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Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

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Page 1: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

LERNBEREICH 2

Unterstuumltzung alter Menschen bei der Lebensgestaltung

LF 21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen

Handeln beruumlcksichtigen 618

LF 22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

LF 23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten

unterstuumltzen 718

LERNBEREICH 3

Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit

LF 31 Institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen beim altenpflegerischen

Handeln beruumlcksichtigen 758

LF 32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

LERNBEREICH 4

Altenpflege als Beruf

LF 41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

LF 42 Lernen lernen 882

LF 43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

LF 44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

2

3

4

1

Foto

Wer

ner K

ruumlpe

r T

hiem

e

THIEMEs AltenpflegeinLernfeldern

1200 Abbildungen

3aktualisierteAuflage

GeorgThiemeVerlagStuttgartNewYork

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografiedetailliertebibliografischeDatensindimInternetuumlberhttpdnbd-nbdeabrufbar

Wichtiger HinweisWiejedeWissenschaftistdieMedizinstaumlndigenEntwicklun-genunterworfenForschungundklinischeErfahrungerweiternunsereErkennt-nisseinsbesonderewasBehandlungundmedikamentoumlseTherapieanbelangtSo-weitindiesemWerkeineDosierungodereineApplikationerwaumlhntwirddarfderLeserzwardaraufvertrauendassAutorenHerausgeberundVerlaggroszligeSorgfaltdaraufverwandthabendassdieseAngabedem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entsprichtFuumlr Angaben uumlber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vomVerlag jedochkeineGewaumlhruumlbernommenwerden Jeder Benutzer ist angehal-tendurchsorgfaumlltigePruumlfungderBeipackzettelderverwendetenPraumlparateundgegebenenfallsnachKonsultationeinesSpezialistenfestzustellenobdiedortge-gebeneEmpfehlungfuumlrDosierungenoderdieBeachtungvonKontraindikationengegenuumlberderAngabeindiesemBuchabweichtEinesolchePruumlfungistbesonderswichtigbeiseltenverwendetenPraumlparatenodersolchendieneuaufdenMarktgebrachtwordensindJede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des BenutzersAutorenundVerlagappellierenanjedenBenutzerihmetwaauf-fallendeUngenauigkeitendemVerlagmitzuteilen

WirbittenumVerstaumlndnisdassausGruumlndenderLesbarkeitimBuchdiemaumlnn-lichenFormenzBPatientSchuumllerLehrerverwendetwerdenNatuumlrlichistunsbewusst dass die Pflege uumlberwiegend ein Frauenberuf ist ndash die Gleichberechti-gung der Frau ist jedoch selbstverstaumlndlich Grundlage der Konzeption und desMenschenbildessodasseineDopplungderBegriffeunnoumltigerscheint

DieVerantwortungfuumlrdieFilmeliegtbeimVerlagBittewendensiesichbeiFra-genandiePflegeredaktion

GeschuumltzteWarennamen(Warenzeichen)werdennicht besonderskenntlichge-machtAusdemFehleneinessolchenHinweiseskannalsonichtgeschlossenwer-dendassessichumeinenfreienWarennamenhandeltDas Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt JedeVerwertung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdesVerlagesunzulaumlssigundstrafbarDasgiltinsbesonderefuumlrVer-vielfaumlltigungenUumlbersetzungenMikroverfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen

1Auflage20082Auflage2012

copy2018GeorgThiemeVerlagKGRuumldigerstraszlige14Dndash70469StuttgartUnsereHomepagehttpwwwthiemede

PrintedinGermany

Fotografien

WernerKruumlperBielefeldRomanStoumlpplerGerlingenAlexanderFischerBadenBadenPflegefotoarchivThiemeVerlagsgruppe

Grafiken (Neuzeichnungen)

AngelikaBraunerHohenpeiszligenbergHelmutHoltermannDannenbergMitUumlbernahmenausSchuumlnkeMSchulteESchumacherUPrometheusLernAtlasderAnatomieIllustrationenvonMVollundKWeskerStuttgartThieme

Gestaltung und Layout

TinaHinkelStuttgart

UmschlaggestaltungThiemeVerlagsgruppeUmschlagillustrationSeinabDanboosMuumlnsterSatzL42AGBerlinSatzsystemAdobeIndesignCS6DruckAprintaDruckGmbHWemding

DOI101055b-004-140660

ISBN978-3-13-240270-6 123456

AucherhaumlltlichalsE-BookeISBN(PDF)978-3-13-240271-3

AlsAusgangsbasisdiesesBuchesdientenfolgendeWerke

AndreaeSHayekDWenigerJKrankheitslehre3AuflStuttgartThieme2011CharlierSHrsgSozialeGerontologie2AuflStuttgartThieme2010EkertBEkertCPsychologiefuumlrPflegeberufeStuttgartThieme2005HellWAllesWissenswerteuumlberStaatBuumlrgerRecht5Aufl StuttgartThieme2007KoumltherIHrsgAltenpflege3AuflStuttgartThieme2011KellnhauserEetalHrsgTHIEMEsPflege11AuflStuttgartThieme2009LauberAHrsgGrundlagenberuflicherPflege2AuflStuttgartThieme2007LauberASchmalstiegPHrsgWahrnehmenundBeobachten2AuflStuttgartThieme2007Lauber A Schmalstieg P Hrsg Praumlvention und Rehabilitation 2 Aufl StuttgartThieme2007Perrar KM et al Gerontopsychiatrie fuumlr Pflegeberufe 2 Aufl Stuttgart Thieme2011

V

VorwortLiebeLeserinnenliebeLeser

wie lernt es sich am besten ndash Die Antwort lautet strukturiert konzentriert und motiviert

Mit unserem ALF (bdquoAltenpflege in Lernfeldernldquo) uumlbersetzenwirdieseseinfacheErfolgsrezeptindieLernpraxisDieInhal-te von 3 Jahren Ausbildung (immerhin 4600 Stunden Theo-rieundPraxis)wollenwohldosiertgelerntwerdenWersichschon einmal auf eine groszlige Pruumlfung vorbereitet hat weiszligwiebeeindruckendwennnichtgarfurchteinfloumlszligenddieFuumll-ledesLernstoffswirkenkann

DieLoumlsungdiesesBuchesberuhtaufdreiStrategien1 klareStrkturen2 KonzentrationaufdasWichtigsteund3 dasLernensoangenehmundeinfachwiemoumlglichgestalten

Klare Strukturen

Neue Inhalte erschlieszligt man sich am besten wenn man zu-naumlchst einen groben Uumlberblick uumlber die Hauptbereiche ge-winntDannnaumlhertmansichdengroszligenThemendieserBe-reicheDiesegroszligenThemenwerdendannnochmalsinUnter-themenaufgeteiltbismaneinenUumlberblickuumlberdieeinzelnenkleinenThemenhatDaheristdiesesBuchaufgeteilt1 in4groszligeLernbereiche (sieentsprechenden4Lernberei-

chenderAusbildungs-undPruumlfungsverordnung)2 jederLernbereichwirdwiederumin14Unterbereicheauf-

geteilt(sieentsprechenden14Lernfeldern)3 jedesLernfeldwirdinUnterthemenunterteilt(ca700)

DamitwirddieriesigeInhaltsfuumlllederAusbildunginverdauli-cheHappenportioniertDerkleinsteLernhappenisteineSeitelangundsomitschnelluumlberschaubar

Konzentration auf das Wichtigste

WennSieindenUrlaubfliegenmoumlchtenbeschaumlftigtSiebeimEinchecken zunaumlchst mehr die Frage nach der Platzwahl alsdienachderOrganisationderFlugsicherungSietrennendasWichtigevomgroszligenGanzenDashabenwirfuumlrSiemitdie-semBuchgetanWirhabenvonallenThemennurdiewich-tigstenInhalteindiesemBuchaufgenommenDasheiszligtnichtdassdieanderenInhalteunwichtigsindesheiszligtnurdasswirden inhaltlichenKerngetrennthabenvonderFuumlllederwei-teren InformationendrumherumDenndasZiel istes ja zu-naumlchsteinensolidenUumlberblickzugewinnen

Das Lernen so angenehm und einfach wie moumlglich gestaltenJederweiszligwiemotivierendesistdasZielzumGreifennahzusehenundErfolgereihenweiseabhakenzukoumlnnenDieca700Themenwerdendaher imSeitenkonzeptbehandeltDiekleinsten Themen werden auf einer Seite vermittelt JedesThemabeginntaufeinerneuenSeitejedesThemaendetun-tenaufderSeiteundwirddurcheinenStopperbullmarkiert

SomithabenSienichtnurdeninhaltlichensondernauchdenvisuellenUumlberblickInkleinenSchrittennaumlhernSiesichdemZielamsicherstenGrafikenerklaumlrenaufvisuelleWeisekom-plexeSachverhalteFotosnehmenSiemit indiePraxisHer-vorhebungeninderMarginalspaltezeigenIhnen

B BeispieleausderPflegepraxis

DDefinitionenwichtigerBegriffe

MSachverhaltedieSiesichmerkensollten

PTippsfuumlrdiePraxis

IInfosuumlberweiterfuumlhrendeLiteraturundInternetadres-sen

Umfangreiche Querverweise zeigen Ihnen wo Sie innerhalbdesBuchesZusaumltzlicheszumThemafindenEinsehrdetaillier-tesSachverzeichniszeigtIhnendenWegzudengewuumlnschtenInhalten

AufdieseArtgelingtessichsaumlmtlicheInhaltederdreijaumlh-rigen Ausbildung Schrittchen fuumlr Schrittchen zu erschlieszligenHakenSiedieThemenabundalleswasSienaumlherinteressiertkoumlnnen Sie in den groszligen Nachschlagewerken vertiefendnachlesenzBinunseremKlassikerbdquoAltenpflegeldquo

Vertrauen und Sicherheit

WiekoumlnnenSiesicherseindassauchallewichtigenThemenbehandeltwurdenWirhabenverschiedeneSicherungssyste-meeingebaut1 Die Inhalte folgen dem Altenpflegegesetz und der Alten-

pflegeausbildungs-undpruumlfungsverordnung2 die Inhalte beruumlcksichtigen die Vorgaben der Laumlnder und

derenCurricula3 dieInhaltestammenvonanerkanntenAutoren

DasBuchwurdenachdemGesetzeswortlautstrukturiertDieAngabenfuumlrdieUnterrichtsstundenwurdenzudenSeitendesBuchesinsVerhaumlltnisgesetztSomithabendieThemenmehrUmfangdieauchmiteinerhoumlherenStundenzahlunterrichtetwerdenJedesBundeslandhatzudemseinespezifischenThe-men In einem groszligangelegten Abgleich wurden die InhaltedesCurriculumdesKDAunddieCurriculaausNRWSaarlandRheinland-PfalzundBaden-Wuumlrttembergmiteinandervergli-chen Besondere Themen wurden ergaumlnzend aufgenommenumdieWuumlnscheallerBundeslaumlnderbefriedigenzukoumlnnen

DieInhaltediesesBuchesstammenausderFederanerkann-terAutorenderTHIEME-VerlagsgruppeUumlberwiegendkonntebeiderEntstehungdiesesBuchesaufbereitsexistierendeIn-

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 2: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

Foto

Wer

ner K

ruumlpe

r T

hiem

e

THIEMEs AltenpflegeinLernfeldern

1200 Abbildungen

3aktualisierteAuflage

GeorgThiemeVerlagStuttgartNewYork

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografiedetailliertebibliografischeDatensindimInternetuumlberhttpdnbd-nbdeabrufbar

Wichtiger HinweisWiejedeWissenschaftistdieMedizinstaumlndigenEntwicklun-genunterworfenForschungundklinischeErfahrungerweiternunsereErkennt-nisseinsbesonderewasBehandlungundmedikamentoumlseTherapieanbelangtSo-weitindiesemWerkeineDosierungodereineApplikationerwaumlhntwirddarfderLeserzwardaraufvertrauendassAutorenHerausgeberundVerlaggroszligeSorgfaltdaraufverwandthabendassdieseAngabedem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entsprichtFuumlr Angaben uumlber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vomVerlag jedochkeineGewaumlhruumlbernommenwerden Jeder Benutzer ist angehal-tendurchsorgfaumlltigePruumlfungderBeipackzettelderverwendetenPraumlparateundgegebenenfallsnachKonsultationeinesSpezialistenfestzustellenobdiedortge-gebeneEmpfehlungfuumlrDosierungenoderdieBeachtungvonKontraindikationengegenuumlberderAngabeindiesemBuchabweichtEinesolchePruumlfungistbesonderswichtigbeiseltenverwendetenPraumlparatenodersolchendieneuaufdenMarktgebrachtwordensindJede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des BenutzersAutorenundVerlagappellierenanjedenBenutzerihmetwaauf-fallendeUngenauigkeitendemVerlagmitzuteilen

WirbittenumVerstaumlndnisdassausGruumlndenderLesbarkeitimBuchdiemaumlnn-lichenFormenzBPatientSchuumllerLehrerverwendetwerdenNatuumlrlichistunsbewusst dass die Pflege uumlberwiegend ein Frauenberuf ist ndash die Gleichberechti-gung der Frau ist jedoch selbstverstaumlndlich Grundlage der Konzeption und desMenschenbildessodasseineDopplungderBegriffeunnoumltigerscheint

DieVerantwortungfuumlrdieFilmeliegtbeimVerlagBittewendensiesichbeiFra-genandiePflegeredaktion

GeschuumltzteWarennamen(Warenzeichen)werdennicht besonderskenntlichge-machtAusdemFehleneinessolchenHinweiseskannalsonichtgeschlossenwer-dendassessichumeinenfreienWarennamenhandeltDas Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt JedeVerwertung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdesVerlagesunzulaumlssigundstrafbarDasgiltinsbesonderefuumlrVer-vielfaumlltigungenUumlbersetzungenMikroverfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen

1Auflage20082Auflage2012

copy2018GeorgThiemeVerlagKGRuumldigerstraszlige14Dndash70469StuttgartUnsereHomepagehttpwwwthiemede

PrintedinGermany

Fotografien

WernerKruumlperBielefeldRomanStoumlpplerGerlingenAlexanderFischerBadenBadenPflegefotoarchivThiemeVerlagsgruppe

Grafiken (Neuzeichnungen)

AngelikaBraunerHohenpeiszligenbergHelmutHoltermannDannenbergMitUumlbernahmenausSchuumlnkeMSchulteESchumacherUPrometheusLernAtlasderAnatomieIllustrationenvonMVollundKWeskerStuttgartThieme

Gestaltung und Layout

TinaHinkelStuttgart

UmschlaggestaltungThiemeVerlagsgruppeUmschlagillustrationSeinabDanboosMuumlnsterSatzL42AGBerlinSatzsystemAdobeIndesignCS6DruckAprintaDruckGmbHWemding

DOI101055b-004-140660

ISBN978-3-13-240270-6 123456

AucherhaumlltlichalsE-BookeISBN(PDF)978-3-13-240271-3

AlsAusgangsbasisdiesesBuchesdientenfolgendeWerke

AndreaeSHayekDWenigerJKrankheitslehre3AuflStuttgartThieme2011CharlierSHrsgSozialeGerontologie2AuflStuttgartThieme2010EkertBEkertCPsychologiefuumlrPflegeberufeStuttgartThieme2005HellWAllesWissenswerteuumlberStaatBuumlrgerRecht5Aufl StuttgartThieme2007KoumltherIHrsgAltenpflege3AuflStuttgartThieme2011KellnhauserEetalHrsgTHIEMEsPflege11AuflStuttgartThieme2009LauberAHrsgGrundlagenberuflicherPflege2AuflStuttgartThieme2007LauberASchmalstiegPHrsgWahrnehmenundBeobachten2AuflStuttgartThieme2007Lauber A Schmalstieg P Hrsg Praumlvention und Rehabilitation 2 Aufl StuttgartThieme2007Perrar KM et al Gerontopsychiatrie fuumlr Pflegeberufe 2 Aufl Stuttgart Thieme2011

V

VorwortLiebeLeserinnenliebeLeser

wie lernt es sich am besten ndash Die Antwort lautet strukturiert konzentriert und motiviert

Mit unserem ALF (bdquoAltenpflege in Lernfeldernldquo) uumlbersetzenwirdieseseinfacheErfolgsrezeptindieLernpraxisDieInhal-te von 3 Jahren Ausbildung (immerhin 4600 Stunden Theo-rieundPraxis)wollenwohldosiertgelerntwerdenWersichschon einmal auf eine groszlige Pruumlfung vorbereitet hat weiszligwiebeeindruckendwennnichtgarfurchteinfloumlszligenddieFuumll-ledesLernstoffswirkenkann

DieLoumlsungdiesesBuchesberuhtaufdreiStrategien1 klareStrkturen2 KonzentrationaufdasWichtigsteund3 dasLernensoangenehmundeinfachwiemoumlglichgestalten

Klare Strukturen

Neue Inhalte erschlieszligt man sich am besten wenn man zu-naumlchst einen groben Uumlberblick uumlber die Hauptbereiche ge-winntDannnaumlhertmansichdengroszligenThemendieserBe-reicheDiesegroszligenThemenwerdendannnochmalsinUnter-themenaufgeteiltbismaneinenUumlberblickuumlberdieeinzelnenkleinenThemenhatDaheristdiesesBuchaufgeteilt1 in4groszligeLernbereiche (sieentsprechenden4Lernberei-

chenderAusbildungs-undPruumlfungsverordnung)2 jederLernbereichwirdwiederumin14Unterbereicheauf-

geteilt(sieentsprechenden14Lernfeldern)3 jedesLernfeldwirdinUnterthemenunterteilt(ca700)

DamitwirddieriesigeInhaltsfuumlllederAusbildunginverdauli-cheHappenportioniertDerkleinsteLernhappenisteineSeitelangundsomitschnelluumlberschaubar

Konzentration auf das Wichtigste

WennSieindenUrlaubfliegenmoumlchtenbeschaumlftigtSiebeimEinchecken zunaumlchst mehr die Frage nach der Platzwahl alsdienachderOrganisationderFlugsicherungSietrennendasWichtigevomgroszligenGanzenDashabenwirfuumlrSiemitdie-semBuchgetanWirhabenvonallenThemennurdiewich-tigstenInhalteindiesemBuchaufgenommenDasheiszligtnichtdassdieanderenInhalteunwichtigsindesheiszligtnurdasswirden inhaltlichenKerngetrennthabenvonderFuumlllederwei-teren InformationendrumherumDenndasZiel istes ja zu-naumlchsteinensolidenUumlberblickzugewinnen

Das Lernen so angenehm und einfach wie moumlglich gestaltenJederweiszligwiemotivierendesistdasZielzumGreifennahzusehenundErfolgereihenweiseabhakenzukoumlnnenDieca700Themenwerdendaher imSeitenkonzeptbehandeltDiekleinsten Themen werden auf einer Seite vermittelt JedesThemabeginntaufeinerneuenSeitejedesThemaendetun-tenaufderSeiteundwirddurcheinenStopperbullmarkiert

SomithabenSienichtnurdeninhaltlichensondernauchdenvisuellenUumlberblickInkleinenSchrittennaumlhernSiesichdemZielamsicherstenGrafikenerklaumlrenaufvisuelleWeisekom-plexeSachverhalteFotosnehmenSiemit indiePraxisHer-vorhebungeninderMarginalspaltezeigenIhnen

B BeispieleausderPflegepraxis

DDefinitionenwichtigerBegriffe

MSachverhaltedieSiesichmerkensollten

PTippsfuumlrdiePraxis

IInfosuumlberweiterfuumlhrendeLiteraturundInternetadres-sen

Umfangreiche Querverweise zeigen Ihnen wo Sie innerhalbdesBuchesZusaumltzlicheszumThemafindenEinsehrdetaillier-tesSachverzeichniszeigtIhnendenWegzudengewuumlnschtenInhalten

AufdieseArtgelingtessichsaumlmtlicheInhaltederdreijaumlh-rigen Ausbildung Schrittchen fuumlr Schrittchen zu erschlieszligenHakenSiedieThemenabundalleswasSienaumlherinteressiertkoumlnnen Sie in den groszligen Nachschlagewerken vertiefendnachlesenzBinunseremKlassikerbdquoAltenpflegeldquo

Vertrauen und Sicherheit

WiekoumlnnenSiesicherseindassauchallewichtigenThemenbehandeltwurdenWirhabenverschiedeneSicherungssyste-meeingebaut1 Die Inhalte folgen dem Altenpflegegesetz und der Alten-

pflegeausbildungs-undpruumlfungsverordnung2 die Inhalte beruumlcksichtigen die Vorgaben der Laumlnder und

derenCurricula3 dieInhaltestammenvonanerkanntenAutoren

DasBuchwurdenachdemGesetzeswortlautstrukturiertDieAngabenfuumlrdieUnterrichtsstundenwurdenzudenSeitendesBuchesinsVerhaumlltnisgesetztSomithabendieThemenmehrUmfangdieauchmiteinerhoumlherenStundenzahlunterrichtetwerdenJedesBundeslandhatzudemseinespezifischenThe-men In einem groszligangelegten Abgleich wurden die InhaltedesCurriculumdesKDAunddieCurriculaausNRWSaarlandRheinland-PfalzundBaden-Wuumlrttembergmiteinandervergli-chen Besondere Themen wurden ergaumlnzend aufgenommenumdieWuumlnscheallerBundeslaumlnderbefriedigenzukoumlnnen

DieInhaltediesesBuchesstammenausderFederanerkann-terAutorenderTHIEME-VerlagsgruppeUumlberwiegendkonntebeiderEntstehungdiesesBuchesaufbereitsexistierendeIn-

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 3: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

THIEMEs AltenpflegeinLernfeldern

1200 Abbildungen

3aktualisierteAuflage

GeorgThiemeVerlagStuttgartNewYork

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografiedetailliertebibliografischeDatensindimInternetuumlberhttpdnbd-nbdeabrufbar

Wichtiger HinweisWiejedeWissenschaftistdieMedizinstaumlndigenEntwicklun-genunterworfenForschungundklinischeErfahrungerweiternunsereErkennt-nisseinsbesonderewasBehandlungundmedikamentoumlseTherapieanbelangtSo-weitindiesemWerkeineDosierungodereineApplikationerwaumlhntwirddarfderLeserzwardaraufvertrauendassAutorenHerausgeberundVerlaggroszligeSorgfaltdaraufverwandthabendassdieseAngabedem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entsprichtFuumlr Angaben uumlber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vomVerlag jedochkeineGewaumlhruumlbernommenwerden Jeder Benutzer ist angehal-tendurchsorgfaumlltigePruumlfungderBeipackzettelderverwendetenPraumlparateundgegebenenfallsnachKonsultationeinesSpezialistenfestzustellenobdiedortge-gebeneEmpfehlungfuumlrDosierungenoderdieBeachtungvonKontraindikationengegenuumlberderAngabeindiesemBuchabweichtEinesolchePruumlfungistbesonderswichtigbeiseltenverwendetenPraumlparatenodersolchendieneuaufdenMarktgebrachtwordensindJede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des BenutzersAutorenundVerlagappellierenanjedenBenutzerihmetwaauf-fallendeUngenauigkeitendemVerlagmitzuteilen

WirbittenumVerstaumlndnisdassausGruumlndenderLesbarkeitimBuchdiemaumlnn-lichenFormenzBPatientSchuumllerLehrerverwendetwerdenNatuumlrlichistunsbewusst dass die Pflege uumlberwiegend ein Frauenberuf ist ndash die Gleichberechti-gung der Frau ist jedoch selbstverstaumlndlich Grundlage der Konzeption und desMenschenbildessodasseineDopplungderBegriffeunnoumltigerscheint

DieVerantwortungfuumlrdieFilmeliegtbeimVerlagBittewendensiesichbeiFra-genandiePflegeredaktion

GeschuumltzteWarennamen(Warenzeichen)werdennicht besonderskenntlichge-machtAusdemFehleneinessolchenHinweiseskannalsonichtgeschlossenwer-dendassessichumeinenfreienWarennamenhandeltDas Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt JedeVerwertung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdesVerlagesunzulaumlssigundstrafbarDasgiltinsbesonderefuumlrVer-vielfaumlltigungenUumlbersetzungenMikroverfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen

1Auflage20082Auflage2012

copy2018GeorgThiemeVerlagKGRuumldigerstraszlige14Dndash70469StuttgartUnsereHomepagehttpwwwthiemede

PrintedinGermany

Fotografien

WernerKruumlperBielefeldRomanStoumlpplerGerlingenAlexanderFischerBadenBadenPflegefotoarchivThiemeVerlagsgruppe

Grafiken (Neuzeichnungen)

AngelikaBraunerHohenpeiszligenbergHelmutHoltermannDannenbergMitUumlbernahmenausSchuumlnkeMSchulteESchumacherUPrometheusLernAtlasderAnatomieIllustrationenvonMVollundKWeskerStuttgartThieme

Gestaltung und Layout

TinaHinkelStuttgart

UmschlaggestaltungThiemeVerlagsgruppeUmschlagillustrationSeinabDanboosMuumlnsterSatzL42AGBerlinSatzsystemAdobeIndesignCS6DruckAprintaDruckGmbHWemding

DOI101055b-004-140660

ISBN978-3-13-240270-6 123456

AucherhaumlltlichalsE-BookeISBN(PDF)978-3-13-240271-3

AlsAusgangsbasisdiesesBuchesdientenfolgendeWerke

AndreaeSHayekDWenigerJKrankheitslehre3AuflStuttgartThieme2011CharlierSHrsgSozialeGerontologie2AuflStuttgartThieme2010EkertBEkertCPsychologiefuumlrPflegeberufeStuttgartThieme2005HellWAllesWissenswerteuumlberStaatBuumlrgerRecht5Aufl StuttgartThieme2007KoumltherIHrsgAltenpflege3AuflStuttgartThieme2011KellnhauserEetalHrsgTHIEMEsPflege11AuflStuttgartThieme2009LauberAHrsgGrundlagenberuflicherPflege2AuflStuttgartThieme2007LauberASchmalstiegPHrsgWahrnehmenundBeobachten2AuflStuttgartThieme2007Lauber A Schmalstieg P Hrsg Praumlvention und Rehabilitation 2 Aufl StuttgartThieme2007Perrar KM et al Gerontopsychiatrie fuumlr Pflegeberufe 2 Aufl Stuttgart Thieme2011

V

VorwortLiebeLeserinnenliebeLeser

wie lernt es sich am besten ndash Die Antwort lautet strukturiert konzentriert und motiviert

Mit unserem ALF (bdquoAltenpflege in Lernfeldernldquo) uumlbersetzenwirdieseseinfacheErfolgsrezeptindieLernpraxisDieInhal-te von 3 Jahren Ausbildung (immerhin 4600 Stunden Theo-rieundPraxis)wollenwohldosiertgelerntwerdenWersichschon einmal auf eine groszlige Pruumlfung vorbereitet hat weiszligwiebeeindruckendwennnichtgarfurchteinfloumlszligenddieFuumll-ledesLernstoffswirkenkann

DieLoumlsungdiesesBuchesberuhtaufdreiStrategien1 klareStrkturen2 KonzentrationaufdasWichtigsteund3 dasLernensoangenehmundeinfachwiemoumlglichgestalten

Klare Strukturen

Neue Inhalte erschlieszligt man sich am besten wenn man zu-naumlchst einen groben Uumlberblick uumlber die Hauptbereiche ge-winntDannnaumlhertmansichdengroszligenThemendieserBe-reicheDiesegroszligenThemenwerdendannnochmalsinUnter-themenaufgeteiltbismaneinenUumlberblickuumlberdieeinzelnenkleinenThemenhatDaheristdiesesBuchaufgeteilt1 in4groszligeLernbereiche (sieentsprechenden4Lernberei-

chenderAusbildungs-undPruumlfungsverordnung)2 jederLernbereichwirdwiederumin14Unterbereicheauf-

geteilt(sieentsprechenden14Lernfeldern)3 jedesLernfeldwirdinUnterthemenunterteilt(ca700)

DamitwirddieriesigeInhaltsfuumlllederAusbildunginverdauli-cheHappenportioniertDerkleinsteLernhappenisteineSeitelangundsomitschnelluumlberschaubar

Konzentration auf das Wichtigste

WennSieindenUrlaubfliegenmoumlchtenbeschaumlftigtSiebeimEinchecken zunaumlchst mehr die Frage nach der Platzwahl alsdienachderOrganisationderFlugsicherungSietrennendasWichtigevomgroszligenGanzenDashabenwirfuumlrSiemitdie-semBuchgetanWirhabenvonallenThemennurdiewich-tigstenInhalteindiesemBuchaufgenommenDasheiszligtnichtdassdieanderenInhalteunwichtigsindesheiszligtnurdasswirden inhaltlichenKerngetrennthabenvonderFuumlllederwei-teren InformationendrumherumDenndasZiel istes ja zu-naumlchsteinensolidenUumlberblickzugewinnen

Das Lernen so angenehm und einfach wie moumlglich gestaltenJederweiszligwiemotivierendesistdasZielzumGreifennahzusehenundErfolgereihenweiseabhakenzukoumlnnenDieca700Themenwerdendaher imSeitenkonzeptbehandeltDiekleinsten Themen werden auf einer Seite vermittelt JedesThemabeginntaufeinerneuenSeitejedesThemaendetun-tenaufderSeiteundwirddurcheinenStopperbullmarkiert

SomithabenSienichtnurdeninhaltlichensondernauchdenvisuellenUumlberblickInkleinenSchrittennaumlhernSiesichdemZielamsicherstenGrafikenerklaumlrenaufvisuelleWeisekom-plexeSachverhalteFotosnehmenSiemit indiePraxisHer-vorhebungeninderMarginalspaltezeigenIhnen

B BeispieleausderPflegepraxis

DDefinitionenwichtigerBegriffe

MSachverhaltedieSiesichmerkensollten

PTippsfuumlrdiePraxis

IInfosuumlberweiterfuumlhrendeLiteraturundInternetadres-sen

Umfangreiche Querverweise zeigen Ihnen wo Sie innerhalbdesBuchesZusaumltzlicheszumThemafindenEinsehrdetaillier-tesSachverzeichniszeigtIhnendenWegzudengewuumlnschtenInhalten

AufdieseArtgelingtessichsaumlmtlicheInhaltederdreijaumlh-rigen Ausbildung Schrittchen fuumlr Schrittchen zu erschlieszligenHakenSiedieThemenabundalleswasSienaumlherinteressiertkoumlnnen Sie in den groszligen Nachschlagewerken vertiefendnachlesenzBinunseremKlassikerbdquoAltenpflegeldquo

Vertrauen und Sicherheit

WiekoumlnnenSiesicherseindassauchallewichtigenThemenbehandeltwurdenWirhabenverschiedeneSicherungssyste-meeingebaut1 Die Inhalte folgen dem Altenpflegegesetz und der Alten-

pflegeausbildungs-undpruumlfungsverordnung2 die Inhalte beruumlcksichtigen die Vorgaben der Laumlnder und

derenCurricula3 dieInhaltestammenvonanerkanntenAutoren

DasBuchwurdenachdemGesetzeswortlautstrukturiertDieAngabenfuumlrdieUnterrichtsstundenwurdenzudenSeitendesBuchesinsVerhaumlltnisgesetztSomithabendieThemenmehrUmfangdieauchmiteinerhoumlherenStundenzahlunterrichtetwerdenJedesBundeslandhatzudemseinespezifischenThe-men In einem groszligangelegten Abgleich wurden die InhaltedesCurriculumdesKDAunddieCurriculaausNRWSaarlandRheinland-PfalzundBaden-Wuumlrttembergmiteinandervergli-chen Besondere Themen wurden ergaumlnzend aufgenommenumdieWuumlnscheallerBundeslaumlnderbefriedigenzukoumlnnen

DieInhaltediesesBuchesstammenausderFederanerkann-terAutorenderTHIEME-VerlagsgruppeUumlberwiegendkonntebeiderEntstehungdiesesBuchesaufbereitsexistierendeIn-

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 4: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografiedetailliertebibliografischeDatensindimInternetuumlberhttpdnbd-nbdeabrufbar

Wichtiger HinweisWiejedeWissenschaftistdieMedizinstaumlndigenEntwicklun-genunterworfenForschungundklinischeErfahrungerweiternunsereErkennt-nisseinsbesonderewasBehandlungundmedikamentoumlseTherapieanbelangtSo-weitindiesemWerkeineDosierungodereineApplikationerwaumlhntwirddarfderLeserzwardaraufvertrauendassAutorenHerausgeberundVerlaggroszligeSorgfaltdaraufverwandthabendassdieseAngabedem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entsprichtFuumlr Angaben uumlber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vomVerlag jedochkeineGewaumlhruumlbernommenwerden Jeder Benutzer ist angehal-tendurchsorgfaumlltigePruumlfungderBeipackzettelderverwendetenPraumlparateundgegebenenfallsnachKonsultationeinesSpezialistenfestzustellenobdiedortge-gebeneEmpfehlungfuumlrDosierungenoderdieBeachtungvonKontraindikationengegenuumlberderAngabeindiesemBuchabweichtEinesolchePruumlfungistbesonderswichtigbeiseltenverwendetenPraumlparatenodersolchendieneuaufdenMarktgebrachtwordensindJede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des BenutzersAutorenundVerlagappellierenanjedenBenutzerihmetwaauf-fallendeUngenauigkeitendemVerlagmitzuteilen

WirbittenumVerstaumlndnisdassausGruumlndenderLesbarkeitimBuchdiemaumlnn-lichenFormenzBPatientSchuumllerLehrerverwendetwerdenNatuumlrlichistunsbewusst dass die Pflege uumlberwiegend ein Frauenberuf ist ndash die Gleichberechti-gung der Frau ist jedoch selbstverstaumlndlich Grundlage der Konzeption und desMenschenbildessodasseineDopplungderBegriffeunnoumltigerscheint

DieVerantwortungfuumlrdieFilmeliegtbeimVerlagBittewendensiesichbeiFra-genandiePflegeredaktion

GeschuumltzteWarennamen(Warenzeichen)werdennicht besonderskenntlichge-machtAusdemFehleneinessolchenHinweiseskannalsonichtgeschlossenwer-dendassessichumeinenfreienWarennamenhandeltDas Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt JedeVerwertung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdesVerlagesunzulaumlssigundstrafbarDasgiltinsbesonderefuumlrVer-vielfaumlltigungenUumlbersetzungenMikroverfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen

1Auflage20082Auflage2012

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PrintedinGermany

Fotografien

WernerKruumlperBielefeldRomanStoumlpplerGerlingenAlexanderFischerBadenBadenPflegefotoarchivThiemeVerlagsgruppe

Grafiken (Neuzeichnungen)

AngelikaBraunerHohenpeiszligenbergHelmutHoltermannDannenbergMitUumlbernahmenausSchuumlnkeMSchulteESchumacherUPrometheusLernAtlasderAnatomieIllustrationenvonMVollundKWeskerStuttgartThieme

Gestaltung und Layout

TinaHinkelStuttgart

UmschlaggestaltungThiemeVerlagsgruppeUmschlagillustrationSeinabDanboosMuumlnsterSatzL42AGBerlinSatzsystemAdobeIndesignCS6DruckAprintaDruckGmbHWemding

DOI101055b-004-140660

ISBN978-3-13-240270-6 123456

AucherhaumlltlichalsE-BookeISBN(PDF)978-3-13-240271-3

AlsAusgangsbasisdiesesBuchesdientenfolgendeWerke

AndreaeSHayekDWenigerJKrankheitslehre3AuflStuttgartThieme2011CharlierSHrsgSozialeGerontologie2AuflStuttgartThieme2010EkertBEkertCPsychologiefuumlrPflegeberufeStuttgartThieme2005HellWAllesWissenswerteuumlberStaatBuumlrgerRecht5Aufl StuttgartThieme2007KoumltherIHrsgAltenpflege3AuflStuttgartThieme2011KellnhauserEetalHrsgTHIEMEsPflege11AuflStuttgartThieme2009LauberAHrsgGrundlagenberuflicherPflege2AuflStuttgartThieme2007LauberASchmalstiegPHrsgWahrnehmenundBeobachten2AuflStuttgartThieme2007Lauber A Schmalstieg P Hrsg Praumlvention und Rehabilitation 2 Aufl StuttgartThieme2007Perrar KM et al Gerontopsychiatrie fuumlr Pflegeberufe 2 Aufl Stuttgart Thieme2011

V

VorwortLiebeLeserinnenliebeLeser

wie lernt es sich am besten ndash Die Antwort lautet strukturiert konzentriert und motiviert

Mit unserem ALF (bdquoAltenpflege in Lernfeldernldquo) uumlbersetzenwirdieseseinfacheErfolgsrezeptindieLernpraxisDieInhal-te von 3 Jahren Ausbildung (immerhin 4600 Stunden Theo-rieundPraxis)wollenwohldosiertgelerntwerdenWersichschon einmal auf eine groszlige Pruumlfung vorbereitet hat weiszligwiebeeindruckendwennnichtgarfurchteinfloumlszligenddieFuumll-ledesLernstoffswirkenkann

DieLoumlsungdiesesBuchesberuhtaufdreiStrategien1 klareStrkturen2 KonzentrationaufdasWichtigsteund3 dasLernensoangenehmundeinfachwiemoumlglichgestalten

Klare Strukturen

Neue Inhalte erschlieszligt man sich am besten wenn man zu-naumlchst einen groben Uumlberblick uumlber die Hauptbereiche ge-winntDannnaumlhertmansichdengroszligenThemendieserBe-reicheDiesegroszligenThemenwerdendannnochmalsinUnter-themenaufgeteiltbismaneinenUumlberblickuumlberdieeinzelnenkleinenThemenhatDaheristdiesesBuchaufgeteilt1 in4groszligeLernbereiche (sieentsprechenden4Lernberei-

chenderAusbildungs-undPruumlfungsverordnung)2 jederLernbereichwirdwiederumin14Unterbereicheauf-

geteilt(sieentsprechenden14Lernfeldern)3 jedesLernfeldwirdinUnterthemenunterteilt(ca700)

DamitwirddieriesigeInhaltsfuumlllederAusbildunginverdauli-cheHappenportioniertDerkleinsteLernhappenisteineSeitelangundsomitschnelluumlberschaubar

Konzentration auf das Wichtigste

WennSieindenUrlaubfliegenmoumlchtenbeschaumlftigtSiebeimEinchecken zunaumlchst mehr die Frage nach der Platzwahl alsdienachderOrganisationderFlugsicherungSietrennendasWichtigevomgroszligenGanzenDashabenwirfuumlrSiemitdie-semBuchgetanWirhabenvonallenThemennurdiewich-tigstenInhalteindiesemBuchaufgenommenDasheiszligtnichtdassdieanderenInhalteunwichtigsindesheiszligtnurdasswirden inhaltlichenKerngetrennthabenvonderFuumlllederwei-teren InformationendrumherumDenndasZiel istes ja zu-naumlchsteinensolidenUumlberblickzugewinnen

Das Lernen so angenehm und einfach wie moumlglich gestaltenJederweiszligwiemotivierendesistdasZielzumGreifennahzusehenundErfolgereihenweiseabhakenzukoumlnnenDieca700Themenwerdendaher imSeitenkonzeptbehandeltDiekleinsten Themen werden auf einer Seite vermittelt JedesThemabeginntaufeinerneuenSeitejedesThemaendetun-tenaufderSeiteundwirddurcheinenStopperbullmarkiert

SomithabenSienichtnurdeninhaltlichensondernauchdenvisuellenUumlberblickInkleinenSchrittennaumlhernSiesichdemZielamsicherstenGrafikenerklaumlrenaufvisuelleWeisekom-plexeSachverhalteFotosnehmenSiemit indiePraxisHer-vorhebungeninderMarginalspaltezeigenIhnen

B BeispieleausderPflegepraxis

DDefinitionenwichtigerBegriffe

MSachverhaltedieSiesichmerkensollten

PTippsfuumlrdiePraxis

IInfosuumlberweiterfuumlhrendeLiteraturundInternetadres-sen

Umfangreiche Querverweise zeigen Ihnen wo Sie innerhalbdesBuchesZusaumltzlicheszumThemafindenEinsehrdetaillier-tesSachverzeichniszeigtIhnendenWegzudengewuumlnschtenInhalten

AufdieseArtgelingtessichsaumlmtlicheInhaltederdreijaumlh-rigen Ausbildung Schrittchen fuumlr Schrittchen zu erschlieszligenHakenSiedieThemenabundalleswasSienaumlherinteressiertkoumlnnen Sie in den groszligen Nachschlagewerken vertiefendnachlesenzBinunseremKlassikerbdquoAltenpflegeldquo

Vertrauen und Sicherheit

WiekoumlnnenSiesicherseindassauchallewichtigenThemenbehandeltwurdenWirhabenverschiedeneSicherungssyste-meeingebaut1 Die Inhalte folgen dem Altenpflegegesetz und der Alten-

pflegeausbildungs-undpruumlfungsverordnung2 die Inhalte beruumlcksichtigen die Vorgaben der Laumlnder und

derenCurricula3 dieInhaltestammenvonanerkanntenAutoren

DasBuchwurdenachdemGesetzeswortlautstrukturiertDieAngabenfuumlrdieUnterrichtsstundenwurdenzudenSeitendesBuchesinsVerhaumlltnisgesetztSomithabendieThemenmehrUmfangdieauchmiteinerhoumlherenStundenzahlunterrichtetwerdenJedesBundeslandhatzudemseinespezifischenThe-men In einem groszligangelegten Abgleich wurden die InhaltedesCurriculumdesKDAunddieCurriculaausNRWSaarlandRheinland-PfalzundBaden-Wuumlrttembergmiteinandervergli-chen Besondere Themen wurden ergaumlnzend aufgenommenumdieWuumlnscheallerBundeslaumlnderbefriedigenzukoumlnnen

DieInhaltediesesBuchesstammenausderFederanerkann-terAutorenderTHIEME-VerlagsgruppeUumlberwiegendkonntebeiderEntstehungdiesesBuchesaufbereitsexistierendeIn-

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 5: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

V

VorwortLiebeLeserinnenliebeLeser

wie lernt es sich am besten ndash Die Antwort lautet strukturiert konzentriert und motiviert

Mit unserem ALF (bdquoAltenpflege in Lernfeldernldquo) uumlbersetzenwirdieseseinfacheErfolgsrezeptindieLernpraxisDieInhal-te von 3 Jahren Ausbildung (immerhin 4600 Stunden Theo-rieundPraxis)wollenwohldosiertgelerntwerdenWersichschon einmal auf eine groszlige Pruumlfung vorbereitet hat weiszligwiebeeindruckendwennnichtgarfurchteinfloumlszligenddieFuumll-ledesLernstoffswirkenkann

DieLoumlsungdiesesBuchesberuhtaufdreiStrategien1 klareStrkturen2 KonzentrationaufdasWichtigsteund3 dasLernensoangenehmundeinfachwiemoumlglichgestalten

Klare Strukturen

Neue Inhalte erschlieszligt man sich am besten wenn man zu-naumlchst einen groben Uumlberblick uumlber die Hauptbereiche ge-winntDannnaumlhertmansichdengroszligenThemendieserBe-reicheDiesegroszligenThemenwerdendannnochmalsinUnter-themenaufgeteiltbismaneinenUumlberblickuumlberdieeinzelnenkleinenThemenhatDaheristdiesesBuchaufgeteilt1 in4groszligeLernbereiche (sieentsprechenden4Lernberei-

chenderAusbildungs-undPruumlfungsverordnung)2 jederLernbereichwirdwiederumin14Unterbereicheauf-

geteilt(sieentsprechenden14Lernfeldern)3 jedesLernfeldwirdinUnterthemenunterteilt(ca700)

DamitwirddieriesigeInhaltsfuumlllederAusbildunginverdauli-cheHappenportioniertDerkleinsteLernhappenisteineSeitelangundsomitschnelluumlberschaubar

Konzentration auf das Wichtigste

WennSieindenUrlaubfliegenmoumlchtenbeschaumlftigtSiebeimEinchecken zunaumlchst mehr die Frage nach der Platzwahl alsdienachderOrganisationderFlugsicherungSietrennendasWichtigevomgroszligenGanzenDashabenwirfuumlrSiemitdie-semBuchgetanWirhabenvonallenThemennurdiewich-tigstenInhalteindiesemBuchaufgenommenDasheiszligtnichtdassdieanderenInhalteunwichtigsindesheiszligtnurdasswirden inhaltlichenKerngetrennthabenvonderFuumlllederwei-teren InformationendrumherumDenndasZiel istes ja zu-naumlchsteinensolidenUumlberblickzugewinnen

Das Lernen so angenehm und einfach wie moumlglich gestaltenJederweiszligwiemotivierendesistdasZielzumGreifennahzusehenundErfolgereihenweiseabhakenzukoumlnnenDieca700Themenwerdendaher imSeitenkonzeptbehandeltDiekleinsten Themen werden auf einer Seite vermittelt JedesThemabeginntaufeinerneuenSeitejedesThemaendetun-tenaufderSeiteundwirddurcheinenStopperbullmarkiert

SomithabenSienichtnurdeninhaltlichensondernauchdenvisuellenUumlberblickInkleinenSchrittennaumlhernSiesichdemZielamsicherstenGrafikenerklaumlrenaufvisuelleWeisekom-plexeSachverhalteFotosnehmenSiemit indiePraxisHer-vorhebungeninderMarginalspaltezeigenIhnen

B BeispieleausderPflegepraxis

DDefinitionenwichtigerBegriffe

MSachverhaltedieSiesichmerkensollten

PTippsfuumlrdiePraxis

IInfosuumlberweiterfuumlhrendeLiteraturundInternetadres-sen

Umfangreiche Querverweise zeigen Ihnen wo Sie innerhalbdesBuchesZusaumltzlicheszumThemafindenEinsehrdetaillier-tesSachverzeichniszeigtIhnendenWegzudengewuumlnschtenInhalten

AufdieseArtgelingtessichsaumlmtlicheInhaltederdreijaumlh-rigen Ausbildung Schrittchen fuumlr Schrittchen zu erschlieszligenHakenSiedieThemenabundalleswasSienaumlherinteressiertkoumlnnen Sie in den groszligen Nachschlagewerken vertiefendnachlesenzBinunseremKlassikerbdquoAltenpflegeldquo

Vertrauen und Sicherheit

WiekoumlnnenSiesicherseindassauchallewichtigenThemenbehandeltwurdenWirhabenverschiedeneSicherungssyste-meeingebaut1 Die Inhalte folgen dem Altenpflegegesetz und der Alten-

pflegeausbildungs-undpruumlfungsverordnung2 die Inhalte beruumlcksichtigen die Vorgaben der Laumlnder und

derenCurricula3 dieInhaltestammenvonanerkanntenAutoren

DasBuchwurdenachdemGesetzeswortlautstrukturiertDieAngabenfuumlrdieUnterrichtsstundenwurdenzudenSeitendesBuchesinsVerhaumlltnisgesetztSomithabendieThemenmehrUmfangdieauchmiteinerhoumlherenStundenzahlunterrichtetwerdenJedesBundeslandhatzudemseinespezifischenThe-men In einem groszligangelegten Abgleich wurden die InhaltedesCurriculumdesKDAunddieCurriculaausNRWSaarlandRheinland-PfalzundBaden-Wuumlrttembergmiteinandervergli-chen Besondere Themen wurden ergaumlnzend aufgenommenumdieWuumlnscheallerBundeslaumlnderbefriedigenzukoumlnnen

DieInhaltediesesBuchesstammenausderFederanerkann-terAutorenderTHIEME-VerlagsgruppeUumlberwiegendkonntebeiderEntstehungdiesesBuchesaufbereitsexistierendeIn-

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 6: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

VI

VoRWoRT

haltezuruumlckgegriffenwerdendiedann inderFachredaktionnochmals konzentriert und reduziert wurden um den Cha-rakterdesUumlberblickszuschaffenThemendienochnichtbe-schrieben wurden wurden neu verfasst Das Ergebnis ist ein

KonzentratausgeballtemWissenvonuumlber50FachautorenderPflegeszene

Wir wuumlnschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit mit diesemBuch

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 7: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

VII

MitarbeiterverzeichnisGundulaGeist

KrankenschwesterPraxisanleiterin

KinaestheticsTrainerin

Ilsebaumlumen10

32469Petershagen

FelixHahn

BScAugenoptikundHoumlrakustik

HahnOptik+Akustik

HeilbronnerStr47

74211Leingarten

DrmedDominikvonHayek

FacharztfuumlrAllgemeinmedizinundGeriatrie

Konradinstr6b

81543Muumlnchen

HuumllyaHeinen

StaatlichanerkannteKrankenschwesterfuumlrLeitungsfunktionen

inEinrichtungenderPflegeimGesundheits-undSozialwesen

QualitaumltsauditorinTUumlV(PersCert)

TQM-CoachTQMCTUumlVEFQMAssessorTUumlV

TrainerinundDozentinimGesundheitswesen

FachkraftfuumlrArbeitssicherheit(SiFa)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

WernerHeinen

FachwirtfuumlrFinanzberatung(IHK)

zertifizierterSachverstaumlndiger(BDSH)fuumlr

Immobilien-undUnternehmensbewertungen

UnternehmensberaterfuumlrWirtschaftundSoziales

PersonalberaterimGesundheitswesen

Datenschutzbeauftragter(IHK)

GroszligmachnowerStr79

15834Rangsdorf

AnjaHeiszligenberg

Krankenschwester

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

AkademiefuumlrPflegeberufe

SanaKlinikumOffenbachGmbH

Starkenburgring66

63069OffenbachamMain

WalterHell

DirektordesAmtsgerichts

Schlossplatz9

86551Aichach

ProfLotteKaba-Schoumlnstein

DiplSozialwirtinDiplSozpaumld

HochschuleEsslingen

Flandernstr101

73732Esslingen

DrmedSusanneAndreae

niedergelasseneFachaumlrztinfuumlrAllgemeinmedizin

DozentinanKrankenpflegeschulen

aumlrztlicheBeisitzerinderGutachterkommissionLandesaumlrzte-

kammerSuumldbaden

LehrbeauftragtefuumlrAllgemeinmedizinanderUniversitaumltFreiburg

Laumlrchenweg26

78713Schramberg

ProfDrSabineBartholomeyczik

FakultaumltfuumlrGesundheitDepartmentfuumlrPflegewissenschaft

UniversitaumltWittenHerdecke

StockumerStr12

58453Witten

RenateBerner

KrankenschwesterDipl-Pflegewirtin(FH)

Max-Kirschner-Straszlige13

85126Muumlnchsmuumlnster

SiegfriedCharlier

Dipl-PaumldagogeDipl-Supervisor(DGSv)

AufdemKorb58a

51789Lindlar

EvaEissing

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

SozialwissenschaftlerinBA

ImSteelerRott22

45276Essen

DrphilBaumlrbelEkert

Dipl-PsychologinTheologin

Moumlrikestr13

72532Gomadingen

ProfDrMichaelEwersMPH

ChariteacuteUniversitaumltsmedizinBerlin

InstitutfuumlrGesundheits-undPflegewissenschaft

CampusVirchowKlinikum

AugustenburgerPlatz1

13353Berlin

DrphilRenateFischer

KrankenschwestermitFachweiterbildungfuumlrEndoskopie

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

SchulefuumlrGesundheits-undKrankenpflege

KatholischesKlinikumKoblenzndashMontabaur

Thielenstr13

56073Koblenz

MichaelaFlechsenberger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

stellvLeitungdesGesundheits-undBildungszentrumsOberberg

Barbarastr8

57548Kirchen(Sieg)

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 8: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

VIII

MITARBEITERVERzEICHNIS

OlafKirschnick

LehrerfuumlrPflegeberufeundEntbindungspflege

Lehrrettungsassistent

PraumldikantEvangKirchendashBaden

LeiterndashBildungszentrumbdquoGesundheitundPflegeldquo

amKrankenhausTauberbischofsheim

Albert-Schweitzer-Straszlige35

97941Tauberbischofsheim

MargareteKlimek

Krankenschwester

LehrerinfuumlrKrankenpflege-Kinderkrankenpflege-und

Altenpflegeberufe

TheologReferentin

Kastanienstr76

58332Schwelm

UrsulaKocs

Dipl-Psychologin

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

derDiakonie-Stiftung-Salem

Johannesstr6

32423Minden

DrrercurAnnetteLauber

Pflegewissenschaftlerin(MSc)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Irmgard-Bosch-Bildungszentrum

Auerbachstraszlige110

70376Stuttgart

SusanneMettrop

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

DiplPflegegutachterin(IBW)

Bitzenweg15a

51789Waldbroumll

MartinaMetzger

LehrerinfuumlrPflegeberufe

Eichenweg1

71134Aidlingen

GerlindeNowak

SozialpaumldagoginTrainerinfuumlrKommunikationundModeration

ImGrashof4

51789Lindlar

PeterNydahl

KrankenpflegerPraxisanleiterMScN

Kurs-undWeiterbildungsleiterfuumlr

BasaleStimulationinderPflege

PflegeexpertefuumlrMenschenimWachkoma

Sternstr2

24116Kiel

DrmedKlausMariaPerrar

FacharztfuumlrPsychiatriePsychotherapiePalliativmedizin

ZentrumfuumlrPalliativmedizinDrMildredScheelHaus

UniklinikKoumlln

Kerpenerstr62

50937Koumlln

JohannePlescher-Kramer

KrankenschwesterFachkrankenschwesterfuumlr

AnaumlsthesieuIntensivpflegeWundexpertin(ICW)

Dipl-Pflegepaumldagogin(FH)

DrrernatAntoniePost

Dipl-Ernaumlhrungswissenschaftlerin

Lutherstraszlige20

71576Burgstetten

BrigitteSachsenmaier

LehrerinfuumlrPflegeberufeStomatherapeutin

Ziegelstr42

73084Salach

SabineSappke-Heuser

Juristin

Klosterberg3

53804Much

AndreasSchilde

StaatlichanerkannterAltenpflegerundTQM-Beauftragter

Goldhaumlhnchenweg19

12359Berlin

PDDrhabilAndreasSchwarzkopf

FacharztfuumlrMikrobiologieundInfektionsepidemiologie

SachverstaumlndigerKrankenhaushygiene

InstitutSchwarzkopfGbR

Otto-von-Bamberg-Str10

99717AuraanderSaale

GabrieleSteinhaumluszliger

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Friedrichstr22

73614Schorndorf

RuthUessem

LehrerinfuumlrPflegeberufeQMB

stellvLeitung

AkademieGesundheitswirtschaftundSenioren

desOberbergischenKreises

Lebrechtstr27

51643Gummersbach

JuttaWeniger

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

Herdstr161

78050Villingen-Schwenningen

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 9: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

IX

MITARBEITERVERzEICHNIS

GuumlnterBaier

Dipl-Verwaltungswirt

ResperGasse17

51674Wiehl

ChristineBaumlumler

Sport-undGymnastiklehrerin

Kinaesthetics-Trainerin

TrainerinfuumlrSturzpraumlvention

Fliederweg13

73116Waumlschenbeuren

SieglindeDenzel

Dipl-Psychologin

Martinsberg14

78564ReichenbachamHeuberg

ChristianeEkertdagger

Dipl-Psychologin

Robert-Leicht-Str141b

70569Stuttgart

ChristinevonEltzdagger

Hagenstr7

31655Stadthagen

DrphilUrsulaGeiszligner

emProfessorinfuumlrFuumlhrungslehreundOrganisation

Feldbergstr5

79247Maumlrgen

ElseGnamm

AltenpflegerinLehrerinfuumlrAltenpflege

Schubertstr21

72800Eningen

MichaelHaas

KrankenpflegerDipl-Pflegepaumldagoge(FH)

DiakonieStiftungSalemgGmbH

EvFachseminarfuumlrAltenpflege

Fachseminarleiter

Johansenstr6

32432Minden

AstridHammer

KrankenschwesterDipl-Pflegepaumldagogin(FH)

StaatlanerkannteSchulefuumlrGesundheits-und

KrankenpflegeundKrankenpflegehilfe

UniversitaumltsmedizinderJohannesGutenberg-UniversitaumltMainz

AmPulverturm13

55101Mainz

HenryKieschnick

Dipl-Pflegewirt(FH)

KulmerWeg3

30659Hannover

AndreasKutschkeBScN

KrankenpflegerfuumlrGeriatrischeRehabilitation

AbteilungQualitaumltsmanagementundPflegeberatung

StaumldtischeSeniorenheimeKrefeldgGmbH

De-Greiff-Str194

47803Krefeld

RainerOchel

Dipl-Verwaltungswirt

AmStockweg7

51645Gummersbach

UrsulaPfaumlfflin-Muumlllenhoff

UPfMAltenpflegerinLehrerinfuumlrGrund-undHauptschule

DozentininderAltenpflegeausbildung

Religionspaumldagogin

AmRennerweiher3

90562Heroldsberg

HartmutRolf

LehrerfuumlrPflegeberufe(Diplom)

BerufsfachschulefuumlrAltenpflege

Diakonisches-InstitutDr-Alfred-Schwab-Platz1

73033Goumlppingen

JoachimScholz

LehrerfuumlrPflegeberufePflegedienstleiter

Wiesenstr8

51766Engelskirchen

SilkeSchoolmann

Dipl-Paumldagogin(FH)

Gartenfeldstr12

55118Mainz

HanneloreSeibold

KrankenschwesterDipl-Sozialpaumldagogin

Manchesterstr36

33604Bielefeld

BirteStaumlhrmann

KrankenschwesterLehrerinfuumlrPflegeberufe

Kommunikationswirtin

EvangDiakonissenanstaltStuttgart

Rosenbergstraszlige40

70176Stuttgart

RaimundStollbergdagger

Dipl-SozialarbeiterDipl-Gerontologe

Hauptstr36a

51519Odenthal

Mitarbeiter der vorigen Auflagen

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 10: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XI

Inhaltsverzeichnis

Lernbereich 1 AufgabenundKonzepteinderAltenpflege

11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

111 Alter Gesundheit Krankheit Behinderung und Pflegebeduumlrftigkeit 2

WasistAlter 2

WelcheAltersmodellegibtes 3

PhysiologischeAlterungsprozesse 4

AlteralsLebensphaseundalsProzess 7

WelcheModellevonGesundheit

undKrankheitgibtes 8

WasbedeutenBehinderungundPflegebeduumlrftigkeit 10

112 Konzepte Modelle und Theorien der Pflege 11

WassindKonzepteModelleundTheorien 11

113 Handlungsrelevanz von Konzepten und Modellen der Pflege anhand konkreter Pflegesituationen 14

WasistprofessionellePflege 14

WiewerdenTheorienentwickelt 15

FoumlrderndeProzesspflegenachKrohwinkel 18

RoperLoganundTierneyndash

DieElementederKrankenpflege 20

PflegemodellvonOrem 22

AnwendungwissenschaftlicherErkenntnisse

inderPraxis 24

114 Pflegeforschung und Umsetzung von Forschungsergebnissen 25

WasistPflegeforschung 25

GeschichtlicheEntwicklungderPflegeforschung 26

Forschungsansaumltze 27

Forschungsdesigns 28

SchrittedesForschungsprozesses 30

PraktischeAnwendungderPflegeforschung 32

115 Gesundheitsfoumlrderung und Praumlvention 34

PraumlventionundGesundheitsfoumlrderung 34

116 Rehabilitation 38

WasistRehabilitation 38

WasistgeriatrischeRehabilitation 39

AufgabeundZielederPflegeinderRehabilitation 40

LeistungenundLeistungstraumlgerderRehabilitation 44

117 Biografiearbeit 45

PraumlgungdurchdieBiografie 45

LebensgeschichteundAltenpflege 46

BiografischeHaltungimPflegealltag 47

Biografiearbeitundbiografisch

orientiertePflegeplanung 48

ErhebungbiografischerInformationen

undDatenschutz 50

PsychobiografischesModellnachBoumlhm 51

Altersbilder 52

118 Pflegerelevante Grundlagen der Ethik 53

Menschenbilder 53

VorstellungenvomAltseinundvonaltenMenschen 54

EthischeGrundrichtungenundPrinzipien 56

WerteorientierteberuflicheBeziehungsgestaltung 59

12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

121 Wahrnehmung und Beobachtung 61

WasistWahrnehmung 61

BeeinflussungderWahrnehmung 64

WasistBeobachtung 66

BedeutungderBeobachtunginderPflege 70

122 Pflegeprozess 72

WasistderPflegeprozess 72

123 Pflegediagnostik 74

Informationssammlung 74

ErkennenvonPflegeproblemenundRessourcen 76

WassindPflegediagnosen 78

ArtenvonPflegediagnosen 79

KlassifikationvonPflegediagnosen 80

Assessmentinstrumente 81

124 Planung Durchfuumlhrung und Evaluation der Pflege 84

WiewerdenPflegezielegeplant 84

PlanungundDurchfuumlhrungderPflegemaszlignahmen 85

WassindPflegestandards 88

WiewirdPflegeevaluiert 90

Pflegevisite 91

125 Grenzen der Pflegeplanung 93

126 Pflegedokumentation EDV 94

InstrumentderPflegendashPflegedokumentation 94

EDV-SystemezurPflegedokumentation 97

ProgrammeinderAltenpflege 98

DigitaleLernmittel 100

Datenschutz 101

127 Pflegeuumlberleitung und Case Management 102

PflegeuumlberleitungundEntlassungsmanagement 102

Schnittstellenmanagement 105

CaseManagement 107

13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

131 Pflegerelevante Grundlagen 110

EinfuumlhrungindieAnatomieundPhysiologie 110

EinfuumlhrungindieGeriatrie 117

EinfuumlhrungindieGerontopsychiatrie 119

EinfuumlhrungindiePsychologie 121

EinfuumlhrungindieArzneimittellehre(Pharmakologie) 123

EinfuumlhrungindieHygiene 127

EinfuumlhrungindieErnaumlhrungslehre 132

1

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 11: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XII

INHALTSVERzEICHNIS

132 Unterstuumltzung alter Menschen bei der Selbstpflege 140

Sichbewegenkoumlnnen 140

Sichpflegenkoumlnnen 148

Sichkleidenkoumlnnen 163

Essenundtrinkenkoumlnnen 169

Ausscheidenkoumlnnen 177

Ruhenschlafenundsichentspannenkoumlnnen 189

Fuumlreinesichereundfoumlrdernde

Umgebungsorgenkoumlnnen 196

MitexistenziellenErfahrungendes

Lebensumgehenkoumlnnen 200

133 Unterstuumltzung alter Menschen bei praumlventiven und rehab Maszlignahmen 204

ProphylaxenundPraumlvention 204

Dekubitusprophylaxe 205

Pneumonieprophylaxe 211

Thromboseprophylaxe 215

Sturzprophylaxe 220

Kontrakturenprophylaxe 229

Zystitisprophylaxe 231

Obstipationsprophylaxe 233

ProphylaxevonMundschleimhautveraumlnderungen 234

Kontinenzfoumlrderung 236

134 Mitwirkung bei geriatrischen und gerontopsychiatrischen Rehakonzepten 240

Kinaesthetics 240

BasaleStimulation 246

Realitaumltsorientierungstraining 251

Gedaumlchtnistraining 252

Validation 254

Snoezelen 257

Selbsterhaltungstherapie 258

10-Minuten-Aktivierung 259

135 Umgang mit Hilfsmitteln und Prothesen 260

GehhilfenundRollstuumlhle 260

AugenprothesenundKontaktlinsen 262

Houmlrsysteme 263

136 PaM mit eingeschraumlnkter Funktion von Sinnesorganen 264

ErkrankungendesAuges 264

Houmlrstoumlrungen 268

137 Pflege alter Menschen mit Behinderungen 272

AlteMenschenmitBehinderungen 272

138 Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen 274

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderHaut 274

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBewegungsapparates 289

PflegealterMenschen

mitErkrankungenderAtmungsorgane 309

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHerz-Kreislauf-Systems 324

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desBlut-undLymphsystems 349

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desStoffwechsels 356

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desHormonsystems 358

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desVerdauungstraktes 370

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derNiereundHarnwege 395

PflegealterMenschenmitErkrankungen

derGeschlechtsorgane 405

PflegealterMenschenmitErkrankungen

desNervensystems 416

139 Pflege infektionskranker alter Menschen 436

InfektionsketteundInfektionserreger 436

Infektionskrankheiten 439

MRSAndashDerProblemkeim 443

1310 Pflege multimorbider alter Menschen 445

MultimorbidealteMenschen 445

1311 Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen 448

AlteMenschenmitSchmerzen 448

1312 Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veraumlnderter alter Menschen 457

VerwirrtheitszustaumlndealterMenschen 457

DemenzielleErkrankungen 459

DepressionbeialtenMenschen 473

SuizidhandlungenalterMenschen 478

1313 Pflege alter Menschen mit Suchtproblemen 481

SuchtbeialtenMenschen 481

1314 Pflege schwerstkranker und sterbender alter Menschen 484

Unterstuumltzungschwerstkrankerund

sterbenderMenschenbei

spezifischenProblemenundBeduumlrfnissen 484

UmfelddesSterbendenunddieBegleitung

derAngehoumlrigen 487

1315 Handeln in Notfaumlllen erste Hilfe 488

WassindNotfallsituationen 488

WieverhalteichmichinNotfallsituationen 489

NotfallspezifischeErste-Hilfe-Maszlignahmen 493

14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

141 Kommunikation und Gespraumlchsfuumlhrung 499

WiefunktioniertKommunikation 499

WievermeideichKommunikationsstoumlrungen 506

KommunikationundPflege 510

WasistklientenzentrierteGespraumlchsfuumlhrung 513

TechnikderGespraumlchsfuumlhrung 515

WelcheVoruumlberlegungenmuumlssen

fuumlrGespraumlchegetroffenwerden 517

WelcheGespraumlchsartengibtes 521

142 Beratung und Anleitung alter Menschen 526

ZieleundInhaltederBeratung 526

PrinzipienundMethodenderBeratung 528

BeratunginderPflege 530

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 12: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XIII

INHALTSVERzEICHNIS

SelbstpflegekompetenzendesaltenMenschen 531

KommunikationsproblemeaumlltererMenschen 533

AnleitungalterMenschen 535

143 Beratung und Anleitung von Angehoumlrigen und Bezugspersonen 539

BedeutungderAngehoumlrigenimPflegeprozess 539

144 Anleiten von Pflegenden die nicht Pflegefachkraumlfte sind 542

AnleitungvonPflegehilfskraumlften 542

15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

151 Durchfuumlhrung aumlrtzlicher Verordnungen 545

UmgangmitGeraumlten(Medizinproduktegesetz) 545

WickelundAuflagen 546

AnlegeneinerUnterschenkelprothese 548

Verbandwechsel 549

Wundbehandlung 551

AnlegenvonKompressionsverbandund

medizinischerThromboseprophylaxestruumlmpfe 556

Inhalation 560

Sauerstoffgabe 561

AbsaugenderoberenAtemwege 562

WechselundPflegederTrachealkanuumlle 564

Pulskontrolle 566

Blutdruckmessen 567

Blutzuckermessen 568

Fluumlssigkeitbilanzieren 569

OrganisationderMedikamentenversorgung 570

Medikamenterichtenundverabreichen 571

Injektionen 574

RichtenundAnschlieszligenvonivInfusionen 577

UmgangmitzentralenVenenkathetern 579

UmgangmitPortsystemen 581

LegenundZieheneinerMagensonde 582

Sondennahrungverabreichen 584

Sondenpflege 586

EinlaumlufeunddigitaleAusraumlumung 587

VersorgungeinesKolostomasundUrostomas 590

Irrigation 593

GewinnungvonMittelstrahlurin 594

Urinuntersuchung 595

Blasenspuumllung 596

KatheterisierungderHarnblase 597

152 Rechtliche Grundlagen 600

VoraussetzungenfuumlrdieUumlbertragungaumlrztlicher

AufgabenaufPflegekraumlfte 600

Verweigerungsrecht 601

Dokumentation 602

Haftungsrecht 603

Betaumlubungsmittelrecht 607

153 Rahmenbedingungen 609

RahmenbedingungenKrankenhaus

stationaumlreundambulanteAltenpflege 609

154 Zusammenarbeit mit Aumlrztinnen und Aumlrzten 612

BesonderheitenderZusammenarbeit 612

BeideraumlrztlichenVisitemitwirken 613

155 Interdisziplinaumlre Zusammenarbeit Mitwirkung im therapeutischen Team 614

InterdisziplinaumlreZusammenarbeit 614

156 Mitwirkung an Rehabilitationskonzepten 616

UnterstuumltzungpflegenderAngehoumlrigerbei

praumlventivenMaszlignahmen 616

Lernbereich 2 UnterstuumltzungalterMenschenbeiderLebensgestaltung

GestaltenundSichernsozialerBeziehungen

beiMigranten 638

Bekleidungs-undEssgewohnheiten 639

MaszlignahmenderGrundpflegebeiMigranten 640

TagesstrukturierungbeiMigranten 641

RegelnethniespezifischerKommunikation

undGespraumlchsfuumlhrung 642

214 Glaubens- und Lebensfragen 643

Lebensbilanz 643

AuseinandersetzungmitVerlusten 645

AuseinandersetzungmitdereigenenVergaumlnglichkeit 647

BedeutungvonGlaubenundReligiositaumlt 649

BedeutungvonLebenssinnundLebenswert 651

215 Alltag und Wohnen im Alter 653

BegriffeundAspektederGerontologie 653

AlltagundWohnenimAlterzuHause 654

AlltagundWohnenimAlterimHeim 656

PflegearbeitinderHaumluslichkeitdesaltenMenschen 658

PflegearbeitimHeim 659

21 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 618

211 Altern als Veraumlnderungsprozess 618

EntwicklungdesMenschen 618

SubjektiveWahrnehmungdesAlternsund

desAlters 624

AlternalssozialerVeraumlnderungsprozess 625

212 Demografische Entwicklungen und Strukturwandel 629

DemografischeEntwicklungeninDeutschland 629

StrukturwandelinderaumllterenBevoumllkerung 631

BedeutungderdemografischenEntwicklung 632

213 Ethniespezifische und interkulturelle Aspekte 634

VerstaumlndnisinanderenKulturen 634

FamilienbeziehungeninanderenKulturen 635

FamilienbeziehungenbeituumlrkischenMigranten 636

BelastungsfaktorenfuumlrerfolgreichesAltern

beiMigranten 637

2

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 13: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XIV

INHALTSVERzEICHNIS

ArmutimAlter 660

Alterskriminalitaumlt 661

216 Familienbeziehungen und soziale Netzwerke alter Menschen 662

Altseinfruumlherundheute 662

EinsamkeitundIsolation 663

GesellschaftlicheIntegrationalterMenschen 664

FamilienformenundFamilienbeziehungen

zwischendenGenerationen 665

EheundPartnerschaftimAlter 668

PflegendeAngehoumlrigendashstatistischeDaten 669

PflegendeAngehoumlrigendashMotivationundSituation 670

FamilienorientierteAltenpflege 671

SozialeBeziehungenundFreundschaftenimAlter 674

EhrenamtlicharbeiteninderAltenpflege 676

217 Sexualitaumlt im Alter 677

BedeutungderSexualitaumltimAlter 677

NeueBeziehungenimAlter 678

SexualitaumltundKrankheit 679

UmgangmitAlterssexualitaumlt 680

218 Menschen mit Behinderungen im Alter 682

Lebenswelten 682

SozialerStatus 684

SpezielleWohnangeboteundDienste 685

22 Alte Menschen bei der Wohnraum- und Wohnumfeldgestaltung unterstuumltzen 687

221 Ernaumlhrung Haushalt 687

EssenswuumlnscheundEssverhalten 687

EssenzuHauseundimHeim 688

ErnaumlhrungsanamneseundBiografie 689

ErnaumlhrungsverhaltenbeiBettlaumlgerigen 690

Ernaumlhrungsfehler 691

ErnaumlhrungbeidemenziellerkranktenMenschen 692

EssplatzgestaltungGetraumlnkeangebotEssenreichen 693

Verpflegungssysteme 694

GrundlagenderHaushaltshygieneund-organisation 695

DiensteundAssistenzleistungen 696

222 Schaffung eines foumlrderlichen und sicheren Wohnraums und Wohnumfelds 697

EinefoumlrderlicheAtmosphaumlreschaffen 697

GesundheitsfoumlrderndeGestaltungderWohnung 699

Alten-undbehindertengerechte

Wohn-undUmfeldgestaltung 702

SicherheitinderWohnung 705

VerhuumltungvonUnfaumlllenundStuumlrzen 707

BarrierefreiesWohnen 709

Brandschutz 710

TechnischeAusstattung 712

223 Wohnformen im Alter 714

BedeutungdesWohnens 714

23 Alte Menschen bei der Tagesgestaltung und bei selbst organisierten Aktivitaumlten unterstuumltzen 718

231 Tagesstrukturierende Maszlignahmen 718

HilfebeiderAlltagsstrukturierung 718

232 Musische kulturelle und handwerkliche Beschaumlftigungsangebote 722

SportwissenschaftlicheBewegungsfoumlrderung 722

SeniorengymnastikSeniorentanz 725

Bewegungs-undTanzspiele 728

ThemenorientierteAktivierungsangebote 730

Gesundheits-undentspannungsfoumlrderndeVerfahren 732

KreativesWerkenMalenArbeiten

mitTonundHandarbeiten 735

SpieleSingenMusizieren 736

GedaumlchtnistrainingundGehirnjogging 739

TierhaltungundTierbetreuung 740

233 Feste und Veranstaltungsangebote 743

FesteundVeranstaltungen 743

234 Medienangebote 745

KlassischeundneueMedien 745

AngebotefuumlrMenschenmitbeeintraumlchtigten

FunktionenderSinnesorgane 748

235 Freiwilliges Engagement alter Menschen 750

FreiwilligesEngagementalterMenschen 750

236 Selbsthilfegruppen 753

FormenderSelbsthilfe 753

237 Seniorenvertretungen Seniorenbeiraumlte 755

WassindSeniorenvertretungen 755

Lernbereich 3 RechtlicheundinstitutionelleRahmenbedingungenaltenpflegerischerArbeit

Pflegeversicherung 764

Sozialhilfe 768

312 Traumlger Dienste und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens 770

WohlfahrtsverbaumlndeundTraumlger 770

DiensteundEinrichtungenderAltenhilfe 772

Leitbilder 773

Konzepte 775

31 Institutionelle und rechtliche Rahmen-bedingungen beim altenpflegerischen Handeln beruumlcksichtigen 758

311 Systeme sozialer Sicherung 758

AufgabenundFunktionendesSozialstaats 758

SaumlulenderSozialversicherung 759

Krankenversicherung 761

Rentenversicherung 763

3

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 14: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XV

INHALTSVERzEICHNIS

AktuelleEntwicklungeninderambulanten

undstationaumlrenAlten-undKrankenpflege 777

313 Vernetzung Koordination und Kooperation im Gesundheits- und Sozialwesen 778

Koordinierungs-undVermittlungsstellen 778

Pflegekonferenzen 779

314 Pflegeuumlberleitung Schnittstellenmanagement 780

Uumlberleitung 780

315 Rechtliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 781

Grundrechte 781

SchweigepflichtundDatenschutz 783

Arbeitsrecht 784

Zivilrecht 789

Vorsorgemoumlglichkeiten 792

HeimrechtundHeimaufsicht 793

316 Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen altenpflegerischer Arbeit 794

FinanzierungvonLeistungen 794

Personal-undSachkosten 796

WirtschaftlichesHandelninderAltenpflege 798

ArbeitsorganisationsformeninderPflege 799

Stellenbeschreibung 801

Dienstplangestaltung 804

32 An qualitaumltssichernden Maszlignahmen in der Altenpflege mitwirken 806

321 Rechtliche Grundlagen 806

QualitaumltssicherungimSozialgesetzbuch 806

322 Konzepte und Methoden der Qualitaumltsentwicklung 808

KriterienzurMessungderPflegequalitaumlt 808

ExterneQualitaumltssicherungdurch

VerbraucherschutzundBeschwerdestellen 809

ExterneQualitaumltssicherung

durchBerufsorganisationen

QualitaumltskonferenzenZertifizierungen 810

ExterneQualitaumltssicherung

durchHeimaufsichtundMDK 812

InterneQualitaumltssicherung

durchinnerbetrieblicheStrategienArbeits-undEinsatz-

planungStellenbeschreibung 813

InterneQualitaumltssicherungdurchPflegekonzeptund-mo-

dellPflegedokumentation 814

InterneQualitaumltssicherung

durchLeitbildundLeitbildentwicklung 815

InterneQualitaumltssicherung

durchPflegevisiteundPflegestandards 816

QualitaumltssicherungdurchQualitaumltszirkelundKundenbe-

fragung 817

AusgewaumlhlteModelledesQM

imambulantenBereich 819

AusgewaumlhlteModelledesQMim

stationaumlrenBereich 822

323 Fachaufsicht 826

WasistFachaufsicht 826

Lernbereich 4 AltenpflegealsBeruf

41 Berufliches Selbstverstaumlndnis entwickeln 830

411 Geschichte der Pflegeberufe 830

ChristlichmotiviertePflege 830

PflegeimMittelalter 831

PflegeinderNeuzeit 832

Pflegeim19Jahrhundert 833

Pflegeim1WeltkriegundinderWeimarerRepublik 835

PflegeimNationalsozialismusundim2Weltkrieg 836

Pflegenach1945 837

Pflegeim21Jahrhundert 838

GeschichtederVersorgungalterMenschen 839

PflegeausbildungimWandel 840

412 Berufsgesetze der Pflegeberufe 841

WelcheBerufsgesetzegibtes 841

413 Professionalisierung der Altenpflege Berufsbild und Arbeitsfelder 845

BerufProfessionalisierungProfession 845

WasistKompetenz 846

WelcheKompetenzenbrauchteineAltenpflegerin 847

StufenderKompetenzentwicklung 849

MerkmaleundHandlungsspielraumlume

professionellerAltenpflege 851

FehlerquellenprofessionellenHandelns 854

Fort-undWeiterbildungStudium 856

BerufsbildAltenpflege 858

414 Berufsverbaumlnde und Organisationen der Altenpflege 860

GewerkschaftenundPflegeberufsverbaumlnde 860

KonfessionelleBerufsorganisationen 863

RepraumlsentationundImagederPflege

inderGesellschaft 864

415 Teamarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen 865

WasisteinTeam 865

TeamfaumlhigkeitundTeamentwicklung 866

KommunikationimTeam 867

WorausbestehenTeamsinderAltenpflege 868

Informations-Anlauf-undVermittlungsstellen 869

416 Ethische Herausforderungen der Altenpflege 870

EthischeKonfliktsituationen 870

EthischeKonfliktsituationSexualitaumlt 871

4

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 15: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

XVI

INHALTSVERzEICHNIS

Betreuungs-undAufsichtspflichtndashDemenz 872

Nahrungsverweigerung 873

MoumlglichkeitenundGrenzen

deraktivierendenPflege 874

SuizidalterMenschen 875

EthischeKonfliktezwischenpersoumlnlichen

undprofessionellenWertenundNormen 876

417 Reflexion der beruflichen Rolle und des eigenen Handelns 877

MotivationundBerufswahl 877

RolleinderAusbildung 878

BeruflicheRolle 879

42 Lernen lernen 882

421 Lernen und Lerntechniken 882

GrundlagendesLernens 882

WasistIntelligenz 885

Lerntechniken 888

GestaltungundPraumlsentationvonTexten 889

LernenimAlter 891

422 Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien 892

EDVundInternet 892

423 Arbeitsmethodik 894

GrundmodellmenschlichenHandelns 894

Technikenfuumlreinstrukturiertesund

zielorientiertesHandeln 895

424 Zeitmanagement 896

43 Mit Krisen und schwierigen sozialen Situationen umgehen 898

431 Berufstypische Konflikte und Befindlichkeiten 898

WassindKonflikte 898

KonfliktsituationeninderAltenpflege 899

KonflikteskalationundKonfliktbewaumlltigung 902

Konfliktmanagementdurchthemenzentrierte

InteraktionundSupervision 904

WandelundVeraumlnderung 907

BerufstypischeBefindlichkeiten 908

Burn-out-Syndrom 910

Mobbing 917

432 Spannungen in der Pflegebeziehung 922

SympathieundAntipathie 922

NaumlheundDistanz 923

MachtundOhnmacht 924

IntimitaumltSchamEkel 926

433 Gewalt in der Pflege 928

AggressionundGewalt 928

GewaltimPflegealltag 929

UrsachenvonGewalt 931

Interventionsstrategien 932

44 Die eigene Gesundheit erhalten und foumlrdern 934

441 Persoumlnliche Gesundheitsfoumlrderung 934

LebensgeschichteundKonfliktloumlsungsverhalten 934

PsychohygienischeStrategien 935

KontaktstrategienundKontaktvermeidungsstrategien 936

PersoumlnlicheGrenzenundGrenzerfahrungen 937

Suchtgefaumlhrdung 938

442 Arbeitsschutz 940

Arbeitsschutz 940

RuumlckenschonendesArbeitenRuumlckenschule

undKinaumlsthetik 943

443 Stresspraumlvention und -bewaumlltigung 949

StresspraumlventionundStressbewaumlltigung 949

444 Kollegiale Beratung und Supervision 951

Supervision 951

Literaturverzeichnis 955

Sachverzeichnis 972

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 16: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

1

LERNBEREICH 1

Aufgaben und Konzepte in der Altenpflege

LF 11 Theoretische Grundlagen in das altenpflegerische Handeln einbeziehen 2

LF 12 Pflege alter Menschen planen durchfuumlhren dokumentieren und evaluieren 61

LF 13 Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen 110

LF 14 Anleiten beraten und Gespraumlche fuumlhren 499

LF 15 Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken 545

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 17: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

2

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Da Alter eine willkuumlrliche Festlegung ist unter-

scheidetmanzwischendemchronologischen(bio-

grafischen) Alter in Lebensjahren und dem biolo-

gischenAlterwelchesdiekoumlrperlicheundgeistige

Leistungsfaumlhigkeit sowie die gesundheitliche Situ-

ationeinesMenschenbeinhaltetBiologischesund

chronologischesAlterkoumlnnenvoneinanderabwei-

chenUnterdenBegriffenbdquovorgealtertldquooderbdquogrei-

senhaftldquoverstehtmanMenschenmiteinemhoumlhe-

ren biologischen als chronologischen Lebensalter

Mit den Begriffen bdquoruumlstigldquo oder bdquojuumlnger wirkendldquo

bezeichnet man Menschen mit einem niedrigeren

biologischen als chronologischen Lebensalter Al-

ternistalsokeinexaktfestlegbarerBegriffsondern

ein biologischer psychischer und sozialer Prozess

(Abb 11)

GeradeindenletztenJahrhundertenhabensich

die Vorstellungen uumlber den Altersbegriff enorm

veraumlndertunteranderemdurchdieextremgestie-

gene Lebenserwartung der Bevoumllkerung die ge-

wandelten Lebensbedingungen und den erheblich

veraumlndertenAltersaufbauderGesellschaft

Wir wissen ndash und darauf weisen die fuumlr die Al-

tersmedizin (Geriatrie) zustaumlndigen Fachleute hin

ndash dass obwohl Alter und Altern nicht einfach mit

Krankheit gleichzusetzen sind diese Lebensphase

mit einer Reihe von bdquoGefaumlhrdungenldquo verbunden

istDazuzaumlhlennichtnurKrankheitenkoumlrperliche

oderpsychischeEinbuszligensondernauchderVerlust

vonKontaktpersonennachdemRuumlckzugausdem

aktivenErwerbslebenoderderVerlustdesPartners

durchTododerScheidungAlteMenschensindalso

verglichenmitallenanderenAltersgruppeneinem

houmlherenRisikostatusausgesetzt

LebenserwartungDie mittlere Lebenserwartung in Deutschland ist

von 47 Jahren bei Frauen und 44 Jahren bei Maumln-

nernimJahre1900auf82JahrebeiFrauenund77

JahrebeiMaumlnnernimJahre2009angestiegenDies

hat nicht nur eine generelle Zunahme des Anteils

an alten Menschen in der Gesellschaft sondern

auchVeraumlnderungenindieserGruppezurFolgeSo

M Ein Mensch gilt als bdquoaltldquo

wenn er das 61 Lebens-

jahr begonnen hat Es wird zwi-

schen bdquojungem Alterldquo (Menschen

zwischen 60 und 74) und bdquohouml-

herem Alterldquo (ab 75 Jahren) un-

terschieden (WHO)

B Ein 52-jaumlhriger mit lang-

jaumlhrigem Alkoholmiss-

brauch und zahlreichen Organ-

schaumldigungen gilt als vorgeal-

terter Mann

Eine 88-jaumlhrige Rentnerin die

regelmaumlszligig auf Reisen geht laumln-

gere Wanderungen unternimmt

und eine vor 3 Jahren notwendig

gewordene groszlige Huumlftgelenk-

operation gut uumlberstanden hat

gilt als ruumlstige Frau

M Altern ist kein exakt

festlegbarer Begriff son-

dern ein biologischer psychi-

scher und sozialer Prozess

D Die Lebenserwartung

ist die durchschnittliche

Lebensdauer fuumlr ein bestimmtes

Ausgangsalter bei gegebener

Sterblichkeit Haumlufig ge-

brauchtes Maszlig zur Einschaumltzung

des Alterns einer Bevoumllkerung

meist nach Maumlnnern und Frauen

unterschieden

wuchs die Gruppe der uumlber 80-Jaumlhrigen (Hochbe-

tagten)von15MioimJahr1970aufuumlber36Mio

imJahr2003beiansonstenweitgehendgleichblei-

benderBevoumllkerungszahl

GeriatrieDer bdquogeriatrischeldquo Patient hat ein anderes bdquoProfilldquo

alseinjuumlngererPatientbeidemhaumlufigberufliche

Rehabilitationsziele im Vordergrund stehen Er ist

einbiologischaumlltererMenschDasheiszligtKriterium

ist nicht ein bestimmtes Alter in Jahren sondern

einfeststellbarerfortgeschrittenerbiologischerAl-

terungsprozessEsisteinaumlltererMensch

ndash der durch altersbedingte Funktionseinschraumln-

kungenbeiErkrankungenakutgefaumlhrdetist

ndash der zur Multimorbiditaumlt (Zusammentreffen vie-

lerErkrankungen)neigt

ndash bei dem eine Rehabilitation sowohl aus koumlrper-

lichen psychischen wie auch sozialen Gruumlnden

erforderlichist

GerontologieDieGerontologieberuhtaufErkenntnissenausver-

schiedenen Bezugswissenschaften wie Biologie

Medizin Pflege Psychiatrie Psychologie Paumldago-

gik Soziologie Politologie Volkswirtschaftslehre

DemografieTheologieundPhilosophie

Die noch junge Gerontologie hat sich entspre-

chenddemwachsendenInteresseamAlterundder

heutigen Bedeutung alter Menschen aus kleinen

und vereinzelten Anfaumlngen zu einem umfangrei-

chenFachentwickeltDiesesInteressehatvazwei

Gruumlnde

ndash den demografischen Wandel (der Anteil alter

MenschenanderGesamtbevoumllkerungnimmtzu)

ndash dieLebensqualitaumltimAlter(auchaltenMenschen

soll Bildung Wohlstand und Lebensqualitaumlt zu-

gestandenwerden)

Die psychologische Gerontologie (Psychologie des

Alterns)fragtuanach

ndash EntwicklungimhoumlherenAlter

ndash LebenszufriedenheitaumlltererMenschen

ndash koumlrperlicherundgeistigerLeistungsfaumlhigkeit

ndash Umgang mit der Frage nach dem Sinn ihres Le-

bens

ndash VerhaltenalterMenschen inBelastungssituatio-

nenundihrerseelischenWiderstandskraft

ndash sozialenAktivitaumlten

ndash Bewaumlltigung von Alltagsaufgaben bei nachlas-

sendenKraumlften

ndash persoumlnlichenAlternsstilen

D Geriatrie ist das Fachge-

biet der Medizin das

sich mit Erkrankungen aumllterer

Menschen beschaumlftigt

D Gerontologie im en-

geren Sinne leitet sich

aus dem Griechischen ab (geron

= Greis) und ist die Wissenschaft

vom Altern und vom Alter Sie

dient der Erforschung der koumlr-

perlichen psychischen und sozi-

alen Situation alter Menschen in

der Gesellschaft

Was ist Alter

Abb 11 Alter ist nicht gleich Alter Nicht das Alter hat den Men-schen zu dem gemacht was er ist sondern sein Leben (aus Koumlther 2005) (Foto Herby Meseritsch Fotoliacom)

sect

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 18: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

3

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Mithilfe von Altersmodellen auch Alterstheorien

genanntwirdversuchtdasAlterunddasAltwer-

dengenauerzubeschreibenDabeigehtesumFra-

genwiezBbdquoWievollziehtsichdasAltwerdenldquo

bdquoKoumlnnen Menschen erfolgreich altern und wenn

ja wieldquo Wie erleben und verhalten sich alternde

MenschenundkannmandarausRuumlckschluumlsse fuumlr

bdquodieAltenldquofuumlrdieGesellschaftfuumlrdieSeniorenpo-

litikziehenldquoEinigeModelleTheorienwerdenim

Folgendenvorgestellt

DefizitmodellHierbei geht man davon aus dass geistige Leis-

tungsfaumlhigkeit in der Kindheit erworben wird im

jungenErwachsenenhaltereinLeistungshoumlhepunkt

bestehtunddanacheinunaufhaltsamerLeistungs-

abbaustattfindetDieHauptaussagedesDefizitmo-

dells (Defizit = Mangel) besteht darin dass Lern-

faumlhigkeit Intelligenz und Anpassungsfaumlhigkeit im

Alterabnehmenundzwargleichermaszligenbeiallen

alten Menschen (universelle Guumlltigkeit) und alle

geistigen Leistungen betreffend (generelle Guumlltig-

keit)AuchdieFaumlhigkeitensichmitdemAlltagaus-

einanderzusetzengehengleichsamverloren(Kruse

uLehr1996)

Disengagement-TheorieDiese Theorie auch Ruumlckzugstheorie genannt be-

schreibtdenAlterungsprozessalsRuumlckzugausso-

zialen Rollen und Kontakten Einerseits sei dieser

Ruumlckzug von der Gesellschaft gefordert anderer-

seits habe der alternde Mensch selbst das innere

BeduumlrfnissichausderGesellschaftzuruumlckzuzie-

henDesWeiterensiehtdieseTheorieAufgabendes

hohen Alters darin altersbedingte Einschraumlnkun-

gen sowie die eigene Endlichkeit zu akzeptieren

VollziehtderalterndeMenschdiesenRuumlckzugund

die damit verbundenen Aufgaben so altere er zu-

friedenbzwbdquoerfolgreichldquo

AktivitaumltstheorieDie Aktivitaumltstheorie besagt dass bdquoerfolgreichesldquo

Altern gelingt wenn Menschen im Alter aktiv

bleiben Es sei wichtig am sozialen Leben teilzu-

nehmen und soziale Rollen auszuuumlben Voraus-

setzungen sind dabei Gesundheit und Mobilitaumlt

Diese Theorie geht davon aus dass der mit dem

Alter einhergehende Taumltigkeits- und Rollenverlust

denAktivitaumltsradiusaumlltererMenscheneinschraumlnkt

und somit den Selbstwert und das Wohlbefinden

gefaumlhrdetDemnach isteswichtigdassalteMen-

schenaktivbleibenunddieVerlustedurchandere

Aktivitaumltenkompensieren

KompetenzmodellDas Kompetenzmodell (Kompetenz = Faumlhigkeit)

hebthervordass

ndash geistige Leistungsfaumlhigkeit und Kreativitaumlt nicht

verlorengehen sondernbis inshoheAlter trai-

nierbarsind

ndash bestimmte geistige Faumlhigkeiten Erfahrung und

Wissenzunehmen(psychologischeKompetenz)

ndash koumlrperlicher Abbau durch Uumlbung verlangsamt

wird und verlorene Faumlhigkeiten zuruumlckerlangt

werdenkoumlnnen(physiologischeKompetenz)

ndash innererRuumlckzugsichdurchgesellschaftliche In-

tegration verhindern oder lindern laumlsst (soziale

Kompetenz)

Das Kompetenzmodell beinhaltet demnach Res-

sourcen und Faumlhigkeiten des alternden Menschen

undbejahtMoumlglichkeitenAlterngestaltenundsich

(noch) entwickeln zu koumlnnen Oben aufgefuumlhrte

KompetenzenkoumlnnensichzwarveraumlndernEinbu-

szligen stattfinden aber der Verlust von Faumlhigkeiten

koumlnne durch andere Kompetenzen ausgeglichen

werden

Differenzielle ModelleDifferenzielle Modelle des Alterns betonen hinge-

gen die individuellen Unterschiede und untersu-

chenwiedieseUnterschiedezuerklaumlrensindSie

beruumlcksichtigenzB

ndash die groszlige Bedeutung die der bisherige Lebens-

laufunddieAusbildungbestimmterFaumlhigkeiten

aufdieLeistungsfaumlhigkeitimAlterhaben

ndash diespezifischeArtderAnforderungenzBwie

aumlltereMenschenetwasNeueslernenwieihrGe-

daumlchtnis arbeitet wie sie mit Belastungen oder

kritischenEreignissenumgehen

ndash dass Veraumlnderungen Belastungen und Konflikte

die seelische Widerstandskraft staumlrken koumlnnen

undvonaltenMenschenkreativgenutztwerden

koumlnnen

DifferenzielleModellebeschreibendasAlteralsein

komplexesPhaumlnomendasnichtdurcheineeinzel-

ne und allgemeine Aussage uumlber die Leistungsfauml-

higkeiteinesMenschenausreichendcharakterisiert

werdenkannGerontologenweisenmitNachdruck

auf die Ressourcen alter und sehr alter Menschen

hin Sie fordern dass dieses bdquoKapitalldquo zum Wohle

derGesellschaftundderaltenMenschenselbstge-

nutztwird(Werle2006)

Welche Altersmodelle gibt es

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 19: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

4

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Physiologische AlterungsprozesseDerbiologischeAlterungsprozessdersichanallen

OrgansystemenbemerkbarmachthatseineGrund-

lageindenVeraumlnderungeninjedereinzelnenZelle

des Koumlrpers Verschiedene Prozesse wirken ver-

mutlichnebeneinander

Theorie der bdquogenetischen Regulationldquo Durch die

AktivierungbestimmterGeneindenmenschlichen

Zellen werden die einzelnen Entwicklungs- und

Alterungsphasen gesteuert der Alterungsprozess

wirddurchsogGeronto-Geneverursacht

Zellschaumldigungstheorie Bei den Stoffwechselpro-

zessen in der menschlichen Zelle koumlnnen Stoffe

(sogRadikale)entstehendiedieZellhuumllleEnzyme

oderdieErbsubstanz(DNA)schaumldigenDieseZell-

schaumldennehmenimLaufederZeitzukoumlnnennicht

ausreichendrepariertwerdenundfuumlhrensozuei-

nerFunktionseinschraumlnkungderZelle

Funktionelle Reserven Im Erwachsenenalter be-

sitzt der menschliche Organismus in allen Organ-

systemenerheblicheReservenumaufBelastungen

zureagierenDieseReservensinddurchdenAlte-

rungsprozess des Organismus als Erstes betroffen

weswegensichFunktionseinbuszligenerstbeistarken

BelastungenbemerkbarmachenFuumlrdasVerstaumlnd-

nis des Alterns ist es wichtig zu wissen dass das

GleichgewichtdesOrganismusunternormalenBe-

dingungennichtbeeintraumlchtigtistderaumlltereOrga-

nismusabergegenuumlberSchaumldigungenoderinext-

remenLebensbedingungenempfindlicherundwe-

nigeranpassungsfaumlhigwird

Veraumlnderungen der einzelnen OrgansystemeFolgende Begriffe werden im Zusammenhang mit

den Alterungsvorgaumlngen der Organe und Gewebe

haumlufigverwendet

Degenerative Veraumlnderungen Mit diesem Begriff

werden Veraumlnderungen eines Organs bezeichnet

die durch Abnutzung oder eine schaumldigende Wir-

kung von auszligen auftreten Diese Schaumlden koumlnnen

nichtausreichendrepariertoderkompensiertwer-

denundhabenFunktionseinbuszligenzurFolge (zB

AbnutzungserscheinungenanstarkbelastetenGe-

lenken)

ZelltodAuchwennaumluszligereEinfluumlsseeinengroszligen

EinflusshabenirgendwanngehtjedeZellevonal-

leinezugrundeJemehrZelleneinesOrgansunter-

gehendestomehrsinktseineFunktionsfaumlhigkeit

AtrophieDamitistdieVerkleinerungundRuumlckbil-

dungvonOrganenoderGewebengemeintUrsache

kann entweder ein Zelluntergang oder eine feh-

M Der biologischeAlte-

rungsprozessist bis

heute noch nicht genau erklaumlr-

bar und es gibt zahlreiche Mo-

delle die vermutlich nebenei-

nander wirken

M Der Prozess des biolo-

gischen Alterns stellt

keine Krankheit dar sondern ei-

nen natuumlrlichen Prozess der den

menschlichen Organismus emp-

findlicher fuumlr Belastungen und

Krankheiten werden laumlsst

lende Inanspruchnahme (zB Muskelschwund bei

Bettlaumlgerigkeit)sein

Fibrose Eine andere Folge der Organschaumldigung

kann der Umbau des urspruumlnglichen Gewebes in

Bindegewebe sein Das eigentliche Gewebe wird

vonZellgiftenEntzuumlndungenoderdurchUumlberlas-

tung geschaumldigt und wird durch Bindegewebe er-

setztzBbeiderLeberzirrhose

Herz-Kreislauf-System

DieAltersveraumlnderungenimHerz-Kreislauf-System

habenihreHauptursachenichtimHerzselbstson-

dern in der abnehmenden Elastizitaumlt der Arterien

im Kreislauf-System Durch Ablagerungen in der

Gefaumlszligwand im Rahmen einer Arteriosklerose die

in unterschiedlichem Ausmaszlig bei allen Menschen

auftrittgehtdieDehnbarkeitderArterienzuruumlck

DamitsteigtderDruckimGefaumlszligsystemgegenden

das Herz das Blut durch den Koumlrper pumpt Als

Reaktion nimmt die durchschnittliche Herzmus-

keldickeinderlinkenKammer(Ventrikel)zuwas

zuabnehmenderPumpleistungoderverminderter

BlutversorgungdurchdieHerzkranzgefaumlszlige fuumlhren

kann

Am Herzen nimmt die Empfindlichkeit fuumlr die

StresshormoneAdrenalinundNoradrenalinabdie

maximale Herzfrequenz unter koumlrperlicher Belas-

tungsinktvon200proMinutebeim20-Jaumlhrigenauf

durchschnittlich170proMinutebeim85-Jaumlhrigen

Atmungsorgane

Durch den Elastizitaumltsverlust des Lungengewe-

besunddiezunehmendeStarrheitdesBrustkorbs

kommteszurAbnahmedesLungenvolumensund

der Vitalkapazitaumlt Insgesamt wird in den Lungen

generellwenigerSauerstoffinsBlutaufgenommen

weshalb der Sauerstoffgehalt im Blut mit zuneh-

mendemAlterimmerniedrigerwird

Durch eine herabgesetzte Aktivitaumlt des Husten-

reflexesunddenRuumlckgangdesFlimmerepithelsim

Bronchialsystem ist die Selbstreinigungsfunktion

derAtemwegeimAlterherabgesetzt

Nierenfunktion und Fluumlssigkeitshaushalt

Nieren DieNieregehoumlrtzudenwenigenOrganen

desMenschenbeidenenesimAlterregelmaumlszligigzu

krankhaften Funktionseinschraumlnkungen kommt

dhaumlltereMenschenhabenkeinenormaleNieren-

funktionmehr

Fluumlssigkeitshaushalt Der Wassergehalt des Koumlr-

pers sinkt von 60 beim Erwachsenen auf unter

50 beim aumllteren Menschen Veraumlnderungen im

Fluumlssigkeits- und Elektrolythaushalt machen sich

alsoschnellerbemerkbarNebenderobenbeschrie-

benenAbnahmederNierenfunktionwirddieSteu-

P Bei Ausdauersportim

Alter muss der Puls bei

den Betroffenen beobachtet

werden er sollte bei koumlrperlicher

Belastung nicht dauerhaft uumlber

120 pro Minute ansteigen

M Nieren mit einer einge-

schraumlnkten Funktion re-

agieren extrem empfindlich auf

Fluumlssigkeitsmangel Schon nach

wenigen Tagen mit Fluumlssigkeits-

mangel (z B bei Durst Fieber

Diarrhouml) kann es zu einer akuten

Niereninsuffizienz (Nierenversa-

gen) kommen

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 20: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

5

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

erung des Fluumlssigkeitshaushaltes noch durch eine

veraumlnderte Durstregulation beeintraumlchtigt Durch

eine abnehmende Ausschuumlttung des Dursthor-

monsADHundeineherabgesetzteEmpfindlichkeit

dafuumlrhabenaumlltereMenschengenerellbeiFluumlssig-

keitsmangeleinvermindertesDurstgefuumlhlunddie

Nierereagiertnurlangsammiteinerverminderten

Fluumlssigkeitsausscheidung Insgesamt kommt es

deshalbimAlterverhaumlltnismaumlszligigraschundhaumlufig

zu Fluumlssigkeitsmangel und gefaumlhrlichen Veraumlnde-

rungenimElektrolythaushalt(Abb 12)

Harnwege Mit zunehmendem Alter nimmt die

RuhespannungderHarnblasenmuskelnzuunddas

Fassungsvermoumlgen der Harnblase ab es kommt

deshalbzueinemhaumlufigerenndashauchnaumlchtlichenndash

WasserlassenBeiuumlber70der70-jaumlhrigenMaumln-

nerfindetsicheineProstatavergroumlszligerungweshalb

das Wasserlassen verlangsamt ist Im Alter ist die

Blasenentleerung generell verlangsamt und ihre

Steuerung beeintraumlchtigt (bdquoWasserlassen auf Ra-

tenldquo)

Verdauungssystem

Im gesamten Verdauungstrakt kommt es zu einer

Abnahme der Darmbewegungen und einer Ver-

langsamung des Transports im Verdauungstrakt

wasletztendlichzuderimAltersehrhaumlufigenVer-

stopfung (Obstipation) fuumlhrt Durch die Ruumlckbil-

dung von Magen- und Darmschleimhaut werden

weniger Verdauungssekrete gebildet die Nahrung

wird deshalb weniger gut zerlegt und zahlreiche

Nahrungsbestandteile(wieEisenKalziumVitami-

ne) werden in geringeren Mengen aufgenommen

Durch die Abnahme der Stoffwechselleistung von

LeberundPankreaskannderinsBlutaufgenomme-

neZucker(Glukose)langsamerverarbeitetoderin

dieZellenaufgenommenwerdenweshalbeshaumlu-

figer zu Blutzuckerspitzen kommen kann Durch

dieherabgesetzteEntgiftungsfunktionderLeberim

Alter ist der Abbau von Alkohol verlangsamt und

seineWirkungverstaumlrkt

P Vorsicht Beim aumllteren

Patienten kann auch ei-

ne uumlbermaumlszligige Fluumlssigkeitszu-

fuhr zu gefaumlhrlichen Komplikati-

onen (z B Lungenoumldem bei ei-

ner bestehenden Herzinsuffizi-

enz) fuumlhren da die Niere in ihrer

Ausscheidungskapazitaumlt einge-

schraumlnkt ist

M Durch die herabgesetzte

Entgiftungsfunktion der

Leber im Alter ist der Abbau von

Alkohol verlangsamt und seine

Wirkung verstaumlrkt

Blut- und ImmunsystemDas blutbildende Knochenmark nimmt im Ver-

gleich zu jugendlichen Erwachsenen beim aumllteren

MenschenumcadieHaumllfteabundwirddurchFett

bzwBindegewebeersetzt(Abb 13)Beimgesun-

den aumllteren Menschen ergeben sich hieraus keine

wesentlichen Veraumlnderungen im normalen Blut-

bild allerdings ist die Antwort der koumlrpereigenen

ImmunabwehrgegenuumlberInfektionenverlangsamt

undherabgesetztDiebeiInfektionenmitBakteri-

en typische Vermehrung der weiszligen Blutkoumlrper-

chen (Leukozytose) kann bei aumllteren Menschen

voumllligfehleninsgesamtwirdderKoumlrperanfaumllliger

fuumlr Infektionen Bei starken Blutverlusten werden

die roten Blutkoumlrperchen (Erythrozyten) langsa-

mernachgebildetsodasseineBlutarmut(Anaumlmie)

schnellerauftrittundlaumlngeranhaumllt

Bewegungsapparat

MuskulaturDieMuskelmassenimmtvomErwach-

senenalteranstetigab(bei60-bis70-Jaumlhrigenum

ca30)DadurchergibtsicheinallgemeinerKraft-

und Leistungsverlust sowie die Neigung zu Fehl-

stellungen in den Gelenken da die Stabilisierung

durchdieMuskelngeringerwird

Knochen Durch Veraumlnderungen im Knochenstoff-

wechsel kommt es zur Abnahme des Kalksalzge-

haltesderKnochenmiteinerVerschmaumllerungdes

inneren Geruumlsts der Knochen und einer erhoumlhten

Knochenbruumlchigkeit (Frakturgefahr Abb 14)

DurchdasVersiegenderOumlstrogenproduktioninden

WechseljahrensindFrauenabdiesemAlterbeson-

ders von der Osteoporose (Knochenschwund) be-

troffenAndenGelenkenkommtessehroftdurch

AbnutzungsprozessezumVerlustdesKnorpeluumlber-

zuges und damit zu einer schmerzhaften Funkti-

onseinschraumlnkungdesGelenkes(Arthrose)

Haut

DasUnterhautfettgewebe(subkutanesFettgewebe)

bildet sich zuruumlck die Haut wird schlaffer weni-

ger elastisch und empfindlicher fuumlr Verletzungen

Durch die Abnahme der Talgdruumlsen ist die Haut

desaumllterenMenschentrockenerAnlichtexponier-

Abb 13 Blutbildendes Knochenmark (rotes Knochenmark) mit Fettzellen und Blutzellvorstufen (Foto nach Kuumlhnel Taschenatlas Histologie Thieme 2014)

neutrophilerPromyelozyt

Proerythro-blasten

Fettzellen

eosinophilerPromyelozyt

Abb 12 Ausreichendes Trinken ist im Alter besonders wichtig (Foto OVogl Thieme)

Abb 14 Im Alter steigt das Risiko einer Knochenfraktur (hier eine Fraktur des medialen Schluumlsselbeins) (Foto Y Kollrack Thieme)

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 21: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

6

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1tenStellenkanneszubraumlunlichenPigmentflecken

(bdquoAltersfleckenldquo)kommen(Abb 15)

Nervensystem

Mit zunehmendem Alter kommt es im gesamten

NervensystemzumVerlustvonNervenzellenAuch

dasHirngewichtnimmtum40ndash50ab(Altersatro-

phie)dafuumlrnimmtderGehaltanWasser (Liquor)

imGehirnzuDurcheineverzoumlgerteNervenleitge-

schwindigkeit nimmt das Reaktionsvermoumlgen ab

Die Folge sind langsamere Entscheidungen in un-

uumlbersichtlichen Situationen verzoumlgerte Orientie-

rungodererschwerteGedaumlchtnisbildung

Sinnesorgane

Augen Die durchschnittliche Sehschaumlrfe nimmt

aufgrund der Veraumlnderungen an Augenlinsen

HornhautundNetzhautimAlterabAbdem50Le-

bensjahrkanneszurAltersweitsichtigkeit(Presby-

opie) kommen Auch die Lichtempfindlichkeit der

NetzhautsowiedieReaktionsfaumlhigkeitderPupillen

lassen nach was zu einer verzoumlgerten Anpassung

desSehensimDunkelnfuumlhrt

Gehoumlr DieFaumlhigkeithoheFrequenzenwahrzuneh-

men geht laufend zuruumlck (Presbyakusis) betrof-

fen sind hierbei die houmlheren Toumlne und der obere

Sprachbereich(TuumlrklingelMusik)

Geschmack EskommtzueinerAbnahmevonGe-

ruchs-undGeschmacksfaumlhigkeit(vorallemfuumlrbdquosal-

zigldquo) weshalb alte Menschen oft uumlber den bdquolang-

weiligenldquo Geschmack des Essens klagen und nur

mangelhaftenAppetitzeigenDasDurstempfinden

istherabgesetztsodassauchbeierheblichemFluumls-

sigkeitsmangelnurweniggetrunkenwird

Hormonsystem

DienormalenAltersveraumlnderungenimHormonsys-

tembetreffenbeibeidenGeschlechterninersterLi-

niedieGeschlechtshormoneDieseVeraumlnderungen

haben Auswirkungen auf zahlreiche Organe aber

auchaufdassubjektiveVerarbeitendesbdquoAumllterwer-

densldquo Bei Frauen laumlsst zwischen dem 45 und 60

Lebensjahr die Bildung der Geschlechtshormone

OumlstrogenundProgesteronindenEierstoumlckennach

InderFolgebleibtdiePeriodenblutungausunddie

Fortpflanzungsfaumlhigkeit endet Die fehlende Wir-

kungdesOumlstrogenskannnochandereAuswirkun-

genwieeineBeckenbodenschwaumlcheeineHarnin-

kontinenzsowiedenAnstiegdesRisikosfuumlrOsteo-

poroseoderHerzinfarkthaben ImRahmendieser

bdquoWechseljahreldquo (Klimakterium) koumlnnen weitere

SymptomewieHitzewallungenSchwitzenSchlaf-

stoumlrungen oder Kopfschmerzen auftreten aber

auchmassivepsychischeProblemewieNervositaumlt

StimmungslabilitaumltoderDepressionen

AberauchbeiMaumlnnerngibteszwischendem45

und65LebensjahrbdquoWechseljahreldquomithormonel-

len Veraumlnderungen und ihren Auswirkungen auf

Koumlrper und Seele Durch das Nachlassen der Tes-

tosteronproduktionindenHodenkommteshaumlufig

zu einer Prostatavergroumlszligerung nachlassender se-

xuellerLustundErektionsstoumlrungenSinktderTes-

tosteronspiegel stark ab so koumlnnen Osteoporose

FettgewebszunahmeBlutarmutoderMuskelabbau

auftreten aber auch Hitzewallungen Stimmungs-

schwankungenoderDepressionen

AuchbeivielenanderenHormonenlaumlsstdieWir-

kung im Alter natuumlrlicherweise nach sei es durch

dieAbnahmederEmpfindlichkeit fuumlreinHormon

(zB beim Adrenalin) oder durch eine verminder-

teAusschuumlttungdurchdieHormondruumlsen(zBbei

derSchilddruumlse)DieAuswirkungensindallerdings

nicht soschwerwiegendwiebeidenGeschlechts-

hormonen

Abb 15 Durch Abnahme des Unterhautfettgewebes wird die Haut im Alter bdquoschlafferldquo Gut zu erkennen sind auch die Altersfle-cken (Foto Roman Stoumlppler Thieme)

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 22: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

7

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

Alter als Lebensphase und als ProzessLebenserfahrung Altern ist als die Lebensphase

bezeichnetworden indersichErfahrungenange-

haumlufthabenDerMenschverfuumlgtdannuumlbereinen

individuellen Erfahrungsschatz Lebenserfahrung

umfasst

ndash SelbsterkenntnisEinMenschkenntseineeigenen

StaumlrkenseineSchwaumlchenundBesonderheiten

ndash Handlungswissen Er weiszlig wie Dinge anzupa-

ckensind

ndash Menschenkenntnis Er hat ein Bild davon wie

Menschenhandelnundwiemit ihnenumzuge-

henist

ndash Einsicht in Lebenszusammenhaumlnge Er versteht

etwasvombdquoLebenldquokannauchmitdenUngewiss-

heitendiezumLebengehoumlrenumgehenErtraut

sich seinem Wesen gemaumlszlig zu leben bereichert

anderedamitundentscheidetfreiwoersichaus

Ruumlcksichtaufandereselbstzuruumlcknehmenwill

LebensruumlckschauMitdenJahrenverengtsichder

Lebenskreis Die Kontakte des Berufslebens be-

stehen nicht mehr gleichaltrige Freunde und Ver-

wandte sterben Reisen und sonstige Aktivitaumlten

fallen schwerer Waumlhrend die Orientierung nach

auszligenabnimmtgewinntdieBeschaumlftigungmitder

eigenenVergangenheitanBedeutung

SehrvieleswaseinMenschinKindheitundJu-

genderlebthatistdemGedaumlchtnisunwiederbring-

lich verloren gegangen Nur an Erlebnisse die fuumlr

einenMenschenbesondereemotionaleBedeutung

hattenerinnertmansichauchimAlternochgut

Lebensbewaumlltigung Manche schweren Erlebnis-

se konnten bis ins hohe Alter nicht so verarbeitet

werdendassderalteMenschRuhefindetGewalt-

erlebnisse gehoumlren dazu auch eigene Schuld die

nieausgesprochenundgesuumlhntwurde

Lebensdeutung Das menschliche Gedaumlchtnis be-

treibtnichtselteneineArtSchoumlnfaumlrbereiEsspei-

chert Erlebnisse nicht vollstaumlndig und auch nicht

zuverlaumlssigDienachtraumlglicheSinndeutungveraumln-

dertundverschoumlntbelastendeEreignisseimLeben

undmachtsieimNachhineinertraumlglichDiesistei-

neunbewussteBewaumlltigungsstrategie

Lebensbilanz

Auchschon immittlerenAlter schauenMenschen

aufihrbisherigesLebenzuruumlckundziehenBilanz

Im Alter kommt verstaumlrkt das Bewusstsein hinzu

dassdasDaseinunddaseigeneLebenendlichsind

DieFragenachdemSinndes(seines)Lebensmuss

jeder Mensch selbst fuumlr sich beantworten Beim

Bilanzziehen finden Menschen auch fuumlr schwere

Erlebnisse einen Sinn Statt mit einem schweren

SchicksalzBeinerKrankheitzuhadernerkennen

sieeinWozu

LebensphasenEs hat sich als nuumltzlich erwiesen den Lebensab-

schnittAlterfeinerzuuntergliederndenninnerhalb

diesesAbschnittsgibtesstarkeVeraumlnderungenDie

Phase kann nach dem kalendarischen oder auch

nachdembiologischenAlterunterteiltwerden

Kalendarisches AlterEsrichtetsichnurnachdem

GeburtsjahrAlleamgleichenTagGeborenensind

gleichaltSosprichtTews(1996)vonden

ndash jungenAltenoderdemdrittenLebensalter(Ende

60bisMitte70)

ndash altenAltenoderdemviertenLebensalter(Mitte

70bisEnde80)

ndash Hochbetagten(Ende80bis100)

ndash Langlebigen(uumlber100)

Biologisches AlterDasbiologischeAlterfragtnach

alterstypischenVeraumlnderungendesKoumlrpersystems

bzwnachkoumlrperlichenProzessendesAlternsWie

frisch oder verbraucht sind Zellen Gewebe und

OrganeSokannein70-jaumlhrigerMenschaufgrund

von guter Gesundheit die Vitalkapazitaumlt eines

durchschnittlichen60-JaumlhrigenhabenSeinbiologi-

schesAlterwaumlredemnacherst60Jahre

MoumlglichwaumlrezBaucheineGliederungnach

ndash sozialemStand(imBerufslebenRentnerselbst-

staumlndigabhaumlngigvonHilfelebend)

ndash Aktivitaumlten und Interessen (erschlieszligt sich je-

mandnochNeues)

ndash Selbsteinschaumltzung(werfuumlhltsichaltwerfuumlhlt

sichjung)

Veraumlnderungen beim AlternImalterndenMenschenwirkenpsychologischeund

biologische Entwicklungen sowie Veraumlnderungen

seinerStellung inderGesellschaftzusammenund

fuumlhren zu Wechselwirkungen (Freund 2003) Per-

soumlnliche Erfahrungen geben dem Menschen eine

neueIdentitaumlt

Allmaumlhlicher Uumlbergang

Beim Altern erfaumlhrt der Mensch etwas Aumlhnliches

wiebeidenUumlbergaumlngeninfruumlherenLebensaltern

zBinderPubertaumltdochwerdendieVeraumlnderun-

gen meist nicht als bdquovorteilhaftldquo empfunden Zu-

mindestdiekoumlrperlichenZeichenwerdenalsVer-

lusteerlebt(Riemann2005)

Besondersschwierig istdasAumllterwerdenfuumlrdie

MenschenderenSelbstbildsichanFitnessundju-

gendlicherSchoumlnheitorientierteunddieihrLeben

langeinnegativesAltersklischee(bdquokrankundhaumlss-

lichldquo)hattenFuumlrsie istesschockierendwennsie

AlterserscheinungenansichwahrnehmenAndere

Menschen wiederum erkennen va die Chancen

des Alters Sie bleiben seelisch jung und erleben

dasssichdasLebennocheinmalneuoumlffnet

M Da der Prozess des Al-

terns uumlber weite Stre-

cken allmaumlhlich verlaumluft spuumlrt

man ihn selbst meist kaum und

erst andere machen einen da-

rauf aufmerksam dass man aumll-

ter geworden ist

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 23: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

8

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1Welche Modelle von Gesundheit und Krankheit gibt esDaswasunterGesundheitbzwKrankheitverstan-

den wird unterliegt geschichtlichen kulturellen

wissenschaftstheoretischenundauchindividuellen

Einfluumlssen

Biomedizinisches Krankheits modellDieses Modell von Krankheit ist einseitig krank-

heitsorientiert und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesundheit sind fest zu

bestimmendeZustaumlndebeideneneinerdenande-

ren ausschlieszligt Das Modell basiert auf folgenden

Grundannahmen

ndash JedeKrankheitkannaufeinebestimmteGrund-

schaumldigung des Koumlrpers zuruumlckgefuumlhrt werden

die entweder in der Zelle oder in einer Stoumlrung

mechanischer oder biochemischer Ablaumlufe be-

steht

ndash JedeKrankheithateinespezifischeUrsacheund

einenspezifischenVerlaufdersichbeschreiben

undvorhersagenlaumlsstunddersichohnemedizi-

nischeInterventionverschlimmert

ndash Krankheit ist objektiv dh unabhaumlngig von der

jeweilserkranktenPersonzubestimmenKrank-

heitundGesundheitwerdenalsstatischestarre

Zustaumlndebetrachtet

ndash KrankheitenaumluszligernsichinbestimmtenSympto-

mendievonentsprechendgeschultenExperten

diagnostiziertwerden

ndash Gesundheit kann nur im Zusammenhang mit

KrankheitnaumlmlichalsbdquoFreiseinvonKrankheitldquo

unddamitnegativdefiniertwerden

DieseAusrichtungspiegeltsichbisheuteimdeut-

schenGesundheitswesenwider

Das biomedizinische Modell hatte auch starken

EinflussaufdieAufgabenderPflegeDieNotwen-

digkeit pflegerischer Taumltigkeit war dann gegeben

wenn ein Mensch krank wurde und umfasste vor

allemdiePflegedeskrankenKoumlrpersErstlangsam

zeichnet sich im Gesundheitswesen ein Wandel

wegvondereinseitigkrankheitsorientiertenSicht-

weisehinzurPraumlventionundRehabilitation

M Die SichtweisevonGe-

sundheitundKrank-

heit hat im Lauf der Geschichte

der Menschheit einen starken

Wandel durchlaufen

M Das biomedizinische

ModellvonKrankheit

ist einseitig krankheitsorientiert

und auf koumlrperliche Stoumlrungen

bezogen Krankheit und Gesund-

heit sind fest zu bestimmende

Zustaumlnde bei denen einer den

anderen ausschlieszligt

Stress-Coping-ModellDas medizinische Krankheitsmodell erfuhr vor al-

lem durch die psychosomatischen Erklaumlrungsmo-

delle fuumlr die Pathogenese dh fuumlr die Entstehung

von Krankheit eine Erweiterung Einer dieser An-

saumltze ist das sog bdquoStress-Coping-Modellldquo (Belas-

tungs-BewaumlltigungsmodellAbb 16)

NachdiesemModellsindnichtmehrnurkoumlrper-

licheUrsachenanderEntstehungvonKrankheitbe-

teiligtsondernauchpsychischeundsozialeFakto-

renInAbhaumlngigkeitvondenindividuellenBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten (Coping-Strategien) entschei-

detsichobundinwelcherWeisegesundheitliche

KonsequenzenfuumlrdenBetroffenenentstehen

BeidenBewaumlltigungsmoumlglichkeitenwerdenper-

soumlnlicheundkollektiveBewaumlltigungsmoumlglichkeiten

unterschiedenZudenpersoumlnlichenBewaumlltigungs-

moumlglichkeitengehoumlrenuapsychischeFaumlhigkeiten

des betroffenen Menschen wie Selbstbewusstsein

und Selbstvertrauen Kollektiven Bewaumlltigungs-

mechanismen werden zB gute Beziehungen zu

Freunden oder die Einbindung in soziale Gruppen

zugeordnet

SinddieBewaumlltigungsmoumlglichkeiteneinesMen-

schen nicht ausreichend koumlnnen die Stressoren

Stress im psychosozialen Erleben des Betroffenen

ausloumlsen der sich wiederum auf das organisch-

somatischeGeschehennegativauswirktAmEnde

kannsicheineErkrankungmanifestieren

Gesundheitsdefinition der WHO

Gegen die starke Ausrichtung auf den Krankheits-

begriffunddieeinseitigaufkoumlrperlicheStoumlrungen

ausgerichtete Betrachtungsweise des biomedizini-

schenModellswandtesichbereits1946dieWeltge-

sundheitsorganisation (WHO) mit ihrer Definition

(slinkeSpalte)

ndash Gesundheitwurdeerstmalsnichtnuralskoumlrper-

liche Gesundheit beschrieben wodurch gleich-

zeitig neben koumlrperlichen auch psychische und

soziale Faktoren zur Entstehung von Krankheit

beitragenkoumlnnen

M Krankheit entsteht nach

dem Stress-Coping-Mo-

dell durch ein Ungleichgewicht

zwischen auf den Menschen ein-

wirkenden Stressoren einerseits

und Bewaumlltigungsmoumlglichkeiten

des betroffenen Menschen ande-

rerseits

D Gesundheitsdefinition

der WHO (1946) bdquoGe-

sundheit ist ein Zustand voll-

kommenen koumlrperlichen geis-

tigen und sozialen Wohlbefin-

dens und nicht allein das Fehlen

von Krankheit und Gebrechenldquo

(zitiert nach Schwartz et al

1998 S 10 f)

Rollen-diskontinuitaumltDeprivationrelativeDeprivation

Arbeits- und berufs-spezifische Belastungen

Liveevents

AlltaumlglichesGeschehen

=

Psycho-sozialesErleben=Stress

Organisch-somatischesGeschehen=Stress

VorbotenderKrankheit

Krankheit

Coping

Sozialstruktur Individuum Organismus

Abb 16 Stress-Coping-Modell

9

111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

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111 ALTER GESUNDHEIT KRANKHEIT BEHINDERUNG UND PFLEGEBEDUumlRFTIGKEIT

bull

derungen eine Auseinandersetzung wert sind

und mit den zur Verfuumlgung stehenden Ressour-

cenbewaumlltigtwerdenkoumlnnen

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

ndash Gesundheit und Krankheit sind keine Zustaumln-

de die sich gegenseitig ausschlieszligen sondern

gegenuumlberliegende Pole eines Kontinuums auf

dem sich ein Mensch entweder naumlher zum Pol

GesundheitoderzumPolKrankheiteinordnet

ndash Jeder Mensch traumlgt gleichzeitig gesunde und

krankeAnteileinsichundistzueinembestimm-

tenZeitpunktentwederdemPolGesundheitoder

demPolKrankheitnaumlherbzwweiterentfernt

Stressoren und Spannungszustand

ndash sindphysikalischebiochemischeundpsychoso-

zialeFaktorendieaufdenMenscheneinwirken

undeinenSpannungszustanderzeugen

ndash WirdderSpannungszustandnichtbewaumlltigtent-

steht eine belastende Situation die zur Schwauml-

chungderkoumlrperlichenGesundheitfuumlhrenkann

ndash DasKohaumlrenzgefuumlhleinesMenschenkanneiner-

seitshelfenStressorenalsneutralalsonichtbe-

drohlichzubewertenandererseitstraumlgtesdazu

bei situationsangemessen und auf die Loumlsung

desProblemsausgerichtetzureagieren

ndash Eine erfolgreiche Spannungsbewaumlltigung hat

eine gesundheitserhaltende bzw sogar gesund-

heitsfoumlrderndeWirkung

Generalisierte Widerstandsressourcen

ndash beeinflussen die Bewaumlltigung eines Spannungs-

zustandes

ndash dazu zaumlhlen ua koumlrperliche Faktoren Intelli-

genz finanzielle Moumlglichkeiten soziale Unter-

stuumltzungundkulturelleEingebundenheit

ndash koumlnneninunterschiedlichenSituationenundLe-

bensereignissen wirksam werden und erhoumlhen

dieWiderstandsfaumlhigkeiteinesMenschen

ndash Gesundheit wurde nicht mehr nur allein durch

objektive Faktoren bestimmt sondern umfasste

mit der Formulierung bdquoWohlbefindenldquo auch das

subjektiveErleben

ndash GesundheitwurdehierunabhaumlngigvonKrankheit

undineinerpositivenFormulierungdefiniert

Salutogenetisches Modell

Die Schwerpunktsetzung der WHO weg von der

Krankheit und hin zur Gesundheit hat sich auch

in den neueren Erklaumlrungsmodellen zur Entste-

hungvonKrankheitniedergeschlagenEinerdieser

Ansaumltze geht auf den amerikanischen Medizinso-

ziologen Aaron Antonovsky zuruumlck der 1987 sein

Modell der bdquoSalutogeneseldquo vorstellte Schon mit

derBezeichnungseinesAnsatzesmachtAntonovs-

ky deutlich dass es ihm mit seinem Modell nicht

um die Erklaumlrung der Entstehung von Krankheit

der Pathogenese sondern um die Erklaumlrung der

EntstehungvonGesundheitdhderSalutogenese

(griechEntstehungvonGesundheit)geht

Antonovsky versteht Gesundheit und Krankheit

nicht als zwei Zustaumlnde die sich gegenseitig aus-

schlieszligen wie es beispielsweise im biomedizini-

schenModellderFallistErbetrachtetGesundheit

und Krankheit als dynamischen Prozess der zwi-

schendenbeidenPolenbdquosichergesundldquoundbdquosicher

krankldquo eine Reihe von ineinander uumlbergehenden

Zwischenbereichen aufweist Ebenso konzentriert

sichseinAnsatznichtaufbdquokrankmachendeldquoRisiko-

faktorensondernaufbdquogesundmachendeldquoBewaumllti-

gungsmoumlglichkeiten die er auch als Gesundheits-

faktorenoderbdquoCoping-Ressourcenldquobezeichnet

Das Modell der Salutogenese besteht aus vier

zentralenKonzepten(Abb 17)

Kohaumlrenzgefuumlhl

ndash eine Grundhaltung der Welt und dem eigenen

Lebengegenuumlber

ndash eine Art Vertrauen eines Menschen darin dass

Ereignisse im Lebenslauf erklaumlrt als Herausfor-

M Gesundheit wird als

Ergebnis einer erfolg-

reichen Spannungsbewaumlltigung

betrachtet Hieran sind maszliggeb-

lich das Kohaumlrenzgefuumlhl eines

Menschen das zur Aktivierung

und Auswahl der geeigneten

Ressourcen beitraumlgt und die ge-

neralisierten Widerstandsres-

sourcen beteiligt

Sozio-kulturellerundhisto-rischerKontext

SpezifischeLebenser-fahrungen

Kohaumlrenz-gefuumlhl

Erfolg-reicheSpannungs-bewaumlltigung

Stress-zustand

Psychosoziale physischeund biochemische Stressoren

Spannungszustand

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

Krankheits-erzeugerundbdquoschwacheGlieder inder Ketteldquo

ErfolgloserVersucheinerSpannungs-bewaumlltigung

Psychosozi-ale gene-tische undkonstitutio-nelle gene-ralisierteWider-standsres-sourcen

Abb 17 Vereinfachte Darstellung der Gesundheitstheorie nach Antonovsky

10

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 25: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

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11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

bull

1Was bedeuten Behinderung und PflegebeduumlrftigkeitBehinderungIn der Definition der Behinderung hat sich heu-

te die Dreigliederung des Gesundheitsbegriffs der

WHO durchgesetzt Wir sprechen also von Behin-

derungdeskoumlrperlichengeistigenoderseelischen

ZustandsdesMenschenBehinderungistbestimmt

durchdieProblemedesbetroffenenMenschenam

Leben in der Gesellschaft teilzuhaben nicht aber

durcheinGesundheitsproblemansich

Arten der Behinderung

Behinderungen koumlnnen durch Krankheit Unfaumllle

oder ein angeborenes Leiden verursacht werden

AbhaumlngigvonderUrsachederEinschraumlnkungkoumln-

nendreiArtenunterschiedenwerden

ndash KoumlrperlicheBehinderungistcharakterisiertdurch

EinschraumlnkungeninderBewegungsfaumlhigkeitder

LeistungsfaumlhigkeitoderderSinnesorgane

ndash Geistige Behinderung ist gekennzeichnet durch

Probleme Zusammenhaumlnge zu verstehen oder

sichzuorientieren

ndash Seelische Behinderung bedeutet dass sich ein

Mensch durch psychische Erkrankungen zB

Schizophrenie Depression oder Suchtkrankheit

nichtmehrinderGesellschaftzurechtfindet

Folgen der Behinderung

Behinderung hat weitreichende Folgen nicht nur

fuumlrdenbetroffenenMenschenselbstsondernauch

fuumlrdieFamilieunddieGesellschaftinsgesamt

ndash PersoumlnlicheFolgenDieskoumlnnenzBEinschraumln-

kungeninderkoumlrperlichenBeweglichkeitinder

Unabhaumlngigkeit und in Freizeitaktivitaumlten sein

DamitgehenberuflicheundwirtschaftlicheFol-

genundletztlichwiederProblemeindersozialen

Integrationeinher

ndash Familiaumlre Folgen Fuumlr die Familie bedeutet ein

behindertes Familienmitglied haumlufig ebenfalls

gestoumlrte soziale Beziehungen moumlglicherweise

verursachtdurchPflegebeduumlrftigkeitdesBehin-

dertenundauchdurchfinanzielleBelastungen

ndash Gesellschaftliche Folgen Auch fuumlr die Gesell-

schaft selbst sind negative Auswirkungen durch

Fuumlrsorgeanspruch und Produktivitaumltsverlust

durchdieBehinderungzuverzeichnen

Internationale Klassifikation (ICF) der WHO

Seit2001giltdiebdquointernationaleKlassifikationder

Funktionsfaumlhigkeit Behinderung und Gesundheitldquo

(ICF)derWHOdieseitOktober2005alsdeutsch-

sprachigeEndfassungvorliegtDieICF-Klassifikati-

M Drei Arten der Behinde-

rung

ndash koumlrperliche

ndash geistige

ndash seelische Behinderung

M Drei Folgen der Behinde-

rung

ndash persoumlnliche

ndash familiaumlre

ndash gesellschaftliche Folgen

on dient laumlnderuumlbergreifend als einheitliche Spra-

chezurBeschreibung

ndash desfunktionalenGesundheitszustands

ndash derBehinderung

ndash dersozialenBeeintraumlchtigung

ndash der relevanten Umgebungsfaktoren eines Men-

schen

PflegebeduumlrftigkeitNach dem Sozialgesetzbuch XI sect141 (Pflegeversi-

cherung) ist Pflegebeduumlrftigkeit definiert bdquoPflege-

beduumlrftigimSinnediesesBuchessindPersonendie

wegeneinerkoumlrperlichengeistigenoderseelischen

KrankheitoderBehinderungfuumlrdiegewoumlhnlichen

und regelmaumlszligig wiederkehrenden Verrichtungen

imAblaufdestaumlglichenLebensaufDauervoraus-

sichtlich fuumlrmindestenssechsMonate inerhebli-

chemoderhoumlheremMaszlige(sect15)derHilfebeduumlr-

fenldquo

MenschenmitBehinderungsindinunterschied-

licherWeiseaufHilfeangewiesensiesindoftauch

pflegebeduumlrftigPflegebeduumlrftigkeitkannalsFolge

einer koumlrperlichen oder geistigen bzw seelischen

Krankheit bzw Behinderung entstehen Organi-

sche Erkrankungen einerseits und psychische Er-

krankungen andererseits werden gleichberechtigt

nebeneinandergestellt Das Ausmaszlig der Pflegebe-

duumlrftigkeit wird anhand des regelmaumlszligigen taumlgli-

chen zeitlichen Aufwands fuumlr Hilfestellungen bei

Koumlrperpflege Ernaumlhrung Mobilitaumlt und der haus-

wirtschaftlichenVersorgungfestgestellt

NachErkenntnissenderPflegewissenschaftenist

PflegebeduumlrftigkeiteinkomplexesGeschehenver-

schiedenerDimensionen

ndash SozialeDimensionPflegeistimmerBeziehungs-

pflegedhsiewirdvonMenschenanMenschen

vollzogendie ineinersozialenBeziehungzuei-

nanderstehen

ndash Oumlkonomische Dimension Pflegebeduumlrftigkeit

die eine Dienstleistung erforderlich macht ist

teuerundkannmitzunehmendemPflegebedarf

ausdeneigenenfinanziellenMittelnderRenten

bzwPensionennichtmehraufgebrachtwerden

ndash PsychischeDimensionDieErfahrungderAbhaumln-

gigkeitvonanderenisteineexistenziellverunsi-

cherndeErfahrungindereigenenIdentitaumlt

ndash Soziologische Dimension Die Zahlen der Bevoumll-

kerungsentwicklung eroumlffnen eine ungewisse

Zukunft fuumlr das eigene Alter Der alte Generati-

onenvertragwirdinZukunftnichtmehrgelten

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112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

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12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 26: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

11

112 KoNzEPTE MoDELLE UND THEoRIEN DER PFLEGE

Was sind Konzepte Modelle und TheorienWiejedeandereWissenschaftbedientsichdiePfle-

gewissenschaftbestimmterBegriffeDieseBegriffe

muumlssen zunaumlchst in ihrer Bedeutung geklaumlrt wer-

denumdieVerstaumlndigunguntereinanderundmit

anderenWissenschaftenzuerleichtern

Haumlufigtrifftmaninderpflegewissenschaftlichen

Literatur auf die Begriffe bdquoMetaparadigmaldquo bdquoKon-

zeptldquobdquoModellldquoundbdquoTheorieldquowobeidieseoftnicht

klarvoneinanderunterschiedensondernbisweilen

synonym verwendet werden was zu einer gewis-

senIrritationfuumlhrtEinGrundfuumlrdieseuneinheit-

liche Begriffsverwendung liegt ua darin dass im

angloamerikanischen Raum aus dem zahlreiche

pflegewissenschaftliche Veroumlffentlichungen stam-

men andere Fachbegriffe verwendet werden oder

esschlichtzuUumlbersetzungsfehlernkommt

Eine wissenschaftstheoretische Eroumlrterung uumlber

die Zweckmaumlszligigkeit der Begriffsverwendungen

kannundsollandieserStellenichtgefuumlhrtwerden

zweckmaumlszligigistjedocheinekurzeDefinitiondieser

Begriffe

Metaparadigma

UnterdemBegriffbdquoMetaparadigmaderPflegeldquower-

denvierKernelementezusammengefasst (Fawcett

1998)

ndash MenschPerson

ndash Umwelt

ndash GesundheitWohlbefinden

ndash Pflege

InPflegetheoriengroszligerReichweite(sunten)wer-

den Aussagen uumlber diese vier Kernelemente und

derenZusammenhaumlngegetroffen Jenachdemauf

welche Art und Weise eine Pflegetheoretikerin

diese Elemente beschreibt ergibt sich daraus das

PflegeverstaumlndnisdasihrerPflegetheoriezugrunde

liegtDievierKernelementesindBestandteileiner

jedenPflegetheoriegroszligerReichweitesieerlauben

denVergleichverschiedenerTheorienuntereinan-

der(Hunink1997)

Konzept

Genau genommen handelt es sich beim Metapa-

radigmaderPflegeumvierKonzeptealsoumge-

danklicheIdeendieineinerPflegetheoriebegriff-

lichumschriebenwerden

Konzepte koumlnnen als kleinste Bausteine einer

TheorieodereinesModellsbezeichnetwerdenund

werdeninderPflegeinzweiverschiedenenFormen

genutzt

ndash KonzepteimSinnevonabstraktenKonstrukten

ndash KonzepteimSinnevonkonkretenHandlungsplauml-

nen

Konzepte im Sinne von Konstrukten Konstrukte

sind sprachliche Begriffe oder Beschreibungen fuumlr

D Der Begriff Metapara-

digma der Pflege fasst

i d R die vier Kategorien

bdquoMenschPersonldquo bdquoUmweltldquo

bdquoGesundheitWohlbefindenldquo

und bdquoPflegeldquo zusammen (Faw-

cett 1998)

D Von einem Konzept

spricht man wenn ko-

gnitive Vorstellungen von Phauml-

nomenen in einem Begriff zu-

sammengefasst werden (Faw-

cett 1998)

DingeoderErscheinungendienichtkonkretbeob-

achtbarsind

B Der Schmerz ist eine abstrakte Idee Schmerzen

sind nicht direkt sichtbar oder greifbar sondern

nur indirekt durch verbale oder nonverbale Aumluszligerungen

wahrnehmbar Und doch haben wir alle eine geistige

Vorstellung dieses Phaumlnomens

Konzepte im Sinne von konkreten Handlungsplauml-

nen Konzepte in diesem Sinne sind Handlungs-

empfehlungendie sich aus einer Theorie ableiten

lassenundevtlineinemModellihrenNiederschlag

finden

B Die Theorie zur Entstehung des Dekubitus be-

schreibt wie als Folge von Druck und Zeit an be-

stimmten Gewebestellen eine Durchblutungsstoumlrung

eintritt und damit die Entstehung eines Dekubitus be-

guumlnstigt wird Aus der Theorie wurden konkrete Hand-

lungsempfehlungen (Konzepte) zur Dekubitusprophy-

laxe abgeleitet

Aus den praktischen Erprobungen muumlssen Ruumlck-

schluumlsse auf die Geltung von Theorien gezogen

werden worauf diese revidiert werden Die Kon-

zeptezurDekubitusprophylaxe(sBeispiel)muumlssen

inderPraxisuumlberpruumlftwerdenumdieTheoriezu

bestaumltigenzuvervollstaumlndigenoderzuwiderlegen

(Abb 18)

TheoriendashModellndashKonzeptndashPraxis

Pflegetheorie

1

1

2

3

4

2

3

4

Pflegemodelle

Konzepte Konzepte

Pflegepraxis

Theorien werden in der Praxis uumlberpruumlft bestaumltigt oder abgelehnt

Theorien koumlnnen in vereinfachter Form in Modellen abgebildet werden und damit in der Praxis Anwendung finden

Konzepte enthalten reduzierte Elemente einer Theorie oder eines Modells aus denen Handlungen fuumlr die Praxis abgeleitet werden koumlnnen

Jeder bewussten Handlung liegt eine theoretische Annahme zugrunde die sich in Theorien wiederfindet

Abb 18 Pflegetheorien werden mithilfe von Modellen und Kon-zepten in die Pflegepraxis umgesetzt

$

12

11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-

Page 27: Unterstützung alter Menschen bei der …LF 2.1 Lebenswelten und soziale Netzwerke alter Menschen beim altenpflegerischen Handeln berücksichtigen . 618 LF 2.2 Alte Menschen bei der

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11ensp THEORETISCHEenspGRUNDLAGENenspINenspDASenspALTENPFLEGERISCHEenspHANDELNenspEINBEZIEHEN

1ModellModelle helfen uns einen komplexen Sachverhalt

zu veranschaulichen ndash ihn bdquogreifbarldquo zu machen

indemsieihninvereinfachterFormwiedergeben

AuchimZusammenhangmitdenPflegetheorien

findenModelleihreAnwendungModelleermoumlgli-

cheneseineTheorieinderPraxisanzuwendenSie

erlaubenesAnnahmenzutestenundHandlungen

durchzuspielen Nutzt man ein Modell ist es not-

wendig seine Bedingungen zu nennen oder sich

bewusstzuseinwasseinerKonstruktionzugrunde

liegt

ModellewerdenausTheorienabgeleitetMithilfe

vonModellenwerdenTheorienaufdiePraxisbezo-

genunduumlberpruumlft

Theorie

Eine Theorie soll dazu beitragen ein Phaumlnomen

schluumlssigndashdhbeweisbarndashzuerklaumlrenZudiesem

Zweck werden in einer Theorie Elemente des zu

erklaumlrendenPhaumlnomensineinesystematischeOrd-

nung gebracht Theorien werden unter Ruumlckgriff

auf Erfahrung (Beobachtung Versuch usw) wis-

senschaftlicheGrundannahmen(Hypothesen)und

dendarausabgeleitetenGesetzmaumlszligigkeitenentwi-

ckelt (Brandenburg u Dorschner 2003) und koumln-

nen selbst wiederum wissenschaftlich untersucht

werdenSiesindalsoinsichlogischeVermutungen

oder Erklaumlrungen zu bestimmten Erscheinungen

(ChinnuKramer1996)

EineTheorieweistfolgendeMerkmaleauf

ndash kreativeundpraumlziseStrukturierungvonIdeen

ndash Vorlaumlufigkeit

ndash Zielgerichtetheit

ndash systematischeBetrachtungsweise

Kreative und praumlzise Strukturierung von Ideen

Ideen sind hier gedankliche Konstruktionen eines

Zusammenhanges zwischen verschiedenen Phauml-

nomenenFaktoren die in der Realitaumlt beobachtet

werden koumlnnen Phaumlnomene koumlnnen Verhaltens-

weisen bzw wahrgenommene Vorgaumlnge oder Er-

eignisse aus der Praxis sein Welche Phaumlnomene

eine Theorie beruumlcksichtigt obliegt der kreativen

EntscheidungbeiderTheoriebildung

Vorlaumlufigkeit Eine Theorie ist nichts Endguumlltiges

ihreGuumlltigkeitistvielmehrvorlaumlufigSieistsolan-

ge guumlltig bis die Beobachtungen der Realitaumlt ihr

widersprechenTheoriensindrelativundnichtfuumlr

immerundewiggegeben

Zielgerichtetheit Jede Theoretikerin verfolgt mit

der Erstellung einer Theorie einen bestimmten

ZweckJedeTheorieinderPflegeverhilftdamitdi-

rektoderindirektdieauftretendenPhaumlnomenein

derPflegezuverstehensowieHandlungsanweisun-

gendarausabzuleitenundzubegruumlnden

D Ein Modell ist eine ver-

einfachende Darstellung

eines Problems eines Gegen-

standes oder einer Handlung Es

erleichtert deren Betrachtung

oder macht eine Betrachtung

uumlberhaupt erst moumlglich (Bran-

denburg u Dorschner 2003)

Theorie s auch S 15

D Eine Theorie ist bdquoeine

kreative und praumlzise

Strukturierung von Ideen die ei-

ne vorlaumlufige zielgerichtete und

systematische Betrachtungswei-

se von Phaumlnomenen ermoumlglichtldquo

(Chinn u Kramer 1996)

Systematische Betrachtungsweise Eine Betrach-

tungsweise ist dann systematisch wenn sie einen

zeitlichen kausalen oder finalen Zusammenhang

erkennen laumlsst Der gedankliche Zusammenhang

kann zeitlich begruumlndet sein indem eine Abfolge

desVorherundNachherhergestelltwird

B Eine theoretische Aussage koumlnnte lauten bdquoDer

Genesungsprozess eines kranken Menschen ver-

laumluft schneller wenn eine Bezugspflegende diesen Men-

schen ganzheitlich-foumlrdernd pflegtldquo In einer Theorie

muumlssten zunaumlchst einmal die Begriffe (bzw Konzepte)

bdquoGenesungsprozessldquo und bdquoganzheitlich-foumlrdernde Be-

zugspflegeldquo erlaumlutert und deren Zusammenhang dar-

gestellt werden Die theoretische Aussage selbst kann

dann wissenschaftlich (z B durch vergleichende Unter-

suchungen zwischen Pflegebereichen) auf ihre Richtig-

keit hin uumlberpruumlft werden

Praxisrelevanz von PflegetheorienDer Zusammenhang von Theorie und Praxis ist

nichtimmerdeutlichTatsaumlchlichbietennichtalle

bereits entwickelten Pflegetheorien konkrete An-

weisungendaruumlberwiewirbestimmteSituationen

inderPflegegestaltenkoumlnnensonderneineViel-

zahlistwesentlichabstrakter

Funktionen von Pflegetheorien

Mit einer Theorie kann die jeweilige Autorin ver-

schiedeneZieleverfolgenManunterscheidetdem-

nach vier Kategorien von Pflegetheorien (Hunink

1997Meleis1999)

ndash beschreibende(deskriptive)Theorien

ndash erklaumlrendeTheorien

ndash voraussagendeTheorien

ndash vorschreibende(praumlskriptive)Theorien

Abstraktionsniveau von Pflegetheorien

Pflegetheorien koumlnnen in einem sehr konkreten

VerhaumlltniszurpflegerischenPraxisstehensiekoumln-

nenaberauchscheinbarweitdavonentferntalso

sehrbdquoabstraktldquoseinNachihremGradanAbstrakt-

heit (ihrembdquoAbstraktionsniveauldquo Abb 19)unter-

scheidetdieamerikanischePflegewissenschaftlerin

AfafIbrahimMeleis

ndash TheoriengroszligerReichweite(Haupttheorienoder

bdquograndtheoriesldquo)

ndash Theorien mittlerer Reichweite (bdquomiddle-range

theoriesldquo)

ndash TheoriengeringerReichweite(bdquosituationsspezifi-

scheTheorienldquooderbdquoPraxistheorienldquo)

Obwohl die abstraktesten Pflegetheorien (Theo-

rien groszliger Reichweite) scheinbar wenig konkre-

te Hinweise fuumlr das pflegerische Handeln bieten

sollte deren Nutzen fuumlr die Pflegepraxis nicht un-

terschaumltzt werden Viele Konflikte im Bereich der

Altenpflege entstehen zB dann wenn Pflegende

untereinander nicht geklaumlrt haben welches Ver-