Das
„Lies mit mir“
Mehrsprachiges Lesetheater zur Förderung der Leseflüssigkeit
Sprich mit mir! Sprachen.Lernen.Europa - Köln, 16.01.2018
Ute Massler 1
MELT-Konsortium
2
Fragen
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1. Was ist «Mehrsprachiges Lesetheater» genau?
2. Wie und weshalb erfolgt die Integration der
Mehrsprachigkeit/der Herkunftssprachen?
3. Wie wurden Design und Materialien entwickelt,
erforscht und mit welchem Resultat?
4. Warum ist eine mehrsprachige Lesefördermethode
wichtig im Kontext der Mehrsprachigkeit?
5. Welche Produkte liegen für die Unterrichtspraxis und
die Lehreraus- und –fortbildung vor?
Was ist «Mehrsprachiges
Lesetheater» genau?
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Lesetheater: ein Lautlese-Verfahren
Training der Leseflüssigkeit mit Hilfe von Formen des
wiederholten Lautlesens (Reading Panel 2000)
Lesetheater: authentischer, potentiell motivierender
Kontext zur wiederholten Übung des Lautlesens
Wirkung empirisch belegt (vgl. Mraz et al. 2013; Clark,
Morrison & Wilcox 2009; Martinez, Roser & Strecker
2002; Worthy & Prater 2002; Tyler & Chard 2000), jedoch
Bedarf an experimentellen Studien
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Mehrsprachiges Lesetheater Didaktisch-methodische Besonderheiten
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Mehrsprachige Lehr-Lern-Materialien
Verwendung von Schul- und Fremdsprachen
Einbezug von Herkunftssprachen
Komplexer mehrteiliger Lehr-Lern-Prozess
Vorlesen durch die Lehrperson
Literarisches Lernen
MELT: Videobeispiel
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Heidi – 6. Klasse + Nasreddin Hodscha, CH Klasse (32,48)
LOUD, DEUTLICH,
LENTEMENT_ Mit
Mehrsprachigem
Lesetheater
Sprachgrenzen
überwinden.mp4
Wie und weshalb erfolgt die Integration der
verschiedenen Sprachen?
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Mehrsprachige Lesetheaterstücke Auswahlkriterien der MELT-Textgrundlagen
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Im MELT-Unterricht sollen die Schüler/innen die
Gelegenheit haben…
Werke der erzählenden Kinder- und Jugendliteratur aus
verschiedenen europäischen Sprachräumen (anglo-,
franko- und dem germanophonen Sprachraum),
verschiedene Genre,
und sowohl Klassiker und bekannte Bücherserien,
internationale Kinder- und Jugendliteratur als auch Texte
aus Kulturen der Herkunftsländer kennen zu lernen.
sich mit Texten auseinanderzusetzen, die ein hohes
Identifikationspotenzial aufweisen.
Lesetheaterstück (Schulsprache und eine Fremdsprache)
10 What happened so far: Jess Bhamra is in her bedroom, a room filled with posters of
Beckham, dreaming about football. Her mum takes her out of her dreams, reminding
her that her sister’s Pinky engagement party is tomorrow. So, Pinky and Jess go
shopping for the engagement party.
Ich-
Erzähler
Plötzlich stieß sie mich in die Seite.
Pinky Look, Jess, there’s your mate.
Ich-
Erzähler
Tatsächlich kam Tony auf uns zu, zusammen mit seiner Mutter und voll
beladen mit Einkaufstüten. Pinky zischte mir ins Ohr.
Pinky Let’s make this quick.
Erzähler
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Abfällig taxierte sie Tonys Mutter, die hinter ihm her schlurfte und durch
ihre dicken Brillengläser blinzelte. Wie fast alle indischen Frauen ihres
Alters hatte sie sich einen Schal um den Kopf gebunden.
Pinky And I hope your mate’s mum wears a pullover over her three stomachs
at the party tomorrow.
Jess Shut up, she’s old.
Pinky So?
Ausschnitt aus Lesetheaterstück Bend it like Beckham (Adaption: S.Kutzelmann/U.Massler)
Lesetheaterstück (Schul-, Fremd- und Herkunftssprache Arabisch)
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Karim läuft weg („Der wütende Hase“) Adaption: Eva-Maria Wettki
ä
ä
ä
ä
Lesetheaterstücke Beispiele
Die Kleinen Wilden (D/F/E)
+ (D/E)
Canterville Ghost (D/E)
Ronja Räubertochter (D/F/E)
Sherlock Holmes – Skandal
in Böhmen (D/E)
Sherlock Holmes –
Boscombe Valley (D/E)
Tom Sawyer (D/E)
Romeo und Julia (D/E)
Frankenstein (D/E)
Hänsel & Gretel modern (D/E)
12 Heidi (D/E/F/
Migrationssprachen)
Das Dschungelbuch
(D/E/F/Migrationssprachen)
Nasreddin Hodscha
(D/E/Türkisch)
Moderne jugendgemäße
Adaptierungen von
Märchen wie „Karim läuft
weg (D/E/Arab.), Kolobok
(D/E/Ru), …
Funktionen der interlingualen MELT-Texte
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Sprachendidaktische Funktionen der MELT-Texte:
erfordern von Lernenden, «sich durch alle Teile, ‚durch-
kämpfen‘ zu müssen, will der Lerner sie im Detail verstehen»
(Butzkamm 1989: 210)
regen Nutzung des gesamten sprachlichen Repertoires und
Auf-/Ausbau von „metalinguistic“ / “crosslinguistic awareness“
(Allgäuer-Hackl/Jessner 2013: 125)
fördern Fähigkeit, flexibel zwischen Sprachen zu wechseln:
Code-Switching (Busch 2013: 181; Oksaar 1980: 45)
schulisches inszeniertes Code-Switching als Spiegel der
gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit (Peter/Unterthiner 2017)
Der Lehr-Lern-Prozess
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Lehr-Lern-Prozess
1. Einführung in das mehrsprachige Lesetheater PL 15-25`
2. Vorlesen durch die Lehrperson PL 5-10`
3. Lesen der Lesetheaterszene und Rollenverteilung EA/GA 10-15`
4. Erarbeiten einer Inhaltsangabe der Lesetheaterszene GA 15-25`
5. Vorstellen der Lesetheaterszenen / der Figurenrollen PL 15-25`
6. Üben der Leserollen und gegenseitiges Feedback PA/GA 20-45`
7. Generalprobe und Feedback GA 20-45`
8. Aufführung PL 25-45`
Wie wurden Design und Materialien entwickelt,
erforscht und mit welchem Resultat?
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Forschungsmethodik: Design-based-Research
Entwurf eines
Designs
Erprobung
formative
Evaluation
Re-Design
theoriebasierte
Materialien für
die Praxis
Beitrag zur
Theorie von
Lehr-Lern-
Prozessen
Problem-
stellung
theoriebasiert: Entwurf des Designs
als Ganzes und seiner einzelnen
Komponenten (Leitlinien)
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Kriterium der Evaluation: Akzeptanz
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Ergebnisse zum Nutzen
klar strukturierte und abwechslungsreiche Fördermethode
(Praktikabilität)
unterschiedliche sprachliche Textniveaus und vielfältige
Themen (Passung)
positive Wirkung auf die Klasse (Lernmotivation)
Mehrwert für das Lesetraining in Schul- und Fremdsprachen
Intendierte Lehr-Lernziele: Leseflüssigkeit, soziales Lernen,
Präsentieren
Warum ist eine mehrsprachige
Lesefördermethode wie diese
wichtig im Kontext der Mehrsprachigkeit?
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MELT im Kontext der Mehrsprachigkeit
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Gesellschaftliche und individuelle Mehrsprachigkeit (bpb
2016; European Commission 2012; Eurostat 2015)
Das mehrsprachige Klassenzimmer (Elsner 2010;
Hutterli et al. 2008: 126)
Synergien zwischen Didaktiken und schulischer
Vermittlung von Schul- und Fremdsprachen sowie unter
den Fremdsprachen (vgl. u. a. Allgäuer-Hackl/Jessner
2013; Hallet/Königs 2013; Neuner 2009)
Welche Produkte liegen für die
Unterrichtspraxis und die Lehreraus- und –
fortbildung vor?
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Unterrichtsmaterialien und –produkte (I)
21
Webportal
Didaktisch-methodischer Kommentar (D/F/E)
Unterrichtsmaterialien und –produkte (II)
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Webportal
Didaktisch-methodischer Kommentar (D/F/E)
Lesetheaterskripte
MELT-Lehrfilm (D/E)
Unterrichtsmaterialien und –produkte (III)
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Projekthandbuch
Kutzelmann, Sabine/Massler, Ute/Peter,
Klaus/Götz, Kristina/Ilg, Angelika (Hrsg.)
(2017): Mehrsprachiges Lesetheater.
Handbuch zu Theorie und Praxis. Opladen:
Budrich.
Materialien für Lehreraus- und –fortbildung (I)
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Lehrertraining/-curriculum: Module
1. Leseflüssigkeit: Bedeutung «Fluency»; diagnostische
Instrumente; prosodische Leseleistung
2. Lautleseverfahren: Prinzipien Wiederholung und Begleitung;
Tandemlesen; Trainingsroutinen für MELT
3. Kooperatives Lernen: Merkmale, Ziele und Wirkungen
4. Lesemotivation: Intrinsisch, extrinsische M.; psychologische
Grundbedürfnisse
5. Anschlusskommunikation und dramenpädagogische
Übungen: Textverstehen, Persönlichkeitsbildung
6. Mehrsprachiges Lernen: Codeswitching / Definition Mehr–
sprachigkeitsdidaktik / Lehrplan 21
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Materialien für Lehreraus- und –fortbildung (II)
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«In meiner Freizeit lese ich eigentlich gar nicht. Wenn ich
ehrlich bin, ganz ehrlich, ich hasse es zu lesen, aber so mit
Lesetheater liebe ich es.» (Schüler, 8. Klasse)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Kontakt
Website
http://melt-multilingual-readers-theatre.eu/
Literatur
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Allgäuer-Hackl, Elisabeth/Jessner, Ulrike (2013): Mehrsprachigkeitsunterricht aus mehrsprachiger Sicht.
Zur Förderung des metalinguistischen Bewusstseins. In: Vetter, Eva (Hrsg.): Professionalisierung für
sprachliche Vielfalt. Perspektiven für eine neue LehrerInnenbildung. Baltmannsweiler: Schneider
Hohengehren, S. 111–147.
Bundeszentrale für politische Bildung [bpb] (2017): Zahlen zu Asyl in Deutschland.
(https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/flucht/218788/zahlen-zu-asyl-in-deutschland#Registrierungen,
14.7.2017).
Busch, Brigitta (2013): Mehrsprachigkeit. Wien: Facultas.
Butzkamm, Wolfgang (1989): Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts. Natürliche Künstlichkeit –
von der Muttersprache zur Fremdsprache. Tübingen: Francke. (= UTB für Wissenschaft: Uni-
Taschenbücher: 1505)
Elsner, Daniela (2010): „Ich habe was, das du nicht hast…“ Oder: Welchen Mehrwert hat die
Mehrsprachigkeit für das Fremdsprachenlernen? In: IMIS-Beiträge 37, S. 99–119.
29 Euler, Dieter (2014): Design Research – a paradigm under development. In: Euler, Dieter/Sloane, Peter
(Hrsg.) (2014): Design-Based Research (Bd. 1). Stuttgart: Steiner, S. 15–44.
Eurostat (2015): Eurostat statistics explained: Statistiken zum Fremdsprachenerwerb – Datenauszug
vom Juni 2015. (http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?oldid=318388, 19.10.2017).
Jessner, Ulrike (2006): Linguistic Awareness in Multilinguals: English as a Third Language. Edinburgh:
Edinburgh University Press.
Hallet, Wolfgang/Königs, Frank G. (2013): Mehrsprachigkeit und vernetzendes Sprachenlernen. In:
Hallet, Wolfgang/Königs, Frank G. (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachendidaktik. 2. Aufl. Seelze:
Klett/Kallmayer, S. 302–207.
Hutterli, Sandra/Stotz, Daniel/Zappatore, Daniela (2008): Do you parlez andere lingue? Fremdsprachen
in der Schule. PH Zürich: Pestalozzianum.
Kutzelmann, Sabine/Massler, Ute/Klaus, Peter/Götz, Kristina/Ilg, Angelika (Hrsg.)
(2017). Mehrsprachiges Lesetheater. Handbuch zu Theorie und Praxis. Leverkusen/Opladen:
Budrich.
30 Martinez, Miriam/Roser, Nancy L./Strecker, Susan (1998/1999): „I never thought I could be a star”:
Readers’ Theatre in a tutorial for children with reading problems. In: The Reading Teacher 52, 4, p. 326–
334.
Mraz, Maryann/Nichols, William/Caldwell, Safronia/Beisley, Rene/Sargent, Stephan/Rupley, William
(2013): Improving oral reading fluency through readers theatre. In: Reading Horizons 52, 2, p. 163–180.
Neuner, Gerhard (2009): Mehrsprachigkeitsdidaktik und Tertiärsprachenlernen: Grundlagen –
Dimensionen – Merkmale: Zur Konzeption des Lehrwerks „deutsch.com“.
(www.hueber.de/mehrsprachigkeitsdidaktik, 19.10.2017).
Oksaar, Els (1980): Mehrsprachigkeit, Sprachkontakt, Sprachkonflikt. In: Nelde, Peter H. (Hrsg.):
Sprachkontakt und Sprachkonflikt. Wiesbaden: Steiner, S. 43–52.
Peter, Klaus/Unterthiner, Dominik (2017): Das Unterrichtsdesign Mehrsprachiges Lesetheater aus
linguistischer Sicht. In: Kutzelmann, Sabine/Massler, Ute/Klaus, Peter/Götz, Kristina/Ilg, Angelika
(Hrsg.): Mehrsprachiges Lesetheater. Handbuch zu Theorie und Praxis. Leverkusen/Opladen:
Budrich S. 70–81.
31 Tyler, Brenda-Jean/Chard, David. J. (2000): Using Readers Theatre to foster fluency in struggling
readers: A twist on the repeated reading strategy. In: Reading and Writing Quarterly 16, 2, p. 163-168.
Venkatesh, Viswanath/Morris, Michael G./Davis, Gordon B./Davis, Fred D. (2003): User Acceptance of
Information Technology: Toward a Unified View. In: MIS Quarterly 27, 3, S. 425–478.
Worthy, Jo/Prater, Kathryn (2002): „I thought about it all night“: Readers’ theatre for reading fluency and
motivation. In: The Reading Teacher 56, 3, p. 294–297.