Transcript
Page 1: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

Lernfeld VorteigeFachinformationen und Unterrichtsideen zu VorteigfĂŒhrungen in Lernfeldern fĂŒr die berufliche Bildung der BĂ€cker

technisch · praktisch · methodisch · didaktischmit Arbeitsmaterial und interaktiven Lernelementen im Netz

Page 2: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

ImpressumEntstanden inZusammenarbeit mit demBÄKO-magazin im Verlag Chmielorz GmbH Marktplatz 13,65138 WiesbadenTelefon: 06 11/ 3 60 98-0Fax: 06 11/ 30 13 03E-Mail:[email protected]:www.baeko-magazin.de

Titelbild, Gestaltung &Layout:Petra Zibuschka

Redaktion:Falk Steins, Michael Reitz,Stephan Schubert

Fachdokumentation und Texte:Dr. Heiko Zentgraf (GMF, Bonn)unter Mitarbeit von Prof. Dr.JĂŒrgen-Michael BrĂŒmmer(Detmold) und Alois Odenthal(Sachsenheim) sowie mit fachlicher UnterstĂŒtzung derAkademie DeutschesBĂ€ckerhandwerk Weinheim

Bildnachweis:Alle Fotos: GMF; außer:Akademie DeutschesBĂ€ckerhandwerk Weinheim (8, S. 7-10, 13), CMA (2, S. 11,12), Matthaes-Verlag/GMF (1, S. 5);technische Web-Realisation:M/S VisuCom GmbH

Die Verwertung der Texte undBilder, auch auszugsweise,ist ohne Zustimmung desRechteinhabers urheberrechts-widrig und strafbar. Das giltauch fĂŒr VervielfĂ€ltigungen,Übersetzungen, Mikro-verfilmung und die Verar-beitung in elektronischenSystemen.Die Informationsangebote dieses Heftes und derAusbildungsbausteine imInternet sind zur Verwendungdurch LehrkrĂ€fte und derenBeauftragte fĂŒr Zwecke derschulischen Unterrichts-gestaltung sowie den Einsatz in der betrieblichen Ausbildungfreigegeben.

Ein Projekt von

mit Förderung durch:Verband DeutscherGroßbĂ€ckereien e. V.Zentralverband des DeutschenBĂ€ckerhandwerks e. V.

© GMF 2007

Vorteige und „FĂŒhrungs“-Kompetenz

VorteigfĂŒhrungen sind in deutschen Backstuben heute aktuel-ler denn je, sowohl die Klassiker der Roggenverarbeitung alsauch die LangzeitfĂŒhrungen fĂŒr Weizenteige. Die Beherr-schung dieser Techniken hat fĂŒr die QualitĂ€tssicherung beiBrot und Brötchen große Bedeutung. Nicht umsonst spielendiese Themen eine wichtige Rolle in mehreren Lernfelderndes Rahmenlehrplans fĂŒr die Berufsschulen sowie parallel imAusbildungsrahmenplan fĂŒr die Betriebe.Ich finde es deshalb hilfreich, dass in diesem Heft der aktuelleStand des Wissens zu VorteigfĂŒhrungen mit ihren rheologi-schen, mikrobiologischen bzw. fermentativen Aspekten in dreilernfeldbezogenen Fachkunde-Themen ĂŒbersichtlich undzusammenfassend dargestellt ist.FĂŒr die LehrkrĂ€fte an berufsbildenden Schulen – und gleicher-maßen fĂŒr die Ausbildenden in den Betrieben – ist darĂŒber

hinaus von großem Nutzen, dass es zu dendrei Themen jeweils noch mehr im Internetgibt: ergĂ€nzende Sachinformationen, fachlicheQuellenverweise mit Weblinks, interaktive Arbeitshilfen undLernversuche – fĂŒr das „Learning by Doing“.In diesem Sinne helfen die hier vorgestellten AnsĂ€tze, fach-liches Wissen und Kompetenz fĂŒr „Vorteile mit Vorteig-fĂŒhrungen“ der nĂ€chsten BĂ€ckergeneration praktisch zu ver-mitteln.

Wilhelm JungWilhelm Jung (Lörrach) Vorsitzender des Ausschusses fĂŒr Ausbildung der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e. V.

InhaltThema Seite

Herstellen von Schrot-, Vollkorn- und Spezialbroten (im Lernfeld 9):Vorteige „am StĂŒck“: Quellen, BrĂŒhen, Kochen 3

Herstellen von Weizenbroten und WeizenkleingebĂ€ck (im Lernfeld 5):Deutliche Vorteile fĂŒr Teige und Krumen 7

Herstellen und Verarbeiten von Sauerteig (im Lernfeld 7):Sauerteig – das Biotop fĂŒrs Brotaroma 11

Methodisch-didaktische Rahmenhinweise zu den drei Themen:Vorteige & Lernfelder: verortet, verlinkt, vernetzt 
 15

Angebot weiterer Lehr- und Lernmaterialien:Die Fachinfo-Reihe „Backen & Bildung“ 16

Fachliche Themenaspekte fĂŒr drei Lernfelder

Herausgeber:GMFVereinigung Getreide-,Markt- und ErnĂ€hrungs-forschung GmbHPostfach 30 01 65,53181 Bonn Beueler Bahnhofsplatz 18,53225 BonnTelefon: 02 28 / 42 12 50Fax: 02 28 / 4 79 75 59 E-Mail: [email protected]: www.gmf-info.de

Druck:Druck- und Verlagshaus Chmielorz GmbH,65205 WiesbadenInternet:www.druckerei-chmielorz.de

Page 3: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

3

Warenkunde

Vorteige I

Vorteige „am StĂŒck“:Quellen, BrĂŒhen, Kochen

Herste l len von Schrot- , Vo l lkorn- und Spez ia lbroten

Page 4: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

V orteige sind aktueller dennje, denn der Gesamtkom-plex Vorteigtechnologie ist

fachlich als Königsdisziplin in derBÀckerei anzusehen: Ihr Einsatz be-weist das Streben nach hohemQualitÀtsniveau und unterstreicht dieUmsetzung von bÀckereitechnologi-schem Know-how in die tÀglicheBÀckerpraxis.

Physikalisch oder

mikrobiologisch

Der ganze Bereich Vorteigtechnologiewird im Rahmen dieser Warenkundein drei Folgen behandelt. Im ersten Teilgeht es um physikalische, d. h. „hydro-thermische“ Vorteige, die ĂŒberwie-gend der Quellung dienen, in derzweiten Folge um Vorteige mit Back-hefe als Starter und abschließend sindSauerteige das Thema. Denn bei derVorteigtechnologie sind grundsĂ€tzlichzwei große Bereiche zu unterschei-den: Einmal der HauptschwerpunktQuellung und zum Zweiten die Fer-mentationen bzw. GĂ€rungen.Vorteige sind zeitlich vor der eigentli-chen Teigherstellung gefĂŒhrte AnsĂ€tzemit eben diesen beiden Hauptzielen,die wĂ€hrend ihrer Stehzeit auch paral-lel zueinander ablaufen können, wiebeispielsweise Quellung, enzymatischeAktivierung, Abbau von komplexerenInhaltsstoffen zu niedermolekularenVerbindungen, Löslichwerden vonkomplexen und anderen Inhaltsstof-fen,Verlust an EigenviskositĂ€t, Fermen-

4

tations- oder GĂ€rungsvorgĂ€nge, unddie Bildung von aromaintensivenZwischen- und Endprodukten. Je nachAnsatztemperatur und besondersauch nach der grundsĂ€tzlichen Art derVorteige sind diese Umsetzungensteuerbar.Die in der Grafik vorgenommeneEinteilung basiert auf dem Einsatz bzw.der Nichtverwendung von mikrobio-logischen Startern. Wird ohne Einsatzvon Startern gearbeitet, steht die phy-sikalische bzw. thermische Behandlungzur Quellung der Rohstoffe im Mittel-punkt. Meist handelt es sich um Roh-stoffe gröberer Granulation, wie z. B.Getreidegrobschrote, zerkleinerteBrotanteile, Ölsaaten etc.FĂŒr alle Vorteige ist es wichtig, dass siegut geknetet werden. Allerdings kannein zu intensives Kneten bei Weizen-mahlerzeugnissen zum Auswaschenvon Kleber fĂŒhren, was die grundsĂ€tz-liche BackfĂ€higkeit der Weizenerzeug-nisse mindert.

QuellstĂŒcke

lieben es kĂŒhl

Je nach Ansatztemperatur variiert dienotwendige Stehzeit zum Quellenoder zum GĂ€ren. Allgemein gilt: „JekĂŒhler, desto lĂ€nger“. So werdenQuellstufen wegen der kalten SchĂŒtt-flĂŒssigkeit (meist Wasser mit einerTemperatur von deutlich unter 20 °C)hĂ€ufig ĂŒber Nacht gefĂŒhrt, was Reife-zeiten von etwa 14 bis 18 Stundenentspricht. Dabei wird eine gute Quel-

lung erzielt und – wenn die AnsĂ€tzewĂ€hrend dieser langen Stehzeit nichtzu warm werden – es treten seltenerFremdgĂ€rungen auf, die durch unbe-kannte, aber dennoch vorhandene,aktive Begleitflora der eingeweichtenRohstoffe (Getreideerzeugnisse, Öl-saaten etc.) auftreten können.Derartige FremdgĂ€rungen sind einhygienisches Problem, das auch nichtdurch die Zugabe von Kochsalz ver-mindert oder gar verhindert werdenkann. Da die Begleitflora undefiniertist, stellen sich ggf. unkontrollierte GĂ€-rungen ein, die nicht nur ein betriebs-technisches Gefahrenpotenzial besit-zen, sondern unter UmstĂ€nden auchzu hygienisch-gesundheitlichen Ge-

Vorteige I

Warenkunde

Die Übersicht zeigt die wesentlichen hydro-thermischen und mikrobiologischen Bereiche der Vorteigtechnologie.

Der fachmÀnnische Umgang mitRohstoffen in Vorteigen kann alsKönigsdisziplin des BÀckerhand-werks bezeichnet werden.

Page 5: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

5

Vorteige I

Warenkunde

fĂ€hrdungen fĂŒhren. Sie können even-tuell durch die Zugabe von Essig-sĂ€uren bzw. ihren Salzen (Acetaten)oder auch durch Konservierungsstoffeminimiert werden, aber: Diese Zu-sĂ€tze haben auch selbst wiederumtechnologische Wirkungen in den mitdiesen Vorteigen hergestellten Back-waren und sind somit als Zusatzstoffe(wie z. B. bei Konservierungsstoffen!)kennzeichnungspflichtig.Am einfachsten und sichersten ist es,nur hygienisch einwandfreie, glatteund saubere BehĂ€ltnisse zu verwen-den und die AnsĂ€tze kalt und höchs-tens 20 bis 24 Stunden stehen zu las-sen. Ist der tĂ€gliche Bedarf klein, solltebesser doch ein tĂ€glicher Neuansatzerfolgen. Es ist nicht ratsam, mehrereKleinbehĂ€lter aus einem grĂ¶ĂŸerenAnsatz mit einem Mal zu befĂŒllen –z. B. anfangs der Woche – und dannfĂŒr alle Tage in der Backstube zulagern. Soll dennoch aus betriebstech-nischen GrĂŒnden so verfahren wer-den, sind diese AnsĂ€tze sofort in dieKĂŒhlung zu bringen. KĂŒhle Teige habenbesonders im Sommer Vorteile beider Erzielung gewĂŒnschter niedrigerTeigtemperaturen. QuellstĂŒcke dieserArt werden meistens im VerhĂ€ltnis

Rohstoff zu FlĂŒssigkeit (Wasser) von1 : 1 – oder bĂ€ckerspezifisch formu-liert:Teigausbeute 200 – gefĂŒhrt.

BrĂŒhstĂŒcke: Vor

allem fĂŒr Roggen

Als weitere Quellstufe sind die sogenannten BrĂŒhstĂŒcke weithin ĂŒblich.Auch hier sind die VerhĂ€ltnisse vonRohstoff und Wasser und somit dieTeigausbeuten Ă€hnlich. Es wird aller-dings mit höheren Ansatztemperatu-ren gearbeitet: Entweder wird heißes,fast kochendes Wasser eingesetztoder ein kĂ€lterer Ansatz wird, z. B.durch direktes Einleiten von DampfwĂ€hrend des Knetens, „aufgeheizt“.Im Allgemeinen liegen die Ansatztem-peraturen von BrĂŒhstĂŒcken bei 55 bis60 °C, also schon im Verkleisterungs-bereich der GetreidestĂ€rken, beson-ders der des Roggens. Das hat dazugefĂŒhrt, dass BrĂŒhstĂŒcke besondersbei enzymschwachen, enzymatischwenig inaktiven Roggenmahlerzeug-nissen eingesetzt werden – vorrangigbei Roggengrobschroten.Mittlere und feine Roggenschrote ver-kleistern bei solchen Temperaturensehr stark, sodass sie zwar gut auf-

quellen, aber auch im Vergleich zuGrobschroten stĂ€rker abgebaut wer-den können. DarĂŒber hinaus er-schwert die hohe ViskositĂ€t das Aus-tragen solcher BrĂŒhstĂŒcke aus demKnet- oder LagerbehĂ€ltnis.Aus diesemGrunde werden Mittel- und Fein-schrote des Roggens (sowie alleWeizenvollkornschrote) unabhĂ€ngigvon ihrer Granulation ĂŒberwiegend inkalt und lang gefĂŒhrten QuellstĂŒckenvorbehandelt. Die eingesetzten hohenTemperaturen der BrĂŒhstĂŒcke könn-ten nĂ€mlich insbesondere bei Weizen-mahlerzeugnissen wegen der hohenTeigausbeute und des intensiven Kne-tens auch zu einer weiteren SchĂ€di-gung des Proteins fĂŒhren: Das wĂŒrdesich in vermindertem Brotvolumenwiderspiegeln sowie Krumenweich-heit, Kauverhalten und Frischhaltungnegativ beeinflussen.Die Stehzeiten von BrĂŒhstĂŒcken soll-ten mindestens drei Stunden, abernicht lĂ€nger als sechs Stunden betra-gen, wobei vor allem bei der lĂ€ngerenStehzeit ein sehr intensives AbkĂŒhlendes Ansatzes zur Vermeidung eventu-ell möglicher FremdgĂ€rungen sicher-zustellen ist. Die Gefahren solcherFremdgĂ€rungen in BrĂŒhstĂŒcken sind

Roggen-Tomatenbrot

REZE

PT:F

S FÜ

R LE

BEN

SMIT

TELT

ECHN

IK,H

ANN

OVE

REs werden zwei separate Teige her-gestellt: 1. ein Roggenmischbrotteigmit Dosentomaten und getr. Tomatenund 2. ein Roggenmischbrotteig mitTomatenmarkanteilen. Beide werdennach der StĂŒckaufarbeitung undTeigruhe flach gedrĂŒckt, aufeinandergelegt, aufgerollt und aufgearbeitet.So entsteht ein Brotstruktur imAnschnitt aus 3/4 zu 1/4.

BrĂŒhstĂŒck fĂŒr beide Teige0,455 kg Roggenschrot, mittel0,455 kg Wasser (70–80 °C)= 0,910 kg BrĂŒhstĂŒck

Stehzeit: 2 Stunden

Zutaten (heller Teig/roter Teig)Sauerteig (DEF) 1,513/0,456 kgBrĂŒhstĂŒck 0,700/0,210 kg

Roggenmehl(Type 1150) 1,050/0,317 kgWeizenmehl(Type 550) 1,400/0,422 kg Wasser –/0,317 kgDosentomaten 1,463/– kggetrocknete Tomaten(in Öl eingelegt) 0,298/– kgTomatenmark –/0,317 kgSalz 0,063/0,019 kgHefe 0,140/0,042 kgGewĂŒrzmischung (10 Teile Basilikum,1 T. Oregano, 1 T. Pfeffer, 1 T. Pa-prika edelsĂŒĂŸ, 1 T. Zwiebelgranulat)

0,018/0,005 kg

TeigfĂŒhrung (heller Teig/roter Teig)Teigausbeute 167/157Teigtemperatur 26 °CKnetzeit/Spiralkneter je 2 + 3 Min.

Teigruhe 10 MinutenBallengare 10 MinutenTeigeinwaage 0,660/0,210GĂ€rraumtemperatur 30 °CGĂ€rraumfeuchtigkeit 65%StĂŒckgare 3/4 = 45 Min.Backtemp. 250, fallend auf 200 °CBackzeit ca. 45 Min.

Page 6: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

ebenfalls nicht zu unterschĂ€tzen, zumalauch noch durch die höheren Tempe-raturen eine ungewollte Selektierungvon thermophilen (= gegen WĂ€rmewiderstandfĂ€higeren) Keimen mit er-höhtem Risikopotenzial eintretenkann. Aus diesen GrĂŒnden ist fĂŒr eineVerquellung von Ölsaaten und Pro-dukten aus Nicht-Brotgetreideartenjeglicher Zerkleinerungsform vorran-gig nur das Quellen in kalten AnsĂ€tzenzu empfehlen.

KochstĂŒcke:

Hygiene beachten

Eine weitere Möglichkeit der Quellungsind die so genannten KochstĂŒcke.Wie der Name schon sagt, erfolgt hierein (Auf-)Kochen beispielsweise vonhart strukturier ten Getreideroh-stoffen, was sich z. B. bei Reis, Hirse(Milo, Sorghum) oder BuchweizenbewĂ€hrt hat. Die VerhĂ€ltnisse vonSchĂŒttflĂŒssigkeit und Rohstoff betra-gen hier mindestens 3 : 1, was alsoeiner rechnerischen Teigausbeute von400 oder höher entspricht.Da diese Rohstoffe hĂ€ufig auch weni-ger intensiv gereinigt sind als etwa vergleichbare Produkte aus Brot-getreidearten, sollte eventuell vorhan-denes ĂŒberstehendes Wasser unterhygienischen Gesichtspunkten ver-worfen werden, was bei den Quell-und BrĂŒhstĂŒcken von Brotgetreide-erzeugnissen auch möglich, aber nichtunbedingt notwendig ist. Bei vorzu-quellenden Rezeptbestandteilen ausNichtbrotgetreidearten und/oder Öl-saaten könnte ein kaltes Abwaschenbzw. ein kurzes Vorquellen in kaltemWasser mit Verwerfen dieser SchĂŒtt-flĂŒssigkeit sehr zur Verbesserung derhygienischen GrundvoraussetzungenfĂŒhren.

Die Stehzeiten von KochstĂŒcken be-tragen nach dem deutlich erkennba-ren Aufkochprozess noch mindestens50 bis 30 Minuten, bei lĂ€ngeren Steh-zeiten kann es zu sehr intensiverViskositĂ€tserhöhung und damit zuSchwierigkeiten beim Austragen kom-men. In jedem Fall muss auch hier einzĂŒgiges AbkĂŒhlen auf Raumtempera-tur (oder besser noch etwas tiefer)erfolgen. Es versteht sich eigentlichvon selbst, dass diese AnsĂ€tze – auchnach sofortigem AbkĂŒhlen – unmittel-bar, d. h. noch am Tag ihrer Herstellungverbraucht werden mĂŒssen. Die An-teile von KochstĂŒcken in der Rezepturbetragen ca. 10 bis 15%, also nur etwadie HĂ€lfte von Quell- oder BrĂŒh-stĂŒcken.

FĂŒr positive

Teigeigenschaften

Bei allen drei Varianten der Quell-stufen steht meist die Quellung vongröber granulierten Rohstoffen imMittelpunkt, wobei ĂŒberwiegend mitWasser gearbeitet wird. Neben demHydratisieren, also dem Wirksam-werden des Wassers durch Eindrin-gen, werden sich je nach Temperatur-bereich und enzymatischem Aktivi-tĂ€tsniveau auch enzymatisch bedingteAbbaureaktionen von Proteinen undKohlenhydraten einstellen. Ihre Inten-sitĂ€t ist u. a. entscheidend von derLagerzeit und -temperatur der Quell-stufen abhĂ€ngig.Aus hygienischer Sicht

6

ist jeder Anwender eines QuellstĂŒcksdann auf der sicheren Seite, wennwĂ€hrend der Lagerung Temperaturenvon 20 °C nicht ĂŒberschritten werden,auch wenn bei höheren Temperatureneinige gewĂŒnschte Reaktionen ver-stĂ€rkt oder in kĂŒrzerer Zeit zu errei-chen sind – das hygienische Risiko vonFehlgĂ€rungen steigt aber einfach zustark an.Werden Quellstufen nach ihremAnsatz (und anschließender AbkĂŒh-lung) ggf. im KĂŒhlraum gelagert, habensie den Vorteil, dass sich in wĂ€rmerenJahreszeiten die gewĂŒnschten, kĂŒhlenTeigtemperaturen in den Produktions-teigen leichter erzielen lassen. GeradegekĂŒhlte QuellstĂŒcke können so denBedarf an Eis oder extra gekĂŒhltemWasser zumindest vermindern –meistens ist die dafĂŒr notwendigeStellflĂ€che in den KĂŒhlrĂ€umen vorhan-den. Nachteile von kĂŒhl gelagertenVorteigen sind bisher nicht bekanntgeworden. Im Gegenteil: Sie erweisensich eher als vorteilhaft fĂŒr die Erzie-lung positiver Teigeigenschaften.Die Verwendung von QuellstĂŒckenallein erfĂŒllt gemĂ€ĂŸ der Definitionnicht die Voraussetzung fĂŒr den Begriff„indirekte (Teig-)FĂŒhrung“. Dazu mĂŒs-sen gezielt gesteuerte, mikrobio-logisch induzierte GĂ€rungen wie bei-spielsweise in Vorteigen mit Backhefeoder mit Sauerteigstartern zum Ein-satz kommen. Diese Vorteigarten sinddas Thema in den nĂ€chsten beidenKapiteln. ïżœ

Warenkunde

Vorteige I

KochstĂŒcke kommen vor allem bei Rohstoffen wie Hirse (1),Buchweizen/BuchweizengrĂŒtze (2/3) und Reis (4/5) zum Einsatz.

12

4

5

3

Mehr zum Thema im WebWeitere Hintergrundinfos,Arbeitsmaterialien fĂŒr denUnterricht und eine interaktiveLernzielkontrolle zum Thema im Internet:

www.gmf-info.de > Mediathek> Ausbildung konkret >Baustein 5

Page 7: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

7

Warenkunde

Vorteige II

Deutliche Vorteile fĂŒr Teige und Krumen

Herstel len von Weizenbroten und Weizenkle ingebÀck

Page 8: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

M it dem zweiten Teil derWarenkunden zum The-ma „Vorteig“ kommen

wir in den Bereich der indirekten FĂŒh-rungen: WĂ€hrend bei Quell-, BrĂŒh-und KochstĂŒcken die hydro-thermi-schen Wirkungen im Vordergrundstanden, wird es nun mikrobiologisch.Damit ist definitionsgemĂ€ĂŸ der Begriffeiner indirekten (Teig-)FĂŒhrung erfĂŒllt,der gezielt gesteuerte, mikrobiolo-gisch induzierte GĂ€rungen voraus-setzt. ZunĂ€chst geht es um Weizen-vorteige, bei denen keine gezielte SĂ€u-erung angestrebt wird, sondern woallein zugesetzte Backhefen als Mikro-organismen im Teig aktiv werden.

Renaissance der

Hefevorteige

Noch bis in die 30er-Jahre des vorigenJahrhunderts waren Hefevorteige inDeutschland weit verbreitet. Damalswar insbesondere das „Sparargu-ment“ von Bedeutung, weil der Einsatzvon Weizenvorteigen eine geringereBackhefe-Dosierung möglich macht.Danach wurden Weizenbrote und -kleingebĂ€cke ĂŒberwiegend in direk-ten, Zeit sparenden FĂŒhrungen herge-stellt. Aber mit mediterranen Spezia-litĂ€ten wie Baguette oder Ciabatta ha-ben die dabei ĂŒblichen, langen und in-direkten FĂŒhrungen auch in deutschenBackstuben wieder Einzug gehalten.Dabei wurde erkannt, dass Weizen-vorteige teilweise nicht nur unter ge-schmacklichen Aspekten „punkten“können: Es spricht vor allem auch ausrheologischen GrĂŒnden eine Menge

8

fĂŒr Weizenvorteige, auch wenn nichtgesĂ€uert wird, wie das bei RoggenĂŒblich und notwendig ist.Weizenvorteige in diesem engerenSinne lassen sich beschreiben als An-sĂ€tze aus Getreideerzeugnissen – ggf.auch anderen Rezepturbestandteilen–, SchĂŒttflĂŒssigkeit und Backhefe in ak-tivem Zustand. Dabei vollziehen sichim Teig fortlaufende GĂ€rungen, wĂ€h-rend derer die LebenstĂ€tigkeit derBackhefe nicht unterbrochen wird.Neben enzymatischen und mikrobio-logischen VorgĂ€ngen bringt das auchphysikalische (rheologische) VerĂ€nde-rungen mit sich – zunĂ€chst im Teig,aber daran anschließend ebenso mitAuswirkungen auf die GebĂ€ckqualitĂ€t(siehe dazu Übersicht auf S. 9). DurchbĂ€ckerische Maßnahmen bei Tempe-ratur, Stehzeit oder Teigausbeute kön-nen die Vermehrung der Backhefenund ihre StoffwechselvorgĂ€nge ge-steuert werden.

Leistung von

Weizenvorteigen

SchwerpunktmĂ€ĂŸig kommen dieseHefevorteige im „Weizensektor“ zumEinsatz. Derartige Vorteige mit Back-hefe als Starter sind auch mit Roggen-erzeugnissen machbar. Allerdings lie-gen dazu bisher nur wenige systema-tische Erfahrungen vor; auch in derLiteratur sind Vorteigvarianten mitRoggen nur andeutungsweise und we-nig intensiv im Hinblick auf mögliche,spezifische Vorteile behandelt worden.Weizenvorteige haben sich bisher be-sonders bei Weizenbroten, aber auch

bei Feinen Backwaren bewĂ€hrt, diemit Backhefe gelockert werden.Hygienisch einwandfrei angesetzteund mit Backhefe gefĂŒhrte Weizen-vorteige haben vor allem teigrheologi-sche Vorteile und bringen verbesserteKrumen-, Kau- und Frischhalteeigen-schaften. Organoleptisch wirken siesich weniger aus, ihre direkten Wir-kungen auf den GebĂ€ckgeschmackoder sogar das GebĂ€ckaroma werdenvielfach ĂŒberschĂ€tzt.Viele Versuche und Veröffentlichun-gen aus den Detmolder Versuchs-bĂ€ckereien und Arbeiten andererBĂ€ckereitechnologen haben dies be-stĂ€tigt und besonders auf die Vorteilein der Teigreifung, bei den Teigeigen-schaften und fĂŒr das Krumenbild hin-gewiesen. Diese Vorteile steigern sichmeist mit der Stehzeit und insbeson-ders bei Reifezeiten von vier, achtoder sogar 16 Stunden, die bĂ€ckerischals kurze, mittellange oder lange (bzw.„Über-Nacht“-)FĂŒhrungen bezeichnetwerden.Der reife Hefevorteig sollte ĂŒblicher-weise höchstens fĂŒnf SĂ€uregrade er-reichen. ZusĂ€tzlich macht eine pH-

Vorteige II

Warenkunde

Überblick ĂŒber die Steuerungskriterien fĂŒr dieBeeinflussung der Krumenstruktur bei HefevorteigenfĂŒr Weizenmehlbrote (am Beispiel Kastenstuten mitWM 550; modifiziert nach BrĂŒmmer)

Ein typisches GebĂ€ck, fĂŒr dasVorteig unverzichtbar ist:das französische Baguette.

Bei Ciabatta wird Vorteig eingesetzt, um diegewĂŒnschte grobe Krumenstruktur zu erreichen.

SStteeuueerruunnggsskkrriitteerriiuumm

ïżœ + = steigend ïżœâ€“ = fallend

– MehlqualitĂ€t +

– Backhefemenge i. V. +

+ Mehlanteil i. V. –

– Reifetemperatur +

+ Reifezeit –

Zie

lrich

tung

Gro

bpor

igke

it Zielrichtung Feinporigkeit

Page 9: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

9

Vorteige II

Warenkunde

Wert-Kontrolle Sinn, und besonderseine PrĂŒfung auf eventuelle, uner-wĂŒnschte FremdgĂ€rungen (vor demweiteren Verarbeiten!). FĂŒr eine Lage-rung reifer Vorteige von ĂŒber fĂŒnfStunden ist ihre KĂŒhlung empfehlens-wert. Auch die mikrobiologisch-hygie-nischen Rahmenbedingungen sind un-ter Kontrolle zu halten, denn von Roh-stoffen, Raumluft und GerĂ€ten könnennegative EinflĂŒsse auf die Entwicklungder Vorteige ausgehen. Auch eineWeiter- bzw. Wiederverwendung vonRestteig als Neuansatz kann unter die-sem Gesichtspunkt problematischsein, wenn die „alte“ Mikroflora sichdurch UmwelteinflĂŒsse verĂ€ndert hatund dann zu nicht kontrollierbaren,unerwĂŒnschten FremdgĂ€rungen fĂŒhrt:Mit einem regelmĂ€ĂŸigen Neuansatz istman dagegen auf der „sicheren Seite“.

Unverzichtbar

fĂŒr viele GebĂ€cke

Erzeugnisse wie Baguette, Ciabatta,Fladenbrote und Ă€hnliche Weizen-gebĂ€cke mit gewĂŒnschter groberKrumenstruktur sind ohne solcheVorteige mit gezieltem Zusatz des

Starters Backhefe in ar ttypischerQualitĂ€t kaum herstellbar. Anteile von30% des Gesamtmehles sind in diesenVorteigen als Minimum anzusehen.Über 60% des Mehls im Vorteig zuverarbeiten, bringt dann meistenskeine weiteren positiven EinflĂŒsse.Sehr lange FĂŒhrungen mit wenig Back-hefe, dafĂŒr aber sehr langen End-gĂ€rzeiten, sind Weizenvorteigen teig-rheologisch Ă€hnlich.Weizenvorteige können im Knet-kessel gefĂŒhrt werden. Um VorteigepumpfĂ€hig zu machen, sind Teigaus-beuten von ĂŒber 200 notwendig. Siewerden daher hĂ€ufig in speziellenVorteigautomaten herangefĂŒhrt.Bei allen Weizenteigen – so auch beider Bereitung von Vorteigen – ist eingutes Kneten empfehlenswert. Wei-che (kipp- oder sogar pumpfĂ€hige)Teige sollten aber nicht zu intensivgeknetet werden, um einer Gefahrder Kleberauswaschung vorzubeugen.Üblicherweise wird Backhefe nur rela-tiv gering dosiert: zwischen 0,5 und1%. Gleichzeitig ist eine kĂŒhle Ansatz-temperatur von etwa 23 bis 25 °Canzustreben.Bei Vorteigen mit Backhefe als StarterfĂŒr Weizenbrote (und -kleingebĂ€cke)steht in der modernen BĂ€ckerei weni-ger die Aktivierung bzw. Vermehrungder Backhefe, sondern die Verbesse-rung der Teig- und spĂ€teren Krumen-eigenschaften der GebĂ€cke im Mittel-punkt. Im Allgemeinen bringen Wei-zenvorteige zur Herstellung von „nor-malen“ KleingebĂ€cken zumeist weni-ger Vorteile als erwartet. Auch mit

LangzeitfĂŒhrungen oder GĂ€runter-brechung dieser Produktlinien sind dieVorzĂŒge von Weizenvorteigen zuerzielen. Die zusĂ€tzliche Verwendungvon Weizenvorteig bringt keine weite-ren Vorteile.

Praxis von

Weizenvorteigen

Das Arbeiten mit Weizenvorteigenerfordert Know-how, um zu wissen,was man wie steuern kann:ïżœ Teigeigenschaften: Eine Erhö-hung des Mehlanteils im Vorteig fĂŒhrtzu eher wolligen oder Teigen mit gu-tem Stand, eine Verringerung zu mehrGeschmeidigkeit. Bei den Reifetempe-raturen tendieren höhere in Richtungwollig, niedrigere in Richtung ge-schmeidig, was auch mit lĂ€ngerenReifezeiten zu erreichen ist.

(MODIFIZIERT

NACH UNBEHEND

UND BRÜMMER)

Auch bei Fladenbroten wird einegrobe Krumenstruktur gewĂŒnscht.

Das Arbeiten mit Weizenvorteigenerfordert Know-how.

WWeeiizzeennvvoorrtteeiiggee uunndd iihhrree MMöögglliicchhkkeeiitteenn

WWiirrkkuunnggeenn iimm GGeebbÀÀcckk

Teigeigenschaften Krumenstruktur

Krustenrösche

Ausbeute

(Geschmack)

FrischhaltungTeigreifung

WWiirrkkuunnggeenn iimm TTeeiigg

Page 10: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

ïżœ Teigreifung: Sie kann beschleu-nigt werden durch Erhöhung desMehl- und/oder Backhefeanteils imVorteig sowie eine Erhöhung derVortemperaturen.ïżœ Brotausbeute: Hier spielen Back-hefemenge, Mehlanteil, Reifetem-peratur und -zeit eine Rolle. Ein Mehr,Höher bzw. LĂ€nger reduziert dieBrotausbeute.ïżœ Volumenausbeute: Diese ist inerster Linie von der MehlqualitĂ€t ab-hĂ€ngig. Bei hochwertigen Weizen-mehlen mit höheren Proteinmengenbzw. -qualitĂ€ten können höhere Back-hefe-Dosierung, lĂ€ngere Reifezeitenund höhere FĂŒhrungstemperaturendes Vorteigs die Volumenausbeuteweiter begĂŒnstigen.ïżœ Frischhaltung: Eine weichereKrume kann durch Mehle mit erhöh-tem Backpotenzial und höheren Back-hefemengen im Vorteig bei mittlerenReifezeiten erzielt werden.ïżœ Krustenrösche: Eine Verbesse-rung entsteht eher indirekt: einmaldurch die von den Vorteigen bewirkteVerringerung der Teigausbeute, zumanderen durch die schwĂ€chere BrĂ€u-nung und die daraus meist folgendelĂ€ngere Backzeit.

ïżœ Krumeneigenschaften: EinenÜberblick ĂŒber die EinflĂŒsse verschie-dener Kriterien bei Vorteigen imHinblick auf die Krumeneigenschaftengibt die Tabelle „Steuerungskriterien“(siehe S. 8).

Vorteige fĂŒr

Feine Backwaren

In Weizenvorteigen fĂŒr mit Backhefegelockerte Feine Backwaren, wiez. B. Plunder, Stuten, Stollen etc., wer-den meist auch noch Zuckeranteilemit verarbeitet, und die in der Rezep-tur vorgesehene Backhefe insgesamtin den Vorteig eingearbeitet. FĂŒr dieseBackwaren steht die Adaption derBackhefe an die höheren osmotischenDruckverhĂ€ltnisse im Mittelpunkt dergewĂŒnschten Vorteigziele, die sicheinerseits durch die höheren Zucker-und zusĂ€tzlichen Fettanteile sowieandererseits aus den vermindertenWassermengen ergeben.Diese Adaption erreicht man ambesten, wenn man mit kurzen Vorteig-fĂŒhrungen von bis zu vier Stundenarbeitet. Die Reifezeit lĂ€sst sich nochverkĂŒrzen, wenn Zucker in Konzentra-tionen bis zu 5% (gerechnet auf Vor-teig-Mehl) darin vorhanden ist. Diesdient der Backhefe zur „Gewöhnung"schon bei der AngĂ€rung.Die FĂŒhrungsmöglichkeiten der Vor-teige bei leichten, mittelschwerenoder schweren Backhefe-Feinteigensind differenziert an den Fettgehalt(z. B. 15, 30 bzw. 45% Fett; auf Mehlbezogen) anzupassen – und mit stei-gender Backhefedosierung von 6, 9bzw. 12%. Mit der Höhe des Zucker-anteils im Vorteig und der Stehzeit las-sen sich Hefefeinteige gezielt im

10

Hinblick auf eine Volumensteigerungund GebĂ€ckaussehen oder einer opti-mierten Kombination beider Zielesteuern.Bisher ist bei diesen Vorteigen aus-schließlich von Backhefe als Starter ge-sprochen worden. In jĂŒngster Zeit sindfĂŒr derartige AnsĂ€tze auch sog.Aromahefen ins GesprĂ€ch gebrachtworden. Bisher haben diese Hefennoch keinen Durchbruch erzielt, d. h.die ihnen zugesprochenen Vorteilesind bislang noch in zu wenigen Punk-ten erzielt worden. Auch Versuche mitWeinhefen wurden gemacht, die danneventuell auch einen entsprechendenWeingeruch erzeugen. Diese leichtgĂ€rige Note harmoniert allerdingsnicht immer mit dem meist neutralenGeschmack von WeizengebĂ€cken.

Brotaroma aus

den Hefen?

Sehr wohl denkbar sind derartigeAromahefen jedoch im Bereich FeineBackwaren, wenn sichergestellt ist,dass das durch sie erzeugte Aromaeindeutig charakterisiert ist, wieder-holbar erzeugt werden kann und zumCharakter der entsprechenden Back-ware passt.Allerdings ist mit dem Begriff „Aroma“in diesem Zusammenhang eher vor-sichtig umzugehen. Es sollte nichtautomatisch assoziiert werden, dassdiese Hefen Brotaroma erzeugen. Einegezielte Erzeugung von Brotaroma imengeren, bĂ€ckereitechnologischenSinne ist bisher nur durch gesteuerteGĂ€rungen, wie wir sie typischerweiseals Sauerteig kennen, erreicht worden:Diese sind das Thema des folgendenKapitels. ïżœ

Warenkunde

Vorteige II

Backversuch an der Akademie Deutsches BĂ€cker-handwerk Weinheim: ein Partyrad aus Baguetteteig.

Viele mediterrane BrotsspezialitĂ€ten werden mitVorteig hergestellt – im Bild: Fougasse.

Mehr zum Thema im WebWeitere Hintergrundinfos,Arbeitsmaterialien fĂŒr denUnterricht und eine interaktiveLernzielkontrolle zum Thema im Internet:

www.gmf-info.de > Mediathek> Ausbildung konkret > Baustein 3

Page 11: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

11

Warenkunde

Vorteige III

Sauerteig – das BiotopfĂŒrs Brotaroma

Herste l len und Verarbe iten von Sauer te ig

Page 12: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

B ei Quell-, BrĂŒh- und Koch-stĂŒcken standen die hydro-thermischen Vorteigwirkun-

gen im Vordergrund. Im zweiten Teillag der Schwerpunkt auf Weizenvor-teigen ohne gezielte SĂ€uerung, woallein zugesetzte Backhefen als Mikro-organismen im Teig aktiv werden. Imdritten Teil dieses Beitrags geht es umSauerteige.Nun wird die Mikrobiologie nochkomplexer : In Sauerteigen werdennicht mehr nur gesteuerte GĂ€rungenwirksam, sondern im Zusammenspielvon MilchsĂ€urebakterien und Sauer-teighefen wird zusĂ€tzlich eine gezielteTeigsĂ€uerung erreicht. Durch dieBezeichnung „gezielte" SĂ€uerung sollhervorgehoben werden, dass alleungezielten GĂ€rungen Gefahren insich bergen, obwohl sie u. a. auch zudrastischen SĂ€uregraderhöhungenfĂŒhren können. Das entspricht wederder modernen Vorstellung von guterBĂ€ckerpraxis, noch dem, was Sauer-teige heute alles leisten können.

Sauerteig –

korrekt definiert

Bei allen Diskussionen darum, wasSauerteig „eigentlich“ ist, gilt die Be-griffsbestimmung aus den LeitsĂ€tzenfĂŒr Brot und KleingebĂ€ck des Deut-schen Lebensmittelbuches: „Sauerteigist ein Teig, dessen Mikroorganismen(z. B. MilchsĂ€urebakterien, Hefen) ausSauerteig oder Sauerteigstartern sichin aktivem Zustand befinden oder re-aktivierbar sind. Sie sind nach Zugabevon Getreideerzeugnissen und Wasserzur fortlaufenden SĂ€uerung befĂ€higt.Teile eines Sauerteigs werden als Anstellgut fĂŒr neue Sauerteige ver-wendet. Die LebenstĂ€tigkeit der

12

Mikroorganismen wird erst durchBacken oder Heißextrudieren been-det. Die SĂ€urezunahme des Sauerteigsberuht ausschließlich auf dessenGĂ€rungen. Den SĂ€uregehalt (SĂ€ure-grad) beeinflussende Zutaten, ausge-nommen Sauerteigbrot, werden nichtverwendet.“Weit verbreitet sind diese Vorteigeheute auch bei der Verarbeitung vonWeizen-Typen-/Vollkornmehlen oderbei der Herstellung von Spezialbroten,wie z. B. glutenfreien Backwaren. Jenach Einsatzbereich können entspre-chend gefĂŒhrte Sauerteige unter-schiedlichste Aufgaben erfĂŒllen. Ihrklassisches „Hauptfach“ aber ist dieSĂ€uerung bei der Verarbeitung vonRoggenmahlerzeugnissen. Das hateinen guten Grund: Die BackfĂ€higkeitvon Roggen beruht auf einer anderen„Biochemie“ als die von Weizen.Die Hauptquellstoffe des Roggens,besonders seine Pentosane, tragenden Vorgang der Wasserbindung – imKorn ebenso wie in Teig und Brot-krume. Sie bevorzugen wĂ€hrend derTeigphase ein saures Milieu, um opti-male Quellung und Wasseraufnahmezu ermöglichen. Deshalb werden Rog-genmahlerzeugnisse zur Erzielungguter GebĂ€ckqualitĂ€t gesĂ€uert. Tra-ditionell wird dies ĂŒber betriebseigeneSauerteige sichergestellt, denn indirek-te FĂŒhrungen prĂ€gen das BĂ€ckerimagein besonderem Maße.Die notwendige RoggenversĂ€uerungist bei den heutigen RohstoffqualitĂ€tennicht mehr so sehr eine Frage ausrei-chender KrumenelastizitĂ€ten odereines geschlossenen Krumenbildes.NatĂŒrlich ist die SĂ€uerung auch dafĂŒrnach wie vor wichtig, aber im Vor-dergrund steht die Ausrichtung derFĂŒhrung auf geschmack- und geruchli-

che Eigenschaften. Die allgemeinguten RoggenqualitĂ€ten benötigenheutzutage keine so intensive SĂ€ue-rung, sprich so tiefe pH-Werte undhohe SĂ€uregrade, wie frĂŒher. DieFermentation wird daher vorwiegendauf Quellung und enzymatischenAufschluss der Rohstoffe sowie dieAromabildung ausgerichtet.

Die Sache mit

der SĂ€uerung

Die SĂ€uerung von Teigen ist grund-sĂ€tzlich auf verschiedenen Wegenmöglich (siehe Grafik S. 13). Am ein-fachsten und schnellsten wird sie bei-spielsweise durch die Zugabe vonTeigsĂ€uerungsmitteln bewerkstelligt.Überall dort, wo es nur um eine ge-wisse SĂ€uregraderhöhung geht, be-steht diese Möglichkeit. Allerdings sinddie dabei verwendeten ZusatzstoffehĂ€ufig kennzeichnungspflichtig. Auchgetrocknete und nicht wieder reakti-vierbare Sauerteige können hierVerwendung finden – ggf. auch fĂŒr„kombinierte FĂŒhrungen“, in denen„echte“ (= aktive) Sauerteige zusam-men mit mikrobiologisch nicht aktivenSĂ€uerungskomponenten agieren.Rein backtechnisch sind direkte SĂ€ue-rungen zunĂ€chst wenig nachteilig.Aber die Vorteile einer indirekten FĂŒh-rung in Bezug auf die gewĂŒnschte Ver-quellung der Rohstoffe, die Aroma-entwicklung oder den zusĂ€tzlichenSchimmelschutz-Effekt „von Naturaus“ liefern sie kaum.

Vorteige III

Warenkunde

„Roggen-Sonne“: eine 2005 von der CMA preisgekrönte Wettbewerbsidee mit Sauerteig.

Page 13: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

13

Vorteige III

Warenkunde

FĂŒr die SĂ€uerung in indirekten, bioakti-ven FĂŒhrungen werden moderne Sau-erteige kontrolliert gefĂŒhrt. Sie sind ïżœ unter Einhaltung bewusst gesteuer-ter Parameter angesetzte Vorteigeïżœ mit gezieltem Einsatz von bewĂ€hr-ten Startern bzw. betrieblich „standar-disiertem“ Anstellgut, d. h.ïżœ gut erwartbaren, steuerbaren undsich positiv auf die BrotqualitĂ€t auswir-kenden Fermentationenïżœ mit kontrollierbarer Bildung vonGenusssĂ€uren, lockernden Gasen undAromastoffen.Derartige Starter können Teile vonbereits ausgereiften Sauerteigen oderauch NeuansĂ€tze von zugekauften,konzentrierten Sauerteig-Mikroorga-nismen sein. Diese sollten möglichstviele, vielfĂ€ltige („polyforme“) undentsprechend bewĂ€hrte MilchsĂ€ure-bakterien sowie zur Abrundung auchSauerteighefen enthalten. Je „besser“in diesem Sinne und angepasster dieStarterflora ist, umso gĂŒnstiger undverlĂ€sslicher ist dies fĂŒr die gewĂŒnsch-ten FermentationsablĂ€ufe.

Navigation durch

ein Biotop

Die GĂ€rungen in Sauerteigen werdendurch vielfĂ€ltige Faktoren beeinflusst.Dies sind die fĂŒnf wichtigsten Steuer-instrumente:1. Die Ansatz- und Reifetempe-ratur steuert dominierend in allenStufen die AblĂ€ufe wieïżœ Quellen, in Lösung gehen;ïżœ enzymatischer Abbau,ViskositĂ€ts-

senkung;

ïżœ fermentativer Verbrauch bzw.Bildung von Verbindungen.

Die Temperatur beim Ansatz und ihrVerlauf wĂ€hrend der Sauerteigreifungmit ihren FermentationsvorgĂ€ngensind daher das wesentliche Steuer-instrument, mit dem der BĂ€cker dieEntwicklung „seiner“ Mikroorganis-men bezĂŒglich Menge und QualitĂ€tbeeinflussen kann. Daraus folgt, dassStarttemperatur und Verlauf genaukontrolliert werden mĂŒssen, um gleichbleibende (und reproduzierbare!) Er-gebnisse zu gewĂ€hrleisten.2. Das NĂ€hrstoffangebot fĂŒr dieMikroorganismen in Bezug auf die vor-genannten AblĂ€ufe wird vom verwen-deten Rohstoff bestimmt. Die Unter-schiede zwischen den ĂŒblichen Getrei-demahlerzeugnissen sind in ihren Aus-wirkungen allgemein bekannt undheutzutage recht konstant, weshalbdieser Faktor als Steuerungselementan Bedeutung verloren hat.3. Das Anstell-Startgut soll mög-lichst bestens adaptierte und schnellanspringende, also hoch aktive Mikro-organismen in ausreichender Mengeenthalten. Anteile von etwa 3 bis 5%(auf Teig oder Mehl jeder Stufe berech-net) gut ausgereifter und nur kurzfristigoder kĂŒhl gelagerter Vor-/ Sauerteigesind fĂŒr tĂ€gliche FrischansĂ€tze gut ge-eignet. Monoforme und/oder haltbargemachte Starterkulturen weisen beider „Start-Effizienz“ oft Nachteile auf.4. Die Teigausbeute hat natĂŒrlichauch bei Sauerteigen Einfluss auf dieTeigfestigkeit. Das bezieht sich beson-ders auf die gute Handhabbarkeit desTeigs – gleich ob zum Ausbrechen von

Hand oder um PumpfĂ€higkeit zu ge-wĂ€hrleisten. Die technologischen Aus-wirkungen unterschiedlicher Teigaus-beuten sind relativ gering. NatĂŒrlichlaufen die fermentativen VorgĂ€nge inweicheren Teigen schneller ab, wasaber nicht unbedingt mit „intensiver“gleichzusetzen ist. Im Hinblick auf die

Eigenschaften von Roggenmehl- oderMischbroten fĂŒhren weichere Sauer-teige tendenziell zu besseren Brot-eigenschaften. Festere Sauerteige ver-mitteln bei diesen Produkten einenhĂ€ufig etwas einseitigen, zu krĂ€ftig-sĂ€u-erlichen Geschmackseindruck. DieEntscheidung zwischen flĂŒssig – pastös– fest ist nach Lage der Dinge in Back-stube und Produktlinien zu treffen.5. Die Reifezeit ist ein weiterer be-trieblicher Faktor und sollte vorrangig

Backtests (hier an der AkademieDeutsches BĂ€ckerhandwerkWeinheim) geben Aufschluss ĂŒberdie Teigeigenschaften.

FĂŒhrungen fĂŒr die betriebliche TeigsĂ€uerung

indirekte FĂŒhrungen nur mit Sauerteig

kombinierte FĂŒhrungenmit Sauerteig + TSM

direkte FĂŒhrungenmit TeigsĂ€uerungsmitteln

(TSM)einschl. getrockneten, nicht reaktivierbaren

Sauerteigpulverneinstufige, wie z.B. mit mehrstufige

(Berliner) Kurzsauer zweistufige dreistufige

Detmolder Einstufen-FĂŒhrung (DEF)

Weinheimer QualitÀtssauer

(Monheimer) Salzsauermodifiziert nach BrĂŒmmer

Page 14: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

gemĂ€ĂŸ Produktionsplanung gewĂ€hltwerden. Liegen diese Zeitspannenfest, ergeben sich daraus die Ansatz-punkte fĂŒr die richtige Auswahl beiden anderen Steuerungsinstrumenten,vor allem Ansatz- bzw. Reifetempera-tur und Menge des Anstellguts.NatĂŒrlich wirken sich auch andereUmstĂ€nde auf die Fermentationen inSauerteigen aus, z. B. Zugabe von Salz,Einsatz von zerkleinerten Brotrestenoder Konservierungsstoffen, mögli-cherweise sogar Bottichgeometrieund herrschende DruckverhĂ€ltnisse.Insgesamt jedoch ist deren Einfluss aufdie grundsĂ€tzlichen GĂ€rungsverlĂ€ufevon nachgeordneter Bedeutung.

Tradition und

Moderne: Glossar

Alle diese Faktoren fließen in die Pra-xis betriebsĂŒblicher SauerteigfĂŒhrun-gen ein. Viele beruhen auf ĂŒberliefer-ten Verfahren und Bedingungen, die imLaufe der Zeit modernen Betriebsan-forderungen angepasst wurden. Ur-vater aller Sauerteige ist der „Spon-tansauer“, bei dem man sich auf die inRohstoffen, Wasser und Raumluft all-gegenwĂ€rtigen, sich nach Zufallsprin-zip vermehrenden Mikroorganismenverlassen musste, was jedoch kein fĂŒrdie moderne BĂ€ckerei tragfĂ€higesKonzept ist.Die in Deutschland bekanntesten FĂŒh-rungen können nach der Anzahl derverschiedenen AnsĂ€tze zur Erzielungeines verarbeitungsfĂ€higen Sauerteigseingeteilt werden, also beispielsweiseals Ein-, Zwei- oder Dreistufensauer.Eine andere Möglichkeit ist die Diffe-renzierung nach ihrer Reifezeit wieetwa Kurzsauer, Sauer-ĂŒber-Nachtoder Wochensauer. Daneben gibt esBezeichnungen wie „Salzsauer“ oder

„Brotsauer“, wo in den Bezeichnungenauf spezielle Zutaten oder Rohstoffehingewiesen wird. Speziell der Salz-sauer besaß frĂŒher eine grĂ¶ĂŸere prak-tisch-technologische Bedeutung, alsdie Backeigenschaften der Roggen-mehle/-schrote von den MĂŒhlen auf-grund stark schwankender Getreide-qualitĂ€ten nicht so gleichmĂ€ĂŸig einge-stellt werden konnten wie in den ver-gangenen Jahren.Ausgangspunkt der meisten heutigenSauerteige ist die klassische Drei-stufenfĂŒhrung. Sie beruht auf der tra-ditionellen Überlieferung und derTatsache, dass frĂŒher meist nicht tĂ€g-lich, sondern mit Pausen von mehre-ren Tagen Brot gebacken wurde. Soentstanden auch die Bezeichnungender verschiedenen Stufen: „Anfrisch-sauer“ bedeutet, dass ein angetrock-netes, gelagertes Anstellgut – oder wiewir heute sagen „Startgut“ bzw. Star-ter(kultur) – erst wieder mit relativviel Wasser aktiviert, d. h. „frisch“ ge-macht werden musste. In der nĂ€chs-ten, lang und fest gefĂŒhrten Stufe,wurde dann die grundsĂ€tzliche SĂ€ue-rung erwartet und daraus der Begriff„Grundsauer“ abgeleitet. Die abschlie-ßende Stufe, in der die beiden wich-tigen Aspekte Trieb- und SĂ€urebildung„vollendet“ wurden, erhielt den Na-men „Vollsauer“.Ausgehend von dieser Mutter allerSauerteigfĂŒhrungen wurden betrieb-lich angepasste, praxisbezogene Modi-fikationen erarbeitet. Gleichzeitig Ă€n-derte sich dabei die allgemeine Be-zeichnung von Sauerteigen nach demHauptzweck ihrer Verwendung: DieĂ€lteste Bezeichnung war „Lockerungs-mittel“, denn nur mit Sauerteig warengelockerte (Roggen-)Brote herstell-bar. Als man erkannte, dass die SĂ€ure-bildung fĂŒr die Backverbesserung ver-

14

antwortlich war, Ă€nderte sich dieUmschreibung in „SĂ€uerungsmittel“.Heute sehen viele die zentrale Bedeu-tung der Sauerteige darĂŒber hinaus inihrer Funktion bei der Bildung vonBrotaroma, auch wenn sich der darausableitbare Begriff „Aromamittel“ nochnicht eingebĂŒrgert hat.

Sauerteige schaf-

fen Brotaroma

Besonders bei der alternativen Brot-herstellung wird heute der Sauerteigwieder primĂ€r zum Lockerungsmittel.Hierbei gibt es fĂŒr die Praxis zweigrundsĂ€tzliche Wege: entweder alseinstufiger Sauerteig oder mehrstufig,dann meist als Dreistufen-Sauerteig.Eine der am weitesten verbreiteteneinstufigen indirekten FĂŒhrungen istdie Detmolder EinstufenfĂŒhrung undder davon abgeleitete, mit ihr „ver-wandte“ Weinheimer QualitĂ€tssauer(siehe Übersicht auf Seite 12).Im Hinblick auf das „Brotaroma“ ist es besonders ratsam, Sauerteige kĂŒhlzu fĂŒhren und beispielsweise bei 23bis 25 °C anzusetzen, um die SĂ€urebil-dung zu bremsen. Denn die Ge-schmacksprĂ€ferenzen vieler Kundentendieren in Richtung „mild-sĂ€uerlich“.Gewisse Variationen in der Anstell-gutmenge und in der Teigtemperaturbedingen Fermentationen, die durcheine intensive Teigruhe unterstĂŒtztwerden. Selbst wenn mit sehr wenigoder ganz ohne Backhefezusatz gear-beitet wird, fĂŒhrt das kaum zu verlĂ€n-gerten EndgĂ€rzeiten, aber zu viel Brot-aroma.Aufgrund ihres Aromapotenzials sindSauerteige heute nicht nur bei rog-genhaltigen Backwaren, sondern auchbei Weizenbroten und -kleingebĂ€ckenganz in ihrem Element. ïżœ

Warenkunde

Vorteige III

Typische Sauerteigbrote sind z. B. das Berliner Landbrot, das HolsteinerVollkornbrot und das Rheinische Schrotbrot.

Mehr zum Thema im WebWeitere Hintergrundinfos,Arbeitsmaterialien fĂŒr denUnterricht und eine interaktiveLernzielkontrolle zum Thema im Internet:

www.gmf-info.de > Mediathek > Ausbildung konkret > Baustein 2

Page 15: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

Vorteige & Lernfelder: verortet, verlinkt, vernetzt

15

Know-how fĂŒr Schrotund volles KornDie backende Zunft in Deutschland bietetauch eine große Vielfalt von Vollkornback-waren an, mit denen NĂ€hrwert,Vielseitigkeit,Geschmack und Gesundheit auf einen Nen-ner zu bringen sind. Es gilt daher, schon in derAusbildung das bĂ€ckerische Know-how zuerwerben, um Vollkorn- bzw. Schrotbrote inentsprechender QualitĂ€t herstellen zu kön-nen. Das betrifft gleichermaßen die Auswahlder geeigneten Rohstoffe wie der adĂ€quatenFĂŒhrungstechniken, z. B. fĂŒr ein Produkt, dasman in Norddeutschland als „Schwarzbrot“kennt, nĂ€mlich ein „RoggenVollkornSchrot-Brot“. Das liefert den Ansatzpunkt fĂŒr die zuvermittelnden Fertigkeiten und Kenntnisselaut Rahmenlehrplan als

Thema im Lernfeld 9 fĂŒr das 3.Ausbildungsjahr.

So ernĂ€hrungsphysiologisch Ă€hnlich die ver-schiedenen Vollkorngranulationen sind, sounterschiedlich ist ihr Backverhalten. ImLernversuch 1 des Internetangebots (siehe@-Kasten auf Seite 6) zu diesem Thema kanndas Quellverhalten als Voraussetzung dafĂŒrbeobachtet werden. Grobe Roggenmahl-erzeugnisse mĂŒssen bĂ€ckerisch sehr langeund intensiv vorbearbeitet werden. Dies istinsbesondere durch Quellstufen mit kaltemoder heißem Wasser und natĂŒrlich durchSauerteigfĂŒhrungen zu schaffen. Deshalb istdas Rezept des Lernversuchs 2 so angelegt,dass beispielhaft „alle Register“ der Vor-teigtechnologie fĂŒr Roggenschrote gezogenwerden – vernetzt mit den Lerninhalten zuden SauerteigfĂŒhrungen 


Weizenvorteige alsWiederentdeckungDas Angebot von GebĂ€ckspezialitĂ€ten ge-hört heute zum A und O der Sortiments-gestaltung. Denn gerade die jĂŒngeren Kun-den wĂŒnschen sich neben ihren „Lieblings-sorten“ auch immer wieder etwas Neues.Dazu muss das Rad nicht jedes Mal neuerfunden werden, aber die Auszubildendenkönnen lernen, wie Rezepturen betriebs-gerecht adaptiert werden. KleingebĂ€cke mitrustikalem und/oder mediterranem Flair sind„in“. Die bei diesen Produkten gewĂŒnschtegrobe Krumenstruktur und -porung ist ohnelang gefĂŒhrte Weizenvorteige mit gezieltemZusatz des Starters Backhefe in arttypischerQualitĂ€t kaum herstellbar. Nicht zuletzt des-halb stehen sie auf dem Programm als

Thema im Lernfeld 5fĂŒr das 2.Ausbildungsjahr.

Aus rheologischen GrĂŒnden spricht eineMenge fĂŒr Weizenvorteige, auch wenn dabeinicht gesĂ€uert wird. Diese Erfahrung an kon-kreten Beispielen zu machen, steht im Mittel-punkt der beiden Lernversuche des Inter-netangebots (siehe @-Kasten auf Seite 10) zudiesem Thema: Mit den „Rosettas“ der Fragenachgehen „Wie verĂ€ndern sich in Ab-hĂ€ngigkeit von der FĂŒhrungsart die GebĂ€ck-eigenschaften?“ Und praktisch erproben, wieman aus Dinkelmehl eine schwĂ€bische Ge-bĂ€ckvariante herstellen kann – als Beispiel fĂŒreine regional-rustikale „helle“ SpezialitĂ€t, diebei Verbrauchern gut ankommt: Eine derVarianten bietet zudem die methodischeMöglichkeit, das Thema mit einem Sauer-teigansatz zu vernetzen 


SauerteigfĂŒhrungen im RoggenlandSauerteige gelten im „Roggenland Deutsch-land“ vielen als Königsdisziplin des bĂ€ckeri-schen Könnens. Nicht immer und ĂŒberallhaben Auszubildende jedoch heutzutage im betrieblichen Alltag die Möglichkeit,Erfahrungen mit Sauerteig zu sammeln, diezurĂŒck bis zu den Wurzeln dieses klassischenVerfahrens reichen: mit drei-, zwei- oder ein-stufigen, indirekten FĂŒhrungen. Moderne,bĂ€ckereitechnologische Anwendungen bie-ten heute eine Vielzahl betriebsspezifischerMöglichkeiten, bei roggenhaltigen BrotsortenProdukte herzustellen, die den Verbraucher-wĂŒnschen ebenso wie den produktionstech-nischen Erfordernissen gerecht werden –deshalb ein zentrales

Thema im Lernfeld 7 fĂŒr das 2.Ausbildungsjahr.

In den handlungsorientierten Lernversuchendes Internetangebots (siehe @-Kasten aufSeite 14) zum Thema Sauerteig sollen dieSchĂŒler ĂŒber den Gebrauch ihrer Sinne undzunĂ€chst unter Verzicht auf fachwissenschaft-liche ErklĂ€rungen die besondere Bedeutungder „puren“ Rohstoffe Schrot und Mehl fĂŒrdie Herstellung des GrundnahrungsmittelsBrot begreifen – mit einer „Hausaufgabe“.Mit den im Internet verfĂŒgbaren Arbeits-mitteln kann die fachpraktische BrĂŒcke zwi-schen Tradition und Moderne in Sachen„Sauerteig“ geschlagen werden. Besondersinteressant wird es, wenn Gelegenheit zueinem regelrechten „Systemtest“ besteht, indem schulische und betriebliche Aus-bildungserfahrungen vernetzt werden 


INFO-TIPP

NĂŒtzliche Adressen im Netz 


www.cma.de > Schulewww.gmf-info.de > Mediathekwww.muehlen.org/muellerei.html

www.akademie-weinheim.dewww.baeckerhandwerk.dewww.grossbaecker.de

www.baeko-magazin.dewww.agfdt.dewww.bfel.de > Standort Detmold


 und die Medienangebote auf der RĂŒckseite

Page 16: Lernfeld Vorteige - GMF · PDF fileLernfeld Vorteige Fachinformationen und Unterrichtsideen zu Vorteigführungen in Lernfeldern für die berufliche Bildung der Bäcker technisch ·

28 Seiten gesammeltes Know-how fĂŒrs QualitĂ€ts-management im Backgewerbe unter dem Motto

„Vom Rohstoff zur BackqualitĂ€t“: In Einzel-exemplaren kostenlos von der GMF, Kennwort „Fachkundeheft“,Postfach 30 01 65,53181 Bonn;E-Mail: [email protected]

ZusĂ€tzliche Infos zu den drei Themen dieses Heftes und drei weiteren Lernfeldern auf 16 Seiten in „Backenkönnen!“. Schriftlich oder per Fax zu bestellen in Einzelexemplaren unterKennwort „Backen können!“ gegen einen Unkostenbeitrag von Euro 3,00(inkl.Versandkosten zzgl. MwSt.) von der GMF, Postfach 30 01 65,53181 Bonn, Fax: 02 28/4 79 75 59,E-Mail: [email protected] mit Stempel der Schule bzw. des Betriebs fĂŒr LehrkrĂ€fte an berufsbildenden Schulen oder Ausbildende in Backbetrieben.

Unter dem Titel „Klasse(n)-Reportagen“ wurde aus dempĂ€dagogischen Umfeld heraus ein FĂ€cher ĂŒbergreifender Ansatz entwickelt, um das Lernfeld „Getreidekette“ zuerschließen. Journalistische Denk- und ArbeitsansĂ€tze

schlagen die BrĂŒcke vom didaktischenRaster ĂŒber die Inhalte zu den Techni-ken, mit denen das Lernfeld erkundetwird. Das Heft und die ergĂ€nzende CD enthalten u. a. weiterfĂŒhrendeUnterlagen, Materialien und Internet-links fĂŒr die inhaltliche Recherche,ArbeitsblĂ€tter zum Berufsbezug undein PC-Übungsprogramm fĂŒr eineVerbraucherbefragung. Dazu vierSachthemen, um Getreideprodukte

mit der jugendlichen Alltagswelt zu verknĂŒpfen: Fitness, Schönheit,„Brainfood“ und Geschmack, inkl.Rezept fĂŒr eine „Klasse(n)-Pizza“.Zum Schulpaket gehören das Lehr-krĂ€fte-Infoheft mit 24 Seiten unddie Arbeits-CD „Klasse(n)-Repor-tagen“ sowie ein 28-seitiges „BerufsMagazin: QualitĂ€t istihr tĂ€glich’ Brot“, das in acht Beispielen Menschen und Berufe entlang der Getreidekette vorstellt. Das Schulpaketgibt es gegen eine SchutzgebĂŒhr von Euro 5,00 (zzgl.Versandkosten und MwSt.) – fĂŒr LehrkrĂ€fte bei schriftlicher Bestellung mit Schulstempel kostenlos – von der GMF, Kennwort „Schulpaket Getreidekette“,Postfach 30 01 65, 53181 Bonn; E-Mail: [email protected]

Mehl, MĂŒller und MĂŒhlenMehr Infos ĂŒber MĂŒhlenbranche,MehlqualitĂ€ten und die Bedeutung

des Rohstoffs Nr. 1

Mehlreport und mehrFachinformationen fĂŒr LehrkrĂ€fte und

Ausbildende im Downloadbereich der GMF-Mediathek

Schulpaket zum Thema „Getreidekette“PROJEKTIDEEN UND ARBEITSMATERIALIEN FÜR DEN UNTERRICHT IN DER SEKUNDARSTUFE

Unsere Fachinfo-Reihe „Backen & Bildung“

Angebot weiterer Fachinformationen,Lehr- und Lernmaterialien zu Getreide, Mehl und Brot

Mehr dazu mit Bezugsbedingungen bzw. Bestellformular im Internet:www.gmf-info.de > Mediathek > Ausbildung konkret > Baustein 7


und im Internet:www.muehlen.orgwww.mueller-in.dewww.mein-mehl.dewww.mehlreport.dewww.gmf-info.de


Recommended