EPÜ 2000Konsequenzen für die Praxis
VPP Herbst-Fachtagung 26. Oktober 2007
Gert Kolle
Hauptdirektor a.D. Internationale Rechtsangelegenheiten & Patentrecht, EPA
EPÜ 2000 Grundlagen
• Revisionskonferenz November 2000• Vorbereitung, Verlauf, Ergebnisse
http://www.epo.org/patents/law/legislative-initiatives/epc2000.html
• EPÜ 2000– tritt am 13. Dezember 2007 (Stichtag) in Kraft– ist bisher von 27 Staaten ratifiziert
AT, BE, BG, CH, CZ, DK, EE, ES, FI, GB, GR, HU, IE, IS, LI, LT, LU, LV, MC, MT, NL, PL, RO, SE, SI, SK + NO (1.1.2008)
– fehlen noch 6: CY, DE, FR, IT, PT, TR
• Wer zu spät kommt, scheidet aus EPÜ aus! ► Art. 172(4)
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• EPÜ 2000• Ausführungsordnung zum EPÜ 2000 (2006)
Neue Nummern!• Gebührenordnung zum EPÜ 2000 (2006)• Prüfungsrichtlinien (Dezember 2007 auf Webseite)• Sonstige Texte zB
► Beschlüsse des Präsidenten, Mitteilungen des EPA (ABl 2007 Sonderausgabe 3)
► Leitfaden für Anmelder, Formblätter
• Neue Instrumente gelten erst ab Stichtag ► EPA-Mitteilung zur Übergangsphase EPÜ 1973/2000, ABl 10/2007 und Webseite
EPÜ 2000 Neue Instrumente ► Webseite EPO, ABl 2007 Sonderausgabe 1, Blaues Buch
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EPÜ 2000 Ziele der Revision
• Behutsame Modernisierung des europäischen Patentsystems
• Flexibilisierung und Deregulierung► Überführung von Einzelheiten in die EPÜ-AO
• Anpassung an TRIPS und PLT 2000• Befriedigung von Bedürfnissen und
Erwartungen der Nutzer • Straffung der Verfahren, Bewältigung der
steigenden Arbeitslast des EPA
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EPÜ 2000 Das Wesentliche auf einen Blick
• Institutionelle Bestimmungen– Befugnis des VR zur Änderung des EPÜ– Verankerung von BEST
• Neue Verfahren– Zentrales Beschränkungs- und Widerrufsverfahren– Überprüfung von BK-Entscheidungen durch GBK
• Patentierbarkeit– Anpassung an TRIPS– EP Anmeldung als älteres Recht für alle Staaten– Besserer Schutz für medizinische Indikationen
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EPÜ 2000 Das Wesentliche auf einen Blick
• Erteilungsverfahren– Neue Regeln für den Anmeldetag (PLT 2000)– Straffung des Erteilungs- und Einspruchsverfahrens– Verbesserte Rechtsbehelfe (Weiterbehandlung und
Wiedereinsetzung)
• Das EP nach Erteilung– Stärkung des Schutzbereichs– Harmonisierung des nationalen Nichtigkeitsverfahrens
• Redaktionelle Überarbeitung des EPÜ ► Synopsis EPÜ 1973/2000, ABl 2007 Sonderausgaben 4 und 5
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EPÜ 2000 Institutionelle Bestimmungen
• Verankerung von BEST im EPÜ – Vorläufig anwendbar seit November 2000– Eingangsstelle und Recherchenabteilungen nicht
mehr örtlich an Den Haag gebunden– Zuständigkeit von Eingangsstelle und
Prüfungsabteilungen– Grundlage für erweiterten Recherchenbericht
• BEST heute > 90%• Verfahren nach EPÜ (EESR) und PCT (WO-ISA)
korrespondieren
Art. 16 - 18
R 10
R 62 (ex R 44a)
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EPÜ 2000 Patentierbarkeit
• Patentierbar Erfindungen auf allen Gebieten der Technik– Ausnahmenkatalog in Art. 52(2) unverändert– Computerprogramme!
• Medizinische Verfahren jetzt ► Art. 53c) – Vorschlag für Streichung von Art. 52(4) erfolglos
• EP Anmeldung neuheitsschädlich für jede spätere EP Anmeldung ► Art. 54(4) gestrichen
– gilt nur für Anmeldungen ab dem Stichtag– alle Vertragsstaaten gelten als benannt ►Art. 79(1)
– ist aber schon heute häufig der Fall ► R 23a EPÜ 1973!
Art. 52(1)
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EPÜ 2000 Patentierbarkeit
• Zweckgebundener Stoffschutz für zweite und weitere medizinische Indikation
"Ebensowenig wird die Patentierbarkeit der in Absatz 4 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem in Artikel 53c) genannten Verfahren durch die Absätze 2 und 3 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört."
– gilt auch für Anmeldungen vor dem Stichtag, wenn über Patenterteilung noch nicht entschieden ist
– Schweizerische Anspruchsform nicht mehr notwendig ("Verwendung von Stoff X zur Herstellung eines Arzneimittels für therapeutische Anwendung Z")
– ggf. doppelte Abhängigkeit – Beispiele
Art. 54(5)neu
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Protection of compounds for medical use
EXAMPLES
Claim Patentable? EPC 2000
Use of product X for the treatment of melanoma
NO 53(c)
Product X for use as a medicament
YES, first medical use claim
54(4)
Product X for the treatment of cancer
YES, second medical use claim
54(5)
Product X for the treatment of hypertension
YES, further medical use claim
54(5)
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EPÜ 2000 Beschränkungs- und Widerrufsverfahren Art 105a-105c, R 90-96
Gilt auch für vor dem Stichtag erteilte/geänderte Patente
Grundlage ist EP wie erteilt oder im Einspruchs- oder Beschränkungsverfahren geändert
Auf Antrag des Patentinhabers jederzeit mehrere/verschiedene Inhaber müssen zustimmen
Gebühr Beschränkung €1000 - Widerruf € 450
Vorrang des Einspruchsverfahrens Beschränkung nur durch Änderung der Ansprüche
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Prüfungsabteilung prüft Beschränkung ►kein aliud, keine "Klarstellung"! Art 84, 123(2) und (3) keine Prüfung des beschränkten Patents auf Patentierbarkeit!
Beschränkungsverfahren Entscheidung über Beschränkung/Widerruf wirkt
ex tunc für alle im EP benannten Staaten
Auswirkung auf nationale Verfahren
EPÜ 2000 Beschränkungs- und Widerrufsverfahren
Art 105a-105c, R 90-96
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EPÜ 2000 Überprüfung von BK-Entscheidungen
Art 112a, R 104-110 VerfO GBK
ABl. 2007,303
Gilt nur für Entscheidungen ab dem Stichtag!
Auf Antrag einer durch BK-Entscheidung beschwerten Partei
Gründe
Falsche Besetzung einer BK (Art 24)
Schwerwiegender Verfahrensmangel, zB Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 113)
Feststellung einer Straftat, die Entscheidung beeinflusst haben könnte
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EPÜ 2000 Überprüfung von BK-Entscheidungen
Zulässigkeit Frist: 2 Monate ab Zustellung der
BK-Entscheidung/rechtskräftiger Feststellung der Straftat Gebühr: € 2.500 Begründung des Antrags, Tatsachen und Beweismittel Rüge des Mangels im Beschwerdeverfahren - sofern
möglich - und Zurückweisung durch BK!
Vorprüfung
GBK (3 Mitglieder) verwirft einstimmig offensichtlich unzulässige oder unbegründete Anträge
Sachentscheidung GBK (5 Mitglieder) entscheidet über Begründetheit
Ist Antrag begründet, wird Verfahren vor der BK wieder eröffnet
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EPÜ 2000 Anmeldetag (AT)
Art 80, R
40
Neues Recht gilt nur für Anmeldungen ab Stichtag EP-Anmeldung in jeder Sprache möglich Art 14(2) Erfordernisse für AT
Hinweis, dass EP beantragt wird
Angaben, die Feststellung der Identität des Anmelders oder Kontaktaufnahme ermöglichen
Beschreibung oder Bezugnahme auf frühere Anmeldung
Ansprüche für AT nicht zwingend erforderlich - aber natürlich für das weitere Verfahren (Recherche, Veröffentlichung, Prüfung) ► Art 123(2) beachten!
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EPÜ 2000 Anmeldetag (AT)
Art 80, R
40
Bezugnahme auf früher eingereichte Anmeldung AT und Aktenzeichen dieser Anmeldung + Patentamt,
bei dem sie eingereicht wurde
Bezugnahme ersetzt Beschreibung und Zeichnungen, kann sich auch auf Ansprüche erstrecken ► R 57c)
Beglaubigte Abschrift und ggf Übersetzung der früheren Anmeldung nachzureichen
– Frist: 2 Monate ab Anmeldung beim EPA + 2 Monate Nachfrist nach Aufforderung des EPA
– Rechtsfolgen bei Säumnis unterschiedlich ► R 55, 57a), 58 – Keine Weiterbehandlung,
nur Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis!
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EPÜ 2000 Anmeldetag (AT)
Art 80, R
40
Beschreibungsteile oder Zeichnungen fehlen EPA fordert zur Nachreichung binnen 2 Monaten auf,
sofern Fehlen bei Eingangsprüfung festgestellt wird (keine Ansprüche aus Unterlassung !)
Bei Nachreichung wird AT neu festgesetzt, es sei denn
– Anmeldung beansprucht Priorität – fehlende Teile/Zeichnungen sind vollständig in
Prioritätsanmeldung enthalten– Anmelder beantragt dies und reicht Abschrift und ggf.
Übersetzung der früheren Anmeldung ein
Einzelheiten in R 56
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EPÜ 2000 Prioritätsrecht
Art 87, 88, R 52, 53
Prioritätsbegründend
Anmeldung in WTO-Mitglied, das nicht PVÜ angehört ►zB Taiwan
Wiedereinsetzung in Prioritätsfrist möglich
Prioritätserklärung
kann binnen 16 Monaten nach frühestem Prioritätstag nachgeholt oder berichtigt werden
Übersetzung des Prioritätsbelegs
nur nach Aufforderung des EPA, wenn Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs für Patentierbarkeit relevant
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EPÜ 2000 Weiterbehandlung (WB)
Art 121, R 135
Standard-Rechtsbehelf für Anmelder bei Rechtsverlust nach Versäumnis gesetzlicher oder vom EPA bestimmter Fristen
Frist: 2 Monate nach Mitteilung über Rechtsverlust Zahlung der WB-Gebühr (= Antrag) und
Nachholung der versäumten Handlung WB-Gebühr
bei verspäteter Gebührenzahlung 50% der Gebühr sonst € 210
WB nach neuem Recht gilt für alle Fälle, in denen WB-Frist am Stichtag noch nicht abgelaufen ist
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EPÜ 2000 Weiterbehandlung (WB)
Art 121, R 135
Von WB ausgeschlossen sind Fristen für Prioritätserklärung Beschwerde Antrag auf Überprüfung durch die GBK Weiterbehandlung und Wiedereinsetzung Fristen im Zusammenhang mit Eingangs- und
Formalprüfung Antrag auf beschwerdefähige Entscheidung Zahlung von Jahresgebühren Mitteilung der Hinterlegungsnummer von Biomaterial
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EPÜ 2000 Wiedereinsetzung (WE)
Art 122, R 136
WE nun auch möglich in Prioritätsfrist
2 Monate nach Ablauf der Prioritätsfrist 2 Monate auch für WE in Frist für Überprüfungsantrag
nach Art 112a(4)
WE-Gebühr € 550
Von WE ausgeschlossen sind
alle Fristen, für die WB beantragt werden kann Frist für Wiedereinsetzung
WE nach neuem Recht gilt für alle Fälle, in denen WE-Frist am Stichtag noch nicht abgelaufen ist
EPÜ 2000 Sonstige Änderungen im Verfahren
• Definition von "Schriftform", "Unterschrift"• Teilanmeldung
– ist in Verfahrenssprache einzureichen– Bezugnahme auf Stammanmeldung möglich
• Einspruch - Umsetzung der Grundsätze aus G10/91– vom Einsprechenden geltend gemachte Gründe
müssen geprüft werden– andere können geprüft werden
R 1, 2(2)
R 36(2)
R 81(1)
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EPÜ 2000 Sonstige Änderungen im Verfahren
• EPA kann vom Anmelder Auskunft über Stand
der Technik verlangen, der in anderen Patentverfahren berücksichtigt wurde und eine Erfindung betrifft, die Gegenstand der europäischen Patentanmeldung ist.
• Art 124 EPÜ 1973: Angabe des Staates und des Aktenzeichens einer korrespondierenden Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung kann verlangt werden
• Unterlässt es der Anmelder, auf eine solche Aufforderung rechtzeitig zu antworten, so gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen.
Art. 124, R 141
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EPÜ 2000 Sonstige Änderungen im Verfahren
• Zeugnisverweigerungsrecht des Vertreters (attorney-client privilege)
"Wird ein zugelassener Vertreter in ebendieser Eigenschaft zurate gezogen, so sind in Verfahren vor dem Europäischen Patentamt alle diesbezüglichen Mitteilungen zwischen dem Vertreter und seinem Mandanten oder Dritten, die unter Artikel 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern* fallen, auf Dauer von der Offenlegung befreit, sofern der Mandant darauf nicht ausdrücklich verzichtet."
*Berufsgeheimnis - Der zugelassene Vertreter ist zur Verschwiegenheit über Geheimnisse verpflichtet, die ihm bei Ausübung des Berufs anvertraut worden sind, sofern er von dieser Verpflichtung nicht befreit wird.
Bristol Myers Squibb v. Rhone Poulenc Rorer (Southern District of New York, 19 April 1999)
Art 134a(1)d), R 153
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EPÜ 2000 Das EP nach Erteilung
• Schutzbereich Art 69(1) "Der Schutzbereich des europäischen Patents und der europäischen Patentanmeldung wird durch (den Inhalt der) die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen."
• Auslegungsprotokoll zu Art 69
„Bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents ist solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind."
– Gilt auch für am Stichtag bereits erteilte Patente
– Keine Definition von Äquivalenten
– Kein "prosecution history estoppel"
Art. 2 “Äquivalente”
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EPÜ 2000 Das EP nach Erteilung
• Nationales Nichtigkeitsverfahren Art 138(2,3)
– Teilnichtigkeit des EP wird durch Beschränkung der Ansprüche ausgesprochen
– Patentinhaber ist befugt, das EP nur beschränkt zu verteidigen
– Die so beschränkte Fassung des EP ist dem Verfahren zugrunde zu legen
• Gilt auch für am Stichtag bereits erteilte Patente
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EuropeanPatent Office
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und viel Freude mit dem EPÜ
2000