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Lärmpegel wie vom Lastwagen Weniger Krach im OP senkt Komplikationsrate - Kinderchirurgen aus der Uniklinik Han- nover ist es gelungen, mithilfe eines umfas- senden Lärmschutzpakets störende Geräu- sche im Operationssaal signifikant zu redu- zieren. Die postoperative Komplikationsrate sank im Gefolge deutlich. Laut VDI-Richtlinien sollte der Geräusch- pegel während „beruflicher Tätigkeiten, die hohe Konzentration erfordern“, einen Schalldruck von 55 dB(A) nicht überschrei- ten. Bei der Auswertung von 156 Eingriffen maßen die Chirurgen im Schnitt Werte von 65 dB(A) im OP, was dem Geräusch eines na- hen Rasenmähers entspricht. Oft kam es zu Lärmspitzen mit Pegeln um die 80 dB(A) – so laut wie ein vorbeirauschender Lastwa- gen. Bei langwierigen Prozeduren klingelte das Telefon stündlich bis zu fünf- oder sechsmal. Die Forscher implementierten ein Maß- nahmenpaket zur Lärmreduktion: So waren unnötige Gespräche von nun an untersagt, das Telefon wurde auf stumm geschaltet, Si- gnalfunktionen an den Geräten wurden so weit wie möglich reduziert. Sofern nicht im Gebrauch, wurden Sauger abgeklemmt und Warmluftdecken heruntergeschaltet. Das WM-Statistik Profifußball: Mit den Toren steigt das Verletzungsrisiko - Im Profifußball ist die Verletzungsgefahr für die Spieler, deren Mannschaft in Füh- rung liegt, besonders hoch. Ein schwedisch- finnisches Forscherteam, das die FIFA-Sta- tistiken der letzten drei Fußball-Weltmeis- terschaften ausgewertet hat, vermutet die Ursache in der verschärften Gangart der Gegner. Für Mannschaften, die zum Zeitpunkt des Unfalls vorne lagen, wurde eine Verlet- zungsinzidenz von 81 pro 1000 Spielstun- den errechnet. Für Mannschaften im Rück- stand sank die Inzidenz auf 55,5, bei Gleich- stand betrug sie 59,7 pro 1000 Stunden. Die Spieler des Teams, das sich gerade im Rückstand befindet, neigen zu vermehrter Aggressivität, vor allem in wichtigen Spie- len, vermuten die Forscher um Jaakko Ryynänen. Eine mögliche Ursache seien aber auch Änderungen in der Spielstrategie. Wenn bereits ein oder mehrere Tore kassiert wurden, würden die Spieler oft zu einer här- teren Gangart angehalten. An der Bereit- schaft der Spieler, den Gegner ohne Rück- sicht auf Verluste zu attackieren, mangelt es im Profifußball grundsätzlich nicht, befin- det Ryynänen. So seien – je nach Bedeutung des Turniers – bis zu 90% der Spieler zu ei- nem Foul bereit, wenn sie ihre Mannschaft damit „herausreißen“ können. Dagegen ste- he beim erfolgreicheren Team oft eine eher defensive Taktik im Vordergrund. Die gefährlichste Position mit einer Ver- letzungsrate von 85,7 pro 1000 Spielstun- den ist laut Statistik die des Stürmers. Im Vergleich dazu verletzten sich Verteidiger im Schnitt „nur“ 68,8-mal pro 1000 Stunden. Die Verletzungsgefahr speziell für den Stür- mer sank paradoxerweise, wenn seine Mannschaft führte. Umgekehrt verhielt es sich bei den Außen- und Mittelfeldspielern: Bei Vorsprung des eigenen Teams verletz- ten sich diese besonders häufig (78,9/1000 Spielstunden). Ein besonderes Phänomen Kein Ort der Ruhe. © laus Rose, Bildjournalist Wer im Rückstand liegt, geht härter ran. © Contrast / imago Stationspersonal wurde angewiesen, die Operateure nur in wirklich dringenden Fäl- len zu stören. An die Wände kamen Poster mit Verhaltensregeln zur Geräuschredukti- on und auf Augenhöhe zusätzlich ein gro- ßes elektrisches Ohr, das bei Überschrei- tung bestimmter Lärmschwellen die Farbe wechselt. Die Intervention hatte Erfolg: Der durch- schnittliche Geräuschpegel sank durch die Maßnahme signifikant von 63 auf 60 dB. Lärmspitzen wurden um bis zu 60% redu- ziert. Durch die Lärmschutzmaßnahmen ging die Zahl der postoperativen Komplikatio- nen etwa um die Hälfte zurück, von 20 Fäl- len pro 58 Patienten vor der Intervention auf 10 Fälle pro 56 Patienten danach (p = 0,44). eo Engelmann CR et al. Ann Surg 2013; online 10. Oktober. ergab sich bei Gleichstand: In dieser Situati- on trugen die Stürmer wesentlich öfter Bles- suren davon (73,6) als wenn ihre Mannschaft entweder am Verlieren (13,7) oder am Ge- winnen (11,2) war. eo Ryynänen J et al. Br J Sports Med 2013; 47: 960–964; doi: 10.1136/bjsports-2012-091843 6 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (19) AKTUELL _ MAGAZIN

Weniger Krach im OP senkt Komplikationsrate

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Lärmpegel wie vom Lastwagen

Weniger Krach im OP senkt Komplikationsrate

− Kinderchirurgen aus der Uniklinik Han-nover ist es gelungen, mithilfe eines umfas-senden Lärmschutzpakets störende Geräu-sche im Operationssaal signi�kant zu redu-zieren. Die postoperative Komplikationsrate sank im Gefolge deutlich.

Laut VDI-Richtlinien sollte der Geräusch-pegel während „beru�icher Tätigkeiten, die hohe Konzentration erfordern“, einen Schalldruck von 55 dB(A) nicht überschrei-ten. Bei der Auswertung von 156 Eingri�en maßen die Chirurgen im Schnitt Werte von 65 dB(A) im OP, was dem Geräusch eines na-hen Rasenmähers entspricht. Oft kam es zu Lärmspitzen mit Pegeln um die 80 dB(A) – so laut wie ein vorbeirauschender Lastwa-gen. Bei langwierigen Prozeduren klingelte das Telefon stündlich bis zu fünf- oder sechsmal.

Die Forscher implementierten ein Maß-nahmenpaket zur Lärmreduktion: So waren unnötige Gespräche von nun an untersagt, das Telefon wurde auf stumm geschaltet, Si-gnalfunktionen an den Geräten wurden so weit wie möglich reduziert. Sofern nicht im Gebrauch, wurden Sauger abgeklemmt und Warmluftdecken heruntergeschaltet. Das

WM-Statistik

Pro�fußball: Mit den Toren steigt das Verletzungsrisiko

− Im Pro�fußball ist die Verletzungsgefahr für die Spieler, deren Mannschaft in Füh-rung liegt, besonders hoch. Ein schwedisch-�nnisches Forscherteam, das die FIFA-Sta-tistiken der letzten drei Fußball-Weltmeis-terschaften ausgewertet hat, vermutet die Ursache in der verschärften Gangart der Gegner.

Für Mannschaften, die zum Zeitpunkt des Unfalls vorne lagen, wurde eine Verlet-zungsinzidenz von 81 pro 1000 Spielstun-den errechnet. Für Mannschaften im Rück-stand sank die Inzidenz auf 55,5, bei Gleich-stand betrug sie 59,7 pro 1000 Stunden.

Die Spieler des Teams, das sich gerade im Rückstand be�ndet, neigen zu vermehrter Aggressivität, vor allem in wichtigen Spie-len, vermuten die Forscher um Jaakko Ryynänen. Eine mögliche Ursache seien aber auch Änderungen in der Spielstrategie. Wenn bereits ein oder mehrere Tore kassiert wurden, würden die Spieler oft zu einer här-

teren Gangart angehalten. An der Bereit-schaft der Spieler, den Gegner ohne Rück-sicht auf Verluste zu attackieren, mangelt es im Pro�fußball grundsätzlich nicht, be�n-det Ryynänen. So seien – je nach Bedeutung des Turniers – bis zu 90% der Spieler zu ei-nem Foul bereit, wenn sie ihre Mannschaft damit „herausreißen“ können. Dagegen ste-he beim erfolgreicheren Team oft eine eher defensive Taktik im Vordergrund.

Die gefährlichste Position mit einer Ver-letzungsrate von 85,7 pro 1000 Spielstun-den ist laut Statistik die des Stürmers. Im Vergleich dazu verletzten sich Verteidiger im Schnitt „nur“ 68,8-mal pro 1000 Stunden. Die Verletzungsgefahr speziell für den Stür-mer sank paradoxerweise, wenn seine Mannschaft führte. Umgekehrt verhielt es sich bei den Außen- und Mittelfeldspielern: Bei Vorsprung des eigenen Teams verletz-ten sich diese besonders häu�g (78,9/1000 Spielstunden). Ein besonderes Phänomen

Kein Ort der Ruhe.

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Stationspersonal wurde angewiesen, die Operateure nur in wirklich dringenden Fäl-len zu stören. An die Wände kamen Poster mit Verhaltensregeln zur Geräuschredukti-on und auf Augenhöhe zusätzlich ein gro-ßes elektrisches Ohr, das bei Überschrei-tung bestimmter Lärmschwellen die Farbe wechselt.

Die Intervention hatte Erfolg: Der durch-schnittliche Geräuschpegel sank durch die Maßnahme signi�kant von 63 auf 60 dB. Lärmspitzen wurden um bis zu 60% redu-ziert.

Durch die Lärmschutzmaßnahmen ging die Zahl der postoperativen Komplikatio-nen etwa um die Hälfte zurück, von 20 Fäl-len pro 58 Patienten vor der Intervention auf 10 Fälle pro 56 Patienten danach (p = 0,44). eo ■

■ Engelmann CR et al. Ann Surg 2013; online 10. Oktober.

ergab sich bei Gleichstand: In dieser Situati-on trugen die Stürmer wesentlich öfter Bles-suren davon (73,6) als wenn ihre Mannschaft entweder am Verlieren (13,7) oder am Ge-winnen (11,2) war. eo ■

■ Ryynänen J et al. Br J Sports Med 2013; 47: 960–964; doi: 10.1136/bjsports-2012-091843

6 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (19)

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