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Monatsschr Kinderheilkd 2012 · 160:487–488DOI 10.1007/s00112-012-2674-9© Springer-Verlag 2012

T. Meissner1 · D. Schnabel2

1 Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf2 Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, SPZ, Otto-Heubner-Centrum für Kinder-

und Jugendmedizin, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum , Berlin

Handlungsempfehlung nach der Leitlinie Vitamin-D-Mangel-Rachitis

Die Leitlinie wurde anhand der derzeiti-gen AWMF-Leitlinie (Registernummer 027/037; Klassifikation S1; [1], AWMF: Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftli-chen medizinischen Fachgesellschaften e.V.) entwickelt und kann diese nicht er-setzten. Es wurden jedoch Änderungen vorgenommen, um eine bessere Praktika-bilität zu ermöglichen. Auch die AWMF-Leitlinie wird möglicherweise zeitnah ak-tualisiert. Sie erläutert ausführlich die Dif-ferenzialdiagnosen und therapeutischen Empfehlungen zur Vitamin D-Mangel-Rachitis.

Vitamin D ist für eine normale Ab-sorption von Kalzium und Phosphat aus dem Darm notwendig. Ein schwerer Mangel an Vitamin D kann im Kindes-alter zur Rachitis und/oder Osteomalazie, bei Erwachsenen nach Epiphysenschluss

Zusatzmaterial online

Die hier dargestellte Handlungsempfehlung finden Sie unter http://dx.doi.org/10.1007/s00112-012-2674-9 als PDF zum Download.

Handlungsempfehlungen

Tab. 1 Einteilung der Vitamin-D-Mangel-Rachitis. (Adaptiert nach [2])

Schweregrade in Abhängigkeit von Laborwerten und Röntgenbefund

Serumkalzium Serumphosphat AP PTH 25-OHD 1,25-(OH)2-D Röntgen

Leicht Norm/↓ Norm/↓ ↑ ↑ ↓ Norm Osteopenie

Moderat Norm/↓ ↓ ↑↑ ↑↑ ↓↓ ↑/Norm/↓ Rachitische Verän-derungen +

Schwer ↓↓ ↓↓ ↑↑↑ ↑↑↑ ↓↓↓ ↑/Norm/↓ Rachitische Verän-derungen ++

1,25-(OH)2-D 1,25-Dihydroxy-Vitamin D, 25-OHD 25-Hydroxy-Vitamin D, AP alkalische Phosphatase, PTH Parathormon

zu einer Osteomalazie führen (. Tab. 1). Die Vitamin D-Mangel-Rachitis ist so-mit eine Form der kalzipenischen Rachi-tiden, die wiederum von den hypophos-phatämischen Rachitiden abgegrenzt wer-den. Ursachen für den Vitamin-D-Mangel können eine unzureichende Zufuhr, eine verminderte Synthese oder eine gestörte Absorption sein.

Die Handlungsempfehlung (. Abb. 1) soll dazu dienen, die wesentlichen diag-nostischen und therapeutischen Maß-nahmen, die bei Verdacht auf Vitamin-D-Mangel-Rachitis angezeigt sind, in einer kurzen und übersichtlichen Form darzu-stellen. Sie ersetzt nicht die Lektüre der Leitlinie.

Zuständigkeit. Pädiater (Stufe I und II), pädiatrischer Endokrinologe und Diabe-tologe (Stufe III)

Korrespondenzadresse

PD Dr. T. MeissnerKlinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatolo-gie, Heinrich-Heine-Universität DüsseldorfMoorenstraße 5, 40225 Dü[email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt für sich und seinen Koautor an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

Literatur

1. Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendme-dizin (DGKJ), Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische En-dokrinologie (APE) als Sektion der Deutschen Ge-sellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedi-zin (DGKJ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), Sektion Pädiatrische En-dokrinologie und Diabetologie (2010) Vitamin-D-Mangel-Rachitis. Definition und Basisinformation. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 027/037. AWMF, Düs-seldorf, http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitli-nien/027-037_S1_Vitamin-D-Mangel-Rachitis_01-2010_01-2015.pdf. Zugegriffen: 04.04.2012

2. Misra M, Pacaud D, Petryk A et al (2008) Vitamin D deficiency in children and its management: review of current knowledge and recommendations. Pe-diatrics 122(2):398–417

487Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2012  | 

RedaktionA. Borkhardt, DüsseldorfS. Wirth, Wuppertal

Ursachen- Verminderte Synthese (mangelnde Sonnenlichtexposition,

Lebererkrankung, Niereninsu�zienz, Medikamente)- Unzureichende Zufuhr über die Ernährung- Mütterlicher Vitamin-D-Mangel und exklusives Stillen- Malabsorption (Zöliakie, M. Crohn, CF u.a.)

De�nitionKalzipenische Rachitis mit gestörter Mineralisierungund Strukturstörung der Wachstumsfuge.

Rachitisdiagnose (Stufe I)

Klinik

Säuglinge: Hypokalziämie mit Tetanieund/oder Krampfanfällen;Skelettveränderungen (Genu valgaoder vara, Kraniotabes, rachitischerRosenkranz)Ältere Kinder: auch Myopathie,Muskelhypotonie und -schmerzen;vermehrte Infektanfälligkeit

Radiologische Diagnostik GenerellRöntgenaufnahme der linken Hand(Alter > 12 Monate)Röntgenaufnahme des Kniegelenks(Alter < 12 Monate)

Klinischer oderlaborchemischer Verdacht Diagnose

Erhöhtes Parathormon (PTH)?

Alter

Alkalische Phosphatase erhöhtS-Kalzium und Phosphat bestimmen

S-Kalzium normal / niedrigS-Phosphat normal / niedrig

S-Phosphat erniedrigt,S-Kalzium normal

25-OHD-Wert (Stufe II) Hypophosphatämische Rachitis(Tubulopathie, hereditäre hypo-phosphatämische Rachitiden, u.a.)

erniedrigt normal

Vitamin-D-Mangel-Rachitits 1,25-(OH)2D -Wert (Stufe III)

erniedrigt erhöht

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 1(1α-Hydroxylasemangel)

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 2Vitamin-D-Rezeptor-Defekt

0–4 Lebens-wochen

4 Lebenswochen –12 Monate

> 12 Monate

1000 IU Vitamin D3 und Kalzium (40-80mg/kg/Tag) für 12 Wochen, anschließend 500

IU Vitamin D3 bis Ende des 1. Lebensjahres

3000 IU Vitamin D3 und Kalzium (40-80mg/kg/Tag) für 12 Wochen, anschließend 500

IU Vitamin D3 bis Ende des 1. Lebensjahres

5000 IU Vitamin D3 und Kalzium (40-80mg/kg/Tag; bis zu 1500 mg/Tag) für 12

Wochen, anschließend ausreichendeSonnenlichtexposition und orale Kalziumzufuhr über

die Nahrung (Milch, Milchprodukte)

ProphylaxeVitamin-D-Prophylaxe mit500 IU im 1. Lebensjahr, ggf.auch bei adoleszentenMädchen mit erhöhtemGefährdungsrisiko

Symptomatische Therapie:Bei hypokalzämischenKrämpfen 10% Kalzium-glukonatlösung 1-2 ml/kgKörpergewicht langsami.v. (cave: Herzrhythmusstörung)

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Abb. 1 8 Handlungsempfehlung zur Diagnose und Behandlung der Vitamin-D-Mangel-Rachitis, 1,25-(OH)2-D 1,25-Dihydroxy-Vitamin D, CF zystische Fibrose, 25-OHD 25-Hydroxy-Vitamin D, S-Kalzium Serumkalzium, S-Phosphat Serumphosphat

488 |  Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2012

Handlungsempfehlungen


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