmens, da externe Personen teil-
weise schwer zu selektieren und zu motivieren
sind und oft erforderliche Hintergrundkenntnis-
se erst aufwendig vermittelt bekommen müs-
sen. Um diese Hindernisse zu umgehen, nimmt
das IMKoN-Projekt gezielt die Mitarbeiter in
den Fokus. „Die Einbindung von Mitarbeitern
als Konsumenten ist ein vielversprechender
und in der Open-Innovation-Forschung bisher
vernachlässigter Ansatz“, betont Ulf Schrader,
Professor für Nachhaltigen Konsum an der TU
Berlin und Leiter des Forschungsverbunds. In-
novationen sollen nicht mehr nur in Innovati-
onsabteilungen erdacht und umgesetzt werden,
sondern jeder Mitarbeiter soll sein kreatives
Potenzial einbringen können.
NACHHALTIGKEIT IM PRAXISTEST
Inwiefern Mitarbeiter in der Praxis bereits bei
der Entwicklung von Nachhaltigkeitsinnovati-
onen einbezogen werden, wollen die Forscher
gemeinsam mit Unternehmen herausfinden.
Mit dem Bioverlag, EWS Schönau, Henkel,
Otto, Sonett, Tchibo, Triaz und Wala haben
sie Unternehmen unterschiedlicher Größe ge-
funden, die für ihre nachhaltige Ausrichtung
beziehungsweise die Einbeziehung ihrer Mit-
arbeiter in Innovationsprozesse bekannt sind.
Zusammen mit ihnen werden die Forscher For-
men, Erfolgsfaktoren und Effekte von partizi-
pativen Innovationsprozessen für Nachhaltig-
keit identifizieren und empirisch analysieren.
Ziel ist es, daraufhin in Ideenworkshops neue
Nachhaltigkeitskonzepte zu entwickeln und
diese dann tatsächlich in den Unternehmen
zu realisieren. In einem zweiten Schritt sollen
Handlungsempfehlungen für ein verbessertes
Management von Nachhaltigkeitsinnovationen
durch Mitarbeiter entwickelt werden, die auch
auf andere Unternehmen übertragbar sind.
Eine solche Öffnung des Arbeitgebers, auch
für die privaten Interessen und Fähigkeiten
seiner Mitarbeiter, lässt laut den Forschern
positive Effekte für die Zufriedenheit und Bin-
dung der Mitarbeiter und damit für das Perso-
nalmanagement insgesamt erwarten. „Nicht
zuletzt kann das Projekt einen Beitrag dazu
leisten, die Nachhaltigkeitsidee über die eige-
nen Mitarbeiter in allen Unternehmensberei-
chen zu verankern und somit die strategische
Organisationsentwicklung in Richtung eines
verantwortungsvollen Wirtschaftens positiv
zu beeinflussen“, erklärt Blazejewski. SST
DAS PROJEKT „IMKON"Das Projekt „IMKoN“ (Integration von Mit-arbeitern als Konsumenten in Nachhaltig-keitsinnovationsprozesse) wird vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,1 Mio. Euro gefördert und läuft bis April 2018. Aktuell widmen sich gleich zwei weitere Forschungsprojekte im Fachbereich Wirtschaft dem Thema Nachhaltigkeit. Das Forschungsprojekt „enEEbler“ untersucht, wie Mitarbeiter ihr privates Engagement für Er-neuerbare Energien auch am Arbeitsplatz einsetzen können. Bei „Benerkon“ steht die Identifizierung und erfolgreiche Handhabung von Konflikten in Bürger-Energie-Genossen-schaften im Vordergrund.
* Name von der Redaktion geändert
INTEGRATION VON MITARBEITERN ALS KONSUMENTEN IN NACHHALTIGKEITSINNOVATIONSPROZESSE
31Der besondere Ort
Zu entdecken gibt es auf dem Johannishof viel.
Wer seinen Blick einmal weg von der Gutshofar-
chitektur, der Aussicht über ganz Bonn und der
Natur nach unten senkt, entdeckt einen grau-
schwarz-rot gepflasterten Boden. Doch dieser
ist keineswegs durch Zufall entstanden. Mitte
der 1970er-Jahre musste das buckelige Pflas-
ter des ehemaligen Bauernhofs im Zuge einer
Abwasserrohrsanierung entfernt und neu ge-
legt werden. Der Architekt und Hochschulmit-
begründer Peter Ferger übernahm nicht nur den
Entwurf, sondern pflasterte auch den ganzen
Hof selbst, denn Geld für die Ausführung durch
eine Firma war nicht vorhanden: „Die runden
Formen sollten Leben in den rechteckigen Hof
bringen. Die bisher öde, wie eine Straße ge-
pflasterte Fläche sollte sichtbar machen, dass
sie nun ein Ort für Menschen in Bewegung ist,
in Konzentration und Ausweitung, wie das Bild
der Spirale zeigt. Bis zu der Linde und den aus
dem Pflaster wachsenden Bänken sollte eine
Gesamtkomposition entstehen.“ Zudem hatte
die Hinzunahme der ebenen roten Ziegel in den
Boden einen sehr pragmatischen Grund: Die
Pfennigabsätze der Damen sollten nicht mehr
zerkratzt werden. Ganz einfach war die Reali-
sierung damals aber nicht. Wenn auch mit weit
weniger Studierenden als heute war die Hoch-
schule bereits in Betrieb und die Wege somit
in Benutzung. Da die Spiralen nur von innen
nach außen Ring um Ring gepflastert werden
konnten, waren die Wege zwischenzeitig nicht
begehbar. Alle Betroffenen zeigten aber Ver-
ständnis und Geduld. Das Ergebnis kann sich
auch 40 Jahre danach noch sehen lassen und
ist ein Blickfang des Campus I. NK
ROTE LINIEN AM JOHANNISHOF
DER BESONDERE ORT:
Worin liegt der besondere Reiz für die Software AG-Stiftung, ein Graduierten-
kolleg Waldorfpädagogik zu fördern?Was Pädagogik in diesem Land sein soll, wird
von der Politik definiert, und die ist eher der
Wirtschaft hörig als dem Geistesleben. Gele-
gentlich werden noch Ergebnisse aus der aka-
demischen Forschung akzeptiert. Das Resul-
tat ist eine Pädagogik, die das Ziel hat, den
Menschen an die Gesellschaft anzupassen,
und das ist nicht menschenwürdig. Als Stif-
tung haben wir die große Chance, ohne Rück-
sichtnahme auf politische und wirtschaftliche
Interessen, Impulse zu setzen. Das tun wir ins-
besondere in der Pädagogik. In der Reformpä-
dagogik allgemein und als spezielles Thema
haben wir uns die Waldorfpädagogik ausge-
sucht. Aus unserer Sicht ist sie eine wirklich
menschengerechte Pädagogik. Jeder Mensch
bringt die Anlagen zu seinen individuellen Fä-
higkeiten mit auf diese Welt. Eltern und Päd-
agogen sind im optimalen Fall Forscher und
Entwickler. Sie erkunden die versteckten Merk-
male des noch jungen Menschen und bringen
sie zur Entfaltung. Das ist die Erziehung zur
Freiheit und nicht eine Erziehung zur Ange-
passtheit. Ich zitiere hier gerne Heraklit: Er-
ziehen heißt, ein Licht anzünden und nicht ein
Fass füllen. Das ist einer der Gründe, warum
wir uns als Stiftung mit diesem Thema ganz
besonders befassen. Wir fördern das Gradu-
iertenkolleg, um der Waldorfpädagogik durch
seriöse wissenschaftliche Arbeit einen ange-
messenen Stellenwert zu verschaffen.
Mit welcher Summe wird die Software AG-Stiftung das Graduiertenkolleg
fördern?Die Software AG-Stiftung fördert niemals ein
Projekt alleine, sondern immer nur mit Part-
32 Engagement
?
?
„ IMPULSE SETZEN“
Die Software AG-Stiftung hat gemeinsam mit der Pädagogischen Forschungsstelle des Bundes der Freien Waldorfschulen, der Alanus Hochschule und weiteren Partnern das Graduierten kolleg
Waldorf pädagogik ins Leben gerufen und fördert das Projekt mit fast zwei Millionen Euro. Ein Gespräch zu den Hintergründen und Zielen mit Achim Grenz, Vorstandsmitglied der Stiftung.
33Engagement
nern. Gemeinsam lassen sich Ziele leichter
erreichen. Wir haben Finanzmittel, die wir für
solche Dinge bereitstellen können, aber umset-
zen müssen es die Menschen, die sich für die
Aufgabe zusammenfinden. Und zusammenge-
funden haben sich hier die Forschungsstelle
des Bundes der Freien Waldorfschulen, die Ala-
nus Hochschule, wir und weitere Förderer. Die
Software AG-Stiftung hat für die nächsten fünf
bis sechs Jahre 1,75 Mio. Euro bereitgestellt.
Die Alanus Hochschule fördert das Projekt als
Keimzelle der wissenschaftlichen Arbeit auf
diesem Gebiet sehr stark ideell.
Kann man von einem strategischen Ziel Ihrer Stiftung sprechen?
Ja, auf jeden Fall. Unsere Stiftung ist die größ-
te Stiftung in Deutschland, die sich mit pä-
dagogischen Themen dieser Art befasst. Wir
sehen hier eine Herausforderung als Stiftung,
denn durch zahlreiche kleinere Projekte, die
wir im Bereich der Waldorfpädagogik fördern,
haben wir einen sehr guten Einblick und sehen,
was gebraucht wird, um die Qualität der Arbeit
der Pädagogen zu unterstützen. Die Größe der
Stiftung an sich ist keine Tugend, aber die Vo-
raussetzung, um ein solches Projekt auf den
Weg zu bringen.
Wofür sollen die finanziellen Mittel pri-mär eingesetzt werden?
Die finanziellen Mittel werden im Wesentli-
chen für zwei Dinge gebraucht. Zum einen für
Stipendien, denn wir wollen qualifizierte Men-
schen finanziell soweit freistellen, dass sie
diesen Weg gehen können – bis zur Promotion
oder auch Habilitation. Zum anderen braucht
es eine Infrastruktur: ein Kollegium, technische
Voraussetzungen usw. Das Kollegium verwal-
tet diese Kosten entsprechend des Finanz- und
Kostenplans autark. Wir nehmen keinen beson-
deren inhaltlichen Einfluss.
Schaffen Sie es auf diese Weise, Ihr Anliegen noch mehr in die Gesellschaft
zu tragen?Wir wollen mit dem Kolleg möglichst viele qua-
lifizierte Menschen gewinnen, die eine akade-
mische Karriere machen, promovieren, einen
Lehrstuhl erhalten, aber auch die Qualität der
pädagogischen Arbeit befruchten – nicht zu-
letzt durch die akademischen Ergebnisse, die
sie in der Forschung erzielen. Diese Menschen
sollen dann als Multiplikatoren wirken. Wir
wünschen uns, dass auch an den großen Uni-
versitäten verstärkt reformpädagogische An-
gebote untersucht und entwickelt werden. Der
Bedarf ist da. Wir brauchen viel mehr qualifi-
zierte Waldorflehrer, Elementarpädagogen und
Menschen, die diese akademisch ausbilden.
Wie lange im Voraus wird ein solcher Projektantrag geprüft, bis es tatsäch-
lich zu einer Bewilligung der Fördersumme kommt?Jedes Projekt wird hinsichtlich seiner Ziele und
der inneren Qualitäten entwickelt. Wir haben
mit der Gruppe der Akteure über ein Jahr zu-
sammengearbeitet, bis es rund war. Es gab
viele Gespräche, Abstimmungen usw. Wenn wir
als Stiftung ein Projekt fördern, dann gehört es
im Vorfeld dazu, dass wir uns mit den Akteu-
ren zusammensetzen und einen Blick auf das
gesamte Konzept werfen; durch diese intensive
Vorarbeit hat sich dann das notwendige ge-
genseitige Vertrauen entwickelt. Das Vertrauen
zwischen Förderern und Projektakteuren muss
da sein, die Kompetenzen müssen stimmen,
ebenso wie der Wille zur Umsetzung und zum
Erfolg, sonst fördern wir nicht.
In welchen Forschungsthemen könnte sich das wiederfinden?
Hier nenne ich gerne ein Beispiel: Wir machen
an den Waldorfschulen viele Dinge anders als
an anderen Schulen. In England habe ich ein
Projekt begleitet, in dem eine Waldorfschule in
die öffentliche Förderung aufgenommen wurde.
Die staatliche Evaluation dort hat festgestellt:
„Against all rules, but the results are outstan-
ding.“ Die Briten stellen fest, die Methoden
passen überhaupt nicht zum Üblichen, aber
die Resultate sind überzeugend. Das kann man
wissenschaftlich untersuchen und als Brücke
verstehen, zwischen dem, was Standard ist
und dem, was im reformpädagogischen An-
satz der Waldorfpädagogik lebt.
Wie erreicht eine Stiftung, dass sich aus einem Impuls ein nachhaltiges
Projekt entwickelt?In unserer Satzung steht etwas, das uns
unser Stifter Peter Schnell aufgetragen hat:
Wir suchen nach dem heilsamen Impuls. Im-
puls heißt, wir stoßen etwas an und lassen es
dann in Freiheit laufen. Wenn an uns eine Idee
herangetragen wird, dann besuchen wir die
Menschen, wir reden mit ihnen, wir versuchen
Vertrauen zu finden bis in alle Ebenen des
Projektes, und vom Menschlichen bis ins rein
Organisatorische. Wenn es uns gelingt, eine
solche Beziehung zu schaffen, verbinden wir
uns nicht nur mit dem Portemonnaie, sondern
auch mit dem Herzen.
Herzlichen Dank für das Gespräch! JWD
?
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Achim Grenz // Vorstandsmitglied der
Software AG-Stiftung
34 Alanus Werkhaus
„ICH MUSS NICHT ALLES SELBST KÖNNEN!“
35Alanus Werkhaus
Nicht alles selbst können zu müssen und die
Unmöglichkeit, es allen recht zu machen –
das sind zwei wichtige Erkenntnisse, die Nora
Wallach aus der Fortbildung zur Teamleitung
in sozialen Einrichtungen am Alanus Weiterbil-
dungszentrum mitnimmt. Die Ergotherapeutin
arbeitet als Teamleitung des ambulant betreu-
ten Wohnens bei ODILIA e. V., einer anthroposo-
phischen Einrichtung für junge Menschen mit
geistiger Behinderung in Halle in Westfalen,
und besuchte die Fortbildung auf Wunsch ihres
Arbeitgebers. Zur Vorbereitung auf ihre Lei-
tungsfunktion sollte sie sich dort einen „Werk-
zeugkoffer“ mit grundlegenden Methoden an-
eignen, mit denen sie für die Aufgaben einer
Leitungskraft gerüstet ist.
Nach Meinung der 35-jährigen ist dies gut
gelungen: „Ich habe viele Methoden kennen-
gelernt, um mich bei meiner Arbeit besser zu
organisieren und auch vor Überarbeitung zu
schützen.“ Nicht zuletzt die eingangs ange-
führten Erkenntnisse und – der auch über den
Abschluss der Fortbildung hinausgehende –
fachliche Austausch mit Mitarbeitern anderer
Einrichtungen in ähnlichen Positionen war und
ist für sie hilfreich.
FÜHRUNGSROLLE UND FÜHRUNGS-IDENTITÄT
Das Besondere beim Führen in sozialen Ein-
richtungen und Schulen ist unter anderem,
dass die „Hierarchien eher flach sind und der
Führungsauftrag oft nicht direkt formuliert
ist“, so Angela Kühn und Elsabe Elson, Dozen-
tinnen der Fortbildung. Oftmals ist die Füh-
rungsrolle von Leitungskräften nicht eindeutig
legitimiert, oder sie arbeiten wie Nora Wallach
in einer Doppelrolle als Teamleiter und Betreu-
er. Deswegen ist es gerade für Leitungskräf-
te sozialer Einrichtungen enorm wichtig, sich
über die eigene Führungsidentität und den ei-
genen Führungsstil klar zu werden, sich in die-
sen Bereichen zu entwickeln und den Umgang
mit den Mitarbeitern und somit die Sicherheit
im Führen zu verbessern.
Um dies zu ermöglichen, konzipierten Kühn
und Elson die seit 2012 im Alanus Weiterbil-
dungszentrum angebotene Fortbildung, die aus
drei dreitägigen Blockseminaren mit den in-
haltlichen Schwerpunkten „Führungsrolle und
Führungsidentität“, „Mitarbeiterführung und
Veränderungsprozesse“ sowie „Konflikte, Kri-
sen und Selbstmanagement“ besteht. Dabei
kombinieren sie abwechslungsreich eine Viel-
zahl von Methoden, die „viel praktischen Raum
für Selbsterfahrung“ geben, wie die Teilneh-
merin Wallach beschreibt.
Kurze fachliche Inputs, interaktive Trainings-
phasen in kleinen Gruppen, Analyse und Aus-
wertung konkreter Praxissituationen, kolle-
giale Beratung, Reflexionsphasen und Feed-
backrunden kennzeichnen die Fortbildung mit
künstlerischen, spielerischen und meditativen
Unterrichtselementen. Auch telefonische Ein-
zelcoachings gehören zum Konzept der Wei-
terbildung.
MIT- UND VONEINANDER LERNEN
Wichtig ist dem Dozentinnenduo, dass sie den
Fortbildungsteilnehmern auf gleicher Augen-
höhe und mit großem Interesse begegnen. Ge-
lernt wird mit- und voneinander. Für die junge
Teamleiterin Nora Wallach ein wesentlicher
Aspekt. So war es für sie beispielsweise ent-
lastend zu erfahren, „dass Führungskräfte in
anderen Einrichtungen ganz ähnliche Erfah-
rungen machen“.
Am Lernort Alanus Weiterbildungszentrum
kann eine besonders dichte und angenehme
Lernatmosphäre entstehen, so die Pädagogin
Kühn, „vor allem wenn die Gruppe gemeinsam
im Alanus Gästehaus untergebracht ist“. Die
umgebende Natur und die künstlerische At-
mosphäre auf dem Johannishof wirken zudem
inspirierend, und manches Mal entsteht im
Zusammenspiel aller Faktoren ein für sie be-
merkenswerter Zustand: Dass nämlich die Teil-
nehmer sich gegenseitig unterstützen, Anteil
nehmen und Aufmerksamkeit schenken.
Das bekräftigt auch Nora Wallach: „Das Be-
sondere an der Fortbildung war für mich die
gute Stimmung und das achtsame und wert-
schätzende Miteinander.“ KS
Erkenntnisse aus dem Praxistraining zur Teamleitung in sozialen Einrichtungen
Elsabe Elson und Angela Kühn
ZERTIFIKATSKURSETEAMLEITUNG IN SOZIALEN EINRICHTUNGEN
21.09.2015 – 20.01.2016 (Kurs 2015) 3 Blockseminare: 21.09. – 23.09.2015 // 16.11. – 18.11.2015 // 18.01. – 20.01.2016
Jeweils Mo – Di 09:00 – 18:00 und Mi 09:00 – 16:30 Uhr
19.09.2016 – 30.11.2016 (Kurs 2016) 3 Blockseminare: 19.09. – 21.09.2016 // 24.10. – 26.10.2016 // 28.11. – 30.11.2016
Jeweils Mo – Di 08:30 – 17:00, Mi 08:30 – 16:30 Uhr
Kosten: jeweils 1.800 Euro
36 Alanus Werkhaus
DEN MENSCHEN IN DEN MITTELPUNKT STELLEN
Im Weiterbildungszentrum auf dem Johannis-
hof in Alfter absolviert der 39-jährige momen-
tan berufsbegleitend die Fortbildung zum Ge-
prüften Aus- und Weiterbildungspädagogen,
die hier bereits seit 2009 nach dem Konzept
der Gesellschaft für Ausbildungsforschung und
Berufsentwicklung München angeboten wird.
Hauptberuflich tätig ist Tobias Rusch als Be-
rater für Aus- und Weiterbildung beim dm-
drogerie markt. Als Berater beschäftigt er sich
mit der Konzeptionierung und Evaluierung der
firmeninternen Aus- und Weiterbildung, berät
dm-Filialen in Sachsen und Sachsen-Anhalt
und ist unter anderem auch als Referent aktiv.
Für die Fortbildung entschied sich der Fami-
lienvater bewusst. Zum einen, weil es eine
langjährige Verbindung zwischen seinem Ar-
beitgeber und der Alanus Hochschule sowie
dem Weiterbildungszentrum gibt, und zum an-
deren, weil auch er den anthroposophischen
Gedanken und die Haltung zum Menschen und
zum Lernen wertschätzt: den Menschen in den
Mittelpunkt zu stellen, Individualität wertzu-
schätzen, berufliche sowie persönliche Ent-
wicklungen zu unterstützen – darum geht es
auch ihm, und dies motiviert ihn, neben sei-
nem ausfüllenden und reiseintensiven Job, die
anderthalbjährige Fortbildung zum Aus- und
Weiterbildungspädagogen zu machen.
MODELLPROJEKT ZUR AUSBILDUNG VON AUSBILDERN
Fachkräftemangel, die damit zusammenhän-
gende gesellschaftliche Notwendigkeit, Fach-
kräfte auszubilden sowie die Zunahme vor
allem der pädagogischen Anforderungen in der
betrieblichen Ausbildung und nicht zuletzt die
Relevanz von Ausbildung und Beruf als Ent-
wicklungsraum für den einzelnen Menschen
bildeten im Jahr 2011 den Anstoß für das
Alanus Weiterbildungszentrum und die Alanus
Hochschule, gemeinsam das vom Bundesmi-
nisterium für Bildung und Forschung (BMBF)
geförderte Modellprojekt „Trialer Berufspä-
dagoge“ ins Leben zu rufen, an dem Tobias
Rusch nun partizipiert.
In den aufeinander aufbauenden Fortbildungen
„Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge“
und „Geprüfter Berufspädagoge“ des staat-
lich anerkannten Bildungswerks qualifizieren
sich Menschen, die die Aus- und Weiterbildung
in Betrieben, Unternehmen oder Institutionen
managen. Berufspädagogen haben darüber
hinaus die Möglichkeit, im Masterstudien-
gang „Pädagogik, Schwerpunkt Betriebliche
Berufspädagogik/Erwachsenenbildung“ der
Alanus Hochschule ihre Erfahrungen wissen-
schaftlich zu vertiefen und theoretisch zu re-
flektieren. Die verschiedenen berufspädagogi-
Fortbildung für Ausbilder
„Das Alanus Weiterbildungszentrum ist einer der schönsten Orte zum Lernen, die ich kenne“, antwortet Tobias Rusch sofort auf die Frage, was für ihn das Besondere an seiner Fort bildung sei.
37Alanus Werkhaus
schen Abschlüsse bauen aufeinander auf. Der
Master of Arts kann auf verschiedenen Wegen
erlangt werden.
HANDLUNGSORIENTIERT UND ANWENDUNGSBEZOGEN
Tobias Rusch bewältigt beispielsweise gleich-
zeitig Masterstudium und Fortbildung. Kenn-
zeichnend für die Fortbildung ist nach Meinung
des Dresdners, dass sie handlungsorientiert,
anwendungsbezogen und methodisch span-
nend angelegt ist. Sie ermöglicht ihm, seine
in der Praxis erworbenen Kompetenzen me-
thodisch anzureichern, was wiederum seinen
praktischen Handlungsspielraum erweitert. So
erprobt er das Gelernte im Rahmen seiner Tä-
tigkeit bei dm oft schon am nächsten Tag und
nennt dies schmunzelnd „praktisches Tun im
Selbstversuch“.
Die Fortbildung enthält Lernmodule zur Gestal-
tung von Lernprozessen, zur psychologisch-
pädagogisch gestützten Lernbegleitung sowie
zu Planungsprozessen in der beruflichen Bil-
dung. Im Masterstudium vertieft Tobias Rusch
seine praktischen Erfahrungen theoretisch. Die
beiden Ausbildungskomponenten Studium und
Fortbildung sind dabei didaktisch aufeinander
abgestimmt.
AUF DEM JOHANNISHOF FLIESSEN GUTE ENERGIEN
Besonders reizvoll sind für den dm-Mitarbeiter
die in die vier Lernmodule der Fortbildung in-
tegrierten künstlerischen Übungen sowie die
Heterogenität seiner Fortbildungsgruppe, die
das Lernen noch anregender und interessan-
ter macht. Als „Hotelprofi“, wie er sich selbst
bezeichnet, freut sich Tobias Rusch außer-
dem jedes Mal auf seinen Aufenthalt im Ala-
nus Gästehaus und lobt begeistert den guten
Service und die ruhige und angenehme Atmo-
sphäre.
Am Alanus Weiterbildungszentrum und der
Alanus Hochschule findet er seine Überzeu-
gung bestätigt, dass die Lernumgebung mi-
tentscheidend für den Lernerfolg ist. Für ihn
ist es ein bewegender (Lern-)Ort. Hier findet
er Ruhe und Inspiration und kann den Blick in
die Ferne schweifen lassen. „Auf dem Johan-
nishof“, so beschreibt Tobias Rusch, „fließen
die Energien auf eine gute Weise“. KS
AUSBILDUNGEN FÜR AUSBILDERFortbildungen des Alanus Weiterbildungszentrums zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung
¢ Vorbereitung auf die Ausbildereignungsprüfung (AEVO) (ab 05.10.2015)
¢ Das Konzept Lernprozessbegleitung (24. bis 26.09.2015 und 08. bis 10.10.2016)
¢ Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge (ab 04.03.2016)
¢ Geprüfter Betriebspädagoge (ab 04.03.2016)
Masterstudium an der Alanus Hochschule
¢ Master of Arts „Pädagogik, Schwerpunkt Betriebliche Berufspädagogik / Erwachsenenbildung“ (Start: jährlich zum Frühjahrssemester)
38 Menschen
ANNETTE WEISSKIRCHER –EINE PROFESSORIN,
DIE SICH UM DIE BALANCE KÜMMERT
Zehn Minuten macht Annette Weisskircher
jeden Morgen „ihre Übungen“. Das braucht sie,
um wach zu werden und gut in den Tag star-
ten zu können. Erst im Stehen vor dem Bett,
nach dem Duschen dann im Wohnzimmer. Sie
steht gerade, spürt die Füße am Boden, ver-
sucht „ihre Mitte zu finden“, öffnet die Arme
und beginnt bewusst gleichmäßig zu atmen.
Bei jedem Atemzug bewegt sie die Arme mit.
Ihre Morgengymnastik ist nicht etwa Yoga oder
Tai Chi, sondern Eurythmie. Dass diese Bewe-
gungsform – Anfang des 20. Jahrhunderts von
Rudolf Steiner entwickelt – genauso selbst-
verständlich zum heutigen Zeitgeist dazuge-
hört wie andere, das wünscht sie sich. Und
daran arbeite sie. So zeigt sie etwa Journa-
listinnen von Frauenzeitschriften Eurythmie-
Übungen zur Stressprophylaxe. Die Eurythmie
soll in der Mitte der Gesellschaft ankommen.
„Wenn es in jeder Stadt mindestens ein Eu-
rythmie-Studio gäbe, das fände ich toll“, sagt
sie und lacht. Dabei bilden sich Lachfältchen
um Augen und Mund, die das ganze Gesicht
zum Strahlen bringen.
Von der positiven Wirkung der Eurythmie ist
die 59-jährige überzeugt. Sie selbst macht
Eurythmie seit Kindergartentagen – während
ihre Freundinnen zum Ballett gingen, wollte
sie zur Eurythmiestunde. Das gefiel ihr so gut,
dass sie sich später für ein Eurythmiestudium
entschied. In den 1970er Jahren gehörte sie
zu den ersten Studentinnen der freien Alanus
Studienstätte, die ihr Vater, Günther Schöne-
mann, mitgegründet hatte. Aber die Eurythmie
als Bühnenkunst genügte ihr nicht. Sie wollte
wissen, wie man mit Eurythmie Kranken hel-
fen kann, und ging zum Heileurythmiestudium
in die Schweiz.
THERAPEUTIN AUS LEIDENSCHAFT
Seit fast dreißig Jahren ist sie in einer eige-
nen Praxis als Therapeutin tätig und sagt: „Ich
habe den schönsten Beruf der Welt, weil die
Patienten immer so positiv reagieren.“ Ihre
Sprechstundenhilfe habe beobachtet, dass
ihre Patienten immer gestresst und gebeugt
in die Therapiestunde gingen und lächelnd und
sichtlich entspannt wieder herauskämen.
Sich Zeit zu nehmen und auf jeden Patien-
ten und seine Sorgen einzugehen, ist ihr sehr
wichtig – „das ist dann meist mehr als nur
Bewegungstherapie“. Bei Ärzten sei das oft
nicht möglich. Die Patienten fühlen sich dann
allein gelassen. Kommt jemand mit einer
Krebs-Diagnose zu ihr, kann sie daran natür-
lich nichts ändern. „Aber ich kann mit dem
Annette Weisskircher ist Eurythmie-Therapeutin und Profes-sorin. Sie liebt ihren Beruf und begeistert sich für die heilsame Wirkung der Eurythmie. Mit Offenheit und Gelassenheit lässt sie Neues auf sich zukommen. Sie hört gerne erst einmal zu, bevor sie Lösungen anbietet. Ab September 2015 übernimmt sie das Amt der Prorektorin der Alanus Hochschule und möchte auch in dieser Rolle für ein harmonisches Gleichgewicht sorgen.
39Menschen
WEISSKIRCHER –
Patienten gemeinsam dafür sorgen, dass er
mit dem Krankheitsprozess besser fertig wird,
Bewegungsübungen machen, Atemtechnik und
Durchwärmung verbessern und das Immunsys-
tem stärken. Und wenn das gestärkt ist, sind
die Patienten insgesamt glücklicher und kom-
men mit der Krankheit besser klar.“
Wenn Annette Weisskircher von ihrer Arbeit er-
zählt, kann man sie sich sehr gut als Thera-
peutin vorstellen. Sie spricht ruhig und klar,
fast ohne Fachterminologie, schaut ihr Gegen-
über offen an und hört genau hin. Aber das
Auffälligste ist ihre Gestik: Jeden Satz beglei-
tet die Professorin mit passenden ausladenden
Bewegungen der Hände und Arme, manchmal
des ganzen Oberkörpers. Spricht sie von der
„harmonisierenden Wirkung“ der Eurythmie,
beschreiben ihre Hände eine fließende Wellen-
bewegung. Bei Gegensätzen fliegen ihre Arme
erst nach rechts, dann nach links, bei Aufzäh-
lungen setzen ihre Hände Punkte in die Luft.
Man hört bei ihr vor allem Begeisterungsfä-
higkeit – für andere Menschen, für neue Auf-
gaben und für die Eurythmie-Therapie. Annet-
te Weisskircher hat den Masterstudiengang
Eurythmie-Therapie an der Alanus Hochschu-
le aufgebaut und wurde 2008 zur Professorin
für dieses Fach ernannt. Ihre Therapeutentä-
tigkeit hat sie seitdem reduziert, öffnet aber
immer noch einen Tag pro Woche ihre Praxis
– das braucht sie, „um weiterhin nah dran zu
sein, an den Bedürfnissen der Patienten“.
FASZINIERT VON DER FORSCHUNG
Täglich unterrichtet sie nun angehende Euryth-
mie-Therapeuten, begutachtet Masterarbei-
ten, sitzt in Konferenzen und Arbeitsgruppen
und hat ihre Leidenschaft für die Forschung
entdeckt. Dass die Eurythmie wirkt, hat sie
in ihrer langjährigen Arbeit erlebt, aber wie
genau und warum, dazu gibt es bisher keine
Forschung. Für die Anerkennung der Therapie-
form ist dies jedoch entscheidend.
Fasziniert erzählt sie nun von einem Messappa-
rat, der angeschlossen an einen Tabletcompu-
ter, Daten zum vegetativen Nervensystem eines
Patienten liefert. Er wird in einer Studie zur Wir-
kung von Eurythmie bei Stress eingesetzt, vor
und nach entsprechenden Bewegungsübungen
zur Stressreduktion. „Man kann sofort sehen,
wie sich die Kurven verändern. Das ist wahn-
sinnig spannend“, erzählt Weisskircher voller
Enthusiasmus; und nun sprudeln doch einige
medizinische Fachbegriffe.
HARMONIE IM SOZIALEN
Zu Lehre, Forschung und therapeutischer Ar-
beit kommt bald noch eine weitere Aufgabe
hinzu: Ab September übernimmt sie das Amt
der Prorektorin der Hochschule. Eine Heraus-
forderung, der Annette Weisskircher mit der
gleichen Neugier und Gelassenheit begegnen
wird, wie allen Dingen in ihrem Leben.
„Die Alanus Hochschule ist meine Heimat“,
sagt sie. Sie war bei ihrer Gründung dabei, hat
als junge Frau beim Ausbau der Gebäude ge-
holfen, hat hier ihren Mann kennengelernt und
die Anfänge der damals noch nicht staatlich
anerkannten Hochschule während ihrer eige-
nen Studienzeit miterlebt. Etwas der familiä-
ren Atmosphäre von damals, „ als jeder immer
wusste, an welchen Projekten die anderen ar-
beiten“, möchte sie auch in die heutige Hoch-
schule zurückbringen. Die interne Vernetzung,
„damit die beiden Standorte sich nicht verlie-
ren“ und die Förderung eines „harmonischen
Miteinanders“ hat sie sich selbst als Schwer-
punkte für ihre Amtszeit gesetzt.
Gremienarbeit, Konzepte schreiben und Un-
terrichtsvorbereitung ziehen sich oft bis in die
Nacht. Bevor der Tag zu Ende ist, steht An-
nette Weisskircher wieder im Schlafzimmer, in
aufrechter Position, mit festem Kontakt zum
Boden, die Arme zur Seite getreckt und lässt
in Gedanken alle Ereignisse des Tages hinter
sich. Loslassen und zur Ruhe kommen, das
macht sie – wie sollte es anders sein – mit-
hilfe der Eurythmie. CZ
40 Menschen
DENKEN IN RÄUMEN
Hannah Schneider braucht einen Schuppen.
Eigentlich nur eine Giebelwand von einem
Schuppen. In ihrer Vorstellung ist er aus ver-
wittertem, vergilbtem Holz. Ein Foto vom ihrem
Wunschschuppen, ein einfacher Schwarz-
weißausdruck, hängt an der Wand in ihrem
Atelier. Jetzt telefoniert sie Landwirte ab und
hat ihre Familie in Süddeutschland gebeten,
die Augen offen zu halten.
Eigentlich müsste sie nervös werden. Drei Mo-
nate vor ihrer Ausstellung hat sie noch nicht
das Material für eine der zentralen Arbeits-
ideen zusammen. Laut dem Zeitplan, der an
ihrer Ateliertür hängt und ihr hilft, alles Or-
ganisatorische im Blick zu haben, sollte die
Material beschaffung jetzt abgeschlossen
sein. Auf einem großen Papierbogen hat sie
mit Daten und Pfeilen alles geplant und hand-
schriftlich notiert, was bis zur Ausstellung
noch zu tun ist: Material beschaffen, Sound
aufnehmen, Katalog planen, Sockel bauen,
Technik aufbauen. Aber Hannah Schneider ist
optimistisch und überzeugt: „Ich finde einen
Schuppen, wenn ich ihn wirklich brauche.“ Als
sie ein Kanu für eine frühere Arbeit benötigte,
bekam sie es, auch die Mitfahrgelegenheit auf
einem Lastkahn auf dem Rhein für eine Video-
arbeit ergab sich noch in letzter Minute.
DEN RAUM ERFASSEN
Hannah Schneider, die 2006 ihren Abschluss in
Bildhauerei an der Alanus Hochschule gemacht
hat, arbeitet vorwiegend ortsspezifisch. Ihre
Installationen, Zeichnungen und Videoarbeiten
nehmen Bezug zu den Ausstellungsräumen, zu
der Geschichte des Ortes oder zu den Assozia-
tionen, die er weckt. So auch bei der Ausstel-
lung im Siegburger Stadtmuseum.
Im Januar hat sie sich zum ersten Mal die
Räume angeschaut, in denen sie ausstellen
wird. Sie war alleine dort und hat sich viel
Zeit genommen. Zwei Stunden lang hat sie die
Räume auf sich wirken lassen, ist Wände ab-
geschritten, um Dimensionen zu erfassen, hat
sich die Umgebung angeschaut und Fotos ge-
macht – von den Räumen und Details. Es ist
Ende 2014 erhielt Hannah Schneider den mit 5.000 Euro dotierten Alanus Kunstpreis vom Förderverein der Hochschule. Verbunden damit ist eine Einzelausstellung, die im August 2015 im Stadtmuseum Siegburg eröffnet wurde. Wir haben die Künstlerin drei Monate vor der Vernissage in ihrem Atelier in Köln besucht.
Filmstill aus der Videoarbeit „bäuchlings auf dem Rhein“, 2014
Hannah Schneider mit Fotos des Austellungsraumes
41Menschen
ein „toller, heller Raum, hoch, offen, weit, mit
Blick nach draußen“, begeistert sie sich. Sie
hat sofort angefangen, sich zu überlegen, was
zur Situation passen könnte, und im Kopf Kon-
zepte für den Raum entwickelt. Schnell war ihr
klar, dass sich der kleinere Raum für Videoar-
beiten eignet, der größere jedoch frei von alten
Arbeiten bleiben soll. Hierfür wollte sie gezielt
Neues entwickeln.
IDEEN FINDEN UND VERWERFEN
Für die Ideenfindung nimmt sie sich gerne Zeit,
so auch bei dieser Ausstellung: Zeit, um Dinge
auszuprobieren, zu verwerfen und „alles noch-
mal komplett durch zu wälzen“. Selten kom-
men ihr direkt vor Ort „klare Gedankenblitze“,
die sie weiterverfolgt und die sich bis zum
Ende halten und tatsächlich realisiert werden.
„Meistens kommen die Ideen beim späteren
Nachdenken über den Ort und beim Anschau-
en der Fotos“, erklärt sie ihre Arbeitsweise.
So ist auch das Vorhaben mit dem Schuppen
entstanden. Die besondere Dachkonstruktion,
ein Sheddach, das den Ausstellungsraum im
Museum prägt, hat sie fasziniert. Sie hat die
Silhouette gezeichnet und ist so auf die Idee
mit der Giebelwand eines Schuppens gekom-
men, mit der sie eine Installation für eine der
großen Wände plant.
Parallel zu der Entstehung ihrer großen Arbei-
ten zeichnet Hannah Schneider auch immer.
Wichtig ist ihr dabei, „open minded“ zu sein,
intuitiv zu zeichnen, ohne konkret an den
Raum zu denken, auch wenn er im Bewusst-
sein im Hintergrund ist. Die Zeichnungen mit
Bleistift und Aquarell auf Papierbögen hängen
an Schnüren an einer Wand des Ateliers. Sie
dienen zur Vorbereitung und sind zugleich ei-
genständige Arbeiten. Direkt inspiriert bei der
Auseinandersetzung mit dem jetzigen Ausstel-
lungsraum haben sie mehrere alte Wasserspei-
er, die an der Balustrade hängen. Die „skurri-
len Wesen“ in ihrer besonderen Form und dem
Bezug zur Mythologie haben es ihr angetan.
Sie wusste: „Ich will daran anknüpfen.“ Dar-
aus entstanden ist eine Soundinstallation mit
Wassergeräuschen, die den ganzen Raum be-
spielen wird.
Diese sehr sinnliche, raumfüllende Arbeit ist
drei Monate vor der Vernissage die einzige, die
bisher fertiggestellt ist. Alle anderen Ideen-
stränge verfolgt Hannah Schneider nun paral-
lel. Dabei hat sie immer den ganzen Raum im
Blick und weiß, für welche Wände sie arbeiten
möchte.
MATERIAL UND FORMSTUDIEN
Für keine der Arbeitsideen hat sie bisher das
endgültige Material zusammen. In ihrem Ate-
lier macht sie derzeit Form- und Material-
studien: an einer Wand stehen grobe Holz-
bretter – daneben das Bild des Schuppens,
außerdem überall im Raum kleine Modelle
der Giebelwand aus grünen Schaumstoffplat-
ten. Auf dem Boden liegt ein Spiegel – auch
nur eine Arbeitsidee: „Ich überlege, die Decke
und den Umraum auf den Boden zu holen.“
Diverse Stangen aus unterschiedlichen Ma-
terialien lehnen an den Wänden, zwei dünne
Stangen sind an der Wand befestigt, darüber
ein Gardinenstoff drapiert. Eine Arbeit mit
Stoff, etwas Luftiges, Leichtes schwebt ihr vor.
Auf dem Tisch und auf den Fensterbänken lie-
gen Formen aus Ton, eine Assoziation zu den
Wasserspeiern drängt sich auf. Aber ob sich
aus diesen Entwürfen letztendlich eine Arbeit
entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
Was aus den einzelnen Ideen geworden ist,
davon können sich die Besucher vom 23. Au-
gust bis zum 20. September 2015 in der Aus-
stellung im Stadtmuseum Siegburg selbst ein
Bild verschaffen. CZ
Zeichnungen helfen Hannah Schneider, Themen für ihre räumlichen Arbeiten zu entwickeln
DER ALANUS PREISFÜR BILDENDE KUNSTDer mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde zum dritten Mal vom Förderverein der Alanus Hochschule verliehen. Neben dem Preisgeld umfasst er eine Einzelausstellung im Stadt-museum Siegburg, die mit einem Katalog dokumentiert wird. Er wird gefördert von der Kreissparkassenstiftung für den Rhein-Sieg-Kreis sowie von der Deutsche Steinzeug AG und den Quarzwerken Witterschlick GmbH.
ABSOLVENTENMIT GESTALTUNGSWILLEN
42 Menschen
Als im Sommer 2013 das Hochwasser der Elbe
ganze Landstriche überschwemmt und Häu-
ser zerstört, läuft die materielle Hilfe sofort
an. „Es fehlten jedoch Angebote, um die seeli-
schen Probleme der Menschen aufzuarbeiten“,
erinnert sich Julia Kittner. Die Kunsttherapie-
Absolventin hat daher in Zusammenarbeit mit
dem Caritasverband Stendal ein Konzept für
den Einsatz von Kunsttherapie in der Hoch-
wassernachsorge entwickelt. Die Ideen stießen
auf Zustimmung, Gelder wurden bewilligt und
eine Stelle für die junge Kunsttherapeutin ge-
schaffen. Jeden Mittwoch treffen sich nun seit
Anfang 2014 sechs bis acht Betroffene, um
künstlerisch zu arbeiten und zu reden. Wich-
tig ist Julia Kittner dabei, „dass wir nicht das
Hochwasser zum Thema machen“. Sie arbei-
tet nach einem ressourcenorientierten Ansatz,
„welche Stärken haben die Betroffenen, woran
glauben sie, was ist ihnen wichtig?“ Diese Fra-
gen bearbeitet sie mit den Teilnehmern. Neben
der freien Arbeit, gibt sie auch Themen vor:
„Der gute Ort“ oder „Die Wärme in mir“. Ein
wichtiger Bestandteil der Therapiesitzungen
ist die Bildbesprechung mit der Gruppe am
Ende jeder Stunde. Das Malen hilft ihnen, die
Gedanken zu sortieren und Kraft zu schöpfen.
Zusätzlich finden Workshops mit Schulklas-
sen, regelmäßige Kindergruppen und Einzel-
therapien statt. „Es war wahnsinnig spannend,
so etwas aufzubauen, und ich habe sehr viel
positives Feedback bekommen“, resümiert
die Therapeutin, die das Projekt aktuell nicht
mehr ganz so eng begleitet. Sie ist derzeit in
Elternzeit und wird durch die ehemalige Ala-
nus-Kommilitonin Stefanie Spilles vertreten.
Als Franziska Hüning sich für das berufsbe-
gleitende Kindheitspädagogikstudium an der
Alanus Hochschule einschreibt, ist sie bereits
viele Jahre als Erzieherin tätig. Der Wunsch,
ihre Arbeit auf professioneller Ebene zu reflek-
tieren und ihr großes Interesse für die Erzie-
hungswissenschaft waren der Anstoß für die
Aufnahme des Studiums. Besonders schätzt sie
die Ebene, auf der die Studenten an der Hoch-
schule angesprochen werden: „Man fühlt sich
den Dozenten gegenüber nicht wie der unwis-
sende Student – alle sind Lernende und pro-
fitieren voneinander. Die Kompetenzen jedes
Einzelnen werden wahrgenommen.“ Nach Ab-
schluss ihres Studiums 2013 nahm sie sich
vor, diese Mentalität weiterzugeben. Sie tritt
eine Stelle als Leiterin des Seminars für Wal-
dorfpädagogik in Dortmund an, in dem Erzieher
für waldorfpädagogische Kindergärten und Ta-
gesstätten ausgebildet werden. Die 46-jährige
unterrichtet dort nicht nur angehende Erzieher,
sondern konzeptioniert auch Fortbildungen für
den Kleinkindbereich, entwickelt Lehrpläne, be-
treut die Öffentlichkeitsarbeit, akquiriert Do-
zenten und vernetzt „ihr“ Seminar. Besonders
viel Freude machen ihr „die Konzeptionierung
von Lehrplänen – denn da habe ich große Frei-
heit“ und die Unterrichtstätigkeit. Ein Punkt ist
ihr dabei besonders wichtig: „Die Waldorfpä-
dagogik vermittele ich nicht isoliert, sondern
im Kontext anderer pädagogischer Ansätze –
wir zeigen Gemeinsamkeiten, Gegensätze und
Ergänzungen auf.“ Das „Handwerkszeug“ dazu
habe sie in ihrem Studium erlernt. Derzeit ent-
wickelt Hüning gemeinsam mit Dozenten der
Alanus Hochschule und anderen Ausbildungs-
stätten eine Weiterbildung für Erzieher, die zu
einem Hochschulabschluss führen soll. Als
„Lernende“ empfindet sie sich weiterhin und
hat sich nicht zuletzt aus diesem Grund ent-
schlossen, ein berufsbegleitendes Masterstu-
dium in Pädagogik an der Alanus Hochschule
aufzunehmen. CZ / TF
Julia Kittner verhilft mit Kunsttherapie Hochwasseropfern zu neuem Mut, Franziska Hüning bildet Waldorfpädagogen aus. Dabei lassen sich beide
Absolventinnen von ihren Ideen und Überzeugungen leiten.
Franziska Hüning
Julia Kittner (re.)
Kurz & Knapp 43
ERSTER PREIS FÜR ARCHITEKTUR-ALUMNI
Daniel Schilp und Jonas Greubel, die ihr Ar-
chitekturstudium an der Alanus Hochschu-
le 2009 abgeschlossen haben, erhielten mit
ihrem Partner André Schmidt den ersten Preis
bei einer Ausschreibung zur Neugestaltung
des Hortgebäudes der Freien Waldorfschule
am Prenzlauer Berg in Berlin. Der Förderver-
ein Schulemachen e. V. hatte den Wettbewerb
mit dem Ziel ausgeschrieben, nicht nur einen
Entwurf zu erhalten, der „die Waldorfpädago-
gische Zielsetzung überzeugend umsetzt, eine
gute Nutzungsqualität, -vielfalt und hohen
ökologischen Standard aufweist“, sondern
auch die Schulerweiterung als Gesamtkonzept
mitdenkt. Überzeugt hat die Jury die „konse-
quente Haltung“ und das „räumliche Angebot
im Innen- und Außenbereich“. Die Alumni mit
ihrem Büro MONO Architekten konnten sich mit
ihrem Entwurf aus fünfeckigen, eingeschos-
sigen Gebäuden gegen elf weitere Konzepte
durchsetzen und wurden nun mit der Umset-
zung des Projektes beauftragt. Wir gratulieren
herzlich!
BEATLES-THEATERABEND
Das „Weiße Album“ der Beatles war der Soundtrack des Jahres 1968: ein Jahr, das für das Auf-
bruchsgefühl einer ganzen Generation, die Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft und
den Kampf gegen Unterdrückung und Krieg steht. In einer Inszenierung von Michael Barfuß
lassen Schauspielstudenten des dritten Studienjahres die vergangenen revolutionären Zeiten
wieder lebendig werden. Im September erwartet die Besucher an der Alanus Hochschule ein
musikalischer Theaterabend mit unterschiedlichsten Schauspielperformances und den legen-
dären Beatlessongs. Im Oktober wird das Stück außerdem in der Brotfabrik Bonn aufgeführt.
AUGEN.BLICK.MAL – TAGE DER OFFENEN TÜRIm Frühjahr ist es wieder soweit: Mit Ausstel-
lungen, Aufführungen, Performances, Rund-
gängen, Workshops, Vorträgen und Beratung
zu Studium und Weiterbildung erwartet die
Gäste der Tage der offenen Tür ein spannen-
des, abwechslungsreiches Programm. Vom
18. bis zum 20. März 2016 präsentieren sich
Hochschule und Weiterbildungszentrum in über
100 verschiedenen Kultur- und Informations-
angeboten an beiden Standorten in Alfter.
Eingeladen sind alle Kultur- und Studieninter-
essierten, Jung und Alt, Familien und Freunde
sowie alle, die vielfältige Facetten von Kunst
und Wissenschaft erleben möchten. Die aus-
führliche Veranstaltungsübersicht ist ab Feb-
ruar unter www.alanus.edu/augenblickmal zu
finden.
NGO-STIPENDIUM FÜR BWL-STUDENTENIm Herbstsemester 2015/2016 bietet der Fach-
bereich Wirtschaft in Kooperation mit seinem
neuen Praxispartner Germanwatch erstmalig
ein NGO-Stipendium an. Der Stipendiat be-
kommt die monatlichen Studiengebühren für
den Bachelorstudiengang BWL der Hochschu-
le erlassen und verbringt gegen ein zusätz-
liches Praktikumsgehalt seine Praxisphasen
während des sechssemestrigen Studiums bei
Germanwatch, einer gemeinnützigen, unab-
hängigen Umwelt- und Entwicklungsorgani-
sation. „Mit Germanwatch erweitern wir unser
großes Netzwerk an Partnerunternehmen um
eine Nichtregierungsorganisation. Besonders
für diejenigen Studenten, die das Studium
mit dem Schwerpunkt NGO-Management ab-
schließen möchten, bietet dieser Praxispartner
spannende Einblicke“, erklärt Dirk Battenfeld,
Leiter des Fachbereichs Wirtschaft.
STUDICA GEHT IN DIE ZWEITE RUNDENach erfolgreicher Erprobung setzt nun die
zweite Förderphase von „STUDICA – studie-
ren à la carte“ die erlangten Ergebnisse weiter
um. Lebens- und berufserfahrene Menschen
erhalten die Möglichkeit, sich wissenschaftlich
weiterzubilden. Anstelle fest vorgeschriebener
Studienverläufe tritt bei STUDICA eine umfas-
sende und offene Palette von Studien- und
Serviceangeboten. Je nach persönlichen und
beruflichen Fähigkeiten und Bedürfnissen stel-
len die Teilnehmer sich aus den Angeboten der
Hochschule ein für sie geeignetes Programm
wissenschaftlicher Weiterbildung zusammen.
Im Rahmen des Wettbewerbs „Aufstieg durch
Bildung: offene Hochschulen“ des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF)
bietet die zweite Phase des Projektes ein An-
gebot aus den Bereichen Architektur, Betriebs-
wirtschaftslehre, Berufspädagogik, Bildhaue-
rei, Schauspiel, Kunsttherapie, Kindheitspäda-
gogik und Heilpädagogik an. Ein umfassendes
Begleitangebot aus Werkstätten und Beratun-
gen unterstützt die Teilnehmer zusätzlich. Die
Fördersumme für die Forschungs- und Ent-
wicklungsarbeiten beträgt rund 760.000 Euro.
Weitere Informationen unter www.alanus.edu/
studica
berufsbegleitend
flexibel
44 Kurz & Knapp
NEUE GLOBUS- STIFTUNGSPROFESSUREva-Maria Walker wurde zur Juniorprofessorin
für das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre,
insbesondere Kommunikation und Unterneh-
menskultur im Handel“ ernannt. Die Stiftungs-
professur wird von der Globus SB-Warenhaus
Holding GmbH & Co. KG finanziert, die damit
die Weiterentwicklung des Fachbereichs Wirt-
schaft unterstützt. Mit der Globus Stiftungs-
professur wird der rege Austausch zwischen
Wirtschaft und Wissenschaften gefördert.
Reale Fragestellungen aus der Praxis können
unmittelbar wissenschaftlich ergründet wer-
den und ermöglichen dem Unternehmen und
seinen Mitarbeitern einen kontinuierlichen
Bezug zum aktuellen Stand der Forschung.
NEUE PROREKTORENIm September 2015 treten Annette Weißkircher und Horst Philipp Bauer als Prorektoren in die be-
stehende Amtszeit des Rektors bis 2018 ein. Weißkircher ist Professorin für Eurythmietherapie und
stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Kunsttherapie. Mit ihrem Arbeitsplatz am Johannishof
vertritt sie insbesondere die Kunstbereiche und ist für studentische sowie Prüfungsangelegenhei-
ten verantwortlich. Bauer ist Professor für Erziehungswissenschaft und berufliche Bildung. Seine
Schwerpunkte liegen vor allem in der Betreuung des Mannheimer Standortes und den wissen-
schaftlichen Bereichen. „Die Zusammensetzung des Rektorats mit den neuen Prorektoren sehe
ich als große Chance: ein Team mit unterschiedlichsten Qualitäten und Perspektiven“, betont
Marcelo da Veiga, Rektor der Alanus Hochschule.
HERVORRAGENDE DIDAKTIK IN DER KIND-HEITSPÄDAGOGIK Erfahrungen von Veränderungen und Brüchen
prägen in zunehmendem Maße die Lebensläufe
von Kindern und deren Familien. Neben fami-
liären und anderen Herausforderungen nimmt
der Übergang von der ausschließlich familiä-
ren Betreuung in die Kindertagesstätte und
von der Betreuung in der Kindertagesstätte in
die Grundschule eine besondere Stellung ein.
Gut ausgebildete Pädagogen spielen hier eine
Schlüsselrolle. Das Modul „Kooperationen und
Transitionen“ des Studiengangs Kindheitspä-
dagogik der Alanus Hochschule unter Leitung
von Stefanie Greubel, Juniorprofessorin im
Fachbereich Bildungswissenschaft, befasst
sich mit genau diesem Thema. In der Studie
„Übergang Kita – Grundschule auf dem Prüf-
stand“ wurde das Lehr- und Lernkonzept der
entsprechenden Seminare als Best-Practice-
Modell – also als Erfolgsmodell mit bewährter
und optimaler Vorgehensweise ausgezeichnet.
Unter anderem wurden die Aspekte Nachhal-
tigkeit und Innovation untersucht. Auch die
Verknüpfung von Theorie und Praxis wird in
dem von Greubel verantworteten Modul positiv
hervorgehoben. Im Rahmen der deutschland-
weiten Studie wurden weitere Konzepte von
Studiengängen der Kindheitspädagogik, des
Grundschullehramts und der Fachschulen/-
akademien für Sozialpädagogik beleuchtet.
Wir gratulieren herzlich!
FACHTAGUNG MITARBEI-TERPOTENZIALE FÜR NACHHALTIGKEIT
In Mitarbeitern steckt viel Potenzial, um Um-
welt- und Nachhaltigkeitsthemen in Unterneh-
men voranzutreiben. Erfolgreiche Initiativen
und Innovationen für Klimaschutz und Nach-
haltigkeit gehen oft von umweltbewussten
Mitarbeitern aus, die motiviert sind, ihr viel-
fältiges Wissen und ihre Kompetenzen hierfür
einzubringen. Obwohl sich viele Mitarbeiter im
privaten Bereich für eine nachhaltigere Zu-
kunft interessieren und engagieren, gelingt
es Unternehmen oft nicht, dieses Potenzial zu
mobilisieren. Im Rahmen der Fachtagung am
26. November soll daher die Nutzung von Mit-
arbeiterpotenzialen in Unternehmen zur Ent-
wicklung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz
mit den anwesenden Referenten diskutiert
werden. Interessierte können sich über www.
alanus.edu anmelden.
CHANCEN SCHENKEN – MIT DEM DEUTSCH-LANDSTIPENDIUMUnterstützen auch Sie mit nur 150 Euro
monatlich einen Studenten der Alanus
Hochschule.
Sprechen Sie uns an:
Véronique Chalvet
Tel. 0 22 22 . 93 21-17 41
www.alanus.edu/deutschlandstipendium
45Kurz & Knapp
NEUES MASTERSTUDIUM KINDHEITSPÄDAGOGIK Die Alanus Hochschule bietet neben einem Voll- und einem Teilzeit-Bachelorstudiengang Kind-
heitspädagogik nun auch die Möglichkeit, sich in dieser Studienrichtung für einen Master ein-
zuschreiben: Der Schwerpunkt „Pädagogische Praxisforschung“ mit der Vertiefungsrichtung
„Kindheit und Gesellschaft“ richtet sich an Absolventen eines kindheitspädagogischen Bache-
lorstudiengangs sowie an Sozialpädagogen aus anderen Berufsfeldern, die ein Hochschulstudium
abgeschlossen haben und Fragen aus der früh- und vorschulpädagogischen Praxis mit wissen-
schaftlichen Methoden untersuchen möchten, um das eigene Tätigkeitsfeld auf akademischem
Niveau zu reflektieren. Das Studium vermittelt die nötige Forschungsqualifikation, um empirische
Studien in pädagogischen Handlungsfeldern planen, durchführen und auswerten zu können. Die
Studierenden professionalisieren ihre pädagogischen Kompetenzen in den Bereichen Erziehungs-
und Bildungsarbeit sowie Team- und Einrichtungsleitung. Im Hinblick auf die Veränderungen und
Herausforderungen des Bildungssystems wird, neben der fachlichen und methodischen Qualifi-
kation, der Persönlichkeitsbildung der Pädagogen eine besondere Bedeutung beigemessen.
ABI – WAS DANN?
Architekt, Manager oder Lehrer? Viele Abitu-
rienten wissen noch nicht, was sie nach der
Schule beruflich machen möchten. Über 330
anerkannte Ausbildungen und knapp 7.500
Bachelorstudiengänge gibt es bereits, und das
Angebot wächst ständig. Wie soll man sich da
zurechtfinden und das „Richtige“ auswählen?
Eine Hilfe bietet ab dem Herbstsemester
2015/2016 das Orientierungsstudium, ein
ein- bis zweisemestriges Studienangebot an
der Alanus Hochschule. Hier können vielseitig
Interessierte in die verschiedenen Fachrichtun-
gen der Hochschule reinschnuppern, erhalten
eine Einführung ins wissenschaftliche Arbei-
ten, kommen in Austausch mit Berufserfahre-
nen und werden individuell begleitet. Wer da-
nach ein Studium an der Alanus Hochschule
beginnt, kann sich die erbrachten Leistungen
anrechnen lassen. Weitere Informationen unter
www.alanus.edu/orientierungsstudium
BWL-STUDIUM DER ALANUS HOCHSCHULE ERNEUT AUSGEZEICHNET
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat das
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der
Alanus Hochschule mit dem Qualitätssiegel
„Werkstatt N 2015“ ausgezeichnet. Mit die-
sem Label würdigt das von der Bundesre-
gierung beauftragte Beratungsgremium zu-
kunftsweisende Initiativen für ein nachhal-
tigeres Deutschland. Bereits 2011 und 2013
erhielt das Studienangebot die Auszeichnung
vom Nachhaltigkeitsrat. Das Studienkonzept
unter dem Motto „Wirtschaft neu denken“ hat
die Alanus Hochschule 2006 gemeinsam mit
Partnern aus der Wirtschaft, die eine sozi-
al und ökologisch orientierte Unternehmens-
führung betreiben, ins Leben gerufen. Neben
betriebswirtschaftlichem Fachwissen sind die
praktische Tätigkeit sowie Kunst, Kulturwis-
senschaften und Philosophie fester Bestand-
teil des dreijährigen Bachelor- und Masterstu-
diums. Die Studenten werden angeregt, neue
Ideen für ein zukunftsfähiges und ökologisches
Wirtschaftsleben zu entwickeln.
EURYTHMIELABOR 2015Aufführungen, offene Proben, Vorträge und
Workshops: Am 2. und 3. Oktober findet an
der Alanus Hochschule das dritte Eurythmie-
Labor statt, eine experimentelle Plattform für
Performance. Ensembles und Solokünstler zei-
gen ihre aktuellen Projekte und analysieren sie
gemeinsam mit dem Publikum. Zudem geben
Werkstatt-Aufführungen blitzlichtartige Ein-
blicke in neue Performanceproduktionen.
Auf der Bühne sind nicht nur Eurythmisten,
sondern auch Künstler weiterer zeitgenössi-
scher Tanzrichtungen zu sehen. Diskussionen
und Workshops mit Choreografen und Künst-
lern ermöglichen dem Publikum, tiefer in die
Ideenwerkstatt der Künstler einzudringen und
ihre individuellen Kunstgriffe besser verste-
hen und erleben zu können. Die Veranstaltung
bietet ein Forum für die Behandlung aktueller
Arbeitsfragen in der performativen Kunst, für
den Austausch zwischen verschiedenen Tanz-
richtungen und die Weiterentwicklung der Eu-
rythmie als Performancekunst.
46 Termine
TERMINVORSCHAUbis 20. September 2015Gegenhall g Ausstellung Alanus Kunstpreis von Preisträgerin Hannah Schneider, Stadtmuseum Siegburg
4. September„Was ist und wozu studiert man Waldorf-pädagogik?“ g Vortrag über alternative Pädagogiken und die Schule von morgen, Campus II
4. bis 13. September...noch feucht g Studenten der Klasse von Andreas Orosz zeigen gegenständliche Malerei, Fabrik 45 Bonn
11., 12., 15. und 16. SeptemberThe Beatles „Das weiße Album“ g Ein musi kalischer Theaterabend mit Schauspiel-studenten, Campus I
12. SeptemberHardtberger Kulturnacht g Kunstaktion von Bildhauereistudent Achim Kirsch, Kulturzentrum Bonn-Hardtberg
15. und 16. Septembervocatium Bonn/Rhein-Sieg g Stand bei der Fachmesse für Ausbildung und Studium, Stadthalle Bad Godesberg
18. und 19. SeptemberDrittes Forschungssymposium Eurythmie-pädagogik g Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes „Eurythmiepädagogik heute“, Campus I
22. und 23. Septembervocatium Köln g Stand bei der Fachmesse für Ausbildung und Studium, Stadthalle Köln-Mühlheim
23. September, 28. Oktober und 2. DezemberLicht und Schatten der Malerei im Film g Hofkino, Campus I
28. September bis 7. DezemberArbeitssinn – Lebenssinn? g Öffentliche Ring-vorlesung von Alanus Hochschule, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Universität Bonn und General-Anzeiger Bonn, wechselnde Veranstaltungsorte
30. September bis 4. Oktobervestigare g Absolventen des Bachelorstudien-gangs Kunst-Pädagogik-Therapie präsentieren ihre Arbeiten, Schloss Alfter
2. OktoberEurythmieLabor 2015 g Werkstatt für Eurythmie und Performance mit umfangreichem Bühnenprogramm, Campus I
6. Oktober bis 15. Dezember TOPOS Kunsttherapie: aktuelle Positionen aus der Vielfalt der Arbeitsfelder g Öffent-liche Ringvorlesung, Campus II
19. Oktober bis 18. März 2016Studienvorbereitung Mappenkurs g Für Inte-ressenten aller bildenden künstlerischen Berufs- und Studienrichtungen, Alanus Werkhaus
21. OktoberGeprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge und Geprüfter Berufspädagoge g Infoabend zu den berufsbegleitenden Fortbildungen, Alanus Werkhaus
22. OktoberMensch – Maßstab – Größe g Start der Kinder uni im Rhein-Sieg-Kreis, Campus II
23. OktoberWorte finden. Schweigen. Sprechen. Schreiben. Lesen g Dialogischer Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Kunsttherapie – Medizin – Psychologie, Campus II
24. OktoberKölner Museumsnacht g Studenten der Alanus Hochschule zeigen aktuelle Arbeiten, ecosign/Akademie für Gestaltung Köln
29. und 30. OktoberDie letzte Insel. Eine quasipolitische Farce übers Menschsein in Krisenzeiten g Lesung zu einer Klima-Konferenz mit Schauspielstudenten, Campus I
29. Oktober bis Januar 2016Malereiausstellung g Studenten zeigen aktuelle Arbeiten, Wissenschaftszentrum Bonn
29. Oktober bis 23. Juli 2016Psychosozialer Berater g Berufliche Fort-bildung, Alanus Werkhaus
30. und 31. OktoberWoher will ich wissen, was ich will? g Berufs-findungskurs für Jugendliche, Alanus Werkhaus
31. OktoberStudieninfotag g Informationen zu allen Bachelor- und Masterstudiengängen, Campus I und II
4. NovemberKollektive Wertschöpfung – die sich selbst führende Organisation g Tagung des Institut für Sozialorganik, Campus II
6. November bis Oktober 2017Qualifizierung: Künstlerischer Prozess-begleiter g Berufliche Fortbildung, Alanus Werkhaus
12. NovemberGreen Day g Vorstellung der BWL-Studiengänge, Campus II
13. und 14. November ANDERS tun ... anders TUN. Zum Selbst-verständnis von AkteurInnen im Handlungsfeld zwischen Kunst und Gesellschaft g Symposium, Campus I
20. NovemberEssstörungen und Adipositas g Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Kunsttherapie – Medizin – Psychologie, Campus II
IMPRESSUM
Herausgeber Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft
Anschrift Villestraße 3 — 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-0 — [email protected] www.alanus.edu
Träger Alanus Hochschule gemeinnützige GmbH
Geschäftsführung Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Dirk Vianden
Idee und Konzept Dr. Julia Wedel, Elisabeth Höhnen, steinrücke+ich
Redaktionsleitung Dr. Julia Wedel, Elisabeth Höhnen
Redaktion Tatjana Fuchs (TF), Nina Kep (NK), Karin Scherer (KS), Sandra Stempel (SST), Dr. Julia Wedel (JWD), Claudia Zanker (CZ)
Weitere Autoren dieser Ausgabe Prof. Dr. Jost Schieren, Prof. Dr. Thomas Schmaus
Werknachweise„Kiosk am Badesee Düren“ (Ausschnitt), 2014, Simon Kool-mann (Titelseite) — „ohne Titel“, 2015, Anna Kleinsorg (S. 4 li., 6/7) — Foto des Projekts „Tischgespräch“, 2014, Raphael Arweiler und Joakim Couchoud (S. 11) — Foto des Projekts „Tabula Rasa“, 2014, Miriam Nolte und Loïc Devaux (S. 12) — „o.T.“, 2015, Karin Humberg (S. 14/15) — „Aleph, Wattestaebchen“, 2014, Injung Sung (S. 15 o.) — „Schat-tenspiel", Chong Zhang, 2015 (S. 16) — „Jusqu’à ce que tu aies croqué la pomme“, 2015, Miriam — Nolte & Darja Esser (S. 20) — „Interstellar“, 2015 Jochen Breme (S. 21 o.) — „L’ombre d’Orphélie“, 2015, Darja Esser (S. 21 2. v. o.) — „Cubes“, 2015, Christiane Wien (S. 21 u.) — 2015, Frieda Berger (S. 37) — „bäuchlings auf dem Rhein“, 2014, Hannah Schneider (S. 40) — „Neues Hortgebäude Waldorf-schule Am Prenzlauer Berg“, 2015, MONO Architekten (S. 43)
Fotos und AbbildungenAlanus Hochschule (S. 5 re., 12 u., 13, 22, 23, 26 – 28, 31, 40 o., 41) — Willem-Jan Beeren (S. 24) — Jochen Breme (S. 21 o.) — Nola Bunke (S. 3, 4 re., 14 o., 18 u., 29, 42 u., 45 re.) — Caritasver band Stendal (S. 42 o.) — Uwe Ditz (S. 32, 44 o. li.) — Darja Esser (S. 20, 21 3. v. o.) — Charlotte Fischer (S. 8 – 10, 45 o. li.) — Sheridan Flipse (S. 18 o.) — FOTOBONN (S. 44 o. re.) — Jonas Greu-bel (S. 43) — Andreas Kermann (S. 19) — Alexander Krebs (S. 35) — Volker Lannert (S. 37 o., 39) — Muyan Lindena (S. 40 u.) — Lukas Schreck (S. 17) — Britta Schüßling (Titelseite, S. 4 li., 5 li., 6/7, 14/15 u., 15, 16, 36, 37 u. re.) — Universitätsklinikum Bonn (S. 25) — Anne von-Hoyningen-Huene (S. 11, 12 o.) — Julia Wedel (S. 34) — Argia Wehner (S. 21 2. v. o.) — Christiane Wien (S. 21 u.) — Rawpixel / Fotolia.com (S. 44) — Laurent Ziegler (S. 45 u.)
Anzeigen Susanne Krause
Erscheinungsweise 2-mal jährlich
Druck und Auflage Warlich Druck Meckenheim GmbH — 5.000 Exemplare
In diesem Magazin wird aus Gründen der einfacheren Les-barkeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachform verzichtet. Sämtliche Bezeichnun-gen von Personengruppen gelten gleichgestellt sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form. Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung der Alanus Hochschule.
Alfter, September 2015
www.alanus.edu/veranstaltungenwww.alanus.edu/weiterbildung
ALANUS HOCHSCHULE FÜR KUNST UND GESELLSCHAFT
Campus I: Johannishof — Campus II: Villestraße 3 — 53347 Alfter
ALANUS HOCHSCHULE – INSTITUT FÜR WALDORFPÄDAGOGIK, INKLUSION UND INTERKULTURALITÄTZielstraße 28 — 68169 Mannheim
WEITERBILDUNGSZENTRUM ALANUS WERKHAUSCampus I: Johannishof — 53347 Alfter
20. und 21. November Bewegungssymposium XIV g Vorträge, Darstellungen und Gespräche, Campus I
25. November bis Dezemberunter dem Tellerrand g Studenten der Bildenden Kunst zeigen ihre Arbeiten, Frauen-museum Bonn
26. NovemberMitarbeiterpotenziale für Nachhaltigkeit g Fachtagung, Campus II
ab 27. NovemberRingvorlesung Social Finance g erster Beitrag des Vorstandsvorsitzenden der Pax Bank eG Köln, Dr. Klaus Schraudner, Campus II
28. Novemberparentum g Messestand der Alanus Hochschule bei den Eltern+Schüler-Veranstaltungen für die Berufswahl, Friedrich-Ebert-Gymnasium Bonn
4. bis 6. DezemberSingen ums Verrecken g Ein experimenteller Volxliederabend mit Schauspielstudenten, Campus I
10. DezemberIch und Du sind Wir g Kinderuni im Rhein-Sieg-Kreis, Campus II
17. DezemberOberuferer Weihnachtsspiele g Aufführung der Studenten, Standort Mannheim
26. Januar 2016Bonner Hochschulmesse g Stand bei der Fachmesse für Studieninteressierte, Beethoven-halle Bonn
29. Januar Rudolf sucht Steiner g Jobmesse für den Waldorflehrer, Standort Mannheim
6. Februar Studieninfotag Mannheim g Informationen zu allen Bachelor- und Masterstudiengängen, Stand-ort Mannheim
D A S A L A N U S M A G A Z I N
UNIVERSALIS
ALANUS HOCHSCHULE FÜR KUNST UND GESELLSCHAFT
Villestraße 3 — 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-0 — [email protected] www.alanus.edu
WEITERBILDUNGSZENTRUM ALANUS WERKHAUS
Johannishof — 53347 Alfter Tel. 0 22 22 . 93 21-17 13 — [email protected] www.alanus.edu/werkhaus
Dies
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Alanus [aːlaːnʊs]: Die Alanus Hochschu-
le und das Alanus Werkhaus beziehen sich
in ihrem Namen auf den Universalgelehrten
Alanus ab Insulis (ca. 1120 bis 1202), der den
Beinamen „doctor universalis“ trug. Er lehrte
die Sieben Freien Künste in Paris und Montpel-
lier. Alanus ab Insulis vertrat die Vorstellung,
dass Studieren die Bildung des Menschen zum
Menschen durch Interdisziplinarität bedeutet
und über ein reines Fachstudium hinausgeht.
Angelehnt an Alanus ab Insulis ist ein wichti-
ger Teil des Konzepts der Alanus Hochschule
und des Werkhauses die Gemeinschaft und
Begegnung von Kunst und Wissenschaft.
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