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Wer zahlt die Zeche für die Wirtschaftskrise? Aspekte einer neuen Besteuerung von Vermögen Meine AK. Ganz groß für mich da. AK-Hotline T 05 7799-0

Wer zahlt die Zeche für die Wirtschaftskrise?€¦ · das vermögen höchst ungleich verteilt und eine der ursachen für die desaströse Aktienspekulation, die schließlich in der

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Wer zahlt die Zeche für die Wirtschaftskrise?

Aspekte einer neuen Besteuerung von Vermögen

Meine AK. Ganz groß für mich da.AK-Hotline T 05 7799-0

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Die Mängel des österreichischen Steuersystems, das Arbeit und Konsum belastet, Vermögensbesitzer aber schont, sind seit Jahren bekannt. Fast nirgendwo werden Vermögen und Spekulationsgewinne so ge-ring besteuert wie in Österreich. Es entspricht dem Selbstverständnis der Arbeiterkammer, dass man jene bevorzugen soll, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und nicht jene, die ihr Vermögen für sich arbeiten lassen. Diese Diskussion wird sich auch deshalb nicht vermeiden lassen, weil als Folge der Konjunktur- und Bankenhilfspakete die österreichische Staatsverschuldung stark zugenommen hat und eine Debatte, wo man was einsparen könnte, sehr bald kommen wird. Die Arbeiterkammer vertritt die Position, dass die ArbeitnehmerInnen nicht die doppelte Zeche für die Wirtschaftskrise zahlen dürfen, sondern Verursacher, Spekulanten und Vermögende ihren Beitrag leisten müssen. Diese Publikation bietet Vorschläge, wie unser Steuersystem fairer gestaltet werden kann.

Ihr

Walter RotschädlAK-Präsident

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Wer zahlt die zeche für die Wirtschaftskrise?

Aspekte einer neuen Besteuerung von vermögen

mag. marcel kirisitsDr. Bernhard koller

kammer für Arbeiter und Angestellte für steiermarkAbteilung Wirtschaftspolitik

graz, november 2009

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iNhaltsVerzeichNis

1. die ausgangslage 5

2. Vermögensbesteuerung in Österreich 7

3. Bewertung von Grundvermögen 9

3.1. problemaufriss 9

3.2. internationale Ansätze 11

4. Vorschläge der ak für ein faires steuersystem 15

4.1. Besteuerung von realvermögen 15

4.1.1. neugestaltung der grundsteuer 15

4.1.2. neujustierung der Bodenwertabgabe 16

4.1.3. einführung einer Besteuerung von Luxusgütern 16

4.2. Besteuerung von Finanzvermögen 17

4.2.1. neuregelung der stiftungsbesteuerung 17

4.2.2. Besteuerung von Finanzspekulationen und -transaktionen 18

4.2.3. einführung einer Finanzvermögenszuwachsbesteuerung 19

5. literatur 21

6. Weitere informationsquellen 21

7. anhang 22

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1. DieAusgangslage

Wirtschaftskrise und steuerreform ließen die staatseinnahmen im ersten Halbjahr stark schrumpfen. Das einnahmenminus betrug fünf prozent oder 1,6 mrd. euro im vergleich zum vorjahr (nach 3 Quartalen betrug das einnahmenminus bereits 3,3 mrd. euro1). Besonders deutlich war der rückgang bei der körperschaftsteuer auf unternehmensgewinne, die um fast 30% eingebrochen ist. Das im Frühjahr angepeilte Defizit-Ziel von 3,4 prozent der Wirtschaftsleistung wird der Bund damit kaum halten können. eu-kommission und Wirtschaftsforscher2 rechnen für österreich im Jahr 2009 mit einem Defizit von deutlich über 4% des Bruttoinlandsprodukts (Bip). insgesamt sind die staatseinnahmen mit 28,938 mrd. euro für das erste Halbjahr sogar hinter den Wert des ersten Halbjahres 2007 zurückgefallen.3 Besonders stark im minus sind die ertragsteuern der unternehmen (körperschaftsteuer minus 29,3% und die einkommensteuer mit minus 22,1%).

mit der entwicklung bei umsatzsteuer (minus 0,9% auf 10,65 mrd. euro) und Lohnsteuer (minus 4,4% auf 9,65 mrd. euro), den beiden größten steuerbrocken, ist man im Finanzministerium grundsätzlich zufrieden.

Bei der Lohnsteuer wäre nach den gehaltsabschlüssen des vorjahres eigentlich ein plus zu erwarten gewesen. Die steigende Arbeitslosigkeit und die mit Jahresanfang in kraft getretene steuerreform sor-gen nun aber für ein minus von 440 mio. euro.

grafik 1

1 vgl. „kleine Zeitung“, 10. 11. 2009.

2 Wifo-Wirtschaftsdaten, konjunkturprognose Juni 2009.

3 vgl. „Der standard“, 17. 7. 2009; „Wirtschaftsblatt“, 22. 7. 2009; „Die presse“, 23. 7. 2009.

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Die verteilungspolitische grundsatzfrage, die es jetzt zu beantworten gilt, ist die nach dem Danach. Wer zahlt oder wer spart nach Überwindung der krise, damit der staatshaushalt seine schuldenlast abbauen kann? Die inflationsängste, die derzeit vereinzelt geschürt werden, entbehren angesichts der entschlos-senheit der eZB, weiter am inflationsziel festzuhalten, jeglicher grundlage. ein entschulden der staats-haushalte durch eine „spürbare“ inflation ist nicht zu erwarten. Wie es derzeit den Anschein hat, wird die Wirtschaftskrise eher früher als später ein ende finden.4 Damit ist es legitim, die Frage zu stellen, wer die Zeche dafür zahlt. Alle experten sind grundsätzlich der meinung, dass dies nicht auf dem rücken der unselbstständigen einkommensbezieherinnen erfolgen darf. mögliche entlastungen des Faktors Arbeit seien hier beispielsweise erwähnt, wie z. B. die erhöhung des Arbeitslosengeldes bzw. die Aussetzung des progressionsvorbehaltes beim Bezug des Arbeitslosengeldes für das Jahr 2009.

gefordert, den staatshaushalt wieder ins finanzielle Lot zu bringen, sind einerseits jene, die direkt von der staatlichen unterstützung profitiert haben (Finanzsektor), und andererseits jene, die es sich auch leisten können. Daher muss auch die Besteuerung des vermögens neu geordnet und verändert werden. Dazu bieten sich derzeit zwei strategielinien an:

1. die Besteuerung von realvermögen und

2. die Besteuerung von Finanzvermögen

Beide Linien sind zu verfolgen bzw. einer reform zu unterziehen. Denn in einem punkt sind sich alle Wirtschaftsforscher einig: österreich hat mit 0,5% des Bip eine der geringsten vermögensteuerbelas-tungen im oeCD-raum. Der Durchschnitt der eu-15 lag 2006 bei 2,1% des Bip (siehe grafik 2).5 eine Angleichung an den eu-schnitt würde einnahmen aus vermögensbezogenen steuern in der Höhe von 6 milliarden euro bedeuten.

grafik 2

4 oeCD-konjunkturprognose vom 4. september 2009.

5 vgl. http://www.arbeit-wirtschaft.at/servlet/Contentserver?pagename=X03/page/index&n=X03_1.a_2008_02.a&cid=1203506314960; önB, geldpolitik und Wirtschaft Q3/08, kapitel „steuern und Wachstum in österreich“, s. 22 ff, 2008.

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2. VermögensbesteuerunginÖsterreich

„arbeiten sie nicht selbst, lassen sie ihr Vermögen arbeiten“ – die unfaire steuerstruktur in Österreich vermögen sind in österreich höchst ungleich verteilt. so besitzt beispielsweise das oberste Zehntel 53 prozent des gesamten geldvermögens.6

Das reichste prozent der Haushalte hält 27 prozent des gesamten geldvermögens. Das oberste pro-mille (0,1%) besitzt über 8 prozent des gesamten geldvermögens. Dieser Wert wird von der gesamten unteren Hälfte der Haushalte erreicht, die ebenfalls über 8 prozent des gesamten geldvermögens ver-fügt. Die nationalbank weist im sozialbericht zudem darauf hin, dass Besitzer hoher geldvermögen nur eingeschränkt erfasst werden. Die tatsächliche ungleichverteilung beim geldvermögen ist demnach noch viel größer.7 Der World Wealth report weist etwa 70.000 österreicherinnen aus, die sehr vermö-gend sind (privatpersonen mit einem nettofinanzvermögen von mindestens einer million usD ohne eigengenutzte immobilien und verbrauchsgüter).8

grafik 3

6 es handelt sich hierbei um Bruttogeldvermögen. Dazu zählen spareinlagen, girokontoeinlagen, börsennotierte Aktiva, Lebensversicherungen und Anleihen. Diese größe berücksichtigt die schulden der Haushalte nicht, deshalb der Zusatz „Brutto“.

7 vgl. Arbeit&Wirtschaft 7/2009 (http://www.arbeit-wirtschaft.at/servlet/Contentserver?pagename=X03/page/index&n=X03_0.a&cid=1248440610828, stand: 18. 8. 2009); sozialbericht 2007−2008, s. 277 f.

8 vgl. http://www.at.capgemini.com/presse/pressemitteilungen/wwr_2009, (stand: 18. 8. 2009).

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eine parallele dazu: Auch in den usA war im Jahr 1929, vor dem schwarzen Donnerstag im oktober, das vermögen höchst ungleich verteilt und eine der ursachen für die desaströse Aktienspekulation, die schließlich in der Weltwirtschaftskrise endete.9

Bei den einnahmen aus steuern von vermögen gehört österreich international zu den schluss-lichtern (siehe grafik 4, Quelle oeCD). nach dem Auslaufen der erbschafts-/schenkungssteu-er, die von den vermögenden und nicht – wie oft behauptet wird – vom mittelstand zu zahlen war, ist der bescheidene Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben noch weiter gesunken.

Die einnahmen aus vermögensbezogenen steuern betrugen 2006 (damals noch inklusive erbschafts- und schenkungssteuer) in österreich 1,4% der gesamten steuereinnahmen. sie liegen deutlich unter dem oeCD-Durchschnitt. österreich befindet sich damit auf dem niveau wirtschaftlich weit schwä-cherer staaten, wie tschechien, der slowakei oder mexiko. in ihrem letzten Wirtschaftsbericht hat auch die oeCD (organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und entwicklung) österreich empfohlen, die damals noch geplante und jetzt bereits realisierte Abschaffung der erbschaftssteuer und damit eine wei-tere Absenkung der einnahmen aus vermögensbezogenen steuern zu überdenken. österreich besteuert zu stark die Arbeitsleistung und schont dafür die vermögensbesitzer. so betrachtet ist es in österreich vorteilhafter, sein vermögen arbeiten zu lassen, als selbst zu arbeiten. Wenn man genug vermögen hat.

eine grundlegende Änderung der steuerstruktur ist dringend notwendig, um die notwendige Budget-konsolidierung nicht ausschließlich zulasten der unselbstständig Beschäftigten bewerkstelligen zu müssen. Diese Änderung ist auch die voraussetzung für ein faireres steuersystem, das die Arbeitenden und nicht die vermögensbesitzenden in unserem Land belohnt. Last but not least können beispiels-weise Finanztransaktionssteuern und spekulationssteuern die entstehung von Finanzblasen eindäm-men und leisten damit einen Beitrag, um weiteren Finanzkrisen vorzubeugen.10 es ist das Ziel dieses papiers, Argumente zu diskutieren und Anregungen zu liefern, wie man das Ziel einer ausgewogenen vermögensbesteuerung erreichen kann.

grafik 4

9 vgl. John kenneth galbraith (2008, 4. Auflage), Der große Crash 1929.

10 vorschläge dazu finden sich auch bei schulmeister: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/Fk_Ftt_Frankfurt_0408. pdf, (stand 12. 8. 2009) oder der gewerkschaft der privatangestellten http://www.gpa-djp.at/servlet/Contentserver?pagename=gpA/page/index&n=gpA_8.a &cid=1194875972649, (stand 12. 8. 2009).

steuern auf vermögen als Anteil am gesamten steuer- und sozialbeitragsaufkommen (2006)

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3. BewertungvonGrundvermögen

3.1. Problemaufriss

grund- und immobilienvermögen wird in österreich auf der Basis von einheitswerten besteuert. Diese wurden 1973 zum letzten mal in einer Hauptfeststellung erhoben und 1983 linear um 35% erhöht. Damit wurde der vorschrift des Bewertungsgesetzes, in Zeitabständen von neun Jahren die einheitswerte im rahmen von Hauptfeststellungen festzulegen, nicht nachgekommen.

Laut älteren schätzungen betragen die einheitswerte von nicht land- und forstwirtschaft-lich genutztem grundvermögen nur etwa 10% bis 20% der verkehrswerte. Bei land- und forstwirtschaftlichem vermögen fallen verkehrswerte und steuerliche Bemessungsgrundla-ge noch deutlicher auseinander: Die relation zwischen einheitswert und verkehrswert wird auf 1% bis 2% geschätzt bzw. 1 : 30. Beim sonstigen grundvermögen ist die kluft geringer.

Die ermittlung des Bodenwertes ist in den Bodenwert-richtlinien geregelt. in diesem erlass ist zwar die Führung der kaufpreissammlung angeordnet, bisher ist jedoch eine automationsunterstützte erfassung und Führung der kaufpreissammlung nicht umgesetzt worden. inhaltlich wäre nach den Boden- wert-richtlinien auf die Frage des gewöhnlichen geschäftsverkehrs, auf das vorliegen un- gewöhnlicher oder persönlicher verhältnisse, auf Lage und Form des grundstücks, die Bodenbeschaffenheit, den erschließungszustand, die verbauungsmöglichkeit und die Frage von Baubeschränkungen etc. Bedacht zu nehmen.11

Die bereits erwähnte auf Haushaltsbefragung basierende immobilienvermögenserhebung der österrei-chischen nationalbank hat ergeben, dass der durchschnittliche immobilienbesitz (am Hauptwohnsitz) in österreich rund 130.000 euro beträgt. Diese Zahl ist insofern nach unten verzerrt, als in dieser Be-rechnung auch mieter berücksichtigt wurden (mit einem Wert von 0).12 Werden nur jene Haushalte ein-bezogen, die ihren Hauptwohnsitz tatsächlich besitzen, liegen die entsprechenden Werte bei 260.000 bzw. 230.000 euro (ohne top-1-prozent13).14

11 vgl. rossmann (2006).

12 genossenschafts- und gemeindewohnungen sind nicht berücksichtigt. Zinshäuser wurden teilweise berücksichtigt.

13 Da einige wenige Beobachtungen einen großen einfluss auf die mittelwerte haben können, werden in der erhebung jeweils zwei Werte angegeben: ein Wert, der alle Beobachtungen einbezieht, und einer, der jeweils das oberste perzentil (top-1-prozent) aller Beobachtungen aus der Berechnung ausschließt.

14 vgl. Fessler et al (2009), s. 124.

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grafik 5

grafik 6

rechnet man zum immobilieneigentum am Hauptwohnsitz noch den Wert anderer immobilien hinzu, die dem Haushalt zuzuordnen sind (z. B. Haus, Wohnung und grundstücke), ergeben sich (logischer-weise) höhere Werte. Der durchschnittliche österreichische Haushalt (inkl. mieter) hält dann 250.000 euro bzw. 200.000 (ohne top-1-prozent) euro an immobilienvermögen. Werden nur jene Haushalte betrachtet, die eigentümer ihres Hauptwohnsitzes und/oder anderer immobilien sind (eigentümerhaus-halte), ergibt sich ein durchschnittliches immobilienvermögen von 420.000 euro bzw. 330.000 euro (ohne top-1-prozent).

Die Differenz der mittelwerte von 90.000 euro zeigt deutlich, welchen einfluss das oberste perzentil der verteilung auf solche Berechnungen hat. Der Wert aller immobilien, das heißt der Wert des Hauptwohnsitzes und die Werte der anderen immobilien insgesamt, ist noch deutlicher ungleich verteilt als die im eigentum stehenden Hauptwohnsitze.15

Diese erhebung belegt die stark ungleiche verteilung bei immobilienbesitz. schätzungen der nati- onalbank zufolge beträgt das immobilienvermögen der österreichischen Haushalte insgesamt 880 mrd. euro. Das reichste Hundertstel der Haushalte hält allein 190 mrd., also mehr als 20 prozent des gesam-ten immobilienbesitzes. Die obersten zehn prozent besitzen über 60 prozent des immobilienvermö-gens.16 Die parallelen zur geldvermögensverteilung sind offenkundig: Da wie dort besitzt eine minder-heit den großteil des vermögens.

Die folgenden Ausführungen sollen darstellen, wie die Bewertung von grundvermögen in ausgewählten europäischen Ländern gehandhabt wird.

15 ebenda, s. 125 f.

16 vgl. „Der standard“, 23. 7. 2009 (http://derstandard.at/fs/1246542896617/vermoegensbesteuerung-Die-Heimat-der-grossen-Haeuslbauer, (stand: 18. 8. 2009).

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3.2. InternationaleAnsätze

Niederlande

Die Besteuerung von grundvermögen/Liegenschaften erfolgt in den niederlanden so-wohl auf kommunaler ebene („onroerend Zaak Belasting/oZB“ = Liegenschaftssteuer) als auch auf nationaler ebene („eigenwoningforfait“ = fiktives einkommen aus Liegenschaftsbe-sitz, das vom steuerpflichtigen zum zu versteuernden einkommen gezählt werden muss).

Beide steuern haben als Bemessungsgrundlage den sogenannten WoZ-Wert (= Wert der Liegen-schaft),17 der von durch die gemeinden dazu beauftragten taxatoren ermittelt und registriert wird. Der WoZ-Wert einer Liegenschaft (der einem „fairen“ marktwert nahekommen soll) wird von den ge-meinden jährlich neu festgelegt. in der praxis wird dieser Wert dadurch bestimmt, dass mit ähnlichen Liegenschaften in der näheren umgebung verglichen wird. generell liegt dieser WoZ-Wert jedoch et-was unter dem tatsächlichen marktwert.18

Beispiel: Der Besitzer einer Liegenschaft mit einem geschätzten WoZ-Wert von 300.000 euro würde in Amsterdam 0,05315% grundsteuer zahlen (160 euro). in rotterdam würde die grundsteuer 0,1103% (330 euro) für eine private Liegenschaft betragen.19

17 Das entsprechende gesetz zur Bewertung von eigentum (WoZ) trat 1995 in kraft. Dieses gesetz verpflichtet gemeindebehörden, das eigentum innerhalb der gemeindegrenzen regelmäßig zu bewerten. es verpflichtet die gemeinden außerdem, die individuellen Werte an steuerbehörden und Wasserverbände weiter- zuleiten, um die grundlagen für einkommen- und grundsteuern sowie Wasserverbandsabgaben zu liefern.

18 so lagen beispielsweise die verkaufspreise für immobilien im 2. Quartal 2008 im schnitt 12,5% über den entsprechenden WoZ-Werten. 80% der Häuser wurden im gleichen Quartal über dem WoZ-Wert (referenz 1. 1. 2005) verkauft.

19 Balthazar tax Consulting − netherlands tax consultants (http://www.netherlandstax.com/), schriftliche Anfragebeantwortung vom 5. 5. 2009, bzw. österrei- chische Botschaft Den Haag, Anfragebeantwortung vom 26. 5. 2009.

Dänemark

eine Liegenschaftsbewertung bildet die grundlage für unterschiedliche steuern wie auch die Liegenschaftswertsteuer, deren grundlage der Wert der Liegenschaft ist, sowie die kommunale grundsteuer (Landsteuer), die auf dem Wert des grundes basiert. Beide steuern machten 2008 etwa 4% aller dänischen steuereinnahmen aus.

Jedes zweite Jahr werden Liegenschaften in Dänemark bewertet. Diese Bewertung bestimmt den gebäude- und grundstückswert für jede Liegenschaft. Der gebäudewert ist eine schätzung des preises, der erzielt würde, würde man das gebäude verkaufen. Der grundstückswert ist der Wert eines unbebauten grundstücks. Weiters werden unterschiedliche Faktoren wie die Lage und nutzung der Liegenschaft berücksichtigt. in den bewertungsfreien Jahren wird eine Anpassung (indexierung) der Werte vorgenommen.

mit der Bewertung der Liegenschaften ist eine eigene Bewertungsbehörde befasst, die dem Finanz-ministerium zugeordnet ist. Die Behörde, die über regionalstellen im ganzen Land verfügt, beschäftigt mehr als 200 personen.

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Schweden

Die Besteuerung von grundvermögen ist durch das gesetz der staatlichen grundsteuer „lag (1984:1052) om statlig fastighetsskatt“ festgelegt.

in schweden unterscheidet man zwischen kommunaler Abgabe und staatlicher grundsteuer.

Die grundsteuer/-abgabe fällt für alle grundstücke mit Ausnahme von Wald und landwirtschaftlichen nutzflächen sowie allgemeinen gebieten wie straßen und plätze an.

Die Berechnungsgrundlage für die grundsteuer/-abgabe ist der einheitswert. Dieser ist im gesetz mit 75% des marktwertes angelegt. rechengrundlage ist hierbei der marktwert der objekte zwei Jahre zuvor, d. h., für 2009 basiert der einheitswert auf den verkaufspreisen für 2005−2007, umgerechnet auf das preisniveau von 2007. Die marktwerte werden beim Finanzamt (skatteverket) registriert, und dieses ist auch verantwortlich für die Datensammlung.

unter marktwert versteht man den wahrscheinlichen preis, der beim verkauf auf dem allgemeinen markt erzielt wird. Der marktwert wird mithilfe von statistiken über verkaufte Wohnungen und ähnliche objekte in einem speziellen „Wertegebiet“20 ermittelt. Der einheitswert ist das resultat der Anwendung der Bewertungsmodelle, die für die grundsteuerveranlagung von einfamilienhäusern mit zugehörigem grundstück gelten.

Diese Bewertungsmodelle geben an, wie bei der Bewertung der grundsteuerveranlagung vorgegangen werden soll.

Beispiel für einige „Wertefaktoren“ für die Bewertung:

Für grundstücke:

• größe des grundstückes • Wasser und Abwasser • Art der Bebauung • nähe zum strand

Für einfamilienhäuser:

• größe (Wohn- und nebenfläche) • Alter • standort • Baukategorie

Die staatliche grundsteuer auf Wohnungen wurde am 1. Januar 2008 abgeschafft und durch eine kom-munale Abgabe ersetzt. Die grundabgabe geht an die kommunen, in der sich die Wohnung/das grund-stück befindet.

es wird zwischen folgenden kategorien unterschieden:

• grundabgabe für einfamilienhäuser: 6.362 sek (ca. 620 euro) pro Jahr, aber höchstens 0,75% des einheitswertes. • grundabgabe für mehrfamilienhäuser: 1.200 sek (ca. 117 euro) pro Jahr, aber höchstens 0,4% des einheitswertes.

20 vgl. http://www.skatteverket.se/fastighetstaxering/vardeomradenochriktvardekartor.4.18e1b10334ebe8bc80002123.html, (stand: 17. 9. 2009).

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21 Wirtschaftskammer österreich, Außenhandelsstelle stockholm, schriftliche Anfragebeantwortung vom 17. 6. 2009.

eine weitere Begrenzung gibt es für rentner, diese bezahlen höchstens 4% ihres einkommens an grundabgabe für ein einfamilienhaus. neu gebaute Häuser sind die ersten 5 Jahre von der grundabga-be befreit, für die folgenden 5 Jahre ist die grundabgabe halbiert.

Der einheitswert für einfamilienhäuser besteht z. B. aus dem grundstückswert und dem Wert des Hauses. grundstücke und gebäude, die nicht als Wohnungen gerechnet werden, werden mit einer staatlichen grundsteuer besteuert.

Der staatliche steuersatz wird in folgenden Fällen beibehalten:

• unbebautes grundstück 1% vom einheitswert • einfamilienhäuser und mietshäuser im Bau 1% vom einheitswert • stromproduzent (Wasser- oder stromkraftwerk)

Dem steuersatz wird der einheitswert des grundstückes zugrunde gelegt, also im prinzip 75% des marktwertes. Die steuersätze für industriegrundstücke betragen 0,5% vom einheitswert und für den lokalen teil eines mietshauses, unbebaute grundstücke usw. 1% vom einheitswert.

erbschaftssteuer und schenkungssteuer wurden am 1. Januar 2005 abgeschafft.21

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DieDebatteinÖsterreich

Die steuerreformkommission 1998 hat eine vereinfachung der erfassung der grundstückswerte vor-geschlagen, und zwar unter Zugrundelegung vorhandener Daten aus kaufpreissammlungen, Flä-chenwidmungsplänen und gebäudedaten. erforderlich erscheint demnach eine Überarbeitung der Bodenwert-richtlinie, mit dem Ziel, für bestimmte gebiete der gemeinde dem verkehrswert nahe-kommende Bodenwerte zu erhalten. Wesentlich dafür ist eine automationsunterstützte erfassung der vorhandenen Daten, die die Belastung für die verwaltung möglichst gering halten soll.22

einen Alternativvorschlag zur einheitsbewertung hat bereits die steuerreformkommission 1998 gemacht. Danach sollten ausgehend von der grundstücksgröße die der Besteuerung zugrunde zu legenden sätze nach der nutzung als grünland, Wohngebiet, industriegebiet etc. variieren und allenfalls auch nach Bauklassen (geschoßhöhen) eine Differenzierung ermöglichen. Bund und Länder könnten rahmen für die steuersätze vorsehen, die gemeinden müssten dann selbst die konkreten sätze innerhalb dieses rahmens festlegen.

Hinsichtlich der damals noch bestehenden erbschafts- und schenkungssteuer formulierte die kom-mission die empfehlung, dass dem tatsächlichen Wert nahekommende Bemessungsgrundlagen beim grundvermögen sowie die Beseitigung sachlich nicht begründbarer steuerbefreiungen mit einer Ab-senkung der steuersätze und einer wesentlichen Anhebung der Freibeträge einhergehen sollten. Dies soll eine gerechtere Besteuerung gewährleisten und eine mehrbelastung beim Übergang geringer ver-mögen verhindern.

Das sammeln von marktinformationen/marktpreisen ist – das zeigen die internationalen Beispiele – für eine laufende Anpassung der Liegenschaftswerte ein wichtiger teil des Bewertungsprozesses. Auf jeden Fall braucht der Aufbau eines solchen systems eine lange vorlaufzeit und eine entsprechende personelle Ausstattung der Finanzbehörden, wie das dänische Beispiel zeigt. Zu berücksichtigen sind dabei allerdings auch etwaige Anreizstrukturen und strategische Überlegungen. Der Bund hat mögli-cherweise kein besonders großes interesse an der vereinfachung bzw. reform des einheitswertverfah-rens, da die steuern auf Basis der einheitswertbescheide vorwiegend den gemeinden zugutekommen, die verwaltungskosten aber beim Bund liegen. vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Brisanz dieses themas stellen diese kompetenzverteilungen ein zusätzliches Hindernis dar.23

22 immobilienpreiserhebungen und -vergleiche bieten mittlerweile private Anbieter online an. siehe zum Beispiel www.checkimmo.com, www.webservicesunited.com oder www.map4you.at.

23 vgl. Wabl (2008), s. 21.

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4. VorschlägederAKfüreinfairesSteuersystem

4.1. BesteuerungvonRealvermögen

Dieser Bereich wird derzeit stiefmütterlich bearbeitet. Dennoch ist auch hier zu überlegen, ob eine Be-steuerung von realvermögen nicht sinnvoll wäre. Hier kommt vor allem der Besteuerung von grund und Boden große Bedeutung zu. grund und Boden für „normale“ Wohnzwecke sollten grundsätz-lich nicht stärker besteuert werden als derzeit, sondern die Besteuerung zielt im Bereich der Boden-wertabgabe ab auf grund und Boden, auf Flächen, die anderen Zwecken dienen und/oder speku-lationsobjekte sind. Beim realvermögen sind vor allem die erhebung und die neubemessung der grundsteuer notwendig. Aber auch eine neujustierung der Bodenwertabgabe wäre wünschenswert. Daneben gilt es aber auch, Luxusgüter einer gerechten vermögensbesteuerung zuzuführen.

Die derzeitige Zusammensetzung der vermögensbezogenen steuern setzt sich im Wesentlichen aus zwei komponenten zusammen: einerseits aus der grunderwerbsteuer (ca. 650 mio. euro) und anderer-seits aus der grundsteuer (mit knapp 600 mio. euro). Daneben werden aus diversen kapitalverkehrs-steuern jährlich ca. 90 mio. euro vom Bund eingehoben. Der restliche teil von ca. 140 mio. euro ist auf die erbschafts- und schenkungssteuer zurückzuführen. Diese letzte Quelle ist aber dem staat versiegt, da die erbschaftssteuer mit August 2008 abgeschafft wurde (siehe grafik 7).24

4.1.1. NeugestaltungderGrundsteuer

Die Besteuerung des grundvermögens sollte auf Basis realistischer Werte erfolgen. Diese haben sich an den marktwerten zu orientieren. Die marktwerte könnten für unbebaute Liegenschaften bzw. ihren unbebauten teil auf Basis einer umfassenden und daher permanent aktualisierten Datenbank über Liegenschaftskäufe ermittelt werden (wie in anderen Ländern üblich). Der Wert von gebäuden wird auf Basis ihres nutzungsvolumens (kubatur) unter Berücksichtigung der Ausstattungsqualität geschätzt. Der Wert von land- und forstwirtschaftlich genutztem Boden wird aufgrund des tatsächlichen ertrags ermittelt. österreich liegt mit 0,5% steuern auf vermögen deutlich unter dem eu-schnitt von 2,1% (des Bip). eine grundsteuer, die auf Basis von verkehrswerten berechnet wird, könnte eine milliarde euro an mehreinnahmen bringen. ohne dabei den mittelstand zu belasten: mehr als 60% des immobi-lienbesitzes in österreich befinden sich nämlich in der Hand der reichsten 10%. Der medianwert beim immobilienvermögen in österreich beträgt 200.000 euro. immobilien bis zu einem Wert von 400.000 euro sollten – ohne einführung von Freibeträgen – grundsätzlich entlastet werden. erreicht wird dies durch die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an die verkehrswerte (z. B. 75% des verkehrswertes) in kombination mit einer neufestlegung der steuermesszahlen.

grafik 7

24 Quelle BmF und ApA; Die presse, 18. Juni 2009.

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4.1.2. NeujustierungderBodenwertabgabe

Die derzeitige regelung sieht eine Besteuerung von bebaubaren grundstücken vor, deren einheitswert über 14.600 euro liegt. Diese Werte werden in der regel nur äußerst selten überschritten. Die Abgabe, die zu 96% den gemeinden zugeführt wird, ist derzeit mit einem steuersatz von 1% des überstei-genden Wertes von 14.600 euro festgesetzt. so ist es auch nicht verwunderlich, dass bundesweit für 2009 mit nicht einmal 5 mio. euro einnahmen aus dieser Abgabe geplant wird. Aber gerade hier gäbe es ein großes potenzial, steuereinnahmen, auch für die finanziell schwer angeschlagenen gemeinden, zu erheben. Bei der letzten volkszählung 2001 wurde für die steiermark ermittelt, dass insgesamt 44.480 ha Bauland ausgewiesen, davon aber 11.166 ha, also mehr als 25%, unbebaut sind (siehe tabelle 3 im Anhang).25

Auch hier bietet sich eine praktikable Lösung an. Anstelle der ineffektiven Bodenwertabgabe wäre es effizienter, eine Abgabe aus gewinnen aus der veräußerung von grund und Boden einzuführen. Zwar existiert eine derartige einschränkung und erklärungspflicht derzeit im einkommensteuergesetz, je-doch wird diese durch die Befreiungsbestimmungen mit 2 bzw. 10 Jahren derart zahnlos, dass daraus keine steuerlichen einnahmen erwachsen. vor allem umwidmungen von steuerlich geringwertigem grund und Boden zu wertvollem Bauland stellen nicht unwesentliche steuerliche probleme dar. Derar-tige gewinne sind derzeit von einer Besteuerung vollständig ausgenommen. Auch hier würde sich eine einfache Berechnungsformel anbieten: Die Differenz aus verkaufspreis und einheitswert unterliegt einer Besteuerungspflicht, die als neue einkunftsart deklarierungspflichtig ist. Der spekulationszeitraum von 10 Jahren ist aus dem einkommensteuergesetz zu streichen. Die Ausnahmeregelung des Hauptwohn-sitzes für Arbeiterwohnstätten (bis 150 m²) ist beizubehalten. konkret würde das bedeuten, dass jeder spekulationsgewinn im immobilienbereich, der nicht Hauptwohnsitzinteressen dient, steuerpflichtig wird.

Die effekte einer derartigen Abgabe sind vielschichtig. einerseits wird das spekulationsgut „grund und Boden“ unattraktiver, was einer Hortung von unbebautem Bauland entgegenwirken würde. Anderer-seits kämen die mehreinnahmen den gemeinden direkt zugute, die damit ein wenig ihre Finanzsituation verbessern würden. und nicht zuletzt würden durch die vorgeschlagenen neuregelungen spekulati-onsgewinne aus Liegenschaftsveräußerungen einer gerechten Besteuerung unterworfen.

4.1.3. EinführungeinerBesteuerungvonLuxusgütern

Luxusgüter (schmuck, Antiquitäten, teppiche, Boote, Luxusautos etc.) werden derzeit von einer Be-steuerung fast gänzlich ausgenommen. Üblicherweise werden Luxusgüter gegen Diebstahl versichert. Für Luxusgüter mit einem verkehrswert über euro 75.000,–, mit der Ausnahme von immobilien, wird ein erhöhter umsatzsteuersatz eingeführt („Luxussteuer“).

25 stand november 2001, LBD-Lrp.

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4.2.1. NeuregelungderStiftungsbesteuerung

Das problem der Besteuerung von stiftungen ist bekannt. stiftungen werden gegenüber anderen ge-sellschaftsformen steuerlich weitgehend begünstigt. nicht nur, dass die gründung (im vergleich zum eingebrachten vermögen) geringere kosten verursacht, sind auch die laufenden gewinne aus stif-tungen steuerlich gegenüber anderen gesellschaftsformen bevorzugt.

Warum es derartige steuergeschenke, abgesehen von gemeinnützigen stiftungen, noch immer gibt, ist nicht nachvollziehbar. Dabei wäre die Lösung des problems relativ einfach: stiftungen, die nicht der gemeinnützigkeit unterliegen, sind in der Besteuerung kapitalgesellschaften gleichzustellen.26 entnom-mene substanzen sind bei der privatstiftung steuerfrei. Dadurch können große immobilienwerte veräu-ßert werden, ohne dass dabei körperschaftsteuer von 25% anfällt, wenn die veräußerung nach Ablauf einer zehnjährigen spekulationsfrist erfolgt. Hier besteht ein eklatanter steuervorteil gegenüber einer kapitalgesellschaft, die in diesen Fällen immer 25% körperschaftsteuer abzuführen hat.27

eine der inkriminierten Bestimmungen liegt in der den kapitalgesellschaften nicht zustehenden Begüns-tigung, dass für privatstiftungen bei erträgen aus der veräußerung von Beteiligungen die möglichkeit der Übertragung der aufgedeckten stillen reserven auf neu angeschaffte Beteiligungen besteht und damit der gesamte veräußerungsgewinn de facto steuerfrei gestellt wird.

mit Abschaffung der Zwischensteuer sollen sämtliche kapitalerträge der privatstiftungen der kest-pflicht unterliegen (siehe Anhang, vergleich von sparbuchzinsen). im gegenzug könnte dafür die eingangsbesteuerung für stiftungen fallen. ebenso müssten stiftungen auch einer gewissen publi-zitätspflicht unterliegen, wie sie bei kapitalgesellschaften üblich ist. Die veröffentlichungspflicht von stiftungsjahresabschlüssen würde höchstwahrscheinlich viele spekulationen zerstreuen!

4.2. BesteuerungvonFinanzvermögen

Derzeit werden hauptsächlich im Bereich des Finanzvermögens Überlegungen angestellt, eine ge-rechtere Besteuerung zu erreichen. Hier sind vor allem drei Bereiche angesprochen, die immer wieder von Wirtschaftsexperten genannt werden:

26 vgl. grafische Darstellung der sparbuchzinsen im Anhang.

27 vgl. W. Doralt, „Die presse“ vom 10. 11. 2008.

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28 iHs-presseinformation, Zur Besteuerung von vermögen in österreich, 26. 8. 2009.

4.2.2. BesteuerungvonFinanzspekulationenund-transaktionen

Auch dieses missverhältnis getätigter Börsenumsätze zu steuereinnahmen ist schon seit Jah-ren evident. Finanztransaktionen unterliegen in österreich grundsätzlich keiner Besteuerung. Bei Finanzspekulationen ist die spekulationsfrist mit einem Jahr derart gering, dass die steu-ereinnahmen daraus als randerscheinung zu werten sind. Auch hier hat österreich in den ver-gangenen Jahren nichts unternommen, was sich nun zu rächen scheint, wenn der Zustand nicht re-pariert wird. in der Hälfte aller eu-staaten gibt es nach wie vor eine Börsenumsatzsteuer. Laut Berechnungen des iHs (presseinformation: „Zur Besteuerung von vermögen in österreich“, 26. 8. 2009) wäre mit der einführung einer Finanztransaktionssteuer in der Höhe von 1‰ des trans-aktionsvolumens mit einnahmen zwischen ca. 1 mrd. euro und 1,2 mrd. euro zu rechnen.

Quelle: iHs (2009).

tabelle 1

tabelle 2

Bei einem steuersatz von 3‰ würden die einnahmen zwischen 2,2 mrd. euro und 2,7 mrd. euro liegen.

Würde man in österreich auf alle Finanztransaktionen eine steuer von zwei promille einführen, könnte man damit ca. 1,5 mrd. euro jährlich einnehmen.28

Quelle: iHs (2009).

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4.2.3. EinführungeinerFinanzvermögenszuwachsbesteuerung

es ist einem unselbstständig erwerbstätigen nicht zu erklären, dass er für einen nebenjob fast 50% an steuern und Abgaben leisten muss, ein spekulant für die gleichen einnahmen aber keine steuern und Abgaben zu entrichten hat. Die Lösung dazu wäre eine Finanzvermögenszuwachsbesteuerung. eine solche gibt es bereits in 16 eu-staaten.29 Hierzu gibt es zahlreiche modellvorschläge bekann-ter Wirtschaftsforschungsinstitute. Die wohl effektivste und effizienteste Form wäre eine Abgeltungs-steuer für Finanzvermögenszuwächse, ähnlich der kapitalertragsteuer auf Zinsen. Dazu müssten aber auch die spekulationsfristen im einkommensteuergesetz aufgehoben werden. Deutschland hat mit 1. 1. 2009 eine Art Flattax eingeführt, mit der spekulationsgewinne erfasst werden. Zuvor wurden über 90% solcher gewinne nicht angegeben.30 Laut schätzungen der Wirtschaftstreuhänderkammer wer-den in österreich maximal 10 bis 20 prozent der spekulationsgewinne in den steuererklärungen de-klariert.31 Die Berechnung des Finanzvermögenszuwachses erscheint einfach. vom verkaufswert sind die Anschaffungskosten und etwaige nebenkosten (Werbungskosten) abzuziehen, der verbleibende (spekulations-)gewinn unterliegt einer vermögenszuwachsbesteuerung in der Höhe der kapitalertrag-steuer von derzeit 25%. Die einführung einer derartigen Besteuerung ist bislang immer am veto der ös-terreichischen Banken gescheitert, die dadurch ihrer meinung nach das österreichische Bankgeheimnis verletzen würden.

Die Lösung dieses umstandes erscheint vordergründig ebenso einfach wie die vorgebrachten einwen-dungen. Dazu bieten sich zwei Wege an:

1. Abschaffung des Bankgeheimnisses. Damit wäre auch den internationalen Aufforderungen genüge getan.

oder 2. Die meldung eines Finanzvermögenszuwachses unterliegt der veranlagungspflicht, wie diese bereits bei selbstständigen einkommen üblich ist.

29 vgl. Ch. matznetter, vermögenszuwachssteuer, 3. 4. 2008.

30 vgl. m. schratzenstaller, „Format“ vom 13. 8. 2009.

31 vgl. k. Bruckner, ö1 Abendjournal vom 10. 11. 2009.

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BudgetäreAuswirkungenderVorschläge

Maßnahme Mehreinnahmen Quelle/Berechnung

Neugestaltung der Grundsteuer euro 1 Mrd. Wifo-Weißbuch: mehr Beschäf-tigung durch Wachstum auf Basis von innovation und Qua-lifikation, oktober 2006. Ansatz: orientierung am ver-kehrswert.

Neujustierung der Bodenwertabgabe euro 0,6 Mrd. eigene Berechnungen aus den Daten des Finanzministeriums. Ansatz: Besteuerung von spe-kulationsgewinnen zum normal-steuersatz.

einführung einer Besteuerung von luxusgütern

euro 0,5 Mrd. eigene Berechnungen aus den Daten des Finanzministeriums. Ansatz: Ableitung der Daten aus der erhöhten umsatzsteuer (32%, „Luxussteuer“).

Neuregelung stiftungsbesteuerung euro 2 Mrd. schätzung aufgrund der ein-nahmen aus der köst-sta-tistik des Finanzministeriums. Ansatz: Besteuerung von ge-winnen mit dem 25%igen köst-satz.

Besteuerung von finanzspekulati-onen und -transaktionen

euro 1,5 Mrd. iHs-presseinformation, „Zur Be- steuerung von vermögen in österreich“, 26. 8. 2009. Ansatz: Besteuerung des trans-aktionsvolumens mit 2‰ trans-aktionssteuer.

einführung einer finanzvermögens-zuwachsbesteuerung

euro 0,4 Mrd. vermögenszuwachssteuer, Ch. matznetter, 3. 4. 2008. Ansatz: realisierung des vermö-genszuwachses bei der veräu-ßerung.

GesaMtVOlUMeN euro 6 Mrd.

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5. Literatur

Bundesministerium für soziales und konsumentenschutz (2009): sozialbericht 2007−2008, s. 275−288.

Fellner, karl-Werner (2006): Bewertung von grundbesitz verfassungswidrig – reformen jahrzehntelang verschleppt, in: recht der Wirtschaft 12/2006, s. 793−799.

Fessler, pirmin/mooslechner, peter/schürz, martin/Wagner, karin (2009): Das immobilienvermögen pri-vater Haushalte in österreich, in: geldpolitik & Wirtschaft 2/2009, s. 113−134.

iHs (2009): Zur Besteuerung von vermögen in österreich, presseinformation vom 26. 8. 2009.

matznetter, Christoph (2008): vermögenszuwachssteuer.

müller, Andreas (2001): valuation – valuation of Land and Buildings for the recurrent property tax and for other taxes, urL: http://people.plan.aau.dk/~est/valuation/Am%20WB-valuation.doc (stand: 5. 8. 2009).

rossmann, Bruno (2006): vermögen und vermögensbesteuerung in österreich – Bestandsaufnahme und reform der Bewertung von grundvermögen, in: Wirtschaft und gesellschaft 3/2006, s. 283−312.

Wabl, elisabeth (2008): Die erbschaftssteuer aus rechtspolitischer sicht, Diplomarbeit, universität graz.

WiFo (2006): Weißbuch: mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von innovation und Qualifi-kation.

6. WeitereInformationsquellen

Balthazar tax Consulting − netherlands tax consultants (http://www.netherlandstax.com/).

österreichische Botschaft Den Haag.

statistics netherlands, urL: http://www.cbs.nl/en-gB/menu/themas/prijzen/publicaties/artikelen/archief/2008/2008-2530-wm.htm (stand: 5. 8. 2009).

Wirtschaftskammer österreich, Außenhandelsstelle stockholm.

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7. Anhang

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Stand: Oktober 2009, Medieninhaber und Herausgeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark, 8020 Graz, Hans-Resel-Gasse 8–14, Layout und Produktion: Claudia Dicker (Titelfoto: Franz Pfluegl – Fotolia.com)