9

What a lovely jubbly time - Universität Hamburg · Außerdem ist der Welcome-Service eine tolle ... Gap year“ oder studiert nachdem er beruflich zuvor etwas anderes gemacht hat

  • Upload
    vonhi

  • View
    217

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

What a lovely jubbly time

-

Erfahrungsbericht über mein Erasmussemester in Southampton, England

Diana Schmidt Vorbereitung Nach einem Besuch der Informationsveranstaltung des Erasmusbüros war ich mir sicher: Ich muss es versuchen, ich muss mich bewerben. In England zu studieren war schon immer mein Traum, leisten kann sich das bei den hohen Studiengebühren aber kaum jemand. Erasmus schien da die perfekte Gelegenheit, um die Studiengebühren herumzukommen und außerdem ein wenig Taschengeld zu haben. Das Stipendium von Hamburglobal war außerdem nützlich, um meine Reisekosten (Flug, zusätzliches Gepäck, Heimfahrt an Weihnachten) zu decken. Das Bewerbungsverfahren und die Vorbereitungshase sind – darüber muss man sich im Klaren sein – sehr zeitaufwendig. Es gibt viel was man bedenken, organisieren und schreiben muss. Von Motivationsschreiben über Emfehlungsschreiben und Einschreibungsverfahren an der Gastuni zu offiziellen Formularen und der Wohnungssuche. Ich empfehle hier eine strukturierte to-do-Liste für alle Zeitabschnitte um nicht den Überblick zu verlieren. Herr Reininger im Erasmusbüro war immer ein hilfreicher und engagierter Ansprechpartner. Bei der Wohnungssuche kam mir eine E-Mail der University of Southampton sehr entgegen, in der mir mitgeteilt wurde, welche der englischen Erasmus-Outgoings für das fragliche Semester ihre Zimmer vermieten wollten. Ganz unkompliziert über E-Mail habe ich so bereits viele Wochen vor Beginn der Zeit im Ausland meine Unterkunft gefunden. Dies kann ich nur empfehlen, da viele meiner Freunde, die erst von Southampton aus auf Zimmersuche gingen, große Probleme hatten. Es war nicht ungewöhnlich die ersten Nächte ohne Bettdecke auf Fußböden zu schlafen, da Hotels ausgebucht waren und man einige Tage brauchte, um ein Haus zu finden. Eine Krankenversicherung ist in England übrigens nicht nötig, da es dort einen kostenlosen National Health Service gibt. Leider muss man jedoch seine deutsche Krankenversicherung für die Zeit beibehalten. Anreise Die University of Southampton hatte einen 2-tägigen, kostenlosen Welcome-Service am Flughafen in London, ein wunderbares Angebot, das man auf jeden Fall wahrnehmen sollte. Alle internationalen Studenten wurden mit Bussen und Taxen bis zu ihren neuen Häusern oder Studentenwohnheimen gebracht. Außerdem ist der Welcome-Service eine tolle Gelegenheit, erste Kontakte zu knüpfen und Ansprechpartner der Uni kennenzulernen, die gern bei Fragen und Problemen weiterhelfen.

Finanzierung England ist teuer. Lebensmittel, Kosmetikartikel, Ausgehen, Transportmittel, alles kostet leider mehr als in Deutschland. Das Erasmus- und das Hamburglobal- Stipendium genügen auf keinen Fall, um die Kosten für das Auslandssemester zu decken. Da das Studium hier sehr zeitintensiv ist, konnte ich auch keinen zusätzlichen Job annehmen und musste so von Ersparnissen leben. Wenn man die Zeit nutzen, das Land erkunden und ein wenig rumreisen möchte, muss man schon mit 5000 zusätzlichen Euro rechnen. Studium In der ersten Woche, der Freshers Week, wurden viele Aktivitäten für Neulinge angeboten. Zum einen um den Campus und die Stadt, zum anderen um neue Menschen kennen zu lernen. Auch das Erasmusteam vor Ort hat einige „Socials“ und eine Informationsveranstaltung organisiert. Außerdem sollte man sich in der ersten Woche als internationaler Student registrieren und seinen Studentenausweis abholen, ohne den ist man quasi verloren. Die Module wurden bereits von Deutschland aus gewählt, man kann jedoch vor Ort noch alles ändern, wenn man mit seiner Wahl in der ersten Zeit nicht zufrieden ist. Glücklicherweise kann man als Erasmusstudent Module aus allen drei Jahren wählen, was die Auswahl recht umfangreich macht. Für mein Studium in Deutschland anerkennen lassen konnte ich mir jedoch nur ein einziges Modul, da die anderen Module entweder nicht kompatibel waren oder ich sie bereits in Hamburg absolviert hatte. Wer ein Erasmussemester macht muss sich darüber im Klaren sein, dass man möglicherweise ein Jahr länger studiert, da man Module in Deutschland verpasst und nicht nahtlos nach der Rückkehr wieder anknüpfen kann. Die Unterrichtsformen unterschieden sich kaum von denen in Deutschland. Psychologie wird hauptsächlich in Vorlesungsform unterrichtet, da es mehrere hundert Studenten pro Kurs gibt. Es kommt jedoch auch vor, dass auf Seminarmethoden (wie Referate in Kleingruppen) zurückgegriffen wird. Die Prüfungen hingegen unterscheiden sich grundlegend von denen in Deutschland. Während man hier eine große Prüfung am Ende des Semesters hat, die die ganze Note bestimmt, setzt sich die Note in England aus verschiedenen Assignments zusammen. Beispielsweise ein benotetes Referat, eine Hausarbeit und eine Prüfung zum Ende des Semesters zu jeweils 1/3 Anteil an der Gesamtnote. Die Abschlussprüfung zum Semesterende umfasst sehr viel Stoff. Im Gegensatz zu den in Deutschland üblichen Multiple Choice Prüfungen werden die englischen Examen hauptsächlich in Essay-Form durchgeführt, was ich gerade als nicht-Muttersprachlerin als schwierig empfand. Auch die zur Verfügung stehende Zeit war sehr viel geringer als in Deutschland. Ich war es von zu Hause beispielsweise gewohnt, für eine Multiple Choice Klausur mit etwa 60 Fragen 2

Stunden zur Verfügung zu haben. In England hatte ich für 60 Multiple Choice Fragen plus einem Essay 2 Stunden Zeit. Die Unterrichtsmaterialien wurden alle einheitlich und übersichtlich auf einem Programm namens „Blackboard“ zur Verfügung gestellt. Über einen einzigen Account hatte man Zugang zu Materialien, Prüfungsergebnissen, der studentischen Email-Adresse, der Bibliothek, dem Sportcenter der Uni und allen sozialen- und Freizeitangeboten. (also quasi stine, olat, educommsy und die Homepage der Uni Hamburg und der Stabi übersichtlich in einem einzigen Programm). Diese Übersichtlichkeit habe ich sehr zu schätzen gewusst und würde mir wünschen, dass sich die Uni Hamburg daran ein Beispiel nimmt. Die Lehrenden, die hier beim Vornamen angesprochen werden, habe ich als sehr studentennah und engagiert erlebt. Jede E-Mail die ich geschrieben habe wurde innerhalb von einem Tag beantwortet, sogar am Wochenende. Die Dozenten schienen immer bemüht, die für den/die Studenten bestmögliche Lösung zu finden und weiterzuhelfen, wo sie nur konnten. Auch die Mitarbeiter in Büros und Servicestellen der Uni (wie z.B. das international office) waren allzeit freundlich und hilfsbereit. Vielleicht ist es ein Effekt der hohen Studiengebühren, dass die Studenten als Kunden wahrgenommen werden? Zu einheimischen Psychologiestudenten hatte ich nur im Rahmen von Gruppenarbeiten Kontakt, meine Freunde waren Studenten anderer Fachrichtungen. Die Arbeitsgruppenmitglieder waren jedoch fleißig und engagiert und an einem guten Endergebnis interessiert. Die Studenten in England sind meiner Erfahrung nach im Durchschnitt sehr viel jünger als in Deutschland. Man beginnt die Uni mit 18 und verlässt sie mit 21, wenn man außerdem einen (hier einjährigen) Master absolviert mit 22. Kaum jemand nimmt sich ein „Gap year“ oder studiert nachdem er beruflich zuvor etwas anderes gemacht hat. Die Uni konnte man von meinem Haus aus recht gut zu Fuß innerhalb von 25 Minuten erreichen. Wer weiter entfernt wohnt kann die Unilink-Busse benutzen, die vor allem tagsüber regelmäßig (alle 10 bis 20 Minuten) fahren (in der Nacht ist man leider auf Taxis angewiesen (alle Einheimischen raten vom alleinigen nach Hause laufen ab, da Southampton eine hohe Kriminalitätsrate hat). Die Busfahrkarten sind leider nur für Bewohner der Studentenwohnheime umsonst, ein Tagesticket kostet für alle anderen 3,50 und eine Monatskarte 30 Pfund.

Alltag und Freizeit

Am Anfang fiel mir das Verstehen der Einheimischen schwer, obwohl ich mein Englisch immer als sehr gut empfunden hatte. Ist man amerikanische Filme und Serien gewöhnt sollte man den britischen Akzent nicht unterschätzen. Nach einigen Wochen hat man sich aber „reingehört“; die Engländer sind außerdem sehr geduldig, wenn man etwas nicht versteht oder ausdrücken kann. Die Freizeitgestaltung wird einem in Southampton leicht gemacht. An der Uni gibt es unzählige – sehr günstige - Societies – von Zumba über Cake Baking und der Gay Society bis zu Indie Rock Music. Hier findet tatsächlich jeder ein (neues?) Hobby und hat gleich die Möglichkeit, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Die „Socials“ (gemeinsame soziale Aktivitäten) die jede Society veranstaltet, helfen dabei ungemein. An der Uni gibt es außerdem ein sehr günstiges Kino und mehrere Pubs und Cafes. Empfehlen kann ich außerdem das „Buddy Scheme“ bei dem man einen einheimischen Ansprechpartner zur Seite gestellt bekommt. Als Erasmusstudent lernt man vor allem andere internationale Studenten kennen, der Buddy ist eine gute Chance, Engländer kennenzulernen. Der Unterschied zwischen englischen und deutschen Studenten ist meiner Erfahrung nach größer als erwartet, vor allem gemessen an Alkoholkonsum, Partyverhalten (packt Kostüme ein, „Fancy Dress Partys“ sind an der Tagesordnung) und Kleidungsstil. Neben dem Studium sollte man sich auf jeden Fall Zeit für Tagesausflüge nehmen. Als Ziele empfehle ich:

- London - Isle of Wight (direkt von Southampton aus mit der Fähre zu erreichen) - New Forest (zum Wandern) - Winchester (wer im Winter herkommt sollte das Bonfire nicht verpassen) - Bath (vielleicht mit einem Abstecher über Stonehenge) - Brighton - Oxford - Chichester und Arundel

Die meisten der Ziele sind sehr gut und einigermaßen günstig mit dem Bus (National Express) zu erreichen. Das Nachtleben findet vor allem in Portswood (ausschließlich studentisch) und Bedford Place (hier findet man auch Postgraduates) statt. Ich persönlich habe nach wenigen Wochen entspannte Pubs den Clubs vorgezogen. Ausgehen kann man tatsächlich jede Nacht, man muss nicht aufs Wochenende warten. Vor allem in den Studentenclubs ist an jedem Wochentag etwas los. Das Wetter in meinem Wintersemester war sehr viel besser als ich es erwartet hätte. In Southampton schien an den meisten Vormittagen die Sonne und es ist insgesamt milder als in Deutschland. Wenn es sich zum Nachmittag zuzieht sollte man Regenstiefel und -jacke dabei haben.

Hier noch meine in England gelernten Lessons (meine Facebook-Status-Einträge während meines Aufenthaltes)

- Lesson for today: Wenn man immer auf der falschen Seite der Straße schaut, ob Autos kommen, wird man an einem Vormittag 3x beinahe überfahren

- Lesson number 2: Wenn Engländer sagen "it's a five minute walk" - rechne mit einer Wanderung!

- - Lesson number 3: Wenn Du nachts auf dem Nachhauseweg

kopfschüttelnd denkst "In England sehen sogar die Miezekatzen total seltsam aus" - schau nochmal genauer hin. Könnte ein Fuchs sein.

- Lesson number 4: Engländer scheinen ihren Popo wirklich zu lieben -

selbst in den öffentlichen Toiletten gibt es nur das allerweicheste Klopapier. Ch-ch-ch-ch-charming...

- Lesson number 5: Die haben ja wirklich kein vernünftiges Brot!? (bei dem

Gedanken hab ich mich sehr typisch deutsch gefühlt)

- Lesson number 6: That skirt? Are you serious? (Das Outfit mancher englischer Frauen auf Partys würde ich als gewagt bezeichnen)

- Lesson number 7: Engländer haben eine seltsame - ich nenne sie mal -

"car-culture". Geht man durch die Straßen und denkt man ist alleine - obacht! Engländer sitzen aus mir noch unbekannten Gründen gern einfach stundenlang am Straßenrand in ihren Autos. Was sie dort tun?! Vorschläge willkommen!

- Lesson number 8: In Sachen Geburtstagskuchen sind sie uns einfach

voraus...

- Lesson number 9 (the queuing-one, finally): Es ist offiziell, sie lieben es doch nicht. Während ich heute im H&M in einer kilometerlangen Schlange stand, die von nur einer einzigen Kassiererin bewältigt werden sollte, habe ich einiges an neuen englischen Schimpfworten gelernt.

- Lesson number 10: Dem Busfahrer beim Aussteigen ein kleines

"Dankeschön" zurufen - warum macht man das nicht überall?

- lesson number 11: Fudge, my only love :-*

- Lesson number 12: Britische Männer haben entweder keine Kältesensoren oder sie lieben ihre Shorts so sehr, dass sie nicht anders können, als sie das ganze Jahr über zu tragen. It's fucking freezing guys!

- Lesson number 13:

http://www.businessinsider.com/facebook-drink-uk-britian-2011-12

- Lesson number 14: Ja, okay, kann sich schon "German Christmasmarket" nennen.

- Lesson number 15: Even in England they know that Samwise Gamgee is

the true hero. at The Hobbit Pub

- Lesson number 16: Seeehr clever, die Fenster so anzubringen, dass sie sich nur nach außen öffnen lassen. Macht das Fensterputzen easy peasy... NOT!

- Lesson number 17: Neon unnützes Wissen: Jeder 3. Brite liebt sein Haustier mehr als seine Kinder

- Lesson number 18: My hair in England vs. my hair in Germany.

- Lesson number 19: Nach 3 1/2 Monaten nimmt man also die Gepflogenheiten des Gastlandes an. Ratet doch mal, wer heute bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in kurzen Sport-Shorts nach Hause gelaufen ist...

Zusammenfassung

Mein Erasmussemester war jeden Penny wert, ich würde es ohne Wenn und Aber weiterempfehlen. Neben dem Gewinn bezüglich der Englischkenntnisse ist diese Zeit vor allem ein Gewinn in interkulturellem Kontakt und Verständnis. Ich habe Freunde aus der ganzen Welt gefunden und kulinarische Spezialitäten aus allen erdenklichen Nationen gekostet. Von Wales über Südafrika bis Südamerika. Ich habe mein Englisch, aber auch mein Spanisch, Italienisch und Französisch verbessert und mich an Hindi versucht. Ich habe Einladungen aus allen Himmelsrichtungen für meine nächsten Urlaube und tausend tolle Erinnerungen im Kopf, sowie Fotos auf meinem Computer. Aus fachlicher Sicht ist der Aufenthalt nicht wirklich ein Gewinn, da sich das Studium selbst nicht besonders stark von dem in Deutschland unterscheidet.

1

Ein typisch deutsches Abendbrot mit Studenten aus 5 Nationen in Southampton

Southamptons schönste Seite – der „Common“ - Park

Ein Ausflug nach Stonehenge – nur eine Autostunde entfernt Direkt von Southampton aus fährt eine Fähre zur Isle of Wight

Indien? Nein, Brighton.

Auch ein Ausflug nach London darf natürlich nicht fehlen.