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Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Winterhude - Heidberg - Begründung Luftbild FHH Atlas 2015

Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in ... · torat 1909 fertiggestellt. Die Matthäuskirche, als erste eigene Winterhuder Kirche nach jahr-hundertelanger Zugehörigkeit

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Verordnung

über die Erhaltung baulicher Anlagen in Winterhude

- Heidberg -

Begründung

Luftbild FHH Atlas 2015

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Entwurf des Bebauungsplans für den Stadtteil Winterhude von 1909

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Begründung

1. Räumliche Ausdehnung des Erhaltungsgebiets und geltendes Planrecht

Das Gebiet im Bezirk Hamburg-Nord, Stadtteil Winterhude, Ortsteil 410 wird wie folgt be-

grenzt:

Südostgrenzen der Flurstücke 2230, 2231 und 2232 nordwestlich des Poßmoorwegs,

Südwestgrenzen der Flurstücke 2232, 2524, 725 (Heidberg), 2591, 2590 und 2592 nordöst-

lich der Gottschedstraße,

über das Flurstück 300 (Krohnskamp),

Südwestgrenzen der Flurstück 790, 775, 719 (Opitzstraße), 770, und 2224 nordöstlich der

Gottschedstraße,

Nordgrenzen der Flurstücke 2224, 2501 und 2266 südlich der Riststraße,

Nordostgrenzen der Flurstücke 2266, 719 (Opitzstraße), 2968, 2420, 407, 300 (Krohns-

kamp), 1994, 2610, 725 (Heidberg), 2234, 2598 und 2230 südwestlich der Barmbeker Stra-

ße der Gemarkung Winterhude.

Der Flächennutzungsplan für die Freie und Hansestadt Hamburg in der Fassung der Neu-

bekanntmachung vom 22. Oktober 1997 (HmbGVBl. S. 485) stellt für den Geltungsbereich

„Wohnbauflächen“ dar.

Im Landschaftsprogramm für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 14. Juli 1997

(HmbGVBl. S. 363) ist für den Geltungsbereich „Etagenwohnen“ mit der milieuübergreifen-

den Funktion „Entwicklungsbereich Naturhaushalt“ dargestellt. Eine „Grüne Wegeverbin-

dung“ verläuft entlang der Gottschedstraße.

Auszug Baustufenplan Winterhude (1955)

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Die planungsrechtliche Grundlage für die Genehmigung von Bauvorhaben bildet für den Gel-

tungsbereich der Baustufenplan Winterhude von 1955, der für das Gebiet Wohnen in vierge-

schossiger, geschlossener Bauweise und einen Platz als Grünfläche darstellt.

2. Anlass und stadtplanerische Zielsetzung

Das Gebiet der Erhaltungsverordnung in Winterhude wird südöstlich durch den Poßmoorweg

und südwestlich durch die Gottschedstraße begrenzt. Im Norden schließt die Riststraße an.

Die Nordostgrenze verläuft an der Barmbeker Straße.

Die Begrenzung entspricht der des Milieugebiets „Heidberg“ aus den 1980er Jahren (Baube-

hörde-Landesplanungsamt).

Es umfasst - bis auf einige wenige Gebäude verschiedener Baualter am Ostende des

Krohnskamps (Abb.13, 14 ) - erhaltenswerte Siedlungsbauten namhafter Architekten wie

Karl Schneider aus den 1920er und 1930er Jahren, die in Hamburg wegen ihres stadtbild-

prägenden Charakters hoch geschätzt werden. Die im Stil des Neuen Bauens errichteten

Wohngebäude in geschlossener Blockstruktur prägen zusammen mit einer begrünten Platz-

anlage (Abb. 1, 2, 2a) im Wesentlichen das Ortsbild des Gebiets.

Die ursprünglich zeittypischen, roten Ziegelfassaden sind zu einem großen Teil schon vor

längerer Zeit im Rahmen neuer Klimaschutzvorschriften den Fassadensanierungen der ers-

ten Stunde mit Kunststoffriemchen auf einem Wärmedämmverbundsystem (abgekürzt

WDVS: Ein System zum Dämmen von Gebäudeaußenwänden; Abb. 3, 4) zum Opfer gefal-

len. Der Ersatz der historischen Fenster (Abb. 5, 6) durch Fenster ohne baustilgerechte

Fensterteilung war ein weiterer Schritt, der die ursprünglich vorgesehene Unterschutzstel-

lung als Denkmalensemble unmöglich machte, obwohl die erhaltene städtebauliche Struktur

weiterhin als schutzwürdig angesehen wird.

Ergänzt werden die Bauten aus den 1920er und 1930er Jahren von nach dem zweiten Welt-

krieg errichteten Wohnhäusern im Stil der 1950er Jahre (Abb. 7, 8) .

Ziel der Verordnung ist der Schutz des qualitätsvollen Ortsbilds und die gestalterische Er-

scheinung sowie der Erhalt der prägnanten städtebaulichen Struktur des Wohnquartiers aus

der Zeit des Oberbaudirektors Fritz Schumacher, das als Teil eines Rings neuer Wohnsied-

lungen in den 1920er- und 1930er Jahren von Ottensen über Dulsberg bis Veddel als Stadt-

erweiterungsgebiete um die Innenstadt entstanden ist..

Mit der Erhaltungsverordnung als Instrument sollen neben den städtebaulichen Strukturen

die heute noch im Original erhaltenen Backsteinfassaden (Abb.9, 10) und weitere zeittypi-

sche Gestaltungselemente bewahrt werden.

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Zusätzlich sollen die zu den Gebäuden der unterschiedlichen Baualter und Stilrichtungen

gehörenden typischen, begrünten Vorgärten, Freiflächen und Platzanlagen (Abb. 11, 12)

erhalten und geschützt werden.

Auf der Grundlage der Erhaltungsverordnung sollen zukünftig Fehler bei der Fassadensanie-

rung vermieden, bzw. die Originalfassaden erhalten oder wieder hergestellt werden.

Im Rahmen des Bürgerschaftlichen Ersuchens „Hamburgs Backsteinerbe bewahren“

ist das Erhaltungsgebiet mit seiner ortbildprägenden Architektur der 1920er-1930er und

1950er Jahre und den roten Backsteinfassaden in Absprache mit der AG Backstein der Be-

hörde für Stadtentwicklung und Wohnen für die Backsteinkartierung erfasst und für die Auf-

stellung einer Erhaltungsverordnung ausgewählt worden.

Auszug Backsteinkartierung (BSW 2014)

Durch die Novellierung der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) vom 14. Dezember 2005

(HmbGVBl. S. 525, 563), zuletzt geändert am 17. Februar 2016 (HmbGVBl. S. 63), im Spe-

ziellen dem § 60 HBauO -Verfahrensfreie Vorhaben- der Anlage 2 zur HBauO und dem § 61

HBauO -Vereinfachtes Verfahren- ist die Beteiligung der Verwaltung nicht vorgesehen und

insbesondere bei Fassadensanierungen besteht die Gefahr, wegen erhöhter Anforderungen

des Klimaschutzes, unerwünschte Ergebnisse der Gebäudegestaltung zu erhalten.

Die Festsetzungen des geltenden Planrechts sind zum Schutz der erhaltenswerten Bausub-

stanz nicht geeignet. Dem Ziel, die besondere Eigenart des Erhaltungsgebiets zu bewahren,

kann nur durch eine § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der

Fassung vom 23. September 2004 (BGBl.I S. 2415), zuletzt geändert am 20. Oktober 2015

(BGBl. I S. 1722, 1731) Rechnung getragen werden, da durch sie ein Genehmigungsvorbe-

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halt für den Abbruch, die Änderung oder die Nutzungsänderung sowie für die Errichtung bau-

licher Anlagen begründet wird.

Die Erhaltungsverordnung stellt einen Eingriff in die privaten Belange der Grundstückseigen-

tümer, insbesondere Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutsch-

land vom 23.05.1949 (BGBl. I S.1), zuletzt geändert am 23.12.2014 (BGBl. I S.2438) dar.

Dieser ist hier vertretbar, da ein hinreichend starkes öffentliches Interesse an der Einführung

des Genehmigungsvorbehalts und der Möglichkeit der Verhinderung des Rückbaus, der Än-

derung, der Nutzungsänderung und der Errichtung baulicher Anlagen besteht. Nur mit dem

Instrument der städtebaulichen Erhaltungsverordnung kann in diesem Gebiet der Bestand

mit seiner besonderen bauhistorischen und städtebaulichen Qualität erhalten und vor negati-

ven gestalterischen Entwicklungen geschützt werden.

Abbildungen:

1 Der Großwohnblock (Architekt Karl Schneider) nach seiner Fertigstellung ca. 1928

Blick auf den Eckbereich Poßmoorweg / Barmbeker Straße

2, 2a Gegenwärtig ist die Original-Backsteinfassade an der Barmbeker Straße 73 – 77 noch erhalten,

die Originalfenster sind jedoch gegen Fenster mit nicht Baustil gerechter, asymmetrischer Teilung ausge-

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tauscht worden. Oberhalb der Schaufenster rechts schließt ein mit WDVS-Kunststoffklinkern verkleideter Fas-

sadenteil an.

3 WDVS mit Kunststoffriemchen an Heidberg 4 WDVS-Fassade Poßmoorweg

5..Fassadendetail Poßmoorweg 6 Fassadendetail Barmbeker Straße

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7 Gottschedstraße 20 , 1950er Jahre 8 Blick in die Opitzstraße

9 Originalfassade mit expressionistischem Schmuck 10 Krohnskamp 73-77 Gottschedestraße Ecke Krohnskamp

11 Vorgärten Opitzstraße 12 Platzanlage Heidberg

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13 Krohnskamp 81-83 14 Neubau Ecke Krohnskamp / Barmbeker Straße

3. Stadtbaugeschichtliche und städtebauliche Bedeutung des Erhaltungsgebietes

Der Stadtteil Winterhude hat ca. 53 000 Einwohner auf einer Fläche von 7,6 km².

Winterhude, erstmals am 1. Juni 1250 urkundlich erwähnt, gehört seit 1832 zu Hamburg,

wurde 1874 zum Vorort und ist seit 1894 ein regelrechter Stadtteil Hamburgs.

Von der Geschichte des alten Dorfes Winterhude und dessen weiterer Entwicklung auf den

Ländereien der Familie Sierich und der Entwicklung des Wohn und Gewerbegebiets weiter

westlich am Mühlenkamp zwischen dem Goldbekkanal und dem Osterbekkanal ist der Be-

reich des Erhaltungsgebiets nur am Rande betroffen. Der östliche Bereich des Krohnskamps

verblieb lange Zeit unbebaute Feldmark, bis sich durch den ständigen Anstieg der Bevölke-

rungszahlen der Stadt Hamburg der Druck auf die noch unbebauten Landgebiete zuneh-

mend verstärkte. Die Umgestaltung des Hamburger Stadtgebiets nach dem großen Brand

von 1842 zu Ungunsten der dichtbevölkerten Massenwohnquartiere, der Bau der Spei-

cherstadt an Stelle des dicht besiedelten Gängeviertels sowie der Arbeitskräftebedarf im

Zuge der zunehmenden Industrialisierung waren unter anderem Gründe für das rasante Be-

völkerungswachstum. Gemäß Bebauungsplangesetz für die Vororte am rechten Elbufer von

1892 wurden Bebauungspläne für die Stadterweiterung aufgestellt, um dieser Entwicklung

gerecht zu werden. Der Bebauungsplan für den Stadtteil Winterhude von 1912 (s. S. 2) zeigt

Straßenplanungen und Baufelder, die im Wesentlichen schon den heutigen Stadtgrundriss

zeigen, aber noch nicht hergestellt bzw. bebaut sind. Nennenswerte Bebauung ist nur süd-

westlich des heutigen Erhaltungsgebiets zwischen den bereits vorhandenen Straßenzügen

Heidberg und Poßmoorweg verzeichnet.

Auf dem neuen Kirchengrundstück Ecke Krohnskamp und Gottschedstraße wurde das Pas-

torat 1909 fertiggestellt. Die Matthäuskirche, als erste eigene Winterhuder Kirche nach jahr-

hundertelanger Zugehörigkeit zu St. Johannis in Eppendorf, wurde erst 1912 eingeweiht.

Bevor mit der Bebauung des geplanten Stadterweiterungsgebiets begonnen werden konnte,

brach der 1. Weltkrieg aus und die Bautätigkeit kam zum Erliegen. Nach dem Ende des

Krieges kam es in Hamburg wie im gesamten Land zu einem Umdenken auf dem Gebiet des

Wohnungsbaus. Dicht bebaute Gründerzeitquartiere in der für Hamburg typischen Schlitz-

bauweise, deren tiefe Grundrissen als unhygienisch, dunkel und schlecht belüftbar galten,

sollten nicht mehr entstehen.

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Schon vor Ende des Krieges hatte die Hamburger Bürgerschaft zur Verbesserung der

Wohnverhältnisse eine umfassende neue Bauordnung verabschiedet, die mit der Beschrän-

kung auf Zweispänner (2 Wohnungen je Etage), dem Verbot übermäßiger Bautiefe durch

Schlitzbauweise und von Terrassenbauten, der Herabsetzung der Geschossigkeit sowie

mehr Auflockerung durch Grün- und Freiflächen den Reformbestrebungen des Wohnungs-

baus in Weimarer Zeit entsprachen.

Die städtebauliche Entwicklung Hamburgs wurde in dieser Zeit durch die Tätigkeit des Ober-

baudirektors Fritz Schumacher geprägt, der sich nach dem 1. Weltkrieg maßgeblich mit der

Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum auseinandersetzte.

Unbebaute Areale, wie zum Beispiel in

Winterhude die Jarrestadt oder das Gebiet

am Heidberg, wurden in Zusammenarbeit

mit namhaften Architekten überplant und

bebaut.

Als Ergebnis der intensiven Bautätigkeit in

den 1920er Jahren entstand eine Reihe

von Wohnquartieren mit Siedlungsbauten

im Stil des neuen Bauens, die sich ringför-

mig von Veddel über Ottensen bis Duls-

berg um den Stadtrand aus gründerzeitli-

chen Mietshäusern legte und sich von die-

sen durch die Siedlungsstruktur, die Archi-

tektur und das typische, rote Backsteinma-

terial der Fassaden deutlich absetzte.

Die Ära des Reformwohnungsbaus der 1920er Jahre unter dem Oberbaudirektor Fritz

Schumacher dauerte bis zum Beginn der 1930er Jahre. Das Erhaltungsgebiet Heidberg als

Teilfläche des Rings von Wohnquartieren der 1920er Jahre mit den zeittypischen Backstein-

fassaden im Stil des Neuen Bauens, den dazugehörigen Grün- und Freiflächen sowie den

Ergänzungen soll durch die Erhaltungsverordnung geschützt werden.

Ring von Großwohnanlagen aus den 1920er Jahren (Wohnung und Stadt, G. Kähler)

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Historische Karte 1930-1940 (FHH-Atlas)

Winterhude gehörte zu den durch Kriegsschäden eher gering betroffenen Gebieten. Die

Grundstruktur der Quartiere blieb im Wesentlichen erhalten. Der Wiederaufbau beschränkte

sich in Winterhude auf die Instandsetzung der Schäden und vereinzelt auf den Neubau total

zerstörter Häuser.

Die Schaffung von Wohnraum hatte dabei absolute Priorität. Im Erhaltungsgebiet Heidberg

wurde hauptsächlich der nördliche Teil der beiden Großwohnblocks aus den 1920er Jahren

zu etwa zwei Drittel zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte an der Barmbeker Straße

abweichend vom ursprünglichen städtebaulichen Konzept. Der zerstörte Gebäudeabschnitt

Heidberg 57-65 nördlich der zentralen Platzanlage wurde jedoch in Anlehnung an das

Ursprungsgebäude in ähnlichem Duktus neu errichtet.

Die Bebauung gemäß Bebauungsplan von 1912 ist nicht ganz völlig umgesetzt. Die Bebauung weist an der Riststraße / Barmbeker Straße und an der Opitzstraße noch Lücken auf. Die Siedlungsbauten (Archi-tekt Karl Schneider) sind fertiggestellt.

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Historische Karte 1950-1960 (FHH Atlas)

Südlich des Krohnskamp ist der Großwohnblock und an Ecke Krohnskamp / Barmbeker Straße die Eckbebauung kriegszerstört. An der Riststraße / Barmbeker Straße wurde die Bebauung ergänzt, an der Opitzstraße finden sich immer noch Baulücken,

Historische Karte 1960 -1970 (FHH-Atlas): Beim Wiederaufbau haben sich im Eckbereich Krohnskamp /

Barmbeker Straße Änderungen mit einer Öffnung des nördlichen Blocks ergeben, die Baulücken an der Opitz-

straße sind geschlossen. Die Bebauung entspricht weitgehend dem heutigen Bild.

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Bis auf den Eckbereich Krohnskamp/Barmbeker Straße sind nach 1970 keine nennenswer-

ten Neubautätigkeiten durchgeführt worden. Die Schließung der Baulücken an der Opitzstra-

ße und an der Barmbeker Straße ist im Rahmen des Wiederaufbaus in den 1950er Jahren

erfolgt.

Nachteilige bauliche Veränderungen entstanden in der Folge durch erhöhte Wärmeschutzan-

forderungen sowie durch den Einbau nicht baustilgerechter Fenster. Der Baublock zwischen

Poßmoorweg und Heidberg hat deshalb seinen Status als Baudenkmal und Denkmalensem-

ble eingebüßt. Die Erhaltungsverordnung soll dazu beitragen, in diesem Bereich zukünftig

unerwünschte bauliche Entwicklungen zu vermeiden.

Stilmerkmale und Gestaltungselemente der 1920 er / 30er Jahre Bebauung:

- Rote Backstein - bzw. Klinkerfassaden oder Putzfassaden (tlw. expressionistisch ge-

prägt)

- Fensterteilungen mit schmalen vertikalen Flügeln (z. T. mit Kämpfern) und Horizontalbe-

tonung durch Sprossen, in den roten Klinkerfassaden vorwiegend in Weiß

- Baualterstypische Hauseingänge

- Baualterstypische Balkonformen

- Flachdächer, flach geneigte Dächer oder Sattel- und Walmdächer mit Pfannendeckung

- Begrünte Vorgärten mit Einfriedung,

- Begrünte Platzräume

Im Erhaltungsgebiet sind die originalen Backstein - bzw. Klinkerfassaden weitgehend nicht

mehr erhalten. Baustilgerechte Fenster sind nicht mehr vorhanden. Eine positive Ausnahme

hinsichtlich der Orginal-Fassade und der baustilgerechten Fenster bildet das Gebäude Gott-

schedstraße 18 / Kohnskamp 73-77. Erhalten sind die städtebauliche Struktur mit den Stra-

ßenzügen und der zentralen, begrünten Platzfläche sowie den begrünten Innenhöfen. Eben-

so erhalten sind Dachformen und Vorgärten.

Stilmerkmale und Gestaltungselemente der Wiederaufbauarchitektur der 1950er Jahre

- Schlichte, rote Backsteinfassaden

- Flachdächer oder Dächer mit Ziegeldeckung

- Typische Hauseingänge mit Vordächern

- Treppenhäuser, in der Fassade ablesbar durch besondere Befensterung

- Fenster ohne bzw. mit einfacher Teilung, z.T. Fenstertüren mit filigranen Balkonge-

ländern (französische Fenster)

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- Baualterstypische Balkonformen und Geländer

- Vorgärten mit typischen Einfriedungen aus Hecken oder schlichten Zäunen

- Großzügige Freiflächen und Grünräume

Die prägenden Stilmerkmale und Gestaltungselemente sind im Gebiet der Erhaltungsverord-

nung noch überwiegend vorhanden.

4. Rechtliche Wirkung der Verordnung

4.1

Die Verordnung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 des Baugesetzbuchs dient der Erhaltung

der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets. Zur Erreichung dieses Ziels wird ein Genehmi-

gungsvorbehalt für den Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung sowie für die Errich-

tung baulicher Anlagen begründet. Die Erhaltungsverordnung tritt neben das geltende Plan-

recht.

4.2

Mit der Verordnung wird das Erhaltungsgebiet zunächst nur flächenbezogen bezeichnet.

Durch die Verordnung wird die Erhaltungswürdigkeit des Gebiets festgestellt und die Ge-

nehmigungsbedürftigkeit baulicher Veränderungen nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 des

Baugesetzbuchs begründet. Ob die Voraussetzungen für die Versagung einer Genehmigung

im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben gegeben sind, ist erst im Rahmen der Entscheidung

über einen entsprechenden Antrag zu prüfen. Es handelt sich somit um ein zweistufiges Ver-

fahren.

Es wurde berücksichtigt, dass die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung – neben den be-

reits durch das geltende Planrecht eingetretenen Beschränkungen – einen Eingriff in das

Eigentumsrecht bzw. die Baufreiheit gemäß Artikel 14 des Grundgesetzes darstellt.

Auf Grund des öffentlichen Interesses an dem Erhalt der beschriebenen baulichen Anlagen

wird dieser Eingriff jedoch für vertretbar gehalten.

4.3

Die Genehmigungsvoraussetzungen ergeben sich aus § 172 Absatz 3 des Baugesetzbuchs.

Danach ist die Genehmigung zu erteilen, sofern nicht einer der gesetzlich normierten Versa-

gungsgründe vorliegt.

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4.4

Wird einem Grundeigentümer im Einzelfall die Genehmigung nach § 172 Absatz 3 des Bau-

gesetzbuchs versagt, so kann er nach § 173 Absatz 2 des Baugesetzbuchs von der Freien

und Hansestadt Hamburg die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn die Vorausset-

zungen des § 40 Absatz 2 des Baugesetzbuchs vorliegen. Danach hat der Eigentümer An-

spruch auf Übernahme des Grundstücks, wenn es ihm aufgrund der Versagung der Geneh-

migung wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder in der bisherigen

oder in einer anderen zulässigen Art zu nutzen. Der jeweilige Grundeigentümer muss da-

nach zwar Belastungen durch die Einbeziehung in den Erhaltungsbereich hinnehmen, hat

aber einen Übernahmeanspruch, wenn die Aufwendungen für eine Erhaltung des Gebäudes

langfristig und nachgewiesen nicht durch die Erträge gedeckt werden können. Dies wird im

Rahmen des jeweiligen Genehmigungsverfahrens zu prüfen sein. Nach § 24 Absatz 1 Nr. 4

des Baugesetzbuchs steht der Freien und Hansestadt Hamburg im Geltungsbereich der Er-

haltungsverordnung ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu.

Literaturverzeichnis und Quellenangaben: Karten und Luftbild FHH Atlas (LGV) / Archiv Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung

Fotos Fachamt Stadt- und Landschaftplanung

Gutachten „Siedlungsbauten der zwanziger Jahre“, Kulturbehörde Denkmalschutzamt 1979

Wohnstadt Hamburg, Herrmann Hipp, Christians Verlag, 1982

Winterhude im Wandel, Christian Hanke / Reinhard Hentschel, Medien –Verlag Schubert, 1992

Das werden einer Wohnstadt, Fritz Schumacher, Westermann Verlag, 1932

Wohnung und Stadt, Gert Kähler, Springer Verlag, 1985

Wohnen in Hamburg, ein Stadtführer, Hans Harms / Dirk Schubert, Christians Verlag 1994