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Vortrag für die Jahrestagung des LVR zum Thema „Rechtsverhältnisse im Pflegekinderwesen“ Gila Schindler, Rechtsanwältin, Heidelberg

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Vortrag für die Jahrestagungdes LVR zum Thema

„Rechtsverhältnisse im Pflegekinderwesen“

Gila Schindler, Rechtsanwältin, Heidelberg

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Begriff der PflegepersonUnterscheidung der PflegeverhältnisseDie PflegeerlaubnisDie Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung◦ Aufgaben des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ◦ Rechte der Pflegeperson auf InanspruchnahmeDas jugendhilferechtliche Dreiecksverhältnis in der Pflegekinderhilfe und die sich daraus ergebenen Rechtsbeziehungen

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Legaldefinition der Pflegeperson in § 44 Abs.1 SGB VIII :„Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson)“Der Begriff der Pflegeperson ist also nicht abhängig davon, ob ein Pflegeverhältnis privat oder als Hilfe zur Erziehung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe begründet wurde

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Sorgeberechtigte Eltern können im Rahmen ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts die Entscheidung treffen, dass ihr Kind bei einer Pflegeperson leben soll.Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kommt hier nur dann ins Spiel, wenn die Pflegeperson einer Erlaubnis bedarf.Brauchen die Eltern die Unterstützung einer Pflegeperson, weil sie ansonsten keine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung gewährleisten können, kommt die Unterbringung des Kindes bei einer Pflegeperson als Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII in Betracht.

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Eine Pflegeerlaubnis ist erforderlich, wenn die Pflege über 8 Wochen oder den Umfang eines Schüler- bzw. Jugendaustausches hinausgeht.Ausnahmen bestehen außerdem für◦ Hilfe zur Erziehung,◦ Vormünder,◦ Verwandte/Verschwägerte bis zum 3. Grad,◦ Adoptionspflege. Die Erlaubnis ist nur dann zu versagen, wenn das Wohl des Kindes in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist.

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Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung seines Kindes Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist (§ 27 Abs. 1 SGB VIII).Die Hilfe muss für die Entwicklung des Kindes /Jugendlichen geeignet und notwendig sein.

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Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege wird für Kinder und Jugendliche häufig eine geeignete Hilfeform darstellen, weil sie dem Kind/dem Jugendlichen das Aufwachsen in einem familiären Bezugssystem ermöglicht.Im Einzelfall ist insbesondere auf das Alter, den Entwicklungsstand und die persönlichen Bindungen des Kindes/Jugendlichen bei der Auswahl der Vollzeitpflege als geeignete Hilfeform zu achten.

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Das Gesetz enthält keine abschließenden Aussagen über die Eignung von Pflegepersonen. Bestimmte Ausbildungen oder andere formale Kriterien werden nicht vorausgesetzt.In der Regel wird die Kooperationsbereitschaft mit dem Jugendamt als Mindestkriterium erwartet.Kriterien der Eignung sind aufgrund der individualisierten Hilfeform auch mit Blick auf ein konkretes Kind zu hinterfragen.Allgemeine Kriterien können im Sinne von fachlichen Standards vom Pflegekinderdienst aufgestellt werden.

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Pflegepersonen haben als Leistungserbringer keinen „Anspruch“ auf ein Pflegekind wie auch ein Heim keinen Anspruch auf Belegung hat.Angreifbar sind Entscheidungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe insoweit nur, wenn eine Pflegeerlaubnis rechtswidrig versagt wurde oder Eltern im Rahmen der Ausübung ihres Wunsch- und Wahlrechts eine Pflegeperson bevorzugen, die vom Jugendamt für ungeeignet gehalten wird.

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Jugendamt= Leistungsträger

öffentlich-rechtlicheLeistungsbeziehung

Anspr

uch a

uf Hilfe

gem. §

§ 27, 3

3 SGB V

III

Pflegevertrag

Personensorgeberechtigter= Leistungsberechtigter

privatrechtlicheLeistungsbeziehung

Abtretung oderBevollmächtigung

Pflegeperson= Leistungserbringer

Anspr

uch a

uf Pfl

egeg

eld ge

m. §39

SGB V

IIIAnspruch auf Beratung und

Unterstützung

gem. §37 II 2 SGB VIII

Anspr

uch a

uf Mitw

irkun

gAnspruch auf Zusammenarbeit

Das jugendhilferechtliches Dreiecksverhältnis in der Pflegekinderhilfe

Grundsätzlich keine Leistungs-beziehung, aber „Vertrag zur Re-gelung der Rechte und Pflichten der Pflegepersonen im Verhältnis zum Jugendamt“möglich

© Marion Küfner

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Die Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder des Jugendlichen und während der Dauer der Pflege Anspruch auf Beratung und Unterstützung (§ 37 Abs. 2 SGB VIII). Dies gilt auch in den Fällen, in denen dem Kind oder dem Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungshilfe gewährt wird oder die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 nicht bedarf.

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Der Anspruch auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII ist ein Annexanspruch zum Anspruch auf Hilfe zur Erziehung und steht damit grundsätzlich den PSB zu.Es empfiehlt sich die vertragliche Abtretung dieses Anspruchs. Die Pflegeperson ist dann rechtlich in der Lage, die konkreten Ansprüche geltend zu machen, die ihr aufgrund der Nähe zum Pflegekind in der Regel am besten bekannt sind.

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Das Jugendamt hat die Steuerungsverant-wortung für eine von ihm gewährte Hilfe zur Erziehung, die es i.d.R. mit dem Hilfeplanverfahren umsetzt.In diesem Rahmen ist es für eine fachlich qualifizierte Hilfebegleitung zuständig. Hierzu gehört es auch, sich vor Ort darüber zu vergewissern, dass die Hilfe dem Wohl des Pflegekindes entspricht (§ 37 Abs. 3 SGB VIII). Daneben besteht der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII.

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Eine Pflegeperson, die Leistungen der Hilfe zur Erziehung erbringt, ist für die Qualität dieser Leistung verantwortlich.Die Pflegeperson soll mit dem Jugendamt zum Wohl des Kindes zusammenarbeiten.Die Pflegeperson hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen (§ 37 Abs. 3 S. 2 und § 44 Abs. 4 SGB VIII).Weitere einzelne Pflichten sollten zwischen Jugendamt und Pflegeperson vertraglich vereinbart werden.

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Erfüllt die Pflegeperson ihr obliegende Pflichten nicht, so sind keine gesetzlichen „Sanktionsmöglichkeiten“ vorgesehen. Stattdessen ist die Frage zu stellen, ob die Eignung der Pflegeperson auf dieser Grundlage noch gegeben ist.Wird die Eignung verneint, so heißt das nicht, dass das Pflegekind aus der Pflegefamilie herausgenommen wird, kann aber ggf. zur Einstellung der Leistung führen.