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Wissenschaftliche Revolutionen oder
Anything Goes
Zur historischen Genese von (Teil-)Wissenschaft
Sir Karl Popper (1902-1994)und die Logik der Forschung
Karl Popper hat in seiner Logik der Forschung (1935) ein Modell der Wissenschaftsentwicklung entworfen das von einer staumlndigen Verbesserung unseres Wissens durch empirische Forschung ausgeht
Dabei werden aus Theorien Hypothesen abgeleitet deren empirische Uumlberpruumlfung fuumlhrt zur Verbes-serung der Theorien im negativen Fall zur Einschraumlnkung ihres Geltungsbereiches oder gar zu ihrer Verwerfung
Wissenschaft fuumlhrt auf diese Weise zu einer kontinu-ierlichen Optimierung unseres Wissens
Kumulatives Wissenschaftsverstaumlndnis
Thomas Kuhns Modell der Entwicklungvon Wissenschaft(en)
Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S Kuhn veroumlffentlichte 1962 ein Modell der Wissenschaftsentwicklung das davon ausgeht
1 dass es in den einzelnen Wissenschaften jeweils uumlber einen laumlngeren Zeitraum ein herrschendes Paradigma gibt und
2 das in unvorhersagbarer Weise in einer wissen-schaftlichen bdquoRevolutionldquo durch ein neues herr-schendes Paradigma abgeloumlst wird
Er widersprach damit Poppers Idee einer kontinuier-lichen Weiterentwicklung der Wissenschaft durch Wissenszuwachs
Revolutionaumlres Wissenschaftsverstaumlndnis
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
CREATION OF A NEW WORLDVIEW
Questioning of old knowledge amp assumptions
Gradual replacement of religious amp superstition presumptions
Gradual rise of science amp reason
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Sir Karl Popper (1902-1994)und die Logik der Forschung
Karl Popper hat in seiner Logik der Forschung (1935) ein Modell der Wissenschaftsentwicklung entworfen das von einer staumlndigen Verbesserung unseres Wissens durch empirische Forschung ausgeht
Dabei werden aus Theorien Hypothesen abgeleitet deren empirische Uumlberpruumlfung fuumlhrt zur Verbes-serung der Theorien im negativen Fall zur Einschraumlnkung ihres Geltungsbereiches oder gar zu ihrer Verwerfung
Wissenschaft fuumlhrt auf diese Weise zu einer kontinu-ierlichen Optimierung unseres Wissens
Kumulatives Wissenschaftsverstaumlndnis
Thomas Kuhns Modell der Entwicklungvon Wissenschaft(en)
Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S Kuhn veroumlffentlichte 1962 ein Modell der Wissenschaftsentwicklung das davon ausgeht
1 dass es in den einzelnen Wissenschaften jeweils uumlber einen laumlngeren Zeitraum ein herrschendes Paradigma gibt und
2 das in unvorhersagbarer Weise in einer wissen-schaftlichen bdquoRevolutionldquo durch ein neues herr-schendes Paradigma abgeloumlst wird
Er widersprach damit Poppers Idee einer kontinuier-lichen Weiterentwicklung der Wissenschaft durch Wissenszuwachs
Revolutionaumlres Wissenschaftsverstaumlndnis
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
CREATION OF A NEW WORLDVIEW
Questioning of old knowledge amp assumptions
Gradual replacement of religious amp superstition presumptions
Gradual rise of science amp reason
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Thomas Kuhns Modell der Entwicklungvon Wissenschaft(en)
Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S Kuhn veroumlffentlichte 1962 ein Modell der Wissenschaftsentwicklung das davon ausgeht
1 dass es in den einzelnen Wissenschaften jeweils uumlber einen laumlngeren Zeitraum ein herrschendes Paradigma gibt und
2 das in unvorhersagbarer Weise in einer wissen-schaftlichen bdquoRevolutionldquo durch ein neues herr-schendes Paradigma abgeloumlst wird
Er widersprach damit Poppers Idee einer kontinuier-lichen Weiterentwicklung der Wissenschaft durch Wissenszuwachs
Revolutionaumlres Wissenschaftsverstaumlndnis
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
CREATION OF A NEW WORLDVIEW
Questioning of old knowledge amp assumptions
Gradual replacement of religious amp superstition presumptions
Gradual rise of science amp reason
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
CREATION OF A NEW WORLDVIEW
Questioning of old knowledge amp assumptions
Gradual replacement of religious amp superstition presumptions
Gradual rise of science amp reason
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
CREATION OF A NEW WORLDVIEW
Questioning of old knowledge amp assumptions
Gradual replacement of religious amp superstition presumptions
Gradual rise of science amp reason
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
PTOLEMY Geocentricism
NICOLAUS COPERNICUS (1473-1543) Heliocentrisim
TYCHO BRAHE (1546-1601) More accurate position of planets
JOHANNES KEPLER (1571-1630) Elliptical planetary movement
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
GALILEO GALILEI (1564-1642)
Constructed first telescope
Described motion of bodies on earth
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
NEW DIRECTIONS IN ASTRONOMY amp PHYSICS
ISAAC NEWTON (1642-1727)
Universal Gravitation combined laws of planetary amp earth motion
Numerous practical applications
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
DISCOVERIES IN OTHER SCIENCES
Botany new medical applications
Anatomy better understand of how human body worked
Microscope invented
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
FRANCIS BACON (1561-1626)
Inductive reasoning working from particular to general conclusions
Empiricism amp scientific method
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
PHILOSOPHICAL THOUGHT
RENEacute DESCARTES (1596-1650)
Geometry any algebraic formula could be plotted as curve in space
Cartesian Dualism division of reality into ldquothinking substancerdquo amp ldquoextended substancerdquo
Deductive Reasoning starting with general assumptions amp working downward
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
THOMAS HOBBES (1588-1679)
Negative mechanistic view of human nature
Strong sovereign necessary to control conflicting desires
Hobbersquos Leviathan
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
THE SCIENTIFIC REVOLUTION
POLITICAL THOUGHT
JOHN LOCKE (1632-1704)
TABULA RASA humans born with blank slate
Government amp public enter contract
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Biographisches Thomas Kuhn (1922 ndash 1996)
Geboren CincinnatiOhio USA1948 Master Education amp History of Science in Harvard1949 Doktor der Physik Harvard University1956 University of California Berkeley1961 Professor History of Science Berkeley1979 Professor Philosophie und Wissenschaftsgeschichte MIT
Boston
Wesentlichste Arbeit bdquoThe Structure of Scientific Revolutionldquo 1962 Ca eine Millionen verkaufte Exemplare
Derzeit immer noch wichtigste und einflussreichste Theorie der Wissenschaftsgeschichte wegen der Einfuumlhrung der Begriffe Paradigma und Paradigmenwechsel
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (I)
Generell verstehen wir unter einem Paradigma
ein Buumlndel von bull theoretischen Leitsaumltzenbull Fragestellungen bull Methoden zu ihrer Beantwortung
das das Vorgehen der Wissenschaftler in einer je bestimmten historischen Periode der Wissenschaftsentwicklung charakterisiert
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Kuhn - Paradigma
Allgemeine Merkmale Beispiel Newtons Mechanik
Jedes Paradigma beinhaltet bestimmte theoretische Annahmen
Einen Bestand an methodischen Regeln
paradigmatische Anwendungen und
bdquoquasi-metaphysischeldquo Uumlberzeugun-gen (S 55)
Newtons drei Axiome und das Gravitationsgesetz
z B bdquoNewtons Prinzipldquo Physikalische Vorgaumlnge sind durch Differentialgleichungen zu beschreiben
Fallbeschleunigung (Galileis Gesetze) und die Planetenbahnen im Sonnensystem (Keplers Gesetze)
Der bdquoabsolute Raumldquo und die bdquoabsolute Zeitldquo
Quelle Lauth III Teil WissenschaftlicherFortschritt und der Wandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Was verstehen wir unter einem bdquoParadigmaldquo (II)
Nach Kuhn kann man ein Paradigma kennzeichnen 1048708 durch das was beobachtet und uumlberpruumlft wird 1048708 durch die Art der Fragen welche in Bezug auf ein
Thema gestellt werden und die gepruumlft werden sollen
1048708 danach wie diese Fragen gestellt werden sollen
1048708 dadurch wie die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Untersuchung interpretiert werden sollen
Thomas Kuhn The Structure of Scientific Revolutions Chicago 1962
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Merkmale von Paradigmen
Wissenschaftliche Paradigmen sindgekennzeichnet durch 1048708ein bestimmtes Menschenbild 1048708 eine bestimmte Auffassung vomForschungsgegenstand 1048708 daraus resultierende spezifischemethodische Praumlferenzen 1048708 ein bestimmtes Begriffsvokabular und 1048708 (in manchen Faumlllen) eine Traditionsbildunguumlber Lehrer-Schuumller-Verhaumlltnisse
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersichtbull F Muumlhlhoumllzer Thomas S Kuhn in J Nida-Ruumlmelin
(Hrsg) Philosophie der Gegenwart in Einzeldar-stellungen von Adorno bis vWright 2Aufl Stuttgart Kroumlner 1999 S 383 ff
bull Wolfgang Stegmuumlller Hauptstroumlmungen der Gegen-wartsphilosophie 8 Aufl Stuttgart Kroumlner 1987 Kap III
bull Paul Hoyningen-Huene Die Wissenschafts-philosophie Thomas S Kuhns Rekonstruktion und Grundlagenprobleme Braunschweig Vieweg 1989
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Normale Wissenschaftund wissenschaftliche Paradigmen
Die bdquonormale Wissenschaftldquo ist nach Kuhn durch die Bindung an ein Paradigma gekennzeichnet
bdquoDie Physik des Aristoteles der Almagest des Ptolemaumlus Newtons Principia und Opticks Franklins Electricity Lavoisiers Chimie Lyells Geology ndash diese und viele andere Werke dienten indirekt eine Zeitlang dazu fuumlr nachfolgende Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen Sie vermochten dies da sie zwei wesentliche Eigenschaften gemeinsam hatten Ihre Leistung war neuartig genug um eine bestaumlndige Gruppe von Anhaumlngern anzuziehen die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten und gleichzeitig war sie noch offen genug um der neuen Gruppe von Fachleuten alle moumlglichen ungeloumlsten Probleme zu stellen Leistungen mit diesen beiden Merkmalen werde ich von nun an als bdquoParadigmataldquo bezeichnen ein Ausdruck der eng mit dem der bdquonormalen Wissenschaftldquo zusammenhaumlngtldquo
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Anomalien und die Krise der normalen Wissenschaft
Durch gehaumluftes Auftreten von bdquoAnomalienldquo entsteht eine Krise der normalen Wissenschaft
Definition Anomalien sind bdquoPhaumlnomen[e] auf welche[] das Paradigma den Forscher nicht vorbereitet hatteldquo (70) Die Veraumlnderung des wissenschaftlichen Weltbilds beginnt mit der Einsicht bdquodaszlig die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfuumlllt hatldquo (66) Mit anderen Worten Anomalien stehen in Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie sind also mit Mitteln des Paradigmas nicht erklaumlrbar
Anomalien als Ausloumlser von Krisen bdquoDa das Auftauchen neuer Theorien eine umfassende Paradigmazerstoumlrung und groumlszligere Verschiebungen in den Problemen und Verfahren der normalen Wissenschaft erfordert geht ihm im allgemeinen eine Periode ausgesprochener fachwissenschaftlicher Unsicherheit voraus Wie zu erwarten wird diese Unsicherheit durch das dauernde Unvermoumlgen erzeugt fuumlr die Raumltsel der normalen Wissenschaft die erwartete Aufloumlsung zu finden Das Versagen der vorhandenen Regeln leitet die Suche nach neuen einldquo(80)
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Anomalien versus Falsifikationen
bull Anomalien fuumlhren nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der zugrunde liegenden Theoriebull Anomalien koumlnnen normalerweise im Rahmen des Paradigmas erklaumlrt oder aufgeloumlst werden Anomalien sind bdquonormalldquobull Erst eine Haumlufung von bdquohartnaumlckigenldquo Anomalien fuumlhrt zur Krise der normalen Wissenschaft und damit moumlglicherweise zu einer wissenschaftlichen Revolution
Wie reagieren Wissenschaftler auf das Auftreten von Anomalien bdquoEinen ebenso offenkundigen wie wichtigen Teil der Antwort koumlnnen wir finden indem wie erst einmal festhalten was Wissenschaftler niemals tun wenn sie mit Anomalien konfrontiert werden und seien diese noch so schwerwiegend und lang andauernd Wenn sie auch beginnen moumlgen den Glauben zu verlieren und an Alternativen zu denken so verwerfen sie doch nicht das Paradigma das sie in eine Krise hineingefuumlhrt hat Das heiszligt also sie behandeln die Anomalien nicht als Gegenbeispiele obwohl Anomalien im Vokabular der Wissenschaftstheorie genau das sindldquo (90)
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Wissenschaftliche Revolutionen (1)
Definition Wissenschaftliche Revolutionen sind Vorgaumlnge die zu einer mehr oder weniger radikalen Korrektur des wissenschaftlichen Weltbilds fuumlhren
Beispiele
bull die kopernikanische Revolution (Uumlbergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild)
bull Darwins Evolutionslehre
bull Einsteins Theorie von Raum und Zeit
bull die Entstehung der Quantenphysik (Indeterminismus und Unschaumlrferelation)
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Wissenschaftliche Revolutionen (2)
bull Bei einer wissenschaftlichen Revolution wird ein etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie ersetzt
bull Verschiedene Paradigmen sind nach Kuhn bdquoinkommensurabelldquo dh es gibt keine objektiven Kriterien die eine Entscheidung fuumlr das eine oder andere Paradigma begruumlnden koumlnnten
Begruumlndung Vertreter unterschiedlicher Paradigmen sprechen verschiedene Sprachen gehen von unterschiedlichen theoretischen Annahmen und methodologischen Regeln aus
bdquoWenn Paradigmata in eine Diskussion uumlber die Wahl von Paradigmata eingehen ndash und sie muumlssen es ja - dann ist ihre Rolle notwendigerweise zirkulaumlr Jede Gruppe verwendet ihr eigenes Paradigma zur Verteidigung eben dieses Paradigmasldquo (106) Die zentrale Konsequenz aus dieser Feststellung ist daszlig Konflikte zwischen konkurrierenden Theorien bdquoniemals durch Logik und Experiment allein eindeutig entschieden werdenldquo koumlnnen (107)
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Struktur der Wissenschaftlichen Revolution
Vorparadigmatische PhaseNebeneinanderstehende lose definierte miteinander kon-
kurrierende Ansaumltze ohne Dominanz eines einzelnen Paradigmas
Paradigmatische PhaseDurchsetzung eines Ansatzes Ausgrenzung konkurrierender
Ansaumltze herrschendes Paradigma wird Bezugsrahmen fuumlr Forschung eines Fachs normgebend Phase kumulativer normalwissenschaftlicher Forschung
Kritische PhaseErschoumlpfung des dominierenden Paradigmas Haumlufung von Fehl-
schlaumlgen und Anomalien lassen Zweifel an Erklaumlrungskraft des Paradigma entstehen
Revolutionaumlre PhaseBreiter Aufstand gegen herrschendes Paradigma Suchen neuer
Wege Widerstand der Vertreter des alten Paradigmas Neue Paradigmatische PhaseWeder Verifikation noch Falsifikation sondern DimensionssprungWettstreit der Paradigmata wird nicht durch Beweise entschieden
sondern mittels Durchsetzungskraft
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
VORPARADIGMATISCHE PHASE
ENTSTEHUNG EINES NEUEN PARADIGMAS
bdquoNORMALE WISSENSCHAFTldquo
HAumlUFUNG VON ANOMALIEN
KRISE DER NORMALEN WISSENSCHAFT
WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
Kuhn ndash Wissenschaftliche Revolutionen
Quelle LauthSareiter Wissenschaftliche Erkenntnis Paderborn 2002 S 123
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
Thanx for your attentionhellip
Probleme von Kuhns Modell
Bei der Beurteilung von Kuhns Theorien ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftshistorischen Fakten und wissenschaftstheoretischenSchlussfolgerungen
Das Hauptproblem
bull Der Wandel des wissenschaftlichen Weltbilds ist nach Kuhn nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren Es gibt keinen Erkenntnis-fortschritt nur eine neue Sicht der Dinge
bull Die Wissenschaftstheorie (Poppers Logik der Forschung) muumlsste nach Kuhn durch wissenschaftshistorische und ndashsoziologische Betrachtungen ersetzt werden
bull Kuhns Theorie laumlszligt wichtige Fragen offen (siehe naumlchste Folie)
Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
Zur ersten Uumlbersicht
VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
Literaturtipp
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Offene Fragen
bdquoInsbesondere liefert Kuhn keine plausible oder befriedigende Erklaumlrung fuumlr die Verdraumlngung eines etablierten Paradigmas und den bdquoSiegldquo des neuen Paradigmas uumlber seinen Vorgaumlnger Nach Kuhns Auffassung ist der Konflikt zwischen zwei rivalisierenden Paradigmen bdquoniemals durch Logik und Experiment alleineldquo zu entscheiden Das wuumlrde jedoch bedeuten daszlig der Theorienwandel in der Wissenschaft nicht durch rationale Gruumlnde zu erklaumlren ist sondern nur durch Rekurs auf wissenschaftshistorische oder -soziologische Phaumlnomene Aber was koumlnnten dann die Ursachen dafuumlr sein daszlig ein einmal etabliertes Paradigma durch eine neue Theorie vollstaumlndig verdraumlngt und ersetzt werden kann Kuhns Hinweis darauf daszlig die Vertreter des alten Paradigmas im Lauf der Zeit einfach bdquoaussterbenldquo ist sicherlich zu einfach Warum gelingt es den Anhaumlngern des alten Paradigmas nicht neue Anhaumlnger unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren Warum sollte nicht die Entstehung von neuen Theorien im Lauf der Zeit zu einer Pluralitaumlt von konkurrierenden Paradigmen oder Theorien fuumlhren von denen jede eine gewisse Anzahl von bdquoAnhaumlngernldquo um sich scharen kann Warum sind heute praktisch alle Physiker davon uumlberzeugt daszlig Einsteins Relativitaumlts-theorie eine bessere Beschreibung und Erklaumlrung der physikalischen Phaumlnomene liefert als die Newtonsche MechanikWarum glaubt heute niemand mehr an das geozentrische Weltbild eines Aristoteles oder Kopernikus Warum hat Darwins Evolutionstheorie alle biologischen Theorien die von einer Konstanz der Arten ausgehen erfolgreich verdraumlngen koumlnnen ldquo
(B Lauth J Sareiter Wissenschaftliche Erkenntnis S 135)
Literaturtipp
bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
Literaturtipp
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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bull Bernhard Lauth J Sareiter Wissenschaft-liche Erkenntnis Eine ideengeschichtliche Einfuumlhrung in die Wissenschaftstheorie Paderborn Mentis-Verlag 2002
Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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Methodische FolgerungenKuhn versus Popper
bdquoWenn eine wissenschaftliche Theorie einmal den Status eines Paradigmas erlangt hat wird sie nur dann fuumlr unguumlltig erklaumlrt wenn ein anderer Kandidat vorhanden ist der ihren Platz einnehmen kann Kein bisher durch das Studium der wissenschaftlichen Entwicklung aufgedeckter Prozeszlig hat irgendeine Aumlhnlichkeit mit der methodologischen Schablone der Falsifikation durch unmittelbaren Vergleich mit der Naturldquo (90)
bdquoZweifellos ist die der Falsifikation zugesprochene Rolle derjenigen sehr aumlhnlich welche dieser Essay den anomalen Erfahrungen beimiszligt also jenen Erfahrungen die eine Krise hervorrufen und dadurch den Weg fuumlr eine neue Theorie bereiten Trotzdem duumlrfen anomale Erfahrungen nicht mit falsifizierenden gleichgestellt werden Ich glaube sogar daszlig es letztere uumlberhaupt nicht gibtldquo (157)
Eine Gegenposition hat Imre Lakatos vertreten In seinem Essay uumlber die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme zeigt Lakatos dass die von Kuhn diagnostizierten Phaumlnomene auch im Rahmen der falsifikationistischen Methodik erklaumlrbar sind
Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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Kritik am Popperlsquoschen und am Kuhnlsquoschen Modell Imre Lakatos
Imre Lakatos (1922-1974) kritisierte einmal das Poppersche Falsifizierungspostulat Wissen-schaftler neigen eher dazu ihre Theorien zu verteidigen als sie zu widerlegen
Lakatos hielt aber auch Kuhns Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen fuumlr irreal und verstand Wissenschaft als ein Nebeneinander konkurrierender Forschungsprogramme
Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
Wissenschaftliche Revolution
Signifikante Abweichungen (bdquoAnomalienldquo)Keine signifikanten Abweichungen
plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
Erkenntnisfortschritt
Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
bull Die neue Theorie muss die Misserfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die neue Theorie zu abweichenden Vorhersagen fuumlhrt bestaumltigen Beobachtungen und Messungen die abweichenden Vorhersagen
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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Ein alternatives Modell deswissenschaftlichen Fortschritts
In bdquoKritik und Erkenntnisfortschrittldquo entwickelt Imre Lakatos ein Alternativmodell des wissenschaftlichen Fortschritts Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen bdquoTheoriekernldquo und bdquoZusatzhypothesenldquo
bull Die meisten wissenschaftlichen Theorien fuumlhren erst in Verbindung mit geeigneten Zusatzhypothesen zu empirisch nachpruumlfbaren Vorhersagen
bull Widerspruumlche zwischen Theorie und Experiment fuumlhren daher nicht zwangslaumlufig zur Verwerfung der Theorie sondern koumlnnen auch durch Korrektur der Zusatzhyothesen aufgeloumlst werden
Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
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plus
Quelle Lauth III Teil Wissenschaftlicher Fortschritt und derWandel des wissenschaftlichen WeltbildshttpwwwphilosophielmudemitarbeiterlauthTeil3pdf
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Eine neue Theorie Tacute die ein etabliertes Paradigma T verdraumlngen soll muss nach Lakatos zwei Bedingungen erfuumlllen
bull Die neue Theorie muss die Erfolge des alten Paradigmas erklaumlren dh Dort wo die alte Theorie zu korrekten Vorhersagen fuumlhrt muss Tacute dieselben Vorhersagen machen
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
Auch zu Kuhn Feyerabend usw
Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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Ein modifiziertes Modell der empirischen Uumlberpruumlfungvon wissenschaftlichen Theorien
Wissenschaftliche Theorien (bdquoParadigmenldquo)
Zusatzhypothesen
Empirisch nachpruumlfbare Vorhersagen
Vergleich mit Beobachtung Messung
Experiment
Vorlaumlufige Bestaumltigung der Theorie
Revision der Theorie
Revision der Zusatzhypothesen
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VSteenblock Imre Lakatos in JNida-Ruumlmelin (Hrsg) Philosophie der Gegenwartin Einzeldarstellungenhellip 2AuflStuttgart Kroumlner 1999 S 400ff
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Werner Diederich (Hrsg) Theorien der Wissenschafts-geschichte Beitraumlge zur diachronen Wissenschafts- theorie FrankfurtMain Suhrkamp 1974
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