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Wundversorgung und multiresistente Erreger
Falk Goedecke
WZ® WundZentren GmbH
Warum ist Hygiene wichtig?
Hans von Gersdorff's Feldtbuch der
Wundartzney (Strasburg, 1519) Theophrastus Bombastus von Hohenheim
(1431 – 1541)
Warum ist Hygiene wichtig?
„… kann es wohl einen größeren Wiederspruch geben als
eine Spitalkrankheit?
Ein Übel, welches man da erst bekommt, wo man sein
eigenes loszuwerden gedenkt?“
Johann Peter Frank (* 1745; † 1821),
Begründer der öffentlichen Hygiene und Gesundheitsdienstes.
Warum ist Hygiene wichtig?
Warum ist Hygiene wichtig?
Warum ist Hygiene wichtig?
7
Joseph Lister (1827 –
1912)
Louis Pasteur
(1822–1895)
Johann von Mikulicz-
Radecki (1850 - 1905) Robert Koch (1843 –
1910)
Max Josef von
Pettenkofer (1818 –
1901)
Ignaz Philipp Semmelweis
1818 - 1865) Florence Nightingale
(1820 - 1910)
Warum ist Hygiene wichtig?
22.01.2020 8
Alexander Fleming
(1881 – 1951)
Warum ist Hygiene wichtig?
Bedeutung und Erfolg der Hygiene
• Seit Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Lebenserwartung um ca.
35Jahre
– ca. 5 Lebensjahre sind auf die Erfolge der heilenden Medizin,
– ca. 30 Lebensjahre auf die Erfolge von Hygiene und öffentlichem
Gesundheitsdienst zurückgeführt
Warum ist Hygiene wichtig?
Warum ist Hygiene wichtig?
Infektion
Die Aufnahme eines Krankheitserregers
und seine nachfolgende Entwicklung oder
Vermehrung im menschlichen Organismus.
Infektionsschutzgesetz §2
Entzündung
(Abwehr-)Reaktion des Organismus auf
Reize mit dem Ziel, das auslösende
Agens und seine Folgen zu beseitigen. Pschyrembel, (de Gruyter, 262. Auflage, 2011)
Infektionskrankheit
Abwehrreaktion des Wirtsorganismus mit
lokal klinisch sichtbaren Zeichen sowie
systemischer Reaktion.
Was ist Infektion?
Infektion setzt die Fähigkeit des Erregers voraus, übertragbar zu sein, in den Wirt
eindringen zu können, dort haften zu bleiben, sich im Wirt vermehren zu können
Was ist Infektion?
Übertragungswege
Übertragungswege
hämatogen
aerogen
Kontakt
Vektoren
Tröpfchen
diplazentar
Für die meisten Erreger sind mehrere Übertragungswege möglich!
Was ist Infektion?
WZ®-WundZentren GmbH 14
vorwiegende Übertragung durch Kontakt
• Übertragung von außen direkt (primär exogene Infektion, z. B. beim Verbandwechsel von
der Hand in die Wunde)
• oder indirekt Kontamination oder Kolonisierung über die Haut (sekundär exogene Infektion
z. B. durch gemeinsam benutzte Badetücher)
• oder vom betroffenen Patienten selbst (endogene Infektionen aus der residenten Flora)
Was ist Infektion?
MRSA (Methicillin resistente
S.aureus)
• Staph. aureus
VRE (Vancomycin-resistenten
Enterokokken)
• Enterococcus faecium
MRGN (Multiresistente
Gramnegative Erreger)
• Escherichia coli
• Pseudomonas aeruginosa
• Enterobacter cloacae
• Klebsiella Pneumoniae
• Proteus mirabilis
Die häufigsten Erreger bei Patienten mit postoperativen Wundinfektionen
Die Häufigsten Erreger bei Patienten mit postoperativen Wundinfektionen
Deutsche Nationale Punkt-Prävalenzstudie zu nosokomialen
Infektionen und Antibiotika-Anwendung 2011 Abschlussbericht
Methicillin sensibler S.aureus (MSSA)
66%
[RUBRIKENNAME] [PROZENTSATZ]
von allen nachgewiesenen S.aureus sind
34,3 % Methicillin resistente S.aureus (MRSA),
Spezielle Bakteriologie
• von Staph. aureus gebildetes Protein (Clumping-Faktor) bindet an Prothrombin, es entsteht ein
enzymatisch aktiver Komplex, der Fibrinogen zu Fibrin umsetzt
• bindet an Kollagen
• dringt durch zersetzende Enzyme tief in das Gewebe ein
• besitzt Phagozyten zerstörendes Toxin (Panton-Valentin-Leukozidin)
• Kann eine antiphagozytäre Kapsel bilden
• bildet Biofilm
• können sich im Inneren der Körperzellen verstecken und lediglich die notwendigsten
Stoffwechselfunktionen aufrechterhalten. Auf diese Weise können sie mindestens zwei Wochen
überleben (Chronifizierung)
• Überlebt bis zu 7 Monaten auf unbelebten Flächen
22.01.2020
© Falk Goedecke, GukP, WT cert® DGfW (Pflege)
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Infektionspräventive Maßnahmen
Infektionspravention im Rahmen der Pflege und
Behandlung von Patienten mit ubertragbaren
Krankheiten
Empfehlung der Kommission fur Krankenhaushygiene
und Infektionspravention (KRINKO) beim Robert
Koch-Institut
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Infektions
praev_Pflege_Diagnostik_Therapie.pdf?__blob=publicationFile
Infektionspräventive Maßnahmen
Basishygiene
RKI
Händehygiene
Barrieremaßnahmen
Flächendesinfektion
Aufbereitung von Medizinprodukten
Abfallentsorgung
Bettenhygiene und Bettwäsche
Wäscheentsorgung, -aufbereitung und -versorgung
und Bekleidung für Personal und Patienten
Umgang mit Geschirr
Aufklärung und Schulung von Patienten und
Besuchern
Art der Unterbringung
Infektionspräventive Maßnahmen
Maßnahmen des hygienischen
Verbandwechsels
• Vorbereitung des Verbandwechsels
• Vorgehen „unreine“ Phase
• Vorgehen „reine“ Phase
• Abschluss des Verbandwechsels
Vermeidung der Keimverschleppung zwischen den Phasen durch
bewusste Händedesinfektion und Handschuhwechsel!
Infektionspräventive Maßnahmen
„Infektionspravention in Heimen“
Diese Empfehlung gilt primär für solche Einrichtungen, in denen medizinische
und damit assoziierte pflegerische Maßnahmen außerhalb von Krankenhäusern
durchgeführt werden. Sie kann jedoch auch für andere Formen der Betreuung
(z. B. Hauskrankenpflege) hilfreich sein.
Infektionspräventive Maßnahmen
Leitungswasser
Infektionspräventive Maßnahmen
Non-Touch-Technik Verbandmaterial und Wunde werden nicht mit bloßen Händen berührt.
• Verwenden von sterilen Handschuhen
• Verwenden von unsterilen Einmalhandschuhen, aber sterilen Instrumenten (Pinzetten,
Scheren)
hygienischer Verbandwechsel
Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von
Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-
Stämmen (MRSA) in medizinischen und
pflegerischen Einrichtungen
WZ®-WundZentren GmbH 26
Die Ziele der Maßnahmen sind die Vermeidung der Weiterverbreitung im Hinblick
auf: Kolonisierung und/oder Infektion durch:
• Konsequente Durchführung der Basishygiene
• Schulung und Information des Personals
• ärztliche Risikoanalyse
• Identifikation von MRSA-Trägern
• Erweiterte Hygienemaßnahmen
• Dekolonisierungsbehandlung
• rationaler Umgang mit Antibiotika
• einrichtungsübergreifende Koordination (MRSA-Netzwerke)
Maßnahmen zur Erkennung, Vermeidung und Bekämpfung
WZ®-WundZentren GmbH 27
• Wieviele Patienten mit Risikofaktoren für eine MRSA-Besiedlung versorgt?
• Werden Risikopatienten versorgt? (z. B. Patienten mit Tracheostoma, nicht sicher
abdeckbaren MRSA-besiedelten Wunden)?
• Werden nicht-kooperationsfähige Patienten oder Patienten/Bewohner mit mangelnder
persönlicher Hygiene versorgt?
• Werden Prozesse mit erhötem Übertragungsrisiko durchgeführt? (z. B. Häufige
Hand-/ Körperkontakte, gemeinsame Nutzung von Räumen/Therapiegeräten)?
Ärztliche Risikoanalyse
WZ®-WundZentren GmbH 28
Wahrscheinlichkeit einer bestehenden MRSA-Kolonisation, oder Infektionsrisiko für
den Patienten.
• Bekannte MRSA –Anamnese
• Aus Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz
• Dialysepatienten
• Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (> 3 Tage) in den
zurückliegenden 12 Monaten
• Regelmäßiger Kontakt mit MRSA – Trägern oder Nutztieren
• Kontakt mit MRSA Patienten im KH (gemeinsame Unterbringung)
• chronischen Hautläsionen (z. B. Ulkus, chronische Wunden, tiefe
Weichgewebeinfektionen)
• Antibiotikatherapie in den zurückliegenden 6 Monaten
• liegende Katheter
Risikopopulation
WZ®-WundZentren GmbH 29
Zusätzlich zu den allgemeinen Empfehlungen
• bei ärztlichem, pflegerischem, therapeutischem und sonstigem medizinischem Kontakt zu
MRSA-Patienten einen Schutzkittel und Mund-Nasen-Schutz anzulegen und nach Kontakt
mit MRSA-Patienten die Hände zu desinfizieren; hierbei ist die verwendete persönliche
Schutzausrüstung nach Kontakt zu MRSA-Patienten sachgerecht zu entsorgen bzw.
aufzubereiten (Kat II);
• unmittelbar nach der Behandlung alle potenziell kontaminierten Hand- und
Hautkontaktflächen zu desinfizieren (Kat II).
• Schnell wirksame Desinfektionsmittel werden empfohlen. Die Wiederbenutzung ist
möglich, wenn die Oberfläche spontan getrocknet ist.
Empfehlungen für Arztpraxen und sonstige nichtstationäre Einrichtungen
Wundversorgung
WZ®-WundZentren GmbH 22.01.2020 31
Wundversorgung
WZ®-WundZentren GmbH 22.01.2020 32
Kausaltherapie
Ulcus cruris
venosum
Ulcus cruris
arteriosum
Diabetisches
Fußsyndrom
Dekubitalulcus
Chronisch venöse
Insuffizienz (CVI)
Periphere arterielle
Verschluss-krankheit
(PAVK)
Diabetes mellitus
• PAVK (kurativ)
• Neuropathie
(präventiv)
Druck
Scherkräfte
Wundversorgung
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• Wundbeurteilung
• Wundreinigung
• ggf. Dekontamination
• Auswahl Verbandmittel
• Dokumentation
Lokaltherapie
WZ®-WundZentren GmbH 22.01.2020 34
Wundbeurteilung
• WundUmgebung
• WundFläche
• WundExsudat
• WundRand
?
Nach Wundbeurteilung Zieldefinition und Planung der
Therapie!
Lokaltherapie
Gründe zur Wundreinigung
1. Verbesserung der Nähr- und Sauerstoffversorgung
2. Entfernung von Fixiermöglichkeiten für Mikroorganismen
3. Biofilme werden gelöst und entfernt, Neubildung erschwert
4. Verbesserte Beurteilbarkeit der Wunde
Wundreinigung
Lokaltherapie
Wundreinigung
Verbesserung der Nähr- und Sauerstoffversorgung
Lokaltherapie
Wundreinigung
Beurteilbarkeit der Wunde
Wundreinigung
Verlauf ohne Wundreinigung
Verfahren der Wundreinigung
Aktive periodische Wundreinigung
Gezielte wiederkehrende mechanische Wundreinigung im Rahmen des
Verbandwechsels.
Passive periodische Wundreinigung
Beabsichtigter fortlaufender Reinigungsprozess ohne Zerstörung intakten
Granulationsgewebes bei der Behandlung einer chronischen Wunde. Der
Reinigungsprozess findet unterhalb des Sekundärverbandes statt.
S3-Leitlinie „Lokaltherapie chronischer Wunden bei den Risiken CVI, PAVK und Diabetes mellitus“
Wundreinigung
Verfahren der Wundreinigung
Dekontamination
Antiseptische Wundbehandlung in Kombination mit einer mechanischen
Wundreinigung zur weitgehenden Beseitigung einer lokalen Entzündung durch
humanpathogene Mikroorganismen und Prävention einer systemischen
Infektionserkrankung.
Abgrenzung zum chirurgischem (Wund-)Débridement
Unter chirurgischem (Wund-)Débridement versteht man die radikale Abtragung
von avitalem Gewebe, Nekrosen, Belägen und/oder Entfernung von Fremdkörpern
mit dem Skalpell, scharfem Löffel, Shaver, Ringkürette oder mittels
Wasserstrahldruck bis in intakte anatomische Strukturen.
S3-Leitlinie „Lokaltherapie chronischer Wunden bei den Risiken CVI, PAVK und Diabetes mellitus“
Wundreinigung
Schutz und Pflege der Umgebungshaut
• Aufrechterhaltung der Hautbarriere
• Wohlbefinden
→Reinigung und Pflege
Lokaltherapie
Wundrand
Wundrand ist der reparativ-epithelisierte Bereich zwischen Wundfläche und original geschichteter
Haut sowie die von Wundfläche umgebenen reparativ-epithelisierten Bereiche („Epithel-Inseln“).
Lokaltherapie
• Die speziellen Anforderungen an Wundverbände ergeben sich aus den individuellen
Wundzuständen. Übergeordnet sind hier die Wundheilungsphasen: Exsudations-, Granulations-
und Epithelisierungsphase gemeint
• Darüber hinaus sind die aktuelle Wundverhältnisse Kriterien für die Auswahl, z.B.:
– Exsudation
– Wundbeläge (Nekrosen, Fibrin, …)
– Infektion / Entzündung
– Zustand der Wundumgebung und des Wundrandes
– die Verbandverträglichkeit und Verbandbequemlichkeit
Lokaltherapie
Individuelle Anforderungen an Verbände in den Wundheilungsphasen
Exsudationsphase Granulationsphase Epithelisierungsphase
Hohes Absorptionsvermögen
hohes Retentionsvermögen
Bindung von Mikroorganismen
an das Verbandmaterial
Lösen von avitalem Gewebe,
Fibrin, Fremdkörper oder
Beläge
Wundrand-,
Wundumgebungsschutz
Vor Austrocknung und
Mazeration schützend
Schutz vor eindringenden
Mikroorganismen
Schutz des neuen
Granulationsgewebes
Wundruhe gewährleisten
Wundrand-, Wundumgebungsschutz
Schutz des
Wundrandes
Schutz vor
Austrocknung
Schutz vor Mazeration
Wundruhe
gewährleisten
Lokaltherapeutika
Nach sorgfältiger Wundbeurteilung und Formulierung eines Therapieziels sollte sich der
Anwender über folgende Eigenschaften bzw. Aspekte der Wundauflagen informieren:
• Allergiepotential und mögliche toxische Eigenschaften, die sich aus den Bestandteilen der
Wundauflage oder der Kombination mit anderen Produkten zur Wundversorgung ergeben
• Indikationen und Kontraindikationen
• Funktionsweise und Leistungsvermögen
• Lagerungsbedingungen, Haltbarkeit
• Kombinierbarkeit mit anderen Produkten zur Wundversorgung
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Lokaltherapie
Verbandaufbau
• Primärverband: Wundfüller und Wundabdeckungen mit direkten Kontakt zur Wundfläche
• Sekundärverband: Verbände die über einem Wundfüller appliziert werden oder zur
Fixierung des Primärverbandes dienen
Grundsätzlich gilt:
• keine Hohlräume unter dem Verband in denen sich Exsudat sammeln und so eine
Vermehrung von Mikroorganismen begünstigt werden kann
– Anhaltspunkt: bei Wunden mit einer Tiefe von mehr als 4mm sollte ein Wundfüller
eingesetzt werden
• Kombination aus Wundfüller und Wundabdeckung muss so gewählt werden
– dass die Wunde nicht austrocknet
– Exsudat über den Wundfüller an den Deckverband weitergegeben werden kann und
dieser das Exsudat so zurück hält
Lokaltherapie
Exsudat
Wundfüller
Wundabdeckung
Wunde
Wund-
umgebung Wundrand
Haftbasis
Aufnahmevermögen Rückhaltevermögen
Abdunstvermögen / MVTR
Lokaltherapie
Anwendungsart Form / Material Materialkombinationen Wundabdeckung Baumwoll- /
Kunstfaserkompressen Kombination verschiedener
Materialien zur Optimierung von
Eigenschaften oder zur breiteren
Anwendbarkeit der
Wundauflage.
(z.B. PU-Schaumstoff mit
Hydrofaser, Saugkompressen
mit Polyacrylat, …)
Zellstoff - Saugkompressen Folien Hydrokolloide PU - Schaumstoffe Polyacrylate (Superabsorber)
Wundfüller Alginate Hydrogele PU - Schaumstoffe Cavity Mikro- / Hydrofasern Cellulose
Einteilung von Wundauflagen
Lokaltherapie
Mögliche Wirkstoffe in Wundauflagen
Antiseptika (z.B. PVP-Iod, Polihexanid, Octenidin)
Antibiotika ((z.B. Fusidinsäure, Sulfonamide, Gentamycin) der lokale Einsatz von
Antibiotika gilt aus Gründen der eingeschränkten Wirkung in Verbindung mit möglicher
Resistenzbildung und der Hyperallergenität als nicht mehr Zeitgemäß)
medizinischer Honig
Analgetika (Ibuprofen, Lidocain)
Sonstige Substanzen (Kollagen, Hyaluronsaure, Wachstumsfaktoren, …)
Lokaltherapie