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Spiritual Care Spiritual Care
Herausforderungen im Herausforderungen im Gesundheitssystem fGesundheitssystem füür (kirchliche) r (kirchliche)
Seelsorge Seelsorge
FrFrüühjahrskonvent der hjahrskonvent der KrankenhausseelsorgerInnen in der KrankenhausseelsorgerInnen in der Evangelischen Kirche im RheinlandEvangelischen Kirche im Rheinland
NNüümbrechtmbrecht--Bierenbachtal, 22. Februar 2011Bierenbachtal, 22. Februar 2011
Prof Dr. Traugott RoserProf Dr. Traugott Roser
Übersicht
1. Palliative Care – Spiritual Care
2. Spirituelle Bedürfnisse, spirituelle Not,
spirituelle Ressourcen
3. Biblische Aspekte
4. Arbeiten im multiprofessionellen Team
Was ist Palliative Care?
Umgang Umgang mit dem mit dem Thema Thema Tod und Tod und SterbenSterben
ErhErhööhte hte ööffentliche ffentliche AufmerksamkeitAufmerksamkeit
�� Es gibt keine VerdrEs gibt keine Verdräängung und Tabuisierung ngung und Tabuisierung mehr, sondern Sterben und Sterbebegleitung sind mehr, sondern Sterben und Sterbebegleitung sind im Zentrum des gesellschaftlichen Diskursesim Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses
�� durch Hospizbewegung,durch Hospizbewegung,
�� und Palliativmedizin,und Palliativmedizin,
�� PatientenverfPatientenverfüügungsgungs--DebatteDebatte
�� aber auch durch aber auch durch „„EuthanasiedebatteEuthanasiedebatte““
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Definition Palliative CareDefinition Palliative Care
„Palliative Care dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind.Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.“ WHO 2002
Definition Palliative Care
Bitte besprechen Sie untereinander die WHO-Definition von Palliative Care in Kleingruppen nach der Methodik „Bibel teilen“
1. Lautes Lesen 2. Nochmaliges Lesen im Stillen3. Lautes Aussprechen eines Begriffs/Wortfolge
ohne Kommentierung (mehrfache Runde)4. Sagen Sie – kurz! – Ihre Assoziation zu einem
Begriff/Wortfolge/Aspekt: eine Erinnerung, ein Gedanke, eine Position) – ohne Diskussion
5. Nochmaliges gemeinsames lautes Lesen
Grundsätze von Palliativmedizin und Hospizbewegung
� Ganzheitliche Betreuung
� physisch
� psychisch� sozial
� spirituell � Betreuungseinheit: Patient und Familie
� Bejahung des Lebens und des Sterbens als existentiell unumstößlicher Prozess
� Ressourcen- statt Defizit-orientiert
� Hilfen für Angehörige nach dem Tod
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„Dying is a spiritual event with medical implications.“
Gwen London in: Swinton J, Payne R (2009)
Christian Practices and the Art of Dying Faithfully
�
„Das Sterben ist keine primär medizinische Angelegenheit mehr. […] Gerade deshalb beginnen sich die traditionellen professionellen Standards zu verändern, was an der Palliativmedizin besonders gut zu beobachten ist“
Armin Nassehi in: Frick E, Roser T (Hg.) Spiritualität und Medizin)
Menschenbild in Palliative Care
körperlich sozial
psychisch
spirituell
MENSCHTotal pain
“total pain”:
�a complex of physical, emotional, social, and spiritual elements.�a need to find some meaning in the situation, some deeper reality in which to trust.� Those who work in palliative care … being challenged to face this dimension for themselves. � Many, both helper and patient, live in a secularised society and have no religious language.� Some will … still be in touch with their religious roots.� Others, however, will not. For them insensitive suggestions by well meaning practitioners will be unwelcome”
(Saunders 1996)
2. Was ist Spiritualität?
… mehr als eine Frage des „Himmels“…
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Definitionen von Spiritualität in ausgewählten empirischen Studien (nach Vachon et al.: J Pall Med 2009)
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SinnsucheSelbst-Transzendenz
"Höheres Wesen"
Gem
einschaftGlaube
Hoffnung
Übergang/Jenseits/Tod
Wertschätzung des Lebens
Persönliche Werte
Entwicklung/Dynamik
BewusstheitAnzahl der
Publikationen*
* Zeitraum 1996-2007, N=946, ausgewählt n=71
Spiritualität ist jede Erfahrung, bei derMenschen sich mit dem (heiligen)Geheimnis des Lebens in Verbindungwissen. Erhard Weiher
Spiritualität beinhaltet: � becoming (Prozess)� connecting (Bezugsgröße) � finding meaning (Sinnfindung)� transcending (Transzendenz)
Michael Wright
Working definitionSpirituality is the dynamic dimension of human life that relates to the way persons (individual and community) experience, express and/or seek meaning, purpose and transcendence, and the way they connect to the moment, to self, to others, to nature, to the significant and/or the sacred.
The spiritual field is multidimensional:1. Existential challenges2. Value-based considerations and attitudes3. Religious considerations and foundations
EAPC Taskforce on Spiritual Care in Palliative CareSamaya Werhoven, Netherlands, 17 October 2010
becoming
Finding meaning
connecting
transcending
Erfahrung
(Heiliges) Geheimnis
Spirituelle Bedürfnisse, spirituelle Not, spirituelle Ressourcen
Ein Beispiel
Johnny Cash: „Hurt“
Was erkennen Sie an � (spirituellem) Schmerz?� (spiritueller) Not?� (spiritueller) Ressource?
Spiritual care ist die (gemeinsame) Sorge um
die Möglichkeit der Teilhabe und Teilnahme
an einem als sinnvoll erfahrenen Leben.
Der Sterbende als Der Sterbende als (spiritueller) Akteur(spiritueller) Akteur
Der existentiellen Bedrohung begegnet die Betroffene unter Rückgriff auf eigene Ressourcen
Jeder ist sein eigener Seelsorger
Der Sterbende bleibt Akteur.
3. Spiritual Care: Biblische Orientierung
� Sorge um die Seele/die Teilnahme am Leben in der Kraft Geistes
� Seelsorge nicht jesuanisch, sondern pneumatologisch begründet
� Johannesevangelium: Abschiedsreden
Parakletische Seelsorge
� Auch bei Paulus: Seelsorge ist Paraklese� „Der Paraklet ist der eigentliche und wahre
Seelsorger für das neue Leben, das in Jesus zur Erscheinung gekommen ist und sich mit seinem Namen und seiner Person ein für allemal verbündet hat. Wenn der Auferstandene seinen Jüngern Leben geben will, so bläst er sie an und spricht: ‚Nehmet hin den Heiligen Geist’ (Joh 20,22).“
Christian Möller: Geschichte der Seelsorge in Einzelportraits
Paraklet als Orientierung für Seelsorger� Temporale Struktur: Abwesend-Sein Jesu als
schmerzhafter Bruch und Krise� Fünf Parakletsprüche: Joh 14,15-17; 14,25f; 15,26f;
16,8-11; 16,12-15� Tröstet� erinnert an Jesus Christus: klärende
Vergegenwärtigung der Vergangenheit� Deutet die aktuelle Situation� Lehrt und sorgt für die Fortführung der Lehre� Bestimmt das Verhältnis zur Welt als ‚in-der-Welt-
sein‘ als Gemeinschaft der Liebe untereinander
Resonanzen?
Paraklet Spiritual care � Situation der Trauer� Tröster� Beistand� Kommunikative Struktur
� Erinnerung� Vergegenwärtigung von
Vergangenheit� Eröffnung von Zukunft
� Kritik� Wahrheit
� Seelsorgesituation� Trösten� Beistehen� Kommunikation
� Biografische Aspekte� Biblische Assoziationen
� Beratung
� Kritik� Wahrheit
Spiritual Care
� Eine Seelsorge als Sorge um die Teilnahme und Teilhabe an einem als sinnvoll erfahrenen Leben im umfassenden Sinn
� Rechnet mit individueller Spiritualität in einem offenen Sinn
� Geht aus von einer eigenen Berufung, die aus dem Geist hervorgeht
4. Spiritual Care im multiprofessionellen Team
Sterbeorte in Deutschland 2007
DW der EKD „Seelsorge in Palliative Care“ (Diakonie Texte 12.2009), 10
Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun
Literatur-Review: Spiritualität
spiritual$ MEDLINE CINAHL ATLA
1970 -1979 178 n/a 2337
1980 -1989 517 350 3901
1990 -1999 1645 2260 3985
2000 - 2005 2271 2787 1254
Sinclair, Perreira, Raffin, 2006J Pall Med 9(2):464-479
Kategorien von Spiritualität in medizinischer Literatur
� Allgemeine Erörterungen / Begriffsbestimmung� Spirituelle Bedürfnisse von Patienten� Hoffnung bei einer zum Tode führenden Erkrankung� Operationalisierung und therapeutische Umsetzung � Effekte religiöser Vorstellungen, Überzeugungen und
Verhaltensweisen für das Befinden� Spiritualität der professionell Tätigen
Quelle: Sinclair, Perreira, Raffin 2006
Studien-Beispiele…
� Zahlreiche (meist nordamerikanische) Studien belegen die hohe Bedeutung von Religiosität / Spiritualität für Krebspatienten (zwischen 50% und 95%).
� Positiver Zusammenhang zwischen Religiosität / Spiritualität und Lebensqualität (QOL) (Balboni et al. 2007)
� Zusammenhang zwischen R/Sp und verbessertem Gesundheitszustand (Lebensdauer, Coping), QOL (auch bei terminaler Erkrankung), geringeren Werten von Depression Suizidaliät. (Review von Mueller et al. 2001)
40%
29%
17%
7% 7%Familie/FreundeGesundheitsberufeSeelsorgeGott/höheres Wesenandere
Spirituelle Betreuer bei schwerer Krankheit
Hanson et al (2008) J Pall Med
Einfluss religiöser Einstellungen auf Behandlung am LebensendeA. C. Phelps; P. K. Maciejewski; M. Nilsson; et al. (2009)
Einfluss religiöser Faktoren auf medizinische Behandlung in Todesnähe
Multisite, longitudinal, advanced cancer (n = 345)
Signifikante Relation zwischen positivem religiösen Coping und aggressiver EOL Behandlung
Auch andere (US) Studien haben den Zusammenhang von religiöser Einstellung und der Bevorzugung aggressiver EOL Care belegt.
Religious Coping and Use of Intensive Life-Prolonging Care Near Death in Patients With Advanced Cancer: JAMA. 301(11):1140-1147
(doi:10.1001/jama.2009.341)
SpiritualitSpiritualitäättInterInter--DisziplinDisziplinäär?r?
Ausschnitt aus:Dan Perjovschi: What happened to us? Installation MoMa New York 2007
Ihre Einbindung in ein Team
� Bitte zeichnen Sie auf einem Blatt Papier auf, mit wem Sie in Ihrem Einsatzgebiet zusammen arbeiten
� Bitte notieren Sie, welche Form die jeweilige Kooperation hat
� Notieren Sie aktuelle und potenzielle Konflikte
Spirituelle Begleitung als Aufgabe des Teams
� Wahrnehmen (Situation des Kranken)
� Beraten (Hilfe bei Entscheidungen)
� Deuten (Sinnzusammenhänge erkunden)
� Feiern (Rituale ermöglichen)
Rolle und Aufgabe als Arzt, Ärztin, Pflegekraft, …im Bereich von Spiritual Care?
SPIR-Studie (LMU)
�S[piritualität]: Betrachten Sie sich im weitesten Sinne als gläubigen Menschen?
�P[latz im Leben]: Sind die Überzeugungen, von denen Sie gesprochen haben, wichtig für Ihr Leben)
� I[ntegration]: Gehören Sie zu einer spirituellen oder religiösen Gemeinschaft?
�R[olle]: Wie soll Ihr Arzt/ Ihr Seelsorger mit diesen Fragen umgehen?
Beispiel für ein Hospiz- und Palliativ-Netzwerk
Quelle: www.hospiznetz-mittelhessen.de
Wahrnehmen der spirituellen Situation
(spirituelle Anamnese)
Übergabe / Vereinbarung
Indikation
Seelsorge(spirituelle Intervention)
Koordination nötig
Konsequenzen der Teameinbindung für Seelsorge
� Präsenz, Verlässlichkeit, Erreichbarkeit� Seelsorge geht zu jedem Menschen unabhängig
von seiner Konfession� Seelsorge sucht den Kontakt und wartet nicht nur
auf Rufe� Seelsorge für das Behandlungsteam� Austausch mit anderen Professionen –
Weitergabe von wichtigen Informationen aus Patienten- und Angehörigenkontakten
Spezielle Konsequenzen der Beteiligung von Seelsorge in PC
� Strukturelle Verortung von Seelsorge in (Palliative Care) Teams
� Dokumentation in den Krankenakten (nötiger Datenzugang)
� Klärung des Beichtgeheimnisses� Beteiligung an Lehre� Engagement in der Forschung
MultiprofessionalitätChancen - Grenzen
� Patientenorientierung: Ganzheitliche Wahrnehmung und Begleitung
� Stärkung der Identität als Seelsorge (Vorbild für andere KHS)
� Kommunikation (Kenntnis, Perspektivenvielfalt, Absprachen, Entscheidungen)
� Entlastung und Zugehörigkeit
� Überforderung der Patienten: Überangebot, Intensität, emotion. Belastung
� Absprachen und Abgrenzung nötig. Gesprächskontakt nicht frei; Vertraulichkeit
� Kompetenzen und Konkurrenzen; Hierarchien
� Sprachprobleme: Deutungshoheit, Ideologielastigkeit
� Zeit und Kraftressourcen knapp