Interkulturelle Forschung 1
- Selbstbild und Fremdbild-
Seminarfach BaumannKaiser-Wilhelm- und Ratsgymnasium
2008/2009
Fahrplan1. Was ist überhaupt Kultur und wie
kann man sie beschreiben? - Pause-
2. Was gehört zu interkultureller Kompetenz?
3. Handeln in interkulturellen Situationen
1. Was ist Kultur?
Kulturmodelle von Hofstede aus: Reimer, Annett. „Die Bedeutung der Kulturtheorie von Geert Hofstede für das internationale
Management.“ (http://www.wi.hs-wismar.de/~wdp/2005/0520_Reimer.pdf) 05.07.08
Quelle: Hofstede 2001, 5
Quelle: Hofstede 2001, 5
Eisbergmodellaus: Freese, Peter (Hrsg.) The Global Village – Progress or Disaster? Berlin, 2005.
„Percepta-Ebene“
„Concepta-Ebene“
So viel ist jedenfalls klar...
Kultur ist:- Erlernt- Ein Gruppenphänomen- Stabil, aber nicht statisch
Die kulturelle IdentitätManche der Gruppen, zu denen wir gehören, haben eigene „Subkulturen“.
Hier ist Frau Baumanns kulturelle Identität:
Deutschland
USA
KWRNiLS
Familie
Eltern kleinerer Kinder
Hannover(Stadt,
Bothfeld)
Ehe
Lehrer
Kulturkontakthypothese
„Interkulturelle Kontakte führen automatisch zu einer stärkeren internationalen Orientierung und zum Abbau von Vorurteilen.“
(vgl. Stahl/Kalchschmid 2000)
FremdwahrnehmungEine Gruppe von Mexikanern und Taiwanesen wurde gebeten, eine Gruppe von US-
Amerikanern mit einer Liste von Adjektiven zu beschreiben.Welche der nachfolgenden Listen beschreibt die Amerikaner aus Sicht der Mexikaner,
welche aus Sicht der Taiwanesen? Was fällt beim Vergleich der Listen auf?
Eaton Consulting Group, 1981
1.1. Kategorien zur Beschreibung von Kulturen
Kulturdimensionen nach Hofstede: Hofstede, Geert. Culture‘s Consequences – International Differences in Work-related values. (1984)
Kulturstandards nach Hall: Hall, Edward T. The silent language. 1959.
Tabellen und Comics zur Charakterisierung der Deutschen:Schroll-Machl, Sylvia. Die Deutschen- Wir Deutsche. Fremdwahrnehmung und Selbstsicht im Berufsleben. Göttingen, 2007.
Raumverständnis nach Hall
• Wohlfühl-Abstand zwischen Personen
• Geräusche, Gerüche
• Intim – sozial – öffentlich
• Territorialverhalten
Zeitverständnis nach Hall( Pünktlichkeit, Planungsneigung)
Typisch deutsch...
Indirekte vs. direkte Kommunikation
Szene 1Deutsche 1: Wir fahren morgen nach Hamburg. Deutsche 2: Super! Schade, dass ich nicht
mitkommen kann. Wie lange bleibt ihr da?Deutsche 1: Zwei Tage. Sag mal, könntest du uns
vielleicht zum Bahnhof bringen?Deutsche 2: Um wie viel Uhr denn?Deutsche 1: Um 10.15 Uhr?Deutsche 2: Kein Problem, ich hole euch dann ab!
Indirekte vs. direkte Kommunikation
Szene 2Chinese 1: Wir fahren morgen nach Hamburg. Chinese 2: Super! Schade, dass ich nicht
mitkommen kann. Wie lange bleibt ihr da?Chinese 1: Zwei Tage. Chinese 2: Kann ich euch vielleicht zum Bahnhof
bringen?Chinese 1: Bist du sicher? Wir müssen schon um
10.15 Uhr hin, ist das nicht zu früh?Chinese 2: Nein, nein, es ist mir eine Freude!
Indirekte vs. direkte Kommunikation
Szene 3Chinese: Wir fahren morgen nach Hamburg. Deutsche: Super! Schade, dass ich nicht
mitkommen kann. Wie lange bleibt ihr da?Chinese: Zwei Tage. Deutsche: Na, dann viel Spaß!Chinese: Danke, ich melde mich dann.
„High context“ vs. „Low context“ –Kommunikation (Hall)
Individualismus KollektivismusJeder Mensch wächst heran, um ausschließlich für sich selbst und seine direkte (Kern-)Familie zu sorgen.
Identität ist im Individuum begründet.
Kinder lernen in Begriffen des „Ich" zu denken.Seine Meinung offen auszusprechen ist Kennzeichen eines aufrichtigen Menschen.Kommunikation mit niedrigem Kontextbezug (low context)Übertretungen führen zu Schuldgefühl und Verlust an Selbstachtung.Ziel der Erziehung: Wie lernt man etwas?Aufgabe hat Vorrang vor Beziehung.Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre.Man erwartet von jedem eine eigene Meinung.Eingeschränkte Rolle des Staates im WirtschaftslebenPolitische Macht wird von Wählern ausgeübt.Ideologien individueller Freiheit dominieren vor Gleichheitsideologien.Selbstverwirklichung eines jeden Individuums stellt eines der höchsten Ziele dar.
Die Menschen werden in Großfamilien oder andere Wir-Gruppen hineingeboren, die sie weiterhin schützen und im Gegenzug Loyalität erhalten.Die Identität ist im sozialen Netzwerk begründet, dem man angehört.Kinder lernen in Begriffen des „Wir" zu denken.Man sollte immer Harmonie bewahren und direkte Auseinandersetzung vermeiden.Kommunikation mit hohem Kontextbezug (high context)Übertretungen führen zu Beschämung und Gesichtsverlust für einen selbst und die Gruppe.Ziel der Erziehung: Wie macht man etwas?Beziehung hat Vorrang vor Aufgabe.Das Privatleben wird von (der) Gruppe(n) beherrscht.Meinungen werden durch Gruppenzugehörigkeit vorbestimmt.Dominierende Rolle des Staates im WirtschaftslebenPolitische Macht wird von Interessengruppen ausgeübt.Gleichheitsideologien dominieren vor Ideologien individueller Freiheit.Harmonie und Konsens in der Gesellschaft stellen höchste Ziele dar.
Individualismus-Index: Wir, ich und sie
Die Absage...... einer Pekinger Zeitung an einen britischen Journalisten
„Wir haben Ihr Manuskript mit grenzenlosem Genuss gelesen. Wenn wir Ihren Beitrag veröffentlichen würden, wäre es uns in Zukunft unmöglich, eine Arbeit von geringerem Standard zu publizieren. Und da es undenkbar ist, dass wir in den nächsten tausend Jahren etwas Gleichwertiges zu sehen bekommen werden, sind wir zu unserem Bedauern gezwungen, Ihren göttlichen Aufsatz zurückzusenden. Wir bitten tausendfach um Nachsicht für unsere Uneinsichtigkeit und Furcht.“
Machtdistanzindex (PDI) : Gradmesser für Ungleichheit Niedrige Machtdistanz Hohe MachtdistanzUngleichheit unter den Menschen sollte so gering wie möglich sein.Eltern behandeln Kinder wie ihresgleichen.
Menschen mit höherer Bildung neigen zu weniger Autorität als Menschen mit weniger Bildung.Tendenz zur DezentralisationMitarbeiter erwarten, in Entscheidungen einbezogen zu werden.Der ideale Vorgesetzte ist der einfallsreiche Demokrat.
Privilegien und Statussymbole stoßen auf Missbilligung. Alle haben die gleichen Rechte.Die Mächtigen treten weniger mächtig auf als sie sind.
Ein politisches System lässt sich dadurch ändern, dass man die Regeln ändert (Evolution).
Gewalt wird innenpolitisch selten eingesetzt, Regierung pluralistisch, Mehrheitswahlsystem.
Die vorherrschenden Religionen und die philosophischen Systeme betonen die Gleichheit.
Ungleichheiten zwischen den Menschen wird erwartet und ist erwünscht.Eltern und Lehrer erziehen Kinder zu Gehorsam, Kinder behandeln sie mit Respekt.Sowohl besser als auch schlechter gebildete Menschen haben die gleiche Einstellung zur AutoritätTendenz zur ZentralisationMitarbeiter erwarten, Anweisungen zu erhalten
Der ideale Vorgesetzte ist der wohlwollende Autokrat oder gütiger Vater.Privilegien und Statussymbole für Manager werden erwartet und sind populär. Die Mächtigen genießen Privilegien.Die Mächtigen unterstreichen ihre Macht durch ihr Auftreten.Ein politisches System kann man dadurch ändern, dass die Köpfe an der Spitze ausgewechselt werden (Revolution).Innenpolitische Konflikte führen oft zu Gewalt. Regierung autokratisch oder oligarchisch. Man wird in die Regierung berufen.Vorherrschende politische Ideologien betonen und praktizieren Machtkampf.
Weiblich männlich
Vorherrschende Werte in einer Gesellschaft sind das Kümmern um Mitmenschen und Bewahrung der Werte.Menschen und intakte zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtig.Von jedem wird erwartet, bescheiden zu sein.Sowohl Männern wie Frauen wird zugestanden, sensibel und um zwischenmenschliche Beziehungen bemüht zu sein.Sympathie mit den SchwachenVersagen in der Schule ist nicht so schlimm.Freundlicher Lehrer wird geschätzt.
Jungen und Mädchen wählen die gleichen Fächer.Arbeiten um zu lebenVorgesetzte verlassen sich auf ihre Intuition und streben Konsens an.Betonung liegt auf Gerechtigkeit, Solidarität und Qualität des Arbeitslebens.Konflikte werden beigelegt, indem man miteinander verhandelt und nach einem Kompromiss sucht.
Vorherrschende Werte sind materieller Erfolg und Fortkommen.
Geld und Dinge sind wichtig.
Von Männern wird erwartet, dass sie bestimmt, ehrgeizig und hart sind.Von Frauen erwartet man, sensibel zu sein und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu pflegen.Sympathie mit den StarkenVersagen in der Schule ist eine Katastrophe.Hervorragendes Fachwissen beim Lehrer wird geschätzt.Jungen und Mädchen wählen verschiedene Fächer.Leben um zu arbeitenMan erwartet, dass Vorgesetzte entschlussfreudig und bestimmt sind.Betonung liegt auf Fairness, Wettbewerb unter Kollegen und Leistung.Konflikte werden beigelegt, indem man sie austrägt.
Maskulinitäts-Index
Unsicherheitsvermeidungs-Index
Niedrig Hoch
Unsicherheit (Ungewissheit) ist eine normale Erscheinung im Leben und wird täglich hingenommen, wie sie gerade kommt.Geringer Stress: subjektives Gefühl des WohlbefindensUneindeutige Situationen mit unbekanntem Risiko werden akzeptiert.
Lockere Regeln für Kinder hinsichtlich dessen, was als schmutzig und tabu gilt. Was anders ist, ist seltsam.Es sollte nicht mehr Regeln geben als unbedingt notwendig.Zeit ist ein Orientierungsrahmen. Wohlbefinden bei Müßiggang; harte Arbeit nur, wenn erforderlichPräzision und Pünktlichkeit müssen erlernt werden.
Toleranz gegenüber abweichenden und innovativen Gedanken und VerhaltensweisenMotivation durch Leistung und Wertschätzung oder soziale Bedürfnisse
Die dem Leben innewohnende Unsicherheit wird als ständige Bedrohung empfunden, die es zu bekämpfen gilt.Großer Stress: subjektives Gefühl der Angst
Akzeptanz bekannter Risiken; Angst vor uneindeutigen Situationen und unbekannten Risiken.Strenge Regeln für Kinder hinsichtlich dessen, was als schmutzig und tabu gilt.Was anders ist, ist gefährlich.Emotionales Bedürfnis nach Regeln, selbst wenn diese niemals funktionieren.Zeit ist Geld.Emotionales Bedürfnis nach Geschäftigkeit; innerer Drang nach harter ArbeitPräzision und Pünktlichkeit sind natürliche Eigenschaften.Unterdrückung abweichender Gedanken und Verhaltensweisen; Widerstand gegen InnovationMotivation durch Sicherheitsbedürfnis und Wertschätzung oder soziale Bedürfnisse.
Deutsche Kultur (IBM, 1967-1972)
Machtdistanz Individualismus Maskulinität Unsicherheits-vermeidung
68 Frankreich63 Portugal60 Griechenland57 Spanien50 Italien38 Niederlande35 BRD35 Großbritannien18 Dänemark
(Platz 42/50)
89 Großbritannien80 Niederlande76 Italien74 Dänemark71 Frankreich67 BRD51 Spanien35 Griechenland27 Portugal
(Platz 15/50)
70 Italien66 Großbritannien66 BRD57 Griechenland43 Frankreich42 Spanien31 Portugal16 Dänemark14 Niederlande
?
112 Griechenland104 Portugal86 Spanien 75 Italien 65 BRD 53 Niederlande 35 Großbritannien 23 Dänemark
(Platz 29/ 50)
„Typisch deutsch“!?• Regeln haben durch protestantische Prägung hohe allgemeine
Gültigkeit und werden streng befolgt. (Vgl. Trompenaars 1993)• low-context Kultur = non-verbale Kommunikation nicht so wichtig,
inhaltliche Anliegen werden sofort, eindeutig, explizit geäußert. Monochrone Kultur: rigide Zeiteinteilung, Pünktlichkeit, Handlungsabläufe nacheinander. (Vgl. Hall 1990)
• Historisches/dynamisches Weltbild (Geschichte ist linear), teleologisches Weltbild (Geschichte ist Weiterentwicklung, Vervollkommnung), Positivismus (Wissenschaftsglaube, Glaube an objektive, übergeordnete Wahrheit), Rationalismus (mit Universalitätsanspruch), mono- oder atheistisches Weltbild, positives Menschenbild (Demokratie!), aufgeklärtes Menschenbild (eigene Verantwortung nach Kant), Besitzstanddenken.
20 Min.
PAUSEGuten Appetit!
2. Interkulturelle Kompetenz
=Die Fähigkeit, in einer interkulturellen Situation angemessen und effektiv zu handeln .
„Was heißt das auf positiv?“Die zwei Seiten jeder Medaille
IndividualistischKollektivistisch
ehrlich
unehrlich
rücksichtsvoll
Verletzend
Akkulturationsstrategien(Berry 1997)
INTEGRATION ASSIMILATION
SEPARATION MARGINALISIERUNG
Identifikation und Kontakt mit der Herkunftskultur