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J. Mayr: Das Krankheitsbild des Scleroedema adultorum Buschke. 149

37. Herr J. lgayr-Mfinehen: Das Krankheitsbild des Scleroedema aflultorum Buschke.

Die Beobachtung eines typisehen Falles von Scleroedema adultorum gab uns Gelegenheit, das interessante Krankheitsbild unter Zus~mmen- fassung s~mtlicher, in der Literatur niedGrgelegter Kasuistiken abzu- runden.

Es handelte sieh um einen 44j~hrigen, kr~ftigen, night beleibten, aus~ gesprochen jugendlieh aussehenden Bergmann, dessen Erkrankung etwa 4 Wochen nach einer m~Bigen starken Grippe anging. Beginnend mit einem Steifigkeitsgefiihl im Nacken vollzog sieh die Verh~irtung in kaum mehr als 1 Woehe vorne fiber dig Brust bis zur Inquinalgegend bei Be- teiligung der Ober- und Unterarme unter Ausschlul~ der Hgnde, rfick- wgrts bis zur Kreuzbeingegend. Die Haut sah gespannt aus, sie ffihlte sich kfihl an, war ausgesprochen hart, eine eingedrfickte Delle blieb night be- stehen, unter krgftigen Zug liei3en sich die oberen Anteile yon den unter- gelegenen abheben, bei Nachlassen des Zuges schnellten sie sofort in die Normallage zurfiek. Es war nicht mSglich, etwa festzustellen, ob unter der Haut liegGnde Gewebe am Verh~rtungsprozel3 Anteil batten. Ein interner Befund war nieht zu erheben; das Blutbild zeigte eine geringe Leuco- cytose yon 11000 Leucocyten, wovon 43% Lymphocyten waren (also absolute und relative Lymphoeytose). Es bestand ausgesproehene Nei- gung zum Sehwitzen und zum ErrSten der Haut. Subjektive ]3eschwer- den waren gering. Es wurde in tier Hauptsaehe nur fiber eine gewisse Unbehaglichkeit geklagt. Nach 6wSchentlichem Aufenthalt, wobei die Behandlung in Massage, HeiBluft, B~idern, 3% Salieyl-Eueerinsalbe bestand, verlie• Patient die Klinik und steht seit Anfang Mai in poli- kliniseher Beobaehtung und bekommt Thyreoidi n. Er fibt seinen Beruf als Bergmann weiter aus.

Histologiseh ergab eine Probeexeision aus einer stark verh~rteten Hautstelle am Rficken den iibliehen Befund, n~mlich bei intakter Epi- dermis in der Cutis ganz vereinzelte, sp~rliche RundzellGninfiltrate und vor allem gequollene, auseinandergedr~ngte Bindegewebsfasern in den unteren Coriumabsehnitten und dem Unterhautzel]gewebe. Eine zwi- sehen den Fasern liegende Substanz liel3 sich f~trberisch nicht nach- weisen. An den Gef~Ben fanden sieh keine Veranderungen.

Die Besserung der Hautverhiiltnisse vollzog sich innerhalb dieser etwa 5 Monate, wobei nicht nur Verh~rtung weicher wurde, die an sieh ausgespaarten Stellen eine Erweiterung effuhren, sondern neue intakte Hautinse]n in dem sclerosierten Gewebe aufgetreten sind.

Zu dieser einen Beobaehtung kommt noch eine zweite aus der Poli- klinik aus dem Jahre 1920 mit identisehen Erscheinungen und analoger Lokalisation, wobei es sigh um eine 26j~hrige Patientin handelte. Es land sich hier eine naehweisbare Thymus persistenz. Um Verlaufe yon

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7 Jahren bess erte sich dus Krankheitsbild ziemlich bedeutend, ohne eine vSllige l~fickbildung zu erfahren. Die Kranke ging ebenfalls ihrer Beschi~ftigung als Verkguferin bei fast fehlenden subjektiven Beschwer- den naeh.

E. Ho/[mann hat 1923 aus der Liter~tur und eigenen Beobachtungen 14 F~lle zusammengestellt, zu denen auBer unseren beiden noch weiteres 17 in den letzten 5 Jahren treten (Adler, Beck, Buschke und Ollendor/, Bruhns, v. Graevenitz [2 Fglle]i Gri~nwandd, Edm. Ho//mann, Karren- berg, Naegeli, Sellei [2 Fi~lle], Sievertsen, Ddbanco, Voronow, K. SChmidt, Wiener), so dab im ganzen 33 Fi~lle pubtiziert sind. Es zeigt sieh dabei ein ganz bedeutendes (Jberwiegen des weibliehen Geschlechtes, indem yon den 33 F~llen 25 Frauen und nur 8 mgnnliehe Personen betrafen. Dieses Verhi~ltnis der beiden Geschlechter ist noch viel erheblicher zu- gunsten des weiblichen als bei der Sclerodermie fiberhaupt. Dem Alter naeh standen die Kranken zwisehen dem 1. und 51. Lebensjahre (also nicht immer ein Sol. adultorum), die meisten Erkrankungen betrafen das 20.--40. Lebensjahr. Die Hi~ufigkeit einer der Sclerosierung voraus- gegangenen gripp6sen oder infekti6sen Erkrankung, worauf E. Ho//mann zuerst hingewiesen hat, zeigten auch die sp~teren F~lle, indem wir unter siimtliehen Fi~llen 27real Grippe, Bronehitiden, Pneumonie, Mumpsl Pyodermien usw. unmittelbar vor Ausbruch der Verhgrtung in der Vor- gesehieht e linden.

Stets war der Verlauf zum H6hepunkt der Erkrankung naeh Aus- dehnung und Intensifier der Sclerosierung ein ungemein raseher, indem er sieh innerhalb weniger Tage zu vollziehen pflegte.

Itinsiehtlieh der Art der Lokalisation lassen sieh deutlieh 2 Typen auseinander halten: Die erste, die hgufigste, beginnt am Naeken und breitet sich ngch abwi~rts unter Einbeziehung der oberen Ex- tremitgten, bei l~reibleiben der I-ii~nde, fiber die Brust zur Inquinal- gegend, die zweite (es sind bisher nur 4 F~lle [Beck, Viehweger, S ellei] beobaehtet) zieht vom GesgB zum Ober- und Unterschenkel unter Frei- bleiben der Ffil~e. In 7 t~i~llen sind Misehformen besehrieben, indem nach Erg~ifienwerden der oberen H~lfte aueh Teile der unteren in den Prozeg mit einbez0gen wurden, jedoch in vermindertem MaBe. Bei beiden Formen ist die Erkrankung symmetriseh, wobei jedoch Intensifier und Ausdehnung nieht v6llig identiseh zu sein brauehen.

Das klinisehe Bild ist stets das gleiche und entspricht dem oben bei ~nserem Patienten mitgeteiltem. Von einigen Autoren (Buschke, Nellei) wird betont, dab aueh die Muskulatur in den Verhi~rtungsprozeg ein- bezogen werde bzw. dal~ ietzterer sogar allein auf die Muskel besehri~nkt sein kann. Sellei will daraufhi n sogar 2 Typen aufgestellt wissen, je naeh- dem die Induration Unterhautbindegewebe oder nut F~scien und MUS- kulatur einnimmt. Da dementgpreehende histologisehe Untersuehungen

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jedoeh nicht vorliegen und unter der bretthart gespannten Haut ein Ab- tasten der Muskulatur stets unsiehere Ergebnisse bringen wird, wird man den Beweis ffir eine solehe tiefer gelagerte Selerosierungsm6glieh- keit als noch ausstehend betrachten milssen. Im Gegensatz zur Selero= dermie ist die Schweil~seeretion in der Regel vermehrt. Sensibilitgt und elektrisehe Leitfghigkeit wurden mit Ailsnahme eines Falles yon Sellei stets normal befunden. Als Vergnderungen an den Sehleimhguten wurden nur solehe an der Zunge beobaehtet, und zwar beriehtet E. Ho//- mann fiber eine Steifigkeit der Zunge und Baginsky fiber mangelhafte Ausbildung der Papillen und erhShte Konsistenz.

Das subjektive Befinden ist stets gut. l)ber Besehwerden wird nur insoweit geklagt, als Stellen, an denen erhShte Bewegliehkeit beansprueht wird, als gespannt empfunden werden. Zu Beginn der Erkrankung wird versehiedentlieh fiber einen sehmerzhaften Zug an Lippe und Zunge beriehtet, der wieder versehwindet.

Der weitere Verlauf ist insofenl ein gfinstiger, als Komplikationen niemals auftraten, wle sie etwa bei der Seler0dermie beobaehtet Werden; und dab Atrophie und Pigmentversehiebungen fehlen, dagegen seheint die besondere Betonung der gfinstigen Prognose doch wohl als sehr relativ aufzufassen zu sein, bei einem Leiden, bei dem nut in ganz wenigen Fallen (Nobl; Adler, Buschke und Ollendor/, Nievertsen, Ho//mann) yon einer vSlligen I~fiekbildung beriehtet wird. In der fiberwiegenden Mehrzghl war wohl eine Besserung zu verzeiehnen, abet keine, meist aueh nieh$ annghernd vollzogene tteihng. Aueh die lange Dauer der Erkrankung, die, wenn wit yon einigen ganz wenigen Fallen (Nobl) absehen wollen, sich stets fiber Jahre hinzog (ira Falle yon Adler bis zu 14 Jahren) lgl3t das Leiden doeh yon eir~em wenig erfreulichen Gesiehtspunkte aus be- urteilen.

Der histologisehe Befund deekte sieh fast stets mit demjenigen un- seres FMles, also intakte Epidermis, Fehlen nennenswerter entzfindlieher Vergnderungen der Cutis (vereinzelt spgrliehe l~undzelleninfiltrate), an den GefgBen wurden vereinzelte Wandverdiehtungen bzw. -erweiterungen beobaehtet, Quellung der Bindegewebsfasern, die dutch eine, wie Buschke und 2Yobl glauben, feste Substanz, auseinandergedrgngt sind, wobei sieh jedoeh diese Zwisehensubstanz nieht fgrbt bzw. die HShlen leer befunden werden. Leider blieben die interessanten Befunde yon Erich HoMmann yon einer perineuralen Infiltration (besonders an den Verzweigungs- stellen) oberflgchlieher Hautnerven, die uns gtiol0giseh einen gewissen Anhaltspunkt zu bieten sehienen, eine singulgre Erseheinung, die aueh yon den sp~teren Beobaehtern nicht best~tigt werden konnte.

Atiologiseh liegen die Verh~ltnisse letzten Endes ebenso ungekl~rt wie bei der Selerodermie. Der zeit]iehe Zusammenhang mit infekti6sen :Prozessen weist auf toxisehe Seh~digungen hin, die mSglieherweise fiber

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]52 Moncorps: Zur Metastasenbildung bei der Mycosis fungoides.

das vegetative Nervensystem bzw. die innere Sekretion wirken. Ffir letzteres spreehen die, wenn aueh nicht regelmMtigen Erfolge mit Tyhre- oidin und die relative Lymphoeytose, die in 3 FMlen beobachtet wurde, als Ausdruck einer Thyreotoxikose.

Die Behandlung besteht, abgesehen yon dem Versueh einer Beein= flussung mit Thyreoidin, in Massage, Salicylsalben, Heil31uft, B~dern. Der Erfolg oder die Bedeutung derselben ergibt sich aus obigen Be- merkungen fiber die Prognose.

38. Herr Moncorps-Mfinchen: Zur Metastasenbildung bei der Mycosis fungoides (mit Demonstrationen).

Im Verlauf einer klinisch sehr charakteristischen, mit erythemat6sen und psoriasiformen Hauterseheinungen beginnenden, nach 3 Monaten flaehe Infiltrate und nach 6 Monaten exuleerierende Tumoren zeigenden Mycosis fungoides (36j~hriger Mann) traten 7 Monate naeh Beginn sehwere, das Krankheitsbild vSllig beherrschende Symptome yon seiten der Hirnnerven auf. Innerhalb 26 Tagen fiel in Abst~nden von jeweils nur wenigen Tagen ein Hirnnerv nach dem anderen aus. Den Anfang bildete eine paroxysmal sieh steigernde, medikamentSs kaum zu beein- flussende und bis zum Exitus anhaltende Trigeminusneura]gie, dann folgten: Facialisparese rechts, Stauungspapille, Oculomotoriusl~hmung, Doppelsehen, Strabismus divergens, Anisocorie: 6 Tage sparer vSllige Amaurose, extreme Miosis, Prose beider Augenlider. Um die gleiehe Zeit auffMlige Wandlung des vorher his auf eine Eos. v. 9 % normalen Blut- bildes: 13000 Weif~e, nur 0,5% Eos., 9% Mononucl. und 2% neutroph. Myelocyten bei relativer Lymphopenie. Soweit eine Beurteilung mSg- lich, bestanden 5 Tage ante exitum an s~mtlichen Hirnnerven St6rungen; weiterhin bestanden solche jetzt auch in der Peripherie: Bauehdecken- und Cremasterreflex fehlen, Patellarreflex r. > lks., Babinsky r. + Exi- tus 81/2 Monate nacb Beginn der ersten Hauterseheinungen. Die ana- tomische Diagnose lautete: Mycosis fungoides, Bronehopneumonie, 0deme der Pia mater fiber Konvexit~t und Basis. VergrSl~erung des lk. Ganglion Gasseri. An den inneren Organen keine Metastasen, wohl aber mycosides Gewebe im Neurilemma, Perineurium, Peri- und Endo- neurium des Gangl. Gasseri und s~mtlicher Hirnnerven mit Ausnahme des N. olfactorius. Es war nicht zu einer ]okalisi0rten, tumorartigen Metastasenbildung gekommen, wie klinisch angenommen wurde, sondern zu einer mehr diffusen Infiltration, die sowohl im Gangl. Gasseri (r. mehr als lks.) als auch an den Hirnnerven sieh zun~ehst auf das Perineuri- ]emma zu beschrhnken scheint, um erst im Endstadium zwischen die einzelnen Nervenfasern unter tropfigem Zerfall ]etzterer einzudringen.


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