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Oldenbourg Industrieverlag Neue Wege für das Regenwasser W. Geiger · H. Dreiseitl · J. Stemplewski Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten 3. völlig neu überarbeitete Auflage Neue Wege

W. Geiger · H. Dreiseitl · J. Stemplewski Neue Wege für ...€¦ · Passavant Absperrorgane Bei der Entwicklung und Produktion von gehäuselosen Absperrorganen baut Passavant auf

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Neue Wege für das Regenwasser

W. Geiger · H. Dreiseitl · J. Stemplewski

Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten

3. völlig neu überarbeitete Auflage

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W. Geiger

H. DreiseitlJ. Stem

plewski

W. Geiger · H. Dreiseitl · J. Stemplewski

Neue Wege für das Regenwasser3. völlig neu überarbeitete Aufl age

Statt Regenwasser einfach als Abwasser zu betrachten und in Kläranlagen abzuleiten, tritt seit einiger Zeit zunehmend die Möglichkeit nachhaltiger Regenwasserbewirt-schaftung ins Bewusstsein. Ökonomische, ökologische und soziale Überlegungen tragen dazu bei, Regenwasser vielmehr als Ressource und als Gestaltungselement einer modernen und attraktiven Stadtentwässerung anzuerkennen. Eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung ist heute aktueller und bedeutsamer denn je. Damit können ökologisch und ökonomisch sinnvolle Konzepte einfach und an die jeweilige Situation angepasst entwickelt und somit die Auswirkungen des Klima-wandels auf den Wasserhaushalt gemildert werden.Im vorliegenden Handbuch werden die Zusammenhänge zwischen Klimaschutz und Stadtentwicklung aufgezeigt. Planer und Entscheider fi nden darin die Grundlagen der Planung und Bewirtschaftung von Regenwasseranlagen. Zudem bringen die Autoren ihre praktischen Erfahrungen im Umgang mit Regenwasser und der Anlage von Bauwerken zu dessen Nutzung ein.

ISBN: 978-3-8356-3178-6www.oldenbourg-industrieverlag.de

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Neue Wege für das

Regenwasser

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Neue Wege für das

Regenwasser

W. Geiger / H. Dreiseitl / J. Stemplewski

Handbuch zum Rückhalt undzur Versickerung von Regenwasser

in Baugebieten

3. vollständig überarbeitete Aufl age

Herausgeber der dritten Aufl age:Emschergenossenschaft, Essen

Redaktion der dritten Aufl age:Michael Beckerunter Mitarbeit von Norbert Lorenz und Ulrike Raasch

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Oldenbourg Industrieverlag MünchenBibliografi sche Information der Deutschen Bibliothek:Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Datensind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar

© 2009 Oldenbourg Industrieverlag GmbHRosenheimer Straße 145, D-81671 MünchenTelefon: (089) 45051-0www.oldenbourg-industrieverlag.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer-halb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat: Christine ZieglerKorrektorat: Sieglinde BalzereitLayout: Schmidt Media Design, MünchenDruck/Bindung: Grafi k+Druck, MünchenGedruckt auf säure- und chlorfreiem PapierISBN: 978-3-8356-3178-6

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V

V orwort zur dritten Aufl age

Mit mehr als 5000 verkauften Exemplaren der vorherigen Aufl agen hat sich das Handbuch „Neue Wege für das Regenwasser“ zu einem Standardwerk für Stadtplaner, Siedlungswasserwirtschaftler und Landschaftsarchitekten entwickelt, die sich mit Fragen der naturnahen Stadtentwässerung aus-einandersetzen. Die Nachfrage nach diesem Handbuch belegt den Bedarf und Nutzen einer inte-grierten Lösung der Regenwasserproblematik.

Zur Zeit der Erstaufl age hatten naturnahe Entwässerungskonzepte noch den Nimbus des Extravagan-ten und eigentlich Überfl üssigen. Die konsequente Nutzung der Planungsvorschläge des Handbuches beim Umbau des altindustriellen Entwässerungssystems im Ballungsraum der Emscher hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Buch zu einem Standardwerk weit über den deutschen Sprachraum hin-aus wurde. Zu erwähnen sind hier die Übersetzung der ersten Aufl age ins Polnische und die auszugs-weisen Übersetzungen ins Englische, Niederländische, Japanische und Chinesische.

Seit der ersten Aufl age hat sich das Bewusstsein der nachhaltigen Regenwasserbewirtschaftung stark verändert. Ökonomische, ökologische und soziale Überlegungen haben maßgebend dazu beigetra-gen, Regenwasser als Gestaltungselement einer modernen und attraktiven Stadtentwässerung anzu-erkennen. Auch sind die technischen Vorschriften fortgeschrieben worden, die heute nicht mehr allein die Bemessung beschreiben, sondern auch auf den Betrieb von Anlagen eingehen.

Da die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung eine wichtige Antwort auf den Klimawandel dar-stellt, ist das Thema heute aktueller und bedeutsamer denn je. Sie bietet fl exible Möglichkeiten, die schon heute die Weichenstellung für zukünftige Anforderungen sichern, um mit ökologisch und ökonomisch modifi zierbaren Konzepten möglichst einfach und situationsangepasst reagieren zu können.

Mit dem vorliegenden Handbuch werden die in den Zeiten der Erstaufl age noch zaghaft angegan-genen „Neuen Wege für das Regenwasser“ konsequent weiter verfolgt und mit den Erfahrungen der Autoren aus den letzten Jahren angereichert. Die Überzeugung von der Richtigkeit dieses Prinzips hoffen wir über das Studium des Buchs auch dem Leser zu vermitteln.

Die Autoren

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VII

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur dritten Aufl age V

Inhaltsverzeichnis VII

1 Regenwasserbewirtschaftung und Nachhaltigkeit 1

1.1 Kriterien nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung 1

1.2 Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung – Tradition mit Zukunft 5

1.3 Zur Struktur dieses Buches 7

2 Regenwasser – Potenzial für die Stadtentwicklung 9

2.1 Gestaltungselemente nach dem Vorbild der Natur 102.1.1 Sammlung und Retention 112.1.2 Zusammenführung und Ableitung 12

2.2 Stadtplanerische Grundprinzipien 132.2.1 Bestandsgebiete 152.2.2 Neubaugebiete 20

2.3 Schön muss nicht unbedingt teuer sein 22

3 Urbane Wasserwirtschaft im Einklang mit der Natur 23

3.1 Folgen der direkten Ableitung von Regenwasser 23

3.2 Einfl uss der Flächenversiegelung auf die urbane Wasserbilanz 24

3.3 Hoch- und Niedrigwasser als Folge des Ableitungsprinzips 25

3.4 Lösungsansätze zum Erhalt der natürlichen Wasserbilanzen 27

4 Grundlagen und Planungsvoraussetzungen 31

4.1 Vorgänge im Boden 324.1.1 Das Dreiphasensystem Boden – Wasser – Luft 324.1.2 Die Wasserbewegung im Boden 34

4.2 Verhalten von Schadstoffen 364.2.1 Schadstoffe im Regenabfl uss 364.2.2 Schadstoffpotential, -rückhalt und -abbau in Böden 374.2.3 Verhältnisse in Stadtböden 41

4.3 Grundlagen der hydraulischen Bemessung 424.3.1 Bemessungsniederschlag 43

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Inhaltsverzeichnis

VIII

4.3.2 Näherungsverfahren zur Ermittlung des Abfl usses kleiner Einzugsfl ächen 444.3.3 Dimensionierung von Zu- und Ableitungen 454.3.4 Bemessung von Anlagen zur naturnahen Regenwasserbewirtschaftung 46

4.4 Hinweise zur Planung von Anlagen zur naturnahen Regenwasserbewirtschaftung 474.4.1 Besonderheiten naturnaher Entwässerungskonzepte 474.4.2 Bewertung siedlungsstruktureller und geogener Einfl ussfaktoren 484.4.3 Genehmigungsverfahren für Anlagen der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung 544.4.4 Projektbearbeitung 55

4.5 Allgemeines zu Kosten und Kostenvergleichen 57

5 Funktionsweise und Bemessung von Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser 59

5.1 Anlagen zur Versickerung 605.1.1 Versickerung ohne Speicherung 605.1.2 Versickerung mit oberirdischer Speicherung 655.1.3 Versickerung mit unterirdischer Speicherung 735.1.4 Wesentliche Kombinationsmöglichkeiten von Versickerungsverfahren 82

5.2 Anlagen zu Rückhaltung 925.2.1 Anlagen mit Reinigungswirkung 935.2.2 Anlagen ohne Reinigungswirkung 103

5.3 Anlagen zur Nutzung von Regenwasser 1085.3.1 Grundsätze der Bemessung 1085.3.2 Regenwassernutzung im privaten Bereich 1095.3.3 Regenwassernutzung „im großen Maßstab“ 113

5.4 Anlagen zur Vorbehandlung von Regenwasserabfl üssen 1145.4.1 Notwendigkeit der Vorbehandlung 1155.4.2 Funktionsweisen und Möglichkeiten der Vorbehandlung 116

6 Konstruktion und Bau von Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser 129

6.1 Generelle Hinweise für eine betriebsgerechte Gestaltung und Konstruktion 1296.1.1 Vorschläge zur Materialwahl 1296.1.2 Allgemeine Hinweise zu Konstruktion und Bau 1316.1.3 Zeitlicher Ablauf der Baumaßnahme 132

6.2 Anlagen zur Versickerung 1336.2.1 Versickerung in oberirdischen Anlagen 1336.2.2 Versickerung in unterirdischen Anlagen 1346.2.3 Erhalt der Sickerfähigkeit des Untergrundes 136

6.3 Anlagen zur Rückhaltung von Regenwasser 1376.3.1 Anlagen mit Reinigungswirkung 1376.3.2 Anlagen ohne Reinigungswirkung 139

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IX

6.4 Anlagen zur Nutzung 141

6.5 Anlagen zur Vorbehandlung 143

7 Wartung und Betrieb von Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser 145

7.1 Betriebspunkt Zuleitungen 145

7.2 Anlagen zur Versickerung 1497.2.1 Wartung und Betrieb der versickerungsspezifi schen Anlagenteile 1517.2.2 Winterbetrieb von Versickerungsanlagen 1557.2.3 Betriebssicherheit von Versickerungsanlagen 156

7.3 Anlagen zur Rückhaltung 1567.3.1 Wartung und Betrieb der rückhaltespezifi schen Anlagenteile 1577.3.2 Winterbetrieb von Rückhalteanlagen 1577.3.3 Betriebssicherheit von Rückhalteanlagen 158

7.4 Anlagen zur Nutzung 1587.4.1 Wartung und Betrieb der nutzungsspezifi schen Anlagenteile 1587.4.2 Winterbetrieb von Regenwassernutzungsanlagen 1587.4.3 Betriebssicherheit von Regenwassernutzungsanlagen 159

7.5 Anlagen zur Vorbehandlung 159

7.6 Unterhaltungsformen von Anlagen zur naturnahen Regenwasserbewirtschaftung 159

8 Ausführungsbeispiele 161

8.1 Einfache und kosteneffi ziente Maßnahmen 1628.1.1 Gebührensparen bei reduzierter Kanalsanierung: Prosperhospital Recklinghausen 1628.1.2 Siedlungsmodernisierung mit zukunftsfähiger Entwässerung: Gartenstadt Bottrop-Welheim 1678.1.3 Regenwasserbewirtschaftung in der städtebaulichen Entwicklung Scharnhauser Park, Ostfi ldern 1718.1.4 Bauliche Erweiterung als Anlass für Regenwasserabkopplung: Firma Dewender, Bochum 1778.1.5 Attraktives Wohnen mit Landschaftsgestaltung: Wohnpark Backumer Tal, Herten 1828.1.6 Regenwassermanagement beim Umbau der Emscher: Westfalenstadion und Umfeld, Dortmund 187

8.2 Projekte mit hohem gestalterischem Anspruch an die Entwässerung 1928.2.1 Offenlegung eines Fließgewässers in einem Gewerbegebiet: Alna in Holalokka, Oslo, Norwegen 1928.2.2 Gewässer-Renaturierung und Regenwasserbewirtschaftung: Naturnahe Umgestaltung des Lanferbaches an der Schüngelbergsiedlung in Gelsenkirchen 1978.2.3 Gestaltung mit Regenwasser im Stadtumbau: Tanner Springs Park, Portland, USA 205

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Inhaltsverzeichnis

X

8.2.4 Kostenoptimierte Erschließung unter Berücksichtigung des Gewässer schutzes: Gewerbegebiet Krems-Ost, Österreich 208

9 Rechtliche Grundlagen der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung 213

9.1 Einführung 213

9.2 Abwasserbeseitigungspfl icht 215

9.3 Einleitung und Versickerung – oft erlaubnisfrei, aber nie ohne die Behörden! 2199.3.1 Einleitung in oberirdische Gewässer 2209.3.2 Versickerung 2209.3.3 Die Beteiligung der Wasserbehörden 221

9.4 Anlagengenehmigungen 2229.4.1 Wasserrecht 2229.4.2 Bauordnungsrecht 223

9.5 Technische Anforderungen an die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung 224

9.6 Abwasserabgabe 224

9.7 Kommunales Gebührenrecht 225

Verzeichnisse der verwendeten Abkürzungen, Formelzeichen und Symbole 227

Literatur 231

Anlage 1: Begriffserläuterungen 239

Anlage 2: Regenspendenliniendiagramme am Beispiel der Station Essen-Bredeney 243

Anlage 3: Prüfl iste des Bauleiters für Anlagen zur Versickerung von Regenwasser in Neubaugebieten 245

Anlage 4: Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 249Kap. 1: Regenwasserbewirtschaftung und Nachhaltigkeit 249Kap. 2: Regenwasser – Triebfeder der Stadtentwicklung 249Kap. 3: Urbane Wasserwirtschaft im Einklang mit der Natur 250Kap. 4: Grundlagen und Planungsvoraussetzungen 250Kap. 5: Funktionsweise und Bemessung von Anlagen zur Bewirtschaftung

von Regenwasser 251Kap. 6: Konstruktion und Bau von Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser 253Kap. 7: Wartung und Betrieb von Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser 253Kap. 8: Ausführungsbeispiele 253

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1

1 Regenwasserbewirtschaftungund Nachhaltigkeit

Unter naturnaher Regenwasserbewirtschaftung werden alle Maßnahmen verstanden, welche im Zusammenhang mit einer schadfreien, umweltfreundlichen und vorschriftsgemäßen Entwässerung stehen. In der Regel werden heute Rückhalt, Versickerung und Nutzung von Regenwasser als Bestand-teile nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung angesehen. Jedoch wird die Nachhaltigkeit verschie-dener Planungsvarianten selten quantifi ziert. Hierzu sind in Kapitel 1.1 beispielhaft Möglichkeiten zur Bewertung von Systemen aufgezeigt. Der Hinweis auf die Tradition der Regenwasserbewirtschaftung in Kapitel 1.2 soll Planer und Bauherren bestärken, auch in Zukunft eine ausgewogene Bewirtschaf-tung von Regenwasser umzusetzen.

1.1 Kriterien nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung

Heute werden häufi g Lösungsvorschläge verschiedenster Art als nachhaltig bezeichnet, ohne dass die Nachhaltigkeit jemals nachgewiesen oder gar defi niert wurde. Dabei soll bereits Konfuzius 2500 v. Chr. gesagt haben: „Wo es kein kontinuierlich fl ießendes Wasser gibt, kann es keine nachhaltige Zivilisation geben. Wasser hat ein langes Gedächtnis.“ Konfuzius hielt seine Anhänger auch dazu an, mit Wasser sparsam umzugehen, um für künftige Generationen die Lebensgrundlage zu erhalten. So war die Defi nition der Weltkommission Umwelt und Entwicklung, dass nachhaltige Entwicklung die Bedürfnisse künftiger Generationen sicherstellen muss (Brundtland-Report, 1987), nur eine erneute Formulierung einer Jahrtausende alten Erkenntnis.

Carl von Carlowitz (1645–1714) forderte in seiner 1713 veröffentlichten „Sylvicultura Oeconomica“, dass die Menge des geschlagenen Holzes nicht die Menge des nachwachsenden Holzes übersteigen darf. Diese Forderung für die Forstwirtschaft hat nur auf den ersten Blick nichts mit Regenwasser-bewirtschaftung zu tun, verdeutlicht jedoch das Prinzip der Nachhaltigkeit. Dieses Prinzip lässt sich durchaus auf die Wasserwirtschaft übertragen, indem man zum Beispiel fordert, dass im Mittel der Jahre nicht mehr Wasser entnommen und genutzt werden darf, als Wasserressourcen nachgebildet werden können, beziehungsweise dass natürlichen Wasserressourcen entnommenes Wasser nach seiner Nutzung möglichst wieder in seiner ursprünglichen Qualität dem Wasserkreislauf zugeführt werden muss.

Heute wird unter Nachhaltigkeit häufi g die Ausgewogenheit gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Belange verstanden (Bild 1-1a). Unter dieser Annahme ist Nachhaltigkeit dann gegeben, wenn die Lösung den gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Belangen gleichermaßen

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1 Regenwasserbewirtschaftungund Nachhaltigkeit

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GGesellschaft

Ökologie Ökonomie

Nachhaltige Lösung Teilweise nachhaltige Lösung

Bild 1-1a bis c Zusammenspiel von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft, (verändert nach Russ 2000)

Ökonomie Gesellschaft Ökologie

ÖkologieÖkologie Gesellschaft Ökonomie

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1.1 Kriterien nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung

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gerecht wird. Allerdings kann es bereits bei der Quantifi zierung der Ziele für die drei Teilbereiche zu Verzerrungen kommen, wenn bewusst oder unbewusst einem Teilbereich ein größerer Stellenwert eingeräumt wird. So stellt z. B. die Ökonomie nur einen Teil gesellschaftlichen Handelns und die Gesellschaft wiederum nur einen Teil des gesamten (Natur-) Raumes dar (Bild 1–1b). Völlig verzerrt ist das Prinzip der Nachhaltigkeit, wenn die Ökonomie im Vordergrund steht und die Gesellschaft denkt, sich die Natur untertan machen zu können (Bild 1-1c; Russ 2000). Selbst eine sozio – ökonomische, oder sozio – ökologisch ausgewogene Lösung ist nach Bild 1-1a nur teilweise ausgewogen.

Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000) enthält nur vage Angaben zur Bewertung der Nachhal-tigkeit. So sollen bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen zum Schutz und zum nachhal-tigen Gebrauch von Wasser in einem Einzugsgebiet die „Diversität“ berücksichtigt werden. Ferner sollten im Hinblick auf die Wassermenge allgemeine Prinzipien für die Wasserentnahme und den Aufstau festgelegt werden, um die ökologische Nachhaltigkeit für die betroffenen Wassersysteme zu sichern. Weiter wird angenommen, dass eine nachhaltige Wassernutzung dem langfristigen Schutz den vorhandenen Wasserressourcen zugute kommt. Für all diese Vorgaben nennt jedoch die EG-Wasserrahmenrichtlinie keine Kriterien oder gar Berechnungsverfahren.

In der Literatur werden viele Indikatoren vorgeschlagen, mit denen nachhaltiges Handeln vor allem auf überregionaler Ebene verglichen werden kann. Diese Indikatoren sind häufi g durch aktuelle politische Debatten geprägt. Schwierig ist auch die Frage, welche Aspekte zu welchen Anteilen der Wasserwirt-schaft zuzuordnen sind. Indikatoren sollten unabhängig voneinander sein. Durch Auswahl und Anzahl der Indikatoren werden die Vergleichsergebnisse durchaus beeinfl usst. Eine gezielte Verfälschung der Nachhaltigkeitsbewertung lässt sich für die Beurteilung von Konzepten der Regenwasserbewirtschaf-tung allerdings nahezu ausschließen, wenn nur wenige, nicht miteinander verknüpfte und alleine auf die Wasserwirtschaft bezogene Bewertungskriterien gewählt werden. Hierzu gehört in erster Linie die Wasserbilanz eines natürlichen Gebietes, deren Aufteilung des Niederschlags auf die Komponenten Verdunstung, Abfl uss und Grundwasserneubildung durch menschliche Nutzungen sowenig wie mög-lich verändert werden sollte (Kap. 3.2) und die als ökologisches Kriterium besonders wichtig ist.

Um verschiedene Planungsvarianten zur Regenwasserbewirtschaftung auf ihre Nachhaltigkeit zu prü-fen, lässt sich die zunächst schwierig erscheinende Darstellung sozialer, ökonomischer und ökolo-gischer Ziele durchaus vereinfachen. Zunächst lassen sich beispielsweise soziale und ökonomische Belange in dem Indikator der Finanzierbarkeit zusammenfassen, da die Gesellschaft die Umweltziele über die gewählten Parteien bestimmt und erforderliche Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele fi nanzieren muss. Der sozio – ökonomische Indikator „Finanzierbarkeit“ lässt sich zum Beispiel gemäß Gleichung 1 bestimmen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Wasserpreis alle Kosten für Wasser-versorgung, Regenwasserbewirtschaftung und eine geordnete Abwasserentsorgung enthält.

IV K

JFd w

mittel= ⋅ ⋅/ 1000 365

Gleichung 1

mitIF Indikator Finanzierbarkeit [–]Vd täglicher Wasserverbrauch [l/d] KW Wasserpreis [€/m³]Jmittel mittleres Jahreseinkommen [€/Jahr]

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1 Regenwasserbewirtschaftungund Nachhaltigkeit

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Die Zielgröße dieses Indikators kann durch Umfragen in der Bevölkerung oder auch durch politische Vorgaben bestimmt werden, wobei der Prozentsatz des Einkommens, der maximal für Wasser aufge-wendet werden soll, festgelegt und auf alle Haushaltsangehörigen umgelegt werden muss. Werden fünf Prozent für zumutbar gehalten, sind Werte bis zu IF = 0.05 nachhaltig. In Entwicklungsländern wird häufi g ein Wert von IF = 0.01 als maximaler Grenzwert angesehen. Für Deutschland liegt der Finanzierbarkeitsindikator bei IF = 0,02, wobei eine gleiche Verteilung auf die Wasserver- und Abwas-serentsorgung angenommen werden kann. Hiermit wird zugleich das Argument vieler Gegner einer veränderten Stadtentwässerung, dass solche Systeme nicht bezahlbar seien, relativiert. Sogar ein um 10 % höherer Preis bedeutet lediglich ein Anwachsen von zum Beispiel IF = 0,01 auf IF = 0,011.

Zweifelsohne hat der Schutz von Wasserressourcen Vorrang vor Profi t und Wohlstand. Ein grund-legendes wasserwirtschaftliches Ziel könnte sein, trotz Versiegelung in einem Einzugsgebiet nicht mehr Wasser aus Grundwasser und Oberfl ächengewässern zu entnehmen, als z. B. über Regenwas-ser oder die Einleitung gereinigten Abwassers wieder eingeleitet wird. Diese Forderung verbirgt sich in der Gesetzgebung hinter dem – noch weiter gefassten – Begriff der ausgeglichenen Wasserbilanz.

Hierfür stehen die Indikatoren gemäß Gleichung 2, deren Zielgröße IGW/OW = 1 ist:

IERGW OW

GW OW

GW OW=/

/

/

Gleichung 2

mit

IGW Indikator für die Nutzung von GrundwasserIOW Indikator für die Nutzung von Oberfl ächenwasserEGW Entnahme von Grundwasser (während einer defi nierten Zeitspanne)EOW Entnahme von Oberfl ächenwasser (während einer defi nierten Zeitspanne)RGW Regenerierung von Grundwasser (während einer defi nierten Zeitspanne)ROW Regenerierung von Oberfl ächenwasser (während einer defi nierten Zeitspanne)

Die gesamte Wasserentnahme entspricht der Rohwassermenge, die für öffentliche und private Wasserversorgung entnommen wird, wobei abzuschätzen ist, zu welchen Anteilen Grundwasser und Oberfl ächenwasser entnommen wird. Während Wasserentnahmen über Daten der Wasserwerke bzw. wasserrechtliche Genehmigungen verhältnisweise leicht zu erfassen sind, muss die Regene-ration von Oberfl ächen- und Grundwasser durch Niederschlags-Abfl ussberechnungen abgeschätzt werden.

In anderen Klimazonen, zum Beispiel in ariden oder semiariden Gebieten, können ganz andere was-serwirtschaftliche Ziele gelten. Hier ist häufi g eine Minimierung der Wasserentnahmen anzustreben, um die empfi ndlichen Wasserressourcen zu schützen. Die Unterschiede von Planungszielen und ört-lichen Randbedingungen erlauben es nicht, einen Standardsatz für Indikatoren zu empfehlen. Die beispielhafte Formulierung der Indikatoren der Finanzierbarkeit und der ausgeglichenen Wasser bilanz soll nur aufzeigen, dass Nachhaltigkeit kalkulierbar gemacht werden kann. Wahl und Formulierung der Indikatoren stellen letztlich einen Konsens aller Betroffenen dar.

Zur Bewertung verschiedener Planungsvarianten gibt es viele Methoden, von denen nur drei einfache Methoden genannt werden sollen, nämlich die AHP (Analytic Hierarchy Process), „utility analysis“ und „short bucket“ Methode.

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1.2 Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung – Tradition mit Zukunft

5

Die AHP-Methode formalisiert den Entscheidungsprozess in Matrizenberechnungen, was ermöglicht, komplexe Entscheidungsprobleme in hierarchischer Ordnung und die Beziehungen zwischen ver-schiedenen Entscheidungsvarianten, Zielsetzungen und Evaluationskriterien darzustellen. Somit wer-den komplexe Systeme in handhabbare Untersysteme gegliedert.

Die „utility analysis“ Methode vergleicht verschiedene Alternativen, indem sie die Wirkungen in einem einheitlichen Maßstab darstellt, d. h. dass die Zahlenwerte das Maß der Erfüllung vorgege-bener Zielsetzungen refl ektieren. Damit wird eine Reihung von Alternativen nach dem Erfüllungsgrad der Zielsetzung möglich. Näheres zu diesen beiden Methoden ist bei Merz & Buck (1999) zu fi nden.

Die „short bucket“ Methode wurde ursprünglich in der Ökonomie angewendet, ist jedoch durchaus auch auf die Evaluierung der Nachhaltigkeit von Planungsvarianten anwendbar. Nach dieser Theorie wird die Kapazität z. B. eines Holzfasses durch das kürzeste Holzstück defi niert. Übertragen auf die Nachhaltigkeitsbeurteilung bedeutet das, dass das Maß der Nachhaltigkeit nur durch die Verlänge-rung des kürzesten „Holzstückes“ verbessert werden kann. Näheres zu dieser Methode ist bei Lu Zhibo (2006) und Geiger (2007) zu fi nden.

Zur Beurteilung der Auswirkungen von Entwässerungssystemen auf den Wasserhaushalt stehen mitt-lerweile verschiedene mehr oder weniger komplizierte Verfahren zur Verfügung, die über die Abfrage von Parametern eine Bewertung erlauben. So wurde im Rahmen des EU-Projektes „Daywater“ ein Entscheidungshilfesystem (Decision Support System, DSS) für die Bewirtschaftung von Regenwasser entwickelt, das Module wie Simulationsmodelle, Bewertungsverfahren, Datenbanken, Leitfäden und anderes unter einer gemeinsamen web-basierten Oberfl äche zusammenfasst. Ausgehend von Erfah-rungswerten werden Informationen über mögliche Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung bereitgestellt. Neuere Modelle beschreiben auch die Wirkung von Maßnahmen der Regenwasser-bewirtschaftung auf Wasser- und Stoffströme und die damit verbundenen Risiken.

Verschiedene Anwendungen haben gezeigt, dass das Bewertungsergebnis wesentlich von der Wahl der räumlichen und zeitlichen Systemgrenzen, den örtlichen naturräumlichen, aber auch politischen und sozialen Randbedingungen sowie von der Wahl der Indikatoren abhängt. Eine Nachhaltigkeits-beurteilung sollte möglichst für gesamte Flusseinzugsgebiete oder zumindest auf regionaler Ebene, z. B. für Stadtteile erfolgen. Die Wahl der Indikatoren wiederum hängt von der Annahme der System-grenzen, der Verfügbarkeit von Daten und ihrer Genauigkeit ab. Nähere Einzelheiten hierzu sind in Geiger et al. (2007) zu fi nden.

1.2 Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung – Tradition mit Zukunft

In den frühen Stadtkulturen, die in den semiariden Gebieten des Zweistromlandes und im Industal entstanden, musste von Anbeginn sparsam mit Wasser umgegangen werden. So entstanden Entwäs-serungskonzepte, die heute alle Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen würden. Jansen (1993) konnte in Mohenio-Dao (ca. 2500 v. Chr.) eine lückenlose Entwässerungskonzeption nachweisen, bei der Regenwasser genutzt, nach Gebrauch in Tonkrügen mechanisch vorgereinigt (Bild 1-2 a) gesammelt und zusammen mit Regenwasser von Straßen und Plätzen in miteinander kommunizierenden

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1 Regenwasserbewirtschaftungund Nachhaltigkeit

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Bild 1-2a Historische Entwässerung in Mohenjo-

Dao (2500 v.Chr.): Regenwassersammlung in Ton-krügen (Jansen 1993)

Bild 1-2b Historische Entwässerung in Mohenjo-Dao (2500 v.Chr.): Schachtversickerung im großen Stil (Jansen)

Bild 1-2c Versickerungsanlagen in Babylon (3000

v. Chr.) (Jansen 1993)

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1.3 Zur Struktur dieses Buches

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Schächten (Bild 1-2 b) versickert wurde. Zur Wasserversorgung wurde Wasser wieder dem Grund-

wasser entnommen. Noch früher, ca. 3000 v. Chr., dienten in Babylon mehrere Meter tiefe Schächte

der Versickerung von Regenwasser, Küchen- und Bäderabwässern aus Häusern und Palästen (Bild

1-2c).

Auch in den späteren Stadtkulturen der Griechen und Römer wurde Regenwasser gespeichert und

genutzt. Tuttahs hat in seiner Arbeit „Milet und das Wasser“ (1998) aufgezeigt, wie in den frühen

Zeitepochen die Wasserver- und -entsorgung den naturräumlichen Potenzialen angepasst und auch

aus strategischen Erwägungen auf einen ausgewogenen Verbund zentraler und dezentraler Wasser-

systeme gesetzt wurde. Römische Straßen wiesen durch den lockeren Verbund von Quadersteinen

die Möglichkeit zur Versickerung von Regenwasser auf, waren jedoch häufi g zusätzlich über Gullys

an Kanalisationen angeschlossen. Retentionsräume für Wasser waren durch die hohen Bordkanten

der Straßen gegeben. Trittsteine dienten zum Überqueren der Straße. Auch in römischen Städten

wurde Regenwasser gesammelt und genutzt. Die Dachfl ächen römischer Häuser waren meist zu den

Atrien hin geneigt, wo über eine Öffnung im Zentrum der Gebäude das Regenwasser in Zisternen

gesammelt werden konnte. Solche Anlagen sind heute noch z. B. in Herculaneum oder Pompeji zu

sehen.

In dem Buch „Dying wisdom” (Agarwal & Nahrein 1997) sind Beispiele nachhaltiger Regenwasserbe-

wirtschaftung in der Geschichte des indischen Subkontinents aufgezeigt. Ein interessantes Beispiel

einer Grundwasserbewirtschaftung stellt eine Versickerungsanlage aus dem 12. Jahrhundert in

Peking dar, bei der bei niedrigem Grundwasserstand Regenwasser versickert, bei hohem Grundwas-

serstand jedoch das Grundwasser drainiert und abgeleitet wurde (Bild 1-3a–c, Li Shangzeng 2003).

Rückblickend war die Einführung von Misch- und Trennsystemen im 19. Jahrhundert durch die eng-

lischen Ingenieure Lindley und Gordon in vielen Städten Europas, aber auch in Australien und Nord-

amerika, eine spontane Notlösung, um die Folgen der verheerenden Cholera- und Typhus-Epidemien

Ende des 19. Jahrhunderts zu bekämpfen. Es hat nahezu ein Jahrhundert gedauert, bis in den frühen

80er Jahren – zunächst bei Neubausiedlungen – wieder auf die alten Lösungskonzepte in den Städ-

ten der Antike zurückgegriffen wurde, indem Maßnahmen zum Wassersparen eingeführt, Regen-

wasser gespeichert, genutzt und versickert und nur überschüssiges und nicht fassbares Regenwasser

abgeleitet wurde.

1.3 Zur Struktur dieses Buches

Kapitel 1 bis 3 zeigen, dass Regenwasserbewirtschaftung keine reine ingenieurtechnische Angele-

genheit ist, sondern ein Anliegen der Bewohner einer Stadt, umgesetzt durch Stadt- und Freiraum-

planer, Architekten, Geographen, Ökologen, Sozial- und Wasserwirtschaftler. Auch nachhaltige

Regenwasserkonzepte müssen im Einklang mit Recht und Ordnung sein.

Kapitel 4 stellt das Grundwissen zum besseren Verständnis der Grundlagen und Planungsvorausset-

zungen für naturnahe Regenwasserkonzepte her. Kapitel 5 bis 7 vermitteln für den Planer das Rüst-

zeug zur Bemessung (Kap. 5), zu Bau und Ausführung (Kap. 6) und Wartung und Betrieb (Kap. 7) der

Anlagen. Kapitel 8 erläutert die rechtlichen Vorschriften und gibt Hilfestellungen für Anträge zu den

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1 Regenwasserbewirtschaftungund Nachhaltigkeit

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verschiedenen benötigten Genehmigungen. So spannt Kapitel 1 den Bogen von Grundlagen der Nachhaltigkeit über Kapitel 2 der stadtplanerischen Grundprinzipien zu Kapitel 3, das die Regenwas-serkonzeption aus ökologischer und wasserwirtschaftlicher Sicht beleuchtet womit sich Kapitel 9 befasst.

Bild 1-3a bis c Versickerungssystem in Peking 1100 v. Chr., (verändert nach Li Shangzeng 2003)

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2 Regenwasser – Potenzial für die Stadtentwicklung

Um hygienische Missstände in den schnell wachsenden Städten Europas und Amerikas Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu beheben, setzte die Stadtplanung damals auf eine systemati-sche Ableitung von Regenwasser aus Siedlungsgebieten. Urbane Regionen haben im Industriezeital-ter eine umfangreiche Infrastruktur entwickelt. Das anfallende Regenwasser wurde, ebenso wie das Schmutzwasser, schnellstmöglich und gezielt entfernt.

Heute erkennt man, dass die damit verbundene Trennung von Natur und Stadt nicht immer notwen-dig oder sinnvoll ist, sondern ein nachhaltiges, an natürlichen Zusammenhängen orientiertes Regen-wassermanagement die Gewässer und Stadtentwicklung positiv beeinfl ussen kann (Kap. 2.1). Die Integration natürlicher Wasserkreisläufe in die bebaute Umgebung hat positive mikroklimatische Auswirkungen und kann genutzt werden, um z. B. Ruhe- und Erlebnisorte zu schaffen (Kap. 2.2). Dabei kommt auch die besondere ästhetische Qualität von Wasser zum Tragen (Bilder 2-1, 2-2) und zur Geltung (Kap. 2.3).

Auch den steigenden Anforderungen an den Gewässerschutz kann nur durch intelligentere Regen-wassersysteme begegnet werden (Kap. 3). Diese werden mancherorts sogar zur Triebfeder der modernen Stadtentwicklung. Dass Wasser ein attraktives Element von Stadtkultur sein kann, zeigen nicht zuletzt die zahlreichen Städte, deren Originalität im Stadtbild dem Wasser zu verdanken ist:

Bild 2-1 Erfahrungsfeld Wasser in der Stadt, Markt-

platz Hannoversch Münden

Bild 2-2 Retentionsteich mit Reinigungsbiotop,

Center of Excellence, Daimler Benz, Sindelfi ngen

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2 Regenwasser – Potenzial für die Stadtentwicklung

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Venedig, Freiburg, Amsterdam, Chicago, San Francisco oder Rio – um nur einige zu nennen. Wasser initiiert Lebendigkeit, Frische und Wohlbefi nden einer Stadt. Es beeinfl usst erheblich das Klima, die Atmosphäre und die Psyche seiner Bewohner.

2.1 Gestaltungselemente nach dem Vorbild der Natur

Im natürlichen Wasserregime spielen Raum und Zeit eine zentrale Rolle. Wasser benötigt Raum, um sich auszudehnen. Naturbelassene Flüsse bieten bei Hochwasser diesen Raum, um das zusätzliche Wasser-volumen in der Landschaft unterzubringen. Wasser benötigt aber auch Zeit, um ungestört abfl ießen zu können. Niederschlag wird im natürlichen Umfeld stark verzögert abgeleitet. Es benötigt geraume Zeit, bis er über das System von Gewässern in ein stehendes Gewässer bzw. das Meer gelangt.

Natürliche Landschaften mit funktionierenden Gewässersystemen sind in der Regel Orte mit einer hohen Ästhetik und Harmonie. Solche Regionen bieten für Flora und Fauna wertvolle Rückzugs-gebiete. Sie üben auch auf den Menschen eine starke Anziehung aus und sind beliebte Erholungs-ziele (Bild 2-3).

Nachhaltiges Regenwassermanagement lässt sich in Siedlungsgebieten leichter integrieren, wenn die Flächen multifunktional nutzbar und so gestaltet sind, dass sie sich in das urbane Umfeld ästhetisch

Bild 2-3 Innerstädtische Erholung mit Grün und Wasser, Queens Botanical Garden, USA

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2.1 Gestaltungselemente nach dem Vorbild der Natur

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einfügen. Eine wesentliche Funktion ist, mit den Bausteinen der naturnahen Regenwasserbewirt-schaftung das natürliche Wasserregime auf bislang unbebauten Flächen zu erhalten oder in bereits bebauten Flächen wieder herzustellen.

2.1.1 Sammlung und Retention

Oberfl ächen und Substrate mit hoher Speicherfähigkeit spielen im natürlichen Wasserregime eine wichtige Rolle. Diese Eigenschaften werden bei der Herstellung moderner Materialien zur Flächen-befestigung bewusst nachgeahmt. So kann Regenwasser auch in urban gestalteten Räumen wieder oberfl ächennah gesammelt und abgeleitet werden.

Eine wichtige Aufgabe für Stadtplaner und Stadtentwickler im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit Regenwasser liegt in der Gestaltung unmittelbar abfl usswirksamer Flächen. Für Hoffl ächen, Geh-wege, Parkplätze und Straßenfl ächen gibt es eine Vielzahl von Belägen, die porös bzw. mit Versicke-rungsfugen versehen sind und die Abfl ussbildung gegenüber konventionellen Asphalt- oder Pfl aster-fl ächen deutlich verringern (Bild 2-4).

Naturnah gestaltete Retentionsfl ächen mit einer fein abgestimmten Vegetation sorgen am besten für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt, indem Regenwasser langsam verdunsten und versickern kann, und vor allem in der oberen belebten Bodenschicht gereinigt wird (Kap. 4.2; Kap. 5.1.1).

Bild 2-4 Schotterrasenfl ächen Siedlung Segeroth, Essen (Emschergenossenschaft)

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2 Regenwasser – Potenzial für die Stadtentwicklung

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Die Möglichkeiten, Regenwasser im urbanen Umfeld naturnah zu reinigen, sind begrenzt. Deshalb gilt hier noch mehr der Grundsatz, die Schadstoffemissionen zu minimieren. Z. B. sind Dachmateri-alien sorgsam auszuwählen, damit keine Sekundärverschmutzung eintritt. Hierzu gibt Kap. 6.1 detailliertere Hinweise.

In locker bebauten, gut durchgrünten Stadtbereichen kann das Oberfl ächenwasser entweder direkt versickern oder in Mulden zurückgehalten werden und verdunsten oder versickern. Gerade bei städ-tischen Grünfl ächen und Parks entstehen mitunter Nutzungskonfl ikte: Zum einen benötigt man Grün-fl ächen als „Grüne Lungen“ für Erholungs- und Freizeitaktivitäten, Kinderspielplätze und andere kul-turell-soziale oder ökologische Ansprüche. Zum anderen werden diese Flächen aber auch für ein nach-haltiges Regenwassermanagement benötigt. Der Schlüssel zur Lösung dieses Problems liegt in der Nutzungsüberlagerung oder Nutzungsverknüpfungen (Kap. 4.4; Kap. 8). Offene Gewässer mit ent-sprechender Randbepfl anzung bewirken Regenrückhaltung und auch Reinigung. Wellenspiele und Lichtrefl exionen sind belebende Elemente auch auf verhältnismäßig kleinen Flächen. Zur Ver sickerung dienen bepfl anzte Mulden und andere Flächen mit Verbindung zum Erdreich (Bilder 2-5, 2-6).

2.1.2 Zusammenführung und Ableitung

Der gesammelte Niederschlag kann häufi g nicht komplett versickert oder verdunstet werden. Dies lassen die Entwässerungsansprüche an Siedlungsgebiete und die Bodenverhältnisse oft nicht zu. Nachhaltiges Regenwassermanagement schließt daher die Komponente Regenabfl uss ausdrücklich ein. Allerdings besteht der Anspruch, den direkten Regenabfl uss in die Gewässer auf das notwendige Maß zu beschränken. Abfl ussmengen sollen verringert und zeitlich verzögert werden.

Eine Alternative zur konventionellen, direkten und ungedrosselten Ableitung bietet ein semizentrales Ableitungssystem. Innerhalb dieser Systeme wird das Regenwasser z. B. eines Stadtquartiers gesam-melt und zu einer nahe liegenden Fläche abgeleitet. Diese kann beispielsweise in einem Park liegen, wo das Wasser an die Oberfl äche geführt wird und dort je nach örtlichen Bodenverhältnissen und Topografi e den örtlichen Wasserhaushalt regenerieren kann. Abfl ussspitzen in Gewässern und Flüs-sen werden hiermit verringert oder sogar vermieden.

Bild 2-5 Siedlungsgestaltung Zhiangjiawo, China Bild 2-6 Versickerungsmulden und Wasserfl ächen in

Holalokka, Norwegen

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2.2 Stadtplanerische Grundprinzipien

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Auch das Sammeln und Zusammenfl ießen des Regenwassers muss nicht zwingend unterirdisch erfol-gen. Die Schönheit abfl ießenden Regenwassers sollte nicht in Schächten und Rohrleitungen versteckt werden. Ohne erreichte Sicherheitsstandards aufzugeben, kann man Regenwasser auch so sammeln und ableiten, dass es in seinem Perlen, seinem Strömen, seiner Lichtbrechung und Sichtbarkeit zu einem inszenierten Kunstwerk wird. Beispiele sind offene Fallrohre, in denen rieselndes und gleiten-des Wasser sichtbar wird, benetzte Flächen mit Strömungsmustern und Wasserspeier. Anstelle von Rohrleitungen wird abfl ießendes Wasser in bestimmten Bereichen in offenen Rinnen geführt, die zu einer Differenzierung und Strukturierung befestigter Flächen beitragen (Kap. 4.3; Kap. 6.1). Beiläufi g können diese dann auch Elemente einer Verkehrsberuhigung bilden. Sichtbarkeit und Erlebbarkeit solcher entwässerungstechnischen Bauwerke in einer ansprechenden Gestaltung bilden eine „urbane Natur“ (Bilder 2-7, 2-8). Die Aufgabe einer zukunftsfähigen Stadthydrologie ist nicht nur die Erfül-lung der reinen Entwässerungsansprüche, sondern auch den Stadtmenschen eine emotionale und bewusste Beziehung zum Naturelement Wasser zu ermöglichen. Akzeptanz, Wertschätzung und Verantwortungsbewusstsein für diese Ressource können gerade dadurch entstehen.

2.2 Stadtplanerische Grundprinzipien

In wasserwirtschaftlichen Planungen ist der naturnahe Umgang mit Regenwasser mehr und mehr etabliert. In der Praxis hingegen werden die herkömmlichen Lösungswege nur ungern verlassen. Woran liegt das?

Zum einen versteht man die Bedeutung der Langsamkeit in Abfl ussvorgängen in der heutigen Zeit nicht mehr und muss sie erst wieder neu entdecken. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass

Bild 2-7 Offene Regenwasserableitung in der

Siedlung Asperg

Bild 2-8 Retentionsteich mit Reinigungsbiotop,

Borkhäuser Feld, Solingen