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VO C3 H. Gottweis - WiSe 2oo7/o8: (4) Politik in Frankreich 15.11.2007 VO C3: Einführung in die Vergleichende Politikwissenschaft 4. Stunde am 15.11.2007: Politik in FRANKREICH. Univ.-Ass. Mag. Anna Durnová Univ. Prof. Herbert Gottweis Wintersemester 2oo7/o8 „Wie soll ich ein Land regieren, in dem es mehr Käsesorten als Tage im Jahr gibt?" Charles de Gaulle

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VO C3 H. Gottweis - WiSe 2oo7/o8: (4) Politik in Frankreich15.11.2007

VO C3: Einführung in die Vergleichende Politikwissenschaft

4. Stunde am 15.11.2007:

Politik in FRANKREICH.

Univ.-Ass. Mag. Anna DurnováUniv. Prof. Herbert Gottweis

Wintersemester 2oo7/o8

„Wie soll ich ein Land regieren, in dem es mehr Käsesorten als Tage im Jahr gibt?" Charles de Gaulle

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GESCHICHTE: Absolutismus.

GROSSBRITANNIEN vs. FRANKREICH:• GB: graduelle Entwicklung,

Stabilität und Kontinuität • FR: Revolution, Instabilität und

Brüche17. – 18. Jahrhundert: • Ludwig XIV als Sinnbild des

Absolutismus• Expansionspolitik ~> chronischer

Geldbedarf und Geldmangel• Zustimmung durch EXKLUSION und

nicht durch Inklusion wie in England/Großbritannien ~> Privilegien

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GESCHICHTE: Französische Revolution

• BEGINN:

5. Mai 1789: Zusammentreten der Generalstände in Versailles17. Juni 1789: Dritter Stand erklärt sich zur Nationalversammlung 14. Juli 1789: Sturm auf die Bastille (heute: Nationalfeiertag)14. Juli 1792: Verfassung der ersten französischen Republik21. Jänner 1793: Verurteilung und Hinrichtung Ludwigs XVI

Samuel E. Finer:"The French Revolution is the most important single event in the

entire history of government. The American Revolution pales besides it. It was an earthquake. It razed .... all the ancient

institutions of France, undermined the foundations of the other European states, and is still sending shock-waves throughout the rest

of the world.“

The History of Government From the Earliest Times, Volume III (1997)

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GESCHICHTE: Französische Revolution & „Folgen“

„Turbulente Geschichte“

(JAKOBINISCH-) REPUBLIKANISCHES

KONZEPT DER NATION

DYNASTISCHER LEGITIMISMUS

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REPUBLIK MONARCHIE BONAPARTISMUSI. Republik (1792-1799), Ende durch Staatsstreich

Ancien Régime bis 1789, Ende durch Franz. Rev.

Konstitutionelle Monarchie (1789-1792)

Diktatur Napoleons I. (1799-1814)

Restauration der Bourbonen (1814-1830), Ende durch Revolution

II. Republik (1848-1851), Ende durch Militärputsch

„Juli-Monarchie“ (Orléans) (1830-1848), Ende: Rev.

2. Kaiserreich durch Napoleon III. (1852-

1870), Ende: militärische

Niederlage und Rev.III. Republik (1870-1940), Ende: militärische

NiederlageIV. Republik (1944-1958),

Ende: MilitärrevolteVichy-Regime des Marschall Pétain

(1940-1944), Ende: Sieg der AlliiertenV. Republik (seit 28.

September 1958)

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WAHLBERECHTIGTE BEVÖLKERUNG

STAATSPRÄSIDENT

PARLAMENT

NATIONALVER-SAMMLUNG

577 Abg.

Indirekte Wahl für 6 Jahre (alle 3 J. ½)

Direkte Wahl für 5 Jahre

CONSEIL CONSTITUTIONEL 9 Mitglieder (von

Staats-, Parla-ments- und Senats-präsident ernannt)

Mißtrauens-votum

Gesetzes-vorschläge

Vorsitz im Ministerrat

Ernennung & Rücktrittsnahe

legung

Anrufung

SENAT321 (346) Senatoren

Anrufung

(60Pers)

KABINETTPremierminister

Minister

Suspensives Vetorecht

direkte Wahl

(für 5 Jahre)

Auflö-sungs-recht

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Das POLITISCHE SYSTEM Frankreichs

Zuordnung zu einem Systemtyp schwierig:

Semi-präsidentielles System

Parlamentarisches System mit Präsidialdominanz

Präsidial-Parlamentarismus

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„MISCHCHARAKTER“ des Politischen Systems

• Präsident ist „eigentlicher“ Regierungschef, wenn seine Partei auch in der Nationalversammlung die Mehrheit hat (und den Premierminister stellt): Beispiele: J. Chirac & D. de Villepin

• wenn „Opposition“ die Mehrheit in der Nationalversammlung bildet und den Premier stellt, dann ist der Premierminister der „eigentliche“ Regierungschef=> Cohabitation

Beispiel: J. Chirac & L. Jospin

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PRÄSIDENT

• wird direkt gewählt für eine Amtszeit von 5 Jahren

• Präsident Nicolas Sarkozy (seit dem 16. Mai 2007)

• Sitz: Elysée Palast

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MACHTBEFUGNISSE des PRÄSIDENTEN

(1) Bestellung des Regierungschefs(2) Auflösung d. Nationalversammlung(3) Anwendung d. Notstandsartikels(4) Recht, Botschaften an Parlament(5) Ernennung 3 (von 9) Verfassungsrichtern, Einberufung

d. Verfassungsrats

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MACHTBEFUGNISSE des PRÄSIDENTEN II

• führt Vorsitz im Ministerrat, bei interministeriellen Sitzungen und in den für die nationale Verteidigung vorgesehenen Gremien

• „domaine réservé“ (Außen- und Verteidigungspolitik):– von Präsidenten dominiert– Richtlinienkompetenz bei

CohabitationELYSÉE

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Die französischen Präsidentschaftswahlen 2007- Zweiter Wahlgang am 6.Mai 2007

Erster Wahlgang am 22.April 2007Kandidat Anteil der StimmenNicolas Sarkozy 31,18 %Ségolène Royal 25,87 %François Bayrou 18,57 %Jean-Marie Le Pen 10,44 %

2.Wahlgang (Stichwahl) am 6.Mai 2007Nicolas Sarkozy 53,06% Ségolène Royal 46,94%

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PREMIERMINISTER

– seit dem 17. Mai 2007 Premier François Fillon

– Sitz: Hotel Matignon

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AUFGABEN des PREMIERMINISTERS

Leitet Tätigkeiten der Regierungsmitglieder Regierungsmtgl. auf seinen Vorschlag ernannt/entlassen Ausführung Gesetze Realisierung der Militär- u. Verteidigungspolitik

(Präsident) Amtshandlungen Präsident: Gegenzeichnung Premier

Koordinierung der Regierungspolitik Kontakt zu beiden Häusern Kontakt zu Repräsentanten der Regierungsparteien Innenpolitische Führungsrolle

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VERWALTUNG

• Seit 1945 : Michel Debré • Grand Corps

• Ecole Nationale d´administration

• Probleme:1) „elitär“2) „brain drain“

www.ena.fr

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PARLAMENT I

• schwaches Parlament in V. Republik => Reaktion auf zu „starkes“ Parlament

• besteht aus 2 Kammern

(1) Nationalversammlung (Assemblée nationale)

577 direkt gewählte Abgeordnete, alle 5 JahreMehrheitswahlsystem (mit Stichwahlen)

(2) Senat

2004 321 ~> 2010 346 indirekt gewählte Senatoren, die Gebietskörperschaften vertretenAmtszeit für 6 Jahre (ab 2008 alle 3 Jahre ½ der Senatoren neu)

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PARLAMENT II

Machtbefugnisse sind ungleich verteilt:

• Senat kann Regierung kein Misstrauen aussprechen

• hat lediglich aufschiebendes Vetorecht (Ausnahme: den Senat betreffende Verfassungsänderungen)

ASSEMBLÉE NATIONALE

SENAT

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GESETZESGEBUNGSPROZESS I

• 2 Bereiche:

(1) Staatsbürgerliche Rechte(Wahlsystem, Nationalisierung, etc.)

(2) Politikfelder Premier

was – per Verfassung – nicht diesen beiden Bereichen zugeordnet ist, unterliegt Verordnungsrecht der Regierung

• Gesetzesinitiativen:- kann von Regierung oder Parlamentariern (beider Häuser kommen)

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GESETZESGEBUNGSPROZESS II

• Hinterlegung bei Präsidium und Weiterleitung an zuständigen Ausschuss

• Debatte über Vorlage im Plenum und Abstimmung über einzelne Artikel

• Eingriff der Regierung in den Prozess in versch. Phasen möglich

• Vorlage an Senat -> Möglichkeit der Blockierung (ev. Vermittlungsausschuss) -> wenn keine Einigung: Regierung kann nach neuer Lesung vor Nationalversammlung Beschlussfassung verlangen

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Wahlergebnisse Assemblée Nationale vom 17.Juni 2007

Politische Partei 577 % +/-Union pour Mouvement

PopulaireUPM 313 54,2 -49

Parti socialiste PS 186 32,2 +46Mouvement démocrate UDF-MoDem 3 0,5 -23

Parti communiste français PCF 15 2,6 -6Les Verts Verts 4 0,7 +1

Diverse droite DVD 9 1,6 +1 Majorité présidentielle (-> NC-PSLE) 22 3,8 -

Parti radical de gauche PRG 7 1,2 -1Diverse gauche DVG 15 2,6 +9

Mouvement pour la France MPF 1 O,2 +1Régionalistes RPF 1 0,2 +1

Diverse   1 0,1 -

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Wahlergebnisse Assemblée Nationale vom 17.Juni 2007

• Quelle:http://www.interieur.gouv.fr/sections/a_votre_service/resultats-elections/LG2007/FE.html, Zugriff am 12.11.2007

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Weitere wichtige Institutionen

CONSEIL CONSTITUTIONEL:

Aufgaben u.a.: • „wacht“ über Durchführung der Wahlen• verfassungsabändernde Gesetze werden überprüft• kann internationale Verträge überprüfen

Bestellung:• für 9 Jahre von Staatspräsidenten, Präsidenten der

Nationalversammlung und Senat (jeweils 1/3)• Ehemalige Präsidenten: automatisch Mitglieder auf Lebenszeit

STAATSRAT: Conseil d´Etat:

• 200 Mitglieder, die nach Beschluss im Ministerrat vom Staatspräsidenten ernannt werden

• Art oberstes Verwaltungsgericht

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Contrat premier embauche: Krise & Modernisierung des Wohlfahrtstaates

• 10. April 2006 (Gesetz: 2006-457 du 21/4 2006) • Regulierung der Beschäftigungspolitik der

Ersteinstellung• die große Mehrheit der Franzosen (83%) für eine

Rücknahme des CPE.• Schauplatz der neuen Re-Definition vom Französischen Wohlfahrtstaat

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Literatur FrankreichBücher:Hartmann, Jürgen (2005): Westliche Regierungssysteme.

Parlamentarismus, präsidentielles und semi-präsidentielles Regierungssystem. Grundwissen Politik. Wiesbaden: VS Verlag.

Hollifield, James & George Ross (1991): Searching for the New France. New York [u.a.]: Routledge.

Ismayr, Wolfgang (2003): Die politischen Systeme Westeuropas. Opladen: Leske+Buldrich.

Kempf, Udo (1997): Von de Gaulle bis Chirac. Das polit. System Frankreichs. 3. Auflage. Opladen: Westdt. Verlag.

Rosanvallon, Pierre (2002): La Crise de l‘Etat Providence, Paris Edition point, essais.

Zeitungen: • “Le Monde”, „Le Figaro“, “Liberation”, „canard enchaîné“

Fachzeitschriften: Revue des Sciences Politique Adiministraiton Publique