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13 | 2013 11
www.surf-magazin.de4 April 2017Deutschland 5,00 Euro
Schweiz 9,30 sFr
Österreich 5,60 Euro
WELLE UND MEHR 11 Wavesegel 5,0 im Test – echte Allrounder für Starkwind
SPOT GUIDE NEUSIEDLER- & ZICKSEE
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FOIL-TRENDNeilPryde-Foil für 799 Euro Starboard bringt Baukasten-System
FINNENTUNINGNeue Serie: Mehr Speed, Kontrolle & besseres Drehen. Teil 1 – Allroundboards
OSTSEEFeinste Brandung vor Estland
H 4541
4 4 | 2017
Titel: Magisches Abendlicht für Ben Proffitt in Lancelin. Foto: John Carter Inhalt: Alessio Stillrich verziert die Kulisse von Misty Cliffs/Südafrika mit Spray. Foto: Samuel Tomé
62 Trips: Ägyptisches Comeback – Dahab wieder im Auf-wind!
64 Spot Guide Neusiedler- & Zicksee: Im Frühjahr gehören Neusiedler- und Zicksee zu den besten Steh- und Flachwasserrevieren Europas. Local Max Brinnich stellt seine überraschend windige Heimat vor
Reportage6 Ostsee-Galerie: Jules Denel bereist als Profi die
Traum-Spots dieser Welt. Die besten Fotos brachte er aber ausgerechnet von einem Trip nach Estland mit – überzeugt euch selbst
72 Leserstory: Was italienischer Localism in Spanien, das Elefantengedächtnis einer Großmutter und der Tod eines Voodoo miteinander zu tun haben, lest ihr in der Story von Dieter Fechner
80 Ricardo Campello: Ein Interview über fehlendes Vertrauen, die Suche nach dem Plan B und den Niedergang seiner Heimat El Yaque
86 Last Call: Ein epischer Wintersturm traf Anfang Februar El Medano auf Teneriffa. Fotograf Francois Faber hat den Tag mit der Kamera festgehalten
90 Vorschau48 Market/Impressum
News14 News: Köster wieder auf dem Wasser, ein neues Video-
Tutorial zur Heli-Tack sowie Infos zu Speed King und Euro-pean Freestyle Pro Tour. Außerdem: Exklusive Download-Links für das neue Video Dis.Traction von Marcilio Browne zu gewinnen!
22 Mailbox: Schlechte Qualität bei Gabelbäumen, Tricks bei verklemmten Masten und reihenweise Fragen zu den Basics des Windsurfens – das hat euch beschäftigt
Test und Technik26 Test Wavesegel 5,0: Elf Segel für Flachwasser
& Welle von GA Sails, Gun Sails, Goya, Naish, NeilPryde, North Sails, Point-7, Sailloft, Severne & Simmer
38 Finnentuning-Serie – Teil 1: Keine andere Brett-gruppe lässt sich durch den Finnentausch so verwandeln wie die der Freestyle-Waveboards. Wir zeigen euch, wie ihr Kontrolle, Speed, Drehfreudigkeit und die Eignung für Seegras verbessert
42 Neue Produkte: Endlich in Serie – erste Foils von Starboard und JP-Australia. Außerdem: Erste Fahreindrücke des Naish Hardline, eine günstige Action-Cam im Quick Check sowie News zum Slalomboard Goya Proton
Fahrtechnik56 Switch Stance: Der schnelle Umstieg in die ver-
drehte Fußstellung ist das Ticket in die Welt der Big Moves. Freestyle-Pro Riccardo Marca zeigt, wie’s geht
Reise58 Spots des Monats: Diesmal mit dabei sind der Plat-
tensee, Vasiliki, Kuba, Aruba, Sizilien, Korsika & viele mehr
: INHALT 4/2017
53 | 2013
TEST WAVE-/ STARKWINDSEGEL 5,0
(AB SEITE 26)
GA Sails Poison 5,0Goya Banzai PRO 5,0Gun Sails Peak 5,0Naish Force V 5,0NeilPryde Atlas 5,0NeilPryde Combat HD 5,0North Sails Volt 5,0Point-7 Salt Campello LTD 5,0Sailloft Curve 5,0Severne Blade 5,0 Simmer Icon 5,0
PRODUKTE (AB SEITE 42)
NeilPryde Foil Alu & CarbonStarboard Foil-BausatzNaish Hardline 89Goya Proton
Produkte im Heft
80 Ricardo Campello
64 Neusiedler See
26 Test Wavesegel
40 Jahre surf
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WIE DAS FUNBOARD NACH EUROPA KAM – der surf Magazin-Gründer erinnert sich
DIE VERRÜCKTESTEN BOARDS – Von A wie Asymmetrical bis Z wie Zahnstocher
RUND, ECKIG, OHNE MAST – Nicht jede Segel-Innovation sorgte für mehr Vortrieb
KANGA COCK UND KANALBESCHLAG – Weder Sex-Spielzeug noch Klempner-Bedarf
16 Seiten surf-History
Im 1. Teil unseres großen Jubiläums-Specials nehmen wir euch mit auf eine Zeitreise zu Tinkler-Tails, Wind-Weapons und Kanga Cocks.
6 4 | 2017
Als Windsurf-Pro führt Jules Denel ein Leben zwischen Maui, Südafrika und Frankreich – er kennt sich demnach mit schönen Orten aus! Dass ihm ausgerechnet ein Trip auf die Ostsee-insel Hiiumaa die goldensten Momente des Jahres bescherte, war nicht zu erwarten.
ABENTEUER ESTLAND
74 | 2017
26 4 | 2017
TEST POWER-WAVESEGEL 5,0
SAIL GUIDE POWER-WAVESEGELSurfer Typ
FREERIDER
WAVE-EINSTEIGER
FORTGESCHRITTENE WAVESURFER
FREESTYLER
Beste Brettgruppen
FREERIDEBOARDS
FREEMOVEBOARDS
WAVEBOARDS
[Segel] GOYA Banzai PRO 5,0 : [Tester] Frank : [Spot] Swartriet
274 | 2017
Doppel-HerzIn diesen Segeln schlagen zwei Herzen. Für die Welle genau so wie für die Freemove-Session. Deutlich besser auf Flachwasser als die radi-kalsten Wavesegel – und mit gutem Handling und viel Drive eine echte Alternative selbst für anspruchsvollste Wavesurfer.
FOTOS: Stephan Gölnitz, TEXT: surf-Testteam
Vor dir liegt die Testgruppe mit den ver-mutlich geringsten Unterschieden. Das ist die gute Nachricht: Du kannst nahezu keinen Fehler machen. Alle Segel eignen sich sehr or-dentlich bis bestens als Starkwind-Spielzeug auf dem See oder bei mäßiger Brandung. Da-rüber hinaus lassen sich mit jedem Segel be-denkenlos auch vier Meter hohe Wellenwän-de malträtieren. Im Vergleich kann der Kauf eines radikalen Drei- und Vier-Latters schon mal richtig in die Hose gehen. Und die zweite Message aus diesem Test ist ebenso erfreu-lich. Vom sehr soften Wavesegel, bei dem in jedem Turn auch ein bisschen Maui-Feeling mitsurft, bis zum sportlich straffen Rigg, mit dem auch kleine Freemoveboards gut moto-risiert sind, findest du die komplette Auswahl. Du hast die Wahl – dein Style entscheidet.
AN LANDLatten, Masten, Gabellänge
„Weniger ist mehr“ ist der allgemeine Trend bei der Lattenbestückung von Wavesegeln, an den Top-Spots überwiegen mittlerwei-le Vier-Latter. Dabei sagt die Lattenanzahl nicht alles, die Anforderung für diesen Test war daher ohne Vorgaben. Dass die Fünf-Latter überwiegen liegt sicher auch an den Test-Anforderungen für Flachwassereinsatz. Doch auch in der Welle können sich die gene-rellen Vorzüge der zusätzlichen Latte – grö-ßere Windrange in einem Trimm – gerade bei Segeln über fünf Quadratmeter durchaus angenehm bemerkbar machen. Lediglich bei Goya wird auch das Power-Wavesegel grund-sätzlich nur mit vier Latten bestückt. Bei Neil-Pryde läuft das Atlas zwar als reines Wavese-gel, die Erfahrung zeigt aber, dass es eher ein
[Segel] NEILPRYDE Atlas 5,0 : [Tester] Manuel : [Spot] Langebaan
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Keine andere Brettklasse auf dem Markt ist so sehr darauf ausgelegt, die Fahreigen-schaften über die Wahl der Finnen zu verändern. Was beim Wechsel zwischen Singlefin und Thruster-Set-up wichtig ist und welche Besonderheiten für Seegrasfinnen gelten, verraten wir euch im ersten Teil unserer Serie zum Finnen-Tuning.
SERIE: FINNEN-TUNING – FREESTYLE-WAVEBOARDS
Verwandlungs- künstler
394 | 2017
Singlefin oder Thruster? Bretter der Freestyle-Wave-Klasse bieten viele Möglichkeiten. Ein alternatives Finnenset kann mitunter eine komplette Segel-größe einsparen.
TEXT: Manuel Vogel
Bump & Jump, Freestyle-Wave, Cross over – so vielfältig wie die Begrif-fe für diese Brettklasse, so verschieden sind auch die Einsatzmöglichkeiten die-ser Allrounder. In Größen zwischen 75 und 115 Liter sollen sie als Starkwind-brett zum Heizen auf Flachwasser, als Waveboard in der Ostseewelle, als Bump & Jump-Untersatz zum Springen und Loopen oder sogar für Basis-Freestyle-Manöver herhalten.
Unsere Testerfahrung zeigt, dass es innerhalb dieser Brettklasse große Un-terschiede gibt und die Hersteller die Schwerpunkte teilweise sehr unter-schiedlich setzen. Dies lässt sich nicht nur am Shape festmachen, sondern vor allem an der mitgelieferten Finnenbestü-ckung. Singlefins oder Thruster (Dreifin-ner) sind auf dem Markt vertreten.
Boards wie ein Fanatic FreeWave, Goya One, Quatro Tetra, JP Freestyle-Wave oder NoveNove Style Wave werden mit Dreierfinnen-Set-up (Thruster) ausge-liefert und sind auch hinsichtlich der Shapes eher auf Drehfreudigkeit und Eignung in moderaten Wellen optimiert. Die Singlefin-Option besteht in diesem Fall immer, denn jeder Thruster lässt sich auch immer als Singlefin fahren.
RRD (Freestyle-Wave), Tabou (3S), Lorch (Offroad), Starboard (Kode Free-Wave) oder Patrik (F-Cross) setzen auf die Singlefin, wobei viele (nicht alle!)
dieser Bretter über zusätzliche Finnen-kästen verfügen und dann ebenfalls als Thruster gefahren werden können.
Wer mit einem zweiten Finnen-Set-up den Einsatzbereich seines Brett erwei-tern will, steht vor folgenden Fragen: l Was bringt der Wechsel zwischen Thruster und Singlefin generell?l Welche Finnengrößen sollte das alter-native Finnenset haben? l Was gibt es bei der Wahl von Seegras-finnen zu beachten?
Singlefin & Thruster – warum der Wechsel Sinn macht
Finnen beeinflussen Gleitleistung, Drehfreudigkeit und Kontrolle eines Bretts massiv und erweitern bei richtiger Abstimmung den Einsatzbereich.
Generell gilt: Das Weglassen der Sei-tenfinnen (Seitenkästen verschließen!) und der Tausch der Thruster-Mittelfinne gegen eine größere Singlefin verbessert: l Angleiten, Durchgleiten in Windlöchernl Speed im unteren und mittleren Wind-bereichl Lift beim Absprungl freieres, sportlicheres Fahrgefühll Eignung für große Segelgrößen
Ein Thruster-Set-up mit deutlich kürze-rer Mittelfinne und kleinen Seitenfinnen verbessert:l Kontrolle bei Starkwind bedingt durch eine tiefere Wasserlage des Boardsl Eignung für kleine Segelgrößen
l Dreheigenschaften in Manövern und beim Wellenabreitenl seitlichen Halt (durch die Seitenfin-nen) beim Wellenabreiten
So findest du die richtige Finnenlänge
Leistung und Drehfreudigkeit der Fin-nen hängen neben dem Profilverlauf vor allem von Fläche und Länge ab. Wich-tigster Faktor ist hierbei die Finnenlänge – je länger, desto höhere Hebelkräfte wir-ken und desto mehr Auftrieb (=Gleitleis-tung) wird erzeugt.Da eine Pauschalaussage nach dem Mot-to „beim Wechsel auf Thruster einfach immer drei Zentimeter kleinere Finnen montieren“ in der Praxis nicht funktio-niert und je nach Brettgröße andere Ab-stufungen Sinn machen, haben wir eine Grafik erstellt, welche die durchschnitt-lichen Kombinationen darstellt. Damit sollten dir die größten Schnitzer beim Finnenkauf erspart bleiben.
Ein Beispiel: Du suchst Finnen für dein 95-Liter-Brett? Ziehe eine senkrechte Linie an dieser Stelle (1). Dort, wo diese die entsprechenden Linien der Finnen kreuzt, ziehe eine horizontale Linie, um die passende Größe abzulesen. In die-sem Fall würden unsere Empfehlungsbe-reiche lauten:l Singlefin: 27-29 Zentimeter (4)l Thruster: Mittelfinne mit 23-25 Zenti-meter (3), Seitenfinnen mit 11-13 Zentime-ter (2).
Wusstest du, dass......bei den meisten Serienboards die ideale Länge der Singlefin in etwa der Breite des Hecks vor dem Finnen-kasten entspricht?
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Volumen (l)
Singlefin
Thruster (Mittelfinne)
Thruster (Sidefins)
Finnenlänge (cm)
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Dolce Vita made in Austria – neben Top-Windsurfbe-dingungen hat das Burgenland beste Weine und mit Wien eine Kulturmetro-pole von Weltrang zu bieten.
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SteppenwolfDass Europas zweitgrößter Steppensee in der Wahrnehmung auswärtiger Windsurfer noch nicht richtig angekommen ist, lässt sich rational kaum begründen: Endlose Stehbereiche, eine Gleitwindquote von fast 50 Prozent und jede Menge burgenländisches Dolce Vita wären gute Gründe für einen Besuch – wie der Spot Guide von Local Max Brinnich beweist.
SPOT GUIDE ZICKSEE & NEUSIEDLER SEE
TEXT: Max Brinnich & Theresa Kellner
Jeder surfende Österreicher, der sich in unbekannte Salzgewässer wagt, kennt vermutlich diese Situation: Man kommt mit Gleichgesinnten ins Ge-spräch, was unvermeidlich zur Frage führt: „Where are you from?“ Die Ant-wort: „I am from Austria“ lässt das trop-fende Gegenüber häufig stutzen. „What? You can surf there?“ Ja, kann man! Nicht selten folgt auf die verdutzte Frage eine minutenlange Ösi-englische Antwort in-klusive einer sehr genauen Beschreibung des Geburtslandes von Arnold Schwar-zenegger und den Koordinaten unserer liebevoll genannten „Gatschlackn“, dem Neusiedler See. Herrscht danach bei dem Gesprächs-partner noch immer Verwirrung, kapi-tuliert man schließlich: „It’s like Lake Garda.“ Nur ohne tiefes Wasser, Thermik und Italiener. Dass in Österreich nicht nur Skirennen veranstaltet werden, weiß man spätestens seitdem hier jedes Jahr der Surf-Worldcup haltmacht. Und weil man im Burgenland durchaus am Vor-mittag eine Snowboardsession und eine
Abendsession auf dem Wasser unter ei-nen Hut bringen kann, muss sich die Re-gion bezüglich des Freizeitwertes nicht hinter internationalen Top-Spots verste-cken. Dass ausländische Touristen den Neu-siedler See bisher wenig oder gar nicht auf dem Zettel haben, hat einen Grund: Man unterschätzt ihn! Aber atemberau-bende Sonnenuntergänge, Föhntage, an denen das Thermometer schon mal 35 Grad anzeigt und der See bei 25 Knoten kocht, Top-Weine und eine hervorragen-de Gast ronomie, die einen wieder zurück ins Leben holen kann sowie die Nähe zur großen Kulturmetropole Wien bilden ein Gesamtpaket, welches durchaus reizvoll ist. Der (hinter vorgehaltener Hand) als „Meer der Wiener“ bezeichnete Step-pensee befindet sich im Osten des Lan-des und ist mit 320 Quadratkilometer der größte See Österreichs, wobei der untere Teil zu Ungarn gehört und knapp die Hälfte von Schilf bedeckt ist. Hier sind verschiedene Tier- und besonders Gelsenarten (= das österreichische Wort für fiese Stechmücken) heimisch.
„Lago di Gatsch“ hat, was die Thermik angeht, nichts mit seinem italienischen Bruder gemeinsam, da die Region fast den gesamten Wind aus durchziehenden Nordwestfronten bezieht, die besonders im Frühjahr, bei starken Temperatur-schwankungen, beste Bedingungen mit sich bringen. Im Sommer fegen Südwinde über den See, die so manches Surferherz höher schlagen lassen. Luft und Wasser erreichen dann Karibiktemperaturen, Boardshorts oder Bikini reichen aus. Der Name „Gatschlackn“ kommt aber nicht von irgendwo: Der gesamte Seebo-den ist mit Schlamm bedeckt, der aller-dings im Bereich der Seebäder vermehrt mit Sand und Steinen aufgeschüttet wurde. Eine Alternative zum Neusiedler gibt’s ebenfalls mit dem kleinen Bruder, dem Zicksee, in unmittelbarer Nähe. Das Wasser ist dort deutlich glatter und deut-lich flacher. Der größte Pluspunkt: Es ist immer genug Platz auf dem Wasser. Die besten Ecken stelle ich euch nun vor – vielleicht kann ich euch ja dazu bringen, unser „Meer“ in die kommende Urlaubs-planung mit einzubeziehen – ihr werdet es nicht bereuen!
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Mit 18 dominierte Ricardo Campello das Freestyle, gewann drei WM-Titel und erfand reihenweise neue Manöver. Dann schmiss er entge-gen aller Warnungen alles hin und wurde Waverider. Heute gehört er zu den Wellen-Ikonen – und steht trotzdem ohne Sponsoren da. Im surf-Interview spricht er über Fehler der Vergangenheit, den feh-lenden Plan B und den Niedergang seiner Heimat Venezuela.
TEXT & INTERVIEW: Graham Ezzy
Einen festen Termin mit Ri-cardo Campello zu vereinbaren ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Damit ihr dieses Interview mit ihm jetzt lesen könnt, waren ziemlich viele Erinnerungs-Mails und pene-trante Anrufe nötig und als ich ihn endlich an der Strippe hatte, war Ricardo mit dem Auto irgendwo im venezuelanischen Verkehrschaos unterwegs. Unsere Konversation wurde dementsprechend immer mal wieder von wildem Gehupe un-terbrochen. Ricardo – was soll man über ihn sa-gen: Er hasst den Geruch von Gur-ken und kann singen wie eine Nach-tigall, leider traut er sich meist nie! Vermutlich ist er der einzige Mensch, bei dem ich, auch wenn
ich wüsste, dass er was getrunken hätte, keine Angst hätte, im Auto mitzufahren. Seinen Geburtstag feiert er immer während des Wave-Worldcups in Pozo – er lädt jeden einzelnen Fahrer ein, zu kommen. In den frühen 2000ern dominier-te er die junge Freestyle-Diszip-lin, wurde drei Mal nacheinander Weltmeister und hat in dieser Zeit wahrscheinlich so viel Preisgeld verdient wie niemand sonst auf der Tour. Ein beträchtlicher Teil davon ging allerdings wieder für Strafen drauf, niemand wurde öfter von der PWA verdonnert als er. Fast immer, weil er während Heats von anderen Fahrern in der Contestzone herum-surfte – manchmal unabsichtlich, manchmal nicht. Er war der Ers-te, der den Dreifachloop ernsthaft
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WIE DAS FUNBOARD NACH EUROPA KAM – der surf Magazin-Gründer erinnert sich
DIE VERRÜCKTESTEN BOARDS – Von A wie Asymmetrical bis Z wie Zahnstocher
RUND, ECKIG, OHNE MAST – Nicht jede Segel-Innovation sorgte für mehr Vortrieb
KANGA COCK UND KANALBESCHLAG – Weder Sex-Spielzeug noch Klempner-Bedarf
16 Seiten surf-History
4 4 | 2017
ALS DIE BRETTER GLEITEN LERNTEN
surf-Gründer Uli Stanciu erlebte bei seinem ersten Hawaii-Besuch im Jahr 1979 eine Befreiung. Windsurfen bei Starkwind be-kam durch die innovativen Gleitbretter der Hawaiianer eine neue Dimension. Noch einmal erlebt er mit euch, wie sich der erste Gleitrausch anfühlte.
Und dann kam das Jahr 1978. Als Chefredakteur der jungen Zeitschrift surf hatte ich dem Verlag mühsam eine Dienstreise nach Hawaii abgetrotzt. Das war ein wirklich schwieriges Unterfan-gen. Eine Reise zur Ostsee hätte man mir sicher zugestanden. Aber Hawaii? Das kostete ja mindestens 10.000 Mark. Mit Engelszungen konnte ich unseren dama-ligen Verleger Kurt Delius überzeugen – auf Hawaii fänden die neuesten Entwick-lungen in unserem Sport statt. Windsur-fer mit zurückversetztem Schwert, zwei Finnen, nach hinten versetztem Mast-fuß, neue Segelschnitte. Darüber muss-ten wir berichten. Internet und E-Mail für schnelle Kommunikation gab es noch nicht – wir mussten selber hinfahren.
Außerdem könnten wir dort die besten Fotos schießen oder zumindest von den dortigen Fotografen besorgen. Und tat-sächlich: Mit dieser Reise kam eine Wen-de im Surfsport. Auf der Hawaii-Insel Oahu, in Kailua, kontaktierte ich alle damals bekannten Windsurfer: Larry Stanley (Stan), Pat Love, Mike Horgan, den ganz jungen Robby Naish und seinen Vater Rick. Dazu die Fotografen Steve Wilkings und John Speer. Sie waren gegenüber dem deut-schen „Stan“ (Stanciu) erst etwas miss-trauisch, zurückhaltend. Aber ich zeigte ihnen unser surf Magazin und erzählte ihnen, welchen Siegeszug das Windsur-fen besonders am Gardasee gehalten hätte. Schließlich zeigten sie mir ihre
Neuheiten. Mike Horgan hatte ein ganz neues Board gebaut, aus Holz mit radikal anderem Design, Larry Stanley und Rick Naish waren gerade dabei neue Boards aus Clark Foam zu entwickeln, mit Glas-faser laminiert wie die Surfboards der Wellenreiter. Leider hatten wir in den zwei Wochen im November 1978 nur wenig Wind. Es gab kaum Gelegenheit, eigene Fotos zu
54 | 2017
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schießen. Umso beeindruckter war ich von den Bildern, die mir die lokalen Foto-grafen zeigten. Steve Wilkings führte mir in seinem Studio in Honolulu Dias vor, die mir den Mund offenstehen ließen, die mich völlig aus dem Häuschen brach-ten. Da hoben Surfer mit veränderten TenCate Boards fast komplett über Wel-lenkämme ab, das Schwert ragte in die Luft, türkisgrünes Wasser, stahlblauer Himmel – Bilder, wie sie die europäische Surfszene noch nie gesehen hatte. Diese Bilder musste ich haben. Ich machte eine Auswahl von 120 Fo-tos. Steve Wilkings lächelte und sagte knallhart: „Wenn du die Fotos mitneh-men willst, dann kostet das 10.000 Dol-lar. Jetzt, cash auf die Hand.“ Das war
eindeutig. Vorkasse. Er war misstrau-isch, dass er mich sonst nie wiedersehen würde. Honorar nach Veröffentlichung, sowas gab es hier auf Hawaii nicht. Na-türlich hatte ich so eine riesige Summe nicht bei mir. Ich rief also spätabends (zwölf Stunden Zeitverschiebung) beim damaligen Finanzchef des Verlages, Herrn Thomas, in Bielefeld an und sagte frei heraus: „Herr Thomas, ich brauche 10.000 Dollar.“ Der fiel aus allen Wolken. Erst die teure Reise und jetzt nochmal so viel Geld…. Ich erklärte ihm die Sache mit den Fo-tos, schwärmte von den unglaublichen Möglichkeiten, die wir mit der Veröffent-lichung dieser Bilder hätten – wir wären in Europa die ersten, die sowas zeigen
könnten, das würde einen Rausch erzeu-gen. Nach längerer Diskussion ließ sich Herr Thomas breitschlagen. Er über-wies mir telegrafisch das Geld auf eine Bank in Hawaii, wo ich es am nächsten Tag abholen konnte. Mit 10.000 Dollar in der Tasche marschierte ich zu Steve Wilkings und holte die Fotos. Es waren Kostbarkeiten. Beim Flug zurück trug ich die Bilder immer bei mir am Körper wie einen geheimen Schatz. Zurück in der Münchner Redaktion ver-öffentlichte ich die Fotos, wohl dosiert auf mehrere Ausgaben verteilt. Das löste 1979 einen wahren Boom aus – die Auf-lage des surf Magazins schnellte nach oben, wir zeigten einen Traum, wir er-zeugten eine neue Faszination und ein
Ulis erste Gleiterlebnisse auf Hawaii fanden sich unerwartet in der deutschen BoulevardPresse (oben) wieder. Nach dem ersten HawaiiBesuch traf er Robby Naish oft, wie hier beim PanAm Cup (links).