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Susanne Seethaler Von einer, die auszog, ein besserer Mensch zu werden Ein Jahr Auszeit auf der Alm, im Zen-Kloster, beim Entrümpeln … nymphenburger

Von einer, die auszog, ein besserer Mensch zu werden

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Page 1: Von einer, die auszog, ein besserer Mensch zu werden

Su san ne Se eth aler

Von ei ner, die aus zog, ein bes se rer

Mensch zu wer den

Ein Jahr Auszeit auf der Alm, im Zen-Kloster,

beim Entrümpeln …

nymphenburger

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Page 2: Von einer, die auszog, ein besserer Mensch zu werden

Für Fi scher hude und für Gang aji

© 2012 nym phen bur ger in der F. A. Her big Ver lags buch hand lung GmbH, Mün chen

Alle Rech te vor be hal ten.Um schlag und Motiv: www.ate li er-san na.com, Mün chen

Satz: Buch-Werk statt GmbH, Bad Aib lingGe setzt aus: 10,6 /14 pt Sabon

Druck und Bin den: GGP Media GmbH, PößneckPrin ted in Germany

ISBN 978-3-485-01392-5

www.nym phen bur ger-ver lag.dewww.su san nese eth aler.de

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»Schwing dich aus al lem he raus, was dich be engt.«

Bet ti na von Ar nim

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In halt

Wie al les be gann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Prolog

Su san ne sucht die Ein sam keit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Ohne Strom und flie ßend Was ser in den bay e ri schen Ber gen

Su san ne ret tet Ge mü se . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Ein fa che Koch er fah run gen mit ei nem Zen meis ter

Su san ne melkt und but tert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59Ein Som mer mit Schwes ter, Kü hen und Fe der vieh auf der Alm

Su san ne zappt und ent rüm pelt . . . . . . . . . . . . . . . . . 83Ein müh sa mer Fern seh ent zug und Nip pes alarm im Wohn zim mer

Su san ne schuf tet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Acht sa me Ar beits me di ta ti on mit emo ti o na len Hin der nis sen

Su san ne wird öko lo gisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153Mit Wasch nüs sen, Tofu und Co. wie ein bes se rer Mensch le ben

Su san ne geht ba den . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181Kein Sur fen mehr im In ter net!

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Su san ne schweigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199Im ka li for ni schen Me di ta ti ons zent rum ganz ent spannt im Hier und Jetzt

Su san ne lebt ein fach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239Ein Fa zit

Dan ke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

Li te ra tur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

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Wie alles begannProlog

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Seit vie len Jah ren spü re ich eine Art in ne re Sehn sucht, eine Hoff nung, die im mer wie der aufs Neue ge nährt wird, dass es im Le ben doch mehr ge ben muss als all die Ober-fläch lich kei ten, mit de nen nicht nur ich mich tag täg lich mehr oder we ni ger he rum schla ge. Die Fra ge, ob es Wege gibt, die mich in ner lich zu frie de ner ma chen könn ten und in der Fol ge viel leicht auch die Men schen in mei ner un-mit tel ba ren Um ge bung ein biss chen glück li cher, be schäf-tig te mich schon als jun ge Frau. In den letz ten Jah ren ver-dich te te sich die se Su che nach dem »Sinn des Le bens«, um es mal sa lopp zu for mu lie ren, und so wuchs in mir der Wunsch nach ei nem »bes se ren Le ben«, das mich im bes ten Fal le auch noch zu ei nem »bes se ren Men schen« im Um gang mit mir selbst und auch mit mei ner Um welt ma-chen wür de.

Um es gleich zu Be ginn vor wegzuneh men, ich bin in der Tie fe mei nes Her zens kein schlech ter Mensch, ver-mut lich ge nau so we nig wie Sie selbst! Wie die al ler meis-ten ver su che ich, je den Tag mein Bes tes zu ge ben, auch wenn der Schuss zu wei len nach hin ten los geht, sich Ge-las sen heit so gar nicht ein stel len will und ich mich und auch an de re un ge wollt ver let ze oder gar vor den Kopf sto ße. Doch auch wenn ich eher zur un auf fäl li gen Frak-ti on der Gat tung Mensch ge hö re und so mit im All ge mei-nen nicht mit rü pel haf tem Ver hal ten in der Öf fent lich keit auf fal le, mich also zu be neh men weiß und eine über wie-gend freund li che Zeit ge nos sin bin, exis tie ren in mir, wie in je dem an de ren Men schen ver mut lich auch, Un tie fen und dunk le Stel len, de nen ein biss chen Licht nicht scha-den könn ten.

Auch mei ne äu ße re Le bens form böte durch aus ge nü-gend Po ten zi al, sich zu ent wi ckeln, zu ver bes sern und zu

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ver än dern, um mir selbst und mit Si cher heit auch mei ner Um welt gutzutun. Es gibt in je der Le bens la ge die Mög-lich keit, ein bes se rer Mensch zu wer den, sei es nun durch ei nen um sich ti gen Was ser ver brauch in den häus li chen vier Wän den, beim Ein kau fen im Su per markt oder durch ei nen lie be vol le ren Um gang mit sich selbst.

Pa ral lel zu mei ner ei ge nen Su che be gan nen mich an-de re Le bens ent wür fe jen seits des gän gi gen Main stre ams und vor al lem auch au ßer ge wöhn li che Men schen, de nen ich nun ver mehrt be geg ne te und die sich ein be wuss te-res Le ben auf ihre Fah nen ge schrie ben hat ten, zu fas zi-nie ren. Im Lau fe der ver gan ge nen Jah re und im Rah men mei ner Re cher chen für das eine oder an de re Buch hat-te ich be reits im mer wie der Men schen ken nen ge lernt, die sich be wusst für ein ein fa ches und in ih ren Au gen auch »bes se res« Le ben ent schie den hat ten und de ren Aus rich-tung nicht be stimmt war von im mer grö ßer wer den dem Druck, tag täg li cher Hek tik und dem An häu fen von mehr und mehr Be sitz tü mern. Die se Men schen üb ten eine im-mer stär ke re An zie hungs kraft auf mich aus.

An ge fan gen bei mei ner Schwes ter, die ei nes Ta ges uns, näm lich die ge sam te Fa mi lie und ih ren Freun des kreis, vor voll en de te Tat sa chen stell te, um al len mit zu tei len, dass sie fort an je den Som mer auf ei ner Alm in den Ber gen le ben wür de, um dort Kühe, Hüh ner und Schwei ne zu ver sor-gen. Da un se re El tern kei nen Bau ern hof und auch sonst mit Land wirt schaft nichts am Hut hat ten, be such te mei ne Schwes ter dazu ext ra – und aus ge spro chen mu tig, wie ich fin de – ei nen Alm lehr gang in der nächst ge le ge nen Stadt, um sich dann mit ih rem neu er wor be nen Wis sen bei ei nem jun gen Bau ern im Ort zu be wer ben, von dem sie wuss te, dass er auf der Su che nach ei ner Sen ne rin war. Und schon

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ging es mit samt Wie der käu ern, der klei nen Sau Emma, die im Lau fe der Som mer mo na te rich tig dick wer den wür de, und ei ner Hand voll Fe der vieh erst mals hi nauf in die Ber-ge. Dass solch ein Le ben auf der Alm nicht ein fach, sehr an stren gend und im wahr sten Sin ne des Wor tes karg ist und dass da bei von ro man ti scher Idyl le oft weit und breit nichts zu spü ren ist, das wur de mei ner Schwes ter dann al-ler dings re la tiv schnell klar – und mir auch, als ich sie im letz ten Jahr für mein Vor ha ben, näm lich he raus zu fin den, ob ein ein fa ches Le ben auch tat säch lich auch ein »bes se-res« Le ben ist, ein paar Wo chen lang dort oben be glei ten durf te.

Trotz al ler Wid rig kei ten bleibt sie nach wie vor am Ball und be haup tet sich mit je dem Alm som mer neu, um sich den äu ße ren He raus for de run gen und den oft sehr har ten Be din gun gen zu stel len. Pa ral lel dazu ent wi ckel te sie über die vie len Jah re hin weg, die sie nun schon als Sen ne rin ihre Frau steht, eine stil le Zu frie den heit durch den täg li chen Um gang mit ih ren Tie ren, die ihr Ge sicht tief von in nen he raus er strah len lässt. Ihr Mut, sich neu aus zu pro bie ren, sich nicht mit den ge ge be nen Um stän den zu frie den zu ge-ben und aus der »nor ma len« Ar beits welt aus zu stei gen, um – we nigs tens auf Zeit – ein Le ben in schlich ter Ein-fach heit zu le ben, im po nie ren mir nach wie vor sehr.

Ins pi riert durch ihr Vor bild, reif te im mer mehr der Ent-schluss in mir, mich eine Zeit lang auf die Su che nach der Ein fach heit zu be ge ben, wo run ter ich mir zu Be ginn des Ex pe ri ments in der Tie fe recht we nig vor stel len konn te. In ei nem Zeit raum von ca. ei nem Jahr, das Gan ze soll te doch in ei nem über schau ba ren Rah men blei ben, woll te ich das ein fa che Da sein und ein da mit viel leicht ein her ge-hen des bes se res Le ben, das be stimmt sein soll te von Lie be,

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Schlicht heit und Freund lich keit – so oder so ähn lich stell-te ich es mir je den falls vor –, so wohl im In nen wie im Äu-ße ren aus pro bie ren und am ei ge nen Leib er fah ren.

Ich woll te he raus fin den, ob ich un ter ein fachs ten Be-din gun gen le ben konn te und wie es sich an fühlt, auf vie-les, was für ei nen mo der nen Men schen zum All tags le ben dazuge hört und als zwin gend not wen dig er ach tet wird, zu ver zich ten. Ich such te zu nächst die Ein sam keit ganz al lein oben in den Ber gen, um voll kom men auf mich ge-stellt in ei ner Hüt te zu le ben. Dann ging ich ei nem ka li for-ni schen Zen meis ter beim Ko chen zur Hand. Ich brann te da rauf, auf der Alm mit mei ner Schwes ter die But ter fürs Brot selbst herzu stel len und im Tal drun ten den Ver such zu star ten, mei ne ei ge nen vier Wän de zu ent rüm peln. Au-ßer dem schrubb te ich acht sam Klos in ei nem Zen klos ter in Frank reich. Ich be gann, mei ne Wä sche mit in di schen Wasch nüs sen zu wa schen, und star te te den zu wei len recht kläg li chen, manch mal je doch auch von Er folg ge krön-ten Ver such, auf Auto, Fern se her, Handy und an de re An-nehm lich kei ten der Neu zeit zu ver zich ten. Da bei übte ich mich – zu ge ge be nerma ßen an fangs noch recht holp rig – in Nächs ten lie be, in dem ich z. B. Din ge, an de nen mein Herz sehr hing und die schon lan ge in mei nem Be sitz wa-ren, an Freun de ver schenk te. Au ßer dem me di tier te ich vier Wo chen lang un un ter bro chen schwei gend, also ohne auch nur ein ein zi ges Wort von mir zu ge ben, in ei nem ame ri ka ni schen Me di ta ti ons zent rum.

Über all dem schweb te stets die Fra ge: Ist dies für mich eine Mög lich keit, mich in ner lich und auch in Be zug auf die äu ße ren Um stän de mei nes Le bens frei er und im Gro-ßen und Gan zen lie be vol ler zu füh len?

Um es nun schon ein mal kurz vor weg zu neh men: All-

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zu oft hat mir im Rah men die ses zwölf mo na ti gen Selbst-ver su ches mein in ne rer Schwei ne hund in Sa chen Ein fach-heit und in ne rer Her zens öff nung lei der ein Schnipp chen ge schla gen und ich bin wahr lich nicht sel ten ge schei tert. Den noch ent deck te ich auch un ge ahn te Frei hei ten, die be-wuss ter Ver zicht hier und da und ein ein fa che res und na-tür li che res Le ben im All ge mei nen mit sich brin gen kön-nen. Der Ver such, mein Le ben schlich ter und in Fol ge des sen ge sün der, bes ser und in ge wis ser Wei se so gar rei-cher und er füll ter zu ge stal ten, hat sich in je dem Fall ge-lohnt!

Ob ich nun aber wirk lich ein bes se rer Mensch ge wor-den bin, das mö gen an de re be ur tei len. Es wäre schön, wenn ich bei mei nen Mit men schen zu min dest manch mal die sen Ein druck her vor ru fen könn te. Ein ers ter Schritt in die se Rich tung ist durch die ses Ex pe ri ment je den falls für mich ge tan. Es braucht zu wei len eine ge hö ri ge Por-ti on Mut, um sich selbst und das Le ben, das man ge ra-de führt, in Fra ge zu stel len. Neu gier de und Kampf geist sind ge fragt, um die ei ge nen Le bens ge wohn hei ten auf ihre Au then ti zi tät und Wahr heit hin zu über prü fen und den ein ge fah re nen, viel leicht so gar recht un ge sun den Trott zu durch bre chen.

Mein per sön li cher Tipp ist: Be wah ren Sie sich auf alle Fäl le Ih ren Hu mor, falls Sie sich dem nächst auch auf ma-chen wol len, ein bes se rer Mensch zu wer den. Mit ei nem Lä cheln auf den Lip pen lebt sich’s in vie ler lei Hin sicht ein fach leich ter und im wahr sten Sin ne des Wor tes auch bes ser.

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