From:Bundesrechnungshof +49 228 99721 1803 1911112013 10:03 #413 P.0011006
Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
Der Präsident des Bundesrechnungshofes. 53048 Bonn
Per Fax: 0211 884-3002 An die Präsidentin des Landtags Nordrhein-WestfaIen Frau Carina Gödecke Platz des Landtags 1 40002 Düsseldorf
Ihr Zeichen,. Ihre Nachricht vom
Anhörung A 17 - 25.11.2013 Unser Zeichen,. unsere Nachricht vom Durchwahl VIII 6 - 24 II 04 1863
Postadresse
Postfach 12 06 03
53048 Bonn Hausadresse
Adenauerallee 81
53113 Bonn Telefon 022899721-0
Telefax 0228 99 721-29 90
Internet
www.bundesrec:hnungshof.de" E-Mail [email protected] .
Bann, den 19.11.2013
Anhörung zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90IDie GRÜNEN sowie des Änderungsantrages der Fraktion der PIRATEN zum Thema "Eine effektive LebensmittelkontroUe stärkt insbesondere die Ernährungswirtschaft in NRW" (Drucksachen 16/3429 und 16/3536)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin Gödecke,
der Bundesbeauftragte fiir die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bedankt sich fiir die Ein
ladung zu der o. g. Anhörung. Er hat mich beauftragt, in seinem Namen zu antworten.
1 Allgemeine Vorbemerkungen
Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat als Bundesbeauftragter fiir Wirtscbaftlichkeit in
der Verwaltung (Bundesbeauftragter) im Jahr 2011 die Organisation des gesundheitlichen
Verbraucherschutzes in Deutschland auf Schwachstellen untersucht. Der Begutachtung lag
eine Bitte der damaligen Bundesministerin fiir Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher
schutz zugrunde. Anlass waren erhöhte Dioxin-Werte in Hühnereiern sowie Durchfallerlcran
kungen, die das Bakterium Enterohämorrhagisches Escherichia coll (EHEC) auslöste.
Ziel der Untersuchung war es, den gesundheitlichen Verbraucherschutz auf normative und
organisatorische Schwachstellen zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.
Der Bundesbeauftragte hat daraufhin angeregt, grundgesetzliche Bestimmungen zugunsten
des Bundes zu verändern. Er empfahl im Wesentlichen,
16
STELLUNGNAHME
16/1264A17, A18
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Bann, den 19.11.2013
Anhörung zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90IDie GRÜNEN sowie des Änderungsantrages der Fraktion der PIRATEN zum Thema "Eine effektive LebensmittelkontroUe stärkt insbesondere die Ernährungswirtschaft in NRW" (Drucksachen 16/3429 und 16/3536)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin Gödecke,
der Bundesbeauftragte fiir die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bedankt sich fiir die Ein
ladung zu der o. g. Anhörung. Er hat mich beauftragt, in seinem Namen zu antworten.
1 Allgemeine Vorbemerkungen
Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat als Bundesbeaufuagter fiir Wirtscbaftlichkeit in
der Verwaltung (Bundesbeauftragter) im Jal1r 2011 die Organisation des gesundheitlichen
Verbraucherschutzes in Deutschland auf Schwachstellen untersucht. Der Begutachtung lag
eine Bitte der damaligen Bundesministerin fiir Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher
schutz zugrunde. Anlass waren erhöhte Dioxin-Werte in Hühnereiern sowie Durchfallerlcran
kungen, die das Bakterium Enterohämorrhagisches Escherichia coll (EHEC) auslöst!).
Ziel der Untersuchung war es, den gesundheitlichen Verbraucherschutz auf normative und
organisatorische Schwachstellen zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreitea
Der Bundesbeaufuagte hat daraufhin angeregt, grundgesetzliche Bestimmungen zugunsten
des Bundes zu verändern. Er empfal1l im Wesentlichen,
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im Bereich der Lebensmittelüberwachung
beim Bund "Spezialeinheiten" einzurichten. Sie sollten die fllr einen überregionalen
Markt produzierenden Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen sowie überregional
tätige Handels- und Discounterketten fllr Lebensmittel überwachen,
• die Organisation der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den Ländern anzugleichen
und ein Qualitätsmanagementsystem einzufiihren,
• die Eigenkontrollsysteme der Unternehmen effektiver zu gestalten (Qualitätsstandards,
Dokumentation, Überwachung) sowie
im Bereich der Krisenbewältigung
das nationale Krisenmanagement normativ und organisatorisch neu auszurichten. hn Zentrum
der Überlegungen sollte dabei ein nationaler Krisenstab unter der Leitung des Bundes stehen.
Aufgabe dieses Krisenstabes sollte es sein,
• notwendige Vollzugsmaßnalunen rasch zu beschließen,
• dabei alle Behörden und Fachinstitute einzubeziehen,
• die Umsetzung in den Ländern anzuordnen und
• die Öffentlichkeit zu informieren.
2 Gesamtbewertung
Die in Rede stehenden Anträge greifen mehrere Empfehlungen aus dem Gutachten auf. Dazu
zählen die Zentralisietung von Kontrollaufgaben sowie Verbesserungen der Datenverwaltung
von Betriebskontrollen und bei den Eigenkontrollsystemen der UnterneIimen. Der Bundesbe
auftragte hält diese Bestrebungen fiir geeignet, eine effektive Lebensmittelüberwachung zu
unterstützen. Darüber hinaus empfiehlt der Bundesbeauftragte länderübergreifende Maßnah-
men.
3 Einzelstellungnahmen
Die Anträge der drei Fraktionen beinhalten
a) Feststellungen des Landtags und
b) Forderungen des Landtags an die Landesregierung.
Die Feststellungen des Landtags betreffen die Personal- und Finanzausstattung von Landes
behörden so\\>ie eine Forderung zum gesetzlichen Mindestlohn. Hierzu liegen dem Bundesbe-c
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auftragten keine Erkenntnisse vor. Seine Stellungnahme beschränkt sich auf die Forderungen
des Landtags an die Landesregierung, die in Bezug zU seinem Gutachten stehen.
Tzn_ 1 und 2 (Zusammenarbeit der Kontrollbehörden in NRW untereinander evaluieren
und verbessern)
Dem Bundesbeauftragten liegen keine Erkenntnisse dazu vor, wie die Kontrollbehörden in
den Ländern zusanunenarbeiten.
In seinem Gutachten beschränkte er sich auf die Zusammenarbeit von Bund und Ländem.
Zu Tz. 3 (Aufstellung interdisziplinar aufgestellter überregionaler Kontrollteams)
Der Bundesbeauftragte hält es für sinnvoll, Lebens- und Futtermittelkontrollen partiell neu
auszurichten. Die Forderung des Landtags greift seine Anregung au~ Spezialeinheiten einzu
richten. Sie sollen die Kommunen, die die Hauptlast der amtlichen Kontrollen tragen, entlas
ten. Derartige Spezialeinheiten stellen das notwendige komplexe Fachwissen für die Untersu
chungstätigkeit sicher. Sie eröffuen zugleich die Möglichkeit, zwischen ortsverschiedenen
Unternehmen derselben Branche zu vergleichen. Sie sollten vor allem
• die für einen überregionalen Markt produzierenden Lebensmittel- und Futtermittelun
ternehmen sowie
• die Zentralen überregional tätiger Handels- und Discounterketten rur Lebensmittel so
wie systemgastronomischer Einrichtungen (z. B. Fastfood-Ketten sowie bundesweit
agierende Unternehmen der Handels-, Verkehrs- und Messegastronomie)
überwachen.
In der Zuständigkeit der bisherigen Überwachungsbehörden verbleiben sollten insbesondere
• das Ernährungshandwerk,
ortsansässige gastronomische Einrichtungen,
• kleinere Einzelhandelsunternehmen einschließlich der einzelnen Fi1ialen größerer Han
dels- und Discounterketten sowie
• landwirtschaftliche Familienbetriebe.
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Der Bundesbeauftragte hatte empfohlen, zentrale Kontrolleinrichtungen beim Bund anzusie
deln. Er reagierte damit auf die Struktoren in der Ernährungswirtschaft, bei der der Handel
mit Lebensmitteln von wenigen Untemehmensgruppen dominiert wird. Die zehn größten von
ihnen können 80 % des Branchenumsatzes für sich verbuchen. Sie haben nationale Grenzen
übersprungen und agieren europa- oder weltweit. Zudem erleichtern zentrale Kontrollbehör
den den Unternehmen die Kommunikation mit den Überwachungseinrichtungen.
Zu Tz. 4 (Einrichtung einer einheitlichen Datenbank)
Der Bundesbeauftragte unterstützt die F()rderung nach einer einheitlichen Datenbank als
Grundlage für effiziente Kontrolltätigkeit.
Ein weitreichender Datenaustausch und eine schnelle Kommunikation zwischen den amtli
chen Überwachungsbehörden ist unerlässlich, um gesundheitliche Risiken, die von Lebens
oder Futtermitteln ausgehen, frühzeitig zu identifizieren und Maßnahmen zum Schutz der
Verbraucherinnen und Verbraucher rechtzeitig ergreifen zu können.
Der Bundesbeauftragte empfiehlt, die Datenbank so auszugestalten, dass deren Daten ggf. mit
einer Schnittstelle ländeTÜbergreifend zusammengeführt und ausgewertet werden können.
Anzustreben sind bundesweit einheitliche Ausgestaltungen und· ZugriffSmöglichkeiten. Zu
dem sollte sie Ergebnisse der Eigenkontrollen der Wirtschaft beinhalten und elektronische
Abfragemöglichkeiten vorsehen.
Zu Tz. 5 (Erhebung von Gebühren und Kostenbeiträgen)
Die Forderung, durch Gebühren und Kostenbeiträge Ausgaben für sichere Lebensmittel nach
dem Verursacherprinzip auf die zu kontrollierenden Unternehmen zu verlagern, ist positiv zu
bewerten.
Soweit eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kontrolleinrichtungen nicht aus Steuer
mitteln. sichergestellt werden kann oder soll, sind kostendeckende Gebühren oder Kostenbei
träge zu erheben. Dies entlastet die öffentlichen Haushalte und erleichtert die Ausstattung der
Behörden mit den erforderlichen Personal- und Sachmitteln. Bei den Einnahmen aus Gebüh-
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ren sollte haushalterisch sichergestellt sein; dass sie zweckgebunden der Lebensmittel- und
Futtennittelkontrolle zu Gute kommen.
Die Gebührenhöhe sollte mit anderen Ländern und dem Bund abgestimmt werden.
Zu Tz. 6 (Erhöhung der Anforderungen an den Sachkundenachweis im
Bereich der Gastronomie)
Der Bundesbeauftragte unterstützt Maßnahmen, die zur Verbesserung der Sachkunde im Be
reich der Gastronomie führen. Insbesondere sollten die Anforderungen an Hygiene
Schulungen in diesem Bereich erhöht werden. Denkbar wäre es, bei der NeueinsteIlung von
Beschäftigten ohne abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung den Nachweis der Sach
kunde an die Kontrolle des Lernerfolgs zu knüpfen. Die Länder, der Bund, Branchenverbände
und Verbraucherschutzorganisationen sollten abgestimmte Mindestanforderungen festlegen,
die Beschäftigte zum Ende ihrer Schulung durch Prüfung nachweisen müssen. Bei Betriebs
kontrollen festgestellte Sachlrundemängel sollten eine Nachschulungspflicht der Betroffenen
auslösen.
Ein Handlungserfordernis wird auch aus der aktuellen Pressemitteilung des Bundesamtes fiir
Verbraucherschutz undlebensmittelsicherheit (BVL) ~Daten zur Lebensmittelüberwachung
2012" deutlich. Darin führte es am 12; November 2013 aus, dass die Gastronomie und andere
Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung mit 30 bzw. 31 % die höchste Beanstandungs
quote auswiesen.
Zu Tz. 7 (Stärkung der Strafverfolgungsbehörden)
Dem Bundesbeaufiragten liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.
Zu Tz. 8 (Transparenz bei den amtlichen KontroUergebnissen)
Der Bundesbeaufiragte hat sich bislang nicht zur Transparenz von vor Ort festgestellten Kon
trollergebnissen geäußert.
Die Thematik "lnfonnation der Öffentlichkeit" wurde nur fiir den Krisen:fall abgehandelt.
Danach gehören zu den zentralen Vollzugsmaßnahmen in einer Krise u. a.
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• die Warnungen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie
eine umfassende, rasche und bundeseinheitliche Information der Öffentlichkeit.
Zu Tz. 9 (Schutzbesfunmungen für Hinweisgeber)
Die angeregten Änderungen betreffen arbeitsrechtliche Fragestellungen, zu denen keine Prü
fimgserkenntnisse vorliegen.
In seinem Gutachten hatte sich der Bundesbeauftragte zur Effizienz von Eigenkontrollen ge
äußert und dazu Änderungen angeregt. Er empfahl, "ein zentrales System wirksam zu betrei
ben, das die Berücksichtigung anonymer Hinweise bei der Lebensmittelüberwachung erlaubt
(Whistleblower), Das BVL hat auf seiner Internetseite ein Portal tur Hinweise auf Missstände
in Lebensmittelbetrieben eingerichtet, das sich speziell an Betriebsangehörige oder Ge
schäftspartner richtet .
. Zu Tz. 10 (Qualitätsstandards für Eigenkontrollen)
Der Bundesbeauftragte unterstützt Maßnahmen mit dem Ziel, die Eigenkontrollsysteme effek
tiver zu gestalten und deren Erkenntnisse stärker für die amtliche Überwachung zu erschlie
ßen. Er regte u. a. an,
• Qualitätsstandards fiir Eigenkontrollen zu stärken sowie
• die Pflicht zur Dokumentation von Eigenkontrollen zu konkretisieren.
Mit freundlichen Grüßen