Der Ophthalmologe
Leitthema
Ophthalmologe 2020 · 117:652–658https://doi.org/10.1007/s00347-020-01162-xOnline publiziert: 1. Juli 2020© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil vonSpringer Nature 2020
Lars-Olof Hattenbach1,2,3 · Thomas Reinhard2,4,6 · Peter Walter5,6 ·Johannes Roider6,7 · Nicolas Feltgen2,8,9 · Lutz Hesse2,3,10 · Jens Schrecker3,11 ·Nicole Eter2,6,12 · Vereinigung Ophthalmologischer Lehrstuhlinhaber1 Augenklinik, Klinikum Ludwigshafen, Ludwigshafen, Deutschland2 für die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), München, Deutschland3 für die Vereinigung Deutscher Ophthalmologischer Chefärzte (DOCH), Glauchau, Deutschland4 Augenklinik, Universitätsmedizin Freiburg, Freiburg, Deutschland5 Augenklinik, UniversitätsklinikumAachen, Aachen, Deutschland6 für die Vereinigung Ophthalmologischer Lehrstuhlinhaber (VOL), Münster, Deutschland7 Augenklinik, Universitätsmedizin Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, Deutschland8 Augenklinik, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland9 für die Deutsche Retinologische Gesellschaft, Freiburg, Deutschland10 Augenklinik, KlinikumHeilbronn, Heilbronn, Deutschland11 Augenklinik, Rudolf Virchow KlinikumGlauchau, Glauchau, Deutschland12 Universitäts-AugenklinikMünster, Münster, Deutschland
Krisenstrategien der Klinikenwährend der Pandemie
Hintergrund
Die SARS-CoV-2(Severe Acute Respira-tory Syndrome Coronavirus 2)-Pande-mie hat während der ersten Monate desJahres 2020 weltweit zu tiefgreifendenVeränderungen der medizinischen Ver-sorgung mit massiven Einschränkungenbei chirurgischen Eingriffen und nicht-dringlichen ambulanten wie stationärenBehandlungen geführt [1–4]. Es wird ge-schätzt, dass weltweit und fächerüber-greifend allein in den ersten 12 Wochender Pandemie 28.404.603 Operationen,d.h. 2.367.050 Operationen pro Wocheaufgrund von COVID-19 (Coronavirus-Krankheit-2019) abgesagt wurden [5].
Im Zuge der Umstellung der Klinikenauf die zu erwartende Versorgung vonCOVID-19-Patienten mit Bereitstellungmöglichst großer Intensivbettenkapazi-täten und Beatmungsplätzen ist es dabeiv. a. zu erheblichen Einschränkungen beider Durchführung elektiver Eingriffe ge-kommen [6, 7]. Aufgrund der dadurchentstandenenkonkurrierenden Situationum stationäre Behandlungsplätze sowie
DieMitglieder der VereinigungOphthalmologi-scher Lehrstuhlinhaberwerden am Beitragsen-de in. Tab. 1gelistet.
personelle und operative Ressourcenwa-ren bettenführende Augenkliniken, ins-besondere an Häusern der Maximalver-sorgung, hiervon in besonderem Maßebetroffen.
Zusätzlich verschärft wurde diese Si-tuation durch die in der Regel für dengesamten Klinikbereich geltende Anpas-sung der „standard operating procedu-res“ (SOP) auch für nichtstationäre Pa-tienten und die weitgehende Einschrän-kung des Patienten- und Besucherstromsin den Krankenhäusern, die eine ersatz-weise Verlagerung des Schwerpunkts derPatientenversorgung in den ambulantenBereich unmöglich machte.
Darüber hinaus wurde die ophthal-mologische Versorgung durch den fach-fremden Einsatz von augenmedizini-schem Personal in den vielerorts zuBeginn der Pandemie eingerichtetenInfektionsambulanzen und Bereichenzur Aufrechterhaltung der COVID-19-Versorgungskapazität sowie die in Kli-niken der Maximalversorgung mitunterpraktizierte Teilung der Ärzteteams zurGewährleistung einer personellen Re-serve erheblich eingeschränkt. Basierendauf den derzeit zur Verfügung stehendenInformationen und Daten, gibt dieserArtikel einen Überblick über die Strate-
gien und Maßnahmen bettenführenderAugenkliniken während der ersten Wo-chen der Pandemie.
Präventive Maßnahmen undInfektionsschutz
DieVermeidungvondirektemPersonen-kontakt bzw. die Einhaltung von Min-destabständen gilt weltweit als eine derwichtigsten Maßnahmen zur Verhinde-rung der Verbreitung von SARS-CoV-2(. Abb. 1). Ziel dieserMaßnahme ist v. a.,einenraschenAnstiegderZahlderSARS-CoV-2-Infektionen in der allgemeinenBevölkerung zu verhindern und damitdie Gefahr des Auftretens von COVID-19-Fällen mit schwerem Verlauf mög-lichst gering zu halten, um zu jedemZeitpunkt eine intensivmedizinische Be-handlung dieser Patienten gewährleistenzu können und gleichzeitig die Gefähr-dung von Risikogruppen durch SARS-CoV-2 zu vermeiden [8].
Die Aufrechterhaltung einer ophthal-mologischen Patientenversorgung beigleichzeitiger Minimierung des Infekti-onsrisikos stellte die Kliniken vor völligneue Herausforderungen, die eine Neu-anpassung der SOP sowie eine völligeUmgestaltung von Abläufen und Warte-
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Abb. 18Die Einhaltung vonMindestabständen giltweltweit als einederwichtigstenMaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung vonSARS-CoV-2. Für die Aufrechterhaltung einer ophthalmologischen Pa-tientenversorgungbei gleichzeitigerMinimierung des InfektionsrisikoswerdenAugenkliniken vor völlig neue Herausforderungen gestellt, die u. a.eineerheblicheUmgestaltungvonAbläufenundWartebereichenerfordern
Abb. 28 Infektionsprävention an der Spaltlampe: Plexiglasschutzschild.(Aus [21])
bereichen erforderte [9]. Als Teil dieserStrategie wurde in den bettenführendenAbteilungen vieler Kliniken der Maxi-malversorgung eine „Teilung der Teams“(z.B. im wöchentlichen oder 14-tägigenWechsel) vorgenommen, um im Falleder Ansteckung eines oder mehrererTeammitglieder eine sofortige Quaran-täne aller beteiligten Ärzte umsetzen zukönnen und durch den umgehendenEinsatz des „Reserveteams“ eine kon-tinuierliche medizinische Versorgungzu gewährleisten. Mit der hierdurchentstehenden personellen Verknappungwurden Versorgungsengpässe zwar wei-ter verschärft, allerdings erforderte dieim Vergleich zu anderen FachgruppenbesondereGefährdung von AugenärztenaucheinebesondereAufmerksamkeitderAugenkliniken hinsichtlich geeigneterHygienemaßnahmen,war doch eines derersten Opfer unter dem medizinischenPersonal in Wuhan jener Augenarzt,der vor dem Ausbruch der Pandemie
gewarnt hatte [10, 11]. So hatte AnfangFebruar 2020 die „American Academyof Ophthalmology“ auf einen möglichenZusammenhang zwischen dem Auf-treten einer Konjunktivitis und 2019-nCoV hingewiesen und entsprechen-de Vorsichtsmaßnahmen empfohlen. Eswar vermutet worden, dass das Virus ei-ne Konjunktivitis hervorrufen kann, diemöglicherweise auch vor der Entwick-lung einer respiratorischen Symptomatikauftritt und durch Tröpfcheninfektionüber die Bindehaut übertragen werdenkann.
Jüngere Publikationen zeigen jedoch,dass das Risiko einer Ansteckung durchTränenflüssigkeit selbst bei COVID-19-Patienten eher gering ist und auch dieHäufigkeit desAuftretens einerKonjunk-tivitis nurbei etwa1 % liegt [12–14].Hin-zukommt,dassdasAngiotensin-Conver-ting-Enzym2(ACE2),dasfürdenEintrittvon SARS-CoV-2 in Körperzellen wahr-scheinlich von Bedeutung ist, für den
konjunktivalen Übertragungsweg wohleher keine Rolle spielt. So konnten Langeet al. zeigen, dass u. a. der SARS-CoV-2-Rezeptor ACE2 in der Bindehaut nicht innennenswertem Maße auf mRNA- undProteinebene synthetisiert wird, was ei-ne konjunktivale Infektion mit SARS-CoV-2 über diesen Mechanismus eherunwahrscheinlich macht [15].
Wie in einer kürzlich veröffentlichtenPressemitteilung der Deutschen Oph-thalmologischen Gesellschaft berichtet,sollte Tränenflüssigkeit zwar dennoch alspotenziell infektiöses Material behandeltwerden, doch birgt für den Augenarztv. a. die Nähe zwischen Patient und Un-tersucher, z.B. an der Spaltlampe, eineAnsteckungsgefahr durch Einatmungvon Aerosolen aus der unmittelbarenAusatemluft, weshalb für den Umgangmit potenziell Infizierten das Trageneines Mund-Nasen-Schutzes (MSN) an-geraten wurde [11, 12, 16–20]. Darüberhinaus sollten Plexiglasschutzschilder
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zur besseren Abschirmung bei Spalt-lampenuntersuchungen zum Einsatzkommen (. Abb. 2; [21]).
OphthalmochirurgischePatientenversorgung währendder Pandemie und „KrisenplanOphthalmologische nicht-elektive Basisversorgung inbettenführenden Kliniken“
Die Umstellung der Krankenhäuser aufdie Herausforderungen der COVID-19-Pandemie und die Fokussierung auf ei-ne ausschließliche Versorgung von Not-fällen und dringlichen Fällen stellte dieAugenkliniken anbettenführendenHäu-sern in einem bisher nicht gekanntenAusmaß vor die Frage, welche Eingriffeaus ophthalmologischer Indikation wiedringlich durchgeführt werden solltenund in welchem Umfang eine Versor-gung ophthalmologischer Patienten fort-gesetzt werden kann [22–25].
Um den mit anderen operativenFachrichtungen um Betten und OP-Kapazität konkurrierenden bettenfüh-renden Augenkliniken eine einheit-liche Priorisierung und Planbarkeitzu ermöglichen, wurde auf Initiativeder Vereinigung Deutscher Ophthal-mologischer Chefärzte (DOCH) undin Abstimmung mit den Vorständender Retinologischen Gesellschaft (RG),der Vereinigung OphthalmologischerLehrstuhlinhaber (VOL) und der Deut-schen Ophthalmologischen Gesellschaft(DOG) ein Krisenplan für eine nicht-elektive ophthalmologische Basisver-sorgung erstellt, wobei die genanntenIndikationen und Dringlichkeiten alsgrundsätzliche Empfehlungen aufzu-fassen sind, die im individuellen Fallund abhängig von der Ressourcenlageabgewogen werden müssen (. Abb. 3).
Ein ungefähres Bild der Situationund Vorgehensweise während der ers-ten Phase der Pandemie ergibt sich ausden Berichten der Augenkliniken derDOCH zur Erstellung des Krisenplanssowie aus einer von der VOL unterden Universitäts-Augenkliniken durch-geführten Umfrage. Ergebnisse lagenvon 28 der 37 universitären Abteilungenvor. Danach war die ophthalmologischeVersorgung von März bis April 2020
Zusammenfassung · Abstract
Ophthalmologe 2020 · 117:652–658 https://doi.org/10.1007/s00347-020-01162-x© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
L.-O. Hattenbach · T. Reinhard · P. Walter · J. Roider · N. Feltgen · L. Hesse · J. Schrecker ·N. Eter · Vereinigung Ophthalmologischer Lehrstuhlinhaber
Krisenstrategien der Kliniken während der Pandemie
ZusammenfassungHintergrund. Die SARS-CoV-2-Pandemie hatweltweit zu erheblichen Einschränkungender medizinischen Versorgung geführt. Wirbeschreiben bisherige Entwicklungen sowieMaßnahmen, die von März bis Mai 2020 zurAufrechterhaltung der Versorgung ophthal-mologischer Patienten an bettenführendenAugenkliniken beigetragen haben.Methoden. Literaturrecherche über PubMed,eigene Daten, klinikübergreifende Umfrage.Ergebnisse. Durch die rasche Umsetzungvon Hygienemaßnahmen und Anpassungder „standard operating procedures“ (SOP)zur Minimierung des Infektionsrisikos sowiedie Fokussierung auf Notfälle und dringlicheIndikationen bei gleichzeitiger Aussetzungelektiver Behandlungen konnte eine konti-nuierliche Versorgung ophthalmologischerPatienten aufrechterhaltenwerden.
Schlussfolgerung. Trotz der Herausforderungeiner erheblichen VerlagerungmedizinischerRessourcen während der SARS-CoV-2-Pandemie sind medizinisch dringlichnotwendige ophthalmologische Behand-lungen an Kliniken der Maximalversorgunggewährleistet. Anhand derzeit verfügbarerDaten kann allerdings nicht ausgeschlossenwerden, ob es während der Pandemie auchzu Verzögerungen bei der Behandlung vonNotfallpatienten gekommen ist.
SchlüsselwörterSARS-CoV-2-Pandemie · Kliniken derMaximalversorgung · Hygienemaßnahmen ·„Standard Operating Procedures“ (SOP) ·Notfallversorgung
Crisis management strategies of hospitals during the pandemic
AbstractBackground. The SARS-CoV-2 pandemic hasled worldwide to substantial limitations inhealthcare systems. This article describesthe recent developments and measuresfrom March through May 2020, whichhave contributed to the maintenanceof ophthalmological care at in-patientdepartments of ophthalmology.Methods. PubMed literature search, owndata, interhospital survey.Results. The rapid implementation ofinfection and hygiene control measures andadaptation of standard operating procedures(SOP) to minimize the risk of infection, alongwith prioritized urgent and emergency carecombined with postponement of elective
procedures enabled the continuous care ofophthalmological patients.Conclusion. Despite the challenge ofa significant shift of medical resources duringthe SARS-CoV-2 pandemic,medically urgentlynecessary ophthalmological treatmentsare continuously provided by maximumcare clinics; however, based on currentlyavailable data, it cannot be ruled out whethertreatment of emergency patientswas delayedduring the pandemic.
KeywordsSARS-CoV-2 pandemic · Maximum careclinics · Hygiene control measures · Standardoperating procedures (SOP) · Emergency care
fast ausschließlich auf Notfälle, medi-zinisch dringlich indizierte Leistungenoder Kontrolluntersuchungen, aufge-schobene Behandlungen von Patientenmit zunehmender Dringlichkeit (z.B.Tumor mit Wachstum) und Patientenmit Schmerzsymptomatik oder Leidens-druck begrenzt. Geplante Operationenvon Elektivpatienten erfolgten in dieserZeit nicht. Elektive Eingriffe wurdenneben nosokomialer Infektionsgefahrauch aufgrund der gesteigerten Betten-
reservierung für COVID-19-Patientenausgesetzt.
Während in den meisten Augen-kliniken Medizinische Fachangestellte(MFAs) z.T. in den Zwangsurlaub ge-schickt wurden und ein Teil der Mit-arbeiter über „Home Office“ mit derKlinik verbunden war, wurden Augen-MFAs auch kurzfristig mit oder ohnevorherigem Training in Intensivmedi-zinbereichen oder anderen COVID-19-assoziierten Bereichen (Virologie, Co-
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Abb. 38Währendder initialen Phase der Pandemiewurde auf Initiative der VereinigungDeutscherOphthalmologischerChefärzte (DOCH) und in Abstimmungmit den Vorständen der RetinologischenGesellschaft (RG), der VereinigungOphthal-mologischer Lehrstuhlinhaber (VOL) und der DeutschenOphthalmologischenGesellschaft (DOG) ein Krisenplan für einenicht-elektive ophthalmologische Basisversorgung erstellt. Die genannten Indikationen undDringlichkeiten sind dabei alsgrundsätzlicheEmpfehlungenaufzufassen,die imindividuellenFallundinAbhängigkeitvonderRessourcenlageabgewogenwerdenmüssen. (Mit freundl. Genehmigungder Autoren)
rona-Test-Ambulanzen, internistischeStationen) eingesetzt.
Insgesamt war in den meisten Kli-niken ab Ende April/Anfang Mai einschrittweiser Übergang in den Nor-malbetrieb feststellbar, allerdings mitzusätzlichen präventiven Maßnahmenwie Rachenabstrichen bei ambulantoder stationär zu operierenden Patien-ten, dem Verschieben von OP-Terminenum 2 Wochen bei symptomatischenPatienten oder einer präoperativen Di-agnostik (Röntgen des Thorax, CT) bei
zeitkritischen Patienten mit Atemwegs-symptomatik.
Vielerorts wurden ab Mai auchaufgeschobene Operationen aus demLockdown durchgeführt bei z.T. einge-schränkter Kapazität an OP-Sälen undPersonal zur stationären postoperativenVersorgung, da dieses zur Betreuunginternistischer und infektiologischerStationen eingesetzt wurde.
An allen befragten Kliniken erfolgtedie Fortsetzung der an einen vorgege-benen Behandlungsplan gebundenen in-
travitrealen operativen Medikamenten-eingaben (IVOM) unter Einhaltung derAbstandsregeln im Wartebereich, Ein-satz von MNS, Schutzvorrichtungen anden Untersuchungsgeräten sowie ohneBegleitpersonen im Wartebereich, aller-dings in größeren zeitlichen Abständenund in einem um ca. 25–50% reduzier-tenUmfang, teilweise durchAbsagen derzur Risikogruppe der Älteren zählendenPatienten selbst.
Der Ophthalmologe 7 · 2020 655
Leitthema
Tab. 1 Mitglieder der VereinigungOphthalmologischer Lehrstuhlinhaber
Titel Vorname Nachname Abteilung Institution 1 Institution 2 Ort
Prof. Dr. Gerd Auffarth Univ.-Augenklinik Heidelberg
Prof. Dr. Karl Ulrich Bartz-Schmidt Universitätsklinikum Department für Augenheil-kunde
Tübingen
Prof. Dr. Nikolaos E. Bechrakis Universitätsklinikum Klinik für Augenheilkunde Essen
Prof. Dr. Norbert Bornfeld Abt. Erkr. Hinter-abschnitt
UniversitätsklinikumEssen Essen
Prof. Dr. Claus Cursiefen UniversitätsklinikumKöln Klinik und Poliklinik fürallgemeine Augenheilkunde
Köln
Prof. Dr. med. Burkhard Dick Univ.-Augenklinik Bochum
Prof. Dr. Nicole Eter UniversitätsaugenklinikMünster
Münster
Prof. Dr. med. Carsten Framme Augenklinik MHH Hannover
Prof. Dr. Dr. ThomasArmin
Fuchsluger UniversitätsklinikumRostock Augenklinik Rostock
Prof. Dr. Gerd Geerling Univ.-Augenklinik Düsseldorf
Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Grehn Univ.-Augenklinik Würzburg
Prof. Dr. Salvatore Grisanti Univ.-Augenklinik Lübeck
Prof. Dr. Rudolf Guthoff Universität Rostock, Universi-tätsmedizin
Augenklinik Rostock
Prof. Dr. Horst Helbig Univ.-Augenklinik Regensburg
Prof. Dr. Jost Hillenkamp Universitäts-Augenklinik Würzburg
Prof. Dr. Hans Hoerauf Univ.-Augenklinik Göttingen
Prof. Dr. Frank G. Holz Univ.-Augenklinik Bonn
Prof. Dr. Jost B. Jonas Seegartenklinik Heidelberg Praxis für Augenheilkunde Heidelberg
Prof. Dr. Antonia M. Joussen Charité – UniversitätsmedizinBerlin
Campus Virchowklinikum(CVK)
Berlin
Prof. Dr. Bernhard Jurklies Essen
Prof. Dr. Thomas Kohnen Klinik für Augenheilkunde Klinikum der J.W. Goethe-U-niversität
Frankfurt/Main
Prof. Dr. Friedrich E. Kruse Univ. Augenklinik Erlangen
Prof. Dr. Achim Langenbucher Medizinische Fakultät derUniversität des Saarlandes
Universität des Saarlandes Homburg/Saar
Prof. Dr. Dr. Chris Patrick Lohmann Augenklinik Klinikum rechts der Isar München
Prof. Dr. med. Birgit Lorenz Klinik und Polikli-nik für Augenheil-kunde
Justus-Liebig-UniversitätGießen
UniversitätsklinikumGie-ßen und Marburg GmbH,Standort Gießen
Gießen
Prof. Dr. med. Daniel Meller Univ.-Augenklinik Jena
Prof. Dr. Christian Ohrloff Univ.-Augenklinik Frankfurt/Main
Prof. Dr. Norbert Pfeiffer Univ.-Augenklinik Mainz
Prof. Dr. Lutz E. Pillunat Augenklinik Augenklinik der Techni-schen Universität
Dresden
Prof. Dr. Siegfried G. Priglinger Universitäts-Augenklinik München
Prof. Dr. Thomas Reinhard Klinik für Augenheilkunde Klinik für Augenheilkundedes UniversitätsklinikumsFreiburg
Freiburg
Prof. Dr. Johann Roider Univ.-Augenklinik Kiel
Prof. Dr. André Rosentreter Augenheilkunde Helios Universitätsklinikum Wuppertal Wuppertal
Prof. Dr. Dr. Stefan Schrader Pius-Hospital Oldenburg Oldenburg
Prof. Dr. Berthold Seitz Klinik für Augen-heilkunde
UniversitätsklinikumdesSaarlandes UKS
Homburg/Saar
Prof. Dr. med. Walter Sekundo Univ.-Augenklinik Marburg
656 Der Ophthalmologe 7 · 2020
Tab. 1 (Fortsetzung)
Titel Vorname Nachname Abteilung Institution 1 Institution 2 Ort
Prof. Dr. Martin Spitzer UKE Hamburg Klinik undPoliklinik
UKE Hamburg Klinik und Po-liklinik für Augenheilkunde
Hamburg
Prof. Dr. Andreas Stahl UniversitätsmedizinGreifs-wald
Klinik und Poliklinik fürAugenheilkunde
Greifswald
Prof. Dr. med. Hagen Thieme UniversitätsklinikumMagde-burg
Augenklinik Magdeburg
Prof. Dr. rer. nat. Marius Ueffing Forschungsinstitut für Au-genheilkunde
Department für Augenheil-kunde
Tübingen
Prof. Dr. Arne Viestenz Universitätsklinik und Polikli-nik
Universitätsklinik und Poli-klinik für Augenheilkunde
Halle/Saale
Prof. Dr. Peter Walter Klinik und Poliklinik für Au-genheilkunde
Aachen
Prof. Dr. Peter Wiedemann Univ.-Augenklinik Leipzig
Ambulante ophthalmologischeVersorgung
Die allgemeinen Beschränkungen desZugangszuKlinikenmit starkerRedukti-on der Einbestellung von Patienten, demZugangsverbot von Begleitpersonen undUmsetzung der Hygieneregeln mit z.T.deutlich verlängerten Wartezeiten, aberauch die Furcht vieler Patienten vor An-steckung im Krankenhaus als „Corona-Hotspot“ führten zu einem deutlichenRückgang der Patientenzahlen in denKlinikambulanzen [26, 27]. Nach denErgebnissen der Umfrage der VOL sowieBerichten aus den Kliniken der DOCHwaren Notfälle und dringende Zuwei-sungen auf bis zu 30% der üblichenFallzahl reduziert. Behandelt wurdenausschließlich Notfälle sowie individuellnach Dringlichkeit ausgewählte Patien-ten oder Patienten, die nach Verschiebendes ursprünglichen Termins dringlichversorgt werden mussten, z.B. zur Am-blyopiebehandlung oder Behandlungeiner diabetischen Retinopathie.
Nachdem im März und April dieambulante Behandlung ophthalmologi-scher Patientenweitgehend auf eine nachder Dringlichkeit geordnete Versorgungbeschränkt war, wurden in den meis-ten Kliniken ab Ende April bis AnfangMai umfangreiche Hygienemaßnahmenals Voraussetzung für die Rückkehrder Ambulanzen zum Normalbetriebumgesetzt. Hierzu zählen u. a. die Be-rücksichtigung von Abstandsregeln, dasTragen von Mund-Nase-Schutz (MNS)für Patienten und Mitarbeiter sowie
ein Zugangsverbot für Begleitpersonenbzw. die Begrenzung auf eine Begleitper-sonbeiKindernundanderenbedürftigenPatienten.
Wesentliche Bestandteile der Maß-nahmen waren darüber hinaus einezeitversetzte Einbestellung, eine festeSitzplatzzuordnung in den Wartezonensowie dieUntersuchung vonSARS-CoV-2-positiven Patienten in einer interdis-ziplinären COVID-Ambulanz.
Der Umfang der ambulanten Patien-tenversorgung in denAugenklinikenwarin diesem Zeitraum allerdings durch diebegrenzte Anzahl an Warteplätzen undBehandlungszimmern mit Gewährleis-tung eines ausreichenden Abstands aufetwa 50–60% des Normalbetriebes wei-terhin limitiert. Der Einsatz telemedizi-nischer Lösungen spielte, im Gegensatzzu einer raschen und umfassenden Um-stellung von Lehr- und Fortbildungsver-anstaltungen auf Online-Formate, in denersten Monaten der Pandemie keine we-sentliche Rolle [28].
Fazit
Die SARS-CoV-2-Pandemiehat imMärzbisMai 2020 zumassiven Einschränkun-gen der Versorgung ophthalmologischerPatienten und insbesondere nichtdring-lichen ambulanten wie stationären chi-rurgischenEingriffenundBehandlungengeführt.
Insgesamt konnte durch eine rascheAnpassung der SOP und Umsetzungder erforderlichen hygienischen Maß-nahmen eine Grundversorgung für oph-
thalmologische Notfälle und dringlicheBehandlungen an den bettenführendenHauptabteilungen erfolgreich aufrecht-erhalten und damit die Herausforderun-gen der Pandemie gut bewältigt werden.
Inwieweit der „Krisenmodus“ derophthalmologischen Versorgung auchzu einer lückenhaften („Corona-Angst“)oder verzögerten Behandlung von Not-fallpatienten geführt hat, kann erst mitdem Vorliegen entsprechender Datenuntersucht werden. Eine Umfrage derKommission Sektorenübergreifende Au-genheilkunde als gemeinsame Kommis-sion von DOG und BVA hat eine online-basierte Umfrage erstellt, mit der einumfassender Überblick zu den Aus-wirkungen der SARS-CoV-2-Pandemieaufdie ophthalmologischeVersorgung inDeutschland ermöglicht werden soll. DieErkenntnisse dieser Umfrage sollen dazubeitragen, die Bedeutung der Aufrecht-erhaltung der Patientenversorgung inunserem Fach hervorzuheben und aufzukünftige Herausforderungen besservorbereitet zu sein.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Lars-Olof Hattenbach, F.E.B.OAugenklinik, KlinikumLudwigshafenBremserstr. 79, 67063 Lud-wigshafen, [email protected]
Der Ophthalmologe 7 · 2020 657
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. L.-O. Hattenbach, T. Reinhard,P.Walter, J. Roider,N. Feltgen, L.Hesse, J. SchreckerundN. Eter geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.
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Fachnachrichten
Wie sich unser GehirnRäumemerkt
Das Gehirn konstruiert mentale Karten
der Umwelt aus den Erfahrungen unserer
Sinne – so können wir uns orientieren, unserinnern,wo etwas passiert ist, und planen,
wohinwir als Nächstes gehen. Forscher des
Max-Planck-Instituts für Kognitions- undNeurowissenschaften in Leipzig und des
Kavli Institute for Systems Neuroscience inTrondheim haben nun ein neues Compu-
termodell entwickelt, das unserem Gehirn
direkt dabei zuschauen kann, wie es sichorientiert und sich etwasmerkt.
Sie konnten zeigen, dass neu gebildete
Erinnerungen einen direkten Einfluss dar-auf haben, wie unser Gehirn die Umwelt
abbildet. Je besser wir unsere Umgebungkennen, desto weniger Informationen
müssen neu integriert werden. Dies wirkt
sich direkt auf unsere Hirnaktivität aus undist messbar.
Umeinebreite Perspektive aufdasmensch-
liche Gehirn zu erhalten, verwendeten dieWissenschaftler funktionelle Magnetreso-
nanztomographie. Die Studienteilnehmerlagen in einem 7-Tesla-MRT-Scanner und
navigierten in einer virtuellen Arena mit-
hilfe einer Tastatur: Sie merkten sich diePosition von versteckten Objekten. „Um
zu verstehen, wie sich unsere Teilnehmer
bei dieser Aufgabe orientierten, haben wiranalysiert, wie ihre Hirnaktivität zu jedem
Zeitpunkt widerspiegelte, in welche Rich-tung sie sich bewegten.“, erklärt Nau.
Die neuartige Analysemethode ermöglich-
te es, die menschliche Richtungswahrneh-mung in noch nie dagewesener Detailge-
nauigkeit zu vermessen. Die Ergebnisse
deuten darauf hin, dass die neuronale Kar-tenbildung Einfluss darauf hat, wie das
gesamte Netzwerk an Regionen im GehirnInformationen verarbeitet, die wir gerade
aus unserer Umwelt ableiten.
Originalpublikation: Nau, M. et al.
Behavior-dependent directional tuning
in the human visual-navigation net-work. Nat Commun 11, 3247 (2020).
https://doi.org/10.1038/s41467-020-17000-2
Quelle: Max-Planck-Institut fürKognitions- und Neurowissenschaften
Leipzig: www.mpg.de [26.06.2020]
658 Der Ophthalmologe 7 · 2020