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Universität Zürich
Lehrstuhl für Unternehmensführung und -politik
Diplomarbeit
Fakultät: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Studienrichtung: Betriebswirtschaftslehre I
Wahlpflichtfach: Unternehmensführung und -politik bei Prof.
Dr. Egon Franck
Titel der Diplomarbeit:
Shareholder Activism von
Schweizer Pensionskassen
Bearbeitet von:
Hannes Schobinger
Stepackerstr. 5
8194 Hüntwangen
Matrikelnummer 98-713-985, 9. Semester
Abgabetermin: 22. Februar 2003
I
Executive Summary
In der vorliegenden Arbeit wird das Thema des Shareholder Activism von Schweizer
Pensionskassen behandelt. Zum einen wird erläutert, warum der Shareholder Activism
aus wissenschaftlicher Sicht der Corporate Governance eines Landes zuzuordnen ist.
Zusätzlich wird der Shareholder Activism in das Framework der Kontrollkräfte einge-
ordnet, die das Management in seinen diskretionären Verhaltensspielräumen diszipli-
nieren können, die aufgrund einer Principal-Agent-Beziehung zwischen dem Manage-
ment und den Aktionären entstehen. Dabei wird dargestellt, dass der Shareholder Acti-
vism als theoretisches und praktisches Substitut für den Market for Corporate Control
interpretiert werden kann. Zum anderen wird die Entwicklung des Shareholder Activism
von amerikanischen und Schweizer Pensionskassen chronologisch dargestellt und er-
läutert. Beide Länder werden in einem Vergleich einander gegenübergestellt. Aus einer Umfrage bei Schweizer Pensionskassen geht hervor, dass sich die Schweizer Pensi-
onskassen weitgehend passiv verhalten und den Shareholder Activism nach amerika-
nischem Vorbild nicht kennen. Die eigentliche Stimmrechtsausübung wird gemäss der
Umfrage jedoch als bedeutend und wichtig wahrgenommen und umgesetzt.
II
INHALTSVERZEICHNIS
IN H AL T S V E R ZE ICHN IS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I I
AB BIL DU NGS V E RZE ICHN IS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V
1 E IN LE IT UN G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Ausgangslage ..............................................................................1
1.2 Problemstellung ...........................................................................2
1.3 Zielsetzung ...................................................................................3
1.4 Aufbau der Arbeit .........................................................................3
1.5 Literatursuche ..............................................................................4
1.6 Definitionen und Erläuterungen...................................................5 1.6.1 Shareholder Activism................................................................... 5
1.6.1.1 Definition..............................................................................5 1.6.1.2 Differenzierung des Shareholder Activism ..............................5 1.6.1.3 Wissenschaftliche Einordnung...............................................7
1.6.2 Shareholder Proposal................................................................... 8 1.6.3 The Wall Street Rule ................................................................... 10 1.6.4 CalPERS, TAII-CREF................................................................... 10 1.6.5 ERISA ........................................................................................... 11
2 DAR S TE LL UN G DE R T HE O RE T IS C HE N GRUN DL AG E N . . . . . . 12
2.1 Property-Rights-Theorie ............................................................ 12
2.2 Principal-Agent-Theorie ............................................................. 13
2.3 Market for Coporate Control ...................................................... 15
2.4 Die theoretische Notwendigkeit zum Shareholder Activism..... 15
3 EN TW IC KL UN G DE S SH AR E HO LDE R ACT IV S IM IN DE N USA.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3.1 Entstehung: Shareholder Activism von 1930-1950 ................... 17
3.2 Wachstum im historischen Kontext........................................... 18 3.2.1 Die zweite Welle: Shareholder Acitvism in den 60er und 70er
Jahren........................................................................................... 18 3.2.2 Die dritte Welle: Shareholder Activism in den 80er und 90er
Jahren........................................................................................... 18 3.2.2.1 Der versteckte Shareholder Acitivsm....................................19 3.2.2.2 Der öffentliche Shareholder Acitvism....................................19 3.2.2.3 Regulatorische Änderungen ................................................20 3.2.2.4 The Council of Institutional Investors....................................21
3.3 Chronologie der Entwicklung .................................................... 22
III
4 GR UNDL AG E N DE S SH AR E H OLDE R ACT IV IS M . . . . . . . . . . . . . . 23
4.1 Ursachen (Drivers) ..................................................................... 23 4.1.1 Theoretische Ursachen .............................................................. 23
4.1.1.1 Trennung von Eigentum und Management ...........................23 4.1.1.2 Principal-Agent-Beziehungen zwischen Pensionskasse,
Aktionären und Management...............................................24 4.1.1.3 Der ökonomische Wert der Stimmrechte ..............................27 4.1.1.4 Monitoring als öffentliches Gut: Vorteile durch Grösse einer
Pensionskasse ...................................................................28 4.1.2 Zusammenfassung der theoretischen Ursachen für
Shareholder Activism................................................................. 28 4.1.3 Strukturelle Ursachen................................................................. 29
4.1.3.1 Kritische Grösse der institutionellen Anleger.........................29 4.1.3.2 Beschränkung des Market for Corporate Control durch die
Unternehmen .....................................................................30 4.1.3.3 Finanzierung der Pensionskasse mit dem
Kapitaldeckungsverfahren...................................................31 4.1.3.4 Gesetzliche Änderungen .....................................................31 4.1.3.5 Technische Errungenschaften .............................................31
4.1.4 Zusammenfassung der strukturellen Ursachen für Shareholder Activism................................................................. 31
4.1.5 Allgemeine Ursachen ................................................................. 32 4.1.6 Grosse öffentliche Pensionskassen als Treiber (CalPERS,
TAII-CREF) ................................................................................... 32
4.2 Hemmende Einflüsse (Antidrivers)............................................ 34
4.3 Nutzen und Einfluss von Shareholder Activism........................ 35
5 EN TW IC KL UN G DE S SH AR E HO LDE R ACT IV IS M IN DE R SCHW E IZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.1 Anfänge in den 90er Jahren....................................................... 38
5.2 Aktueller Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen .................................................................................................. 40 5.2.1 Stimmrechte der Schweizer Pensionskassen ......................... 40 5.2.2 Abstimmverhalten von Schweizer Pensionskassen .............. 41 5.2.3 Arten der Einflussnahme von Schweizer Pensionskassen... 42 5.2.4 Möglicher Interessenkonflikt für Schweizer Pensionskassen43
5.3 Gesetzliches Umfeld für Pensionskassen in der Schweiz ........ 43 5.3.1 Anlagevorschriften und Pflichten für Schweizer
Pensionskassen.......................................................................... 44 5.3.2 Art. 49a BVV 2.............................................................................. 44
5.3.2.1 Genauer Wortlaut ...............................................................45 5.3.2.2 Ursprung............................................................................45 5.3.2.3 Ansichten des Bundesrats und der Eidgenössischen
Kommission für die berufliche Vorsorge ...............................46 5.3.2.4 Auslegung des Art. 49a BVV2 .............................................47
5.3.3 Implikationen aus dem Swiss Code of Best Practice............. 48
IV
5.4 Chronologie der Entwicklung .................................................... 49
5.5 Vergleich USA-Schweiz.............................................................. 49 5.5.1 Unterschiede ............................................................................... 49
5.5.1.1 Unterschiedliche Ziele und Ansätze der Diskussion ..............49 5.5.1.2 Unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Stand der Entwicklung........................................................................50 5.5.1.3 Strukturelle Unterschiede ....................................................52
5.5.2 Gemeinsamkeiten ....................................................................... 52 5.5.2.1 Finanzierung der Pensionskasse .........................................52 5.5.2.2 Shareholder Acitvism als Subsidiarität zu anderen
Managementkontrollmechanismen.......................................53 5.5.3 Lessons Learned ........................................................................ 53
6 SH AR E H OL DE R ACT IV S M V O N PE NS IO NS K AS S E N AL S SUBS T IT UT FÜR DE N MAR KE T FO R CO RP ORAT E CONT RO L. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
6.1 Die moderne Unternehmensverfassung: Trennung von Eigentum und Management ....................................................... 55
6.2 Die vier Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung............ 55
6.3 Beziehungen zwischen den Kontrollkräften.............................. 57
6.4 Von einem markt- und transaktionsbasierten zu einem politischen Corporate-Governance-Modell................................ 59
7 SH AR E H OL DE R ACT IV IS M V ON SCHW E IZ E R PE NS IO NS KAS S E N : E INE AK T UE L LE UM F R AGE . . . . . . . . . . . . 62
7.1 Einleitung ................................................................................... 62
7.2 Resultate, Erkenntnis................................................................. 62
7.3 Formen der Zukunft.................................................................... 63
8 SCH LUS S F OL GE RUN GE N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
9 L IT E R AT U R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
AN HAN G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Verzeichnis der Interviewpartner ....................................................... 74
Brief an die Pensionskassen.............................................................. 74
Fragebogen ........................................................................................ 75
V
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Bestandteile des Shareholder Activism...........................................6
Abbildung 2: Chronologischer Zeitablauf des Shareholder Activism in den USA................................................................................................22
Abbildung 3: Das erweiterte Corporate-Governance-Dreieck ............................26
Abbildung 4: Zusammenfassung der theoretischen Ursachen für Shareholder Activism ........................................................................................29
Abbildung 5: Zusammenfassung der strukturellen Ursachen für Shareholder Activism ........................................................................................32
Abbildung 6: Zusammenfassung der hemmenden Einflüsse auf Shareholder Activism ........................................................................................35
Abbildung 7: Chronologischer Zeitablauf des Shareholder Activism in der Schweiz .........................................................................................49
Abbildung 8: Die vier Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung ..............57
Abbildung 9: Hierarchie der Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung...59
1
1 E INLEITUNG
1.1 Ausgangslage
In Zusammenhang mit einer effizienten Gestaltung des wirtschaftlichen Handelns in ei-
ner Gesellschaft wurde vermehrt die Corporate Governance einer Unternehmung re-
spektive der gesamten Wirtschaft diskutiert.1 Aus theoretischer Sicht gibt es zwei wich-
tige Entwicklungen in der modernen Ökonomie und in der Gesellschaft, welche die
Diskussion um Shareholder Activism von Pensionskassen zum grundlegenden Be-
standteil einer jeden Auseinandersetzung um eine gute Corporate Governance in der
Schweizer Wirtschaft machen.
Es ist dies zum einen die Entwicklung von der Unternehmensverfassung im letzten
Jahrhundert. Um das Wachstum einer Unternehmung zu finanzieren, wurde die klassi-
sche Eigentümergesellschaft aufgrund von Effizienz- und Grössenüberlegungen durch
die Aktiengesellschaft substituiert.2 Die Aktiengesellschaft ihrerseits zeichnet sich
durch eine Trennung von Eigentum und Management aus3, was dem Management ei-
ne Eigennutzenmaximierung auf Kosten des Eigentümers ermöglicht4. Der Eigentümer
versucht im Gegenzug, durch Kontrolle und interessenangleichende Verträge die Ei-
gennutzenmaximierung des Managers auszugleichen.5
Zum anderen führt der Trend zur gesellschaftlich geförderten Altersvorsorge zu den Gründen, warum eine Diskussion um Shareholder Activism von Schweizer Pensions-
kassen geführt werden muss. Die in der Schweiz und den USA nach dem Kapitalde-
ckungsverfahren finanzierte Altersvorsorge akkumulierte und akkumuliert weiterhin
immense Vermögensbestände, die an den Kapital- und Risikokapitalmärkten platziert
werden müssen.6 Diese Entwicklung steht im Gegensatz zur vorwiegend umlagefinan-
zierten Altersvorsorge, wie sie zum Beispiel in Deutschland institutionalisiert ist.7 Durch
1 vgl. hierzu Minuz (1997), Arnold (1998), Auckenthaler, Suter (2000), Schnider (2002a), Schnider (2002b) Olgiati,
Kindler (2002), Economiesuisse (2002) und viele andere
2 vgl. hierzu o.V. (2001e), S. 4
3 vgl. hierzu und zum Folgenden Picot, Detl, Franck (1999), S. 248
4 vgl. hierzu Bassen (2002), S. 1
5 vgl. hierzu Kapitel 2.2 "Principal-Agent-Theorie"
6 vgl. hierzu Kapitel 4.1.3.3 "Finanzierung der Pensionskasse mit dem Kapitaldeckungsverfahren" und Kapitel 5.3 "Gesetzliches Umfeld für Pensionskassen in der Schweiz "
7 vgl. hierzu Fraune (1996), S. 99
2
diesen Umstand sind Schweizer und amerikanische Pensionskassen im Namen ihrer
Versicherten zu bedeutenden Aktionären an den Börsen geworden. Dadurch, dass sie
als Aktionäre die Residualrechte an den Gesellschaften halten, müssen sie das Mana-
gement einer Unternehmung überwachen und bei gegebenen Umständen Einfluss auf
die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat nehmen.8 Eine Einflussnahme erfolgt
beispielsweise bei Unterperformance oder bei offensichtlichem Missmanagement.
Diese globale ökonomische Entwicklung und dieser strukturell-gesellschaftliche Trend der kapitalgedeckten Altersvorsorge führen aus theoretischer Sicht zu einer Notwen-
digkeit, sich mit Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen auseinanderzu-
setzen.
Ausser, dass dem Thema aus theoretischer Sicht Aufmerksamkeit gebührt, wurde die
Problematik der gezielten Einflussnahme von Schweizer Pensionskassen auf die Cor-
porate Governance und die Politik von Unternehmen auch vermehrt in der Fachpresse
erwähnt und kontrovers diskutiert. Fachzeitschriften wie Schweizer Personalvorsorge
oder Der Schweizer Treuhänder behandelten das Thema vor allem im Jahre 2002, als
durch eine Gesetzesänderung die Pensionskassen gezwungen wurden, sich mit ihrem Abstimmverhalten konkret auseinanderzusetzen.9
Dies führte dazu, dass sich der Autor der nachfolgenden Arbeit vertieft mit dem Thema auseinanderzusetzen begann und das Thema Shareholder Activism von Schweizer
Pensionskassen als Diplomarbeitsthema bearbeitet hat.
1.2 Problemstellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Shareholder Activism von Schweizer
Pensionskassen. Es interessiert zum einen die Frage, woher Shareholder Activism
kommt, wo seine Wurzeln zu lokalisieren sind und welche Ursachen ihm zugrunde lie-
gen. Zum anderen wird der Frage nachgegangen, inwiefern Schweizer Pensionskas-
sen den Shareholder Activism ebenfalls betreiben, und was für Rahmenbedingungen in
der Schweiz bezogen auf den Shareholder Activism existieren. Um die Bedeutung und
die Wirkungsweise des Shareholder Activism zu begreifen, muss zusätzlich das Ver-
hältnis des Shareholder Activism als theoretischer und praktischer Disziplinierungs-
und Kontrollmechanismus für das Management einer Unternehmung zu anderen sol-
chen Mechanismen, wie beispielsweise der Market for Corporate Control, erläutert
8 vgl. hierzu Kapitel 2.4 "Die theoretische Notwendigkeit zum Shareholder Activism"
9 vgl. hierzu Schweizer Personalvorsorge (2002), Jahrgang 15, Nummer 1 und Der Schweizer Treuhänder (2002), Jahrgang 76, Nr. 11
3
werden. Der Fokus liegt dabei zweigeteilt auf dem Shareholder Activism generell als
praktische und theoretische Erscheinung sowie spezifisch auf den Pensionskassen der
Schweiz.
1.3 Zielsetzung
Das Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser eine fundierte Darstellung des Shareholder Ac-
tivism von Schweizer Pensionskassen zu liefern. Dem Leser werden durch diese Lek-türe die nötigen Grundlagen und die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über
Shareholder Activism in den USA in einer kompakten Form vermittelt. Daneben werden
eine zusammenfassende Darstellung des Shareholder Activism von Schweizer Pensi-
onskassen und eine Momentaufnahme der aktuellen Gegebenheiten dem Leser die
heutige Situation schildern. Die Umfrage im letzten Teil der Arbeit hat nicht den An-
spruch, repräsentativ zu sein. Sie beabsichtigt vielmehr, als ein Stimmungsbarometer
die möglichen Formen und Entwicklungen in der Zukunft vorauszuahnen.
1.4 Aufbau der Arbeit
Im Anschluss an dieses Unterkapitel wird kurz erwähnt, wo die verwendete Literatur zu Nachlesezwecken zur Verfügung steht. Als abschliessender Teil der Einleitung erfol-
gen einführend eine Definition und eine Erläuterung der verwendeten Begriffe und
Sachverhalte, die für das Verständnis der Arbeit nötig sind.
In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen der Property-Rights-Theorie, der
Principal-Agent-Theorie und des Market for Corporate Control präsentiert. Im Hauptteil
wird aufbauend auf diesen Theorien argumentiert.
Kapitel 3 bis 7 bilden den Hauptteil der vorliegenden Arbeit. In Kapitel 3 wird zuerst die
historische Entwicklung des Shareholder Activism in seinem Ursprungsland – den USA
– dargelegt. Darin enthalten sind ebenfalls vertiefende Überlegungen und differenzierte Ausprägungen von Shareholder Activism. In Kapitel 4 wird genauer auf die Grundlagen
des Shareholder Activism eingegangen. Es werden hierzu Ursachen und hemmende
Entwicklungen erarbeitet. Zusätzlich werden der Nutzen und der Einfluss von Share-
holder Activism einander gegenübergestellt. In Kapitel 5 erfolgt analog Kapitel 3 eine
Darstellung der Entwicklung von Shareholder Activism in der Schweiz. Es wird vertieft
auf die Situation in den letzten fünfzehn Jahren und auf das gesetzliche Umfeld einge-
gangen. Als Fazit werden der Shareholder Activism in der Schweiz mit demjenigen in
den USA verglichen und dann in den Lessons Learned zusammengefasst. Kapitel 6
greift die verbreitete Frage auf, ob Shareholder Activism als Substitut für den Market
4
for Corporate Control betrachtet werden kann. In Kapitel 7, dem praktischen Teil der
Arbeit, werden die Resultate von einer Interviewreihe präsentiert, die der Autor im Zu-
sammenhang mit dieser Arbeit mit Pensionskassenvertretern von Schweizer Pensi-
onskassen durchgeführt hat.
In Kapitel 8, den Schlussfolgerungen, werden eigene Gedanken in die Arbeit einge-
bracht und ein Fazit in Form einer kurzen Zusammenfassung gezogen.
1.5 Literatursuche
Zum Thema Shareholder Activism von Pensionskassen existiert in Amerika ein breites Angebot an Literatur, welche vorwiegend in Fachzeitschriften wie The Journal of Fi-
nance, The Journal of Economics, The Journal of Quantitative Analysis oder The Jour-
nal of Applied Corporate Finance publiziert wird. Es handelt sich hierbei schwerpunkt-
gewichtig um empirische Fragestellungen, die die Wirksamkeit und die Funktionsweise
von Shareholder Activism untersucht haben. Der Zugang zu diesen Zeitschriften wurde
duch die Universität Zürich über Jstor - The Scholarly Journal Archive10 ermöglicht. Zu-
sätzlich wurden einige zusammenfassende Bücher publiziert, die in der Zentralbiblio-
thek Zürich11 oder in der Bibliothek für Betriebswirtschaft12 erhältlich sind. Ebenfalls wurden diverse publizierte Working Papers für diese Arbeit verwendet, die entweder in
einer universitätsspezifischen Working-Papers-Datenbank vorhanden sind oder aber
auf Anfrage bei den entsprechenden Professoren angefordert werden können.
In der Schweiz bilden die Zeitschriften Der Schweizer Treuhänder13 und Schweizer
Personalvorsorge14 die wichtigsten Publikationsorgane, in welchen Themenbereiche
wie Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen ausführlich diskutiert wer-
den. Der Schweizer Treuhänder ist online verfügbar. Die Schweizer Personalvorsorge
ist im Schweizerischen Sozialarchiv15 der Universität Zürich erhältlich. Ebenfalls wichtig
sind die bekannten Schweizer Tageszeitungen NZZ, Handelszeitung oder Finanz und
Wirtschaft. Der Zugang zu diesen Zeitungen wurde duch den universitären Anschluss
10 Jstor - The Scholarly Journal Archive, unter: www.jstor.org
11 Zentralbibliothek Zürich, unter: www.zb.unizh.ch
12 Bibliothek für Betriebswirtschaft, unter: www.irc.unizh.ch/bfb
13 Der Schweizer Treuhänder, unter: www.treuhaender.ch
14 Schweizer Personalvorsorge, unter: www.treuhaender.ch
15 Schweizerisches Sozialarchiv, unter: www.sozialarchiv.ch
5
an Reuters Datastream Advanced im Schweizerischen Bankenistitut16 der Universität
Zürich ermöglicht.
1.6 Definitionen und Erläuterungen
In diesem Abschnitt werden für das Verständnis der Arbeit wichtige Begriffe und Sach-
verhalte definiert und erklärt. Im Hauptteil werden diese ohne Erklärungen verwendet.
Deren Verständnis wird vorausgesetzt.
1.6.1 Shareholder Activism
1.6.1.1 Definition
Unter Shareholder Activism wird die aktive und bewusste Einflusspolitik (Activism) von
Aktionären (Shareholders) auf die Strategie, die Politik oder die Besetzung des Verwal-
tungsrates von einer Aktiengesellschaft verstanden.17 Wird der Begriff mit "... von
Schweizer Pensionskassen" ergänzt, ist konsequenterweise die bewusste Einflusspoli-
tik nur von Schweizer Pensionskassen gemeint.
1.6.1.2 Differenzierung des Shareholder Activism
Minuz nimmt ferner eine innere Trennung des Shareholder Acitvism vor:
"Grundsätzlich kann man zwei verschiedene Arten von Einflussnahme un-terscheiden: Bei der direkten Art beeinflusst die Pensionskasse die Unter-nehmensentscheide, indem sie ihre Stimmrechte ausübt. Bei der indirekten Art der Einflussnahme ziehen die Pensionskassen Vorteile aus ihrem An-sehen als wichtige Kapitalgeber (Das bedeutetet, die Pensionskassen üben öffentlichen Druck auf die Unternehmen aus, Anm. d. Verf.)."18
Shareholder Activism äussert sich in der Praxis durch mehrere Vorgehensweisen: Zum
einen hat die Pensionskasse als Aktionärin
eine Exit-Option,
eine Voice-Option und
eine Loyality-Option.19
Das bedeutet, sie kann ihre Aktien entweder verkaufen und damit nur ihre Vermögens-
rechte nutzen (Exit). Oder sie kann durch ihre Mitgliedschaftsrechte auf die Geschäfts-
16 Schweizerisches Bankenistitut, unter: www.isb.unizh.ch
17 vgl. hierzu Gillan, Starks (1998), S. 3 und Del Guercio, Hawkins (1999), S. 297
18 Minuz (1997), S. 161
19 vgl. Hirschman (1971), S. 15
6
politik der Gesellschaft Einfluss nehmen (Voice). Schneider fasst die Mitgliedschafts-
rechte wie folgt zusammen: "Diese Rechte sind insbesondere das Recht auf Informati-
on, Antragstellung und Stimmabgabe an der Generalversammlung sowie das Recht
auf Ernennung und Absetzung der Verwaltungsorgane der Aktiengesellschaft."20 Hinzu
kommt noch das Traktandierungsrecht nach Art. 699 Obligationenrecht. Als letzte Mög-
lichkeit kann sie nichts tun und die Aktien behalten oder einfach mit dem Verwaltungs-
rat stimmen (Loyality).
Um ihre Voice-Option auszuüben, stehen der Pensionskasse mehrere Möglichkeiten
zur Verfügung. Die schwächste Form der Voice-Option ist die Ausübung des Stimm-
rechts an der Generalversammlung. Weitere Formen beschreiben Gillan und Starks:
"The voice reflected in the most common form of shareholder activism en-compasses a broad spectrum of activities: a shareholder proposal to the proxy statement, direct negotiation with management, and public targeting of a corporation, that is, using the media to send information to other inves-tors about the problems and needed changes at a firm."21
Im weitesten Sinne können alle drei Optionen als Shareholder Activism bezeichnet
werden. Die Pensionskasse muss bei allen drei Optionen eine interne Entscheidung
fällen. Im engeren Sinne bietet jedoch nur die Voice-Option Handlungsalternativen an,
die in der Literatur als Shareholder Activism bezeichnet werden. Die Bestandteile des
Shareholder Activism sind in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Bestandteile des Shareholder Activism
Quelle: Eigene Darstellung
20 Schneider (1998), S. 673, ("Ces droits sont notamment le droit à l'information, le droit de proposition, le droit de vote
et le droit de nomination et de révocation des administrateurs à l'assemblée générale de la société anonyme.")
21 Gillan, Starks (1998), S. 4
7
1.6.1.3 Wissenschaftliche Einordnung
Wissenschaftlich lässt sich der Shareholder Activism als Teilbereich der Corporate Go-
vernance betrachten.22
Eine allgemeine Definition von Corporate Governance wird im Swiss Code of Best
Practice verwendet:
"Corporate Governance ist die Gesamtheit der auf das Aktionärsinteresse ausgerichteten Grundsätze, die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle anstreben."23
Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen beinhaltet folglich die gesamten
Aktivitäten einer Schweizer Pensionskasse, die auf die Wahrung einer guten Corporate Governance der Aktiengesellschaften gerichtet ist, in welche eine Pensionskasse ihre
Vorsorgegelder investiert hat.
In einer fokussierten Sichtweise kann das Prinzip der Corporate Governance auf die
Führung einer Schweizer Pensionskassen selbst angewendet werden. Scherer und
Ammann differenzieren in diesem Verständnis drei Ebenen der Corporate Governance
von Schweizer Pensionskassen:
die innere Corporate Governance
die gesamtwirtschaftliche Corporate Governance und
die Stimmrechtsausübung.24
Mit der inneren Corporate Governance werden alle internen Massnahmen der Pensi-
onskasse bezeichnet, welche sicherstellen, dass die Pensionskasse als Unternehmen
gut funktioniert. Unter gesamtwirtschaftlicher Corporate Governance ist das Bestreben
einer Pensionskasse zu verstehen, durch ihr Verhalten eine gesamtwirtschaftliche Ver-
antwortung zu übernehmen. Die Stimmrechtsausübung beschreibt das konkrete
Stimmverhalten der Pensionskassen.25
Dies bedeutet, dass es Aufgabe der Corporate Governance von Schweizer Pensions-
kassen ist, im Interesse ihrer Versicherten die Corporate Governance der investierten
22 vgl. hierzu Brandenberger (2002), S. 24
23 vgl. hierzu Economiesuisse (2002), S. 6
24 vgl. hierzu Scherer, Ammann (2002), S. 31
25 vgl. zu allen drei Punkten Scherer, Ammann (2002), S. 31
8
Aktiengesellschaften zu überwachen und zu wahren. Es soll damit eine nachhaltige, ri-
sikogerechte Rendite der Vorsorgegelder bewirkt werden.
Der Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen kann demnach wissen-
schaftlich in die gesamtwirtschaftliche Corporate Governance der Pensionskasse als
Unternehmen eingeordnet werden.
1.6.2 Shareholder Proposal
Shareholder Proposal ist ein Begriff aus dem amerikanischen Rechtssystem und aus der amerikanischen Fachliteratur. Unter Shareholder Proposals werden kurze Erklä-
rungen, Anweisungen oder Äusserungen verstanden, die durch Aktionäre an das Ma-
nagement übermittelt werden und eine spezifische Handlung vom Management ver-
langen. Solche Shareholder Proposals haben in Amerika ausschliesslich beratenden
Charakter und sind für das Management ausser in staatsrechtlichen Angelegenheiten
nicht zwingend.26
Es wird davon ausgegangen, dass das Management Massnahmen ergreift, wenn eine
Mehrheit oder eine grosse Minderheit der Aktionäre an der Generalversammlung für
einen entsprechenden Shareholder Proposal stimmt.
Gordon und Pound schreiben zu den Shareholder Proposals:
"Shareholders may make proposals ... of up to 500 words in length, and management must include these proposals in their proxy solicitation materi-als and give shareholders an opportunity to indicate their preference. ... The proposal mechanism cannot be used for proposals pertaining to directors, and hence cannot be used by dissident investors to displace incumbent management."27
Shareholder Proposals werden auf der Grundlage der Security and Exchange Com-
mission's Rule 14a-8 an das Management der Aktiengesellschaften übermittelt.28
Wichtige Beispiele von solchen Shareholder Proposals sind auszugsweise29:
Im Jahre 2001 wurden bei den Firmen Merck & Co., Dupont de Nemours, American
International Group und Exxon Mobil jeweils ein Shareholder Proposal eingereicht,
welches Chancengleichheit für Mann und Frau in der Führungsspitze der Unter-
26 vgl. hierzu Del Guercio, Hawkins (1999), S. 296
27 Gordon, Pound (1993), S.700-701
28 vgl. hierzu Prevost, Rao (2000), S. 179
29 vgl. hierzu o.V. (2002c), S. 9-35
9
nehmen forderte. Die Shareholder Proposals erreichten zwischen 7 und 13 % der
Stimmen.
Im Jahre 2001 verlangten Shareholder Proposals von den Firmen Verizon Com-
munications, American International Group und von der Credit Suisse Group die
Unabhängikeit des Verwaltungsrates. Die Shareholder Proposals erreichten zwi-
schen 1.7 und 30 % der Stimmen.
Gemäss einer empirischen Untersuchung von Prevost und Rao besteht die primäre
Funktion von Shareholder Proposals darin, den Markt zu warnen und darüber zu infor-
mieren, dass das Management einer Gesellschaft entweder nicht gewillt oder unfähig
dazu ist, mit dem Pensionsfonds eine Einigung zu erzielen, die die Übermittlung des
Shareholder Proposals unnötig macht.30
In der Schweiz ist es noch nicht Praxis, dass Aktionäre sogenannte Shareholder Pro-
posals übermitteln. Es gibt auch keine allgemein-rechtliche Grundlagen dafür. Es ist
jedoch möglich, dass die Statuten einer Aktiengesellschaft solche Shareholder Propo-
sals vorsehen.
Sofern Pensionskassen aktiv werden, bedienen sie sich eher dem rechtlichen Instru-mentarium. In der Schweiz steht jedem Aktionär, welcher Aktien von über 1 Million
Franken Nominalwert oder mindestens 10% der Stimmrechte besitzt, das Recht zu, ein
Traktandum auf die Traktandenliste der Generalversammlung zu setzen.31 Dies wird
als sogenanntes Traktandierungsrecht bezeichnet32 und ist in Art. 699 Abs. 3 OR gere-
gelt. Um eine Statutenänderung herbeizuführen bedarf es an der Generalversammlung
grundsätzlich mehr als 50% der anwesenden Stimmen.33
Von der rechtlichen Grundlage her gesehen, stehen Shareholder Proposal und Trak-
tandierungsrecht auf zwei verschiedenen Ebenen. Shareholder Proposals sind für das
Management nicht zwingend. Sie können jedoch ohne grossen Aufwand seitens der
Pensionskasse an das Management übermittelt werden. Hingegen hat das Traktandie-rungsrecht zwingenden Charakter, wenn an der Generalversammlung eine Mehrheit
für ein Traktandum stimmt.
30 vgl. hierzu Prevost, Rao (2000), S. 178
31 vgl. hierzu o.V. (1997c), S. 220
32 vgl. hierzu Lachat (2002), S. 29
33 vgl. hierzu und weiterführend Maier-Hayoz, Forstmoser (1998), S. 403
10
1.6.3 The Wall Street Rule
Unter der Wall Street Rule wird ein Verhalten von institutionellen Investoren verstan-
den, bei dem sie entweder ihre Stimmrechte im Sinne des Verwaltungsrates ausüben
oder bei Unzufriedenheit die Aktien verkaufen.34
Es wird von einer absoluten Trennung der Risikofunktion und der Managementfunktion
ausgegangen. Gemäss Drucker hat die Entstehung der Pensionskassen zu einer end-
gültigen Trennung von traditionellem Eigentum und Kontrolle geführt, da die Pensions-kassen keine Eigentümer, sondern Investoren sind.35 Das bedeutet, dass der Aktionär
in keiner Weise auf die Geschäftspolitik des Verwaltungsrates und der Geschäftslei-
tung Einfluss nimmt. Eine Voraussetzung für das Funktionieren der Wall Street Rule ist
die Bedingung, dass ein einzelner Investor mit seinem Handeln den Marktpreis nicht
beeinflusst.
1.6.4 CalPERS, TAII-CREF
CalPERS steht für "California Public Employees' Retirement System" und war 1996 die
grösste öffentliche amerikanische Pensionskasse und die zweitgrösste Pensionskasse
überhaupt. CalPERS ist allgemein als ein massgeblicher Wegbereiter des Shareholder Activism anerkannt und wird als Führer dieser Bewegung gewertet.36 Im Jahre 1997
verwaltete CalPERS rund 130 Milliarden Dollar.37
TAII-CREF steht für "Teachers Insurance Annuity Association-College Retirement Eq-
uities Fund". TAII-CREF ist neben CalPERS einer der grössten Pensionsfonds und
gemessen an den übermittelten Shareholder Proposals ebenfalls sehr aktiv als Share-
holder Activist.38
CalPERS und TAII-CREF waren mehrmals Gegenstand von amerikanischen Untersu-
chungen zur Wirksamkeit von Shareholder Activism und sind deshalb als stehende
Begriffe für das Verständnis der Arbeit notwendig.
34 vgl. hierzu Maug, Rydqvist (2001), S. 3
35 vgl. hierzu Drucker (1976), S. 82
36 vgl. hierzu Smith (1996), S. 231
37 vgl. hierzu o.V. (1997d), S. 684
38 vgl. hierzu Gillan, Starks (2000), S. 283
11
1.6.5 ERISA
ERISA ist der "Employee Retirement Income Security Act" und bildet die gesetzliche
Grundlage für die privaten amerikanischen Pensionskassen.39 Manager von privaten
Pensionskassen werden durch ERISA dazu angehalten, die finanziellen Erträge ihrer
Investitionen für die Versicherten zu optimieren.40
Manager von öffentlichen Pensionskassen haben eine treuhänderische Verantwortung
für die Vorsorgegelder, die durch andere Bundes- und Staatsgesetze bestimmt wird.41
39 vgl. hierzu Hug (1992), S. 152
40 vgl. hierzu Useem (1993), S. 10
41 vgl. hierzu Sommer (1991), S. 357-383
12
2 DARSTELLUNG DER THEO RETISCHEN GRUND-LAGEN
In diesem Kapitel wird kurz die für die Analyse von Shareholder Activism nötige Theo-
rie erklärt. In einem ersten Schritt werden die Property-Rights-Theorie und die Princi-
pal-Agent-Theorie dargelegt. Diese zwei Theorien bilden den Grundstock für die mo-
derne Managementlehre und sind für die Analyse von unternehmerischem und
menschlichem Handeln unerlässlich. Ferner wird der Market for Corporate Control in seiner theoretischen Funktionsweise erklärt. Zum Schluss wird aus den Theorien eine
Notwendigkeit zum Shareholder Activism hergeleitet.
2.1 Property-Rights-Theorie
Picot, Dietl und Franck umschreiben die Property-Rights-Theorie wie folgt:
"Die Property-Rights-Theorie richtet das Augenmerk auf alle durchsetzba-ren Verhaltensbeziehungen zwischen ökonomischen Akteuren, die aus der Existenz von Gütern resultieren und zu deren Nutzung gehören. Man nennt diese Handlungs- und Verfügungsrechte oder kurz Property Rights."42
Diese Rechte sind die folgenden:
das Recht, ein Gut zu nutzen (usus)
das Recht, dieses Gut hinsichtlich Form und Substanz zu verändern (abusus)
das Recht, sich entstandene Gewinne anzueignen, bzw. die Pflicht, Verluste zu
tragen (usus fructus)
das Recht, das Gut zu veräussern und den Liquidationserlös einzunehmen.43
Diese Rechte an einem wirtschaftlichen Gut werden nun auf die Teilnehmer einer Öko-
nomie zugeteilt. Diese Zuteilung kann vollständig oder unvollständig sein. Vollständig
ist sie, wenn alle Rechte an einem Gut abschliessend einem Individuum zugeordnet
werden können. Die Individuen als Teilnehmer in einer Wirtschaft werden als Folge von
unvollkommener Information als Eigennnutzenmaximierer mit beschränkter Rationalität
angenommen.
Vorteilhaftigkeitskriterium in dieser Theorie bilden die externen Effekte, die dadurch
entstehen, dass die Property Rights an einem Gut nicht vollständig einem Individuum
zugeordnet werden können. "Externe Effekte umfassen die unkompensierten Nutzen-
42 Picot, Dietl, Franck (1999), S. 55
43 vgl. hierzu Alchian, Demsetz (1973), S. 16-27
13
veränderungen, die ein Wirtschaftssubjekt durch seine Handlungen bei anderen Ge-
sellschaftsmitgliedern auslöst."44 Es wird zwischen positiven (positive externe Effekte)
und negativen (negative externe Effekte) Nutzenveränderungen unterschieden.
Negative externe Effekte bilden soziale Kosten respektive Wohlfahrtsverluste, die nicht
vollständig internalisiert wurden. Das heisst, sie sind privat verursacht und stiften priva-
ten Nutzen, werden aber von der sozialen Gesellschaft bezahlt. Sollen jene sozialen
Kosten dem Verursacher aufgebürdet werden, müssen sie internalisiert werden. Durch die Existenz von Transaktionskosten bei der Internalisierung entsteht jedoch ein Trade-
Off zwischen Wohlfahrtsverlusten durch externe Effekte und Transaktionskosten. Es
gibt folglich ein Optimum zwischen Internalisierung und Transaktionskosten.45
Um genau dieses Optimum geht es auch bei der Frage, ob und wieviel Shareholder
Activism von Pensionskassen sinnvoll ist. Shareholder Activism funktioniert als zusätz-
liches Monitoring-Instrument, welches das Management diszipliniert. Shareholder Acti-
vism verursacht aber auch Kosten, die von der Pensionskasse getragen werden müs-
sen. Dies bedarf einer Optimierung dieser Trade-Off-Beziehung innerhalb der Organi-
sation der Pensionskasse.
2.2 Principal-Agent-Theorie
Die Principal-Agent-Theorie charakterisiert die von ihr untersuchten Leistungsbezie-
hungen zwischen wirtschaftlichen Akteuren als Auftraggeber-Auftragsnehmer-
Beziehungen.46 "Konstitutiv für das Vorliegen einer sogenannten Principal-Agent-
Beziehung ist, dass die Handlungen des Auftragnehmers (des Agent) nicht nur sein ei-
genes Wohlergehen, sondern auch das Nutzenniveau des Auftraggebers (des Princi-
pal) beeinflussen."47
"Viewed this way, an organization is interpreted as the nexus of numerous explicit and
implicit contracts among owners of production factors and customers as well as addi-
tional parties (stakeholders)."48 Ein Unternehmen wird als Nexus von Verträgen inter-
44 Picot, Dietl, Franck (1999), S. 57
45 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 57-60
46 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 85
47 Picot, Dietl, Franck (1999), S. 85
48 Haid (1997), S. 10
14
pretiert, wobei ein Vertrag die Ausformulierung von Bedingungen und Konditionen der
Auftragnehmer-Auftraggeber-Beziehung darstellt.49
Zusätzlich zu den bekannten Verhaltensannahmen der individuellen Eigennutzenma-
ximierung und der beschränkten Rationalität - als Folge von unvollkommener Informa-
tion - kommen bei der Principal-Agent-Theorie die Annahme des Opportunismus und
der individuellen Risikoneigung der Akteure hinzu. Dies bedeutet, dass ein Agent auch
unter Inkaufnahme, dass er den Principal schädigt, seinen Eigennutzen maximiert. Es stellt sich somit die schwierige Frage, wie ein Agent in seinem Handeln diszipliniert
werden kann, damit er die gleichen Ziele wie der Principal verfolgt. Die individuelle Ri-
sikoneigung spielt bei der Ausgestaltung von Verträgen innerhalb und zwischen Unter-
nehmen eine Rolle, wenn der Agent mit Risiko belastet wird, das er nicht tragen möch-
te.50 Ein Beispiel eines solchen Risikos wäre eine leistungsabhängige Entlohnung ei-
nes Managers.
Vorteilhaftigkeitskriterium bilden die bei der Vertragsgestaltung entstehenden Agency-
Kosten, die es zu minimieren gilt.51 Wäre kostenloses Verhandeln und kostenlose In-
formationsbeschaffung möglich, könnte ein Vertrag ausgehandelt werden, der den Agent im alleinigen Interesse des Principal handeln lässt. Diese Lösung wird als First-
Best-Lösung bezeichnet und bringt keinen Wohlfahrtsverlust mit sich.52 Dies ist in der
Realität aufgrund prohibitiver Transaktionskosten nicht möglich. Das heisst, in einer
Principal-Agent-Beziehung eröffnen sich diskretionäre Verhaltensspielräume für den
Agent, die er opportunistisch ausnutzen und somit den Principal schädigen kann.
Diese Abweichung vom Idealzustand der vollkommenen Information führt in der Reali-
tät zu einer sogenannten Second-Best-Lösung für ein Vertragsproblem.53 Der Wohl-
fahrtsverlust der Second-Best-Lösung im Vergleich zur First-Best-Lösung wird als
Agency-Kosten bezeichnet.
Die Agency-Kosten beinhalten
die Signalisierungskosten des Agenten,
die Kontrollkosten des Principal und
49 vgl. hierzu Besenko, Dranove, Shanley (2000), S. 511, ("A contract spells out the terms of the agency relationship.")
50 vgl. hierzu Eisenhardt (1989), S. 58-59
51 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 85-86
52 vgl. hierzu Besenko, Dranove, Shanley (2000), S. 512 ("A contract that leads the agent to take the efficient action and accept the threshold wage is first-best efficient for the principal.")
53 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 86
15
den verbleibenden Wohlfahrtsverlust eines suboptimalen Vertrages.
Für die vorliegende Arbeit ist die Principal-Agent-Theorie von besonderer Bedeutung,
da daraus erst die Notwendigkeit entsteht, dass man das Management einer Unter-
nehmung disziplinieren muss. Das Management soll denn auch mittels Shareholder
Activism dazu angehalten werden, die Interessen der Aktionäre, das heisst der Pensi-
onskasse, zu verfolgen.
2.3 Market for Coporate Control
Der Market for Corporate Control bildet neben anderen regulierenden Kräften des
Marktes ein wichtiges Disziplinierungsinstrument für das Management einer Firma. Der
Market for Corporate Control soll in seiner Funktion das Management davon abhalten,
diskretionäre Verhaltensspielräume opportunistisch auszunutzen.
Die Funktionsweise dieses Mechanismus ist die folgende54: Aufgrund fehlerhafter Res-
sourcenkombination durch das Management resultiert ein suboptimaler Output. Dies
führt zu einem tieferen Aktienkurs und zu Verkaufsdruck an der Börse. Franck schreibt
weiter:
"Aufkäufer mit besseren Ideen für den Einsatz der Unternehmensressour-cen erhalten so einen Anreiz, das Unternehmen an der Börse zu überneh-men. Die Wertsteigerung aus der Beseitigung des Ressourcenfehleinsatzes erzeugt eine Übernahmeprämie, die sich der Aufkäufer mit den Altaktionä-ren, denen er ein entsprechendes Kaufangebot unterbreitet, teilt. Zur Frei-setzung ungenutzter Ressourcenpotentiale nach der Übernahme kommen Massnahmen in Frage, die von der Entlassung des für die Verschwendung verantwortlichen Managements, über die Zerschlagung konglomerater Un-ternehmensstrukturen bis zum Übergang zu einer neuen Governance Struktur gehen.
Die zentrale Idee der Managementdisziplinierung über den Markt für Unter-nehmenskontrolle (Market for Corporate Control, Anm. d. Verf.) ist nun, dass Topmanager genau diese Gedankenkette durchschauen und die Ge-fahr für sich selbst antizipieren."55
In Kapitel 6 "Shareholder Activsm von Pensionskassen als Substitut für den Market of
Corporate Control" wird genauer auf den Zusammenhang zwischen Shareholder Ac-
tivsm und Market for Corporate Control eingegangen.
2.4 Die theoretische Notwendigkeit zum Shareholder Activism
Mit der Hilfe und der Erkenntnis, die aus den oben beschriebenen Theorien gezogen
werden können, wird es in der Theorie möglich, Interessen angleichende Verträge zu
54 vgl. hierzu Franck (2002), S. 9
55 Franck (2002), S. 9
16
gestalten. Das heisst, es wird möglich, eine Second-Best-Lösung zu finden, die der
First-Best-Lösung sehr nahe kommt. Es wird jedoch aufgrund der getroffenen Verhal-
tensannahmen56 nicht möglich sein, alle sozialen Kosten zu internalisieren.
Es wird innerhalb der Organisationsform der Aktiengesellschaft ebenfalls möglich,
durch die optimale Verteilung und Verdünnung der Property Rights auf fähige Akteure
eine Funktionentrennung zwischen Aktionären und Managern zu vollziehen. Die Aktio-
näre spezialisieren sich dabei auf die Funktion der Risikoübernahme, da sie dafür bes-ser geeignet sind als die Manager einer Firma. Die Manager übernehmen im Gegen-
zug die Spezialistenfunktion der Leitung der Unternehmung.57
Doch entstehen genau durch diese Funktionentrennung neue, der Organisation der Ak-
tiengesellschaft inhärente Probleme. Useem schreibt zur Entwicklung von der Eigen-
tümerfirma zur optimalen Funktionentrennung von Risikoübernahme und Manage-
mentwissen in der Aktiengesellschaft folgendes:
"The solution to one set of organizational problems (Trennung von Risi-koübernahme und Managementtätigkeit, Anm. d. Verf.), however, ushered in a new set of dilemmas. While professional nonowning managers might come to be technocratic masters at solving problems, the owners found it inherently difficult to ensure that the managers did so in a way that best ser-ved shareholder interests. Once professional managements were installed as the owners' agents, the door was opened for career, power, and other motives to intrude into decision making (dies wird mit opportunistischem Verhalten umschrieben, Anm. d. Verf.)."58
Möchte nun der Aktionär und Eigentümer einer Firma das Management dazu bringen,
nicht die Eigeninteressen sondern die Interssen der Aktionäre zu verfolgen, muss er
selber aktiv werden und das Management kontrollieren. Dies führt zu einer theoreti-
schen Notwendigkeit zum Shareholder Activism im weitesten Sinne.
56 Eigennutzenmaximierung, unvollkommene Information, beschränkte Rationalität, Opportunismus
57 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 247-250
58 Useem (1993), S. 20
17
3 ENTWICKLUNG DES SHAREHO LDER ACTIVSIM IN
DEN USA
Die Anfänge des Shareholder Activism gehen zurück auf das Amerika des frühen
zwanzigsten Jahrhunderts.59 Die späteren Entwicklungen in anderen Ländern wie bei-
spielsweise in Grossbritannien sind als Folgebewegungen des amerikanischen Share-
holder Activism zu betrachten. Um die Entstehungsgeschichte und die Ursachen zu er-
gründen, wird im folgenden Kapitel die Entwicklung des amerikanischen Shareholder Activism von verschiedenen Seiten beleuchtet.
3.1 Entstehung: Shareholder Activism von 1930-1950
Shareholder Activism wurde erstmals 1932 bewusst als Bewegung wahrgenommen,
als "... in den USA die erste Gruppierung von aktiven Aktionären durch die Privatleute
Lewis und John Gilbert gegründet ..."60 wurde. Zweck dieser Gruppierung war die Er-
höhung der finanziellen Transparenz sowie die Beeinflussung der Zusammensetzung
des Verwaltungsrates.61
Es gab zu diesem Zeitpunkt keine regulatorische Grundlage, die eine Interessenkon-
gruenz zwischen dem Management einer Firma und ihren Aktionären zum Inhalt hatte.
Lewis und Gilbert versuchten jedoch auf privater Basis, durch Shareholder Proposals
und die aktive Teilnahme an der Generalversammlung die Unternehmensdemokratie
zu beeinflussen.62 "They (Lewis und Gilbert, Anm. d. Verf.) wanted to make manage-
ment more accessible, increase disclosure of financial data, increase the return on their
investment and safeguard the powers of shareholders over the board of directors."63
Eben diese Aktivitäten brachten den amerikanischen Gesetzgeber zur Einführung einer
ersten regulatorischen Grundlage, die das Verhältnis zwischen Management und Akti-
onär regelte. 1934 wurde der Securities and Exchange Act eingeführt, der 1942 durch
die Rule 14a-8 ergänzt wurde. Rule 14a-8 zwang das Management der Aktiengesell-
59 vgl. hierzu Arnold (1998), S. 679-683
60 Brandenberger (2002), S. 23
61 vgl. hierzu Brandenberger (2002), S. 23
62 vgl. hierzu Arnold (1998), S. 681
63 Arnold (1998), S. 681
18
schaften dazu, Shareholder Proposals bei der Berufung des Verwaltungsrates zu be-
rücksichtigen, sofern sie von der Mehrheit der Aktionäre unterstützt wurden.64
3.2 Wachstum im historischen Kontext
3.2.1 Die zweite Welle: Shareholder Acitvism in den 60er und 70er Jahren
Als während den 60er und 70er Jahren vermehrt ethische, soziale und ökologische
Themen in der Politik diskutiert wurden, fanden diese auch in der Unternehmensfüh-
rung verstärkt Einzug und beeinflussten das Verhältnis zwischen Aktionären und Ma-
nagement massgeblich. Arnold spricht in diesem Zusammenhang von einer zweiten
Welle des Sharholder Activism: "The second wave of shareholder activism came out of
the social and political upheaval of the 1960s and 1970s as issues such as civil rights,
the Vietnam War, pollution and consumer safety moved to the forefront of activist con-
cerns."65
Als Folge auf diesen politischen Druck wurde das Regulierungsumfeld derart ausge-
weitet, dass Shareholder Proposals ebenfalls soziale und ethische Themen zum Inhalt
haben können. Tatsächlich bildeten diese Themen einen wichtigen Bestandteil für die
zukünftige Diskussion der Corporate Governance. Sie sind auch heute noch aktuell
und bilden in der Corporate-Governance-Diskussion einen Hauptbestandteil.66
1974 wurde für die privaten Pensionsfonds der ERISA erlassen. Dieses Gesetz enthielt
strenge treuhänderische Regeln für die Verwaltung von Pensionskassengeldern.67 Die
öffentlichen Pensionsfonds wurden weiterhin gemäss dem Law of the Sponsoring State
von einem auserwählten Beamten verwaltet.68
3.2.2 Die dritte Welle: Shareholder Activism in den 80er und 90er Jahren
Del Guercia und Hawkins umschreiben die Situation in den 80er Jahren folgendermas-
sen:
"Until the emergence of large institutional investors in the late 1980s, sha-reholder proposals were used almost exclusively by individual gadfly inves-
64 vgl. hierzu Arnold (2002), S. 681
65 Arnold (2002), S. 681
66 vgl. hierzu Arnold (2002), S. 682
67 o.V. (1997b), Reuters
68 vgl. hierzu o.V. (1995), S. 3
19
tors and social activist groups. ... In 1987, institutional investors began to submit proposals on corporate governance topics."69
Erst in den 80er und 90er Jahren entstanden jene Vorgehensweisen, die im heutigen
Verständnis als Shareholder Activism von Pensionskassen bezeichnet werden können.
Es wird im Folgenden zwischen verstecktem und öffentlichem Shareholder Activism
unterschieden.
3.2.2.1 Der versteckte Shareholder Acitivsm
Der versteckte Shareholder Activism beschreibt Aktivitäten wie sie bereits in der Defini-
tion in Kapitel 1.6.1 "Shareholder Activism" genannt sind und hat zur Bedingung, dass
die Verhandlungen mit dem Management und die Resultate nicht veröffentlicht werden.
Diejenigen Pensionskassen, welche versteckten Shareholder Activism betreiben, er-
warten keine positiven abnormalen Aktienrenditen von der Veröffentlichung ihrer Sha-
reholder-Activism-Aktivitäten.70
3.2.2.2 Der öffentliche Shareholder Acitvism
Aktive Pensionkassen wie beispielsweise CalPERS und TAII-CREF begannen wäh-
rend den 80er Jahren neben dem versteckten Shareholder Activism damit, gezielt Un-
ternehmen mit unterduchschnittlicher Performance in einer Liste zu nennen und diese
zu veröffentlichen. Das Management sollte damit einem öffentlichen Druck ausgesetzt werden. Ebenfalls werden alle Shareholder-Activism-Aktionen systematisch veröffent-
licht. Damit wollte man mehr Vertrauen in die Unternehmung und den Gesamtmarkt
provozieren, was schliesslich zu einem höheren Aktienpreis führen soll.71 In der Presse
wurde diese Politik oft als "Politik der Blossstellung" bezeichnet.72 Das Vorgehen ist
aber in der Literatur unter "Public Targeting" bekannt.
Einen Grund, warum ein Pensionsfonds öffentlichen Shareholder Activism betreiben
soll, identifizierten Del Guercio und Hawkins in dem Grade, inwieweit ein Pensions-
fonds indexiert ist.73 Pensionsfonds, die ihr Portfolio indexieren, haben nicht die Mög-
lichkeit, gezielte Über- oder Untergewichte in einzelnen Firmen zu setzen. Darum ist es
für indexierte Pensionsfonds lukrativ, Shareholder Activism öffentlich zu betreiben und von Spill-Over-Effekten zu profitieren. "Publicity is one potentially effective tool in pro-
69 Del Guercia, Hawkins (1999), S. 296
70 vgl. hierzu Del Guercio, Hawkins (1999), S. 301
71 vgl. hierzu und weiterführend Del Guercio, Hawkins (1999), S. 301
72 vgl. hierzu o.V. (1997b), Reuters
73 vgl. hierzu Del Guercio, Hawkins (1999), S. 300
20
moting such spillover effects, since it affects not only the direct target of a funds' activ-
ism but also other companies who observe it."74
Der frühere Leiter des CalPERS, Richard Koppes, formulierte diesen Umstand folgen-
dermassen: "It makes sense for us to try to raise the ocean in order to lift our boat."75
Damit ist gemeint, dass es für grosse indexierte Investoren trotz des Trittbrettfahrer-
Problems sinnvoll sein kann, Shareholder Activism zu betreiben und öffentlich für Sha-
reholder-Activism-Aktionen zu werben.
Hawley et al. fanden in ihrer Untersuchung empirische Evidenz, dass auch Firmen,
welche nicht Ziel des öffentlichen Shareholder Activism von CalPERS sind, die Vor-
stösse von CalPERS sorgfältig verfolgen. Es sollen damit zukünftige Auseinanderset-
zungen mit CalPERS im Voraus vermieden werden.76
3.2.2.3 Regulatorische Änderungen
Aufbauend auf dem 1974 erlassenen ERISA wurde im Jahre 1988 eine neue Regelung
in Kraft gesetzt: "In 1988, the U.S. Department of Labor (DOL) issued a letter known as
the 'Avon letter' stating that all employee benefit plans subject to ERISA should vote
their shares."77 Somit waren ab 1988 die amerikanischen Pensionsfonds gezwungen,
ihre Aktienstimmrechte auszuüben.
Diese Regelung bezog sich jedoch nur auf amerikanische Aktiengesellschaften, worauf
der Erlass 1994 auf nicht-amerikanische Aktiengesellschaften ausgedehnt wurde.78
Dies führte zur allgemeinen Pflicht der Stimmrechtsausübung für amerikanische Pensi-
onskassen. Dieser Erlass steht von seiner Bedeutung her mit dem schweizerischen
Art. 49a BVV2 auf der gleichen Ebene.79 Es bestehen jedoch substantielle Unterschie-
de zwischen den beiden Regelungen in Bezug auf den Zwang, die Stimmrechte aus-
zuüben. Im Gegensatz zur amerikanischen Regelung ist die Stimmrechtsausübung
nach Art. 49a BVV2 für Schweizer Pensionskassen nicht zwingend.80
74 Del Guercio, Hawkins (1999), S. 300
75 vgl. hierzu Del Guercio, Hawkins (1999), S. 294
76 vgl. hierzu Hawley et al. (1994), S. 26-48
77 Arnold (1998), S. 685
78 vgl. hierzu Arnold (1998), S. 685
79 vgl. hierzu auch Kapitel 5.3 "Gesetzliches Umfeld für Pensionskassen in der Schweiz"
80 vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2.4 "Auslegung des Art. 49a BVV2"
21
3.2.2.4 The Council of Institutional Investors
Das wichtigste Gebilde des amerikanischen Shareholder Activism von Pensionskassen
bildet der 1985 gegründete Council of Institutional Investors81,82 Der Council of Institu-
tional Investors wurde als Reaktion auf "... controversial takeover activities that threat-
ened the financial interests of pension fund beneficiaries ..."83 gegründet.
Der Council of Institutional Investors ist eine Organisation, die aus grossen öffentlichen
und privaten Pensionsfonds besteht und sowohl Themenbereiche wie die Grösse als auch die Sicherheit der amerikanischen Pensionsfonds als Inhalt hat. Das erklärte Ziel
des Council of Institutional Investors liegt darin, den angeschlossenen Pensionsfonds
ihre Rolle als bedeutende Aktionäre bewusst zu machen und sie zu einer aktiven Teil-
nahme als Shareholder Activists zu ermuntern. Der Council of Institutional Investors
geht davon aus, dass mit Shareholder Activism der Wert und die Sicherheit der Pensi-
onsvermögen gesteigert werden kann.84
Heute zählt der Council of Institutional Investors 130 Mitglieder, die zusammen mehr
als US$2 Billionen an Pensionsgeldern verwalten. Der Council of Institutional Investors
bezeichnet sich selber als wichtigste Stimme und Anlaufstelle für die Interessen der in-
stitutionellen Anleger.85
Die allgemeinen Grundsätze und Stellungnahmen des Council of Institutional Investors
behandeln die folgenden Themen86:
Zusammensetzung und Unabhängigkeit des Verwaltungsrates
Stimmrechte der Aktionäre
Verfahrensweise in Bezug auf die Hauptversammlung
Verantwortung des Verwaltungsrates gegenüber den Aktionären
Vergütung der Verwaltungsratsmitglieder und des Managements
81 The Council of Institutional Investors, unter: www.cii.org
82 vgl. hierzu Useem (1993), S. 39
83 Homepage des Council of Institutional Investors, unter: www.cii.org
84 vgl. hierzu Homepage des Council of Institutional Investors, unter: www.cii.org
85 vgl. hierzu Homepage des Council of Institutional Investors, unter: www.cii.org
86 vgl. hierzu o.V. (2001e), S. 17
22
3.3 Chronologie der Entwicklung
In einem chronologischen Zeitablauf präsentiert sich die Geschichte des amerikani-
schen Shareholder Activism wie in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Chronologischer Zeitablauf des Shareholder Activism in den USA
Quelle: eigene Darstellung
23
4 GRUNDLAGEN DES SHAREHOLDER ACTIV ISM
In diesem Kapitel werden zunächst die theoretischen, die strukturellen und die allge-
meinen Ursachen, sogenannte Drivers, für Shareholder Activism durch Pensionskas-
sen erarbeitet. Im Anschluss folgt eine kurze Darlegung von hemmenden Einflüssen,
sogenannten Antidrivers. Zum Schluss erfolgt eine Darstellung von Nutzen und Ein-
fluss von Shareholder Activism auf die avisierten Unternehmen.
4.1 Ursachen (Drivers)
Die nachfolgend genannten Ursachen für Shareholder Activism von amerikanischen
Pensionskassen können sinngemäss auch auf die Pensionskassen der Schweiz an-
gewendet werden. Die Aufzählung ist als nicht abschliessend zu betrachten. Alle Ursa-
chen sind mitunter auch Gründe, warum Shareholder Activism sinnvoll sein kann.
4.1.1 Theoretische Ursachen
4.1.1.1 Trennung von Eigentum und Management
Innerhalb der Organisationsform der Aktiengesellschaft werden die Property Rights an
den Unternehmensressourcen aufgeteilt. Die Aktionäre als Eigentümer der Firma be-
halten
das Recht, sich den entstandenen Gewinn anzueignen, beziehungsweise die
Pflicht, Verluste zu tragen, und
das Recht, das Gut zu veräussern und den Liquidationserlös einzunehmen.
Dem Management hingegen werden
das Recht, ein Gut zu nutzen, und
das Recht, dieses Gut hinsichtlich Form und Substanz zu verändern,
übertragen. Dies führt zu einer annähernd vollständigen Trennung von Eigentum und
Management. Die Aktionäre bleiben Eigentümer der Unternehmensressourcen, woge-
gen das Management die Bewirtschaftung übernimmt.87 Dies führt zu einem unaus-
weichlichen Interessenkonflikt zwischen Managern und Aktionären, der unmittelbar aus
der spezifischen Verteilung der Verfügungsrechte in der Publikumsgesellschaft resul-
tiert.88
87 vgl. hierzu Berle, Means (1932), o.S.
88 vgl. hierzu Franck (2002), S. 2
24
In dieser Funktionentrennung spezialisiert sich der Aktionär auf die Risikoübernahme
und trägt als Folge den Anspruch auf den gesamten residualen Output der Firma. Das
Management wird zum Arbeitnehmer und zum Lohnbezüger eines vorher fix vereinbar-
ten Salärs. In dieser unvollständigen Verteilung der Property Rights entstehen bedeu-
tende externe Effekte.89 Das Management beeinflusst durch seine Entscheide die
Wohlfahrt der Aktionäre massgeblich und bedarf daher einer Kontrolle durch die Aktio-
näre.
Durch das System der betrieblichen Altersvorsorge werden nun die Pensionskassen im
Namen ihrer Versicherten zu Aktionären. Sie übernehmen somit auch das residuale
Risiko und setzen sich den externen Effekten aus, die durch das Management verur-
sacht werden. Im Gegenzug haben sie eine Verpflichtung gegenüber ihren Versicher-
ten. Zum einen entsteht eine Verpflichtung aus den gesetzlichen treuhänderischen
Pflichten der Pensionskasse. Zum anderen entsteht ein vertraglicher Anspruch der
Versicherten auf die versicherte Leistung.
Dies führt zu einer theoretischen, subsidiären Notwendigkeit für Shareholder Activism
durch Pensionskassen. Fama und Jensen beschreiben diese Notwendigkeit in ihrem Paper "Separation of Ownership and Control" neutral und ohne Bezug auf die Pen-
sionskasse: "The need to monitor and discipline corporate executives is inherent in the
structure of the modern corporation, which is characterized by a separation of owner-
ship and decision making."90
4.1.1.2 Principal-Agent-Beziehungen zwischen Pensionskasse, Aktionären und Management
In diesem Unterkapitel wird spezifisch für Pensionskassen ein Corporate-Governance-
Problem hergeleitet. Damit soll der Diskussion um Shareholder Activism von Schweizer
Pensionskassen eine Existenzberechtigung gegeben werden.
Als Principal-Agent-Beziehungen werden Beziehungen bezeichnet, die einer der fol-genden drei Konditionen genügen:
"From a more technical standpoint, an agency relationship between two parties arises
when the following three conditions are fulfilled:
The action or decision of one individual (in the principal-agent context called the
agent) represents an externality to the wealth of the other individual (the principal);
89 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 57-60
90 Fama, Jensen (1983), S. 301-325
25
in a world of uncertainty, some relevant information is asymmetrically distributed
among the parties involved, insofar as the agent has private information either
about the nature of the economic problem (hidden information) or about his ac-
tion(s) taken (hidden action); and
a conflict of interest exists between the two parties, insofar as the action of the one
individual represents a "disutility" to him while positively affecting the wealth of the other, or vice versa."91
Folgt man dieser Definition einer Principal-Agent-Beziehung von Haid, besteht zwi-
schen den Aktionären, dem Verwaltungsrat und dem Management einer Gesellschaft
eine Dreiecksbeziehung, wobei zwischen allen drei Parteien Principal-Agent-
Beziehungen bestehen. Dies wird traditionellerweise als das Corporate-Governance-
Dreieck bezeichnet.92 Konsequenz aus diesen Principal-Agent-Beziehungen sind eine
Notwendigkeit zur Überwachung des Managements. Aufgrund der Verhaltensannah-
men der Principal-Agent-Theorie handelt ein Manager unter Umständen opportunis-
tisch und nutzt diskretionäre Verhaltensspielräume individualnutzenmaximierend aus.
Damit schadet er dem Aktionär als Anspruchshalter auf das Residuum einer Unter-nehmung, da der Unternehmenswert um den Privatkonsum des Managers reduziert
wird.93
Um ein Principal-Agent-Problem herzuleiten, bedarf es gemäss Franck noch zusätzlich
einer Informationsasymmetrie als letzte Ingredienz.94 Diese beschreibt das Informati-
onsgefälle zwischen den Managern und den Aktionären. Diese Informationsasymmet-
rie kann aufgrund der systematischen Uninformiertheit von Aktionären als gegeben be-
trachtet werden. Es bestehen also im Corporate-Governance-Dreieck nicht nur Princi-
pal-Agent-Beziehungen, sondern auch Principal-Agent-Konflikte und -Probleme.
Erscheinen nun institutionelle Anleger – wie Pensionskassen es sind – auf dem Parkett
der Managementüberwachung, erweitern sich die Principal-Agent-Beziehungen. Olgiati
und Kindler schlussfolgern daraus:
"Solche Anleger (institutionelle Anleger, Anm. d. Verf.) verfügen über eine gebündelte Investitions- und Aktienstimmkraft. Institutionelle Anleger sind
91 Haid (1997), S. 14-15
92 vgl. hierzu Olgiati, Kindler (2002), S. 1065
93 vgl. hierzu Franck (2002), S. 3
94 vgl. hierzu Franck (2002), S. 4
26
damit in der Lage, erhöhten, mitunter auch überproportionalen Einfluss auf ein Unternehmen und dessen Management auszuüben."95
Das um die institutionellen Anleger erweiterte Corporate Governance-Dreieck ist in Ab-
bildung 3 dargestellt:
Abbildung 3: Das erweiterte Corporate-Governance-Dreieck
Quelle: eigene Darstellung
Aus obiger Argumentation kann zumindest aus theoretischer Sicht eine mögliche Ursa-
che zum Shareholder Activism für amerikanische und Schweizer Pensionskassen her-
geleitet werden. Offensichtlich besteht zwischen dem Management und den Aktionären
ein Interessenkonflikt, der einer genauen Überwachung durch die Aktionäre bedarf. Die
Manager müssen in ihrem Handeln kontrolliert werden, damit sie nicht opportunistisch
gegen den Aktionär handeln.
Wird nun die Pensionskasse im Namen ihrer Versicherten Aktionär, übernimmt sie so-
mit auch die Verpflichtung, das Management dieser Aktiengesellschaften im Interesse
der Versicherten zu überwachen und zu disziplinieren. Es stehen ihr dazu alle im Kapi-
tel 1.6.1.2 "Differenzierung des Shareholder Activism" in Abbildung 1 dargestellten
Ausprägungsformen des Shareholder Activism zur Verfügung. Es entsteht in der Folge
für die Pensionskasse ein inneres und gesamtwirtschaftliches Corporate-Governance-
Problem96.
95 Olgiati, Kindler (2002), S. 1065
96 vgl. hierzu auch Kapitel 1.6.1.3 "Wissenschaftliche Einordnung"
27
4.1.1.3 Der ökonomische Wert der Stimmrechte
Eine weitere mögliche theoretische Ursache für den Shareholder Activism liegt in der
Tatsache begründet, dass das Stimmrecht einer Aktie einen ökonomischen Wert be-
sitzt.97
Der ökonomische Wert des Stimmrechts lässt sich an der Börse leicht beobachten.
Wird eine Aktie mit Stimmrecht mit einer stimmrechtslosen, ansonsten aber gleichwer-
tigen Aktie des gleichen Unternehmens verglichen, kann festgestellt werden, dass die Aktie mit Stimmrecht höher bewertet wird.98 Die Differenz zwischen den beiden Aktien-
preisen widerspiegelt den Wert des Stimmrechts.
Kuhn vertritt hierzu die Ansicht, dass die Stimmrechte "... deshalb als Teil des Pensi-
onskassenvermögens mit der gebotenen Sorgfalt zu bewirtschaften sind. Dies erfor-
dert, dass die Pensionskasse das Stimmrecht ausübt."99 Er ist weiter der Ansicht, dass
die Stimmrechtsausübung sogar aus den treuhänderischen Pflichten der Pensionskas-
senleitung abgeleitet werden kann.100
Auch aus der Principal-Agent-Theorie kann dem Stimmrecht ein ökonomischer Wert
zugestanden werden. Gemäss der Argumentation von Schneider müssen sich "... die Interessen des Managements nicht automatisch mit denjenigen der Aktionäre decken
..."101. Es entstehen also Agency-Kosten der Managementkontrolle. Aus diesem Grund
wahrt eine aktive Pensionskasse, die ihre Stimmrechte systematisch ausübt, die Inte-
ressen ihrer Versicherten besser, als eine Pensionskasse, die ihre Stimmrecht nicht
ausübt.102 Sie kontrolliert durch ihre Stimmrechtsausübung nämlich die Aktionen des
Managements und kann so opportunistischem Handeln des Managements vorbeugen.
97 vgl. hierzu Heard (1987), S. 81, zit. nach Robinson (1987), o.S.
98 vgl. hierzu Kuhn (2002), S. 43
99 Kuhn (2002), S. 43
100 vgl. hierzu Kuhn (2002), S. 43
101 Schneider (1998), S. 673, ("Les intérêts du management n'étant pas nécessairement alignés sur ceux des actionnai-res...")
102 vgl. hierzu Schneider (1998), S. 673
28
4.1.1.4 Monitoring als öffentliches Gut: Vorteile durch Grösse einer Pensions-kasse
Aus der Principal-Agent-Theorie lässt sich die Notwenigkeit ableiten, das Management
zu überwachen. Huddart schreibt hierzu: "Monitoring is necessary to induce managers
to work hard."103
Diese Überwachungstätigkeit ist jedoch mit Problemen behaftet, da sie die Bedingun-
gen für ein öffentliches Gut erfüllt. So hat nämlich ein einzelner Aktionär von einer Fir-ma kein Interesse daran, die Überwachungsaktivität eines zweiten Aktionärs zu unter-
stützen. Er kann gleichermassen vom Erfolg der Überwachungstätigkeit profitieren,
auch wenn er sich nicht engagiert, und hat somit keinen Anreiz, die mit Risiko behafte-
te Überwachungstätigkeit wahrzunehmen. Der Nutzen ist in diesem Fall sozial, wobei
die Kosten privat getragen werden müssen. Diese Problematik wird als Trittbrettfahrer-
Problem oder als Free-Rider-Problem bezeichnet.104
Genau dieses Trittbrettfahrer-Problem wird durch grosse Aktionäre abgeschwächt, da
sie sich einen ihrer Grösse entsprechenden Anteil am Gewinn aneignen. Wird eine be-
stimmte Schwelle überschritten, kann es sich somit für eine Pensionskasse durchaus
lohnen, aktiv zu werden und das Management durch Monitoring zu überwachen.105 In
einem solchen Fall übersteigt der resultierende Gewinn für die Pensionskasse die Mo-
nitoring-Kosten, die zur Überwachung nötig sind. Gillan und Starks formulieren diesen
Umstand wie folgt: "The investor with a larger stake in the firm has stronger incentives
to undertake monitoring activities, as it is more likely that the large shareholder's in-
creased return from monitoring is sufficient to cover the associated monitoring
costs."106 Einen Gewinn kann für die Pensionskasse resultieren, wenn entweder der
Aktienkurs steigt oder die Firma eine höhere Dividende ausschüttet.
4.1.2 Zusammenfassung der theoretischen Ursachen für Shareholder Activism
Die theoretischen Ursachen für Shareholder Activism sind zusammenfassend in Abbil-dung 4 dargestellt.
103 Huddart (1993), S. 1417
104 vgl. hierzu Admati, Pfleiderer, Zechner (1994), S. 1099-1100
105 vgl. hierzu Huddart (1993), S. 1417
106 Gillan, Starks (2000), S. 279
29
Abbildung 4: Zusammenfassung der theoretischen Ursachen für Shareholder Activism
Quelle: eigene Darstellung
4.1.3 Strukturelle Ursachen
4.1.3.1 Kritische Grösse der institutionellen Anleger
In den 80er Jahren erlangten die institutionellen Investoren, darunter auch Pensions-
kassen, als Aktionäre enorme Vermögensbestände und wurden zu den Hauptakteuren
an den amerikanischen Börsen.107 Berechnungen zufolge besassen die amerikani-
schen Pensionskassen in den 80er Jahren 25% aller amerikanischen Aktien und knapp
die Hälfte des Standard & Poor's Index 500.108 1996 vereinen die amerikanischen insti-
tutionellen Anleger bereits 58.8% der Stimmrechte auf sich. 1997 verwalteten sie zu-
sammen rund 14.3 Billionen Dollar.109
Dies führte mitunter dazu, dass die Pensionskassen als Anleger zu gross wurden für
den Markt. Monks schreibt: "Traditionally, investors followed the Wall Street Rule and
sold holdings when they were disenchanted with management."110 Doch nun war es ih-
nen mit ihrer Grösse nicht mehr möglich, der Wall Street Rule folgen zu können. Die
einzige Möglichkeit bestand darin, mittels Shareholder Activism auf das Management
der Unternehmung einzuwirken, die eine Unterperformance aufweisen.111
107 vgl. hierzu Hug (1992), S. 139
108 vgl. Jaeggi (1988), S. 1
109 vgl. hierzu Arnold (1998), S. 683
110 Monks (1996), S. 1
111 vgl. hierzu Useem (1993), S. 38
30
Die Pensionskassen verletzen offensichtlich die Voraussetzungen für einen klassi-
schen Finanzmarkt112. James Burton, ehemaliger CEO von CalPERS, formulierte die-
sen Umstand sehr plakativ: "Wir sind nicht Teilnehmer am Markt, sondern wir sind der
Markt."113 Normalerweise wäre es einem Investor möglich, seine Aktien über den Markt
zum Marktpreis zu verkaufen. Ist aber der Investor zu gross, beeinflusst er mit seiner
Grösse den Marktpreis und drückt ihn durch seine Verkaufsabsichten nach unten. Es
wäre ihm also nur unter Inkaufnahme von Verlusten möglich, seine Aktien zu verkau-
fen.
Als Folge begannen Pensionskassen, gezielt Einfluss auf Aktien mit unterdurchschnitt-
licher Performance zu nehmen. Die Pensionskasse "... befindet sich damit in einem
Trade-Off zwischen aktiver Einflussnahme und Verkauf mit Discount"114. Es galt die
neue Devise der Pensionskassen: "If one can't sell, one must care!"115
4.1.3.2 Beschränkung des Market for Corporate Control durch die Unternehmen
Weitere Gründe für vermehrten Shareholder Activism der Pensionskassen bot die ver-
breitete Unsitte der Firmen, den als Market for Corporate Control bekannten Mecha-
nismus zu untergraben. Feindliche Übernahmen wurden durch Poison Pills und Anti-
takeover Clauses in den Statuten der Aktiengesellschaften erschwert oder verunmög-
licht.116 Damit wurde ein bedeutendes Disziplinierungsinstrument des Managements
durch den Markt in seiner Wirksamkeit eingeschränkt. Admati, Pfleiderer und Zechner
schreiben in ihrem Paper über den Market for Coporate Control: "... for various reasons
takeovers have become more difficult and less common, and this has decreased the
degree to which improvements can be brought about through this mechanism."117
Wahal vertritt die Ansicht: "The involvement of large institutions in shareholder activism
has been ... viewed as a natural response to the decline in the market for corporate
control in the 1990s."118
112 vgl. hierzu und weiterführend Copeland, Weston (1992), S. 194
113 Burton (1997), o.S., zit. nach o.V. (1997a), S. 684
114 Auckenthaler, Suter (2000), S. 437
115 Drucker (1991), S. 316
116 vgl. hierzu Arnold (2002), S. 682
117 Admati, Pfleiderer, Zechner (1994), S. 1099
118 Wahal (1996), S. 1
31
4.1.3.3 Finanzierung der Pensionskasse mit dem Kapitaldeckungsverfahren
Prevost und Rao sehen im Finanzierungssystem der Pensionskassen ebenfalls eine
mögliche strukturelle Ursache, warum gerade Pensionsfonds mit Shareholder Activism
angefangen haben: "Most public plans are defined-benefit plans, which means that be-
nefits are a priori designated to beneficiaries; government entities are thus concerned
with fund performance because poor results mean higher contributions."119
4.1.3.4 Gesetzliche Änderungen
Schlussendlich führten auch die diversen gesetzlichen Richtlinien zu einer Förderung
des Shareholder Activism durch Pensionskassen. Die öffentlichen wie auch die priva-
ten Pensionskassen wurden durch Gesetze wie ERISA oder die treuhänderischen
Pflichten der öffentlichen Pensionskassen dazu angehalten, die Vorsorgegelder nach
bestem Wissen und Gewissen zu verwalten. Aufgrund dieser Verantwortlichkeit stieg
die Bereitschaft der Pensionskassen, Einfluss auf Unternehmen mit unterdurchschnitt-
licher Performance zu nehmen, um Verantwortlichkeitsklagen zu vermeiden.
4.1.3.5 Technische Errungenschaften
Nicht zu vernachlässigen sind denn auch technische Errungenschaften, durch welche
die Kommunikation zwischen Investoren und Management erleichtert und gefördert
wurde. Zu nennen sind hier auszugsweise die Technik der Telefonkonferenz oder die
elektronische Post.
4.1.4 Zusammenfassung der strukturellen Ursachen für Shareholder Activism
Die strukturellen Ursachen für Shareholder Activism sind zusammenfassend in Abbil-
dung 5 dargestellt.
119 Prevost, Rao (2000), S. 179
32
Abbildung 5: Zusammenfassung der strukturellen Ursachen für Shareholder Activism
Quelle: eigene Darstellung
4.1.5 Allgemeine Ursachen
Während den 90er Jahren wurden zahlreiche Untersuchungen zum Thema "Sharehol-
der Activism" durchgeführt. Gillan und Starks liefern in ihrem Paper "A Survey of Sha-
reholder Activism: Motivation and Empirical Evidence" eine gute Zusammenfassung
der bisherigen Untersuchungen. Insgesamt fassen sie 23 verschiedene Studien zu-
sammen.120
Empirisch präsentiert sich kein einheitliches Bild. Es gibt jedoch Studien, die zu bewei-sen glauben, dass Sharholder Activism einen positiven Einfluss auf entweder die Un-
ternehmensverfassung oder den Unternehmenserfolg hat.121 Es besteht nun die Mög-
lichkeit, dass eine Pensionskasse eine solche Studie zum Anlass nimmt, selber aktiv
zu werden. Somit gelten positive empirische Resultate als mögliche Ursache für Sha-
reholder Activism von Pensionskassen.
4.1.6 Grosse öffentliche Pensionskassen als Treiber (CalPERS, TAII-CREF)
Öffentliche Pensionskassen spielen auf dem Kapitalmarkt als aktive Shareholder eine
wichtige Rolle. Aufgrund gewisser Merkmale haben grosse öffentliche Pensionskassen
einen erhöhten Anreiz, Shareholder Acitvism zu betreiben und können somit als Trei-ber des Shareholder Activism identifiziert werden.
120 vgl. hierzu Gillan, Starks (1998), S. 37
121 vgl. hierzu auch Kaptiel 4.3 "Nutzen und Einfluss von Sharholder Activism"
33
Erstens gehören sie aufgrund des öffentlichen Verwaltungsapparates eines Landes
und entsprechend hohen Mitarbeiterzahlen zu den grössten Kassen. Dies gilt sowohl
für die USA als auch für die Schweiz. In den USA beispielsweise verwalteten 2002 die
öffentlichen Pensionsfonds folgende Vermögen:
The Teachers Insurance and Annuity Association: College Retirement Equities
Fund (TIAA-CREF, $259 Mrd.)122
The California Public Employee Retirement System (CalPERS, $133 Mrd.)123
In der Schweiz präsentiert sich für das Jahr 2002 folgende Situation (in Klammern der
Rang in der Rangliste der grössten Schweizer Pensionskassen 2002):
Pensionskasse des Bundes (Publica, ¤19 Mrd., Rang 1)
Pensionskasse Kanton Zürich (BVK, ¤13 Mrd., Rang 4)
Pensionskasse der Stadt Zürich (PKZH, ¤8 Mrd., Rang 7)124
Zweitens sind öffentliche Pensionskassen unabhängiger am Kapitalmarkt, da sie keine
Eigeninteressen in der Privatwirtschaft verfolgen. Pensionskassen von grossen priva-
ten Unternehmen sind oftmals divergierenden Interessen ausgesetzt, da sie von Fir-
men, in die sie investieren, Produktionsaufträge erhalten. Dies bietet den grossen pri-
vaten Kassen einen negativen Anreiz, als Shareholder Activist aktiv zu werden. Sie
drücken lieber ein Auge zu und werden nicht aktiv, als dass sie einen Produktionsauf-
trag verlieren. Jennings und Jennings schreiben: "For example, the discussion of sha-
reholder activism ... shows that large public pension funds such as CalPERS may en-
gage in more activism than private pension plans, in large part because of less fear of
financial or business relation."125
Drittens sind ein Grossteil der Vermögen von öffentlichen Pensionskassen indexiert
angelegt. Pensionskassen mit indexierten Anlageportfolios haben einen erhöhten An-reiz, Shareholder Activism und insbesondere öffentlichen Shareholder Activism126 zu
betreiben. Zum einen können sie ihre Anteile an Firmen nicht einfach verkaufen, da
das Anlageportfolio indexiert ist. "Funds devoted to indexing do not have the "Wall
122 vgl. hierzu Homepage des TIAA-CREF, unter: www.tiaa-cref.org
123 vgl. hierzu Homepage des CalPERS, unter: www.calpers.ca.gov
124 vgl. hierzu Hengartner (2002), Reuters
125 Jennings, Jennings (2001), Reuters
126 vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.2 "Der öffentliche Shareholder Activism"
34
Street Walk" option of selling when displeased with stock price perfomance."127 Aus
diesem Grund versuchen die Pensionskassen auf andere Weise auf die Unternehmung
einzuwirken. Zum anderen erhoffen sie sich durch die Öffentlichkeit ihrer Aktionen po-
sitive Spill-Over-Effekte auf den Gesamtmarkt.
"Thus, relative to actively managed funds, indexed funds have an incentive to promote spillover effects that boost the performance of the stock market overall, rather than that of specific stocks. Publicity is one potentially effec-tive tool in promoting such spillover effects ..."128
4.2 Hemmende Einflüsse (Antidrivers) Neben den oben beschriebenen Ursachen gibt es hemmende Einflüsse, sogenannte
Antidrivers, die dem Aufkommen von Shareholder Activism entgegen wirken. Black
identifiziert den Hauptgrund für die Passivität von amerikanischen Pensionskassen in
der Gesetzgebung.129 Er geht davon aus, dass die amerikanische Gesetzgebung die
Pensionskassen systematisch durch unsinnige Gesetze vom Shareholder Activism ab-hält. Solche Gesetze seien zum Beispiel:
Es existiert ein Anreiz zur Überdiversifikation der Pensionskassen. Dies hat zur
Folge, dass auch grosse Pensionskassen wie CalPERS oder TIAA-CREF nur mi-
nimale Anteile an einzelnen Firmen halten und ihren Einfluss nicht voll nutzen.130
Es existieren keine positiven gesetzlichen Anreize. Solche Anreize könnten zum
Beispiel Steuererleichterungen oder Schutz vor Verantwortlichkeitsklagen sein.
Es existieren mögliche Interessenkonflikte zwischen der Pensionskassenleitung
und den avisierten Firmen. Dies ist vermehrt bei privaten Pensionskassen der Fall
und weniger bei öffentlichen.
Zu den Kritikern von Shareholder Activism in der Schweiz gehört vor allem Auckentha-
ler. Er vertritt die Ansicht, dass es den Pensionskassen an Fachwissen und Legitimati-
on mangle. Zusätzlich sieht er auch in der ineinander verflochtenen Struktur der
Schweizer Unternehmens- und Pensionskassenlandschaft einen Tatbestand, der den
Pensionskassen ein koordiniertes Handeln aufgrund von Interessenkonflikten verun-
möglicht.131
127 Del Guercio, Hawkins (1999), S. 300
128 Del Guercio, Hawkins (1999), S. 300
129 vgl. hierzu und zum Folgenden Black (1992), S. 21-24
130 Der mittlere Anteil von CalPERS an den mit Shareholder Proposals avisierten Firmen betrug 1993 0.8%. Bei TIAA-CREF lag der Anteil bei 1.1%. vgl. hierzu Wahal (1996), S. 7
131 vgl. hierzu o.V. (2001c), Reuters
35
Die hemmenden Einflüsse sind zusammenfassend in Abbildung 6 dargestellt.
Abbildung 6: Zusammenfassung der hemmenden Einflüsse auf Shareholder Activism
Quelle: Eigene Darstellung
4.3 Nutzen und Einfluss von Shareholder Activism
Über die Messung und den allfälligen Nutzen von Shareholder Activism wurden viele
kontroverse Diskussionen geführt. Del Guercio und Hawkins sind der folgenden An-
sicht:
"Measuring the effectiveness of shareholder activism is not a straightfor-ward task. First, it is difficult to determine the outcome of the shareholder activism and whether it had positive consequences for the firm. ... A second problem arises from the fact that much of the activism is behind the scenes through private negotiations: there is no external oberservation of the event."132
Es gibt also zwei Hauptprobleme, die bei der Frage nach der Wirksamkeit des Share-holder Activism die Forschung komplizieren. Zum einen ist es schwierig, die Variable
"Shareholder Activism" von anderen Einflussfaktoren zu isolieren. Darum kann nicht
mit Sicherheit gesagt werden, ob eine strukturelle Änderung in der Corporate-
Govnernance-Verfassung einer Firma oder ein Anstieg im Shareholder Value aufgrund
einer Shareholder-Activism-Aktion erfolgt ist. Es können genau so gut andere Gründe
dazu geführt haben.
Zum anderen besteht ein Problem der Forschung darin, alle Shareholder-Activism-
Aktionen erfassen zu können. Gemäss einer Studie von Carleton, Nelson und Weis-
bach sind bei der Pensionskasse TIAA-CREF von 45 übermittelten Proposals 71%
nicht zur Abstimmung gekommen, da bereits vor der Generalversammlung eine Eini-
132 Gillan, Starks (1998), S. 19-20
36
gung mit dem Management erzielt werden konnte.133 Dies lässt berechtigte Zweifel an
allen Studien aufkommen, die lediglich auf die Proposals fokussieren, die bei General-
versammlungen zur Abstimmung gelangen.
Weiter beschäftigt die Forschung die Frage, wie man überhaupt den Erfolg von Share-
holder Activism messen soll. Gillan und Starks schränken die Auswahl an Kennzahlen
zur Messung des Erfolges von Shareholder Activism auf folgende Kennzahlen ein:
"These measures include the short-term stock market reaction around the date of the announcement of the activism, long-term stock market and op-erating performance after the activism, voting outcomes on shareholder pro-posals, and management decisions after the activism."134
Verschiedene Studien haben diese Kennzahlen untersucht und sind zu divergierenden Resultaten gekommen.
Es seien an dieser Stelle zwei Resultate von namhaften Autoren aufgelistet, die beide
die Wirksamkeit von Shareholder Activism untersucht haben. Es kann nicht auf die ge-
naue Vorgehensweise der Untersuchung eingegangen werden. Lediglich die Resultate
werden zusammengefasst.
Smith findet in seinem Paper "Shareholder Activism by Institutional Investors: Evi-
dence from CalPERS" eine signifikant positive Reaktion des Aktienpreises für Akti-
en von Firmen, die erfolgreich von CalPERS zu einer Änderung der Geschäftspoli-
tik oder der Corporate Governance geführt wurden. Für Firmen, die die Änderun-
gen nicht annahmen, fand Smith eine signifikant negative Reaktion des Aktienprei-
ses. Smith fand keine signifikante Änderung in der operativen Performance.135 Er
schlussfolgert: "Overall, the evidence indicates that shareholder activism is largely
successful in changing governance structure and, when successful, results in a sta-
tistically significant increase in shareholder wealth."136
Wahal vertritt hierzu eine andere Meinung. Er untersucht in seinem Paper "Pension
Fund Activism and Firm Performance" alle Firmen, die von den neun aktivsten
Pensionskassen von Amerika während der Zeit von 1987 bis 1993 mit einem Sha-
reholder Proposal avisiert worden sind. Er kommt zum Schluss, dass Shareholder
Activism bei Änderung von Corporate-Governance-Strukturen ausreichend erfolg-
reich ist. Doch findet er als Reaktion auf Shareholder Activism keine positiven ab-
133 vgl. hierzu Carleton, Nelson, Weisbach (1997), S. 1344-1345
134 Gillan, Starks, (1998), S. 21
135 vgl. hierzu Smith (1996), S. 251
136 Smith (1996), S. 251
37
normalen Aktienrenditen, die signifikant von Null verschieden sind. Ebenfalls kann
die Hypothese, dass Shareholder Activism die operative Performance respektive
den Nettogewinn verbessert, nicht gestützt werden.137
Die Frage, ob Shareholder Activism einen Wohlfahrtsgewinn für die Gesellschaft liefert,
kann mit den heutigen Studien nicht abschliessend beantwortet werden. Aus den
Schlussfolgerungen von Gillan und Starks ist zu entnehmen:
"The empirical evidence as to the influence of shareholder activism is mi-xed. While papers have found some short-term market reaction to the an-nouncement of certain types of activism, there is little evidence of improve-ment in long-term stock market performance or operating performance after the activism. Studies have found some change in the real activities of the firm subsequent to the shareholder pressure, but it is difficult to establish a causal relationship between shareholder activism and these changes."138
137 vgl. hierzu Wahal (1996), S. 20
138 Gillan, Starks (1998), S. 31
38
5 ENTWICKLUNG DES SHAREHO LDER ACTIV ISM IN
DER SCHWEIZ
In diesem Kapitel wird die Entwicklung und die aktuelle Situation des Shareholder Acti-
vism durch Pensionskassen in der Schweiz dargelegt. Es wird spezifisch auf das Land
Schweiz eingegangen und erläutert, welche Meilensteine sich in der Geschichte des
Shareholder Activism in der Schweiz identifizieren lassen.
5.1 Anfänge in den 90er Jahren
Anders als in den USA kam die Diskussion um die Bedeutung der Pensionskassen als
grosse Teilnehmer an den Kapitalmärkten in der Schweiz erst Mitte der Neunziger Jah-
re in Gang. Diese Behauptung ist gestützt auf die Anzahl an publizierten Artikeln und Berichte in relevanten Zeitschriften wie Schweizer Personalvorsorge, Der Schweizer
Treuhänder oder den Publikationen der Schweizerischen Anlagestiftung für nachhaltige
Entwicklung Ethos139.
Die Frage allerdings, wie die Schweizer Pensionskassen ihre Aktionärsinteressen
wahrnehmen sollen, ist keineswegs neu. Während der Generalversammlung der San-
doz und der Ciba-Geigy im Jahre 1988 intervenierten mehrere Pensionskassen und
forderten gemeinsam die Erhaltung des Realwertes der Aktienanlagen und eine pensi-
onskassenorientierte direkte Rendite.140 Anlässlich dieser ersten Schweizer Sharehol-
139 Schweizerische Anlagestiftung für nachhaltige Entwicklung Ethos, unter: www.ethosfund.ch
Die Anlagestiftung Ethos
hat sich zum Ziel gesetzt, Unternehmen zu fördern, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, dem Markt ent-sprechende Signale zu geben, einen konstruktiven Dialog mit den Unternehmen aufzubauen sowie die verantwort-liche Ausübung der Aktionärsrechte zu ermöglichen;
wurde im Februar 1997 durch zwei Genfer Pensionskassen gegründet und zählt zurzeit eine Mitgliedschaft von 91 Pensionskassen aus der ganzen Schweiz. Im Rahmen seiner sechs Anlagesegmente in Aktien und Obligationen verwaltet die Anlagestiftung rund CHF 700 Millionen gemäss Kriterien der nachhaltigen Entwicklung (finanzielle, ökologische und soziale) im Auftrag ihrer Mitglieder;
arbeitet mit anerkannten Spezialisten zusammen, und zwar mit der Banque Lombard Odier Darier Hentsch & Cie in Genf (Finanzanalyse) und CentreInfo in Freiburg (Umwelt- und Sozialanalysen). Für die Analyse der Tagesord-nungen der Generalversammlungen arbeitet die Anlagestiftung Ethos mit dem Berater Institutional Shareholder Services (ISS) in den USA zusammen;
hat zur Eröffnung des Anlagefonds Ethosfund nach schweizerischem Recht, beigetragen. Dieser Anlagefonds wird nach demselben Konzept wie die Segmente der Stiftung verwaltet und steht allen Anlegerkategorien offen;
bietet über die Gesellschaft Ethos Services verschiedene Dienstleistungen an, sowohl im Bereich der Beratung in Bezug auf die Vermögensverwaltung nach Kriterien der nachhaltigen Entwicklung als auch im Bereich Corporate Governance.
Quelle: Homepage von Ethos, unter: www.ethosfund.ch
140 vgl. hierzu Thétaz (1996), S. 453
39
der-Activism-Aktion veröffentlichte die Schweizer Personalvorsorge eine erste Schrif-
tenreihe über das Thema "Pensionskassen – ungern gesehene Aktionäre?".141 Dies
kann als erste Diskussionsplattform und -grundlage für die späteren Abhandlungen
zum Thema Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen bezeichnet werden.
Nach Meinung von Heumann scheiterten solche Vorstösse wie an der Generalver-
sammlung der Sandoz und der Ciba-Geigy regelmässig daran, "... dass die Pensions-
kassen an Generalversammlungen nicht geeint auftraten, dass sie keine Lobby ha-
ben"142. Ihnen fehle ein ihre Börseninteressen vertretendes Organ, wie beispielsweise
die Amerikaner es mit dem Council of Institutional Investors haben. Das Abstimmver-
halten respektive eine gezielte Einflusspolitik der Pensionskassen wurde aber noch
nicht Thema für wissenschaftliche Untersuchungen oder politische Diskussionen.
Erst als in den 90er Jahren die Anlagevorschriften für Schweizer Pensionskassen ge-
lockert wurden, konnten die Pensionskassen einen grösseren Teil ihres Vermögens in
Aktien investieren und erreichten ein genügend grosses Investitionsvolumen, um Ein-
fluss zu nehmen. Gemäss Art. 55 lit. c BVV2 können maximal 50% des Vorsorgekapi-
tals in Aktien oder ähnliche Wertpapiere investiert werden. Damit kam ihr Gewicht an
den Finanzmärkten erst gegen Ende der 90er Jahre zum Tragen respektive ist sich
noch immer am Entfalten, da die Aktienquote von keiner der Pensionskassen vollstän-
dig ausgeschöpft wird. Gemäss der Pensionskassenstatistik "Berufliche Vorsorge in
Zahlen" besassen die Pensionskassen in der Schweiz im Jahre 2000 einen Aktienan-
teil von 26.5%.143 Heute ist dieser Anteil allerdings bereits auf durchschnittlich 28% an-
gewachsen, "... wobei dieser Anteil etwas irreführend (zu tief, Anm. d. Verf.) ist, weil die
grösste Pensionskasse – die des Bundes – zum Stichtag erst einen minimen Aktienbe-
stand geführt hatte"144. Diese Entwicklung lässt die Vermutung zu, dass die Pensions-
kassen ihren erhöhten Investitionsbedarf auch dadurch decken werden, dass sie ver-
mehrt in Aktien investieren.
141 Dr. Hans Wirz, Pensionskassen: Ungern gesehene Aktionäre?, VPS Schriftenreihe Nr. 17, Zug, 1989, Bestell-Nr.
082
142 Heumann (1989), S. 19
143 vgl. hierzu o.V. (2003), S. 1
144 Hengartner (2002), Reuters
40
5.2 Aktueller Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen
5.2.1 Stimmrechte der Schweizer Pensionskassen
Zur Entwicklung der Stimmrechtsanteile von Schweizer Pensionskassen schlussfolgert
Hug:
"Besitzverhältnisse wie in den USA, wo die Pensionskassen gemäss Dru-cker145 etwa einen Drittel der Aktien aller an der Börse kotierten amerikani-schen Gesellschaften und 50% oder mehr der Aktien aller Grossfirmen be-sitzen, werden in der Schweiz langfristig nicht entstehen.
Mittelfristig dürfte der Anteil der 2. Säule an der gesamten Börsenkapitali-sierung etwa 10% betragen, wobei das Stimmenpotential durch die Kon-zentration auf die Namenpapiere verstärkt wird. Der Anteil der Pensions-kassen an der Börsenkapitalisierung der Namenaktien dürfte auf über 20% ansteigen."146
Diese These scheint sich zu bestätigen. Gegenwärtig wird das Stimmrechtspotential
der Schweizer Pensionskassen auf zwischen 10%147 bis 14%148 geschätzt. Damit kommt den Schweizer Pensionskassen keine so dominante Rolle zu wie in den USA,
selbst wenn alle Pensionskassen geeint an den Finanzmärkten operieren würden. In
Anbetracht der Tatsache, dass vielfach nicht alle Stimmen an der Generalversamm-
lung anwesend sind149, ist ein Stimmrechtsanteil von 10% dennoch als bedeutend zu
betrachten.
Ebenfalls wichtig ist die in der Schweiz oft in den Statuten verankerte Trennung zwi-
schen Inhaberaktien und Namenaktien. Namenaktien werden hierbei mit einem tieferen
Nennwert ausgestattet, besitzen jedoch gleiche Stimmrechte wie die Inhaberaktien.
Damit können mit Namenaktien bei gleichem Kapitaleinsatz mehr Stimmrechte erwor-
ben werden. Investiert nun eine Pensionskasse vermehrt in Namenaktien, kann ihr
Stimmpotential noch höher steigen.150 Es gibt jedoch auch Stimmen, die in naher Zu-
kunft damit rechnen, dass alle Aktien im Zuge der Diskussion "One share, one vote!"
mit gleichem Stimmrechtsanteil pro investiertem Kapital ausgestattet werden.
In Einzelfällen kann es auch sein, dass einzelne Pensionskassen grössere Anteile an
den Stimmrechten von Firmen besitzen. Als Beispiele seien folgende genannt:
145 vgl. hierzu Drucker (1986), S. 17
146 Hug (1995), S. 203
147 vgl. hierzu o.V. (2002e), S. 49
148 vgl. hierzu o.V. (2002d), Reuters
149 vgl. hierzu Hug (1995), S. 202
150 vgl. hierzu Hug (1995), S. 202
41
Die Pensionskasse der Siemens-Gesellschaften in der Schweiz hält 10.1%151 der
Stimmrechte an der Warteck Invest AG und 14.6%152 an der OZ Holding.
Die Pensionskasse des Basler Stadtpersonals hält 6.35%153 der Stimmrechte an
der Schweiter Technologies AG.
Die Basellandschaftliche Pensionskasse Liestal hält 7.6%154 der Stimmrechte an
der Quadrant Holding.
Die Pensionskasse der Novartis hält 5.8%155 der Stimmrechte an der Rentenanstalt
/ Swiss Life.
Gerade bei prominenten Beispielen wie der Rentenanstalt / Swiss Life können grosse
Beteiligungen an der Generalversammlung aufgrund des ansonsten gestreuten Aktio-
nariats das Zünglein an der Waage sein. Dem Stimmverhalten der Pensionskasse der
Novartis kommt daher bei Entscheiden der Rentenanstalt / Swiss Life eine entschei-
dende Bedeutung zu.
5.2.2 Abstimmverhalten von Schweizer Pensionskassen
Minuz führte im Jahre 1997 eine repräsentative Umfrage bei grossen Schweizer Pen-
sionskassen durch und befragte sie unter anderem auch zum Abstimmverhalten und
ihrer Einstellung zum amerikanischen Vorbild des von Pensionskassen dominierten
Shareholder Activism.156 Die Untersuchung hatte zum Resultat:
"Die Pensionskassen in der Schweiz verhalten sich weitgehend passiv. In der Regel stimmen sie mit den Anträgen des Verwaltungsrates, oft ohne sich eigene Überlegungen zu einer Vorlage zu machen. Wegen der knappen Zeitressourcen verzichten viele Pensionskassen vollends auf die Wahrnehmung ihrer Stimmrechte.
Ein Pooling von Stimmen ist noch seltener als die Ablehnung von Ver-waltungsratsanträgen. ... Zwei Pensionskassen haben konkrete Pläne, sich mit anderen Pensionskassen zwecks Pooling von Stimmen zu-sammenzutun. Ein festes Pooling halten die meisten Gesprächspartner wegen den schweizerischen Wirtschaftsverflechtungen für unwahr-scheinlich. Als zu gross werden die auseinandertreibenden Kräfte er-achtet, da in einer konkreten Situation wohl oft ein Mitglied der Gruppe selbst auch Betroffener wäre. Eine Gruppierung von Investoren in der
151 vgl. hierzu o.V. (1999), Reuters
152 vgl. hierzu Nega-Ledermann (2000), Reuters
153 vgl. hierzu o.V. (2000), Reuters
154 vgl. hierzu o.V. (2001d), Reuters
155 vgl. hierzu o.V. (2002f), Reuters
156 vgl. hierzu Minuz (1997), S. 159-166
42
Art des amerikanischen Council of Institutional Investors (CII) ... scheint in der Schweiz in nächster Zukunft noch nicht möglich.
Nur eine Minderheit führt Managementgespräche durch. Als Gründe da-für werden knappe Zeitressourcen und fehlender Nutzen ins Felde ge-führt.
Zwei Pensionskassen verfolgen explizit auch soziale Ziele.
Interessant erscheint, dass in mehreren Fällen das Management des Unternehmens über die Stimmrechte der Pensionskasse verfügt, als wären die Pensionskasse und das Unternehmen keine rechtlich ge-trennten Institutionen."157
Aus diesen Resultaten lässt sich der Schluss ziehen, dass die Bereitschaft der
Schweizer Pensionskassen sehr gering ist, sich als Shareholder Activist zu etablieren.
Das heisst, die Disziplinierung des Managements von Aktiengesellschaften dürfte in
der Schweiz aus praktischen Gründen nicht über die Pensionskassen erfolgen.
In Zahlen bedeutet dies, dass nur gerade 5% aller Schweizer Pensionskassen an der
Generalversammlung ihre Stimme systematisch abgeben.158 56% der Pensionskassen
stimmen gar nie ab.159
Interessant hierzu sind vor allem auch die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen, die als regulatorische Kraft die Pensionskassen zu einer Stimmrechtswahrnehmung
zwingen können, wie das beispielsweise in Amerika mit dem ERISA bereits geschehen
ist.160
5.2.3 Arten der Einflussnahme von Schweizer Pensionskassen
Grundsätzlich stehen den Schweizer Pensionskassen die gleichen Einflussmöglichkei-
ten offen, wie sie in Kapitel 1.6.1.2 "Differenzierung des Shareholder Activism" darge-
stellt sind.
Es ist jedoch im schweizerischen Recht nicht vorgesehen, dass Shareholder Proposals
übermittelt werden. Es gibt lediglich das Traktandierungsrecht nach Art. 699 Obligatio-
nenrecht, welches bedeutend höhere Bedinungen an die Aktionäre stellt161, dafür im
Gegensatz zu den Shareholder Proposals rechtlich bindend wirkt.
157 Minuz (1997), S. 153-154
158 vgl. hierzu o.V. (2001c), Reuters
159 vgl. hierzu o.V. (2002d), Reuters
160 vgl. hierzu auch Kapitel 5.4 "Gesetzliche Umfeld in der Schweiz"
161 entweder Aktien von über 1 Million Franken Nominalwert oder mindestens 10% der Stimmrechte
43
Das Public Targeting steht den Schweizer Pensionskassen zwar im gleichen Masse
wie den amerikanischen zu Verfügung, wird jedoch nicht genutzt. Ein Grund hierfür
kann die vergleichsweise starke Verflechtung der Schweizer Unternehmen mit ihren
Pensionskassen sein. Die daraus resultierenden Interessenkonflikte können hemmend
auf die Überwachungstätigkeit der Pensionskasse wirken.
5.2.4 Möglicher Interessenkonflikt für Schweizer Pensionskassen
Schweizer Pensionskassen halten als Intermediäre Aktien im Auftrag der Versicherten.
Sie versuchen, im besten Interesse der Versicherten die Anlagerendite und das Risiko
des Portfolios zu optimieren. Doch existieren neben den Risiko-Rendite-Bedürfnissen
der Versicherten auch noch andere Bedürfnisse wie beispielsweise Arbeitsplatzsicher-
heit oder politische Interessen.
Muss nun eine Pensionskasse eines Unternehmens an der Generalversammlung über
die Geschäftspolitik des entsprechenden Unternehmens abstimmen, können Interes-
senkonflikte zwischen den Versicherten und den Leitern der Pensionskasse entstehen.
Es kommt sozusagen zu einem inneren Corporate-Governance-Problem für die Pensi-
onskasse selbst, wenn sie sich übergeordneten politischen Interessen der Unterneh-
mung unterordnen muss, deren Vorsorgegelder sie verwaltet.162
Fraune schreibt hierzu weiter: "Allerdings kann eine gesellschaftliche oder faktische
Abhängigkeit von Pensionskassen und Unterstützungskassen von ihren Trägerunter-
nehmen zu Konflikten in den Hauptversammlungen führen ... ."163 Diesen Interessen-
konflikten muss bei der Regelung des Stimmrechtsmechanismus in den Statuten der
Vorsorgeeinrichtung Rechnung getragen werden.
5.3 Gesetzliches Umfeld für Pensionskassen in der Schweiz
"Die gesetzliche Grundlage für die schweizerischen Personalvorsorgeeinrichtungen
bildet das sogenannte Berufsvorsorgegesetz BVG164, das seit dem 1. Januar 1985 in
Kraft ist." 165
Mit diesem Gesetz wurde die 2. Säule als berufliche Vorsorge für jeden Angestellten
mit einem minimalen Einkommen von über 24'720.-166 obligatorisch. Dies verschaffte
162 vgl. hierzu Scherer, Ammann (2002), S. 33
163 Fraune (1996), S. 118
164 vgl. hierzu o.V. (2002a), S. 1-40
165 Hug (1995), S. 174
166 Stand Januar 2003
44
den Pensionskassen ab 1985 einen immensen gesetzlich bedingten und legitimierten
Kapitalzufluss. Durch das Kapitaldeckungsverfahren der 2. Säule findet eine Kapitalak-
kumulation statt, wodurch die Pensionskassen erst zu solch bedeutenden Akteuren im
Kapitalmarkt wurden, wie sie es heute sind.
Gemäss Art. 71 BVG müssen die Pensionskassen ihr Vermögen so verwalten, "... dass
Sicherheit und genügender Ertrag der Anlagen, eine angemessene Verteilung der Risi-
ken sowie die Deckung des voraussehbaren Bedarfes an flüssigen Mitteln gewährleis-tet sind"167. Die Pensionskassen sind also per Gesetz zu einer Ertrags- und Risikoop-
timierung gezwungen, so dass sie den vom Bundesrat vorgeschriebenen Mindestzins-
satz gemäss Art. 12 BVG erzielen. Inwiefern auch Shareholder Activism zu den er-
tragssteigernden oder risikominimierenden Aktivitiäten zu zählen ist und somit für die
Pensionskassen gesetzlich vorgeschrieben wäre, ist Gegenstand einer politischen Dis-
kussion.
5.3.1 Anlagevorschriften und Pflichten für Schweizer Pensionskassen
Die Vorschriften zur Anlage des Vermögens für Schweizer Pensionskassen sind in der
"Verordung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge BVV2"
im 3. Abschnitt "Anlage des Vermögens" unter Art. 49 BVV2 ff. geregelt.168
Ein für diese Arbeit wichtiger Artikel ist Art. 54 lit. c BVV2, der besagt, dass die Pensi-
onskasse maximal 50% ihrer Vorsorgegelder in Aktien investieren darf. Dies be-
schränkt die potentielle Stimmkraft, die aus Eigentumspapieren, wie Aktien es sind, re-
sultiert. Sollte diese Limite in Zukunft erhöht werden, würde sich die potenzielle
Stimmmacht der Pensionskassen entsprechend erhöhen.
Diese Limite ist in der aktuellen Situation insofern irrelevant, als dass sie von den Pen-
sionskassen noch nicht in vollem Umfang ausgenutzt wird. Die meisten Pensionskas-
sen halten einen Aktienanteil von deutlich weniger als 50% an ihrem Portfolio.169
5.3.2 Art. 49a BVV 2
In diesem Unterkapitel wird genauer auf den Art. 49a der Verordung über die berufliche
Alters-, Hinterlassenen- und Invaliedenvorsorge BVV2, seine Bedeutung und seine
Auslegung eingegangen. Die Einfürung des Art. 49a BVV2 auf Januar 2001 ist in Zu-
sammenhang mit Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen die wichtigste
167 Art. 71 Abs. 1 BVG
168 vgl. hierzu o.V. (2001b), Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge BVV2, S. 1-24
169 vgl. hierzu auch Kapitel 5.1 "Anfänge in den 90'er Jahren"
45
Gesetzesänderung der letzten Jahre, da im Art. 49a BVV2 zum ersten Mal explizit eine
Handlung der Pensionskassen in Bezug auf die Aktionärsrechte gefordert wird.
5.3.2.1 Genauer Wortlaut Art. 49a BVV2 ist Teil des 3. Abschnitts "Anlage des Vermögens" der BVV2 und fordert
vom paritätischen Organ der Vorsorgeeinrichtung ausdrücklich, sich mit der Vermö-
gensanlage auseinanderzusetzten. Eisenring beschreibt den Zweck des neuen Art.
49a BVV2 folgendermassen: "Art. 49a BVV2 hat ... zum Zweck, die paritätischen Or-
gane anzuhalten, nicht einfach passiv zu bleiben, sondern sich aktiv mit der Gestaltung
der Vermögensanlage auseinanderzusetzen."170
Der genaue Wortlaut ist:
Art. 49a Führungsaufgabe
1 Die Vorsorgeeinrichtung legt die Ziele und Grundsätze, die Durchführung und Überwachung der Vermögensanlage nachvollziehbar so fest, dass das paritä-tische Organ seine Führungsaufgabe vollumfänglich wahrnehmen kann.
2 Die Vorsorgeeinrichtung stellt die Regeln auf, die bei der Ausübung ihrer Aktio-närsrechte zur Anwendung gelangen.
Bedeutend ist vor allem der zweite Absatz, in dem die Pensionskassen aufgefordert
werden, Regeln bezüglich der Wahrnehmung ihrer Aktionärsrechte aufzustellen.
5.3.2.2 Ursprung
Ursprung hat der Art. 49a BVV2 in einer 1998 bis 2000 erhobenen Studie, die zum
Ausdruck brachte, dass 56% der Schweizer Pensionskassen die Stimmrechte gar
nicht, 5% systematisch und die verbleibenden 39% sporadisch ausüben.171 Dieser
Passivität der Vorsorgeeinrichtungen versuchte die BVG Kommission mit drei Lö-
sungsansätzen für Gesetzesänderungen entgegenzuwirken172:
Variante 1: Die Pflicht der Vorsorgeeinrichtung zur Stimmrechtsausübung.
Variante 2: Die Pflicht zur Begründung, das heisst zur schriftlichen Rechenschafts-
ablage darüber, weshalb das Stimmrecht im konkreten Fall ausgeübt oder nicht
ausgeübt wurde.
Variante 3: Die grundsätzliche Beibehaltung des Status quo.
170 Eisenring (1999), S. 60
171 vgl. hierzu o.V. (2001a), o.S.
172 vgl. hierzu o.V. (2001f), S. 9
46
Entschieden wurde schliesslich eine sehr moderate Weiterentwicklung des Status quo,
die einer abgeschwächten zweiten Variante entspricht. Die gesetzgeberische Zurück-
haltung wurde damit begründet, dass die Entwicklung einer funktionierenden Corporate
Governance zwar unterstützt, die primäre Aufgabe der Vorsorgeeinrichtungen indes-
sen nach wie vor in der Erreichung des Vorsorgeziels und nicht in der Unternehmens-
führung zu sehen sei.173
5.3.2.3 Ansichten des Bundesrats und der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge
Die Ansichten des Bundesrates und der Eidgenössischen Kommission für die berufli-
che Vorsorge sind geprägt von der Überzeugung, dass die performanceorientierte
Vermögensverwaltung strikte von der Möglichkeit, auf Unternehmensentscheide Ein-
fluss zu nehmen, getrennt werden kann. Die Möglichkeit, durch Shareholder Activism
die Corporate Governance eines Unternehmens zu beeinflussen, wird nicht als Mög-
lichkeit gesehen, die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und damit die Performance
des gesamten Portfolios zu steigern.174
Aufgrund dieser Überlegungen stand bei der Gesetzesformulierung nicht die Frage im
Zentrum, ob mit Shareholder Activism die Performance der Pensionskassenanlagen zu
verbessern sei und daher eine Pflicht zur Stimmrechtsausübung eingeführt werden sol-
le. Es stand vielmehr die Frage zur Diskussion, ob die Pensionskassen ethische, sozia-
le und ökologische Kriterien bei ihren Stimmrechtsentscheiden miteinbeziehen und
damit ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen sollten. Bezüglich dieser Fra-
ge kamen der Bundesrat und die Kommission allerdings zur Einsicht, dass es in der
heterogenen Pensionskassenlandschaft der Schweiz administrativ nicht durchführbar
sei, solche Kriterien zu erlassen. Es konnte auch nicht von allen Pensionskassen er-
wartet werden, dass sie solche Kriterien erarbeiteten.175
Trotzdem sind die Kommission und der Bundesrat der Ansicht, dass sich der Trend zur
Corporate Governance akzentuieren wird. Aus diesen Gründen wurde in Anlehnung an
eine von der OECD erarbeiteten Richtlinie zur Machtballung bei Pensionskassen der
Art. 49a BVV2 per 1. Januar 2002 in Kraft gesetzt. Damit sprechen die Kommission
und der Bundesrat den Aktienstimmrechten der Pensionskassen doch eine bedeuten-
173 vgl. hierzu o.V. (2001f), S. 10 und o.V. (2001g), S. 5
174 vgl. hierzu o.V. (2001f), S. 2 und o.V. (2001h), S. 3-4
175 vgl. hierzu o.V. (2001f), S. 10-11 und o.V. (2001h), S. 1
47
de Rolle zu und möchten die Pensionskassen dazu anhalten, sich bewusst mit dem
Thema der Stimmrechtsausübung auseinanderzusetzen.
5.3.2.4 Auslegung des Art. 49a BVV2
Die Auslegung des Art. 49a BVV2 kann kontrovers diskutiert werden. Olgiati und Kind-
ler stellen fest, dass Art. 49a BVV2 keine eigentliche Abstimmungspflicht vorsieht.
Ebensowenig gehen sie davon aus, dass sich eine Pflicht zur schriftlichen Begründung,
weshalb das Stimmrecht im konkreten Fall ausgeübt wurde oder nicht, ergibt.176
In diesem Fall würde sich nach dieser Gesetzesänderung für die Pensionskassen sub-
stantiell nichts ändern im Vergleich zur vergangenen Situation, ausser dass sie ihr
Verhalten explizit im Reglement der Vorsorgeeinrichtung regeln müssten. Die Vorsor-
geeinrichtungen dürften sich also noch immer der Aktionärsstimme enthalten, müssten
dies allerdings im Reglement festhalten.
Eine andere Meinung vertritt hier Schnyder. Im Bericht "3rd Directory of Swiss Pension
Funds - 2002" schreibt sie:
"Die Pensionskassen werden folglich ab dem 1. Januar 2002 interne Stimmverfahren festlegen müssen. Obwohl diese Neuregelung einen ge-wissen Freiraum belässt, verpflichtet sie die Vorsorgeeinrichtungen doch, ihr Stimmrecht wahrzunehmen."177
In Bezug auf die schriftliche Begründung des Stimmentscheides ist Schnyder der glei-
chen Ansicht wie Olgiati und Kindler. Ihre Interpretation ist ebenfalls, dass die Pensi-
onskassen nicht dazu verpflichtet sind, ihre Stimmentscheide zu begründen.178
Schnyder geht offensichtlich davon aus, dass die Formulierung des Art. 49a Abs. 2
BVV2 keinen Spielraum offen lässt für die Pensionskasse, ob sie ihre Stimmrechte
ausüben wird oder nicht. Schnyder sieht die Formulierung "die Regeln ..., die bei der
Ausübung ihrer Aktionärsrechte ..." als Ursprung und Begründung für die Pflicht der
Stimmrechtsausübung für Schweizer Pensionskassen. Für Schnyder schliesst die
Wortwahl des Begriffs "Ausübung" die Nichtausübung der Stimmrechte aus.
Die Frage nach der Auslegung von Art. 49a BVV2 wurde rechtlich noch nicht ab-
schliessend beantwortet. Schnyder steht jedoch mit ihrer Ansicht alleine da, wogegen
diverse andere Autoren von einer liberaleren Interpretation von Art. 49a BVV2 ausge-
176 vgl. hierzu Oligati, Kindler (2002), S. 1068
177 o.V. (2002b), S. 12
178 vgl. hierzu o.V. (2002b), S. 13
48
hen, die auch die Nichtausübung der Stimmrechte erlaubt.179 Diese Interpretation der
Ausübungspflicht birgt jedoch auch Gefahren. Denn vielen Pensionskassen ist die
Stimmrechtsausübung noch immer eine Last. Es besteht nun die Möglichkeit, dass vie-
le Pensionskassen ihre Reglemente derart ergänzen, dass sie die Stimmrechte gene-
rell nicht mehr ausüben, um Kosten und Aufwand zu sparen.
5.3.3 Implikationen aus dem Swiss Code of Best Practice
In den vergangenen Jahren wurden auch in der Schweiz Richtlinien erarbeitet, die es
den Unternehmen erleichtern sollten, eine gute und den Bedürfnissen der Anleger ent-
sprechende Corporate-Governance-Sturktur zu entwickeln. Diese Richtlinien sind von
Economiesuisse im Swiss Code of Best Practice zusammengefasst worden. Der Swiss
Code of Best Practice wendet sich im Sinne einer Empfehlung an die Teilnehmer am
Kapitalmarkt und hat keinen verbindlichen Charakter.180
In Zusammenhang mit dem Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen sind
vor allem die Empfehlungen im Abschnitt "I. Die Aktionäre" Punkt 1 von Interesse. Zum
einen wird in diesem Abschnitt betont, dass den Aktionären als eigentlichen Eigentü-
mern die letzte Entscheidung in der Gesellschaft zusteht. Wahrgenommen werden die
Aktionärsrechte an der Generalversammlung durch Stimmrechtsausübung und durch
das Traktandierungsrecht.181
Zum anderen wird von den institutionellen Anlegern, die im eigenen Namen Aktionärs-
rechte ausüben, erwartet, dass die an den Vermögenswerten wirtschaftlich Berechtig-
ten Einfluss darauf nehmen können, wie diese Aktionärsrechte wahrgenommen wer-
den.182 Für die Pensionskassen würde dies bedeuten, dass sie ihre Aktionärsrechte auf
jeden Fall wahrnehmen und gleichzeitig den Versicherten ermöglichen müssen, auf die
Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen. Dies könnte beispielsweise durch generelle
Abstimmungsrichtlinien geschehen, die in Zusammenarbeit mit den Versicherten erar-
beitet werden.
179 vgl. hierzu Olgiati, Kindler (2002), S. 1068, Schiller (2002), S. 37, Schnider (2002a), S. 1 und S. 20, Scherer, Am-
mann (2002), S. 31
180 vgl. hierzu Economiesuisse (2002), S. 4
181 vgl. hierzu Economiesuisse (2002), S. 6
182 vgl. hierzu Economiesuisse (2002), S. 6
49
5.4 Chronologie der Entwicklung
In einem chronologischen Zeitablauf präsentiert sich die Geschichte des schweizeri-
schen Shareholder Activism wie in Abbildung 7 dargestellt.
Abbildung 7: Chronologischer Zeitablauf des Shareholder Activism in der Schweiz
Quelle: Eigene Darstellung
5.5 Vergleich USA-Schweiz
Die Situation und die Diskussion um den Shareholder Activism von Pensionskassen in
den USA und der Schweiz ist von grundlegenden Unterschieden geprägt. Es soll in der
Folge auf einige dieser Unterschiede eingegangen werden, um das Verständnis für die
von den USA unterschiedliche Entwicklung in der Schweiz zu fördern. Zusätzlich wird
auch auf Gemeinsamkeiten und auf Lessons Learned hingewiesen, die der Diskussion
um Shareholder Activism in der Schweiz hilfreich sein könnten.
5.5.1 Unterschiede
5.5.1.1 Unterschiedliche Ziele und Ansätze der Diskussion
Der Hauptunterschied in der Diskussion um Shareholder Activism in der Schweiz und
den USA liegt im Ansatzpunkt. In den USA wird von einer rein ökonomischen Perspek-
tive ausgegangen. Es wird geforscht, inwiefern sich der Shareholder Activism durch
systematisch höhere Renditen im Aktienportfolio auf die Gesamtperformance der Pen-
sionskasse auswirkt. Die Resultate der Forschung sind dann auch hauptsächlich empi-
risch untersucht und in den verschiedenen ökonomischen Zeitschriften wie The Journal
50
of Finance, The Journal of Quantitative Analysis, The Journal of Economics oder The
Journal of Applied Corporate Finance publiziert. Ziel der amerikanischen Shareholder
Activism ist es, den Shareholder Value zu steigern.183
In der Schweiz wird der Shareholder Activism oftmals als moralische und ethische
Notwendigkeit interpretiert. Verständlicherweise ist die moralische und ethische Dis-
kussion um ein Vielfaches komplexer, bietet bedeutend mehr Emotionalisierungspoten-
tial und kann schwerlich empirisch getestet werden. Heinzelmann schreibt zu den Zie-len von institutionellen Anlegern und Pensionskassen in der Schweiz, welche sich als
Shareholder Activist engagieren: "Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Ethik
und Schutz der Umwelt als wichtige Ziele genannt werden."184 Minuz unterscheidet bei
der Frage nach der optimalen Corporate Governance für Pensionskassen ebenfalls
zwischen zwei antagonistischen Zielsystemen. Er sieht auf der einen Seite die Maxi-
mierung des Shareholdervalues und auf der anderen Seite die ethische, soziale und
ökologische Verpflichtung der Pensionskassen als Teil einer integrierten Sozialpoli-
tik.185
Ethik und soziale Themen spielen auch in den USA eine wichtige Rolle in der Diskus-sion um die richtige Corporate Governance der Unternehmen. Hauptaugenmerk bleibt
jedoch immer die Performance am Aktienmarkt, da davon ausgegangen wird, dass der
Aktienmarkt im Sinne des integrierten Shareholder-Value-Denkens auch ethische und
soziale Aspekte in die Preisfindung miteinbezieht.
Diese Unterscheidung der Ziele von Shareholder Activism in der Schweiz macht die
Frage nach der Legitimation und Wirksamkeit von Shareholder Activism nicht einfa-
cher. Durch die Trennung von ökonomischen, ethischen, sozialen und ökologischen
Zielen wird es zunehmend schwieriger, die Wirksamkeit von Shareholder Activism zu
messen. Die Erarbeitung von Gesetzen und Richtlinien für die Pensionskassen wird
ebenfalls schwieriger.
5.5.1.2 Unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Stand der Entwicklung
In der Schweiz und den USA gibt es unterschiedliche rechtliche Grundlagen. Zusam-
mengefasst können folgende wichtige Unterschiede identifiziert werden:
183 vgl. hierzu Spielberger (1998), S. 675
184 Heinzelmann (2002), Reuters
185 vgl. hierzu Minuz (1997), S. 4-5
51
In den USA ist die Stimmrechtsausübung bei inländischen und ausländischen Akti-
en obligatorisch für die Pensionskasse. In der Schweiz besteht für die Pensions-
kassen die Möglichkeit, eine Regelung in die Statuten aufzunehmen, dass sie die
Stimmrechte nicht ausüben müssen.186
In den USA ist im Rechtssystem mit den Shareholder Proposals ein Instrument
vorgesehen, das den Anlegern problemlos ermöglicht, an der Generalversammlung ihre Anliegen kundzutun.187 Ein solches Instrument existiert in der Schweiz nur in
stark eingeschränkter Form über das Traktandierungsrecht.
Aufgrund einer gesetzlichen Regelung sind Aktionäre in den USA, welche über
50% des Unternehmenskapitals halten, verpflichtet, allen anderen Aktionären ein
Übernahmeangebot zu unterbreiten. Dies führt dazu, dass in den USA bei Publi-
kumsgesellschaften sehr wenig Mehrheitsaktionäre existieren.188
In Bezug auf die Entwicklung kann festgehalten werden, dass sich die Schweiz im Ver-
gleich zu den USA noch in einem sehr frühen Stadium der Shareholder-Activism-
Entwicklung befindet. In der Schweiz wird heute diskutiert, was in den USA in den 80er
Jahren eingeführt wurde, nämlich die Pflicht zur Stimmrechtsausübung. Dies hängt
mitunter damit zusammen, dass die Pensionskassen in der Schweiz erst in den 90er
Jahren zu solch bedeutenden Aktionären geworden sind, wie sie es heute sind.189 Pe-
ter Lehner hielt in einem Interview fest, warum der Shareholder Activism für Schweizer
Pensionskassen bisher nur untergeordnete Priorität hatte. Er schreibt:
"Die Aktienanlage hat in der Schweizer Pensionskassenlandschaft noch nicht diese lange Tradition, wie in den angelsächsischen Pensionskassen. Man musste sich am Anfang auf das Wesentliche konzentrieren. Bei vielen Kassen war in letzter Zeit der Aufbau eines diversifizierten Portfolios das Hauptthema."190
Diese Aussage untermauert die Beobachtung, dass sich Schweizer Pensionskassen
aufgrund von knappen Ressourcen noch nicht ausführlich mit dem Thema Shareholder
Activism auseinandergesetzt haben, es aufgrund der höheren Aktienbestände aber tun
werden.
186 vgl. hierzu auch Kapitel 5.3.2.4 "Auslegung des Art. 49a BVV2"
187 vgl. hierzu auch Kapitel 1.2.2 "Shareholder Proposal"
188 vgl. hierzu Spielberger (1998), S. 677
189 vgl. hierzu auch Kapitel 5.1 "Anfänge in den 90er Jahren"
190 Schnider (1998), S. 706
52
5.5.1.3 Strukturelle Unterschiede
Der bedeutendste strukturelle Unterschied liegt in der Besitzstruktur der börsenkotier-
ten schweizerischen Gesellschaften. In den USA ist die Kontrolle der Unternehmen re-
lativ breit gestreut, wogegen in der Schweiz die Unternehmen von vergleichsweise we-
nigen Institutionen respektive Personen kontrolliert werden. In der Schweiz werden
beispielsweise mehr als die Hälfte aller börsenkotierten Unternehmen von Mehrheits-
aktionären beherrscht.191
Diese Besitzstruktur schränkt die Macht der Pensionskassen in der Schweiz entspre-
chend ein und macht eine Shareholder-Activism-Aktion deshalb bei solchen Gesell-
schaften überflüssig, da der Mehrheitsaktionär sowieso die Abstimmung dominieren
wird. Diese Gegebenheit schliesst jedoch die Möglichkeit des öffentlichen Shareholder
Activism für Schweizer Pensionskassen nicht aus, bei dem die Pensionskasse ihren
Unmut über negative Entwicklungen öffentlich kundtut und damit den Börsenkurs unter
Druck setzt.
5.5.2 Gemeinsamkeiten
5.5.2.1 Finanzierung der Pensionskasse
Eine wichtige Gemeinsamkeit lässt sich in der Finanzierung der Altersvorsorge identifi-
zieren. In der Schweiz wird die 2. Säule analog dem Pensionskassensystem in den
USA nach dem sogenannten Kapitaldeckungsverfahren finanziert. Frauenlob erklärt
das Kapitaldeckungsverfahren folgendermassen: "Bei diesem werden die Sparanteile
der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge bis zum Erreichen des Rentenalters in
Form von Deckungskapitalien der Pensionskasse zugeführt."192
Diese Finanzierungsform des Kapitaldeckungsverfahrens bildet die Grundlage für die
enorme Kapitalakkummulation der Pensionskassen in der Schweiz und den USA. Es
werden damit enorme Vermögensbestände in Form von sozialem Kapital angesam-
melt, die am Kapitalmarkt platziert werden müssen, damit sie eine risikogerechte Ren-
dite erwirtschaften.
Die Forderung von manchen Autoren nach Shareholder Activism liegt in dem Faktum
begründet, dass die enormen Pensionskassengelder soziales Kapital sind und deshalb
auch sozial verantwortungsbewusst verwaltet werden müssen. Diese transitive Bezie-
hung wird unter dem Begriff "Backdoor Socialism" zusammengefasst.193 Damit ist ge-
191 vgl. hierzu Spielberger (1998), S. 677
192 Frauenlob (1998), S. 60
193 vgl. hierzu o.V. (1995), S. 1
53
meint, dass über die Institution der Pensionskasse die Arbeiter selbst wieder Eigentü-
mer von beachtlichen Produktionsmitteln sind. An einer Konferenz der Wharton School
über Corporate Governance und Pensionskassen wurde diese Art der politisch moti-
vierten Einflussnahme als besonders problematisch bezeichnet, da sie nicht auf öko-
nomisch messbaren Renditen beruht sondern auf persönlichen Interessen.194
5.5.2.2 Shareholder Acitvism als Subsidiarität zu anderen Managementkon-trollmechanismen
Shareholder Activism wird in der Schweiz wie auch in den USA noch immer als ein zu
anderen Disziplinierungsmechanismen subisidiärer Kontrollmechanismus für das Man-
gement gesehen.195 Gründe dafür sind unter anderem die mangelnde empirische Evi-
denz der Wirksamkeit und die Brisanz in der Diskussion um politisch motivierte Ein-
flussnahme der institutionellen Aktionäre.
Shareholder Activism steht als Kontrollmechanismus in Konkurrenz respektive in Er-
gänzung zu anderen Kontrollmechanismen und unterscheidet sich massgeblich in der
Wirkungsintensität und im Zeithorizont.196 Der für die Pensionskassen und andere insti-
tutionelle Anleger gravierendste Nachteil von Shareholder Activism ist die Tatsache,
dass sie die Monitoring-Kosten privat tragen müssen, wobei der Nutzen sozial allen Ak-
tionären zugute kommt. Bei anderen Kontrollmechanismen werden die Kosten entwe-
der durch den Gesetzgeber den Unternehmen aufgebürdet, zum Beispiel bei der Revi-
sionsstelle, oder aber durch den Marktmechanismus ausgeglichen, zum Beispiel beim
Market for Corporate Control.
Dies führt dazu, dass Shareholder Activism nicht als dynamisches Disziplinierungsin-
strument wahrgenommen wird und deshalb erst angewendet wird, wenn alle anderen
Mechanismen versagen. Innerhalb der verschiedenen Kontrollmechanismen kommt
dem Shareholder Activism folglich nicht eine präventive Rolle zu, sondern eher eine
korrigierende, wenn bereits Fehler gemacht wurden.
5.5.3 Lessons Learned
Für eine weiterführende politische Auseinandersetzung mit dem Thema Shareholder
Activism von Schweizer Pensionskassen ist der Vergleich zwischen den USA und der
194 vgl. hierzu o.V. (1995), S. 1
195 vgl. hierzu Friedli (1998), S. 693 und Black (1992), S. 19
196 vgl. auch Kapitel 6 "Shareholder Activism von Pensionskassen als Substitut für den Market for Corporate Control"
54
Schweiz sehr hilfreich. Aus der Gegenüberstellung der beiden Länder Schweiz und
USA können folgende Punkte als wichtige Erkenntnis mitgenommen werden:
In der Schweiz kann die Diskussion nicht auf einer rein marktlichen Basis geführt
werden. Das heisst, man wird nicht nur der empirischen Frage nachgehen, ob Sha-
reholder Activism von Schweizer Pensionskassen einen Einfluss auf die Aktienper-
formance eines Unternehmens hat, sondern man wird auch eine ethisch, sozial und
ökologisch motivierte Diskussion führen müssen. Damit wird dem schweizerischen
Sozialgedanken Rechnung getragen, dass das Vorsorgekapital der 2. Säule sozia-
les Kapital der Bevölkerung darstellt.
Der Gesetzgeber wird sich Gedanken machen müssen, wie der Art. 49a BVV2 ge-
nau ausgelegt werden darf. Bei der aktuellen Diskussion werden von wichtigen
Persönlichkeiten divergierende Meinungen vertreten. Diese unterschiedliche Inter-
pretation kann möglicherweise durch eine erneute Stellungnahme des Bundesrates
oder durch ein allfälliges Bundesgerichtsurteil geklärt werden.
Weiter wird sich der Gesetzgeber damit beschäftigen müssen, inwiefern die Desti-
näre der Pensionskassen, also die Versicherten, Einfluss auf die Stimmrechtsaus-
übung der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung nehmen können. Ein möglicher Ansatz
wäre die Schaffung einer unabhängigen Drittstelle durch verschiedene Pensions-
kassen, welche Stimmrechtsempfehlungen an ihre Mitglieder abgibt. Ein bereits
existierendes Beispiel hierzu ist die Anlagestiftung Ethos.197
Die Pensionskassen agieren aufgrund des hohen finanziellen und personellen
Aufwandes von Shareholder Activism eher zurückhaltend, obwohl sie aus theoreti-
scher Sicht zum Monitoring geeignet sind. Es ist deshalb eine allgemeine Pflicht
zum Monitoring durch Pensionskassen zu prüfen, wie dies analog in den USA be-
reits implizit durch die treuhänderischen Pflichten im Gesetz inhärent ist. Vorgängig
wäre zu klären, ob die Einflussnahme durch Pensionskassen gesellschaftlich und
aufgrund von Finanzmarktüberlegungen wünschenswert ist.
Schlussendlich könnte der Gesetzgeber durch die Schaffung einer gesetzlichen
Grundlage für ein ähnliches Instrument wie die Shareholder Proposals in den USA
eine offenere Plattform für die Einflussnahme duch die Pensionskassen schaffen.
197 vgl. hierzu auch Kapitel 5.1 "Anfänge in den 90er Jahren"
55
6 SHAREHOLDE R ACTIVSM VON PENSIONS KASSEN
ALS SUBSTITUT FÜR DEN MARKET FOR COR-PORATE CONT ROL
In diesem Kapitel wird geklärt, ob Shareholder Activism von Pensionskassen als theo-
retisches und praktisches Substitut für den Market for Corporate Control bezeichnet
werden kann. Der Market for Corporate Control sowie der Shareholder Activism sind
Disziplinierungs- und Kontrollmechanismen, um die Eigennutzenmaximierung von Ma-
nagern soweit als möglich zu reduzieren.
6.1 Die moderne Unternehmensverfassung: Trennung von Eigentum und Management
Die moderne Aktiengesellschaft ermöglicht durch die Verdünnung der Property Rights
eine den Fähigkeiten der Akteure entsprechende personelle Funktionentrennung zwi-
schen Risikoübernahme durch die Aktionäre und der Übernahme der Leitung des Un-
ternehmens durch die Manager. Dies bringt massgebliche Effizienz- und Effektivitäts-
vorteile gegenüber anderen Finanzierungsformen wie beispielsweise der Eigentümer-
unternehmung oder der Genossenschaft.
Es gilt jedoch:
"Potentielle Kapitalgeber werden aber nur dann bereit sein, in Aktien zu in-vestieren, wenn die aus der Property-Rights-Verdünnung, insbesondere aus der personellen Trennung von Entscheidungs- und Eigentumsrechten resultierenden Principal-Agent-Probleme wirksam eingegrenzt werden kön-nen."198
6.2 Die vier Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung
Der diskretionäre Verhaltensspielraum des Managements einer Aktiengesellschaft wird
durch mehrere, häufig als Eigentumsurrogate199 bezeichnete Mechanismen einge-
grenzt. Jensen unterscheidet hierzu vier Kontrollmechanismen200:
the capital markets
the legal, political, and regulatory system
198 Picot, Dietl, Franck (1999), S. 248
199 vgl. hierzu Picot, Dietl, Franck (1999), S. 61, 157, 233, 236
200 Jensen (1993), S. 850
56
the internal control system
the product and factor markets
Auf den Kapitalmärkten wird das Management hauptsächlich durch die tägliche Preis-
findung an den Börsen, den Konditionen am Kreditmarkt und den Market for Corporate
Control201 diszipliniert.202
Das rechtliche, politische und regulatorische Umfeld diszipliniert das Management da-hingehend, dass gewisse Verhaltensweisen obligatorisch respektive verboten oder er-
wünscht respektive nicht erwünscht sind.203 Zu erwünschten und unerwünschten Ver-
haltensweisen sind in der jüngeren Vergangenheit mehrere Codes of Best Practice er-
schienen.
Unter internen Kontrollmechanismen werden Mechanismen verstanden, die durch die
interne Verfassung der Unternehmung zustande kommen.204 Es zählen vor allem er-
folgsabhängige Entlohnung, Unabhängigkeit des Verwaltungsrates und die interne Or-
ganisation sowie das Risk- und Quality-Management dazu. Die Disziplinierung über ei-
nen grossen Aktionär, wie es Pensionskassen sind, zählt Jensen auch zu den internen
Kontrollmechanismen. Aus seiner Argumentation lässt sich schliessen, dass institutio-nelle Anleger wie Pensionskassen einen ausreichenden Anreiz zur Konrolle haben,
über genügend Wissen verfügen und auch das nötige Instrumentarium zur Verfügung
haben.
Die Wettbewerbskräfte auf den Produkt- und Faktormärkten zwingen die Unterneh-
mungen aufgrund der Annahme der Konkurrenz zu effektiven und effizienten Verhal-
tensweisen und Produktionsmethoden. Ein Management wird somit diszipliniert, indem
es durch den Wettbewerbsdruck dazu angehalten wird, keine eigeninteressenmaximie-
rende Verhaltensweisen zu zeigen.205
Zusammenfassend können die Kräfte in Abbildung 8 dargestellt werden.
201 vgl. hierzu auch Kapitel 2.3 "Market for Corporate Control"
202 vgl. hierzu Haid (1997), S. 21
203 vgl. hierzu Haid (1997), S. 23
204 vgl. hierzu Haid (1997), S. 24
205 vgl. hierzu Haid (1997), S. 32
57
Abbildung 8: Die vier Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung
Quelle: Haid (1997), S. 22-23
6.3 Beziehungen zwischen den Kontrollkräften
Bis zum heutigen Datum gibt es wenige Untersuchungen, die die Zusammenhänge der
verschiedenen Kräfte genauer analysieren. Es lässt sich jedoch vermuten, dass die
einzelnen Kräfte jeweils in einem substitutionalen oder in einem komplementären Zu-
sammenhang stehen.
Shivdasani findet in seinen Studien empirische Evidenz für eine komplementäre Bezie-hung zwischen der Existenz von grossen Aktionären, institutionelle wie private, und ei-
nem aktiven Market for Corporate Control.206 Auch Agrawal und Knoeber schliessen
aufgrund ihrer Ergebnisse auf einen komplementären Zusammenhang.207 Diese Er-
gebnisse dürfen allerdings nicht ohne Anpassung auf den Zusammenhang zwischen
Shareholder Activism von Pensionskassen und dem Market for Corporate Control
übertragen werden.
Es erstaunt intuitiv nicht, dass ein aktiver Market for Coporate Control in komplementä-
rem Zusammenhang mit grossen Aktionären steht. Bedarf doch der Market for Corpo-
rate Control per Definition einer Stimmenmehrheit, die meistens auch eine Kapital-
mehrheit bedeutet. Ein weiterer Grund für einen solchen komplementären Zusammen-
206 vgl. hierzu Shivdasani (1993), S. 167-198
207 vgl. hierzu Agrawal, Knoeber (1998), S. 219-239
58
hang ist die Gesetzgebung in den USA. In den USA wird der Market for Corporate
Control durch grosse Pensionskassen ungewollt gefördert. Bekommt nämlich eine
Pensionskasse von einem Aufkäufer ein Übernahmeangebot für Aktien in ihrem Portfo-
lio, und wird ein Preis nur leicht über dem Börsenkurs geboten, muss die Pensionskas-
se verkaufen. Dies resultiert aus den treuhänderischen Pflichten der Pensionskasse.
Denn nehmen sie die Übernahmeofferte nicht an und wirft das Aktienpaket Monate
später weniger ab als der Aufkäufer offeriert hat, riskieren sie eine Klage wegen Verlet-
zung der treuhänderischen Pflichten.208
Es wäre aufgrund der Literatur eher zu erwarten, dass Shareholder Activism von Pen-
sionskassen und grossen Aktionären als Substitut für einen nicht funktionierenden re-
spektive gehemmten Market for Corporate Control wirken sollte. Diese Untersuchung
wurde jedoch so noch nie empirisch durchgeführt. Es wird lediglich von der Wirksam-
keit von Shareholder Activism darauf geschlossen, ob Shareholder Activism als Substi-
tut vom Market for Corporate Control gilt.209
In vielen Studien wird im historischen Abriss darauf hingewiesen, dass Shareholder Ac-
tivism in den USA unter anderem wegen eines unterbundenen Market for Corporate Control stark an Bedeutung gewonnen hat.210 Admati, Pfleiderer und Zechner schrei-
ben in ihrem Paper über den Market for Corporate Control: "... for various reasons ta-
keovers have become more difficult and less common, and this has decreased the de-
gree to which improvements can be brought about through this mechanism"211 Wahal
schlussfolgert: "The involvement of large institutions in shareholder activism has been
... viewed as a natural response to the decline in the market for corporate control in the
1990s."212 Diese Argumentation lässt ein substitutionales Verhältnis erwarten.
Der Market for Corporate Control bezweckt generell das Gleiche wie der Shareholder
Activism. Walsh und Kosnik schreiben dazu: "Takeovers are seen as a disciplinary me-
chanism for management teams who engage in opportunistic and ineffective behav-ior."213 In seiner Wirkung ist der Market for Corporate Control in Bezug auf die Zusam-
mensetzung des Management intensiver als der Shareholder Activism. Wird beim Sha-
208 vgl. hierzu Hug (1992), S. 144
209 vgl. hierzu Wahal (1996), S. 1
210 vgl. hierzu Kaptiel 4.1.3 "Strukturelle Ursachen"
211 Admati, Pfleiderer, Zechner (1994), S. 1099
212 Wahal (1996), S. 1
213 Walsh, Kosnik (1993), S. 672
59
reholder Activism auf das Management und die Geschäftspolitik Einfluss genommen,
kommt es bei einer unfreundlichen Unternehmensübernahme meistens zu personellen
Konsequenzen. Dies sind tiefere Einschnitte in die Organisation einer Unternehmung.
Vor diesem Hintergrund lässt sich Shareholder Activism durchaus als theoretisches
Substitut zum Market for Corporate Control bezeichnen. Ob Shareholder Acitvism al-
lerdings wirksamer, gleich wirksam oder weniger wirksam ist als der Market for Corpo-
rate Control, lässt sich nicht abschliessend beantworten.214
Aus praktischer Sicht gibt es Stimmen, die die Effektivität von beiden Disziplinierungs-
mechanismen anzweifeln oder unterstützen.215 Es kann somit unterstützendes Material
für die These gefunden werden, dass Shareholder Activism als praktisches Substitut
für einen nicht funktionierenden Market for Corporate Control bezeichnet werden kann
und als subsidiärer Disziplinierungsmechanismus wirkt, wenn der Market for Corporate
Conrol durch die Unternehmen gehemmt wird.
Zusammenfassend können die Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung nach ih-
rer Wirkungsintensität und ihrem Zeitbezug in Abbildung 9 dargestell werden.
Abbildung 9: Hierarchie der Kontrollkräfte der Managementdisziplinierung
Quelle: Eigene Darstellung
6.4 Von einem markt- und transaktionsbasierten zu einem politischen Corporate-Governance-Modell
In einem mehrheitlich markt- und transaktionsbasierten Corporate-Governance-Modell
werden die zur Individualnutzenmaximierung neigenden Manager von Unternehmen
durch die Institution des Marktes diszipliniert. Es sind in diesem Fall die in Abbildung 8
214 vgl. hierzu auch Kaptiel 4.2 "Nutzen und Einfluss von Shareholder Activism"
215 vgl. hierzu auch Kapitel 4.2 "Nutzen und Einfluss von Shareholder Activism" und Walsh, Kosnik (1993), S. 691-696
60
erwähnten Kräfte der Capital Markets und der Product and Factor Markets aktiv. Dies
würde bedeuten, dass zur Aufrechterhaltung einer guten Corporate Governance
hauptsächlich die Funktionsmechanismen des Marktes für Risikokapital und des Mar-
ket for Corporate Control aufrecht erhalten werden müsste.
Pound charakterisiert nun den Shareholder Activism als eine Entwicklung weg vom
markt- und transaktionsbasierten Corporate-Governance-System hin zu einem politi-
schen Corporate-Governance-Modell. Das heisst, es findet eine Verschiebung von den oben erwähnten Kräften zu den in Abbildung 8 ebenfalls dargestellten Kräften des Le-
gal, Political and Regulatory System und den Kräften des Internal Control System statt.
Pound geht davon aus, dass das politische Modell dem markt- und transaktionsbasier-
ten Modell überlegen ist, da im politischen Modell spezifisch auf Probleme und Fehler
der Corporate Governance von bestimmten Unternehmen eingegangen werden
kann.216 Im politischen Modell werden im Gegensatz zum markt- und transaktionsba-
sierten Modell den institutionellen Anlegern als aktive Teilnehmer am Markt Monitoring-
Aufgaben übertragen. Dies kann beispielsweise durch Anreiz schaffende Gesetzge-
bung geschehen, wie es auch Black fordert.217
Trotz dem bekannten Free-Rider-Problem schlussfolgert Black: "According to the new
'political' theory, institutional investors could overcome the incentives for passivity that
arise because each holds a fraction of the shares in any one firm. They could become
influential shareholders and monitor corporate managers."218 Black argumentiert in sei-
nem Paper, dass professionelle Portfoliomanager das Monitoring des Managements
von Unternehmen besser wahrnehmen können als andere Marktteilnehmer. Er zeigt
weiter auf, dass institutionelle Anleger weniger Interessenkonflikten ausgesetzt sind als
das Management von anderen Unternehmen. Sie seien daher besser geeignet, als
Monitore aufzutreten. Von der ökonomischen Seite sprechen Economies of Scale in
den Monitoring-Aktivitäten für eine aktivere Rolle der institutionellen Anleger. Aus die-
sen Gründen fordert er eine genauere gesetzliche Grundlage, die institutionelle Anle-
ger ermuntert oder gar zum Shareholder Activism verpflichtet.219 Sollte die heute zu-
rückhaltende Haltung des Gesetzgebers ändern, prognostiziert Black: "The institutions
216 vgl. hierzu Pound (1992), o.S.
217 vgl. hierzu Black (1992), S. 19-24
218 Black (1992), S. 19
219 vgl. hierzu Black (1992), S. 19-24
61
would surely do more monitoring if legal rules changed; perhaps they would do much
more."220
Dieser Argumentation folgend sollte das markt- und transaktionsbasierte Modell auf-
grund seiner Unterlegenheit durch ein politisches Corporate Governance-Modell substi-
tuiert werden. Wobei dies nicht durch einen Marktmechanismus erfolgen wird, sondern
durch gesetzliche und regulatorische Grundlagen geschehen muss. Dies spricht für ein
substitutionales Verhältnis zwischen dem Market for Corporate Control und dem Sha-reholder Activism.
220 Black (1992), S. 24
62
7 SHAREHOLDE R ACTIVISM VON SCHWEIZER PENSI-
ONSKASSEN: E INE AKT UELLE UMFRAGE
In diesem Teil werden die Ergebnisse einer vom Autor eigens für diese Diplomarbeit
durchgeführten Umfrage wiedergegeben. Es soll ein realistisches und zeitgemässes
Bild des Schweizer Shareholder Activism gezeichnet werden. Befragt wurde eine nicht
repräsentative Auswahl an Pensionskassen221, welche aufgrund von ihrer Grösse und
der Erreichbarkeit der verantwortlichen Personen erstellt wurde. Selbst wenn nicht sta-tistisch signifikant, lässt sich trotzdem eine Aussage über die aktuelle Stimmung und
die Entwicklungstendenzen in der Schweizer Pensionskassenlandschaft abschätzen.
7.1 Einleitung
Die zur Auswahl stehenden Pensionskassen wurden zuerst mit dem Brief, der im An-
hang abgedruckt ist, kontaktiert und nach ihrer Bereitschaft gefragt, ob sie an einem
solchen Interview teilnehmen wollen. Im Anschluss wurde mit zwei Pensionskassen,
wovon eine privat und eine öffentlich organisiert ist, und einer privaten Anlagestiftung
ein Interview durchgeführt. Die Leitfragen des Interviews sind ebenfalls im Anhang ab-
gedruckt. Die befragten Institutionen verwalten zusammen rund CHF 31 Milliarden.
7.2 Resultate, Erkenntnis
Die Erkenntnisse aus der Studie von Minuz222 entsprechen zu einem grossen Teil noch
immer der Realität und decken sich mit den Resultaten dieser Umfrage. Die interview-
ten Pensionskassen verhalten sich ohne Ausnahme passiv und kennen den Sharehol-
der Activism nach amerikanischem Vorbild nicht. Die Stimmrechtsausübung wird je-
doch vermehrt als wichtig wahrgenommen und als Pflicht in die Statuten integriert.
Bei schlechter Performance einer Unternehmung oder Unzufriedenheit mit dem Mana-
gement wird ausnahmslos die Exit-Option gewählt. Es gab noch keine Shareholder-
Activism-Aktion im engeren Sinne. Bei indexierten Portfolios wird nicht wie erwartet die
Voice-Option sondern immer die Loyality-Option gewählt, da die Voice-Option zu teuer
ist und die Exit-Option bei indexierten Portfolios nicht zur Verfügung steht.
Die Frage, ob die Veröffentlichung von Shareholder-Activism-Aktionen, das sogenann-
te Public Targeting, nutzenstiftend wäre, beantworteten alle Interviewpartner mit nein.
221 Die Namen der Interviewpartner sind im Anhang abgedruckt.
222 vgl. hierzu Minuz (1997), S. 5 und auch Kapitel 5.2.2 "Abstimmverhalten von Schweizer Pensionskassen"
63
Begründet wurde dies mit den Interessenkonflikten, welche in der Schweiz wegen ver-
flochtenen Strukturen leicht auftreten können.
Eine Stimmrechtsbündelung kommt aufgrund von Interessenkonflikten für keine Pensi-
onskasse in Frage. Jedoch würde eine unabhängige Drittstelle, die nach bestimmten
Abstimmungsrichtlinen Stimmrechtsempehlungen erarbeiten würde, begrüsst. Die
zentrale Frage nach der Finanzierung einer solchen Drittstelle ist hier allerdings das
kritische Argument. Von zwei Interviewpartnern wurde explizit die Stiftung Verhaltens-kodex in der beruflichen Vorsorge223 als mögliche Drittstelle angegeben, die das Po-
tenzial besitze, die Stimmkraft der Pensionskassen zu bündeln.
Die eigentliche Stimmrechtsausübung wurde bei allen drei Interviewpartner als sehr
wichtig und prioritär eingeordnet. In der Stimmrechtsausübung fand eine bedeutende
Entwicklung hin zum Bekenntnis der bewussten Ausübung statt. Es existiert in allen
Statuten ein entsprechender Artikel, der die Pensionskasse dazu anhält, die Stimm-
rechte wahrzunehmen. Bei kritischen Entscheiden wird der Stiftungsrat um seine Mei-
nung gebeten. Von einer Pensionskasse wurde der Art. 49a Abs. 2 BVV2 als Pflicht zur
Stimmrechtsausübung interpretiert.
Die Pensionskassen halten sich selber nicht für geeignet, als Kontrollmechanismus für
das Management zu fungieren. Begründet wurde dies mit dem mangelnden Wissen um
die Strategieformulierung für Unternehmungen und mit dem erhöhten finanziellen Auf-
wand für eine Pensionskasse.
Schweizer Aktien werden bei der Ausübung der Stimmrechte gesondert von den aus-
ländischen Aktien behandelt. Begründet wurde dies mit der vereinfachten Kommunika-
tion mit Schweizer Firmen.
7.3 Formen der Zukunft
Alle drei Interviewpartner erwarten in der Zukunft keine weiteren Schritte des Gesetz-
gebers in Richtung einer generellen Pflicht zum Monitoring oder zum Shareholder Acti-
vism. Sie gehen davon aus, dass der aktuellen Unterdeckung von einigen Pensions-
kassen erhöhte Aufmerksamkeit gebührt und deswegen der Shareholder Activism in
den Hintergrund tritt. Es wurde argumentiert, dass der Shareholder Activism "nice to
have, but costly" sei. Eine Pensionskasse erwartet, dass die nächste Gesetzesände-
rung eher in der Abschaffung des Depotstimmrechts für Banken liege, was den Pensi-
onskassen als grosse Anleger entsprechend mehr Gewicht geben würde.
223 Stiftung Verhaltenskodex in der beruflichen Vorsorge, unter: www.verhaltenskodex.ch
64
8 SCHLUSSFOLGERUNGEN
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Shareholder Activism aus wissenschaft-
licher Sicht zur Corporate Governance eines Landes gehört. Aus der Theorie lässt sich
ableiten, dass Shareholder Activism zu den Kontrollmechanismen gehört, die das Ma-
nagement in seinen diskretionären Verhaltenspielräumen disziplinieren können. Ferner
kann aufgrund der Theorie vermutet werden, dass sich Pensionskassen als Monitore
für das Management einer Unternehmung gut eignen.
Die Wirksamkeit von Shareholder Activism konnte in der Praxis noch nicht schlüssig
nachgewiesen werden. Trotzdem gibt es diverse amerikanische Pensionskassen, die
als Exponenten des Shareholder Activism für dessen Wirksamkeit werben. Fakt ist,
dass die institutionellen Anleger und insbesondere die Pensionskassen in der Praxis
ein grosses Gewicht an den Börsen haben. Sie vereinen nicht selten eine Mehrheit
oder eine bedeutende Minderheit des Stimmenpotentials einer Unternehmung auf sich.
In der Praxis wird deutlich, dass kein Kontrollmechanismus ohne Transaktionskosten
funktionieren kann und für die durchführende Institution immer hohe Kosten verursacht.
Werden solche Kosten durch Gesetzte den Pensionskassen aufgebürdet, ist es wahr-
scheinlich, dass sie aktiv werden. Ist die Gesetzgebung aber wie in der Schweiz zu-
rückhaltend, betätigen sich die Pensionskassen nicht als Monitore für das Management
von Unternehmungen, da sie die Kosten des Monitoring nicht tragen wollen. "Institutio-
nelle Anleger üben Stimmrechte nur dann aus, wenn die positiven Anreize die negati-
ven überwiegen, insbesondere die zu erwartenden Erträge die entstehenden Kos-
ten."224 Es sei an dieser Stelle ebenfalls auf das Free-Rider-Problem des Monitoring
verwiesen.
In der Schweiz kann eine Entwicklung, wie sie in den USA seit den frühen 80er Jahren
stattgefunden hat, nicht beobachtet werden. In der Schweiz spielen Pensionskassen
erst seit den späten 90er Jahren eine bedeutende Rolle als Anleger in Aktien, da die
Anlagerichtlinien für Pensionskassengelder erst spät gelockert wurden. Dies stützt die
These, dass sich der Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen erst am
Anfang seiner Entwicklung befindet.
Aus den Interviews und der Fachliteratur geht hervor, dass sich Pensionskassen in der
Schweiz noch immer weitgehend passiv verhalten. Hug beschreibt einen möglichen Grund:
224 Fraune (1996), S.116
65
"Ein wichtiger Grund für das bisher im allgemeinen passive Verhalten vieler Pensionskassenverwalter an Generalversammlungen dürfte zudem auch darin liegen, dass sich diese in erster Linie als Investoren und nicht als "Ei-gentümer" sehen. Sie ziehen somit den Verkauf der ihrer Rendite - oder sonstigen Vorstellungen nicht entsprechenden Aktien in ihrem Portefeuilles der direkten Einflussnahme vor."225
Ein weiterer Grund ist darin zu sehen, dass aufgrund der schlechten Börsenjahre 2000-
2002 viele Pensionskassen, die in den späten 90er Jahren in Aktien investiert haben,
ein Problem mit der Deckung der Pensionskassenverpflichtungen haben. Dies führt
dazu, dass der Shareholder Activism auf der Prioritätenliste der Pensionskassen nach
hinten gerutscht ist.
Nicht zuletzt sind Interessenkonflikte eine immerwährende Hemmung der unabhängi-
gen und marktlichen Kontrolle über das Management einer Unternehmung. Dies führt dazu, dass Schweizer Pensionskassen sich nicht als aktive Shareholder betätigen wol-
len, da sie negative Auswirkungen auf den Geschäftsgang des Unternehmens fürch-
ten, dessen Vorsorgegelder sie verwalten.
Als mögliche Entwicklungen und Erwartungen in der Zukunft des Shareholder Activism
von Schweizer Pensionskassen lassen sich folgende Punkte festhalten:
Der Gesetzgeber wird klären müssen, ob Art. 49a Abs. 2 BVV2 eine Pflicht beinhal-
tet oder nicht. Zusätzlich müssten die Auswirkungen dieses neuen Artikels erforscht
werden. Bollier geht beispielsweise davon aus, dass sich der Artikel kontraproduk-
tiv auswirken kann, sollte es den Pensionskassen erlaubt sein, ihre Stimmrechte
weiterhin nicht auszuüben.226
Es ist die Möglichkeit einer unabhängigen Drittstelle zu prüfen, die Stimmrechts-
empfehlungen für Pensionskassen erarbeitet. Es handelt sich somit um ein Out-
sourcing der Entscheidungsfindung. Weiter wäre es denkbar, dass es Schweizer
Pensionskassen den amerikanischen gleich tun und eine Institution wie der Council
of Institutional Investors schaffen, um für ihre Interessen bei der Regierung und bei
den Unternehmungen zu lobbieren.
Die Erwartung liegt nahe, dass sich Schweizer Pensionskassen auch in Zukunft
keinen öffentlichen Shareholder Activism betreiben werden. Die Beziehungen unter den Gesellschaften und die möglichen Interessenkonflikte halten die Schweizer
Pensionskassen davon ab, ihre Meinungen und Unzufriedenheit öffentlich kundzu-
tun.
225 vgl. hierzu Hug (1992), S. 206
226 vgl. hierzu Bollier (2001), Reuters
66
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74
ANHANG
Verzeichnis der Interviewpartner
Institution Name Funktion Adresse Anlagestiftung Win-
terthur AWi
Alfred Christen Geschäftsführer Postfach 809
8402 Winterthur
Beamtenversiche-
rungskasse Zürich
BVK
Daniel Gloor Chef Vermögens-
verwaltung
Gallusstrasse 4
8090 Zürich
Migros-
Pensionskasse MPK
Thomas Hohl Geschäftsleiter Bachmattstrasse 59
8048 Zürich
Brief an die Pensionskassen
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich schreibe an der Universität Zürich meine Diplomarbeit zum Thema "Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen". Es geht in dieser Diplomarbeit um die theo-retische Beleuchtung des Ursprungs des Aktionärs-Aktivismus in Amerika und um die Situation in der Schweiz. Als praktischen Teil dieser Diplomarbeit werde ich Interviews mit verantwortlichen Per-sonen, Geschäftsführern oder Stiftungsräten von Schweizer Pensionskassen durchfüh-ren, um die aktuelle Lage und die Entwicklungen in der Zukunft genauer zu ergründen. Ein solches Interview dauert rund eine Stunde und müsste Mitte Januar 2003 durchge-führt werden können (Abgabetermin der Diplomarbeit ist am 20. Februar 2003). Ich würde gerne mit einem Verantwortlichen über Themenbereiche wie Aktienstimmrechte, Art. 49a BVV2, Aufwand und Nutzen von Shareholder Activism, Organisationsstruktu-ren, Stimmrechts-Pooling etc. sprechen. Selbstverständlich werde ich zwei Wochen vor dem Interview einen detaillierten Fragebogen erstellen, damit sich der Interviewpartner darauf vorbereiten kann. Ich wäre Ihnen an dieser Stelle sehr verbunden, wenn Sie dieses Email an eine ver-antwortliche und sachkundige Person weiterleiten könnten, die sich für ein solches In-terview zur Verfügung stellen würde. Für Fragen und vor allem für ein positives Feedback können Sie mir gerne ein Email schreiben oder mich direkt telefonisch anrufen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir bis zu Weihnachten Bescheid geben könnten. Für Ihre entgegenkommenden Bemühungen danke ich Ihnen im Voraus bestens und freue mich auf Ihr Email oder Ihren Anruf. Mit freundlichen Grüssen
75
Hannes Schobinger [email protected] +41 (0)76 370 16 96
Fragebogen
Fragebogen zum Interview "Shareholder Activism von Schweizer Pensionskassen"
Im Zusammenhang mit meiner Diplomarbeit an der Uni Zürich würde ich mit Ihnen ger-
ne über folgende Themenbereiche reden:
Fragen zum Interviewpartner und zur Pensionskasse
Funktion?
Grösse der verwalteten Vermögen der Pensionskasse?
Allgemeine Fragen
Wie ist Art. 49a BVV2 in den Statuten der Pensionskasse geregelt?
Übt die Pensionskasse die Stimmrechte regelmässig und systematisch aus? Wieso?
Werden Schweizer Aktien systematisch von ausländischen Aktien getrennt behandelt,
wenn es um Shareholder Activism geht?
"Stimmrechte besitzen einen ökonomischen Wert, darum müssen sie ausgeübt wer-
den." Was halten sie von dieser Behauptung?
Fragen zur internen Organisation
Wie ist die PK intern organisiert, wenn es um Shareholder Activism geht? Wer ist ver-
antwortlich für die Stimmrechtsausübung?
Gibt es interne Anreizstrukturen für die Pensionskassenleitung, die Stimmrechte aus-
zuüben?
Was wird bei schlechter Performance eines Investments oder offensichtlichem Miss-
management unternommen? (Verkaufen, Handlungsempfehlung, gar nichts; exit, voi-
ce, loyality)
Sind die Vermögen der Pensionskasse indexiert oder aktiv angelegt?
76
Fragen zur Zusammenarbeit mit anderen Pensionskassen
Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den Pensionskassen zwecks Stimmrechts-
Pooling?
Kommen Mehrheiten an der Generalversammlung zusammen, wenn mit anderen Pen-
sionskassen zusammen gearbeitet wird?
Was halten sie von der Anlagestiftung Ethos resp. einer unabhängigen Drittstelle, die
Stimmrechtsempfehlungen abgibt?
Fragen zu Shareholder-Activism-Aktionen
Was halten sie allgemein von der Einflussnahme von institutionellen Anlegern auf die Unternehmensverfassung und die -politik ihrer Investments?
Wenn Einfluss genommen wird, auf was wird Einfluss genommen (Zusammensetzung
des VR, Statuten, Corporate Governance, ethische, soziale Themen)?
Wird die Pensionskasse bei grossen Entscheiden der Firmen in die Entscheidungsfin-
dung miteinbezogen?
Kritische Frage: Haben Pensionskassen überhaupt das nötige Wissen, um die Corpo-
rate Governance ihrer Investments zu überwachen?
Werden Shareholder Activism-Aktionen der Pensionskasse öffentlich gemacht?
Fragen zur Zukunft
Wie wird sich der Gesetzgeber in Zukunft verhalten?
Wird es eine Pflicht zur Stimmrechtsausübung geben? Wenn ja, ist das wünschens-
wert?