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Psychoneuroimmunologie Wie Umwelt und psychosoziale Faktoren unsere
Gesundheit beeinflussen
Christian Schubert
Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie
Medizinische Universität Innsbruck
Fachtag
Hanau, 11. Oktober 2012
Institut für systemische Beratung
Körperorientierte Biomedizin ist Akutmedizin
(z.B. akuter bakterieller Infekt, akute körperliche Verletzung)
Chronische Erkrankungen (z.B. chronische Schmerzen,
Autoimmunkrankheiten, chronische Magen-Darmprobleme,
Angst, Depression) benötigen zur Heilung
die Mitberücksichtigung der seelischen Dimension
Gegenwärtige Biomedizin versucht Defekte zu reparieren,
selten geht es um die Aufrechterhaltung von Gesundheit
Biomedizin: Akutmedizin, Defektmedizin
Psychoneuroimmunologie (PNI) - Definition
... „befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen dem
Nervensystem, dem Hormonsystem und dem Immunsystem.“
(Schedlowski und Tewes, 1996)
... „im weitesten Sinne geht es um die Einbeziehung der Umwelt,
wie sich etwa psychosoziale Stimuli (…) in diesen
Körpersystemen und schließlich im Immunsystem abbilden.“
(Kropiunigg, 1990, S. X)
Grundlagen der PNI
Th1/Th2-Verschiebung bei Stress
Stress stimuliert Entzündungsprozesse
Sickness behavior
Körperbarrieren zum Schutz vor Krankheitserregern
Mechanisch: Epithelzellen, Luft,
Flüssigkeit, Flimmerepithelien/Schleim
Chemisch: Fettsäuren, saurer pH, Enzyme,
antibakterielle Peptide
Mikrobiologisch: Normale Flora
Zellen des Immunsystems
Zellen des angeborenen Immunsystems
Monozyten/Makrophagen, Granulozyten,
dendritische Zellen, natürliche Killerzellen
Zellen des erworbenen Immunsystems
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten (Helfer-,
Suppressor- und zytotoxische Zellen)
Adenoide Vegetation Mandeln Lymphknoten
Thymus
Milz
Peyersche Plaques
im Dünndarm
Blinddarm
Lymphgefäße
Knochenmark
Organe des Immunsystems
Primäre lymphatische Organe:
Knochenmark, Thymus
Sekundäre lymphatische Organe:
Adenoide Vegetation, Mandeln, Milz,
Peyer Plaques, Blinddarm
Vermittlung zwischen angeborenem und erworbenem
Immunsystem
Zytokine
Eigenschaften:
Wasserlösliche Proteine,
klein (25kD),
autokrin, parakrin,
endokrin
Proinflammatorisch
(Th1):
Interleukin (IL)-1, IL-6 (?),
Tumor-Nekrose-Faktor-
Antiinflammatorisch
(Th2):
IL-4, IL-10, IL-13
Erworbene Immunabwehr: Aktivierung von T- und B-
Lymphozyten
Dendritische Zelle
präsentiert der T-Zelle
das Antigen
Dendritische
Zelle
T-Zelle
B-Zellen reagieren,
sterben
Aktivierte
zytotoxische T-
Zelle (CD8) Aktivierte
T-Helferzelle
(CD4)
Th2-
Zytokine
B-Zelle
Plasmazelle
B-Zellen vermehren
sich, mutieren
Th1-
Zytokine
Biologisches
Stresssystem
Hypothalamus
Hypophyse
Nebennierenrinde
Immunsystem
Th1/Th2-Shift
Locus caeruleus
Nebennierenmark
sympathisches
Nervensystem
Stress
Amygdala Hippocampus
Präfrontaler
Cortex
CR
H
AC
TH
HP
A-A
ch
se
SA
M-A
ch
se
CRH
Grundlagen der PNI
Th1/Th2-Verschiebung bei Stress
Stress stimuliert Entzündungsprozesse
Sickness behavior
Th1
Th2
Allergie
Infektion
Gewebsschädigung
Krebs
Stress Cortisol
Katecholamine
(Adrenalin,
Noradrenalin)
Th1/Th2-Shift: Stressbedingte Hemmung des Th1-Systems
IL-4
IL-5
IL-6
IL-10
IL-13
IL-1
IL-2
IL-8
IL-12
IL-18
TNF-
IFN-
Krankheit Immunreaktion Pathogene Reaktion Rolle von Stress
Infektionen Th1 schützt Supprimierte zelluläre Stress-induzierter
Mycobacterium Immunität, Defizit von IL-12 Th2-Shift trägt zur
tuberculosis, und INF- , Th2-Shift Infektions-
Helicobacter pylori, mit fortschreitender Infektion anfälligkeit bei
Erkältungsviren
HIV
Gewebsschädigung Th1 schützt Supprimierte zelluläre Stress-induzierte
Immunität und IL-12 und INF- , Th1-Suppression
Überproduktion von IL-10, führt zu infektiösen
Th2-Shift Komplikationen
Krebs Th1 schützt Supprimierte zelluläre Stress-induzierte
Immunität, Defizit von IL-12, Th1-Suppression
TNF- , Überproduktion von führt zu erhöhter
IL-10 Tumoranfälligkeit
Allergie (Atopie) Exzessive Th2- Th2-Shift, Defizit von IL-12, Stress-induzierter
Reaktion Überproduktion von IL-4, Th2-Shift
IL-10 erleichtert Allergie
Autoimmunität
Rheumatoide Arthritis, Exzessive Th1- Th1-Shift, Überprod. von IL-12, Hypoaktives Stress-
Multiple Sklerosis, Reaktion TNF- , INF- , Defizit von System dürfte Th1-
Diabetes Typ I IL-10 Shift erleichtern
Elenkov, Ann. N. Y. Acad. Sci., 2004
TH1-Entzündungsreaktion (angeborenes Immunsystem)
Interleukin-6
(IL-6)
Neopterin Interleukin-6
Neopterin
Gewebsschädigung und Wundheilung
IL-1, IL-6, IL-8, TNF (TH1)
• schützen vor Infektion
• rekrutieren und aktivieren
Monozyten/Makrophagen
• regulieren Endothelzell-
proliferation (Koagulation),
Angiogenese,
Fibroblastenproliferation,
Kollagenbildung
Park & Barbul, Am. J. Surg., 2004
• Bei Prüfungsstress (subakut, kontrollierbar, mild) um 40% verzögerte Wundh. (8d vs. 11d)
und um 68% verringerte leukozytäre Bildung von IL-1 mRNA in vitro (Marucha et al., 1998)
• Bei feindselig agierenden Ehepartnern Wundh. um 60% verzögert (Kiecolt-Glaser et al., 2005);
höhere Cortisolwerte beim Setzen der Wunde und verzögerte Wundh. bei Personen, die
ihren Ärger schlechter kontrollieren können (Gouin et al., 2008)
• Expressives Schreiben ist mit kleineren Wunden nach 14 und 21 Tagen verbunden (Weinman et al.,
2008); 3-Monate dauerndes Aerobicprogramm (3x/w, 1h) mit 25% verbesserter Wundheilung
assoziiert (Emery et al., 2005)
3,5mm breit
1,5mm tief
Stress verzögert Wundheilung durch TH1-Hemmung
Interleukin-6 (IL-6), ein Wolf im Schafspelz (Naugler & Karin, 2007)
Interleukin-6 (IL-6)
Positive Funktion:
• unterstützt die Abtötung des Erregers (u.a. ROS),
• lockt weitere Immunzellen in die Wunde
(auch Leukozytose),
• reguliert Körpertemperatur und
Stoffwechsel (u.a. akute-Phase-Proteine,
Energiemobilisierung)
Schädigende Wirkung:
• schädigt Körperzellen,
• fördert bösartige Entartung von Zellen,
• hemmt Immunfunktionen
Grundlagen der PNI
Th1/Th2-Verschiebung bei Stress
Stress stimuliert Entzündungsprozesse
Sickness behavior
Wirkung von chronischem Stress und Depression auf das
Immunsystem (Meta-Analyse, Zorrilla et al., 2001)
Absolute Lymphozytose
Absoluter Anstieg der Levels an zytotoxischen
Lymphozyten (Nk oder CD8), relativer Abfall an
T-Lymphozyten, Abfall der CD4/CD8
Anstieg EBV-Ak-Titer
Abfall Lymphozytenvermehrung, Abfall IL-2r-
tragender Zellen nach mitogener Stimulierung
Anstieg Leukozytenadhäsonsfähigkeit
rot = Stimulierung der zellulären Immunaktivität
schwarz = Immunsuppression
• N = 119 Personen, 71a, Alzheimerpflege-
stress, 6 Jahre lang bzgl. IL-6-Levels
untersucht.
• Durchschn. Anstieg der IL-6-Levels im
Plasma 4-mal stärker bei Personen mit
Pflegestress (auch wenn die Gepflegten
verstarben!) als ohne Pflegestress
• Pflegestress führt zu vorschnellem Altern
des Immunsystems mit erhöhter Krankheit (Kiecolt-Glaser et al., 1991; Vitaliano et al., 2002)
und geringerer Lebenserwartung
(Schulz & Beach, 1999)
Kiecolt-Glaser et al., PNAS, 2003
Chronischer Stress ist mit erhöhten IL-6-Levels und
vorzeitigem Altern des Immunsystems verbunden
Gesundheitliche Folgen der Pflege von Patienten mit
Morbus Alzheimer: „Living Bereavement“ (Kiecolt-Glaser)
Verminderte zelluläre Immunaktivität:
verminderte Teilung von Lymphozyten nach mitogener Stimulierung
verminderte Anzahl IL-2r-tragender Zellen nach mitogener Stimulierung
verminderte Aktivität natürlicher Killerzellen
verminderte IL-1 -Bildung von Lymphozyten
verkürzte Telomere und verminderte Aktivität der Telomerase in Monozyten
Infektionsanfälligkeit:
Reaktivierung von latentem Epstein-Barr-Virus
verminderte T- und B-Zellreaktion bei Grippeschutzimpfung
mehr Krankheitstage wegen Atemwegsinfektionen
Entzündung:
Chronischer Anstieg der IL-6-Levels im Plasma
IL-6 und CRP: Globale Marker für Gesundheitsprobleme
im Alter
Chronische Erhöhung
von Entzündungsproteinen (IL-6, CRP)
bei Krankheiten des Alters wie
• Bluthochdruck (Tracy et al., 1997),
• KHK (Haverkate et al., 1997),
• Gehirninsult (Ridker et al., 1997),
• Osteoporose (Pacifici et al., 1996),
• Arthritis (Moreland et al., 1997),
• Diabetes Typ 2 (Mendenhall et al., 1996),
• Lymphoproliferative Erkrankungen,
• Krebs (Musselman et al., 2001),
• Depression (Sluzwska et al., 1996),
• Demenz (Hull et al., 1996),
• Sarkopenie (Ferrucci et al., 1999)
„Aspirin ist gut.
Ich nehme täglich ein Baby-Aspirin.
Es reduziert Entzündungsprozesse,
die wahrscheinlich mit unserer
Lebensweise zusammenhängen.“
Elias A. Zerhouni, NIH-Direktor
profil, 19. März 2007
„Aspirin ist gut...“ und was ist mit der Lebensweise?
Immuno-Neuro-Endokrines Netzwerk
Hypophyse
Hypothalamus
Immunzellen
Nebennierenrinde
CRH/AVP
ACTH
Glucokortikoide
Zytokine
Proinflammatorisch/
Immunreaktionen
antiinflammatorisch
Adaptiert nach Besedovsky & del Rey (2007)
Unterfunktion des Stress-Systems, Hypocortisolismus
Hypophyse
Hypothalamus
Immunzellen
Nebennierenrinde
CRH/AVP
ACTH
Glucokortikoide
Zytokine
Proinflammatorisch/
Immunreaktionen
Adaptiert nach Besedovsky & del Rey (2007)
Adverse Childhood Experience (ACE)-Study (Felitti et al., 1998)
• Adverse Childhood Experience (ACE)-Studie (Felitti et al., 1998):
N = 26.824, genaue körperliche Untersuchung, 2 Wochen danach Fragebogen zu
Kindheitserfahrungen und gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen (Rücklauf 70%)
• z.T. linearer Zusammenhang zwischen ungünstigen Erfahrungen in (früher) Kindheit
(u.a. Scheidung der Eltern, allein erziehende Mutter, unsichere Bindung,
Waisenhausaufenthalt, frühe Traumatisierung) und diversen Pathologien im
Erwachsenenalter wie KHK, Krebs, chron. Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen,
Autoimmunkrankheiten, Frakturen, Depression, Suizidversuchen, häufiger
Partnerwechsel, sexuell übertragbare Erkrankungen, Einnahme psychotroper
Substanzen, Rauchen, Alkohol
(Felitti et al., 1998; Dube et al., 2003; Anda et al., 2007; Dube et al., 2009)
• Vermutung, dass Störungen der Gehirnentwicklung verantwortlich: HPA-Achse bzw.
Stresssystem bei der Geburt noch nicht ausgereift, besondere Vulnerabilität
(Gunnar & Vasquez, 2006)
Geburtskohortenstudien seit 1900 (Dube et al. 2003):
Wirkung von frühem Trauma auf spätere psychiatrische
Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Rauchen)
unabhängig von deren soziokulturellen Entwicklungen
Nicht nur die unmittelbar an der ACE-Studie
Teilnehmenden, sondern auch deren Familienangehörige
von ACE-Effekten betroffen (Anda et al. 2009)
Psychische Belastungsfaktoren (u.a. Depressivität, Wut)
sind in der ACE-Studie bessere Prädiktoren für KHK
als konventionelle Risikofaktoren (u.a. Rauchen,
körperliche Inaktivität, Adipositas) (Dong et al. 2004)
Weitere Erkenntnisse der ACE-Studie
Adverse Childhood Experience (ACE)-Study (Felitti et al., 1998)
Weitere Projekte zu frühem Trauma und späterer
Erkrankung
KHK-Erkrankungsrisiko bei Medizinstudenten der
John Hopkins University (aktuell hoher SES) steigt
bei niedrigem SES in der eigenen Kindheit (Kittleson et al. 2006)
Menschen mit belasteter Kindheit zeigen bereits ab dem
32. Lebensjahr depressive Symptome, Entzündung und
metabolische Risikofaktoren (Danese et al. 2007)
Meta-Analysen legen kausalen Einfluss von früher Belastung
auf spätere Entzündungserkrankungen nahe
(78 Effekt-Größen aus 24 Studien an 48.801 Teilnehmern,
d = 0,42) (Wegman & Stetler 2009)
Stress Hyporesponsive Period (SHRP)
• Bei Geburt ist die HPA-Achse noch hyperresponsiv (auch vermehrt Th2),
dann Abnahme der Hyperreaktivität der HPA-Achse im ersten Lebensjahr und
Stress Hyporesponsive Period (SHRP), d.h. erschwerte Stimulierbarkeit des Stress-
systems während der Kindheit -> hier auch Normalisierung der Th1/Th2-Dichotomie
• Während der SHRP schützt die elterliche Bindung das Kind vor psychischer Belastung
• Bei misshandelten Kindern mit unsicher vermeidendem Bindungsstil wird die HPA-Achse
in der SHRP Stressoren ungeschützt ausgesetzt
=> vermehrte Cortisolerhöhungen,
Th1-Suppression, Th2-Erhöhung (Th1/Th2-Shift)
• Adoleszente, die früh Gewalt ausgesetzt waren
und im Waisenhaus aufwuchsen, hatten
im Vergleich zu Kontrollpersonen höhere
Speichel-HSV-1-IgA-Werte (Shirtcliff et al., 1999)
Crash im Stresssystem
• Mit Beginn der Pubertät endet die SHRP, soziale Ereignisse verlieren ihre regulatorische
Fähigkeit auf basale HPA-Achsenaktivität, zirkadiane Zeitgeber übernehmen die Kontrolle
(zunehmender Anstieg der morgendlichen Cortisolwerte)
• Bei misshandelten Kindern kommt es aufgrund der dauernden stressbedingten
HPA-Achsenaktivierung (Hypercortisolismus) zum Crash im Stresssystem mit verringerten
morgendlichen Cortisolwerten (gestörter zirkadianer Rhythmus), also Hypocortisolismus
• Sexuell missbrauchte Mädchen wiesen im Alter von 11 Jahren erhöhte
Cortisolmorgenwerte (Bellis & Putman, 1994),
im Alter von 18 Jahren erniedrigte
Cortisolmorgenwerte auf (Putman, 2003)
• Misshandlung in den ersten 10 Lebensjahren ist
20 Jahre später mit erhöhten Entzündungswerten
(u.a. CRP, Fibrinogen) verbunden (Danese et al., 2007)
Asthma beim Kind,
eine Erkrankung des Stresssystems
Umweltschadstoffe und Allergene ->
IL-4 und IL-13 (TH2) ->
IgE (B-Zellen) vernetzt Mastzellen ->
Histamine, Leukotriene ->
Ödem, Bronchokonstriktion, Schleim (Soforttyp)
IL-5 (TH2) ->
Eosinophile -> Entzündung, Obstruktion der Atemwege
eosinophil cationic protein (ECP), major basic protein (MBP) ->
Schädigung der Atemwegszellen
Leukotriene -> Ödem, Bronchokonstriktion (Spättyp)
Psychosoziale Stressoren ->
TH2 (via HPA-Achse und Sympathikus)
Entzündung (via Sympathikus)
Asthma beim Kind,
eine Erkrankung des Stresssystems
dramatisch angestiegene Prävalenz des Asthmas im letzten Jahrzehnt (5-21%)
häufigste chronische Erkrankung des Kindesalters, verursacht enorme Kosten
im letzten Jahrzehnt auch deutlicher Anstieg von „Stress“
„Epidemie der Atopie“ wegen Stress? (Buske-Kirschbaum 2009)
Th1
Th2
Allergie
Infektion
Gewebsschädigung
Krebs
Stress Cortisol
Katecholamine
(Adrenalin,
Noradrenalin)
Th1/Th2-Shift: Stressbedingte Hemmung des Th1-Systems
IL-4
IL-5
IL-6
IL-10
IL-13
IL-1
IL-2
IL-8
IL-12
IL-18
TNF-
IFN-
Entwicklung des TH1/TH2-Systems
ist eng mit der Entwicklung des
Stresssystems verbunden
Schwangerschaft mit erhöhter HPA-Achsenaktivität der Mutter verbunden
Intrauterin schützt Cortisol der Mutter Fetus vor schädlicher TH1-Immunität (TH1/TH2-Shift)
Kind wird mit verstärkter TH2-Immunität geboren (Hypercortisolismus im 1. Lebensjahr)
In den ersten 5 Lebensjahren Entwicklung der TH1-Immunität und TH1/TH2-Gleichgewicht
(SHRP, verminderte HPA-Achsenaktivität, verminderte Cortisollevels)
Hygiene-Hypothese: TH2 -> TH1 u.a. durch Infektionen in der Kindheit (Strachan 1989)
Fehlentwicklung des TH1/TH2-Systems
und kindliches Asthma:
Stress während der Schwangerschaft
Hypothese: Verstärkter Stress der Mutter während der Schwangerschaft führt im Fetus über
eine Cortisolerhöhung zu proallergischem Immunphänotyp (TH2, IgE etc.)
(fetale Fehlprogrammierung des Immunsystems) (von Hertzen 2002)
Tierstudien: Stress der Mutter während der Schwangerschaft
führt in Nachkommen zu TH1/TH2-Shift (Nogueira et al. 1999) sowie
zu erhöhten IgE-Levels und allergen-induzierter Entzündung der Atemwege
(Pincus-Knackstedt et al. 2006)
Humanstudien: Mütterlicher Stress während Schwangerschaft und Traumatisierung der Mutter
in der eigenen Kindheit prädiktiv für IgE-Erhöhungen im Nabelschnurblut (Sternthal et al. 2009)
Stress- und Allergenexposition während der Schwangerschaft synergistisch wirksam bzgl.
IgE-Erhöhungen im Nabelschnurblut (Peters et al. 2012)
Fehlentwicklung des TH1/TH2-Systems
und kindliches Asthma:
Geringer sozioökonomischer Status
Niedriger SES der Mutter =
- Missbrauch, Armut, Diskriminierung, Gewalt in der Kindheit der Mutter
- psychische Erkrankung der Mutter (PTSD, Depression u.a.)
- erhöhte Allergenbelastung der Mutter bei niedrigem SES
- fehlprogrammierter mütterlicher Immunphänotyp
= kumulative transgenerationale Last pathogener Faktoren
für die Kinder dieser Mütter, an Asthma zu erkranken
(Wright u. Bosquet Enlow 2008)
Mütter mit niedrigem SES in der eigenen Kindheit (nicht aktuell!) haben erhöhte IgE-Werte
im Nabelschnurblut und verstärkte asthmatische Beschwerden der Nachkommen
(Sternthal et al. 2011)
Bei asthmatischen Kindern mit niedrigem SES erhöhte Werte an IL-5 (TH2) und
IFN- (TH1, ex vivo) sowie marginale Erniedrigungen der Morgencortisollevels (Chen et al. 2003)
Von Hypercortisolismus zu Hypocortisolismus und
Entzündung bei Asthma
Funktionstests der HPA-Achse unter Laborbedingungen zeigen verringerte Cortisolwerte
bei asthmatischen Jugendlichen und Erwachsenen unter Stress
Bei allergischer Sensibilisierung im Kindesalter Hypercortisolismus und TH1/TH2-Shift
Später bei Chronifizierung von Asthma (permanenter Stress durch Entzündung, psychische
Belastung durch Familie und Krankheitsverarbeitung) erschöpft die HPA-Achse mit
Hypocortisolismus und Entzündung (TH1) = Crash im Stresssystem
Pathogene Trajektorie, die von Kindheitsbelastungen (niedriger SES, Misshandlung,
soziale Isolation) aus über Depression, (asthmatische) Entzündung und metabolische Störung
(Adipositas, Fettstoffwechselstörung, Glucoseintoleranz, Bluthochdruck, u.a.) zu
entzündlichen Erkrankungen des Alters (Herz-Kreislauferkrankung, Diabetes, Demenz, u.a.)
und frühem Tod reicht
Hypothalamus
Cortisol
Th1 Th2
(Th1/Th2-Shift)
Depression (melancholisch) Metabolisches Syndrom Infektion Wundheilungsstörung Krebs Allergie/Atopie
Hypothalamus
Cortisol
Th1
Depression (atypisch) Sickness Behavior Autoimmunerkrankung Herzkreislauferkrankung Krebs Atopische Entzündung
Chronischer Stress
Hyper- cortisolismus
Hypo- cortisolismus A
B
Entzündung
Th1-Immun- suppression
Grundlagen der PNI
Th1/Th2-Verschiebung bei Stress
Stress stimuliert Entzündungsprozesse
Sickness behavior
Dantzer & Kelley, Brain Behav. Immun., 2006
Entzündung und Depression: Sickness Behavior
Chronische Immun-
aktivierung ist mit
Depression assoziiert
1. Immunotherapie
(Krebs, Hepatitits C)
2. Körperliche Erkrankung
mit entzündlicher Komponente
3. Altern
Sickness Behavior
Erschöpfung
Appetitverlust
Schlafstörung
Traurigkeit
Interesselosigkeit
Kognitive Störung
PNI: Analogie zwischen
Sickness Behavior und
Depression
(Yirmiya et al., 1999)
Psychiatrie: Makrophagen-
Theorie der Depression
(Maes et al., 1993)
Wege, wie periphere Immunaktivität die BHS überwindet
• Passiver Transport in Bereichen, wo
keine BHS (Plexus Choroideus, zirkum-
ventrikuläre Organe)
• Aktiver Transport durch die BHS
• Luminale Expression von ICAM-1 und
VCAM-1, Durchschleusen von
CD4+-Zellen durch die BHS
• Aktivierung afferenter Nervenendigungen
durch Zytokine, z.B. sensor. Vagus
Ncl. Tractus Solitarii Area Postrema
Immunaktivierung
Zytokine (z.B. IFN- )
Guanosintriphosphat Tryptophan
Kynurenin
Quinolinsäure
5-Hydroxy-Tryptophan Neopterin
IDO
TDO
TPH
Serotonin
GTP-
CH1
Serotonin
Tetrahydrobiopterin
DOPA
Noradrenalin
Adrenalin
Dopamin
ROS
SPR, PTPS
Depression