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Intensivmed 3 2009 Intensivmed 46:163–166 (2009) DOI 10.1007/s00390-008-0006-z S. Lang V. Guralnik J. Schölmerich J. Langgartner C. E. Wrede KASUISTIK Vigilanzminderung, akutes Nierenversagen und Thrombozytopenie bei einem Patienten mit Leberzirrhose – eine seltene Differentialdiagnose Eingegangen: 18. Juli 2008 Akzeptiert: 28. Juli 2008 Dr. med. Stefanie Lang ( ) ∙ Viktoria Guralnik ∙ Prof. Dr. med. Jürgen Schölmerich ∙ Dr. med. Julia Langgartner ∙ PD Dr. med. Christian E. Wrede Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Universität Regensburg, D-93042 Regensburg, Germany E-Mail: stefanie1.lang@klinik. uni-regensburg.de Impaired consciousness, acute renal failure and thrombocyto- penia in a liver transplantation patient – An uncommon differen- tial diagnosis 7 Zusammenfassung Wir be- richten über einen 45-jährigen Pa- tienten, der nach Lebertransplan- tation bei Leberzirrhose auf dem Boden einer Hepatitis C und kom- plikationsreichem postoperativem Verlauf mit Re-Leberzirrhose und neu aufgetretener Vigilanzminde- rung sowie akutem Nierenversa- gen auf die internistische Intensiv- station aufgenommen wurde. Nach Ausschluss einer intrazerebralen Raumforderung und unter der Hy- pothese eines medikamentös-to- xischen Nierenversagens wurde der Patient mittels Hämofiltrati- on therapiert, was zu einer Reduk- tion der Retentionsparameter führ- te. Im Verlauf kam es zu einer pro- gredienten rombozytopenie. Dif- ferentialdiagnosen waren eine HIT, Knochenmarks-Depression unter Linezolid-Gabe bei Nachweis von E. faecium, Re-Zirrhose der Trans- plantat-Leber bei HCV-Reaktivie- rung, rombozytopenie im Rah- men einer gleichzeitig bestehenden HIV-Infektion oder Pseudothrom- bozytopenie. Im Labor richtungs- weisend war eine hämolytische An- ämie mit LDH-Erhöhung und po- sitivem Fragmentozytennachweis im manuellen Differentialblutbild, so dass die Diagnose einer sekun- dären, transplantationsassoziier- ten rombotisch-thrombozytope- nischen Purpura (TTP) unter im- munsuppressiver erapie mit Cyc- losporin A gestellt wurde. Der Pa- tient wurde mehrfach einer Plas- maseparation unterzogen, was zu einem Anstieg der rombozyten- zahl und Besserung der klinischen Situation führte. Bei Vigilanz- minderung, Nierenversagen und rombozytopenie sollte bei einem lebertransplantierten Patienten, in diesem Falle mit Re-Zirrhose der Transplantatleber, neben einem he- patorenalen Syndrom und einer he- patischen Enzephalopathie auch an eine rombotisch-thrombozyto- penische Purpura (Moschkowitz- Syndrom) als seltene Differentialdi- agnose gedacht werden. Im vorlie- genden Fall ist die Immunsuppres- sion durch den Calcineurininhibi- tor Cyclosporin A am ehesten als Trigger der TTP anzunehmen. 7 Schlüsselwörter Vigilanzmin- derung ∙ Akutes Nierenversagen ∙ rombozytopenie ∙ Leberzirrhose ∙ Lebertransplantation 7 Abstract We report the case of a 45-year-old male who was admit- ted to the intensive care unit with impaired consciousness and acute renal failure aſter liver transplanta- tion because of cirrhosis of the liver due to hepatitis C and a complex course of disease aſter transplanta- tion including recurrence of cirr- hosis. Aſter exclusion of cerebral le- sions, the patient underwent hemo- filtration assuming a drug-induced renal failure, leading to a reducti- on of the retention parameters. Du- ring the course of treatment, pro- gressive thrombocytopenia occur- red. Differential diagnoses were he- parin-induced thrombocytopenia,

Vigilanzminderung, akutes Nierenversagen und Thrombozytopenie bei einem Patienten mit Leberzirrhose – eine seltene Differentialdiagnose

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Intensivmed 3 2009

Intensivmed 46:163–166 (2009)DOI 10.1007/s00390-008-0006-z

S. LangV. GuralnikJ. SchölmerichJ. LanggartnerC. E. Wrede

K A S U I S T I K

Vigilanzminderung, akutes Nierenversagen und Thrombozytopenie bei einem Patienten mit Leberzirrhose – eine seltene Differentialdiagnose

Eingegangen: 18. Juli 2008Akzeptiert: 28. Juli 2008

Dr. med. Stefanie Lang ( ) ∙ ViktoriaGuralnik ∙ Prof. Dr. med. JürgenSchölmerich ∙ Dr. med. Julia Langgartner ∙ PD Dr. med. Christian E. WredeKlinik und Poliklinik für Innere Medizin I,Universität Regensburg,D-93042 Regensburg, GermanyE-Mail: [email protected]

Impaired consciousness, acute renal failure and thrombocyto-penia in a liver transplantation patient – An uncommon differen-tial diagnosis

7 Zusammenfassung Wir be-richten über einen 45-jährigen Pa-tienten, der nach Lebertransplan-tation bei Leberzirrhose auf dem Boden einer Hepatitis C und kom-plikationsreichem postoperativem Verlauf mit Re-Leberzirrhose und neu aufgetretener Vigilanzminde-rung sowie akutem Nierenversa-gen auf die internistische Intensiv-station aufgenommen wurde. Nach Ausschluss einer intrazerebralen Raumforderung und unter der Hy-pothese eines medikamentös-to-xischen Nierenversagens wurde

der Patient mittels Hämofiltrati-on therapiert, was zu einer Reduk-tion der Retentionsparameter führ-te. Im Verlauf kam es zu einer pro-gredienten Thrombozytopenie. Dif-ferentialdiagnosen waren eine HIT, Knochenmarks-Depression unter Linezolid-Gabe bei Nachweis von E. faecium, Re-Zirrhose der Trans-plantat-Leber bei HCV-Reaktivie-rung, Thrombozytopenie im Rah-men einer gleichzeitig bestehenden HIV-Infektion oder Pseudothrom-bozytopenie. Im Labor richtungs-weisend war eine hämolytische An-ämie mit LDH-Erhöhung und po-sitivem Fragmentozytennachweis im manuellen Differentialblutbild, so dass die Diagnose einer sekun-dären, transplantationsassoziier-ten Thrombotisch-thrombozytope-nischen Purpura (TTP) unter im-munsuppressiver Therapie mit Cyc-losporin A gestellt wurde. Der Pa-tient wurde mehrfach einer Plas-maseparation unterzogen, was zu einem Anstieg der Thrombozyten-zahl und Besserung der klinischen Situation führte. Bei Vigilanz-minderung, Nierenversagen und Thrombozytopenie sollte bei einem lebertransplantierten Patienten, in diesem Falle mit Re-Zirrhose der Transplantatleber, neben einem he-

patorenalen Syndrom und einer he-patischen Enzephalopathie auch an eine Thrombotisch-thrombozyto-penische Purpura (Moschkowitz-Syndrom) als seltene Differentialdi-agnose gedacht werden. Im vorlie-genden Fall ist die Immunsuppres-sion durch den Calcineurininhibi-tor Cyclosporin A am ehesten als Trigger der TTP anzunehmen.

7 Schlüsselwörter Vigilanzmin-derung ∙ Akutes Nierenversagen ∙Thrombozytopenie ∙ Leberzirrhose ∙Lebertransplantation

7 Abstract We report the case of a 45-year-old male who was admit-ted to the intensive care unit with impaired consciousness and acute renal failure after liver transplanta-tion because of cirrhosis of the liver due to hepatitis C and a complex course of disease after transplanta-tion including recurrence of cirr-hosis. After exclusion of cerebral le-sions, the patient underwent hemo-filtration assuming a drug-induced renal failure, leading to a reducti-on of the retention parameters. Du-ring the course of treatment, pro-gressive thrombocytopenia occur-red. Differential diagnoses were he-parin-induced thrombocytopenia,

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Einleitung

Die Vigilanzminderung stellt eine häufige Aufnahme-diagnose bei Intensivpatienten dar. Differentialdiagno-stisch müssen Erkrankungen des zentralen Nerven-systems, metabolische Ursachen sowie Intoxikationen in Betracht gezogen werden. Neben der Sicherung der Vitalfunktionen stehen die unmittelbare Klärung der Ätiologie und – sofern möglich – die kausale Thera-pie im Vordergrund. Gerade die Suche nach der Ursa-che gestaltet sich bei multimorbiden Patienten oft sehr schwierig, da hier nicht selten langwierige und komple-xe Krankheitsverläufe vorliegen.

Fallbericht

Ein 45-jähriger Patient wurde mit Vigilanzminderung und akutem Nierenversagen auf die internistische In-tensivstation aufgenommen. Es lag bereits eine kom-plexe Vorgeschichte vor: Aufgrund einer Leberzirrho-se bei Hepatitis C- und HIV-Infektion nach Bluttrans-fusion hatte sich der Patient acht Monate vor Aufnah-me einer orthotopen Lebertransplantation unterzogen. Postoperativ war es zu einer HCV-Reaktivierung und konsekutiver Re-Zirrhose des Transplantats, zweifacher Revision der Gallenwege und zu einer sekundär-sklero-sierenden Transplantat-Cholangitis sowie zum Nach-weis von E. faecium und E. coli in der Blutkultur ge-kommen.

Die initial durchgeführte Computertomographie des Schädels erbrachte keinen Nachweis eines intrazere-bralen Prozesses im Sinne einer Blutung, Ischämie oder Raumforderung. Unter der Hypothese eines medika-mentös-toxischen Nierenversagens wurden die anti-biotische und antiretrovirale Therapie zunächst pau-siert. Ein hepatorenales Syndrom wurde durch Nach-weis eines Urin-Natriums von 62 mmol/l nach entspre-chender Volumengabe und Pausierung der Diuretika-therapie ausgeschlossen. Es erfolgte eine Therapie mit-tels Hämofiltration, da eine Urämie als Ursache der Be-wusstseinsstörung bei einem Harnstoff von 294 mg/dl ebenfalls möglich erschien. Die Reduktion der Reten-tionsparameter hatte jedoch keine Auswirkung auf die Vigilanz des Patienten. Im Verlauf fielen deutlich redu-zierte Thrombozytenzahlen auf (s. Tab. 2). Differential-diagnostisch erschien eine Heparin-induzierte Throm-bozytopenie bei negativem Schnelltest unwahrschein-lich, ebenso die Knochenmarks-Depression unter Line-zolid-Gabe, da die antibiotische Therapie bereits abge-setzt worden war. Eine Thrombozytopenie im Rahmen der gleichzeitig bestehenden HIV-Infektion war auf-

Tabelle 1 Differentialdiagnosen bei Vigilanzminderung (mod. nach [4])

Erkrankungen des ZNS

Matabolische Ursachen

Intoxikationen

Vaskulär:Intracerebrale Blutung Subarachnoidalblutung Ischämie Sinusvenenthrombose

Hypoxie Alkohol

Hypoglykämie Barbiturate

Hyperosmolares Koma Opioide

Ketoazidotisches Koma Kokain

Hypokaliämie Benzodiazepine

Traumatisch:Epiduralhämatom Subduralhämatom

Hyponatriämie Trizyklische Antidepressiva

Hypernatriämie Kohlenmonoxid

Hypokalzämie

Infektiös:MeningitisEnzephalitisHirnabszess

Hyperkalzämie

Dehydratation

Überwässerung

Hypothyreose

Neoplastisch: Primärer Hirntumor

Thyreotoxikose

NNR-Insuffizienz

MetastasenParaneoplastisch

Hepatische EnzephalopatieUrämie

Sepsis

Hypothermie

bone marrow depression after tre-atment with linezolid due to the de-tection of E. faecium, recurrence of cirrhosis after liver transplantation owing to the reactivation of hepati-tis C, thrombocytopenia in the con-text of a coexistent HIV infection, or pseudothrombocytopenia. In the lab tests, hemolytic anemia with rai-sed levels of LDH and detection of fragmentocytes in the manual blood count were the factors establishing the diagnosis of a secondary, trans-plantation-associated thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP)

as a result of immunosuppressive therapy with cyclosporine. The pa-tient underwent multiple sessions of plasma separation, which resul-ted in raised platelet levels and cli-nical signs of recovery. In the event of impaired consciousness, acute re-nal failure and thrombocytopenia in a liver transplantation patient, in the present case complicated by re-currence of cirrhosis, thrombotic thrombocytopenic purpura (Mosch-kowitz’s syndrome) should be consi-dered as a rare differential diagnosis in addition to a hepatorenal syndro-

me or a hepatic encephalopathy. In the present case, immunosuppressi-ve therapy with the calcineurin in-hibitor cyclosporine was regarded as the trigger of TTP. Therapeutic op-tions consist of multiple sessions of plasma separation and discontinu-ing the causal drugs.

7 Keywords impaired conscious-ness ∙ acute renal failure ∙thrombocytopenia ∙ cirrhosis of the liver ∙ liver transplantation

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grund einer Viruslast unter der Nachweisgrenze eben-falls nicht anzunehmen. Laborchemisch richtungswei-send war schließlich eine hämolytische Anämie mit Erhöhung der LDH und positivem Fragmentozyten-nachweis im manuellen Differentialblutbild, so dass die Diagnose einer sekundären, transplantationsasso-ziierten Thrombotisch-thrombozytopenischen Pur-pura (TTP, Moschkowitz-Syndrom) unter immunsup-pressiver Therapie mit Cyclosporin A und initial ge-messenem Serumspiegel oberhalb des Zielbereichs ge-stellt wurde. Der Patient wurde über zwei Wochen hin-weg täglich einer Plasmaseparation unterzogen, was zu einem Anstieg der Thrombozytenzahl (s. Tab. 2) und deutlicher Besserung der Vigilanz des Patienten führte, so dass er wieder auf die Normalstation verlegt werden konnte. Nach drei Wochen verstarb der Patient jedoch an einem Multiorganversagen bei Sepsis infolge mul-tipler infizierter intraabdomineller Hämatome nach re-zidivierenden intraabdominellen Blutungen.

Diskussion

Eine Thrombozytopenie findet sich bei Intensivpatien-ten relativ häufig. In Studien werden Thrombozytenzah-len unter 100000/μl bei 20 bis 40% der Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden, beschrieben. Zu schweren Thrombozytopenien, d.h. Thrombozytenzahlen < 50000/μl, kommt es in 10 bis 20% der Fälle [1, 10]. Ur-sächlich sind Bildungsstörungen, gesteigerter Verbrauch, Verdünnungseffekte oder Pseudothrombozytopenien zu unterscheiden. Meist wird ein Abfall der Thrombozyten-zahlen durch eine Sepsis mit disseminierter intravasaler Gerinnung, eine Massentransfusion oder – besonders im Fall der Heparin-induzierten Thrombozytopenie – durch

Medikamente verursacht. Eine seltene Differentialdiagno-se stellt die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpu-ra dar. Bei einem Teil der Patienten lässt sich ein Mangel einer spezifischen Protease, welche die multimeren Vor-formen des von-Willebrand-Faktors spaltet, nachweisen (cleaving protease, cleaving metalloprotease, ADAMTS-13). Der von-Willebrand-Faktor (vWF) wird in Endo-thelzellen synthetisiert und liegt primär in Form großer Multimere vor. Die Protease ADAMTS-13 spaltet diese in kleinere vWF-Multimere. Nur in dieser Form kann der vWF als Mediator in der primären und sekundären Hä-mostase fungieren. Mutationen des ADAMTS-13 Gens führen zu einem Mangel an Protease-Aktivität und da-mit zu einer Akkumulation von sehr großen Multimeren mit konsekutiver Thrombozytenaggregation, Schädigung des Endothels und Thrombenbildung mit Thrombozy-tenverbrauch. Bei einem anderen Teil der TTP-Patien-ten liegt ein Autoantikörper gegen ADAMTS-13 vor, der zur Inaktivierung des Enzyms führt [3, 11]. Weiterhin zu unterscheiden ist das Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), welches eine mikroangiopathische hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und ein akutes Nierenversa-gen beschreibt, wobei sich der pathophysiologische Me-chanismus nicht eindeutig von einer TTP unterscheidet. Es tritt im Kindesalter auf, meist gehen blutige Durchfäl-le voraus [2]. Seit 1983 ist bekannt, dass ein Zusammen-hang zwischen HUS und einer hämorrhagischen Colitis besteht und Shiga-Toxin produzierende E. coli-Stämme ein HUS triggern können [6].

Eine TTP kann sekundär im Rahmen verschiedener Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Infek-ten, nach Stammzelltransplantationen oder durch Me-dikamente hervorgerufen werden, aber auch als idio-pathische TTP ohne bekannten Auslöser auftreten [3]. Im vorliegenden Fall war als auslösender Faktor für die TTP am ehesten die immunsuppressive Therapie nach Lebertransplantation mit dem Calcineurin-Inhibitor Cyclosporin A anzunehmen.

Cyclosporin A wird seit 1978 zur Immunsuppres-sion nach Transplantation von Knochenmark und so-liden Organen sowie bei Erkrankungen mit autoimmu-ner Genese eingesetzt. Es inhibiert die Aktivierung der Phosphatase Calcineurin und verhindert so die Dephos-phorylierung von NF-AT (nuclear factor of activated T-cells), einen Transkriptionsfaktor der T-Lymphozyten, womit die Immunantwort gehemmt wird [8]. Das Me-dikament besitzt eine nephrotoxische Wirkung, welche bis zur interstitiellen Fibrose führen kann, sowie eine dosisabhängige Neurotoxizität [5, 9].

Es ist bekannt, dass Cyclosporin A durch den direk-ten toxischen Effekt auf das Endothel und die dadurch entstehenden Scherkräfte eine TTP triggern kann.

Neben Cyclosporin A existieren weitere Medikamen-te, welche ebenfalls für eine TTP verantwortlich sein können: Quinin, Ticlopidin und Clopidogrel lösen eine

Tabelle 2 Laborparameter

Parameter Referenzbe-reich

Vor Plasmase-paration

Bei Verle-gung

Kreatinin (mg/dl) 0,50-1,10 1,87 1,47

Harnstoff (mg/dl) 10-50 222 159

GOT (U/l) <50 83 83

GPT (U/L) <50 55 55

LDH (U/l) 100-247 322 295

Bilirubin (gesamt) <1,00 16,66 6,41

Bilirubin (direkt) <0,20 13,07 5,08

Quick (%) >70 45 48

PTT (sec.) 25,9-36,6 38,6 40,9

Hämoglobin (g/dl) 13,3-17,7 8,3 8,4

Hämatokrit (%) 40,0-52,0 22,6 25,8

Leukozyten (/nl) 4,80-10,80 16,83 34,03

Thrombozyten (/nl) 130-440 24 83

Fragmentozyten (o/oo) 0-5 11 5

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immunologische Reaktion aus und führen so zur Throm-bozytopenie, Mitomycin C hingegen besitzt analog dem Cyclosporin A eine dosisabhängige direkte Toxizität auf das Endothel und damit die Thrombozyten [7].

Bei dem vorgestellten Patienten lag der Cyclosporin A-Spiegel im Serum aufgrund der Niereninsuffizienz zu Beginn der intensivmedizinischen Therapie weit über der oberen Grenze des Zielbereichs. Konsekutiv kam es zu Vigilanzminderung, akutem Nierenversagen und Thrombozytopenie. Nach Hämofiltration und Thera-pie der TTP mittels wiederholter Plasmaseparation und Umsetzen der immunsuppressiven Therapie besserte sich der klinische Zustand und es kam zu einem Anstieg der Thrombozytenzahl.

Schlussfolgerungen

Bei Vigilanzminderung, Nierenversagen und Thrombo-zytopenie sollte bei einem lebertransplantierten Patien-ten, in diesem Falle mit Re-Zirrhose der Transplantatle-ber, neben einem hepatorenalen Syndrom und einer he-patischen Enzephalopathie auch an eine Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Moschkowitz-Syn-drom) als seltene Differentialdiagnose gedacht werden. Im vorliegenden Fall ist die Immunsuppression durch den Calcineurininhibitor Cyclosporin A am ehesten als Trigger der TTP anzunehmen. Die Therapie besteht aus der wiederholten Plasmaseparation und dem Absetzen der auslösenden Faktoren..

Literatur

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