Indische Investitionen in Deutschland
Perspektiven für einen gemeinsamen Wohlstand
Indische Investitionen in Deutschland
Perspektiven für einen gemeinsamen Wohlstand
Bertelsmann Stiftung, Ernst & Young GmbH, Confederation of Indian Industry (CII)
3
Inhalt
Vorwort der Herausgeber .........................................................................................................................5
Vorwort der Partner ...................................................................................................................................7
Zusammenfassung .......................................................................................................................................8
Einleitung und Ansatz .............................................................................................................................. 10
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen ............................................................................... 13
1.1 Deutschland und Indien im Kontext ........................................................................................ 13
Globaler Fokus: Eine multipolare Welt ............................................................................... 13
Die indisch-deutschen Handelsbeziehungen ................................................................... 15
1.2 Indische Investitionen in Deutschland ...................................................................................... 18
Indische FDI weltweit ............................................................................................................... 18
Brennpunkt | Chancen im Zusammenhang mit dem Brexit ....................................................... 21
Fusionen und Übernahmen durch indische Investoren in Deutschland 24
Brennpunkt | Investitionspotenziale im deutschen Mittelstand ........................................ 26
1.3 Die indische Wirtschaftspräsenz in Deutschland....................................................................................... 30
Brennpunkt | Indische Fachkräfte in Deutschland ........................................................ 33
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick ....................................................................................................... 35
2.1 Die Metall- und Metall verarbeitende Industrie ................................................................. 35
2.2 Die Automobilindustrie ................................................................................................................ 37
2.3 Die chemische und pharmazeutische Industrie ................................................................... 39
2.4 Software und IT-Leistungen ....................................................................................................... 42
Brennpunkt | Portfolioinvestitionen (Privatvermögen) ...............................................44
3 Die Ergebnisse der Befragung: ..........................................................................................................................
Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland ................................................................. 46
3.1 Die Hauptmotivationen für indische Investitionen in Deutschland ............................. 47
3.2 Subjektiv wahrgenommene Herausforderungen für indische Investoren ................ 49
3.3 Erfolgsfaktoren ............................................................................................................................... 52
Brennpunkt | Anreize der deutschen Regierung............................................................. 53
4 Schlussfolgerung und strategische Überlegungen ............................................................................. 56
Liste der Tabellen und Abbildungen ................................................................................................... 58
Literatur- und Quellenverzeichnis....................................................................................................... 59
Abkürzungen ............................................................................................................................................... 61
4 Indische Investitionen in Deutschland
Vorwort der Herausgeber 5
Vorwort der Herausgeber
Die Bertelsmann Stiftung und Ernst & Young Deutschland engagieren sich
für die Entwicklung engerer Beziehungen zwischen Indien und Deutschland. Das
EY India Competence Center und die deutschen und indischen Business-Netzw-
erke konzentrieren sich auf die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden
Ländern, während die Bertelsmann Stiftung im Rahmen des Programms
„Deutschland und Asien“ die sozioökonomischen Auswirkungen dieser Bezie-
hungen untersucht. In der zweiten Jahreshälfte 2016 starteten die beiden
Organisationen das Projekt zum Thema indische Investitionen in Deutschland,
das vom damaligen indischen Botschafter in Deutschland, Shri Gurjit Singh, und
dem Verband der indischen Industrie (Confederation of Indian Industry, kurz CII)
als Kooperationspartner unterstützt wurde.
Für Indien, das zu den sieben größten Volkswirtschaften der Welt gehört,
wird ein kontinuierliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von über sieben
Prozent jährlich erwartet. Deutschland ist schon seit Jahrzehnten ein starker
Handels- und Investitionspartner Indiens, und einige deutsche Traditionsun-
ternehmen sind bereits seit mehr als 100 Jahren in Indien präsent. Da
Deutschland und Indien sich im Hinblick auf Humankapital, Marktgröße und
technologische Entwicklung gegenseitig ergänzen, ist es wenig überraschend,
dass Unternehmen beider Länder auch auf beiden Märkten aktiv sind.
Im Zuge des heimischen Wirtschaftswachstums expandieren indische
Unternehmen auf internationale Märkte – nicht nur, um ihre weltweiten Marktan-
teile zu erhöhen, sondern auch, um Zugang zu den neuesten Technologien zu
erhalten. Als Hochtechnologiestandort mit robuster Infrastruktur, politischer
Stabilität und einer zentralen Lage in Europa ist Deutschland ein attraktives Ziel,
sowohl für Neugründungen als auch für Übernahmen. Indische Unternehmen
expandieren nach Deutschland und kaufen dort und auch im restlichen Europa
gezielt Unternehmen – weitgehend unbeachtet von den deutschen Medien.
Statistiken über indische Investitionen sind oft unzureichend, was die
Regelmäßigkeit ihrer Erstellung und die Vollständigkeit der Daten betrifft. Die
vorliegende Studie soll diese Lücken durch die Beantwortung der folgenden
Fragen schließen: Warum expandieren indische Unternehmen nach Deutschland?
Welchen Mustern folgen indische Investitionen in Deutschland? Welche
Branchen ziehen Investitionen an? Welche Herausforderungen sehen indische
Spitzenmanager beim Aufbau ihrer Präsenz in Deutschland? Welche entschei-
denden Faktoren sind für eine erfolgreiche Expansion nach Deutschland zu
beachten?
Indische Investitionen in Deutschland6
Die Studie bietet sorgfältig recherchiertes Datenmaterial aus den letzten
sieben Jahren und qualitative Daten aus Interviews mit Spitzenmanagern
führender, in Deutschland aktiver indischer Unternehmen. Wir möchten damit
einen Gesamtüberblick sowohl über die Branchen, die indische Investitionen
anziehen, als auch über die geografische Verteilung dieser Investitionen zu
geben. Gleichzeitig wollen wir eine Liste von Faktoren benennen, die für die
erfolgreiche Integration indischer Unternehmen in die deutsche Unternehmens-
landschaft entscheidend sind. In diesem Kontext berücksichtigen wir relevante
Themen, etwa die Folgen des Brexit, indisches Privatvermögen in Deutschland
sowie die Nachfolgeplanung und Übernahmen im deutschen Mittelstand.
Abschließend werden Empfehlungen für politische Entscheidungsträger und
Kommunen formuliert, um das Investitionsklima zu verbessern und Eintrittsbar-
rieren abzubauen.
Wir hoffen, dass diese Studie eine Hilfe für die beteiligten Akteure in
Wirtschaft, Politik und Forschung ist und neue Erkenntnisse dazu liefert, wie die
Zusammenarbeit über nationale, geografische und gesetzliche Grenzen hinweg
am besten gestaltet werden kann. Indien und Deutschland ergänzen sich in
wirtschaftlicher Hinsicht hervorragend und jeder Schritt zur Realisierung dieses
Potenzials kann für beide Länder nur ein Gewinn sein.
Murali Nair Hermann Mühleck
Senior Project Manager Leiter, India Business Network
Bertelsmann Stiftung Deutschland Schweiz Österreich
EY
Vorwort der Partner 7
Vorwort der Partner
Ich freue mich, Ihnen die Studie „Indische Investitionen in Deutschland:
Perspektiven für einen gemeinsamen Wohlstand” vorzustellen, die aus der
Zusammenarbeit zwischen dem Verband der indischen Industrie (Confederation
of Indian Industrie, CII), der Unternehmensberatung Ernst & Young und der Bertels-
mann Stiftung hervorgegangen ist. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, die
Kooperation zwischen den beiden Ländern in Handel und Industrie zu verbessern.
Die Studie gibt einen umfassenden Überblick über die indisch-deutschen
Geschäftsbeziehungen und enthält eine detaillierte Analyse der Kernbranchen
für die wirtschaftliche Präsenz von Indien in Deutschland. Damit vermittelt sie
ein detailliertes Verständnis von strategischen Fragen in Bezug auf indische
Investitionen in Deutschland, u. a. im Hinblick auf langfristige Ziele und Markt-
eintrittsstrategien in Deutschland, die Hauptantriebskräfte und Erfolgsfaktoren,
die grundlegenden wirtschaftlichen und politischen Anreize sowie interkultur-
elle Fragen und Herausforderungen, denen sich Investoren stellen müssen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass die Mehrzahl der indischen
Investoren aufgrund früherer Erfahrungen bei der Expansion ins Ausland
kompetente professionelle Beratungsleistungen schätzen, die ihnen den
Markteintritt erleichtern und ihnen bei der Überwindung typischer Hindernisse
helfen. Ein weiteres Schlüsselergebnis der Studie ist die Erkenntnis, dass
indische Investoren wenig Interesse an kostengünstigen und rücksichtslosen
Übernahmen haben; vielmehr bevorzugen sie es, Investitionsentscheidungen
auf der Grundlage seriöser und sorgfältiger Prüfungen zu treffen.
Die zusammenfassenden Ergebnisse und Empfehlungen werden potenziel-
len indischen Investoren ebenso wie der deutschen und indischen Regierung
hoffentlich dabei helfen, das Wirtschafts- und Geschäftsumfeld in beiden
Ländern insgesamt zu verbessern und künftige bilaterale Investitionen noch
mehr zu unterstützen.
Im Namen des CII möchte ich unseren geschätzten Partnern Ernst & Young
und der Bertelsmann Stiftung, ebenso allen Industrieverbänden, deutschen und
indischen Unternehmen sowie Behörden, Wissenschafts- und Finanzinstitu-
tionen für die Beiträge danken, die sie zu dieser Studie geleistet haben.
Ich hoffe, dass unsere gemeinsamen Anstrengungen in den kommenden
Jahren – insbesondere im Kontext des Brexit, der Deutschland zu einem
wichtigen Einfallstor nach Europa machen wird – zu einer stärkeren wirtschaft-
lichen Präsenz Indiens in Deutschland führen werden.
Chandrajit Banerjee
Generaldirektor
Confederation of Indian Industry (CII)
Indische Investitionen in Deutschland8
Zusammenfassung
1 Mit einem BIP von 12 Billionen US-Dollar war Europa im Jahr 2016 der
zweitgrößte Markt der Welt. Davon entfielen 3,5 Billionen US-Dollar auf
Deutschland. Insgesamt ca. 17 Prozent aller indischen Auslandsdirektinvesti-
tionen (FDI) flossen zwischen 2010 und dem 1. Quartal 2016 nach Deutsch-
land, während im Vergleich dazu 46 Prozent in Großbritannien getätigt
wurden. Der bevorstehende Brexit wird Deutschlands Position als wichtiges
Einfallstor nach Europa künftig stärken.
2 Eine Analyse von rund 80 führenden Tochterunternehmen in Deutschland
tätiger indischer Unternehmen zeigt, dass 97 Prozent der Umsätze mit
indischem Bezug in Deutschland auf vier Branchen entfallen. An erster Stelle
steht die Metall- und Metall verarbeitende Industrie mit einem Anteil von
40 Prozent, gefolgt von der Automobilindustrie (29 %), der chemisch-pharma-
zeutischen Industrie (19 %) und dem Sektor für professionelle, wissenschaft-
liche und technische Dienstleistungen (9 %).
3 Die Metall- und die Chemieindustrie spielen für FDI sowie für Fusionen und
Übernahmen durch indische Investoren aktuell keine bedeutende Rolle.
Stattdessen nehmen die Automobilindustrie, der Maschinenbausektor und
andere Hochtechnologie-Bereiche wie Industrie 4.0 oder das Internet der
Dinge (IdD) einen wichtigen Platz bei Unternehmensübernahmen und
Neugründungen ein. Eine Entwicklung, hinter der vor allem der Wunsch
steht, Zugang zu deutscher Technologie zu erhalten.
Auch der traditionell wichtige indische Dienstleistungssektor zeigt ein
wachsendes Interesse an einem Zugang zum deutschen Markt, was sich in
Übernahmen und Neugründungen in den Bereichen IT-Dienstleistungen
und Software äußert. Darüber hinaus ist die Pharmaindustrie nach wie vor
höchst attraktiv, was Deutschland den Spitzenplatz auf der Einkaufsliste
indischer Investoren und Unternehmensgründer beschert.
4 Indische Investoren schätzen die hohe Qualität der deutschen Infrastruktur,
die Transparenz (geringe Korruption), das günstige Umfeld für Forschung,
Entwicklung und Innovation, die politische Stabilität und das hohe Ausbildungs-
und Kompetenzniveau der Arbeitskräfte.
5 Insgesamt 83 Prozent des deutschen Mittelstands (kleine und mittlere
Unternehmen) besitzen keinen Nachfolgeplan. 2015 waren über 40 Prozent
der Eigentümer in diesem Wirtschaftssegment 55 Jahre oder älter. Insgesamt
neun Prozent der Unternehmen sahen eine Übernahme innerhalb der
kontrollierenden Familie vor, wohingegen acht Prozent bzw. 50.000 Eigen-
tümer mit einer externen Nachfolge bis 2018 rechneten. Hierin liegt ein
enormes Potenzial für indische Investoren.
Zusammenfassung 9
6 Treibende Kräfte für indische Investitionen in Deutschland sind u. a. der
Wunsch, neue Märkte zu entwickeln, den Unternehmensruf zu verbessern,
Zugang zu Technologien zu gewinnen, Kundennähe herzustellen, neue
Anstöße für Innovationen zu erhalten und Deutschland als Einfallstor nach
Europa zu nutzen.
7 Als subjektive Herausforderungen in Deutschland gelten u. a. der äußerst
intensive Wettbewerb, Schwierigkeiten bei der Suche nach Geschäftspartnern,
die hohen Kosten einer internationalen Geschäftstätigkeit, die Notwendig-
keit, Produkte und Produktqualität anzupassen, sowie Wechselkursrisiken.
8 „Weiche“ Faktoren wie Lebensqualität, Kenntnisse der deutschen Kultur
und Sprache sowie Sicherheit werden nicht als Herausforderungen wahrge-
nommen. Insbesondere indische Auslandskräfte, die bereits in den USA,
Großbritannien oder in Großstädten anderer europäischer Länder gelebt
haben, sehen die hohe Lebensqualität zu erschwinglichen Preisen als einen
starken, positiven Faktor. Darüber hinaus hat sich in Deutschland eine
indische Gemeinde entwickelt, die sich weiter vergrößert, und in deutschen
Großstädten lässt sich auf Englisch kommunizieren. Die deutschen Standards
im Bereich der öffentlichen Sicherheit sind weltweit kaum zu übertreffen.
9 Als wichtigste Erfolgsfaktoren für indische Investitionen in Deutschland
gelten eine angemessene Markteintrittsstrategie, gefolgt von der Zusammen-
arbeit mit den richtigen Partnern vor Ort, der Vorbereitung der Investitionen
durch Knüpfen der richtigen Kontakte und der Ausbildung der Mitarbeiter
des Investitionspartners. Darüber hinaus wird eine stärkere unternehmens-
interne Forschung als wichtig erachtet. Zu den weiteren Erfolgsfaktoren
zählen die Unterstützung durch hoch qualifizierte erfahrene Dienstleister bei
wichtigen Aufgaben, etwa die Suche von Übernahmezielen und Regionen,
die Kenntnis der geltenden Gesetze, Abgaben und Gebühren, die Art und
Weise des Umgangs mit Behörden, die Suche nach Partnern sowie die Erstel-
lung von Markt- und Wettbewerbsanalysen.
10 In der Vergangenheit waren für indische Investoren vor allem niedrige
Kosten entscheidend, was zum Kauf notleidender Unternehmen führte. In
diesen Fällen waren die gezahlten Summen jedoch häufig immer noch zu hoch
und die neuen Eigentümer nicht in der Lage, die Unternehmen zu sanieren.
Investitionen in Deutschland und Deutschland als Investitionsstandort
gerieten in Verruf und indische Investoren vermieden es zunehmend, sich in
Deutschland zu engagieren. Heute haben indische Investoren Erfahrungen
im Bereich Auslandsexpansionen gesammelt und lassen sich bei Investitions-
entscheidungen nicht länger ausschließlich vom Preis leiten.
Indische Investitionen in Deutschland10
Einleitung und Ansatz
Kontext
Die Liberalisierung der indischen Wirtschaft im Jahr 1990 löste eine globale
Expansionswelle unter indischen Unternehmen aus, die sich zunächst auf Länder
wie Großbritannien und die Vereinigten Staaten konzentrierte und seit 2005 auch
auf Deutschland erstreckt. Heute zählt Deutschland als führender Hochtechnolo-
gie-Standort mit einem Auslandsinvestitionsvolumen von mehr als sechs Milliar-
den Euro zu den zehn wichtigsten Handelspartnern Indiens.
Die bilateralen Beziehungen zwischen Indien und Deutschland haben eine
jahrzehntelange Tradition. Im Jahr 2000 unternahmen beide Länder mit der
Unterzeichnung der Agenda für die deutsch-indische Partnerschaft im 21.
Jahrhundert einen entscheidenden nächsten Schritt zur Intensivierung ihrer
Zusammenarbeit. Darauf folgte die gemeinsame Erklärung zur Weiterentwicklung
der strategischen und globalen Partnerschaft zwischen Indien und Deutschland im
Jahr 2007. Das Jahr 2011/2012 wurde in Indien als Deutschlandjahr gefeiert, und
seit 2011 werden im Zweijahresrhythmus bilaterale Regierungskonsultationen
abgehalten, die zuletzt im Mai 2017 in Berlin stattfanden.
Ansatz und Methodik
Die vorliegende Studie beruht auf der Auswertung von Experten-Interviews
und aktueller Wirtschafts- und Marktdaten. Dieser kombinierte Ansatz ermög-
licht die Entwicklung eines Gesamtbildes, das sowohl die daten- und faktenbasier-
te wirtschaftliche Realität als auch die persönlichen Wahrnehmungen wichtiger
Akteure – im vorliegenden Fall indischer Investoren – berücksichtigt.
Für die Interviews wurden CEOs und für strategische Expansionen verantwortli-
che Führungskräfte von 32 indischen Unternehmen befragt, die entweder bereits in
Deutschland tätig sind oder dort tätig werden möchten. Das Ziel bestand darin zu
erfahren, wie Spitzenmanager das Potenzial und die Attraktivität Deutschlands als
Investitionsstandort bewerten und von welchen Hindernissen sie ausgehen.
Die drei Partner haben außerdem Intensivseminare mit hochrangigen
Vertretern indischer und deutscher Regierungsbehörden, Universitäten,
Finanzinstitutionen, Unternehmen und Industrieverbänden abgehalten, die einen
kompetenten und diversifizierten Resonanzboden zur Interpretation der
Primärdaten und Marktfakten lieferten.
Einleitung und Ansatz 11
In der Studie werden die für indische Investoren zum derzeitigen Zeitpunkt
attraktivsten Branchen benannt und Schlüsse gezogen, welchen Beitrag die
deutsche und indische Regierung und andere Akteure dazu leisten können, das
wirtschaftliche und geschäftliche Umfeld im Allgemeinen und die bilateralen
Investitionstätigkeiten im Speziellen in Zukunft zu verbessern.
Der erste Abschnitt enthält einen Überblick über die indisch-deutschen
Wirtschaftsbeziehungen. Darin werden zunächst handelsbezogene Daten sowie
Statistiken zu ausländischen Direktinvestitionen (FDI) sowie zu Fusionen und
Übernahmen zusammengefasst; im Anschluss daran wird die indische Wirt-
schaftspräsenz in Deutschland, insbesondere in Bezug auf die Investitionstätig-
keit, genauer beleuchtet. Im zweiten Teil folgt eine Detailanalyse der wichtigsten
Zielbranchen für indische Investoren in Deutschland mit dem Ziel, potenziellen
Investoren eine Orientierungshilfe zu bieten. Im dritten Teil werden die Ergebnis-
se der im Rahmen dieser Studie durchgeführten Befragung dargestellt. Das Ziel
bestand darin, mehr über die Motivation indischer Investoren für die Ausweitung
ihrer Geschäftstätigkeit nach Deutschland und die subjektiv wahrgenommenen
Schwierigkeiten zu erfahren und daraus auf potenzielle Erfolgsfaktoren zu
schließen.
Indische Investitionen in Deutschland12
13
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen
1 A. T. Kearney (2016)
Immer mehr indische Unternehmen erobern sich
einen Platz in der Weltwirtschaft. Private und
staatliche Unternehmen entwickeln neue Märkte
durch Direktimporte, Gründungen von Tochtergesell-
schaften, den Aufbau von Kooperationen und
Allianzen und den Kauf ausländischer Unternehmen.
Parallel zu diesen strategischen Investitionen
betrachten Privatpersonen und reiche Familien das
Ausland zunehmend als attraktives Investitionsziel
für ihr Privatvermögen. Deutschland ist heute dank
seiner politischen und wirtschaftlichen Stabilität,
seiner Technologieführerschaft und des hohen Maßes
an öffentlicher Sicherheit einer der attraktivsten
Investitionsziele weltweit und belegt Platz 4 auf dem
A. T. Kearney Foreign Direct Investment Confidence
Index 20161, noch vor Großbritannien (5. Stelle). Dies
ist die höchste Platzierung seit 14 Jahren.
Diese Entwicklungen werden durch ein robustes
Wirtschaftswachstum auf dem indischen Binnen-
markt gestützt, das indischen Unternehmen ermög-
licht, nach neuen Umsatzpotenzialen und größerer
Kundennähe im Ausland sowie nach Möglichkeiten
Ausschau zu halten, von der Technologie und den
Rohstoffen des Zielstandorts zu profitieren. Der
Zugriff auf diese Waren ermöglicht es ihnen wieder-
um, den Heimatmarkt besser zu bedienen, Produkti-
onsnetzwerke zu sichern und die F&E- und Innovati-
onskapazitäten in Indien zu verbessern.
In diesem Kapitel untersuchen wir zunächst globale
sowie indische und deutsche Wirtschaftsentwicklun-
gen und konzentrieren uns danach auf die indisch-deut-
schen Handelsbeziehungen. Darauf folgt eine Analyse
der indischen FDI in Deutschland und der von Indien
initiierten Fusionen und Übernahmen in Deutschland,
da indische Investitionen in Deutschland beide
Kategorien betreffen. Schließlich untersuchen wir die
indische Präsenz anhand von Unternehmen, die bereits
in Deutschland tätig sind, und betrachten dazu einzelne
Faktoren wie Umsatz, Personalstand, die Schlüssel-
branchen und die Standortverteilung genauer.
1.1 Deutschland und Indien im Kontext
Globaler Fokus: Eine multipolare Welt
Die Weltwirtschaft wird zunehmend multipolar
und die bisherige Dominanz der Industrieländer nimmt
ab. Angesichts dieser Veränderung rücken künftige
Kaufentscheidungen von Unternehmen aus Schwellen-
ländern immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Die Wachstumsraten von Indien, China und der
ASEAN-5-Region (Indonesien, Malaysia, Philippinen,
Thailand und Vietnam) liegen weiterhin über dem
Wachstum der Industrieländer (siehe Abbildung 1).
Diese Schwellenländer sind bereits große Märkte für
Konsum- und Investitionsgüter, sowohl aufgrund ihrer
Bevölkerungsgröße als auch aufgrund der Rahmenbe-
dingungen, die eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit
fördern (siehe Tabelle 1).
TABELLE 1 BIP und Bevölkerung 2016
BIP Bevölkerung (Billionen USD) (Millionen)
Eurozone 12,0 339,9*
Deutschland 3,5 82,6
V. Königreich 2,6 65,6
Indien 2,3 1309,7
ASEAN-5 2,1 556,3
China 11,4 1379,0
USA 18,6 324,0
IMF (2016), basierend auf aktuellen Preisen | *Eurostat
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen
Indische Investitionen in Deutschland14
Einmalige Entwicklungen weisen den Weg in die Zukunft
In den Jahren seit der Wirtschafts- und Finanzkri-
se 2008 war es aufgrund des zögerlichen und
unbeständigen Aufschwungs schwierig, Prognosen
abzugeben. Dieser Trend setzt sich bis heute fort,
obwohl besondere Entwicklungen im Jahr 2016 die
Zukunft maßgeblich beeinflussen werden.
Eine dieser Entwicklungen ist der bevorstehende
Brexit, der 2016 von der britischen Bevölkerung im
Rahmen eines Volksentscheids über den Austritt aus
der Europäischen Union beschlossen wurde. Die
genauen Auswirkungen dieser historischen Entschei-
dung auf die Europäische Union und die gesamte Welt
lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
vorhersagen. Im November desselben Jahres wurde
Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten
Staaten gewählt. Die Auswirkungen dieser Wahl, der
Agenda, die der Präsident in einem ungewöhnlichen
Wahlkampf vertrat, und der ersten Maßnahmen der
neuen US-Regierung entziehen sich jeder Einschätzung,
was Prognosen über künftige globale Entwicklungen
noch unsicherer macht. Darüber hinaus haben die
jüngsten Anstrengungen in Richtung einer Neuorientie-
rung der chinesischen Wirtschaft weg vom Export und
hin zu einer stärkeren Binnennachfrage bereits
Auswirkungen auf die weltweiten Handelsmuster und
damit auch auf die Entwicklung der Weltwirtschaft.2
Globales Wachstum gestützt durch die Schwellenmärkte
Trotz dieser Entwicklungen wird davon ausgegan-
gen, dass das globale Wachstum im Jahr 2017 in
Schwung kommt. Anfang 2017 prognostizierte der
Internationale Währungsfonds (IMF) ein Weltwirt-
schaftswachstum von 3,4 Prozent für 2017 und von
3,6 Prozent für 2018, d. h. eine Steigerung von 3,1
Prozent gegenüber dem Wachstum im Jahr 2016.
Dieses Wachstum wird voraussichtlich vor allem von
den Schwellen- und Entwicklungsmärkten getragen
werden, wobei zwei Faktoren ins Spiel kommen:
Erstens normalisieren sich in einigen rezessionsge-
schüttelten Ländern wie Russland und Brasilien die
makroökonomischen Bedingungen allmählich und
zweitens führt das zunehmende Gewicht der rasch
wachsenden Schwellen- und Entwicklungsländer
innerhalb der weltweiten gesamten Wirtschaftstätig-
keit zu einer globalen Verbesserung.3
2 IMF (2016)3 IMF (2017a)4 IMF (2017b)
Indien als wichtige Quelle für künftige globale
Investitionen
In den letzten Jahrzehnten hat Indien seine
Fähigkeit zu schnellem Wachstum unter Beweis
gestellt, auch wenn das Land immer noch deut-
lich hinter China, seinem Gegenpart unter den
Schwellenländern, liegt. Der Einzug aller 500- und
1000-Rupien-Scheine, der von der indischen Regie-
rung am 8. November 2016 bekannt gegeben
wurde, hat das Wachstum nicht spürbar verlangsamt.
Vielmehr hat dieser Schritt zu einem verstärkten
Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung geführt, die
Transparenz zu erhöhen und die Korruption zu
bekämpfen. Wichtige Wirtschaftsindikatoren zeigen
positive Entwicklungen während der letzten Jahre,
insbesondere bezüglich Inflation, Haushaltsdefiziten
und Währungsstabilität. Die durchschnittliche
jährliche Inflation der Verbraucherpreise sank von 9,4
Prozent im Jahr 2013 auf 5,5 Prozent im Jahr 2016. Im
selben Zeitraum verbesserte sich das Defizit in Prozen-
ten des potenziellen BIP von –7,5 Prozent im Jahr 2013
auf –6,7 Prozent im Jahr 2016 – ein Hinweis darauf,
dass Staatsausgaben wirkungsvoller und effektiver
eingesetzt werden.4
Die regierende Bharatiya-Janata-Partei (BJP)
unter Premierminister Narendra Modi konnte im
März 2017 Wahlen in dem wichtigen und bevölke-
rungsreichsten indischen Bundesstaat Uttar Pradesh
gewinnen und ihre Macht stabilisieren. Durch die
aktuelle Liberalisierung von FDI im Rahmen der
Kampagne „Make it in India“ und enorme Investitio-
nen in Infrastruktur und Technologie mit Initiativen
zur Unterstützung des Internets der Dinge, Smart
Cities und Start-ups im Allgemeinen steht das für
2017 erwartete Wachstum von 7,2 Prozent auf einer
soliden Grundlage, wobei noch mehr Potenzial
vorhanden ist (siehe Abbildung 1).
Die Industrieländer bleiben Stabilitätsanker
Trotz einer zunehmend multipolaren Welt bleiben
die Industrieländer ein Stabilitätsanker und stellen
damit ihre anhaltende Bedeutung unter Beweis.
Insbesondere Deutschland zeigt ein stabiles Wachs-
tum, das auf einem starken Exportsektor und einer
wachsenden Binnennachfrage beruht und zum Teil
auch auf die hohen Staatsausgaben für Flüchtlinge
151 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen
zurückzuführen ist. Letztere sind ausdrücklich der
hohen Stabilität in Deutschland zu verdanken, darunter
auch der Solidität der mittelständischen Unternehmen
als dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft – eine
Robustheit, die zur Bereitstellung außerordentlicher
humanitärer Hilfsleistungen geführt hat.
Der Saldo der deutschen Leistungsbilanz lag 2016
bei bemerkenswerten 8,6 Prozent, ein Zeichen für die
außergewöhnlich starke Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft.5 Auch das BIP-Wachstum
erwies sich trotz der Unsicherheit, die durch den
Ausgang des Brexit-Referendums im Vorjahr
entstand, als stabil. Die allgemeine Wirtschaftslage
5 IMF (2017c)6 Eurostat (2017)7 European Commission (2017)
führte zu einem robusten Arbeitsmarkt mit einer
Arbeitslosenquote von rund 3,8 Prozent im Januar
2017, dem niedrigsten Wert in der Eurozone und dem
zweitniedrigsten in der Europäischen Union.6
Auf EU-Ebene wurde die Stabilität durch die
Wahlen in den Niederlanden gestärkt, die Anlass zur
Hoffnung gaben, dass Rechtspopulisten die Basis für
eine starke europäische Wirtschaftsentwicklung
nicht untergraben können.
Die geschilderten Rahmenbedingungen machen
aus Deutschland und Indien natürliche Partner für
gemeinsame Handels- und Investitionsprojekte,
für Innovationen und für einen gegenseitigen Kultur-
austausch.
Die vorliegende Studie betrachtet Kooperation
und Austausch in erster Linie aus dem indischen
Blickwinkel. Dadurch eröffnet sich eine neue
Perspektive auf die indisch-deutschen Geschäftsbe-
ziehungen, die gewöhnlich vom deutschen Stand-
punkt aus gesehen werden.
Die indisch-deutschen Handelsbeziehungen
Auf EU-Ebene betrug das Handelsvolumen
zwischen Europa und Indien 2016 insgesamt 77
Milliarden Euro. Dieser Wert liegt leicht unter dem
Rekord von 80,6 Milliarden Euro im Jahr 2011, bleibt
aber dennoch auf einem stabil hohen Niveau im
Vergleich zu 2006 (46,9 Milliarden Euro) und 2010
(68,4 Milliarden Euro). 2016 war Indien der neunt-
wichtigste Handelspartner der EU 28.7
Innerhalb der EU ist Deutschland der wichtigste
Handelspartner für Indien und weltweit der sechswich-
tigste Handelspartner hinsichtlich der Bereitstellung
von Waren und Dienstleistungen. Dagegen steht Indien
unter den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands
an 25. Stelle, an 28. Stelle bei Importen und an 27. Stelle
bei Exporten. Das gesamte bilaterale Handelsvolumen
für Güter und Dienstleistungen betrug 22,1 Milliarden
Euro im Jahr 2015 und lag damit leicht unter dem Wert
von 22,3 Milliarden Euro im Jahr 2011, aber immer
noch auf einem hohen Niveau.
Der indisch-deutsche Handel stieg nach der
Umsetzung der Reformen in Indien in den 1990er
Jahren deutlich an, wobei die Jahre 2011 bis 2014
jedoch von einer Schwächephase gekennzeichnet
waren.
ABBILDUNG 1 Prognose für BIP-Wachstum,
2016/2017 (in Prozent)
Eurozone
1,7
1,6
Deutschland
1,7
1,5
Vereinigtes Königreich
2,0 1,5
Indien 6,6
7,2
ASEAN-5* 4,8
4,9
China 6,7
6,5
USA
1,6
2,3
2016 2017
* Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Vietnam** Prognostizierte weltweite BIP-Wachstumsrate 2017
IWF (2017)
0% 3,4% global** 10%
Indische Investitionen in Deutschland16
Warenhandel
Der Warenhandel sank 2011 von ca. 18,4 auf 16
Milliarden Euro, wobei die Exporte nach Indien
stärker zurückgingen als die Importe aus Indien (siehe
Abbildung 2). Nach diesem Rückgang erholte sich der
Warenhandel und stieg 2015 auf insgesamt 17,3 und
2016 auf 17,4 Milliarden Euro. In Bezug auf den
Warenaustausch mit Indien konnte Deutschland in
den letzten Jahren durchweg einen Überschuss
verzeichnen.8
Fast ein Drittel der deutschen Exporte nach
Indien entfällt auf Maschinen und technische Güter.
Weitere Exportgüter sind Elektronikbauteile,
Metall- und Chemieprodukte sowie Fahrzeuge und
Fahrzeugteile. Dagegen machen Textilien den größten
Anteil der Importe aus Indien aus, nämlich ca. 25
Prozent des Gesamtvolumens 2015 (siehe Abbildung
2). An zweiter Stelle stehen chemische Produkte mit
einem Anteil von 13 Prozent, gefolgt von Nahrungs-
mitteln und landwirtschaftlichen Gütern mit einem
Anteil von ca. neun Prozent.
8 Destatis (2017)
Handel mit Dienstleistungen
Bei der Entwicklung des Handels mit Dienstleis-
tungen zwischen Indien und Deutschland zeigt sich
ein anderes Bild. Außer im Jahr 2014 stiegen die
Handelsvolumina stetig an, von ungefähr 3,9 Milliar-
den Euro 2011 auf 4,8 Milliarden Euro 2015 (siehe
Abbildung 4). Im Gegensatz zum Warenhandel weist
Indien seit 2012 bezogen auf Dienstleistungen einen
Handelsüberschuss mit Deutschland auf, der sich
2015 insgesamt auf ca. 0,5 Milliarden Euro belief.
Dies entspricht der starken Position Indiens im
Dienstleistungsbereich, insbesondere bezüglich der
Auslagerung ganzer Geschäftsprozesse (BPO) und bei
IT-Dienstleistungen.
2015 waren ca. 39 Prozent der deutschen
Dienstleistungsexporte nach Indien Transportleistun-
gen, gefolgt von elektronischer Datenverarbeitung
(EDV) mit einem Anteil von ungefähr 22 Prozent.
Daran zeigen sich die Stärke und Weltmarktführung
der deutschen Wirtschaft im Logistiksektor.
ABBILDUNG 2 Der deutsche Warenhandel
mit Indien, 2011–2015
Exporte nach Indien Importe aus Indien
Destatis (2016)
20 Milliarden €
15
10
5
02012 2013 2014 20152011
10
,96
7,5
4
10
,47,
02
9,1
56
,97
8,8
97,
09
9,7
77,
56
ABBILDUNG 3 Warenimporte aus Indien
nach Sektor, 2015 (in Prozent)
Textilien Chemieprodukte
Nahrungsmittel und Agrarprodukte
Metalle und Metallprodukte
Maschinen Elektronische Geräte
Pharmaprodukte
Kraftfahrzeuge und Zubehör Sonstige
Destatis (2016)
� �� �������������� 25
13
98
8
7
5
5
20
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 17
F&E-Leistungen stellen mit einem Anteil von
ungefähr 27 Prozent den bedeutendsten Sektor für
Importe aus Indien dar, gefolgt von Telekommunikati-
onsleistungen, EDV- und IT-Dienstleistungen, die
gemeinsam ca. 23 Prozent betragen. Zusammen
machen diese beiden Sektoren ungefähr die Hälfte
aller Dienstleistungsimporte aus Indien nach Deutsch-
land aus (siehe Abbildung 5). Indien unterstützt
Deutschland somit in Sektoren, die entscheidend für
die künftige Entwicklung und die Wettbewerbsfähig-
keit als Hochtechnologiestandort sind (siehe „Brenn-
punkt: Indische Fachkräfte in Deutschland”).
Es wird deutlich, dass der Handel zwischen Indien
und Deutschland eine wesentliche Rolle in den
Geschäftsbeziehungen der beiden Länder spielt.
Doch eine separate Untersuchung des Handels ergibt
noch kein vollständiges Bild der Beziehung zwischen
den beiden Ländern. Im folgenden Kapitel werden
daher Investitionsströme in Form von FDI sowie
Fusionen und Übernahmen beschrieben und analy-
siert, wobei wiederum die indische Perspektive
eingenommen wird.
ABBILDUNG 4 Der deutsche Dienstleistungs-
handel mit Indien, 2011–2015
Exporte nach Indien Importe aus Indien
Destatis (2016)
02012 2013 2014 20152011
4
5 Milliarden €
3
2
1
1,7 2,0
2,3
2,2
2,7
2,2
2,0
1,9
1,8
2,1
ABBILDUNG 5 Dienstleistungsimporte
aus Indien nach Sektor, 2015 (in Prozent)
F&E-Leistungen
Telekommunikations-, EDV- und
IT-Dienstleistungen
Technische Dienstleistungen
Beratungsdienstleistungen
für Freiberufler und Unternehmer
Transportleistungen Sonstige
Destatis (2016)
� �� �� �� �� ��27
23
20
14
124
Indische Investitionen in Deutschland18
1.2 Indische Investitionen in Deutschland
Seit 2010 haben indische Unternehmen ca. 140
große Investitionsprojekte in Deutschland initiiert.
Diese Zahl beinhaltet alle angekündigten großen
FDI-Projekte bis einschließlich des ersten Quartals
2016 ebenso wie abgeschlossene Fusionen und
Übernahmen bis einschließlich des ersten Quartals
2017 und vermittelt das genaueste verfügbare
Gesamtbild, gestützt auf die zum Zeitpunkt der
Erstellung dieses Berichts aktuellen Daten.
Die tatsächlichen länderübergreifenden und die
Investitionsströme betreffenden Daten können
abweichen, da viele Unternehmen Investitionen über
Drittländer abwickeln, um von den dort geltenden
gesetzlichen Bestimmungen zu profitieren. Deshalb
könnte die tatsächliche Zahl von FDI-Projekten,
Fusionen und Übernahmen durch indische Investoren
größer sein.
Zu den FDI-Projekten gehören Neuinvestitionen,
Kolokationsprojekte und die Erweiterung bestehender
Standorte. Ausgenommen sind Fusionen, Übernahmen
oder Joint Ventures, es sei denn, diese führen zu neuen
Werken oder zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Daher ist es möglich, dass eine Fusion oder Übernah-
me gleichzeitig auch als FDI-Projekt gilt. Daten zur
Zahl der Arbeitsplätze, die durch Investitionsprojekte
unter indischer Führung geschaffen wurden, liegen für
ca. 57 Prozent der Projekte in Europa und für ca. 36
Prozent der Projekte in Deutschland vor. Zu den
Fusionen und Übernahmen zählen öffentlich bekannt-
gegebene sowie abgeschlossene, aber nicht öffentlich
bekanntgegebene Transaktionen mit mehrheitlich
indischen Bietern und Transaktionszielen, die sich
vorwiegend in Deutschland befinden. Manche
Transaktionen bleiben an dieser Stelle aufgrund ihrer
geringen Größe unberücksichtigt.
Im angegebenen Zeitraum entstanden mehrere
Joint Ventures, insbesondere in der IT-Branche, die
später zu einer vollständigen Übernahme durch die
indischen Geschäftspartner führten und daher
erfolgreiche Beispiele für die indisch-deutsche
Zusammenarbeit sind. Sie werden im nachfolgenden
Abschnitt über Fusionen und Übernahmen ausführ-
lich beschrieben.
9 UNCTAD (2017)10 UNCTAD (2015)
Indische FDI weltweit
Auslandsdirektinvestitionen aus Indien waren in
den vergangenen Jahren leicht rückläufig und
erreichten 2013 ihren niedrigsten Stand seit der 2002
in Kraft getretenen Lockerung der diesbezüglichen
gesetzlichen Bestimmungen. Die weltweite Gesamt-
summe sank von 15,9 Milliarden US-Dollar im
Geschäftsjahr 2010 auf knapp 1,7 Milliarden
US-Dollar im Geschäftsjahr 2013 (siehe Abbildung 6).
Trotz dieser Entwicklung verfügt Indien über einen
enormen kumulativen Bestand an Direktinvestitio-
nen, der Ende 2015 139 Milliarden US-Dollar betrug.
Die Bedeutung dieser Zahl wird noch klarer, wenn
man berücksichtigt, dass der FDI-Bestand aus Indien
zum Ende des Geschäftsjahrs 1998 unter einer
Milliarde US-Dollar lag.9 Dennoch ist das FDI-Volu-
men in Prozent vom BIP im Vergleich zu Industrielän-
dern wie den USA (36 %), Deutschland (41 %),
Großbritannien (54 %) oder Japan (25 %) immer noch
relativ gering (6,3 %).10
Zwischen 2010 und dem ersten Quartal 2016
kündigten indische Muttergesellschaften ca. 583
FDI-Projekte in Europa an. Ein Blick auf die Zahlen
seit 2010 zeigt, dass die jährliche Anzahl neuer
ABBILDUNG 6 Indische Direktinvestitions-
ströme und -bestand weltweit, 2010–2015*
Investitionsbestand Investitionsströme
*Ströme und Bestand am Ende des Geschäftsjahres
(April–März)
UNCTAD (2017)
160 Milliarden $
120
30
80
20
40
10
0 02011 2012 2013 2014 20152010
109,5118,1 119,8
131,5139,0
96,9
12,5
8,5
11,8
7,5
1.7
15,9
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 19
Projekte 2015 mit 129 Projekten nach dem Rück-
gang 2013–2014 einen Höchststand erreichte hatte
(siehe Abbildung 7). Der Rückgang im Jahr 2014
ist wahrscheinlich auf die angespannte Wirtschafts-
lage in Indien zum damaligen Zeitpunkt zurückzu-
führen, die vor dem Amtsantritt von Premierminister
Modi 2014 durch eine allgemeine wirtschaftliche
Ungewissheit gekennzeichnet war.
Großbritannien und Deutschland als wichtigste Ziele
für indische FDI
Auf Landesebene konnte Großbritannien mit
insgesamt 265 Projekten mit Abstand die meisten
FDI-Projekte in diesem Zeitraum anziehen. Das
entspricht ca. 45,5 Prozent aller indischen Projekte in
Europa (siehe Abbildung 8). Als Investitionsstandort
bietet Großbritannien besondere Vorteile, u. a.
aufgrund der englischen Sprache und der Rolle des
Landes als Einfallstor nach Europa, eine Funktion, die
von vielen indischen Unternehmen als sehr wertvoll
erachtet wird. Deutschland liegt, wenn auch mit
deutlichem Rückstand, mit 96 Projekten bzw. einem
Anteil von ca. 16,5 Prozent unter den attraktivsten
Standorten für indische Investoren an zweiter Stelle.11
Auf Großbritannien und Deutschland gemeinsam
entfallen fast zwei Drittel aller indischen FDI-Projek-
te in Europa, was die Attraktivität und Bedeutung
dieser Länder als Investitionsziele unterstreicht.
11 EY European Investment Monitor (2017)
Durch indische Investoren geschaffene Arbeitsplätze
Im selben Zeitraum entstanden insgesamt 33.900
Arbeitsplätze durch indische Investitionen in Europa.
Der Großteil davon entfiel auf Großbritannien, wo
21.029 Arbeitsplätze bzw. rund 62 Prozent geschaf-
fen wurden. Deutlich dahinter lagen die osteuropäi-
schen Länder Slowakei, Ungarn und Polen mit jeweils
2.800, 1.975 bzw. 1.615 neu geschaffenen Arbeits-
plätzen.
Obwohl Deutschland unter den Standorten für
indische FDI-Projekte an zweiter Stelle lag, wurden
dort im Untersuchungszeitraum nur 1.330 Arbeits-
plätze geschaffen. Das stützt die Annahme, dass die
Zahl der FDI-Projekte nicht unbedingt mit der Zahl
der geschaffenen Arbeitsplätze korreliert. In den
genannten osteuropäischen Ländern wird hauptsäch-
ABBILDUNG 7 Zahl der indischen FDI-Projekte
in Europa, 2010 bis Q1 2016
*Q1 2016
EY European Investment Monitor (2017)
0
2011
79
2013
103
2015
129
2012
74
2014
93
2016*
10
2010
95
ABBILDUNG 8 Die wichtigsten europäischen
Länder nach Zahl der indischen FDI-Projekte,
2010 bis Q1 2016
Vereinigtes Königreich
265
Deutschland
96
Belgien 39
Frankreich 31
Niederlande 30
Spanien 20
Russland 15
Schweiz 11
Polen 9
Türkei 8
Sonstige 59
EY European Investment Monitor (2017)
300100 2000
Indische Investitionen in Deutschland20
lich in arbeitskraftintensive Geschäftstätigkeiten
investiert, etwa in die Automobilproduktion. So plant
der Tata-Konzern die Eröffnung eines neuen Werks
für die Jaguar-Land Rover-Sparte in der Slowakei,
durch das allein in diesem Land 2.800 angekündigte
neue Arbeitsplätze entstehen sollen. Man kann
davon ausgehen, dass dieses Werk hauptsächlich
westeuropäische Länder über Osteuropa bedienen
wird, was dank des europäischen Binnenmarkts
möglich ist. Das Werk kann aber auch internationale
Märkte beliefern.12
12 Tata Motors (2016)
Mit Blick auf Deutschland zeigt sich, dass die
meisten Projekte mit der Einrichtung lokaler
Vertriebs- und Marketingabteilungen verbunden
sind, die weniger personalintensiv sind als die
Produktion. Insgesamt 56, d .h. mehr als 58 Pro-
zent aller durchgeführten Projekte, betrafen die
Einrichtung von Vertriebs- und Marketingeinheiten.
Somit entstanden in diesem Bereich 235 Arbeits-
plätze, was lediglich rund 17,7 Prozent aller durch
indische FDI in Deutschland entstandenen Arbeits-
plätze entspricht (siehe Abbildung 9). Auf andere
FDI-Projekte, zu denen auch die Einrichtung
von Produktionsstätten (nur 17 Projekte im Untersu-
chungszeitraum) zählt, entfielen hingegen fast 60
Prozent aller durch indische Investitionen geschaffe-
nen Arbeitsplätze.
Beinahe die Hälfte aller indischen Investitions-
projekte in Deutschland betraf Software, Maschinen
und Anlagen oder Unternehmensdienstleistungen,
wobei sich letztere hauptsächlich auf IT-Dienstleis-
tungen bezogen (siehe Abbildung 10). Das Interesse
indischer Investoren am sekundären Sektor wird
deutlich, wenn man die auf den jeweiligen Sektor
ABBILDUNG 9 Indische FDI in Deutschland
nach Geschäftstätigkeit, Zahl der Projekte und
entstandenen Arbeitsplätze, 2010 bis Q1 2016
Vertrieb und Marketing
56
235
Produktion
17
795
Forschung und Entwicklung
9
10
Unternehmenszentrale
4
84
Prüfung und Instandhaltung
4
3
Rechenzentrum
3
151
Kontaktcenter
2
50
Shared Services Center
1
2
Anzahl der Projekte
geschaffene Arbeitsplätze
EY European Investment Monitor (2017)
100010 1000
ABBILDUNG 10 Indische FDI-Projekte
in Deutschland nach Sektor, 2010 bis Q1 2016
(in Prozent)
Software Maschinen und Anlagen
Unternehmensdienstleistungen
Automobilproduktion
Gummi- und Kunststofferzeugnisse
Pharmazeutika Metallerzeugung
Baubranche Sonstige
EY European Investment Monitor (2017)
� �� �� ������������ 23
14
1176
4
4
4
27
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 21
entfallenden Anteile an Projekten im übrigen Europa
vergleicht. So betrafen etwa nur drei Prozent der
FDI-Projekte in anderen europäischen Ländern den
Bereich Maschinen und Anlagen, im Gegensatz zu
einem Anteil von 14 Prozent in Deutschland. Dagegen
bevorzugten indische Investoren in den anderen
europäischen Ländern eher den Bereich Unterneh-
mensdienstleistungen, auf den europaweit beinahe
20 Prozent, in Deutschland hingegen nur elf Prozent
entfielen.13
13 EY European Investment Monitor (2017)
Angesichts der Zahl der pro Projekt geschaffenen
Arbeitsplätze scheinen Investitionsprojekte in
Rechenzentren mit mehr als 50 Arbeitsplätzen pro
Projekt für die Investitionsstrategie in Deutschland
höchst attraktiv (siehe Abbildung 9).
Die relative größte Zahl an Projekten wurde für
Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württem-
berg angekündigt, die im Untersuchungszeitraum
gemeinsam fast zwei Drittel der indischen FDI-Pro-
jekte in Deutschland auf sich zogen (siehe Karte 1).
Brennpunkt | Chancen im Zusammenhang mit dem Brexit
Am 23. Juni 2016 stimmten die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens in
einer historischen Entscheidung mit 51,9 zu 48,1 Prozent der Stimmen für den
Austritt des Landes aus der Europäischen Union. Am 29. März 2017 berief sich
die britische Regierung auf Artikel 50 der Lissabonner Verträge und leitete
damit die Austrittsverhandlungen mit den verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaa-
ten ein.
Ein harter Brexit wird wahrscheinlicher
Die Umsetzung des Brexit wird ein komplexer Prozess und seine Modalitä-
ten lassen sich nur schwer vorhersagen. Aktuelle Entwicklungen machen einen
so genannten harten Brexit wahrscheinlich, wodurch Großbritannien die
meisten seiner privilegierten Beziehungen zur Europäischen Union abbrechen
würde, wovon auch der privilegierte Zugang zum europäischen Binnenmarkt
betroffen wäre.
Aufgrund der herausragenden Bedeutung von FDI für die wirtschaftliche
Gesundheit Europas sind die Auswirkungen des Brexit auf die Investitions-
mobilität und Standortentscheidungen für Unternehmen und Regierungen
gleichermaßen wichtig. Daher sind potenzielle Investoren unabhängig davon,
wie der Brexit am Ende umgesetzt wird, im Hinblick auf zukünftige Geschäfts-
entscheidungen bereits jetzt verunsichert und entwickeln Alternativen, um
mögliche Schäden zu begrenzen.
Indische Investitionen in Deutschland22
In der von EY durchgeführten Studie zur Attraktivität des Standorts Europa
bezeichneten Investoren die Instabilität in Europa als größten Risikofaktor.14
Immerhin gaben trotz des unsicheren politischen und wirtschaftlichen Umfelds
rund 56 Prozent der Befragten an, in den kommenden drei Jahren Investitionen in
Europa zu planen – ein Zeichen für anhaltenden Optimismus
Großbritannien als wichtigstes Ziel für FDI in Europa
Historisch betrachtet ist Großbritannien, auf das im Jahr 2015 rund 20,9
Prozent aller Projekte entfielen, das Hauptziel für ausländische Direktinvestiti-
onen in Europa. Allerdings hat der Brexit schon jetzt spürbare Auswirkungen.
Rund 71 Prozent der für die EU-Studie befragten ausländischen Investoren
gaben an, bereits in mindestens einem ihrer Geschäftsbereiche gewisse
Auswirkung des Abstimmungsergebnisses bemerkt zu haben, wobei sich der
Vertrieb, die Beschaffungskosten und die operativen Margen besonders anfällig
zeigen. Daher ist es nicht überraschend, dass der Brexit zu den drei Hauptsor-
gen ausländischer Investoren zählt – er wurde von rund 33 Prozent der
Befragten genannt – und besonders diejenigen beunruhigt, die sich in Großbri-
tannien engagieren. Nur rund 15 Prozent der Unternehmen ohne Geschäftstä-
tigkeit in Großbritannien bezeichneten den Brexit als Risiko.
Ein Umdenken bei europaweiten Aktivitäten
In diesem Zusammenhang zeichnet sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein
Umdenken in Bezug auf europaweite Tätigkeiten und Investitionen ab. Die Ein-
stellung gegenüber Großbritannien als Investitionsstandort ändert sich, wie ein
Blick auf ausländische, bereits in dem Land investierte Unternehmen verdeutlicht.
Rund 86 Prozent der derzeit in Großbritannien aktiven ausländischen Unternehmen
planen keine Veränderung oder Verlegung ihres europäischen Geschäftsstandorts
innerhalb der kommenden drei Jahre, selbst wenn Großbritannien den europäischen
Binnenmarkt verlässt. Doch 14 Prozent dieser Unternehmen gaben an, bestimmte
Geschäftstätigkeiten im Fall eines Brexit verändern oder verlegen zu wollen.
Das ist ein bedeutsamer Trend angesichts des Stellenwertes ausländischer
Direktinvestitionen für Großbritannien, deren Bestand 2015 einen Anteil von 49,4
Prozent am Bruttoinlandsprodukt ausmachte, während dieser Anteil innerhalb der
EU 28 nur bei 47,2 Prozent lag.15 Einige Unternehmen in bestimmten Branchen
müssen ihre Geschäftstätigkeiten möglicherweise in ein Land der EU 27 verlegen,
um den Zugang zu Rechten zu behalten, die ausschließlich EU-Unternehmen
vorbehalten sind. So können beispielsweise Pharma-Unternehmen gezwungen sein,
Großbritannien zu verlassen, um die EU-Zulassung für einige ihrer Medikamente zu
erhalten. Ähnlich könnte es für Unternehmen im stark regulierten Bankensektor
notwendig sein, eine Niederlassung in der EU einzurichten, um ihre Produkte
weiterhin auf dem Binnenmarkt zu vertreiben.
Wie in Abschnitt 1.2 bereits beschrieben, sind indische Investoren in Großbri-
tannien aufgrund der besonderen Vorteile des Landes, etwa wegen des Gebrauchs
der englischen Sprache und der Funktion als Einfallstor nach Europa, wirtschaftlich
stark engagiert. Sollte insbesondere Letzteres wegfallen, könnten sich die ausländi-
schen Investitionsströme in Europa verändern und Großbritannien könnte als
Standort für bestimmte Unternehmen und Geschäftstätigkeiten an Attraktivität
verlieren.
14 EY’s European Attractiveness Survey (2017)15 OECD FDI Stock (2017)
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 23
Die Ergebnisse der Attraktivitätsstudie vor und nach dem Brexit
Einen ersten Hinweis auf den bevorstehenden Wandel liefern die Befragun-
gen, die 2016 vor und nach dem Brexit-Referendum durchgeführt wurden. Im
Rahmen der Attraktivitätsstudie Großbritannien wurden Entscheidungsträger
befragt, wie sich die Attraktivität des Landes ihrer Einschätzung nach in den
kommenden drei Jahren verändern werde. In der Befragung vom Frühjahr 2016
fiel der Anteil der Befragten, die eine Verbesserung erwarteten, auf 36 Prozent
gegenüber 54 Prozent im Jahr 2015. In der Umfrage im Herbst 2016 sank dieser
Anteil weiter auf 29 Prozent, während sich der Anteil der Befragten, die einen
Attraktivitätsverlust erwarteten, innerhalb von sechs Monaten von 16 auf 34
Prozent verdoppelte. Eine derart pessimistische Einstellung wurde seit der
ersten Befragung 2004 nicht beobachtet.16
Vergleichbar dazu sank die Attraktivität Großbritanniens als bevorzugter
Standort für FDI innerhalb Europas von 27 Prozent im Frühjahr 2016 auf 22
Prozent im Herbst desselben Jahres (siehe Abbildung 11). Im selben Zeitraum
nahm die Attraktivität anderer europäischer Länder zu – insbesondere Deutsch-
lands, dessen Attraktivität sich von 38 auf 40 Prozent erhöhte und das damit
aktuell der beliebteste Standort für FDI ist. In diesem Fall ist dies auf die starke
Wirtschaftsleistung und die verbreiteten Englischkenntnisse zurückzuführen.
Allerdings könnte Großbritannien für manche
Unternehmen auch attraktiver werden, je nachdem,
ob die Stabilität zurückkehrt und wie sich die Politik
im Allgemeinen im Land und in Europa entwickelt.
Großbritannien bietet neben anderen Vorteilen nach
wie vor eine solide Staatsführung, einen flexiblen
und qualifizierten Arbeitsmarkt und wettbewerbsfä-
hige Steuersätze, und London bleibt unbestritten
eine der wichtigsten Metropolen der Welt.17
In dieser Studie stimmten die Teilnehmer – die-
ses Mal aus indischer Perspektive –– der Aussage zu,
dass die Attraktivität Deutschlands als Investitions-
standort zunehmen wird.
Trotz der wahrgenommenen Risiken und der
allgemeinen Unsicherheit gaben lediglich vier
Prozent der im Rahmen des EY European Attractive-
ness Survey Befragten an, auf das veränderte
gesetzliche Umfeld und die Risiken gut vorbereitet
zu sein. Auch daran wird deutlich, dass der Brexit
bereits einen deutlichen Einfluss auf künftige
Investitionsentscheidungen genommen hat.
16 EY’s UK Attractiveness Survey (2012–2017)17 EY’s European Attractiveness Survey (2017)
ABBILDUNG 11 Die drei führenden Standorte
für FDI in Europa (erste Wahl), Frühjahr und
Herbst 2016
Frühjahr 2016 Herbst 2016
EY‘s European Attractiveness Survey 2017
38%
40%
27%
22%
VereinigtesKönigreich
Niederlande
Irland
Frankreich
Deutschland
7%8%
1%2%
5%4%
Indische Investitionen in Deutschland24
Fusionen und Übernahmen durch indische
Investoren in Deutschland
Neben den Zahlen für Handel und Investitionen
sind Fusionen und Übernahmen Indikatoren für das
Ausmaß der wirtschaftlichen Integration zwischen
Staaten und Regionen. Im Allgemeinen finden die
meisten Fusionen und Übernahmen in den Industrie-
ländern statt, aber auch Schwellenländer wie China
und Indien sind weltweit vermehrt in diese Aktivitä-
ten involviert.
Im Jahr 2016 hatte Deutschland gemessen am
Transaktionswert einen Anteil von 9,9 Prozent an
allen Fusionen und Übernahmen, hinter Großbritan-
nien mit 23,6 und Frankreich mit 10,5 Prozent. Im
Jahr 2016 betrug der Gesamtwert aller 866 in
Deutschland getätigten Abschlüsse 72,2 Milliarden
Euro. Speziell im Hinblick auf Fusions- und Übernah-
megeschäfte mit indischen Bietern war Deutschland
bezogen auf die Zahl der abgeschlossenen Fusionen
und Übernahmen seit 2010 das zweitwichtigste Ziel
in der EU, nach Großbritannien und vor Italien.
EU-weit investierten indische Bieter am häufigsten in
die Sektoren Industrieprodukte und -dienstleistun-
gen, Automobile, Unternehmensdienstleistungen,
Pharma sowie Software und Computerdienstleistun-
gen.18
Zwischen 2010 und dem ersten Quartal 2017 kam
es in Deutschland zu etwa 41 großen Fusionen und
Übernahmen durch indische Investoren. Unter
Berücksichtigung der zuvor beschriebenen Probleme
bei der Datenerhebung zeigt Abbildung 12 die
Verteilung der Abschlüsse durch indische Investoren
von 2010 bis heute mit durchschnittlich fünf bis sechs
großen Transaktionen pro Jahr. Auch wenn sich daraus
kein Trend ablesen lässt, zeigen sich in den Jahren 2011,
2014 und 2016 Spitzen mit sieben oder mehr Abschlüs-
sen. Der Gesamtwert aller Transaktionen indischer
Investoren, zu denen öffentlich zugängliche Daten
vorliegen, belief sich in diesem Zeitraum auf mindes-
tens 852 Millionen Euro.19
Eine Branchenanalyse der großen Fusionen und
Übernahmen zwischen 2010 und dem ersten Quartal
2017 zeigt das besondere Interesse der indischen
Bieter am Sektor Industrieerzeugnisse
und industrielle Dienstleistungen (einschließlich der
Teilbranchen Maschinen und Anlagen sowie
Metallerzeugung), auf die rund 30 Prozent aller
18 Mergermarket (2017)19 ebd.
Abschlüsse entfallen (siehe Abbildung 13). Eine
wahrscheinliche Erklärung dafür ist der Wunsch,
Technologie zuzukaufen und Kundenzugang zu gewin-
nen, da Deutschland in diesem Bereich als Branchen-
führer gilt. Diese Hypothese wird durch die Analyse
von Fusionen und Übernahmen durch indische
Investoren innerhalb der restlichen EU erhärtet, wo
auf Industrieerzeugnisse und industrielle Dienstleis-
tungen lediglich 15 Prozent entfallen.
An zweiter Stelle unter den Abschlüssen in
Deutschland steht die Automobilbranche mit einem
Anteil von rund 21 Prozent. Zu den besonders
erwähnenswerten Transaktionen gehören die
Übernahme der Peguform GmbH für 142 Millionen
Euro durch Motherson Sumi Systems Ltd. im Jahr
2011 (die Peguform GmbH ist ein deutsches Unter-
nehmen, das Außen- und Innengestaltungsprodukte
für die Automobilindustrie und verwandte Industrien
herstellt) sowie die Übernahme der Neumayer Tekfor
GmbH durch die Amtek Group im Jahr 2013. Auch an
der deutschen Automobilbranche zeigten indische
Investoren mehr Interesse als in der übrigen EU, wo
lediglich rund 14 Prozent aller Transaktionen auf
diesen Sektor entfielen.
Andere im Zentrum der Aufmerksamkeit
stehende Branchen waren Software und IT-Dienst-
leistungen mit einem Anteil von zwölf bzw. neun
ABBILDUNG 12 Anzahl der großen Fusionen
und Übernahmen durch indische Investoren
in Deutschland, 2010 bis Q1 2017
*Q1 2017
Mergermarket 2017
02011 2013 2015 2017*
2012 2014 20162010
4 4 4
2
8
7 7
5
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 25
Prozent. Ein wichtiger Abschluss in diesem Bereich
war die Übernahme der Cellent AG durch Wipro Ltd.
im Jahr 2016. Die Cellent AG ist ein deutscher
Anbieter von IT- und Systemintegrationslösungen mit
einem Umsatz von ca. 87 Millionen Euro und 800
Mitarbeitern im Jahr 2014. Der Wert dieser Übernah-
me betrug rund 73,5 Millionen Euro.20 Speziell diese
Übernahme scheint vom Wunsch nach Zugang zu
Neukunden motiviert gewesen zu sein; allerdings
zielen Transaktionen in der Software- und IT-Dienst-
leistungsbranche ähnlich wie in den Sektoren
Industrieprodukte und industrielle Dienstleistungen
häufig auch auf den Zukauf von Technologie ab.
Alternativ dazu versuchten indische Unterneh-
men häufig, zunächst über eine Partnerschaft oder
ein Joint Venture auf dem deutschen Markt Fuß zu
fassen, oft in den Bereichen Software- und IT-Dienst-
leistungen. Am Anfang solcher Projekte stand
meistens der Versuch deutscher IT-Abteilungen,
Dienstleistungen auszulagern. Daraus entwickelten
sich in vielen Fällen Joint Ventures mit dem Ziel, die
bestehenden IT-Strukturen zu optimieren und
innovativ zu gestalten. Diese Joint Ventures wurden
letztendlich häufig von den indischen Partnern
übernommen. Eines der ersten Beispiele dieser Art
war die Partnerschaft zwischen der Deutschen Bank
und HCL.
20 Wipro Technologies (2015)
ABBILDUNG 13 Anzahl der großen Fusionen
und Übernahmen durch indische Investoren in
Deutschland nach Branche, 2010 bis Q1 2017
(in Prozent)
Industrieprodukte und Dienstleistungen
Automobil Computer-Dienstleistungen
Computersoftware Produktion (andere)
Medizin und Pharma Sonstige
Mergermarket (2017)
� �� �� �������� 30
21
12
9
5
5
18
Indische Investitionen in Deutschland26
Brennpunkt | Investitionspotenziale im deutschen Mittelstand
Deutschland besitzt eine vielfältige Wirtschaftslandschaft mit einer
starken industriellen Basis, insbesondere im Süden und Westen des Landes, wo
die meisten weitgehend unbekannten Marktführer, sogenannte „Hidden
Champions“, angesiedelt sind (siehe Abbildung 14).
Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen gehören dem Mittelstand (kleine
und mittlere Unternehmen, kurz KMU) nach der deutschen Definition an, der
rund 55 Prozent des Gesamt-Bruttoinlandsprodukts und ca. 18 Prozent aller
Exportumsätze erwirtschaftet. Ungefähr 68 Prozent der deutschen Arbeitneh-
mer sind in KMU beschäftigt und mehr als 95 Prozent dieser Unternehmen
befinden sich in Familienbesitz.21
Im deutschen Mittelstand, der Spitzentechnologie-Produkte auf internatio-
nalem Niveau produziert, sind mehr Hidden Champions –, d. h. Unternehmen,
die zu den drei führenden Unternehmen in ihrem Marktsegment zählen – zu
finden als in jedem anderen Land. Diese Unternehmen zeichnen sich in der
Regel außerdem durch eine langfristige geschäftli-
che Ausrichtung, stabile Beziehungen mit Kunden
und Mitarbeitern sowie durch eine starke regionale
Bindung aus.
Der scheinbare gesunde deutsche Mittelstand
muss zukünftig jedoch große Herausforderungen
meistern. Aufgrund des demographischen Wandels
bei ihren Inhabern befinden sich die mittelständi-
schen Unternehmen in einer Phase der fundamen-
talen Veränderung. 2015 waren etwa 40 Prozent
der Inhaber mittelständischer Unternehmen 55
Jahre oder älter gegenüber 38 Prozent im Jahr
2005 (siehe Abbildung 15). Der Anstieg des Anteils
der Inhaber, die 50 Jahre oder älter waren, war
noch dramatischer; bei dieser Gruppe war zwischen
2005 und 2015 eine Zunahme von 54 auf 60
Prozent zu verzeichnen. Im selben Zeitraum sank
der Anteil der Inhaber unter 40 Jahren von 20 auf
14 Prozent, was auf einen langsameren Zustrom
junger Unternehmer schließen lässt.
21 KfW (2016)
ABBILDUNG 14 Standorte der „Hidden Cham-
pions“ und Marktführer in Deutschland, 2011
Leibniz Institut für Länderkunde (2011)
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 27
Im Jahr 2015 gaben ca. 620.000 Unternehmen
an, dass sie eine Unternehmensnachfolge bis 2018
planten. Ungefähr neun Prozent aller Mittelständler
berichteten, dass die Unternehmensnachfolge
innerhalb der Inhaberfamilie geplant war, während
acht Prozent eine externe Nachfolge ins Auge
fassten, d. h. den Verkauf an einen Investor,
Mitarbeiter oder an ein als strategischer Investor
auftretendes Unternehmen (siehe Abbildung 16).
Parallel zu diesem Wandel nimmt das Interesse
deutscher Unternehmen an der Übernahme eines
mittelständischen Unternehmens ab, wodurch sich
neue Möglichkeiten für indische Investoren
eröffnen, die Zugang zu Spitzentechnologie und
neuen Kunden suchen. Das Potenzial ist besonders
groß angesichts der Tatsache, dass forschungsin-
tensive mittelständische Unternehmen einen
überproportional geringen Anteil an jungen
Inhabern haben.22
22 KfW (2016)
ABBILDUNG 16 Nachfolgeplanung
des deutschen Mittelstands, 2016
(in Prozent)
Nicht geplant
Noch nicht geplant, aber beabsichtigt
Familieninterne Nachfolge
Externe Nachfolge
KfW (2017)
� �� ����50
33
9
8
ABBILDUNG 15 Altersverteilung der Unter-
nehmensinhaber im Mittelstand (2005–2015)
(in Prozent)
< 40 Jahre 40–44 Jahre 45–49 Jahre
50–54 Jahre 55–59 Jahre > 60 Jahre
KfW (2016)
0
2007 2011 20152009 20132005
20
13
13
16
17
21
18
18
13
14
16
22
15
16
16
19
18
17
12
15
18
16
16
23
12
13
24
16
14
22
14
9
17
20
19
21
Indische Investitionen in Deutschland28
KARTE 1 Indische Auslandsdirektinvestitionen (FDI) und Fusionen und Übernahmen 2010–2016/7*
Basierend auf Mergermarkets und European Investment Monitor (2017)
*Für Städte mit mehr als drei FDI-Projekten oder Fusionen und Übernahmen werden nur die aktuellsten Aktivitäten aufgezeigt.
Emcure Pharmaceuticals2016
Lloyd Electric & Engineering2016 (M&A); 2015(FDI)
Suzlon Energy2010
Suzlon Energy2010
Jumps Auto Industries2015 Appollo Tyres
2016 (M&A)
Smart Enovations India2015 (FDI)
Nettlinx2017(M&A)
Yashraj Biotechnology2015 (FDI)
Hinduja Group 2017 (M&A)
TD Power Systems2016 (M&A)
Godrej Group2015 (FDI) )
Essel Corporate Resources2016 (FDI)
Infocore Engineering & IT Services2014
Thermax2012
Kalyani Group2011 ; 2014 Ashok Minda
Group2013
Essel Propack2015(FDI); 2016(M&A)
Hindusthan National Glass &Industries2011(FDI); 2011(M&A)
Firepro Systems2011
Rotex Group2015
Berlin
Hamburg
Düsseldorf
Frankfurt a. M.
Hannover
Stuttgart
München
Sudarshan Chemical Industries2012
JKM Erla Automotive2011
PCM Group of Industries 2013
Extentia Information Technology2015
Mahindra Group2011
Sun Pharmaceuticals Industries2015
Amtek Auto 2014
Bharat Fritz Werner (BFW)2011
KalpavrukshSystems
2012
Veer Energy &Infrastructure 2011 (FDI)
QuEST Global Inc 2012 (FDI)
iWave Systems Technologies2010 Wipro
2016
Kalabhai Karson2014
PV Power Technologies 2010
Rinox Engineering2013
Lupin2015
Aditya Birla Group2013
Paradigm IT 2013
Samvardhana Motherson Group2013 (FDI)
Manna di Moda2015
Global Economic Advantage / Laans Portfolios2014
IndoflashInternational2011
Tata Group2011
Tata Group2013
Castex Technologies2014
Himenviro Environmental Technologies2012
EMC2015
Ruia Group2011(M&A)
Aditya BirlaGroup
2011(FDI)
Tech Mahindra2014(FDI)
PI Industries2014(FDI)
Claytronics Solutions2013
SuperhouseGroup
2012
Evalueserve2014
Wipro2010 (M&A);
2011 (FDI)
Bilcare2010 (FDI); 2015 (FDI);
2010(M&A) Bilcare2011 (FDI); 2015 (FDI)
Amtek Group2013(FDI); 2013(M&A)
QueryNow2015
Forbes Marshall2012
MicroWorld SoftwareServices
2010Ruia Group2010
Vikram Solar2010
Orchid Chemicals andPharmaceuticals
2013
Kalyani Group2011
Premium Transmission2011
Zydus Animal Health2011
Samvardhana Motherson Group2013
Automag (I)2013
Amtek Group2014
Bagla Group2014
TVS Group2012
Tata Autocomp Systems 2013
Name des indischen Investors
Jahr der Investition
Großstädte mit mehr als drei FDI-Projekten oder Fusionen und Übernahmen
Je größer der Kreis, desto höher die Anzahl der Projekte Ausländische Direktinvestitionen [bis Q1 2016]
Fusionen und Übernahmen [bis Q1 2017]
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 29
Maharashtra
Karnataka
Delhi
West Bengal
Uttar Pradesh
Haryana
Telangana
Tamil Nadu
Rajasthan
GujaratMadhya Pradesh
Kerala
Punjab
Mumbai
Pune
Surat
Chennai
Kolkata
Bengaluru
Hyderabad
Ahmedabad
Jaipur
Lucknow
KARTE 2 Woher kommen die in Deutschland aktiven indischen Investoren?
Indische Investitionen nach Bundesstaat des Investors, 2000 bis 2016
Anzahl der Investitionsprojekte
>40
16–40
6–15
≤5
Basierend auf Mergermarkets und European Investment Monitor (2017)
Indische Investitionen in Deutschland30
1.3 Die indische Wirtschaftspräsenz in Deutschland
Wie weiter oben ausgeführt, hat die Investitions-
tätigkeit indischer Unternehmen in Deutschland
bereits zu einer bedeutenden wirtschaftlichen
Präsenz Indiens geführt.
Die nachstehende Analyse basiert auf den
folgenden Annahmen und Kriterien: Unternehmen,
deren weltweite Muttergesellschaften (Global Ultimate
Owner, GUO) ihren Sitz in Indien haben und die einen
Anteil von mindestens 50,01 Prozent an einer Tochter-
gesellschaft halten und damit als kontrollierende
Gesellschaften gelten, werden als indische Unterneh-
men definiert. Die ArcelorMittal Group etwa fällt nicht
in diese Kategorie, da sich die Unternehmenszentrale
seit der Fusion in Luxemburg befindet und nicht länger
primär in den indischen Kontext eingebettet ist.
Darüber hinaus führen viele Investoren, wie bereits in
Abschnitt 1.2 beschrieben, ihre Geschäfte über
Einheiten in Drittländern durch, u. a. um von den dort
geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu profitieren.
Daher ist die tatsächliche Anzahl indischer Tochterge-
sellschaften (und somit der Gesamtumsatz und
Personalstand) unter Umständen höher, als die
öffentlich verfügbaren Daten besagen.
Darüber hinaus werden von unserer Definition nur
Tochtergesellschaften mit einem Jahresumsatz von
über zehn Millionen Euro erfasst. Die erstgenannte
Gruppe macht mehr als 98 Prozent der für diese
Studie relevanten Umsätze in Deutschland aus, die in
öffentlich zugänglichen Datenbanken erfasst sind
(Amadeus-, Dafine- und Markus-Datenbank). Die hier
angegebenen Umsatzzahlen sind im Allgemeinen (70
%) nicht älter als maximal aus dem Jahr 2015, wobei
87 Prozent maximal bis auf das Jahr 2014 zurückge-
hen. Die Personaldaten reichen maximal bis ins Jahr
2015 zurück; das sind die genauesten Zahlen, die zum
Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts über die
aktuelle wirtschaftliche Präsenz Indiens in Deutsch-
land zur Verfügung standen.
Unter Berücksichtigung dieser Annahmen und
Kriterien erwirtschafteten von insgesamt mehr als
460 in Deutschland operierenden Tochtergesellschaf-
ten rund 80 indische Unternehmen mit einem
jeweiligen Jahresumsatz von mehr als zehn Millionen
Euro einen gemeinsamen Jahresumsatz von rund 11,4
23 Amadeus-, Dafne- und Markus-Datenbanken (2017)
Milliarden Euro. Diese Unternehmen beschäftigen
insgesamt mehr als 27.400 Mitarbeiter. Die zehn
wichtigsten indischen Unternehmen erwirtschaften
allein mehr als 70 Prozent des Umsatzes indischer
Unternehmen und beschäftigen beinahe 58 Prozent
aller Mitarbeiter in dieser Kategorie.23
Die indische Präsenz konzentriert sich auf vier
Branchen
Eine genauere Analyse indischer Unternehmen in
Deutschland auf der Grundlage des Umsatzes zeigt,
dass insbesondere vier Branchen dominieren (siehe
Abbildung 17).
Auf die Metall- und Metall verarbeitende
Industrie entfallen allein ca. 40 Prozent der Umsätze
bzw. rund 4,6 Milliarden Euro jährlich. Die Aktivitäten
in diesem Sektor beinhalten die Herstellung von
Metallen wie Stahl und Aluminium sowie die Herstel-
lung von Metallerzeugnissen mit Ausnahme von
Maschinen und Anlagen. Zu den Metallerzeugnissen
ABBILDUNG 17 Indische Wirtschafts-
präsenz nach Umsätzen und Branchen,
letztes verfügbares Jahr* (in Prozent)
Metall- und Metall verarbeitende Industrie
Automobilindustrie
Chemie- und Pharmaindustrie
Professionelle, wissenschaftl. und technische
Dienstleistungen
Elektrotechnik und Maschinenbau Sonstige
* 2009 bis 2016, 87% nicht älter als 2014
EY Analysis (2017)
� �� �� ������40
29
19
9 12
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 31
gehören Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteile sowie
pulvermetallische Erzeugnisse. Zu den wichtigsten
indischen Akteuren in diesem Bereich zählen
Hindalco Industries Ltd., Tata Steel Ltd. und Sona
Autocomp Private Ltd.
Die zweitgrößte Branche, in der indische
Unternehmen in Deutschland tätig sind, ist die
Automobilindustrie, auf die ca. 29 Prozent der von
indischen Unternehmen erwirtschafteten Gesamtum-
sätze bzw. 3,3 Milliarden Euro entfallen. In diesem
Bereich treten die meisten indischen Unternehmen
als Zulieferer und Hersteller von Fahrzeugteilen und
Komponenten auf. Zu den wichtigsten Unternehmen
gehören Motherson Sumi Systems Ltd., Amtek Auto
Ltd. und Bharat Forge Ltd. Außerdem ist Tata Motors
Ltd. – der einzige indische Erstausrüster (OEM) mit
einer Tochtergesellschaft in Deutschland – über die
Jaguar Land Rover Deutschland GmbH tätig, die in
erster Linie Vertriebs- und After-Sales-Funktionen
wahrnimmt.
Die Chemie- und Pharmaindustrie steht bei der
Erwirtschaftung von Umsätzen durch indische
Unternehmen in Deutschland an dritter Stelle; auf sie
entfällt ein Anteil von rund 19 Prozent und ein
Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro. Davon
erwirtschaftet die Pharmaindustrie 0,4 Milliarden
Euro, hauptsächlich in den Bereichen F&E, Herstel-
lung und Vertrieb (vor allem im Generika-Bereich). In
der Chemieindustrie nimmt die Herstellung von
Gummi- und Kunststofferzeugnissen sowie chemi-
scher Stoffe für die nachgelagerten Märkte einen
hohen Stellenwert ein.
Der letzte dominierende Sektor umfasst professi-
onelle, wissenschaftliche und technische Dienstleis-
tungen, auf die neun Prozent bzw. Umsätze in Höhe
von ca. eine Milliarde Euro in dieser Gruppe entfallen.
Dazu gehören u. a. Software, IT-Dienstleistungen und
Telekommunikation. Die wichtigsten Akteure in
diesem Bereich sind Tata Consulting, Wipro Techno-
logies, HCL Technologies, Infosys und Tech Mahindra.
Indische Unternehmen sind in diesem Sektor äußerst
wettbewerbsfähig und zunehmend in Deutschland
aktiv (siehe Kapitel 2.4).
Zusammen entfallen auf diese vier dominierenden
Branchen beinahe 97 Prozent der von indischen
Unternehmen in Deutschland generierten Umsätze
und 93 Prozent der 27.400 Arbeitsplätze dieser
Unternehmensgruppe (siehe Abbildung 18).
Indische Automobilunternehmen beschäftigen
mehr als 10.000 Mitarbeiter, gefolgt von der
Metall- und Metall verarbeitenden Industrie mit
ungefähr 8.200 Mitarbeiter. Trotz eines geringeren
Umsatzes als in der chemischen und pharmazeuti-
schen Industrie beschäftigt der Bereich professionel-
le, wissenschaftliche und technische Dienstleistun-
gen eine vergleichbare Zahl von ca. 3.600
Beschäftigten.
Für die Zwecke dieser Studie wurden Trendanaly-
sen für den Zeitraum 2010 bis 2016 auf der Grundla-
ge des verfügbaren Datenmaterials und der oben
beschriebenen Annahmen und Kriterien erstellt. Für
2010 wurden alle verfügbaren Daten verwendet; wo
noch keine Zahlen für 2016 vorlagen, wurde das
jüngste Datenmaterial herangezogen. Trotz der
Datenlücken können diese Analysen Aufschluss über
Entwicklungstrends indischer Unternehmen geben.
Insgesamt stieg der gemeinsame Umsatz der 79
wichtigsten indischen Unternehmen in Deutschland
mit einer jährlichen Wachstumsrate von 7,5 Prozent
seit 2010 an und erreichte 2016 11,4 Milliarden Euro
(siehe Abbildung 19).
ABBILDUNG 18 Indische Wirtschaftspräsenz
nach Beschäftigtenzahl und Branchen, letztes
verfügbares Jahr* (in Prozent)
Automobilindustrie
Metall- und Metall verarbeitende Industrie
Professionelle, wissenschaftl. und technische
Dienstleistungen
Chemie- und Pharmaindustrie
Elektrotechnik und Maschinenbau Sonstige
* 2015 oder 2016 | EY Analyse (2017)
� �� �� �� ����3730
13
13
34
Indische Investitionen in Deutschland32
Die Zahl der Beschäftigten in diesen Unterneh-
men legte mit einer jährlichen Wachstumsrate von
rund zehn Prozent sogar noch stärker zu und lag 2016
bei mehr als 27.400 Personen. Diese deutlichen
Zuwachsraten erklären sich teilweise aus Fusionen
und Übernahmen durch indische Investoren in
Deutschland. In dieser Hinsicht verzeichnen alle vier
dominierenden Branchen ein kräftiges Wachstum,
das im Bereich Software und IT-Dienstleistungen am
stärksten ausfällt.
Allerdings nahm der ausgewiesene Gesamtgewinn
dieser Unternehmen während des Untersuchungs-
zeitraums ab, eine Tatsache, die sich zu einem großen
Teil durch die insgesamt schwache Entwicklung in der
Metall- und Metall verarbeitenden Industrie erklären
lässt.
Starke indische Präsenz im Süden und Westen
Deutschlands
Die Mehrzahl der 79 größten indischen Unterneh-
men operiert in den Industriezentren in West- und
Süddeutschland. 29 Prozent sind in Nordrhein-West-
falen angesiedelt, 26 Prozent in Hessen und 14
Prozent in Bayern. Baden-Württemberg liegt mit
zwölf Prozent an vierter Stelle. Diese Verteilung ist
kein Zufall, da alle diese Regionen über eine starke
Industriebasis und eine hohe Dichte von „Hidden
Champions“ verfügen (siehe Abbildung 14 im
Abschnitt „Brennpunkt: Investitionspotenziale im
deutschen Mittelstand“). Indische Unternehmen
haben in diesen Regionen investiert, um ihren
Kunden, Zulieferern und Partnern geografisch näher
zu sein, oder weil sich andere ihrer zugekauften
Investitionen bereits dort befinden. Zu den Hotspots
zählen Nordrhein-Westfalen im Bereich Metall- und
Metall verarbeitende Industrie sowie Hessen im
Bereich professionelle, wissenschaftliche und
technische Dienstleistungen. In Hessen liegt das
Rhein-Main-Gebiet, das traditionell ein starker
Anziehungspunkt für indische Geschäftstätigkeiten
ist und eine große indische Gemeinde hat, was zum
Teil auf den großen internationalen Flughafen
zurückzuführen ist. Unternehmen wie Infosys, HCL
Technologies, Tata Consulting und Wipro Technolo-
gies haben sich dort angesiedelt, auch weil der
Finanzsektor, der in dieser Region stark verwurzelt
ist, einen Großteil der Kundenbasis dieser Unterneh-
men bildet.
Die Region bietet darüber hinaus eine solide
Infrastruktur für die indische Gemeinde, wie etwa
Kirchen und Andachtsstätten, Zugang zu indischen
Lebensmitteln und internationale Schulen; dies ist
insbesondere für personalintensive Industrien
vorteilhaft, die hoch qualifizierte Fachkräfte benöti-
gen, denen wiederum „weiche“ Standortfaktoren
wichtig sind.
Allerdings erklären diese hohen Zahlen weder die
spezifischen Gründe für die Investitionen indischer
Unternehmen in Deutschland ausreichend, noch
geben sie darüber Aufschluss, wie die speziellen
Herausforderungen oder der Erfolg einer Internatio-
nalisierung am besten gemessen und verbessert
werden könnte. Um diese Fragen im Detail zu
behandeln, wurden indische Investoren, die bereits in
Deutschland investiert haben oder dies in Zukunft
planen, befragt. Bevor wir auf die Ergebnisse dieser
Befragung im Detail eingehen, möchten wir einen
kurzen Überblick über bzw. auf die wichtigsten
Branchen geben, in denen indische Investoren derzeit
präsent sind.
ABBILDUNG 19 Entwicklungstrends indischer
Unternehmen in Deutschland, 2010–2016*
Umsatz Mitarbeiter
* letztes verfügbares Jahr | EY Analysis (2017)
15 Milliarden €
10
30.000
5
20.000
10.000
0 020162010
11
,4
7,4
15.482
27.463
1 Die indisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen 33
Brennpunkt | Indische Fachkräfte in Deutschland
Indien und Deutschland können auf eine lange Geschichte des intellektuel-
len Austauschs und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zurückblicken, auch
wenn der Personenaustausch zwischen den beiden Ländern eher gering war.
Diese Situation hat sich im Verlauf der letzten Jahre insofern geändert, als eine
wachsende Zahl hoch qualifizierter Inder nach Deutschland gekommen ist, um
hier zu studieren und zu arbeiten. Von den 28.008 hoch qualifizierten Fachkräf-
te, die im Jahr 2015 aus Drittländern nach Deutschland kamen, waren 17
Prozent indische Staatsbürger. Damit ist Indien noch vor den Vereinigten
Staaten und China das wichtigste Herkunftsland hoch qualifizierter Fachkräfte
aus Drittländern in Deutschland.
Das Ausmaß des demographischen Wandels in Deutschland führt dazu, dass
eine noch stärkere Zuwanderung qualifizierter Personen von Vorteil wäre. Im
Vergleich zu anderen Ländern ist die Wirtschaftsmigration nach Deutschland
relativ gering. Berechnungen der OECD zeigen, dass die Wirtschaftsmigration
in Länder wie Großbritannien und Kanada langfristig beinahe dreimal so hoch
ist wie nach Deutschland. Angesichts des Anstiegs fremdenfeindlicher, rechts-
orientierter Bewegungen in den Vereinigten Staaten und Großbritannien
(derzeit die wichtigsten Zielländer für indische Fachkräfte) täte Deutschland
gut daran, sich als offene und gastfreundliche Gesellschaft zu positionieren. In
einer im Auftrag der Bertelsmann Stiftung24 von Thomas Faist, Mustafa Aksakal
und Kerstin Schmidt (Universität Bielefeld) durchgeführten Studie werden
Motivationen und Absichten von Personen, die aus wirtschaftlichen Gründen
oder zum Zweck einer Hochschulausbildung aus Indien nach Deutschland
kommen, zusammen mit den damit verbundenen Entwicklungseffekten
untersucht.
Die Studie deutet darauf hin, dass die Zuwanderung aus Indien aus wirt-
schaftlichen Gründen oder zum Zweck eines Studiums in den letzten Jahren
zugenommen hat, was sowohl mit der Lockerung der deutschen Einwande-
rungsgesetze als auch mit der Stärke des deutschen Arbeitsmarkts zusammen-
hängt. Darüber hinaus bleiben indische Zuwanderer heute länger in Deutsch-
land als in der Vergangenheit, was u. a. auf die beruflichen Entwicklungschancen
und Karriereaussichten, die relative Offenheit der deutschen Gesellschaft und
die guten Integrationsprognosen zurückzuführen ist. Die Schlussfolgerung, dass
Deutschland als Zielland für indische Fachkräfte an Attraktivität gewonnen hat,
erscheint daher angemessen.
Es gibt allerdings auch Probleme. Beispielsweise können die gefühlten
Barrieren zwischen Zuwanderern und der einheimischen Bevölkerung, erlebte
Diskriminierung und Schwierigkeiten im Umgang mit der deutschen Bürokratie
positive Migrationserfahrungen indischer Zuwanderer in Deutschland erschwe-
ren. Allerdings hat sich das soziale Kapital als ein hilfreiches Sprungbrett
bewährt, um manche dieser Hürden zu überwinden. Die Entscheidung hoch
qualifizierter Fachkräfte, in Deutschland zu bleiben, wird auch von herkunfts-
24 Bertelsmann Stiftung (eds.) (2017).
Indische Investitionen in Deutschland34
landabhängigen Faktoren beeinflusst. Während die Migration nach Deutschland
die persönliche Unabhängigkeit enorm steigern und ein Gefühl der Emanzipati-
on vermitteln kann, können familiäre Bindungen ein Grund für eine Rückkehr in
die Heimat sein.
Die Zuwanderung nach Deutschland bedeutet auch für Indien ein hohes
Entwicklungspotenzial, etwa durch den Wissens- und Kompetenztransfer oder
die finanzielle Unterstützung von Angehörigen. Allerdings sind diese Vorteile
ungleichmäßig über das Land verteilt, da sie vornehmlich Menschen, Unterneh-
men und Regionen mit Zugang zu Migranten-Netzwerken zugutekommen, was
bestehende soziale und regionale Ungleichheiten weiter verstärkt.
Deutschland könnte durch eine Erweiterung aktueller Informationsplattfor-
men wie der Website „Make it in Germany“ noch attraktiver werden. Darüber
hinaus wird es wichtig sein, das Unterstützungsangebot für Familienangehörige
zu verbessern, den Übergang vom Studium auf den Arbeitsmarkt zu erleichtern
– z. B. durch eine größere Anzahl von Praktikumsplätzen – und spezielle Hilfen
für kleine und mittlere Unternehmen bei der Rekrutierung indischer Fachkräfte
mit deutschem Studienabschluss oder direkt in Indien anzubieten.
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 35
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick
25 MarketLine (2016a)
2.1 Die Metall- und Metall verarbeitende Industrie
Diese Branche umfasst die Herstellung von
Grundmetallen wie Stahl oder Aluminium und deren
Weiterverarbeitung. Beide Bereiche sind eng
miteinander verknüpft, da die Metallindustrie
Grundstoffe für die Weiterverarbeitung liefert.
Die Leistung der deutschen Stahlindustrie, eines
Schlüsselbereichs der deutschen Metallindustrie,
war in den letzten Jahren insbesondere aufgrund
schwankender Stahlpreise durchwachsen. Auch die
Probleme der Baubranche, hohe Arbeitslosenquoten
und billigere Produkte insbesondere aus China haben
die Performance in Europa negativ beeinflusst.25
Der deutsche Stahlmarkt erwirtschaftete 2015
einen Gesamtumsatz von 19,4 Milliarden Euro, was
einer jährlichen Wachstumsrate von –14,1 Prozent
im Zeitraum 2011 bis 2015 entspricht (siehe
Abbildung 20).
Im selben Zeitraum waren die Stahlmärkte in
Frankreich und Großbritannien mit einer jährlichen
Wachstumsrate von jeweils –13,4 und –10,2 Prozent
ebenfalls rückläufig. Der Rückgang der deutschen
Produktionsvolumen fiel geringer aus und sank von
44.284 Tonnen 2011 auf 42.676 Tonnen 2015. Die
entsprechende jährliche Wachstumsrate von –0,9
Prozent verdeutlicht die Auswirkungen des Preisver-
falls auf dem Markt. Ungeachtet dessen ist der
deutsche Stahlsektor bezogen auf den Marktwert der
größte in der EU. Er machte 2015 ca. 16,4 Prozent des
Sektors innerhalb der gesamten EU aus, gefolgt von
Italien mit einem Anteil von 8,5 Prozent und Frank-
reich mit einem Anteil von sechs Prozent (siehe
Abbildung 21). Damit ist Deutschland zugleich der
größte Stahlerzeuger in der EU und der siebtgrößte
Stahlerzeuger der Welt.
ABBILDUNG 20 Umsätze in der deutschen
Stahlindustrie, 2011–2015
MarketLine (2016)
40 Milliarden €
30
20
10
02012 2013 2014 20152011
35,7
29,7
26,7 27,0
19,4
ABBILDUNG 21 Geografische Segmentierung
der europäischen Stahlindustrie, 2015 (in Prozent)
Deutschland Italien Frankreich
Spanien Vereinigtes Königreich
Übriges Europa
MarketLine (2016)
� �� ���� �� �� 5,7
4,2
16,4
8,5
6,0
59,2
Indische Investitionen in Deutschland36
Der Stahlsektor ist ein zentraler Lieferant für nach-
gelagerte Branchen. Auf ihn entfallen rund 21 Prozent
der Einkäufe im Maschinenbau und rund 13 Prozent der
Einkäufe in der Automobilindustrie. Andere wichtige
Abnehmer sind die Elektrotechnik- und Baubranche (ca.
10 % der Einkäufe) sowie die Stahl und Metall verarbei-
tende Industrie (59 % der Einkäufe).26
Die deutsche Stahlindustrie ist durch eine relativ
starke staatliche Regulierung gekennzeichnet. Stahlim-
porte aus dem Ausland, insbesondere aus China, stellen
für heimische Produzenten eine große Herausforde-
rung dar. Im Mai 2015 führte die EU vorübergehend
Zölle in einer Höhe von bis zu 35,9 Prozent für chinesi-
sche, japanische und andere ausländische Produzenten
ein, die sechs Monate lang in Kraft blieben. Danach
wurden im Oktober 2016 Zölle in einer Höhe bis zu 73,7
Prozent auf chinesischen Stahl verhängt.
Trotz der starken Konkurrenz wird davon
ausgegangen, dass der Markt bis mindestens 2020
weiter wachsen wird. Zuwächse bis zu 47.170 Tonnen
bei den Produktionsvolumen werden erwartet,
verbunden mit einem Umsatzanstieg von insgesamt
22,65 Milliarden Euro bis Ende 2020 gegenüber 19,54
Milliarden Euro 2017.27
26 WV Stahl (2016)27 MarketLine (2016a)28 ebd.
Der Markt wird von mehreren multinationalen
Konzernen dominiert, u. a. ArcelorMittal, Thyssen-
Krupp AG, Riva und Salzgitter AG (siehe Abbildung 22).
Obwohl die Herstellungsverfahren eine Diversifi-
zierung schwierig machen, haben die Stahlabnehmer
unterschiedliche Anforderungen. Deshalb tendieren
die Hersteller zur Spezialisierung, eine Strategie, die
die Konkurrenz, aber auch den potenziellen Marktan-
teil der einzelnen Unternehmen reduziert.
Skaleneffekte sind entscheidend, um im aktuellen
Marktumfeld erfolgreich zu bleiben. Das bedeutet
einen Vorteil für große Unternehmen und macht eine
Konsolidierung durch Fusionen und Übernahmen
wahrscheinlich, insbesondere auf relativ fragmentier-
ten Märkten. Manche der so entstandenen Unterneh-
men wurden als große multinationale Konzerne
erfolgreich.
Der zyklische Markt ist stark von den allgemeinen
makroökonomischen Bedingungen und Nachfrage-
mustern auf den Endverbrauchermärkten abhängig.
Dadurch kommt es zeitweise zu einem intensiven
Wettbewerb, insbesondere innerhalb einer rückläufi-
gen Industrie, aus der ein Ausstieg schwierig ist.
2015 kam es aufgrund erheblicher Produktions-
überkapazitäten zu einem Preisverfall, der die
Branche zeitweise deutlich schwächte. Erst durch die
kürzlich zu verzeichnende leichte Preiserholung stellte
sich eine allgemeine Verbesserung ein. Neben der
Preisvolatilität kämpfen die Stahlproduzenten auch
noch mit anderen Problemen, u. a. mit der Verschie-
bung der Nachfrageschwerpunkte, der notwendigen
Steigerung von Produktivität und Kosteneffizienz
sowie mit komplexen Beschaffungsketten.
Der deutsche Aluminiumsektor, ein weiterer
Schlüsselbereich der Metallindustrie, ist mit einem
Umsatz von 1,1 Milliarden Euro 2015 und einer
Wachstumsrate von 0,9 Prozent im Zeitraum 2011 bis
2015 kleiner als der Stahlsektor. Deutschland liegt
hier hinter dem europäischen Marktführer Norwegen
mit einem Marktanteil von rund 9,7 Prozent im Jahr
2015 (Norwegen: 20,5 %). Für diesen Sektor werden
Umsatzsteigerungen mit einer jährlichen Wachstums-
rate von 3,5 Prozent bzw. 1,3 Milliarden Euro bis
2020 erwartet.28
Wie schon erwähnt, ist die Metall verarbeitende
Industrie einer der wichtigsten Abnehmer der
ABBILDUNG 22 Der deutsche Stahlmarkt
nach Anteil am Volumen, 2015 (in Prozent)
Thyssen Krupp AG ArcelorMittal
Salzgitter AG Gruppo Riva
Sonstige
MarketLine (2016)
� �� �� �� �� 5,3
33,3
29,1
16,815,6
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 37
Metallindustrie. Aufgrund der hohen Materialintensi-
tät ist der Sektor stark von den Metallpreisen
abhängig. Darüber hinaus sind in diesem Bereich eher
hoch spezialisierte kleine und mittlere Unternehmen
tätig, was zu einem intensiven Wettbewerb unter den
ca. 5.000 Anbietern führt. Der Industriezweig
beschäftigt ungefähr eine halbe Million Arbeitnehmer
in Deutschland und erwirtschaftet Jahresumsätze in
Höhe von rund 80 Milliarden Euro. Aufgrund ihrer
Nähe zur Stahlindustrie hat sich die Branche vor allem
auf Nordrhein-Westfalen konzentriert29, was mit der
bereits erwähnten hohen Dichte indischer Unterneh-
men in diesem Bundesland korreliert. Wie im Fall der
Metallindustrie zählen die Automobil-, Elektro- und
Bauindustrie sowie der Maschinenbau zu den
wichtigen Abnehmern.
29 Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e. V. (WSM ) (2017)30 The Economist Intelligence Unit (2016)
2.2 Die Automobilindustrie
Die Automobilindustrie umfasst die beiden
Teilsektoren Herstellung von Fahrzeugen und
Fahrzeugteilen. Obwohl es sich um zwei unterschied-
liche Segmente handelt, stehen sie in einem engen
Zusammenhang und sind von denselben Marktkräften
und Entwicklungen betroffen.
Zum Automobilbau gehört die Herstellung von
Lkw, Pkw und Motorrädern. Der deutsche Sektor ist
der größte in der EU, im Vergleich zu den USA oder
China allerdings klein. Mit rund 3,2 Millionen verkauf-
ten Neuwagen pro Jahr und 300.000 verkauften
Nutzfahrzeugen seit dem Jahr 2000 ist die deutsche
Automobilproduktion die größte in Europa und die
viertgrößte weltweit (siehe Abbildung 23).30
ABBILDUNG 23 Automobilproduktion weltweit
nach Land, 2015
China
24,5
USA
12,1
Japan 9,3
Deutschland 6,0
Südkorea 4,6
Indien 4,1
Mexiko 3,6
Spanien 2,7
Brasilien 2,4
Kanada 2,3
OICA (2016)
3010 200
Indische Investitionen in Deutschland38
Allerdings sind die Produktionskapazitäten
aufgrund der derzeitigen Infrastruktur der Werke
allmählich ausgeschöpft. Die in Deutschland
operierenden großen Marken unterhalten auch
Produktionsstandorte im Ausland: Etwa 60 Prozent
der Fahrzeuge deutscher Autobauer werden im
Ausland produziert. Dennoch beabsichtigen die
meisten, die Produktion in Deutschland zu erhalten,
u. a. auch, um vom positiven „Made in Germany“-
Image zu profitieren.31
90 Prozent des Gesamtproduktionsvolumens der
Branche entfallen auf Pkw, 7,6 Prozent auf Lkw und
2,1 Prozent auf Motorräder. 2015 betrug der
Gesamtumsatz 92,4 Milliarden Euro mit einer
jährlichen Wachstumsrate von –0,5 Prozent im
Zeitraum von 2011 bis 2015. Nach einem Einbruch
2012 hat sich der Markt in den letzten Jahren erholt
(siehe Abbildung 24).32
Im selben Zeitraum wies der Sektor in Frankreich
und Großbritannien jährliche Wachstumsraten von
–2,6 bzw. 3,5 Prozent auf.
Wie bereits festgestellt, ist die deutsche Automo-
bilindustrie die größte in Europa. Im Jahr 2015 lag ihr
Anteil am Gesamtwert der Branche bei rund 31,1
Prozent. Danach folgten Großbritannien mit einem
Anteil von 15,1 und Frankreich mit einem Anteil von
14,2 Prozent (siehe Abbildung 25).
31 The Economist Intelligence Unit (2016)32 MarketLine (2016b)33 The Economist Intelligence Unit (2016)
Bis Ende 2020 wird ein zusätzliches Wachstum bis
zu einem prognostizierten Gesamtmarktwert von
104,9 Milliarden Euro erwartet.
Der deutsche Automobilmarkt wird von Nachkäu-
fen und einer zyklischen Nachfrage bestimmt. In
Deutschland sind ca. 45 Millionen Pkw zugelassen,
das entspricht 554 Fahrzeugen pro 1.000 Einwoh-
nern.33 Neben dem großen Binnenmarkt spielt der
Export eine bedeutende Rolle, wobei fast ein Fünftel
aller Warenausfuhren aus Deutschland nach
Marktwert auf Kraftfahrzeuge entfallen und diese
damit zum wichtigsten Exportgut machen. Und
obwohl das Land auch selbst ein großer Fahrzeugim-
porteur ist, bleibt ein deutlicher Handelsüberschuss
bestehen.
Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeu-
tung der Automobilindustrie sind die Auswirkungen
des Volkswagenskandals besonders schwerwiegend.
Nach der illegalen Manipulation von Abgaswerten
ist die Rentabilität des Unternehmens aufgrund der
mit den US-Behörden ausgehandelten Entschädi-
gungsvereinbarungen über insgesamt ca. 15
Milliarden US-Dollar geschwächt. In Europa konnten
ähnliche Entschädigungszusagen bislang vermieden
werden.
ABBILDUNG 24 Umsätze in der deutschen
Automobilproduktion, 2011–2015
MarketLine (2015)
100 Milliarden €
95
90
85
02012 2013 2014 20152011
94,2
85,6
87,5
90,8
92,4
ABBILDUNG 25 Geografische Segmentierung
der Automobilproduktion in Europa, 2015
(in Prozent)
Deutschland Vereinigtes Königreich
Frankreich Spanien Italien
Übriges Europa
MarketLine (2016)
� �� �� �� ���� 10,0
5,0
24,4
31,3
15,114,2
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 39
Insgesamt wurde der Ruf der deutschen Automo-
bilindustrie durch den Skandal schwer beschädigt.
Die Auswirkungen auf die künftige Produktion lassen
sich nach wie vor nicht absehen, sind aber in geringe-
rem Ausmaß bereits spürbar. Der Skandal hat auch zu
einer Investitions- und Schwerpunktverlagerung in
Richtung Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie hin
zum autonomen Fahren und den damit verbundenen
Technologien geführt. Diese Entwicklungen werden
vom Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur gefördert, dessen Ziel es ist, in Deutsch-
land bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße
zu bringen.34
Die Entwicklungen bei den Zulieferern der Auto-
mobilindustrie sind eng an die Wachstumsmuster
dieses Sektors geknüpft. Mit einem Umsatz von 75,8
Milliarden Euro zeigte die Zulieferindustrie im Jahr
2015 ein positives Wachstum in Höhe von ca. drei
Prozent gegenüber 2014. Mit einer Auslandsgeschäfts-
quote von rund 38 Prozent stiegen die Umsätze im
Ausland stärker als im Inland. Die Branche, in der sich
die Marktbedingungen rasch verändern, beschäftigt
mehr als 300.000 Mitarbeiter.35
In der gesamten Automobilindustrie kommt es
derzeit zu Strukturveränderungen, insbesondere im
Hinblick auf Kooperationen entlang der Lieferkette
zwischen Erstausrüstern und Zulieferern. Die
Branche verändert sich u. a. aufgrund einer stärkeren
Modell-Diversifizierung, kürzerer Produktlebenszyk-
len und neuer Technologien. Neue Geschäftsmodelle
mit Erstausrüstern stärken die Bedeutung der
Autozulieferer, die ihrerseits mit den Bedürfnissen
ihrer Abnehmer Schritt halten müssen, etwa im
Hinblick auf Teile, die für die steigende Zahl von
Elektrofahrzeugen auf deutschen Straßen benötigt
werden, oder um der wachsenden Nachfrage nach
vertikaler Integration nachzukommen.36
Insgesamt ist die deutsche Automobilindustrie
weltweiter Marktführer in Forschung und Entwicklung,
wobei auf Erstausrüster rund ein Drittel der weltwei-
ten F&E-Ausgaben der Branche entfallen.37
34 The Economist Intelligence Unit 201635 VDA (2016)36 GTAI (2017a)37 ebd.
2.3 Die chemische und pharmazeutische Industrie
Zur chemischen Industrie gehört die Herstellung
von Spezial-, Grund- und Agrarchemikalien sowie
anderer chemischer Erzeugnisse (wie beispielsweise
pharmazeutische Chemikalien).
Die deutsche Chemieindustrie erwirtschaftete
2015 einen Gesamtumsatz von 163,5 Milliarden Euro,
was einer jährlichen Wachstumsrate von 1,1 Prozent
im Zeitraum von 2011 bis 2015 entspricht (siehe
Abbildung 26).
Im selben Zeitraum wuchs der Sektor in Frank-
reich und Großbritannien um 0,5 bzw. 0,4 Prozent
jährlich. 2015 war die deutsche Chemieindustrie mit
einem Anteil am Gesamtmarktwert von rund 22,5
Prozent die größte in Europa, gefolgt von Frankreich
und Italien mit einem Anteil von jeweils 11,7 Prozent
(siehe Abbildung 27).
ABBILDUNG 26 Umsätze in der Chemie-
industrie, 2011–2015
MarketLine (2016)
170 Milliarden €
165
160
155
02012 2013 2014 20152011
156,3
161,1
159,1
161,1
163,5
Indische Investitionen in Deutschland40
Ein genauerer Blick auf das deutsche Marktseg-
ment zeigt, dass Grundchemikalien 2015 mit ca. 46,4
Prozent den größten Anteil am Umsatz hatten, gefolgt
von Spezialchemikalien mit 24,9 Prozent. Der Rest
entfiel auf Agrarchemikalien mit 13,9 und andere
Chemikalien mit 14,8 Prozent (siehe Abbildung 28).
Es wird erwartet, dass die deutsche Chemiein-
dustrie bis mindestens 2020 wachsen wird; für 2017
wird ein Jahresumsatz von 181,6 Milliarden Euro
prognostiziert.38
Der Marktaustritt ist aufgrund des intensiven
Wettbewerbs, verursacht durch dramatische
Kosteneinsparungen bei den Herstellungsverfahren,
schwierig. Gleichzeitig verkomplizieren strenge
gesetzliche Regelungen und hohe Gründungskosten
den Markteintritt. Trotzdem machen die vergleichs-
weise geringe Produktdifferenzierung und die
Herstellung von Rohstoffen für die zahlreichen
nachgeordneten Industrien die Branche für neue
Teilnehmer attraktiv.
In der pharmazeutischen Industrie wird nach
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, patentge-
schützten Arzneimitteln, Generika und frei verkäufli-
chen Arzneimitteln unterschieden.
38 MarketLine (2016c)
Die deutsche Pharmaindustrie erwirtschaftete
2015 einen Gesamtumsatz von 30,6 Milliarden Euro,
was einer jährlichen Wachstumsrate von 2,8 Prozent
im Zeitraum von 2011 bis 2015 entspricht. Nach
einem Rückgang 2012 hat der Markt in den letzten
Jahren wieder zum Wachstum zurückgefunden (siehe
Abbildung 29).
ABBILDUNG 27 Geografische Segmentierung
der Chemieindustrie in Europa, 2015 (in Prozent)
Deutschland Frankreich Italien
Vereinigtes Königreich Spanien
Übriges Europa
MarketLine (2015)
� �� �� �� ���� 9,75,3
39,1
22,5
11,7
11,7
ABBILDUNG 28 Segmentierung der Chemie-
industrie in Europa nach Kategorie, 2015
(in Prozent)
Chemische Grunds toffe Spezialchemikalien
Agrarchemikalien Sonstige
MarketLine (2016)
� �� �� �� 14,8
46,4
24,9
13,9
ABBILDUNG 29 Umsätze in der deutschen
Pharmaindustrie, 2011–2015
MarketLine (2016)
40 Milliarden €
30
20
10
02012 2013 2014 20152011
27,426,2 27,0
29,230,6
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 41
Im selben Zeitraum verzeichneten die Märkte in
Frankreich und Großbritannien jährliche Wachstums-
raten von jeweils –0,8 bzw. 8,8 Prozent. Der deutsche
Sektor ist der größte in Europa. Im Jahr 2015 lag sein
Anteil am Gesamtwert der Branche bei rund 16,5
Prozent, gefolgt von Frankreich mit 15,1 und Großbri-
tannien mit 14,3 Prozent (siehe Abbildung 30).
Deutschland ist ein reifer Markt mit einer starken
Inlandsproduktion und hohen Gesundheitsausgaben,
dessen Wachstumspotenzial in erster Linie durch die
staatlichen Kosteneinsparungsziele eingeschränkt
wird. Um die Kostenexplosion bei Arzneimitteln
einzudämmen, wurde 2011 gegen den Widerstand der
Arzneimittelhersteller das Arzneimittelmarktneuord-
nungsgesetz (AMNOG) verabschiedet. Trotz der
verstärkten staatlichen Regulierung wird bis Ende
2020 ein beschleunigtes Wachstum auf dem pharma-
zeutischen Markt mit einem prognostizierten Jahres-
gesamtumsatz von 41,8 Milliarden Euro erwartet.39
Der Wettbewerb ist intensiv, vor allem im Bereich
der lukrativen Generika, wo große internationale und
kleine Hersteller um jede einzelne Zulassung
kämpfen. Auch die strengen gesetzlichen und
aufsichtsbehördlichen Vorgaben wirken sich stark auf
39 MarketLine (2016d)40 MarketLine (2016e)
neue Markteintritte aus. In Deutschland gibt es eine
gesetzliche Krankenversicherung und 77 Prozent der
deutschen Gesundheitsausgaben werden über dieses
staatliche Gesundheitssystem getätigt.
Ein besonders großes Potenzial liegt im Bereich
der Generika und Biosimilars, da der Patentschutz für
viele der umsatzstärksten Arzneimittel in den
nächsten Jahren ausläuft. Insbesondere indische
Generika-Hersteller möchten von dieser Entwicklung
profitieren, obwohl die gesetzlichen Auflagen und
damit auch die Markteintrittsbarrieren vergleichs-
weise hoch sind.40
ABBILDUNG 30 Geografische Segmentierung
der Pharmaindustrie in Europa, 2015 (in Prozent)
Deutschland Frankreich
Vereinigtes Königreich Italien
Spanien Übriges Europa
MarketLine (2016)
� �� �� �� �� �� 34,6
7,8
11,7
16,5
15,1
14,3
Indische Investitionen in Deutschland42
2.4 Software und IT-Leistungen
Der Markt für Software und IT-Dienstleistungen
besteht aus zwei Segmenten: Das Segment Software
umfasst Systeme und Anwendungssoftware, das
Segment IT-Leistungen beinhaltet IT-Outsourcing und
-Processing, IT-Consulting und -Support sowie Cloud
Computing.
Der deutsche Software- und IT-Dienstleistungs-
markt erzielte 2015 einen Gesamtumsatz von 57,5
Milliarden Euro, mit einer jährlichen Wachstumsrate
von 3,4 Prozent im Zeitraum von 2011 bis 2015 (siehe
Abbildung 31).
Im selben Zeitraum wuchs der Markt in Frank-
reich und Großbritannien um 1,1 bzw. 2,4 Prozent.
Der deutsche Markt ist der größte in Europa. Im Jahr
2015 betrug sein Anteil am Gesamtwert der Branche
rund 19,1 Prozent, gefolgt von Großbritannien mit
18,8 und Frankreich mit 14 Prozent (siehe Abbildung
32). Der Wettbewerb um den Spitzenplatz als
Technologie-Standort in Europa ist groß. Zahlreiche
Regionen in Deutschland bieten ein gutes Investiti-
onspotenzial und starke Talente-Pools, etwa Berlin,
Oberbayern (München), Darmstadt (mit Frankfurt
am Main) und Karlsruhe, wo sich eine dynamische
und florierende Landschaft von Technologieunter-
41 MarketLine (2015)
nehmen entwickelt hat. Auch die deutschen Nieder-
lassungen indischer IT-Unternehmen (z. B. HCL,
Infosys oder TCS in Frankfurt am Main) befinden sich
hauptsächlich in diesen Regionen. Durch den
intensiven Wettbewerb gibt es einen großen Pool an
qualifizierten Fachkräften, die Spitzenleistungen
erbringen.41
Trotz der finanziellen Unsicherheit der vergange-
nen Jahre ist der deutsche Sektor für Software und
IT-Dienstleistungen weiter gewachsen, da Unterneh-
men aus allen Branchen erkannt haben, dass die
Digitalisierung von Unternehmensabläufen zur
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit absolut notwen-
dig ist. Die Größe und Vielfalt der deutschen
Wirtschaft sichert IT-Dienstleistern eine dynamische
Kundenbasis. Begünstigt wird dieses Umfeld auch
durch die staatliche Förderung von Industrie 4.0,
einem Projekt, das auf die weitere Digitalisierung von
Produktionsprozessen abzielt. Und auch der Aufbau
von Hochtechnologie-Netzen für Energie und Logistik
sollte IT-Dienstleistungs- und Softwareanbietern
über einen längeren Zeitraum Wachstumschancen
eröffnen.
ABBILDUNG 31 Umsätze der Software- und
IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland,
2011–2015
MarketLine (2015)
60 Milliarden €
55
50
45
02012 2013 2014 20152011
50,2
51,8
53,4
55,3
57,5
ABBILDUNG 32 Geografische Segmentierung
der Software und IT-Dienstleistungsbranche,
2015 (in Prozent)
Deutschland Vereinigtes Königreich
Frankreich Italien Spanien
Übriges Europa
MarketLine (2015)
� �� �� �� �� �� 34,4
5,9
7,8
19,1
18,8
14,0
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 43
Ein genauerer Blick auf die beiden Marktsegmen-
te zeigt, dass der Großteil des Umsatzes 2015 mit 65
Prozent im Bereich IT-Dienstleistungen erwirtschaf-
tet wurde, wohingegen das Softwaresegment einen
Anteil von 35 Prozent verzeichnete.
Der Markt gilt bis 2020 mit einem prognostizier-
ten Gesamtumsatz von 68,2 Milliarden Euro als
Wachstumsmarkt. (siehe Abbildung 33).42
Der anhaltende technologische Fortschritt, die
Präsenz großer internationaler Unternehmen und der
stetige Markteintritt von Anbietern mit neuen
Geschäftsmodellen sorgen für einen anhaltend
intensiven Wettbewerb und zwingen die bestehenden
Marktteilnehmer zunehmend, durch die Preisgestal-
tung wettbewerbsfähig zu bleiben.
Im Software-Segment gehören Unternehmens-
übernahmen und neue Partnerschaften zum Ge-
schäftsalltag. Nischen-Unternehmen können so
häufig von Infrastruktur und Middleware ihrer
Konkurrenten profitieren.
Im Gegensatz dazu versuchen IT-Dienstleistungs-
anbieter Marktanteile in Bereichen mit höheren
Margen hinzuzugewinnen, indem sie neben Leistun-
gen zur Produktivitäts- und Effizienzsteigerung (etwa
durch Outsourcing) auch Mehrwertdienstleistungen
(z. B. Analytics Consulting) anbieten.43
42 MarketLine (2015)43 ebd.
Bei dieser Strategie spielt die Markenbekanntheit
eine wichtige Rolle, insbesondere wenn es um
IT-Outsourcing und Datenverarbeitung geht, da
Sicherheit und Qualität entscheidende Kriterien für
die Auftragsvergabe sind. T-Systems etwa gehört zu
den größeren Unternehmen in diesem Segment und
profitiert von einem ausgezeichneten Ruf. Wie schon
erwähnt sind indische Unternehmen auf diesem
Sektor äußerst wettbewerbsfähig und zunehmend
auf dem deutschen Markt aktiv.
Neben der Markenbekanntheit sind die Entwick-
lung und der Vertrieb von Software, Dienstleistungen
und Hardware Wettbewerbsvorteile, da Hard-
ware-Komponenten in der Regel aus einer Hand
gekauft werden. Große Unternehmen wie IBM und
Microsoft sind hier aufgrund ihrer diversifizierten
Produkt-Portfolios gut aufgestellt. Darüber hinaus
bieten einige Software-Unternehmen Hardware an
und einige IT-Dienstleister sind auch im Bereich
Software kompetent, was in beiden Fällen zu einer
größeren Unabhängigkeit von Zulieferern führt.
Allerdings erfordert diese Art der Diversifizierung
den Zugang zu einem Pool qualifizierter Programmie-
rer und anderer Fachkräfte.
Im Allgemeinen machen die positiven Aussichten
auf dem deutschen Software- und IT-Dienstleistungs-
markt gemeinsam mit dem Internet als Vertriebskanal
die Branche für neue Marktteilnehmer und auch für
indische Unternehmen attraktiv.
ABBILDUNG 33 Prognostizierte Umsätze
der Software- und IT-Dienstleistungsbranche
in Deutschland, 2015–2020
MarketLine (2015)
70 Milliarden €
65
60
55
02016 2017 2018 2019 20202015
57,5
59,6
61,8
63,9
66,1
68,2
Indische Investitionen in Deutschland44
44 BCG Global Wealth Market Sizing Database (2014)45 Capgemini Global Wealth Report (2015)
Brennpunkt | Portfolioinvestitionen (Privatvermögen)
Aufgrund des starken Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts und der Sparquo-
te von rund 20 Prozent des BIP haben sich die Privatvermögen in Indien in den
letzten Jahren deutlich erhöht. Während das Land 2008 im Hinblick auf das
Gesamtprivatvermögen an 17. und 2013 an 15. Stelle weltweit lag, wird es bis
2018 mit Privatvermögen in Höhe von sieben
Billionen US-Dollar voraussichtlich auf den 7. Platz
vorrücken (siehe Abbildung 34).
Für den gesamten asiatisch-pazifischen Raum
(ausgenommen Japan) wird erwartet, dass die
Privatvermögen mit einer durchschnittlichen
jährlichen Wachstumsrate von 10,5 Prozent steigen
und bis 2018 rund 61 Billionen USD betragen
werden; die globale Wachstumsrate wird im
Vergleich dazu mit 5,4 Prozent beziffert (siehe
Abbildung 35). Man rechnet also damit, dass der
asiatisch-pazifische Raum Nordamerika und
Westeuropa als reichste Region überholen wird.
Mit einer erwarteten hohen und nachhaltigen
BIP-Wachstumsrate wird davon ausgegangen, dass
Indien einen überproportionalen Beitrag zu diesem
Wachstum leisten wird. Dies lässt sich auch an einer
Analyse der Anzahl der Millionärshaushalte ablesen
(gemessen in USD). 2013 gab es in Indien 175.000
Millionärshaushalte, womit das Land in dieser
Kategorie international den 15. Platz belegte.44
2015 hatte sich diese Zahl Berichten zufolge auf
198.000 erhöht.45
Mit dem Ziel der Risikostreuung investieren
indische Privatpersonen ihr Vermögen zunehmend
im Ausland. Gemäß indischer Gesetzgebung dürfen
pro Kopf lediglich 250.000 USD im Ausland
investiert werden. Da jedoch viele reiche indische
Familien ihren Wohnsitz im Ausland haben (nicht in
Indien ansässige indische Staatsbürger (NRI) oder
im Ausland lebende indische Staatsbürger (OCI))
und daher nicht an diese Beschränkung gebunden
sind, gibt es ein enormes Potenzial für Investitionen
in Ländern wie Deutschland, die aufgrund ihrer poli-
tischen Stabilität und nachhaltigen Wirtschafts-
kraft als sichere Häfen gelten.
ABBILDUNG 34 Länder mit den größten Privat-
vermögen, 2013 und 2018 (in Billionen USD, Rang)
USA
54
46
China
40
22
Japan
16
15
Deutschland
9
7
Vereinigtes Königreich
9
8
Frankreich
7
5
Indien
5
2
2018 (prognostiziert) 2013
BCG Global Wealth Market Sizing Database (2014)
1
1
1 (2008)
2
2
4 (2008)
3
3
2 (2008)
4
5
3 (2008)
5
4
5 (2008)
6
6
6 (2008)
7
15
17 (2008)
+129 %
2 Die Schlüsselbranchen im Überblick 45
Nachdem die Demonetarisierung im November
2016 die Bevölkerung zum Umtausch ihrer Geld-
scheine zwang, liegt derzeit eine Summe von
geschätzt ein bis fünf Billionen US-Dollar auf
indischen Banken als zusätzliche Liquidität, die für
Investitionen bereitstehen.
Im Ausland lebende indische Staatsbürger gaben
in Interviews an, dass immer mehr Angehörige der
indischen Diaspora ihr Privatvermögen in Deutsch-
land, vornehmlich in Immobilien, investieren. Trotz
eines deutlichen Anstiegs während der letzten Jahre
gelten die Immobilienpreise in Deutschland
gemessen an anderen vergleichbaren Märkten
immer noch als relativ niedrig. Die starke Nachfrage
veranlasst Investoren, die in der Vergangenheit
ausschließlich in fertige Immobilien investierten,
dazu, heute auch in der Frühphase von Projekten
anzulegen.
Diese Entwicklung wurde durch eine Reihe von
Ereignissen in der jüngsten Vergangenheit weiter
verstärkt. Während früher Großbritannien das
beliebteste Investitionsziel war, verlagerte sich der
Schwerpunkt durch die Brexit-Entscheidung nach
Deutschland. Die USA sind der größte Markt für IT- und Softwaredienstleistun-
gen. Doch nach Gerüchten über Einschränkungen bei der Vergabe von H1B-Visa
durch die amerikanische Regierung wird indisches Privatvermögen auf der
Suche nach neuen Märkten zunehmend in Europa und insbesondere in Deutsch-
land als stärkstem europäischen Wirtschaftsraum investiert.
Aufgrund der attraktiven Studienbedingungen hat sich auch die Zahl der
indischen Studierenden in Deutschland in den letzten Jahren verdreifacht.
Deutsch wird an zahlreichen Schulen in Indien unterrichtet, was dazu beiträgt,
die Reputation des Landes über den guten Ruf zahlreicher bekannter deutscher
Produkte hinaus zu verbessern. Indische Familien, die ihren Kindern eine Ausbil-
dung im Ausland ermöglichen möchten, ziehen, abgesehen von den Vereinigten
Staaten und Großbritannien, zunehmend auch Deutschland, Frankreich oder
die skandinavischen Länder in Betracht. Für Deutschland sprechen vor allem die
kulturelle Offenheit, die Lebensqualität und die erschwinglichen Lebenshal-
tungskosten, die öffentliche Sicherheit und die soziale Stabilität ebenso wie die
wachsenden indischen Gemeinden in bestimmten Regionen; ebenso die
Tatsache, dass die gesprochene Sprache (aufgrund des verbreiteten Gebrauchs
des Englischen) und die Verfügbarkeit indischer Lebensmittel kein wirkliches
Problem mehr darstellen. Mehr als 70 Prozent der indischen Studienabgänger
bleiben mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland und werden zu Spitzen-
verdienern, die sehr wahrscheinlich auch investieren.
All diese Faktoren weisen darauf hin, dass Deutschland von seiner steigen-
den Beliebtheit bei indischen Staatsangehörigen profitieren und in Zukunft
private Investitionen anziehen kann.
ABBILDUNG 35 Globales Privatvermögen,
2011–2018
Region Asien-Pazifik (exklusive Japan)
Rest der Welt
* prognostiziert
BCG Global Wealth Market Sizing Database (2014)
200 Billionen USD
150
100
50
02012 2013 2018*2011
24
,49
7,6
28
,31
04
,4
37,
01
15
,0
61
,01
37,
2
Indische Investitionen in Deutschland46
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland
46 Worldbank (2017)
Im folgenden Abschnitt werden die Motivationen,
Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für indische
Investitionen in Deutschland genauer analysiert.
Die Grundlage bildet eine Befragung indischer
Investoren, die bereits in Deutschland engagiert sind
oder ein Engagement in Deutschland planen. Das Ziel
der Befragung bestand darin, (1) zu erfahren, warum
diese Investoren nach Deutschland expandieren und
welche Herausforderungen sie dabei wahrgenommen
haben, und (2) durch die Ausformulierung potenziel-
ler Erfolgsfaktoren Lehren aus ihrer Erfahrung zu
ziehen.
Am Ende soll eine solide Wissensgrundlage
bereitgestellt werden, aus der sich Empfehlungen für
Investoren, Regierungsbehörden und andere in
internationale Geschäftstätigkeiten involvierte
Stakeholder ableiten lassen.
Deutschland ist aufgrund seiner starken Wirt-
schaft und gut entwickelten Infrastruktur ein
bevorzugtes Ziel für indische Investoren (siehe
Abbildung 36). Die Verkehrs-, Kommunikations- und
Energieinfrastruktur sind erstklassig und die
weltweite Marktvernetzung bei einer gleichzeitig
zentralen Lage in Europa hoch. Eine geringe Korrupti-
on und ein hohes Maß an politischer Stabilität stärken
das Vertrauen der Investoren in den Markt. Darüber
hinaus wird das Umfeld für Forschung, Entwicklung
und Innovation, das sich auf hoch qualifizierte
Fachkräfte und ein hervorragendes Bildungssystem
stützt, sehr geschätzt. Daher ist es nicht erstaunlich,
dass Deutschland 2016 den 17. Platz von 190 Ländern
im Weltbank-Ranking der unternehmensfreundlichs-
ten Länder belegt hat, in dem Faktoren und Indikato-
ren wie das regulatorische Umfeld, die Qualität der
Infrastruktur, die Besteuerung und Finanzierungs-
möglichkeiten beurteilt wurden.46
Angesichts dieser günstigen allgemeinen
Bedingungen zielte die Befragung darauf ab, die
spezifischen Faktoren zu ermitteln, die indische
Investoren dazu motivieren, sich in Deutschland zu
engagieren. Die Ergebnisse werden nachfolgend
dargestellt.
ABBILDUNG 36 Deutschland – die am höchsten
bewerteten Standortvorteile (in Prozent)
Infrastruktur
100
Korruption
89,7
Kompetenzen und Bildungsniveau / Qualifikationen der Mitarbeiter
81,3
Politische Stabilität 78,1
F & E sowie innovatives Umfeld 72,4
Umfrage von EY zu Indischen Investitionen in Deutschland (2017)
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland 47
3.1 Die Hauptmotivationen für indische Investitionen in Deutschland
Obwohl die Entscheidung, in Deutschland zu inves-
tieren, im Einzelfall vor dem Hintergrund von Unter-
nehmenszielen, Branche, Größe und anderen Faktoren
betrachtet werden muss, lassen sich aus den Antwor-
ten der Befragten (siehe Abbildung 37) doch einige
gemeinsame Trends für alle Unternehmen ablesen.
Marktpotenzial
Für mehr als 93 Prozent der Befragten war das
Marktpotenzial entscheidend. Deutschland gilt
unabhängig vom Sektor als großer und entwickelter
Markt mit einem beachtlichen Umsatzpotenzial für
indische Investoren. Verstärkt wird dieses Potenzial
durch die geografische Lage, die das Land zum
Einfallstor nach Europa macht. In einigen Fällen
lassen sich in Indien erfolgreiche Produkte für den
deutschen Markt adaptieren und zu deutlich höheren
Preisen als auf anderen etablierten Märkten oder
Schwellenmärkten verkaufen. Beispielsweise können
auf dem deutschen Arzneimittelmarkt Preise für
indische Generika erzielt werden, die weit über den
indischen Preisen liegen.
47 GTAI (2014)
Um dieses Potenzial zu nutzen, müssen Produkte
und Leistungen an die speziellen Marktbedürfnisse
angepasst und geeignete Vertriebsstrukturen
geschaffen werden, was vielfach eine Präsenz vor Ort
notwendig macht. Allerdings gelten manche Märkte
als gesättigt oder zu wettbewerbsintensiv, sodass ein
Umsatzwachstum nur unter größten Anstrengungen
erreichbar wäre.47 In der Metallindustrie etwa
erschließen indische Unternehmen den Markt
hauptsächlich durch Fusionen und Übernahmen und
erhalten so einen schlüsselfertigen Zugang zu einer
großen Kundenbasis auf einem schwächelnden und
äußerst wettbewerbsintensiven Markt (siehe
Abschnitt 2.1).
Nähe und Zugang zu Kunden
Mehr als 81 Prozent der Befragten gaben an,
dass die Nähe und der Zugang zu Kunden eine
entscheidende Rolle bei Investitionsentscheidungen
in Deutschland spielt. Die Metall- und Metall
verarbeitende Industrie sind dafür wieder ein gutes
Beispiel. Wie im Branchenüberblick bereits darge-
stellt, produziert die Branche wichtige Rohstoffe für
nachgelagerte Industrien, etwa für die Automobilin-
dustrie oder andere Fertigungsindustrien. Der
Zugang zu diesen wichtigen Kunden fördert die
Entwicklung auf dem deutschen Markt und schafft
gleichzeitig ein neues Potenzial, diese Kunden
weltweit, einschließlich Indien, zu bedienen, was das
Umsatzpotenzial weiter erhöht.
Anders sieht es im Bereich Software- und IT-
Dienstleistungen aus. Hier erfolgt die Markt-
entwicklung stärker über Greenfield-Investitionen,
auch wenn Fusionen und Übernahmen Teil der
Expansionsstrategie mancher Unternehmen bleiben.
Zwischen 2010 und dem 1. Quartal 2016 entfiel
beispielsweise fast ein Viertel aller FDI-Projekte
indischer Investoren in Deutschland auf die Soft-
ware-Branche (siehe Abschnitt 1.2). Da indische
Unternehmen in diesem Segment äußerst wett-
bewerbsfähig sind, betreten sie den deutschen
Markt primär durch Neugründungen, während Fu-
sionen und Übernahmen eine untergeordnete
Rolle spielen. Die Hauptmotivation für indische
Investitionen in diesem Sektor ist der Wunsch, vom
großen und wachsenden deutschen Markt zu
profitieren.
ABBILDUNG 37 Hauptgründe für indische
Investitionen in Deutschland (in Prozent)
Entwicklung neuer Märkte
93,8
Reputationsgewinn
87,5
Zugang zu Technologie 82,8
Nähe und Zugang zu Kunden 81,3
Deutschland als Tor nach Europa 75,9
Innovationsimpulse(F&E sowie innovatives Umfeld)
62,5
Umfrage von EY zu Indischen Investitionen in Deutschland (2017)
Indische Investitionen in Deutschland48
Zugang zu Technologie
Für mehr als 82 Prozent der Befragten war der
Zugang zu Technologie ein sehr wichtiger Investitions-
grund, insbesondere in Branchen, in denen Indien
nach wie vor einen Aufholbedarf gegenüber den
reiferen Volkswirtschaften hat. Deutschland bietet
Spitzentechnologie in zahlreichen Sektoren, u. a. in der
Automobilindustrie. Die deutsche Automobilbranche
ist nicht nur der größte Fahrzeughersteller und
Absatzmarkt in Europa, sondern auch einer der
Weltmarktführer im Bereich Forschung und Entwick-
lung (siehe Abschnitt 2.2). Indische Zulieferer suchen
einerseits Zugang zur internationalen Klientel,
möchten andererseits jedoch ihre Wettbewerbsfähig-
keit und Produktivität auf dem Weltmarkt und dem
sehr wettbewerbsintensiven indischen Markt durch
den Zugang zu Spitzentechnologie verbessern. Der
klassische Weg führt über Fusionen und Übernahmen:
Mehr als ein Fünftel aller abgeschlossenen Transaktio-
nen durch indische Bieter in Deutschland zwischen
2010 und dem 1. Quartal 2017 entfallen auf diese
Branche (siehe Abschnitt 1.2), die damit an zweiter
Stelle bei den Fusionen und Übernahmen in diesem
Sektor liegt. Als Beispiele sind die Übernahmen durch
Motherson Sumi, Amtek und Ruia Group zu nennen.
Neuer Schwung für Innovationen
Mehr als 62 Prozent der Befragten gaben
Innovation als ein wesentliches Motiv für den
Markteintritt in Deutschland an. Der Wunsch nach
einem Innovationsschub ist eng mit den zuvor
beschriebenen Markteintrittsstrategien verbunden.
Deutschland hat eine hohe Dichte an renommierten
Forschungsinstituten, die auf verschiedenen Gebie-
ten tätig sind, etwa die Fraunhofer-Gesellschaft und
die Max-Planck-Gesellschaft. Darüber hinaus
arbeiten Universitäten und Unternehmen häufig eng
zusammen, um marktfähige Innovationen zu entwi-
ckeln. Die Kooperation zwischen Bosch und Tech
Mahindra im Bereich der vernetzten Industriewerk-
zeuge für das Internet der Dinge ist ein hervorragen-
des Beispiel für die fruchtbare indisch-deutsche
Zusammenarbeit an in Deutschland entwickelten
Innovationen. Für dieses Joint Venture liefert Tech
Mahindra die Anwendungssoftware, während Bosch
das Know-how für die Werkzeuge selbst bereitstellt.48
48 Bosch (2015)49 Koch, A. J. (2001)50 Porter, M. E. (1990)51 Koch, A. J. (2001)
Abgesehen vom Zugang zu Forschungsinstituten
und vorteilhaften Kooperationen schaffen die
allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Bedingun-
gen in Deutschland ein innovationsfreundliches
Umfeld. Das Land gilt in vielen Bereichen als Leitmarkt.
Leitmärkte haben für globale Geschäftsstrategien
eine große Bedeutung. Der Begriff beschreibt in der
Regel große Märkte, die relativ geringen gesetzlichen
Regelungen und Einschränkungen unterliegen,
anspruchsvolle Kunden und starke Wettbewerber
haben und in denen in der Regel qualitativ hochwerti-
ge Produkte hergestellt werden.49 Diese Ländermärk-
te haben in bestimmten Industriezweigen, die durch
das Zusammenwirken verschiedener Faktoren
geprägt wurden, wozu klare Unternehmensstrategi-
en, wettbewerbsfördernde Rivalitäten, die Präsenz
verwandter und unterstützender Industrien,
Faktor- und Nachfragbedingungen sowie eine
wirtschaftsfreundliche Regierung zählen, einen
Wettbewerbsvorteil. Die Präsenz auf einem Leit-
markt kann die Kapazitäten und Kompetenzen eines
Unternehmens an die Weltspitze bringen.50
Zu den Leitmärkten in Deutschland zählen die
Automobilindustrie, die chemische und pharmazeuti-
sche Industrie sowie die Metall- und Metall verarbei-
tende Industrie. Daher ist das große Interesse
indischer Investoren an diesen Branchen nicht
überraschend, denn alle bieten Zugang zu wichtigem,
innovativem Know-how. Dieses Wissen und diese
Kapazitäten stärken die Wettbewerbsfähigkeit
indischer Unternehmen sowohl im Ausland als auch
auf dem Heimatmarkt. Die Standorte indischer
Unternehmen in Deutschland korrelieren daher mit
den Standorten der deutschen Leitindustrien (siehe
Abschnitt 1.3).
Reputationsgewinn
Während der Eintritt in wettbewerbsintensive
Ländermärkte die Möglichkeit bietet, Kapazitäten
und Kompetenzen zu stärken, können Unternehmen
ihre Präsenz auf Leitmärkten auch als wichtiges
Qualitätsmerkmal verwenden, um auf Drittmärkte
zu expandieren.51 Dies trifft in besonderem Maße
auf indische Investitionen in Deutschland zu.
Deutschland profitiert vom guten Ruf der Produkte
„Made in Germany“, die weltweit mit hoher Qualität
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland 49
verbunden werden. Mehr als 87 Prozent der
Befragten gaben an, dass sie diesen Ruf sehr hoch
schätzen und bezeichneten ihn als einen der
Hauptgründe für ihr Engagement in Deutschland. In
manchen Fällen basiert das gesamte Geschäftsmo-
dell von Unternehmen auf diesem Image. Dann
besteht die Unternehmensstrategie darin, ein
Produktportfolio aus preisgünstiger, in Indien
hergestellter Massenware und hochwertigen, in
Deutschland produzierten Produkten zusammenzu-
stellen, um so den Wert der gesamten Produktpalet-
te zu steigern. Die deutsche Produktion kann auf
Investitionen in neue Unternehmen oder bereits
bestehende Unternehmen basieren. In beiden Fällen
profitiert das investierende indische Unternehmen
vom Qualitätssiegel „Made in Germany“, indem es
seine Produkte aufgrund der wahrgenommenen
höheren Qualität sowohl in Indien als auch in
anderen Ländern zu höheren Preisen absetzen kann.52
Deutschland als Einfallstor nach Europa
Wie bereits festgestellt, könnte der Brexit die
Motivation, in Deutschland zu investieren, noch
weiter steigern. Aktuell nennen 76 Prozent der
indischen Investoren, die in Deutschland engagiert
sind oder sich engagieren möchten, die Rolle des
Landes als Einfallstor nach Europa aufgrund seiner
zentralen geografischen Lage als wichtigen Expansi-
onsgrund. Ein Blick auf die Standortentscheidungen
innerhalb Deutschlands zeigt, dass indische Investo-
ren Standorte in Abhängigkeit von der Nähe zu
Abnehmern, Zulieferern, Partnern und anderen
indischen Unternehmen wählen (siehe Abschnitt 1.3)
und nicht in Abhängigkeit möglicher staatlicher
Subventionen.53 Das deckt sich mit dem Ergebnis,
wonach staatliche Anreize nicht als wichtiger Grund
für Investitionen in Deutschland genannt wurden.
Unterschiedliche Motive und Geschäftsstrategien
erfordern unterschiedliche Modelle für den Eintritt
auf den deutschen Markt. Die Berichte der Teilneh-
mer an der Befragung über bestehende Strategien
und Pläne verteilten sich ziemlich gleichmäßig auf
Exportmodelle, Kooperationen und die Gründung von
Niederlassungen. Exportmodelle wurden häufig als
erste Eintrittsstrategie genannt, da die Risiken im
Vergleich geringer sind und sie die Grundlage für das
spätere Wachstum liefern können.
52 Germany Trade and Invest (2014)53 ebd.
3.2 Subjektiv wahrgenommene Heraus-forderungen für indische Investoren
Im Rahmen der von Ernst & Young durchgeführ-
ten Studie beschrieben indische Investoren, die
bereits in Deutschland engagiert waren oder ein
Engagement planten, eine Reihe tatsächlicher oder
subjektiv wahrgenommener Herausforderungen, vor
die sie im Geschäftsleben gestellt wurden (siehe
Abbildung 38).
Hohe Wettbewerbsintensität
Für mehr als 82 Prozent der Befragten war die
hohe Intensität des Wettbewerbs in Deutschland die
größte Herausforderung. Allerdings wissen indische
Investoren den starken Wettbewerb in gewisser
Weise auch zu schätzen, da sie ihn als innovations-
und effizienzfördernd wahrnehmen. Wie bereits
weiter oben ausgeführt, ist Deutschland in vielen
ABBILDUNG 38 Von indischen Investoren
bei einer Expansion nach Deutschland wahr-
genommene Herausforderungen (in Prozent)
Sehr intensiver Wettbewerb 82,8
Hohe Kosten für internationale Geschäftstätigkeiten
63,3
Schwierigkeiten bei der Suche nach Geschäftspartnern
54,8
Staatliche Bestimmungen (z. B. Arbeitsrecht)
51,7
Steuern und Zölle 48,3
Schwierigkeiten bei Produktanpassung und Qualität
42,5
Währungsrisiken
41,4
Umfrage von EY zu indischen Investitionen in Deutschland (2017)
50 Indische Investitionen in Deutschland
Branchen ein Leitmarkt, auf dem eine starke Konkur-
renz herrscht. Um auf einem solchen Markt erfolg-
reich zu sein, müssen indische Unternehmen wettbe-
werbsfähige Produktqualität anbieten oder
Marktanteile durch wettbewerbsfähige Preispolitik
erobern.
Anpassung von Produkten und Qualität
45 Prozent der Befragten und damit deutlich
weniger als in der vorherigen Kategorie nannten
Produktanpassungen und Qualitätsverbesserungen
als Herausforderungen. Sie gaben an, dass es die
hohen gesetzlichen Vorgaben, die hohen Kundener-
wartungen und regionale Vorlieben indischen
Akteuren erschwerten, sich erfolgreich auf dem
deutschen Markt zu behaupten. Während Produktan-
gebote für andere Schwellen- und Entwicklungsmärk-
te aufgrund der Ähnlichkeit zum indischen Heimat-
markt eins zu eins übernommen werden können,
seien für den deutschen Markt umfassende Anpas-
sungen notwendig.54
Dies gilt für einige Branchen mehr als für andere
und hängt gewöhnlich von der Reife des Heimat-
markts ab. So zählt der indische Software- und
IT-Dienstleistungssektor zur Weltspitze und kann
international erfolgreich im Wettbewerb bestehen. In
diesem Fall ist der Wettbewerb auf dem deutschen
Markt eine größere Herausforderung als die Frage
der notwendigen Qualitätsanpassung der Produkte
und Dienstleistungen. Hingegen lässt sich mit dem
deutschen Automobilmarkt in Bezug auf Produktqua-
lität nur schwer konkurrieren. Der Ruf der indischen
Automobilbranche ist nicht mit dem Software- und
IT-Dienstleistungssektor vergleichbar, weshalb es für
indische Unternehmen schwieriger ist, im Ausland
konkurrenzfähig zu sein. Während in einigen Fällen
die Produktqualität und die technologischen Ressour-
cen verbessert werden müssten, ist es in anderen
bereits die fehlende Markenbekanntheit, die es
indischen Unternehmen schwer macht, auf dem
Markt Fuß zu fassen.
Die Produktqualität kann zum Teil durch Fusionen
mit oder Übernahmen von konkurrenzfähigen
örtlichen Unternehmen angepasst und verbessert
werden; dennoch gaben die Befragten an, dass
darüber hinaus auch kontinuierliche Forschungs- und
Entwicklungsarbeit sowie unternehmensinterne
Optimierungsmaßnahmen notwendig seien.
54 Germany Trade and Invest (2014)
Gesetzliche Bestimmungen
Zu den Herausforderungen zählt auch das
regulatorische Umfeld in Deutschland, da die
verschiedenen Branchen einer Vielzahl oft komplexer
Bestimmungen unterliegen. So sind die Interessen der
Arbeitnehmer durch das deutsche Arbeitsgesetz
geschützt, weshalb sie nicht einfach aus Gründen der
Kostenoptimierung entlassen werden können wie in
den USA. Darüber hinaus sind viele Arbeitnehmer in
Gewerkschaften organisiert, die bei wichtigen
Unternehmensentscheidungen angehört werden
müssen. Auch die gesetzlich geregelte Mitbestim-
mung macht Arbeitnehmer zu ernst zu nehmenden
Partnern. Allerdings haben indische Investoren
Erfahrung mit einem solchen Umfeld, da es auch in
Indien zahlreiche Gewerkschaften gibt. Dies kann
möglicherweise erklären, warum nur ein Viertel der
Befragten die rechtlichen Bestimmungen als eine
signifikante Herausforderung aufführten.
Unter den gesetzlichen Hürden wurden auch die
Visabestimmungen genannt, die die Entsendung von
Mitarbeitern insbesondere für kleinere Unternehmen
zu einer zeitaufwändigen Angelegenheit machen.
Trotzdem wurde das Beantragen eines Geschäftsvi-
sums für Deutschland nicht als besondere Herausfor-
derung genannt. Insbesondere Softwareunternehmen
und IT-Dienstleister – die größte Gruppe von
Antragstellern – empfanden diesen Punkt nicht als
problematisch. Ungeachtet dessen empfiehlt es sich,
die Informationen auf der Website des deutschen
Außenministeriums oder auf den betreffenden
Websites der deutschen Auslandsvertretungen in
Indien sorgfältig zu lesen, um Verzögerungen bei der
Visavergabe zu vermeiden. Die Beantragung des für
den speziellen Zweck geeigneten Visums ist unerläss-
lich. Die deutsche Botschaft in Neu Delhi oder die
Konsulate in anderen Städten wie Mumbai haben
effiziente Verfahren eingeführt, die eine schnelle
Bearbeitung der Visumsanträge garantieren. Die
Befragten gaben an, dass Verzögerungen des
Prozesses in erster Linie auf die Beantragung eines
falschen Visums zurückzuführen waren, etwa eines
Geschäftsvisums statt eines Arbeitsvisums oder
umgekehrt.
Herausforderungen im Zusammenhang mit der
Rechtslage entstehen auch durch die Erwartungen
der Investoren an den deutschen Markt. Indische
Investoren fühlen sich durch das regulatorische
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland 51
Umfeld häufig daran gehindert, ihre hochgesteckten
Ziele zu erreichen, was Unzufriedenheit mit der
Investition auslöst. Ein Beispiel ist die Erwartung,
kurzfristige Gewinne durch die oben erwähnte
Kostenoptimierung mittels Personalentlassungen zu
erzielen, was auf dem stark regulierten deutschen
Markt unmöglich ist. Diese Kluft zwischen Wahrneh-
mung und Realität lässt sich teilweise durch kulturelle
Unterschiede erklären. Obwohl die Befragten in
diesem Punkt keine große subjektiv empfundene
Herausforderung sahen, weisen ihre Erfahrungsbe-
richte doch auf die Bedeutung dieser Herausforde-
rungen in der Vergangenheit hin. Sprachbarrieren
werden im Allgemeinen als weniger problematisch
eingestuft als früher, sind aber immer noch bedeuten-
der als in rein englischsprachigen Ländern wie
Großbritannien. Allerdings berichteten die Befragten
von enormen Fortschritten in diesem Punkt.
Hohe Kosten für internationale Geschäftstätigkeiten
Aufgrund der relativ hohen Investitionskosten in
Deutschland im Vergleich zu osteuropäischen
Ländern spielen die hohen Gewinnerwartungen
indischer Investoren eine besonders große Rolle.
Internationale Geschäfte, Fusionen, Übernahmen und
FDI sind gewöhnlich mit hohen Kosten verbunden.
Für indische Unternehmen sind Investitionen in
Deutschland teurer als Investitionen in Schwellen-
oder Entwicklungsmärkten. Investoren versuchen,
diese Herausforderung strategisch abzufedern, indem
sie insolvente Nischenunternehmen in bestimmten
Branchen (z. B. im Maschinenbau) übernehmen und
sie anschließend sanieren. Diese Strategie blieb in der
Vergangenheit oft erfolglos, woraus manche der
Befragten den Schluss zogen, dass die Übernahme
gesunder Unternehmen eine bessere Option sei.
Daher wurde die Suche nach geeigneten lokalen
Kooperationspartnern für Joint Ventures von den
Teilnehmern der Befragung als subjektiv wahrgenom-
mene Herausforderung genannt.
Neben den hohen Kosten wurde auch das mit
einer Expansion ins Ausland verbundene Währungsri-
siko als Herausforderung wahrgenommen.
Auch wenn der Wechselkurs 2016 eher stabil
blieb, war er insbesondere im Zeitraum 2013–2015
sehr volatil. Die Abwertung der Rupie im Jahr 2013
hat die Kosten für ausländische Direktinvestitionen,
Fusionen und Übernahmen durch indische Investoren
stark in die Höhe getrieben, was teilweise auch den
Einbruch bei indischen Auslandsinvestitionsflüssen
erklärt (siehe Abschnitt 1.2).
Dieser Einbruch war auch auf Finanzierungspro-
bleme in Indien zurückzuführen. Die Finanzierung
internationaler Geschäftstätigkeiten stellt indische
Investoren vor zusätzliche Herausforderungen, insbe-
sondere weil sie Bargeld-Transaktionen bevorzugen.
Dies betrifft vor allem kleinere Unternehmen, die oft
nicht über ausreichend Liquidität verfügen.
Auch wenn diese Herausforderungen real sind,
gaben die befragten Unternehmensvertreter an, dass
sie im Großen und Ganzen zu bewältigen seien. Somit
scheinen indische Investoren für die Expansion auf
dem deutschen Markt relativ gut gerüstet zu sein.
Deutschland gilt als politisch stabiler Standort mit
einer hervorragenden Infrastruktur und hoch
qualifizierten Arbeitskräften. Daher konzentrieren
sich die nachfolgend besprochenen Erfolgsfaktoren
hauptsächlich auf einzelne Unternehmensfaktoren,
da sich diese am einfachsten beeinflussen lassen.
52 Indische Investitionen in Deutschland
3.3 Erfolgsfaktoren
Welche Lehren lassen sich aus den Aussagen
indischer Investoren ziehen, die bereits in Deutsch-
land engagiert sind oder ein Engagement planen?
Aus der Analyse der Hauptgründe für Entschei-
dungen zur Expansion nach Deutschland und der
wahrgenommenen Herausforderungen lassen sich
mehrere Erfolgsfaktoren ableiten, die einen erfolgrei-
chen Markteintritt wahrscheinlich machen (siehe
Abbildung 39).
Partner vor Ort
Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an,
dass die Zusammenarbeit mit einem Partner vor Ort
eine der besten Strategien sei, um die Chancen auf
einen erfolgreichen Markteintritt zu erhöhen.
Indische Investoren betrachten solche Kooperationen
als Schlüssel, um auf dem Markt Fuß zu fassen, da sie
sich bestehende Netzwerke zunutze machen, in
Bezug auf Herausforderungen wie Produktanpassung
und Qualität von der lokalen Expertise profitieren
und in Bezug auf den Umgang mit Behörden und
Bestimmungen auf Kenntnisse vor Ort zurückgreifen
können. Partnerschaften entstehen gewöhnlich durch
Fusionen oder Übernahmen oder etwas seltener
durch klassische Joint Ventures (siehe Abschnitt 1.2).
Dafür ist es notwendig, Kontakte noch vor dem
55 MarketLine (2016a)
Markteintritt in Deutschland zu knüpfen. Auch der
Erfahrungsaustausch mit anderen indischen Investo-
ren wird als nützlich erachtet, wenn auch in geringe-
rem Ausmaß.
Die Vermarktungsstrategie
Über 79 Prozent der Befragten gaben an, dass die
Entwicklung einer richtigen Vermarktungsstrategie
für den Erfolg auf dem deutschen Markt entschei-
dend sei. Dafür müssen häufig Produkte und Produkt-
qualität angepasst werden, um die Anforderungen des
Marktes zu erfüllen. Das Angebot qualitativ hochwer-
tiger Produkte mit Spitzentechnologie wird als
wesentlicher Erfolgsfaktor gewertet. Deutschland ist
der Leitmarkt für viele Branchen, in denen neueste
und beste Produkte erforderlich sind, um konkurrenz-
fähig zu sein. Wenn indische Unternehmen das nicht
bieten können, ist eine konkurrenzfähige Preisstrate-
gie ein anderer Weg, um Marktanteile zu gewinnen.
Diese Strategie ist besonders auf Märkten erfolg-
reich, auf denen Skaleneffekte zur Erhaltung der
Rentabilität erforderlich sind, wie etwa in der
Metallindustrie (siehe Abschnitt 2.1). So ist im
Stahlsektor eine hohe Produktdifferenzierung auf der
Grundlage von Spitzentechnologie nicht möglich,
weshalb hier die Preisgestaltung wichtiger wird.55
Ausbildung der Mitarbeiter
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der Ausbau von
Wissen und Kompetenzen innerhalb des investieren-
den Unternehmens anstelle externer Maßnahmen wie
beispielsweise Partnerschaften. Indische Investoren
nannten die Qualifikation des Unternehmensperso-
nals und Programme zur Aus- und Weiterbildung als
einen wesentlichen Erfolgsfaktor. Die Rolle der
Mitarbeiter und Sozialkompetenzen werden als
Erfolgsfaktoren für internationale Expansionen
unterschätzt. Obwohl kulturelle Unterschiede und
Sprachbarrieren nicht als wesentliche Herausforde-
rungen genannt wurden, wurde die Überwindung
dieser Hürden durch Training und Personalentwick-
lung dennoch als Erfolgsfaktor gewertet. Insbesonde-
re in der Startphase einer Auslandsinvestition sind die
Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg.
Diese Erfolgsfaktoren können entweder vom
investierenden Unternehmen selbst angestoßen oder
durch die Beauftragung externer Unternehmen
unterstützt werden.
ABBILDUNG 39 Erfolgsfaktoren vor Beginn
der Internationalisierungsbemühungen (in Prozent)
Kontaktherstellung vor der Unternehmung 90,3
Schulung des eigenen Personals 80,0
Entwicklung einer angemessenen Vermarktungsstrategie
79,3
Kooperation mit Partner vor Ort 77,4
Höhere eigene Forschungsaktivität
77,4
Umfrage von EY zu indischen Investitionen in Deutschland (2017)
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland 53
In diesem Zusammenhang gaben die Befragten an,
dass externe Hilfe besonders wichtig sei, um Zugang zu
Netzwerken und lokaler Expertise zu erhalten. Die drei
wichtigsten Bereiche, für die externe Unterstützung als
notwendig erachtet wurde, waren die Suche nach
Übernahmezielen und geeigneten Geschäftspartnern
sowie der Umgang mit Behörden (einschließlich der
Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen). Auch bei
den Finanzierungsaktivitäten, der Auswahl von
Investitionsstandorten und der Personalrekrutierung
wurde externe Hilfe als hilfreich erachtet.
Da eine internationale Geschäftstätigkeit mit
hohen Kosten verbunden ist, was insbesondere auf
Deutschland zutrifft (siehe den Abschnitt zu den
Herausforderungen), wurde der Zugang zu
ausreichender Finanzierung und Finanzquellen als
wesentliche Voraussetzung für die Expansion nach
Deutschland eingestuft. Für kleinere Unternehmen
sind diese Hürden noch größer als für große Konzerne.
Allerdings werden diese Herausforderungen durch die
zunehmende Präsenz indischer Banken in Deutsch-
land, die oft Programme zur Finanzierung von
Geschäftstätigkeiten im Ausland anbieten, gemildert.
Wie nachfolgend erwähnt (siehe Brennpunkt: „Anreize
der deutschen Regierung“), bietet darüber hinaus die
staatliche deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau
KfW in Zusammenarbeit mit regionalen Banken attrak-
tive Finanzierungen für Investoren an.
Brennpunkt | Anreize der deutschen Regierung
In Deutschland gibt es zahlreiche staatlich finanzierte und geförderte
Anreize für ausländische Investoren, die über unterschiedliche Institutionen
angeboten werden, um das Investitionsklima zu verbessern, ausländische
Investitionen in Deutschland zu fördern und deren Erfolgschancen zu erhöhen.
Auch einige deutsche Bundesländer und Regionen bieten Anreize für
Investoren mit dem Ziel, Unternehmensgründungen in bestimmten Branchen zu
fördern oder Ziele wie die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Produktion zu
erreichen. Diese Subventionen unterscheiden sich je nach Bundesland sowie in
der Art der Förderung. Angeboten werden u. a. spezielle Abschreibungen auf
Vermögenswerte oder Zuschüsse für Investitionsausgaben, wenn diese
nachweislich zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen, Subventionen für
Investitionen in Forschung und Innovation oder Sonderkonditionen etwa beim
Grunderwerb. In manchen Fällen werden ganze Industriezweige gefördert, z. B.
durch Investitionen in erneuerbare Energien, indem die Nachfrage mithilfe
günstiger Einspeisevergütungen stimuliert wird. Die Gründung innovativer
Unternehmen wird oft durch Maßnahmen wie Förderung und Einrichtung von
IT-Infrastruktur oder Technologieparks und Start-ups gestützt.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat die Aufgabe
der Unternehmensförderung an die „Germany Trade and Invest“ (GTAI), die
Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und
Indische Investitionen in Deutschland54
Standortmarketing, übertragen. Über ein weitverzweigtes Netzwerk im In- und
Ausland unterstützt diese Gesellschaft deutsche Unternehmen auf Auslands-
märkten, fördert den Wirtschaftsstandort Deutschland und hilft ausländischen
Unternehmen, sich in Deutschland niederzulassen. Die GTAI veröffentlicht
Informationsberichte und Marktanalysen und hilft bei der Analyse der Vorteile
spezieller Investitionsstandorte. Sie wird dabei von regionalen Wirtschaftsför-
derungseinrichtungen unterstützt, etwa der FRM GmbH (FrankfurtRheinMain)
oder der Hamburg Marketing GmbH.56
Darüber hinaus unterstützt die deutsche Regierung Investitionsprojekte
auch durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die größte staatliche
Förderbank. Zu ihren vielfältigen Aufgaben zählt es, Kredite zu günstigen
Bedingungen an Privatpersonen, Unternehmen, Kommunen sowie gemein-
nützige und andere soziale Einrichtungen zu vergeben. Die KfW finanziert ihr
Geschäft auf dem Kapitalmarkt zu wettbewerbsfähigen Konditionen und
gewährt Unternehmensdarlehen mit einer staatlichen Ausfallsgarantie. Die
Vergabe erfolgt in Zusammenarbeit mit gewöhnlichen Banken, Sparkassen
sowie Genossenschafts- und Geschäftsbanken, die die wichtigsten Vertriebs-
partner der KfW sind.57 Indische Investoren können diese Kredite über ihre
lokalen Banken in Deutschland beantragen, von denen viele auch in Indien
vertreten sind oder Kooperationsvereinbarungen mit in Deutschland präsenten
indischen Banken haben, etwa mit der ICICI Bank oder der State Bank of India.
Die KfW bietet unter anderem Unternehmerkredite an. Zur Zielgruppe
dieser Kreditkategorie gehören Freiberufler, Unternehmen und Leasing-Gesell-
schaften im In- und Ausland, die schon länger als fünf Jahre tätig sind und in
Deutschland investieren möchten. Es werden sowohl Betriebskapital als auch
Investitionen finanziert. Vergeben werden Kredite bis zu einer Höhe von 25
Millionen Euro mit einer maximalen Laufzeit von 20 Jahren, wobei Investitionen
zu 100 Prozent finanziert werden können. Die Jahresverzinsung beginnt bei
einem Prozent und Investoren können sich für eine rückzahlungsfreie Anfangs-
frist entscheiden.
56 GTAI (2017b)57 KfW (2017)
3 Die Ergebnisse der Befragung: Indische Investoren und ihre Einstellung zu Deutschland 55
56
4 Schlussfolgerung und strategische Überlegungen
58 EY (2015)
Im folgenden Abschnitt werden strategische
Überlegungen über die Zukunft der indisch-deutschen
Partnerschaft auf Grundlage der Ergebnisse unserer
Befragung und der im ersten Teil der Studie erfolgten
Quellen- und Literaturauswertung angestellt.
Sie richten sich an alle Stakeholder, interessierte
Unternehmen, Regierungen, Industrie- und Handelsver-
bände sowie Finanz- und F&E-Einrichtungen in Indien
und Deutschland.
Mit Strategien, die den Grundstein für erfolgreiche
Investitionsvorhaben in beiden Ländern legen, haben die
deutsche und die indische Regierung einen Rahmen für
den wirtschaftlichen und geschäftlichen Austausch
geschaffen. Bei manchen Projekten können auch
Regierungsinstitutionen als Investoren oder Investiti-
onspartner auftreten.
Andere Stakeholder wie Industrie- und Handelsver-
bände stellen Informationen und Unterstützung für
Investoren bereit. Die Verbände, die über Vertretungen
in Deutschland verfügen, haben Zugang zu Informatio-
nen über die jeweilige Region und können Investoren vor
Ort bei allen geschäftlichen Vorgängen zur Seite stehen.
Finanzinstitute spielen eine wichtige Rolle, nicht nur
als potenzielle Investoren, die Risikokapital und privates
Eigenkapital zur Verfügung stellen, sondern auch durch
das Angebot anderer hilfreicher Finanzleistungen (z. B.
Versicherungen zur Deckung von Produktgarantien und
anderen Haftungsansprüchen) und von Finanzierungs-
möglichkeiten (etwa Leasingmodelle für Geräte).
F&E-Einrichtungen unterstützen die gemeinsame
Forschung und helfen Unternehmen bei der Anpassung
ihrer Produkte und Herstellungspraxis an die Anforde-
rungen des deutschen Markts.58
Die im Rahmen der Studie durchgeführten Befragun-
gen (potenzieller) Investoren zeigen, dass Deutschland
sich innovativer und wirkungsvoller vermarkten sollte,
u. a. auch durch die Nutzung modernster Medienkanäle.
Wie oben ausgeführt, bietet das Land ausländischen
Investoren einmalige und äußerst günstige Bedingungen.
Trotzdem bleibt für die meisten indischen Investoren
Großbritannien die erste Wahl, wenn es um Expansionen
ins Ausland geht. Auch wenn sich dies durch den
bevorstehenden Brexit ändern könnte, muss Deutsch-
land seine Marketingbemühungen intensivieren,
insbesondere in Ländern mit einem bilateralen Potenzial.
Indien kann der deutschen Wirtschaft durch die
Bereitstellung von F&E- und Innovationskapazitäten,
den Ausgleich des Fachkräftemangels in bestimmten
Branchen oder einfach durch Unterstützung des
Mittelstandes bei den Herausforderungen der Unter-
nehmensnachfolge enorme Vorteile bieten.
Daher sollten deutsche Behörden auf Bundes-,
Landes- und sogar Kommunalebene ihre Bemühungen
verstärken, die Attraktivität für indische Investoren
weiter zu steigern. Im Allgemeinen nehmen die Füh-
rungskräfte aus Wirtschaft und Regierung ausländische
Direktinvestitionen positiver wahr als Fusionen oder
Übernahmen, da diese Investitionen neben anderen
Vorteilen auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze
bedeuten. Fusionen und Übernahmen werden hingegen
häufig als Verlust deutscher Technologie und deutschen
Know-hows an das Ausland betrachtet. Dass dies nicht
immer zutreffen muss, zeigen positive aktuelle Beispiele
indischer Investoren, die ihre in Deutschland erworbe-
nen Unternehmen erfolgreich weiterentwickeln.
Indische Unternehmen ihrerseits sollten bei
Investitionsentscheidungen den Blick stärker auf
Deutschland als auf Großbritannien richten – nicht nur
im Hinblick auf die bevorstehenden Auswirkungen des
Brexit, sondern auch aufgrund der hervorragenden
Marktbedingungen in Deutschland. Beispielsweise ist
die Sprachbarriere weitaus geringer als gewöhnlich
angenommen und Deutschland bietet zum heutigen
Zeitpunkt ein politisch stabiles wirtschaftliches Umfeld
von hoher Qualität. Dennoch ist es strategisch sinnvoll,
eine hochwertige externe Beratung heranzuziehen, um
den lokalen Markt zu verstehen und darin Fuß fassen zu
können, da dies ist ein kritischer Faktor für den Erfolg
von Investitionen im Ausland ist.
Die folgenden strategischen Überlegungen
skizzieren die Bereiche, in denen Verbesserungen
möglich sind, sowie Maßnahmen, um indische Investitio-
nen in Deutschland nachhaltig anzuziehen und zu
unterstützen.
Indische Investitionen in Deutschland
4 Schlussfolgerung und strategische Überlegungen 57
1 Die Vermarktung Deutschlands sollte sich stärker
auf „weiche“ Faktoren wie die erschwinglichen
Lebenshaltungskosten und die hohen Standards im
Bereich der öffentlichen Sicherheit konzentrieren. Da
Investitionsentscheidungen letztlich von Personen
getroffen werden, deren Wohlbefinden ausschlagge-
bend für den Erfolg jedes Projekts sind, sind Marke-
tingkampagnen für Investitionen erfolgreicher, wenn
sie auf die Menschen selbst abzielen.
2 Indische Fachkräfte siedeln sich im Allgemeinen
eher an Orten an, die bereits über ein indisches
Netzwerk und eine entsprechende Infrastruktur
verfügen. Dazu gehören normalerweise ein eng-
lischsprachiges Umfeld und Angebote wie etwa die
Verfügbarkeit indischer Lebensmittel. Es gibt bereits
mehrere Zentren mit einer großen indischen Gemeinde
in Deutschland, die sich auch aufgrund der steigenden
Zahl indischer Studierender in Deutschland rasch
vergrößern. Kommunalverwaltungen, Unternehmens-
verbände und betroffene Unternehmen sollten die
Entstehung und Weiterentwicklung solcher multikul-
turellen Umgebungen weiter fördern.
3 Investoren bewerten die regulatorischen und
steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland als
transparent und verlässlich. Allerdings gelten die
Steuern und Sozialbeiträge als vergleichsweise hoch.
Eine Steuerharmonisierung auf europäischer Ebene in
Verbindung mit entsprechenden Anreizen könnte zu
mehr Investitionen und dadurch zu einem Zuwachs an
hoch qualifizierten Arbeitsplätzen in innovationsstark-
en Unternehmen und Start-ups führen.
4 Die Aussicht auf Zugang zum deutschen Ingenieur-
wesen und zu deutscher Technologie ist ein starkes
Motiv für indische Investoren. Die Kombination der
spezifischen Stärken deutscher Ingenieure mit der
Affinität der Inder für den IT-Bereich könnte der
Schlüssel für eine fruchtbare Zusammenarbeit sein,
insbesondere in einem Umfeld, in dem Kompetenzen
im Bereich des Internets der Dinge (IdD) und der
Industrie 4.0 zunehmend nachgefragt sind. Die
Zusammenarbeit mit führenden indischen IT- und
Software-Entwicklern könnte somit zum Erhalt der
deutschen Wettbewerbs- und Innovationsfähig-
keit und des Lebensstandards in einer Zeit des demo-
graphischen Wandels beitragen.
5 Die pharmazeutische Industrie und andere
Sektoren, die in der Europäischen Union stark
reguliert sind und in der Vergangenheit Großbritan-
nien als Einfallstor nach Europa nutzten, könnten nach
einem „harten“ Brexit mit hohen Kosten für die
Zulassung ihrer Produkte in der EU-27 oder in
Deutschland konfrontiert sein. Die deutsche Regi-
erung sollte daher eine Lösung entwickeln, die die
Zulassung aktuell in Großbritannien zugelassener
Produkte von Firmen, die ihren Standort nach
Deutschland verlegen wollen, erleichtert.
6 Indische Investoren, die Zugang zu Technologie
erhalten möchten, sollten sich eher auf die Marktfähig-
keit der Technologie nach dem Kauf eines Unterneh-
mens konzentrieren, als notleidende Unternehmen zu
übernehmen. Durch die Beauftragung eines profes-
sionellen Beratungsunternehmens mit einer sorgfälti-
gen Prüfung der wirtschaftlichen, finanziellen,
technologischen und rechtlichen Aspekte lassen sich
Risiken in einer solchen Situation minimieren.
7 Indische Fachkräfte in Deutschland schätzen nach
eigenen Aussagen die Offenheit und liberale Einstel-
lung der deutschen Gesellschaft gegenüber Menschen
anderer Hautfarbe oder anderer Religionen. Trotzdem
gaben die Befragungsteilnehmer an, dass ein Ver-
ständnis der deutschen Kultur und damit auch der
Kunden- und Marktpräferenzen notwendig sei, um
raschen Zugang zu Gesellschaft, Kunden und dem
Markt zu bekommen. Bund, Länder und Gemeinden,
Unternehmen und Verbände könnten diesen Prozess
durch das Angebot spezieller Schulungsprogramme in
diesem Bereich stark fördern. Potenzielle Investoren
könnten schneller auf dem Markt erfolgreich sein,
wenn ihre Mitarbeiter geschult würden, bevor sie nach
Deutschland entsandt werden.
8 Investoren, für die kosten- und steuereffiziente
Investitionen wichtig sind, können in Deutschland
attraktive Bedingungen vorfinden. Wenngleich die
Steuerbelastung in Deutschland im Vergleich zu anderen
europäischen Ländern hoch ist, können verschiedene
staatliche Förderprogramme in Anspruch genommen
werden, um die Kosten erheblich zu senken. Auch die
Lohnkosten zählen zwar zu den höchsten in Europa,
werden aber durch eine hohe Produktivität, geringe
Mitarbeiterfluktuation und eine starke Loyalität gegen-
über dem Arbeitgeber wettgemacht. Investoren
müssen daher abwägen, ob diese Vorteile auf Dauer
stärker zu einem langfristigen und nachhaltigen Erfolg
beitragen als kurzfristige Kosteneinsparungen.
58 Indische Investitionen in Deutschland
Liste der Tabellen und Abbildungen
Tabelle
Tabelle 1 Bruttoinlandsprodukt und Bevölkerung 2016 11
Karten
Karte 1 Indische Direktinvestitionen (FDI) und Fusionen und Übernahmen 2010 bis 2016/2017 26
Karte 2 Woher kommen die indischen Investoren, die sich in Deutschland engagieren? 27
Figures
Abbildung 1 Prognose für BIP-Wachstum, 2016–2017 13
Abbildung 2 Der deutsche Warenhandel mit Indien, 2011–2015 14
Abbildung 3 Warenimporte aus Indien 2015, nach Sektor 14
Abbildung 4 Der Handel mit Dienstleistungen, 2011–2015 15
Abbildung 5 Dienstleistungsimporte aus Indien 2015, nach Sektor 15
Abbildung 6 Weltweiter indischer FDI-Fluss und
-Bestand, 2010–2015* 16
Abbildung 7 Zahl der indischen FDI in Europa, 2010–1. Quartal 2016 17
Abbildung 8 Die wichtigsten europäischen Länder nach Zahl der indischen FDI-Projekte,
2010–1. Quartal 2016 17
Abbildung 9 Indische FDI in Deutschland nach Geschäftstätigkeit,
Zahl der Projekte und entstandenen Arbeitsplätze, 2010–1. Quartal 2016 18
Abbildung 10 Indische FDI-Projekte in Deutschland nach Sektor, 2010–1. Quartal 2016 18
Abbildung 11 Die drei führenden Standorte für FDI in Europa (erste Wahl),
Frühjahr und Herbst 2016 21
Abbildung 12 Anzahl der großen Fusionen und Übernahmen durch indische Investoren
in Deutschland, 2010–1. Quartal 2017 22
Abbildung 13 Anzahl der großen Fusionen und Übernahmen durch indische Investoren
in Deutschland nach Branche, 2010 bis zum 1. Quartal 2017 23
Abbildung 14 Standorte der „Hidden Champions“ und Marktführer in Deutschland 2011 24
Abbildung 15 Altersverteilung der Unternehmensinhaber im Mittelstand, 2005–2015 25
Abbildung 16 Nachfolgeplanung in deutschen KMU, 2016 25
Abbildung 17 Die indische Wirtschaftspräsenz nach Umsätzen pro Branche,
letztes verfügbares Jahr* 28
Abbildung 18 Die indische Wirtschaftspräsenz nach Beschäftigtenanteil und Branche,
letztes verfügbares Jahr* 29
Abbildung 19 Entwicklungstrends indischer Unternehmen in Deutschland, 2010–2016* 30
Abbildung 20 Umsätze in der deutschen Stahlindustrie 2011–2015 33
Abbildung 21 Geografische Segmentierung der europäischen Stahlindustrie 2015 33
Abbildung 22 Der deutsche Stahlmarkt 2015 nach Anteil am Volumen 34
Abbildung 23 Automobilproduktion weltweit nach Land, 2015 35
Abbildung 24 Umsätze in der deutschen Automobilproduktion 2011–2015 36
Quellenverzeichnis 59
Abbildung 25 Geografische Segmentierung der Automobilproduktion in Europa 2015 36
Abbildung 26 Umsätze in der chemischen Industrie 2011–2015 37
Abbildung 27 Geografische Segmentierung der Chemieindustrie in Europa 38
Abbildung 28 Segmentierung der Chemieindustrie in Europa nach Kategorie 38
Abbildung 29 Umsätze in der deutschen Pharmaindustrie 2011–2015 38
Abbildung 30 Geografische Segmentierung der pharmazeutischen Industrie in Europa im Jahr 2015 39
Abbildung 31 Umsätze der Software- und IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland, 2011–2015 40
Abbildung 32 Geografische Segmentierung der Software und IT-Dienstleistungsbranche im Jahr 2015 40
Abbildung 33 Prognostizierte Umsätze der Software- und IT-Dienstleistungsbranche
in Deutschland, 2015–2020 41
Abbildung 34 Länder mit den größten Privatvermögen, 2013 und 2018 42
Abbildung 35 Globales Privatvermögen, 2011–2018 43
Abbildung 36 Deutschland – die am höchsten bewerteten Standortvorteile 44
Abbildung 37 Die Hauptgründe für indische Investitionen in Deutschland 45
Abbildung 38 Von indischen Investoren bei einer Expansion nach Deutschland
wahrgenommene Herausforderungen 47
Abbildung 39 Erfolgsfaktoren vor Beginn der Internationalisierungsbemühungen 50
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Abkürzungen
ACMA Automotive Component Manufacturers Association of India
(Vereinigung der Fahrzeugteilehersteller in Indien)
AG Aktiengesellschaft
BCG Boston Consulting Group
BJP Bharatiya Janata Party
BPO Business-process outsourcing (Auslagerung ganzer Geschäftsprozesse)
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
EYG Ernst & Young Global
EY Ernst & Young
FDI Foreign Direct Investment (Auslandsdirektinvestitionen)
FRM GmbH FrankfurtRheinMain GmbH
GTAI Germany Trade and Invest
IMF International Monetary Fund
KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau
NRI Non-resident Indians (nicht in Indien ansässige indische Staatsbürger)
OCI Overseas citizens of India (im Ausland lebende indische Staatsbürger)
OEM Original equipment manufacturer (Erstausrüster)
TCS Tata Consultancy Services
Indische Investitionen in Deutschland62
63
64
Impressum
Indische Investitionen in Deutschland
Perspektiven für einen gemeinsamen Wohlstand
© Dezember 2017
Bertelsmann Stiftung
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33311 Gütersloh
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