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[J.Orn. 190 KRAUS und LISCHKA ~ 97 Aus dem Zoologischen Institut der Universit~it Erlangem Zum Vorkommen der Porzana-Arten im Fr~inkischen Weihergebiet Von MarffaeedKraus und WalterLischka (Mit 6 Abbildungen im Text) Nordwestlich Erlangen liegt in einer flachwelligen Keuperlandschaft, be- grenzt yon den FlfiBchen Regnitz und Aisch, das durch J;~CKr~ SO bekannt gewordene Fr~nkische Weihergebiet, dessen Wasserfl~ehe etwa 2000 ha eirmimmt. In den Verlandungszonen seiner teilweise noch extensiv be- wirtsch~fteten Teiche birgt es alle drei deutschen Sumpfhfihnchen. Seit JXCICEr, der veto Jahre 1853 bis 1857 als Pfarrer des inmitten des Gebietes liegenden Dorfes Neuhaus tKtig war und von hier aus die Ornis d~eser in ihrer Art einmaligen Landsdlaft Siiddeutschlands erforschte, hat sich kaum jemand n/iher mit deren Vogelwel~ besch~ftigt. JXCKELwar be- reits davon iiberzeugt, dab zumindest das Kleine Sumpfhuhn hier br~Sten wiirde; doch konnte er kein Nest finden. Erst in der~ beiden letzten Jahren gelang es, Sumpfhiihnchen als BrutvSgel nachzuweisen. 1. Zwergsumpfhulm, Porzana pusilla (Pallas) Aus West- und Sfiddeutschland lag bis jetzt kein Brutnachweis dieser Art vor. Die wenigen sichereu deutschen Brutbelege gehen, bis auf den yon Mecklenburg aus dem Jahre 1917 (KUHK 1942), alle auf Funde des vorigen Jahrhunderts zurfick. Auch da sind es nur einzelne Nachweise aus Hessen und Schlesien. Allein J. F. NAUMANNhat es in den Teichen und MoorgebietenAnhalts 5fter angetroffen. In rmuerer Zeit war als Brutplatz im deutschen Sprachraum nur der Neusiedler See (Ko~Nm 1943) bekannt geworden. Auch in unserem Gebiet war in den letzten 50 Jahren nichts fiber das Z. m Erfahrung zu bringen; wahrscheinlich deshalb, well es an~ geschulten Beobachtern fehlte. Es liegt aber eine Rei,he yon ~lteren Funden und Belegexemplaren vor. Nach G. v. Koch wurde am 12. und 25. Juli 1869 an den sogenaanten Moor- und Bucher-Weihern, zwei Weiherkomplexe unseres stKndigen Be- obachtungsbereiches, je ein Z. erlegt, die ihm zugesandt wurden (Journ. Ornith. 1870, S. 393). Von einem dieser beiden Pl~tze stammt auch unser Brutnachweis. Ober den Verbleib der yon Koch erw~ihnten Z, konnte nichts mehr ermittelt werden. MSglicherweise sind sie abet mit Stopfpr~iparaten der Sammlung des~ Zool. Institutes in Erlaageu identisch. Im Besitz des Institutes sind drei Z.; darunter 1 dad., das am 2.8. 1898 an einem ver-

Zum Vorkommen derPorzana-Arten im Fränkischen Weihergebiet

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Page 1: Zum Vorkommen derPorzana-Arten im Fränkischen Weihergebiet

[J.Orn. 190 KRAUS und LISCHKA ~ 97

Aus dem Zoologischen Institut der Universit~it Erlangem

Zum Vorkommen der Porzana-Arten im Fr~inkischen Weihergebiet

Von Marffaeed Kraus und Walter Lischka

(Mit 6 Abbildungen im Text)

Nordwestlich Erlangen liegt in einer flachwelligen Keuperlandschaft, be- grenzt yon den FlfiBchen Regnitz und Aisch, das durch J;~CKr~ SO bekannt gewordene Fr~nkische Weihergebiet, dessen Wasserfl~ehe etwa 2000 ha eirmimmt. In den Verlandungszonen seiner teilweise noch extensiv be- wirtsch~fteten Teiche birgt es alle drei deutschen Sumpfhfihnchen.

Seit JXCICEr, der veto Jahre 1853 bis 1857 als Pfarrer des inmitten des Gebietes liegenden Dorfes Neuhaus tKtig war und von hier aus die Ornis d~eser in ihrer Art einmaligen Landsdlaft Siiddeutschlands erforschte, hat sich kaum jemand n/iher mit deren Vogelwel~ besch~ftigt. JXCKEL war be- reits davon iiberzeugt, dab zumindest das Kleine Sumpfhuhn hier br~Sten wiirde; doch konnte er kein Nest finden. Erst in der~ beiden letzten Jahren gelang es, Sumpfhiihnchen als BrutvSgel nachzuweisen.

1. Zwergsumpfhulm, Porzana pusilla (Pallas)

Aus West- und Sfiddeutschland lag bis jetzt kein Brutnachweis dieser Art vor. Die wenigen sichereu deutschen Brutbelege gehen, bis auf den yon Mecklenburg aus dem Jahre 1917 (KUHK 1942), alle auf Funde des vorigen Jahrhunderts zurfick. Auch da sind es nur einzelne Nachweise aus Hessen und Schlesien. Allein J. F. NAUMANN hat es in den Teichen und MoorgebietenAnhalts 5fter angetroffen. In rmuerer Zeit war als Brutplatz im deutschen Sprachraum nur der Neusiedler See (Ko~Nm 1943) bekannt geworden.

Auch in unserem Gebiet war in den letzten 50 Jahren nichts fiber das Z. m Erfahrung zu bringen; wahrscheinlich deshalb, well es an~ geschulten Beobachtern fehlte. Es liegt aber eine Rei,he yon ~lteren Funden und Belegexemplaren vor.

Nach G. v. Koch wurde am 12. und 25. Juli 1869 an den sogenaanten Moor- und Bucher-Weihern, zwei Weiherkomplexe unseres stKndigen Be- obachtungsbereiches, je ein Z. erlegt, die ihm zugesandt wurden (Journ. Ornith. 1870, S. 393). Von einem dieser beiden Pl~tze stammt auch unser Brutnachweis. Ober den Verbleib der yon Koch erw~ihnten Z, konnte nichts mehr ermittelt werden. MSglicherweise sind sie abet mit Stopfpr~iparaten der Sammlung des~ Zool. Institutes in Erlaageu identisch. Im Besitz des Institutes sind drei Z.; darunter 1 d a d . , das am 2.8 . 1898 an einem ver-

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wachsenen Weiher bei Baiersdorf (6 km nSrdl. Erlangen) erlegt wurde. Letzteres und die beiden KocH-Exemplare werden auch yon NIETttAMMER (1942) erwiihnt. Die beiden /ibrigen sind adulte St/icke und tragen die Aufschrift Erlangen -- leider ohne nghere Angaben. Dem Erhaltungszu- stand und der Etikettierung nach diirften sie aus den 60iger bis 80iger Jahren des vorigen Jahrhu~nderts stammen. Unzweifelhaft liegt der Fund- err in der ni/here~ Umgebung. Da auch J.~CKEL w~hren, d seiner Beobachter- t~itigkeit nie ein Z. s~h odor von oinem geschossenen hSrte, is t anzunehmen, dab es in der Fr~nkischen Weiherlandschaft schon immer recht selten war.

Bei allen yon uns beobachteten Z. fiel besonders die leuchtend weiBe Kritzelzeichnung der Oberseite auf. Dieses Merkmal ist auch gut f/ir die Bestimmung yon Sumpfhiihnchen geeignet, die plStzlich arts dem Pflanzen- wuchs hochfliegen. NOLL hebt die Kritzelzeichnung ebenfaJls Ms gutes Be- stimmungsmerkmal hervor. Einige der anderen Kennzeichen, wie Schnabel- und Be.infarbe, die man fast in allen Feldf/ihrern als Hauptmerkmale her- vorgehoben fir~det, sind drauBen nur unter g/instigen Bedingungen sicher auszumachen. LISCHKA sah z. B. ein ad. Z. auf 1 m Entfernung unter einem dichten Weidengebfisch. Im Halbd~mmer des Strauches war das Sumpf- hiihnchen an der typischen Kritzelzeichnung noch eindeutig zu bestimmen, wiihrend alle anderen Merkmale hier versagten. Bei den vielen Klein~n Sumpfhiihnern, die wir antrafen, wirkte die Oberseite viel dunk]er als beim Z. W~hrend die aus drei weil]en Streifen bestehende Oberseitenzeich- nung des Kleinen Sumpfhuhns wegen ihrer verwaschenen Farbe nur ve.r- hi~ltnism~13ig wenig auffiillt, hebt sicl~ beim Z. die unregelm~il3ige, weiBe Kritzelung stark vom dunklen Riicken ab. Die geringen GrSBenunter- schiede zwischen den beiden Sumpfhiihnchen konnten nicht zur Art4iagnose verwandt werden. Das nnterschiedliche Verh~ltnis tier liingsten Arm- zu den l~ngsten Handschwingen beider Arten, welches Merkmal am g~balgten Vogel so auffi~]l~g ist, konnte drauBen ebenfalls nicht sicher erkannt werden. In dem Buch O. KoE~mS ,,Rallen und Bartmeisen" sind auf TMel 8 ,,Zwerg- sumpfhiihner" fotografiert, deren Arm- und Handschwingenverh~ltnisse eher ffir das Kleine Sumpfhuhn zutreffen.

Nachdem wir in zwei Brutperioden erfolglos nach einem Nest des K1. S. gesucht hatten, das viel eher zu erwarten gewesen w~re, gelang ganz iiber- raschend der Brutnachweis fiir d~s Z., von dem in neuerer Zeit noch nie das geringste bemerkt worden war. Wie schon einige Tage vorher, suchte einer yon uns (LlSCHKA) auch am 29. 5. 1955 in der Verlandungs- zone eines Weihers nach dem Nest des K1. S., nachdem er w~hrend eines Gewitterregens beobachtet hatte, wie zwei Paar K1. S. im Gras des Dammes herumliefen. Vom Ufer aus zieht dort ein 1 m tiefer Graben dutch die Verlandungszone und endigt im tieferen Wasser. Der Graben-

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aushub ragt teilweise aus dem Wasser und ist stark verwachsen. Als er in diesem Graben stand, rannte pliitzlich 1 adultes Z. 2 m vor ibm fiber den Datum des Grabens, sprang ins W~sser und tauchte an ihm vorbei bis es unter einem etw~ 10 m entfernten Weidenbusch, der am Ufer steht, wieder zum Vorschein kam. Er watete nach und konnte es auf 1 m Entfernung unter dem Busch beobachten. Als er nach ibm griff, tauchte es erneut weg.

Zum Platz der ersten Beobachtung zuriickgekehrt, land er etw~ 2 m vom Graben entfernt in einer Seggenbfilte, wenige cm fiber dem Wasser, ein leeres fertiggebautes Nest. Am n£chsten Tag lag im Nest 1 Ei. Beim Hin- gehen flog unmittelbar beim Nest ein Z. auf und fiel 10 m entfernt in den Seggen wieder ein. Das Ei wurde als Beleg ges~ammelt. Erst am 5. 6. kamen wir wieder an die: gleiche Stelle, hoffemd, die Z. wiirden noch da sein. Leider war das Nest verlassen. Da anzunehmen war, dab dieses Paar einen zweiten Brutversuch unternehmen wfirde, suehten wir die Seggenzone noeh einmal grfindlich ab und fanden ein zweites Nest, kaam 3 m vom ersten entfernt. Standort und Bau der Nester waren gle~ch. Dens zweite enthielt 6 Eie.r, von denen eines mitgenommen wurde.

Wahrscheinlich dutch die belm Herumwaten verursachten Geriiusche erregt, rief e~n Z. wenige Schritte neben dem Nest, ohne dab es zu sehen war. Es brachte mehrere Sekunden ganz kurze trillerartige Laute. Dies war das einzige Mal, wo wir ein Z. verhSren konnten. NOLL und KOENm, die sich lange mit Rallen beseh£ftigt haben, h5rten ebenfalls kaum rufende Z. Es war uns nicht mSglich, die gehSrten Rule phonetisch auszudrficken. Klar- hei~ fibe~ die Vielfalt der Rule u,n,d ihre Bedeutung w~re am ehesten mit Tonbandaufnahmen zu erlangen. Als wir uns an diesem Tag noch einige Zeit in der N~ihe des Nestes zu sehaffen machten, huschte wieder ein Z. fiber den Grabenda.mm.

Im Vergleich zu den meisten yon NOLL beobachteten Z. waren unseTe Tiere, die wir im Verlauf der Bruts~ison noeh sahen, sehr scheu. Bei Ge- fah~ fiogen sie entweder niedrig fiber die Vegetation hin, um 10 his 20 m weiter im Seggensumpf wieder e~nzufallen, oder sic suchten -- und dies mit Vorliebe -- den Graben zu erre~ch~n, um taucher~d zu entkommen. Manch- real fiatterten sie fiber den Graben und versteckten sich im dichten Pflanzen- wuchs.

Zun~chst glaubten wir, dab es sich beim zweiten Fund um ein Ersatznest des ersten Paares handeln wiirde, betrug doch die Entfernnng zwischen den Nestern nur drei Meter. Wir wurden eines Besseren belehrt. Am 29. 5. war das erste Nest fer~iggebaut. Am 30. 5. nachmittags war 1 Ei vorhanden. Am 5. 6. vormittags war dieses Nest verlasserL und das zweite Nest mit

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Abb. 1. Links im Vordergrund Biotop der Zwergsumpfhiihner. Der dunkle Streifen in der Mkte des Brides stellt den .Graben" dar.

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Abb. 2. Rechts im Vordergrund Revier der Zwsrgsumpfhiihner; an den dunklen Stellen ist der Graben zu erkennen. Linke Bildh~ilfte: Tiefere

Stel!en mit Phragmites und Blgnken.

6 Eiern belegt. Hgtte es sich um ein Ersatzgelege gehandelt, so miiBte vom 31. 5. his 5. 6. vormittags das Nest gebgut und au~erdem die gesamte Eizahl (6) gelegt worde:n sein; dies ist unmSglich. Auch die verschiedenen Eitypen sprechen dagegen (siehe unten). Da ~lso sicher zwei We~bchen vor- handen waren, bleiben zwei MSglichke~ten often: 1. Es waren zwei Padre mit

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Abb. 3. Typisch*er Pflanzenwuchs am Brutplatz (Carex, Phragmites, Lythrum salicaria).

Abb. 4. In der Bildmitte schrEg uaterhalb der Lythrum-Staude das Nest.

je einem sehr kleinen Revier vorhanden, was bei Sumpfhfihnern oft der Fa l l ist. In der Anordnnng und Zusarmnensetzung der zwischea den Ne,stern stehen, den Vegetat ion liel] sich koin Unterschied erkennen. Beide Nester lagen zudem 2 m nSrdl: des schon erw~hnten Grabons. 2. Die sehr geringe Ent fe rnung der Nester voneinander l~l]t fas t eher an Polygamie denken. :

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Am 7. 6. vormittags fotografierten wir da,s Nest, in dem wiederum 6 Eier lagen. Bei unserem Kornmen eilte ein Z. dem Datum zu. Die Eier waren warm. Aueh bei grSl3ter Ruhe liel3 sieh de.r Vogel wghrend unserer A~- wesenheit nicht mehr in Nestnghe sehen. Beim Verme.ssen der Eie.r fiel sofort auf, dal3 das zuletzt gelegte dem Eityp yon Nest 1 entspraeh. Die Kontrolle am 12. 6. ergab leider, dal3 Kleinsiiuger, wahrseheinlieh Wasser- ratten (Arvicola), alle Eier vernichtet hatt~en. Aus den Re sten lieBen sich 6 Eier ermitteln; dies scheint die endgiJltige Gelegezahl gewesen zu sein.

Die von Koc~ angeffihrten Fundorte haben sich in den letzten 100 Jahren nicht wesentlich ver~ndert. An beiden Stellen finden sich noch grS/3ere,

Abb. 5. Nest und Gel~ge des Zwergsumpfhuhns. Haube etwas auseinandergcbogcn. 7, 6. 1955, Frank. Weihergebiet.

extensiv bewirtschaftete Weiher mit ausgeprggten Verlandungszonen. Die Woiher yon Baiersdorf sind dagegen sehon s~it li£ngerer Zeit in Kulturland umgewandelt worden.

Der Brutnachweis gelang in einem often im Wiesengeli£nde liegenden Weiherkomplex. Neben gut bewirtschafteten finde~ sich zwe~ fast vSllig verwachsene, nut dutch einen schmalen Datum getrennte Tciche, die eine Ausdehnung yon insges,amt 100 }( 150 m haben. Die Weiherr~nder sind yon einzelnen Weidenb~ischen bewachsen. Die ~ul3ere Verlandungszone ist bis auf einige ldeine Bl~nken yon Carex best,anden. Das Wasser ist dort wenige em bis knietief. Anfang Juni haben die Seggen eine durchschnitt- liehe HShc yon 60 cm erreich~. Die tieferen Stellen werden, soweit sie nicht ohne Bewuchs sind, fast ausschlief31ich yon Phragmites eingenommen, welches um diese Zeit 90 cm hoch ist, Locker ist das Schflf auch zwischen

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den Seggenbiil ten eingesprengt . Ende Juni is t das Sehilf so hoch und dieht geworden, dab es die fibrige Vegetat ion vSllig fiberdeekt. Der Grabenans- hub, der fiber den Was~serspiegel ragt, is t ungemein dieht mit Phragmites, Carex, Lythrum und Polygonum bewaehsen,

Die unmi t te lbare Nestumgebung wurde yon Seggenb~il:en, locker stehen- dem Sehilf und Blutweiderieh gebildet . Der Wasse r s t and beim Nest be t rug 15 em. Biotop und Nes t s tand entspraehen genau den Verh~ltnissen, die

K~JHK vom Me&lenburger Bru tp la tz sehildert.

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Abb. 6 Links oben Ei des Zwergsumpfhuhns aus Nest eins, 30. 5. 1955. Rechts oben Ei des Zwerg- sumpfhuhns aus Nest zwei, 5. 6. 1955. Unten Eier des Kleinen Sump~huhns. Das linke aus der Samm- lung des Zool. Institutes Erlangen (ohne Fundort),

das reehte yore Neusiedlersee, 24.5. 1955.

NOLI~ l and in der Schweiz Z. mit untersehiedlieher Nestbauweise in zwei

verschiedenen Biotopen. Unsere Befunde decken sich genau mit den An- gaben, die NOLL fiber die im Seggensumpf lebender~ Z. macht. Die N~he ro l l Wassergr~ben scheint fi ir die Z. besonders anziehend zu sein, denn NOLL erw~hnt ebenfal ls Griiben, die seine Z. zur Flucht beniitzten. - - Der

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Nachbarweiher ist halb trocken und entspricht ziemlich gut dem zweiten yon NoLn geschilderten Biotop des Z., n~mlich einer Sumpfwiese mit niedriger Vege,tation, vor allem kleinen Seggenb/ilten und Pedicularis palustris. Trotz angestrengter Suche fanden wir in ihm nur Kleine Sumpf- hiihner und Tfipfelsumpfh/ihner.

N e s t und N e s t s t a n d stimmen im wesentlichen mit den in tier Literatur niedergelegten Angaben fiberein, Nest 1 stand auf einem 1/~ qm grol]en Seggenhorst, der 1 bis 2 em hoch vom Wasser fiberspfilt war. Die Seggenhalme standen gleichmSl]ig dicht. Das Nest war ausschlie/]lich aus den an Ort und Stelle wachsenden Halmen errichtet und befand sich 8 cm fiber dem Wasserspiegel. Die Halme, die die Nestgrundlage bildeten, waren einfach umgeknickt worden. Der Durchmesser betrug oben von !nnenrand zu Innenrand 7 cm; die Tiefe der kSrbchenfSrmigen Nestmulde mall etwas fiber 3 cm. Die in den Seitenw~inden verbauten Halme waren fast alle lebend und griin. F/Jr die Auspolsterung waren teilweise herabgezogene und umgeknickte Halme verwandt, daneben auch kurze Seggenst/ickchen eingetragen worden. Der Nestboden hatte eine St~rke yon 1 em. Die Seitenw~ndo waren so d/inn, dab die Eier hindurchschimmerten. Die zu- sammengezogenen Halme bildeten fiber dem Nest eine dichte H~ube. Seit- lich befand sieh ein kleiner ovaler Eingang. - - Nest 2, ,das ebenfalls auf einer B/rite stand, ur~terschied sieh von Nest 1 lediglich durch einen yon umgeknickten Seggenhalmen gebfldeten ,,L~ufsteg", der vom Wasser zum Nesteingang ffihrte. Beide Nester waren wegen des hohen Seggenwuchses erst zu sehen, sobald man die Bfilten auseinanderbog. SCaMIDT (be~ KUHK 1942) erw~ihnt von Mecklenburg, daB der Neststa~udort sofort durch die Hanbenbildung aufgef~llen sei. Dies ist nur mSglich, wenn das Nest in einer kleinen, niederw/ichsigen Bfilte steht. Die meisten der bisher ge- fundenen Nester hatten zwei Eing/inge, es kommen jedoch auch offene Nester vet. Unter den yon NOLL gefundeaen Nestern war nur eines ausschliel]- lich aus Seggen gebant; alle /ibrigen bisher bekanntgewordenen enthielten Schilf, Wollgras, Wurzelfasern und Rohrkolben als Baumaterial.

Die stark gl~nzenden E i e r weisen auf gelbbr~iunlichem Untergrund violettbraune Flecken a.uf, die sich gegen den stumpfen Pol hin stark ver- dichten und eine Kappe bilden kSnnen. Weiterhin sind rostfarbene Ober- flecken vorhanden, die ebenfalls gegen den stumpfen Pol hin zunehmen. Die uns zum Vergleich vorliegenden Eier des Kleinen Sumpfhuhns fallen neben ihrer bedeutenderen Gr6Be schon wegen des g~inzlich anderen Ze~chnungs- charakters auf. Im Rallenband des ,,Neuen N~uma~nn" sind die Abbildun- gen auf Tafel 19 ~erto, uscht. Die Abbildungen 8 und 9 zeigen Eier des Kleinen Sumpfhuhns, auf Abbildung 10 ist ein Ei des Zwergsumpfhuhns dargestellt.

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Da Mai]e yon deutschen Zwergsumpfhuhneiern kaum bekannt sind*), seien die yon uns ermitte]ten bier angefiihrt:

Nest 1: 1 Ei 30.5. 1955 Mai]e 27,5

Nest 2: Ei 1 5.6. 1955 Mal]e 26,4

Ei 2 7.6. 1955 ,, 26,0 Ei 3 7.6. 1955 ,, 26,0 Ei 4 7.6. 1955 , 26,1 Ei 5 7.6. 1955 ,, 26,2 Ei 6 7.6. 1955 ,, 26,7 Ei 7

X 19,5 mm unbebriitet, Schalengewicht 420 mg

X 21,0 mm unbebrfitet, Schalengewicht 460 mg

X 20,2 mm Frisehvollgewieht 6,61 g X 20,2 mm X 20,8 mm × 19,8 mm × 20,6 mm

7.6. 1955 ,, 27,6 Y.. 19,9 mm

Wie die A b b i l d u n g 6 zeigt, t re ten zwei deutlich verschiedene E i typen auf. Das Ei aus Nest 1 is t yon normale r Fo rm und am s tumpfen Pol s t a r k ge- fleckt; die E ie r aus Nest 2 s ind bis auf das zuletzt gelegte, welches dem aus Nest 1 vSllig gleieht, rundl icher - - was auch deutl ich in den Maflen zum Ausdruck kommt - - und schwiicher gefleckt. Die h ie r angefi ihr ten Eimal]e l iegen alle an der unteren Grenze. Die yon NOLL gefundenen Eie r s ind wesentlich grSBer und messen im Mitre1 28,4 X 20,7 mm.

Der Brutbeginn in Mi t te leuropa fiillt ziemlich einheitl ich auf das letzte Maidr i t t e l b is Anfang Juni. Ankunf t und Abzug lassen sich wegen der vers tecktea Lebensweise der Ar t noch nicht genau angeben. Apr i l daten s ind n u t ganz wenige bekannt ; die meisten Zwergsumpfhf ihner scheinen ers t sp£t im Mai anzukommen. Der Abzug di i r f te schon im Augus t stat~finden; die letzten Beobachtungen s tammen veto Oktober. Bei dem Bru tp la tz in F r anken harrdelt es sich wahrscheinlich um ein , ,klassisches" Vorkommen, da sich d ie 5kologischen Verh£1tnisse in den letzten hunder t J ah ren nicht

wesentlich ver/inder~ haben.

2. Kleines Sump{huhn, Porzana parva (Scopoli) Die ers ten sicheren Nachrichten vom Vorkommen dieser Ar t in unserem

Gebiet gehen ausschlieBlich auf JXCKEL zuriick. E r sah die Kleinen Sumpf- hf ihner im F r i i h j ah r regelm~iBig schon zwischen dem 20. und 25. Apr i l , und zwar an den verschiedensten Weiherkomplexen. Im Ver lauf seiner Amts- zeit in Neuhaus erhiel t er acht erlegte bzw. lebend gefang~ne Stiicke. G .v . Koc~ schoB im gleichen Gebiet am 16. und 18. 4. 1869 und am 1. 5. 1870 je ein Kleines Sumpfhuhn. Trotz reichlich aufgewendeter Miihe gel~ng es JXCKEL jedoch nicht, ein Nest zu finden. In seinem Buch ,,Die VSgel Baye rns" schreibt er, ,,dab parva nicht so selterL sein diirf te, als ge- wShnlid~ angenommen wird, abe t ~iuflerst versteckt in aasgedehnten Sfimp-

*) Sichere Gelege des Z. aus Deutschland (aui]er dem yon Kv~k fiir Mecklenburg er- w~ihnten) befinden sich im Mus. Koenig in Bonn. Unter 4 in der Frankfurt--DarmstEdter Gegend 1883 bis 1886 gesammelten Gelegen sind -- nach wiederholtex ~berpriifung, zuletzt 1950 durch H~Ngici -- mindestens 2 einwandfrei Gelege des Z. G.N.

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fen, Weiherl~ndereien usw. lebt und deshalb wahrscheinlich nur ribersehen wird". Diese Worte haben s~cher frir viele sriddeutsehe Sumpf- und Weiher- gebiete audl heute noch Geltung; ist doch bis jetzt kein einziger Brutnach- weis erbracht worded. Auch in Franke~ sollten 80 Jahre vergehen, bis man die Art erneut feststellen konnte. Am 1.5 . 1950 wurde 1 ~ ad. unter einer Drahtleitung bei Erlangen anfgefunden. Es befand sich noeh auf dem Zug.

Unsere ab 1952 immer regelm~Biger durchgefrihrten Exkursionen lieBen das Brriten des Kleinen Sumpfhuhns yon Jahr zu Jahr wahrscheinlicher werde~. Vom 1. 5. 1950 bis 21 .9 . 1955 liegen 23 s~chere Beobachtungen vor; die Anzahl der hierbei gesehenen Tiere ist wesentlich grSBer. Sehon aus der Obersicht der Daten geht e~nwandfrei hervor~ daB die Art im Weihergebiet Brutvogel sein drirfte:

26.4. 1953 1.5. 1950,53,55 5.6. 1954 3.7. 1955 4.9.55 16.10. 19557 28.4. 1954 2.5. 1954 6.6. 1954 24.7. 1955 11.9.55

3.5. 1954 12.6. 1952,55 21.9.55 27.5. 1955 14.6. 1955 29.5. 1955 15.6. 1955 30.5. 1954,55 19.6. 1955

J~CKEL erw~ihnt, dab die Kleinen Sumpfhrihner in der zweiten H~ilfte des April zurrickkehren und unser Gebiet im August wieder verlassen. Diese Befunde stimmen sowohl mit unserer~ eigenen als auch mit den in der Literatur vorhandenen gut riberein. NOLL frihrt mehrere Beobachtungen aus der er:sten Aprildekade an. Am Frrihjahrszug zeigen sich die Kleinen Sumpfhrihner gem an freien Stellen der Verlandungszone, wean nur genfigend Deckung in der N~he ist. Mit Vorliebe laufen sie aber auf vorj~hrigem gem~ihten Schilf, Binsen und anderem Genist herum, das an der Oberfl~iche treibt und die Weiherr~nder s~,umt. Bis anf eine Beobach- tung handelte es sieh bei unseren FrfihjahrsvSgeln immer um einzelne Stficke, und zwar bei sieben Daten um 5 ad. M~nneherl. Diese scheinen also frriher als die Weibchen zu ziehen. Am 1. 5. 1955 trafen wir 1 ~ und 1 ~ ad. an, wie sie gemeinsam auf angeschwemmtem RShricht eines Weihers nach Nahrung suchten. Da dieser Weiher nach unseren Erfahrungen als Brutplatz v511ig auszuscheiden war, kann hier nur paarweiser Zug vor- gelegen haben. - - Am Herbstzug trafen wir die Kleinen Sumpfhfihner wiec~er an 0rtlichkeiten an, die sie zur Brutzeit vSllig meiden. Mit kleinsten Stricken Ufervegetation und dfifftigen Verlandungszor~en abgel~assener Weiher sind sie dann zufrieden. Der sp~teste von uns ermittelte Terrain ist der 16.10. 1955, wo ein ,,kleines Sumpfhrihnchen" a u s d e r Seggenzone eines abgelassenen Weihers aufgescheucht wurde. Wegen schlechter Sicht konnte die Art nicht genau bestimmt werden. Beobachtungen von Ende

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September an scheinen schon zu den Ausnahmen zu zi~hlen. Bei den vielen genauen den Zwergschnepfen gcwidmeten Kontro~len tier Verlan.dungs- zonen hi t ten sonst bedeutend mehr Kleine Sumpfhfihner gesehen werden miissen. Manche m5gen allerdings bis weit in den Oktober hinein aus- harren, da uns bekannte Bauern beim allj£hrlichen Schilfschneiden ia den Weihern immer wieder yon aufgejagten ,,Wasserstaren" berichten. Besteht deren Hauptmenge auch aus Wasserrallen und T(ipfe]sumpfhfihnern, so gibt es nach den gegebenen Beschreibungen doch keinen Zweifel, da~ auch Vertreter der kleineren Arten unter ihnen sind.

Im Gegensatz zur Zugzeit sind die Beobachtungen zur Brutzeit auf wenige Plittze beschr~nkt, die den Ansprtichen der Ari 5kologisch bestens entsprechen. Es sind durchweg Verlandungszonen yon Weihern mit sehr se~chtem bis knietiefem Wasser, reinen Seggenbest~nden o der Seggen ge- Inischt mit Schilf und Rohrkolben. Di~ Mischbest~nde werden bevorzugt.

Vet Ende Mai konnten wir bis jetzt noch nie Klcine Sump~fihner ver- hSren. Das Brutgeschiift scheint erst im Juni einzusetzen. KOENm gibt ftir den Neusiedlersee als Hauptbrutzeit Anfang Juni bis Mitte Juli an. Bei einem dreiwSchigen Besuch des Neusiedlersees im Mai vorigen Jahresl balzten w~hrend tier ganzen Zeit die Kleinen Sumpfhiihner schon recht eifrig. Ein dort am 24. 5. gefundenes Nest enthiett fiinf Eier. Bei UllS sind die Balzrufe veil Ende Mai bis Ende Juni zu vernehmen. Ab Juli hSrtelX wir kein K1. S. mohr rufen.

Trotz der Beobachtung VO~l mindestens sieben Paaren des Kleinen Sumpf- huhns an ver schiedenen Pl~tzen w~hrend der Brutzeit gelang es nicht, ein belegtes Nest zu finden. W~ihrend der bis zum 19. 6. 1955 fo~tgesetzten Suche fanden wir in unmittelbarer Niihe der Rufpl~tze lediglich mehrere kleino Rallennester in verschiedenen Baustadien. Alle standen in Seggen- biilten und waren aus Seggenhalmen un,d Schilf locker zusammengefiigt. Auch bei spiiteren Kontrolleu waren diese Nester nie weitergebaut und enthielten keine Eier.

5. TiipfelsumpHmhn, Porzana porzana (L.)

Das Tiipfelsumpfhuhn wird schon yon J:4CKEL als h~ufig fiir das Gebiet bezeichnet. Nestfunde lagen trotzdem bis 1955 nicht vor. Unsere Notizen fiber die Ankunft und den Abzug dieser Art decken sich ganz mit den in der Literatur vorhandenen Angaben. Demnaeh erscheint dieses Sumpf- huhn im allgemeinen erst in der zweiten Aprilh~lfte. Frfihere Daten sind wesentlich seltener. Uns liegt nut eine' Beobachtung vein 16. 3. vor. Der Herbstzug be ginnt schon Mitte August, da um diese Zeit die Tiere auch an Pl~tzen ~uftauchen, an denen s ie zur Brutzeit fehlen. Die letzte Beobachtung stammt veto 10. 10.

Page 12: Zum Vorkommen derPorzana-Arten im Fränkischen Weihergebiet

Heft 2] 1956 ] Porzanc~ im Fr~inkisehen Weihergebiet 201

In einem zum groBen Teil fast trocken liegenden Weiher, der mit Seggen, Blutweiderich und SumpflEusekraut dicht bewachsen war, stellten wir am 5. und 7. 6. 1955 je ein belegtes Nest lest. Beide Noster standen in niederen Seggenbiilten und waren oben often. - - Wegen dieser Vorliebo fiir relativ trockene Biotope sind die Tiipfelsumpfhiihner gegen eine ErhShung des Wasserstandes offenbar sehr empfindlich. So fanden wir alto Brut- pl~itze regelm~iBig im kommenden Jahr verwaist, wenn die Weiher zu viel Wasser fiihrten.

Benulzte Literatur:

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