Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Christina Berger
GGGB
17.10.2018
Monströser Phylloidestumor der Brust
- eine psychologische und operative
Herausforderung -
Kasuistik
Erstvorstellung
Frau Dr. M. , Vorstellung mit massivem Tumor der linken Brust 06/2012
– seit 2004 kontinuierlich wachsend bei bereits seit 16 Jahren bestehenden Beschwerden
– vom Homöopathen nach telefonischer Rücksprache geschickt
– innerhalb der letzten 6 Monate rasche Größenprogredienz
promovierte Psychologin i.R., 63 J., verheiratet, 2 Kinder (21 / 23 J.)
schlanke, gepflegte Patientin mit Tüchern und wallender, weiter Kleidung
vor einer 1. klinischen Untersuchung war ein langes Erstgespräch unumgänglich
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Vorgeschichte
1996 erstmals Mammatumor BET links, histologisch Fibroadenom
1998 erneuter Tumor: Brustdrüse sollte entfernt werden OP kurzfristig abgesagt
– Kur beim Homöopathen: Tumor verschwand
seit 2004 erneutes, progredientes Tumorwachstum:
– Homöopathie: komplexe Umstimmungstherapie und Ausleitungsbehandlung
– psychosomatische Behandlung mit Darmsanierung
– Osteopathie, Mistel- und Eigenbluttherapie
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Vorgeschichte
2009 Stanzbiopsie extern: benigner phylloider Tumor erneut Mastektomie geplant
Patientin wünschte Brusterhalt OP zum 2. Mal abgesagt
2009 bis 2012: „konsequente klassische Homöopathie“
– Anwendung der Öl-Eiweiß-Ernährung nach Dr. Johanna Budwig
– Atemübungen mit „Visualisierung des gesunden Zustands“
2012 Entschluss zur OP
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Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Präoperativer Befund
Präoperativer Befund
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Psychologische Herausforderungen
Problem: 2 Operationen hatte die Patientin bereits abgelehnt!
Verständnis für die Erlebenswelt der Patientin:
– OP nur bei abnehmendem Mond („Der Körper ist bereit, etwas herzugeben“)
– mehrfach erlebte Spontanremissionen: „Eigenleben“ des Tumors?
Ernstnehmen der subjektiven Krankheitsätiologie
– kausale Verbindung des Größenwachstums des Tumors mit psychosozialer Be- und
Entlastung
großes Bedürfnis nach Selbstbestimmtheit
nach Angela Maletzki, Psychoonkologin EWK
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Operative Herausforderungen und Planung
eines brusterhaltenden Vorgehens
Mastektomie von Patientin abgelehnt
Brusterhalt möglich?
Erhalt der Mamille möglich?
– Depigmentierung des Warzenhofes
– Abflachung der Mamille
– periareolärer Schnitt (Narbe) vorhanden
Überdehnter Hautmantel
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Operative Herausforderungen und Planung
eines brusterhaltenden Vorgehens
wahrscheinlich benigner Befund da
– langer Verlauf
– Stanzbiopsie mit benignem Befund
verdrängendes Tumorwachstum
Annahme, dass Restparenchym vorhanden ist
Patientin hätte OP sonst abgelehnt
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Präparation entlang
des Tumors
Drüsenstiel zum
Mamillenerhalt
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Resektion des Hautmantels
Intraoperativer Situs
Makroskopischer Tumor
Gewicht
2800 g
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Postoperativer Befund
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Mamille durchblutungsgestört, da nur marginaler
gefäßversorgender Stiel vorhanden war
Langzeitergebnis
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Re-Pigmentierung der Areola/Mamille
von der Patientin nicht gewünscht
Bisher kein Anhalt
für Rezidiv
Phylloidestumor der Brust
früher: Cystosarcoma phylloides (lat. phyllodium = blattartig)
0,3 bis 1% aller Mammatumore (AGO 2018)
Molekularbiologie und Pathogenese weitgehend unklar
biphasischer Tumor mit epithelialen und mesenchymalen Anteilen
– Entartung betrifft die mesenchymale Komponente des Tumors (Spitaleri G et al., Crit Rev
Oncol Hematol 2013)
Differentialdiagnose zum Fibroadenom oft schwierig, insbesondere bei Stanzbiopsie (AGO 2018)
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Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
3 Kategorien: benigne, borderline, maligne
– PT ohne Malignitätsverdacht B3-Läsion (AGO 2018)
Rezidive häufig, unabhängig von Dignität
Fernmetastasierung selten (< 10%) und fast ausschließlich hämatogen (Lunge, Knochen)
(AGO 2018)
Phylloidestumor der Brust
AGO 2018
Phylloidestumor der Brust
Histological feature Fibroadenoma Phyllodes tumour
Benign Borderline Malignant
Tumour border Well-defined Well-defined Well-defined, may be
focally permeative
Permeative
Stromal cellularity Variable, scanty
to uncommonly
cellular, usually
uniform
Cellular,
usually mild,
may be non-
uniform or
diffuse
Cellular, usually
moderate, may be non-
uniform or diffuse
Cellular, usually marked
and diffuse
Stromal atypia None Mild or none Mild or moderate Marked
Mitotic activity Usually none,
rarely low
Usually few (<
5 per 10 HPF)
Usually frequent (5-9 per
10 HPF)
Usually abundant (≥ 10
per 10 HPF)
Malignant heterologous
elements
Absent Absent Absent May be present
Distribution relative to all
breast tumours
Common Uncommon Rare Rare
Relative proportion of all
phyllodes tumours
- 60-75% 15-20% 10-20%
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
aus WHO Classification of Tumours of the Breast, IARC Press, 2011
verzweigte Gänge mit weiten,
spaltenartigen Lumina
blattartige fibroepitheliale Proliferate
Phylloidestumor – morphologische Kennzeichen
Mit freundlicher Genehmigung von Frau PD Dr. med. S. Darb-Esfahani
atypiefreies,
zweischichtiges
Epithel
zellreicheres Stroma
Phylloidestumor – morphologische Kennzeichen
Mit freundlicher Genehmigung von Frau PD Dr. med. S. Darb-Esfahani
Phylloidestumor – borderline oder maligne
stromale Kernatypien
Mit freundlicher Genehmigung von Frau PD Dr. med. S. Darb-Esfahani
Therapie
primär operativ: Wide Excision
R0-Resektion bei allen Dignitäten (AGO 2018)
ggf. Mastektomie bei großen malignen Tumoren / ungünstigem Tumor-Brust-
Verhältnis (AGO 2018)
SLNB/Axilladissektion nicht indiziert, da bevorzugt hämatogene MTS (Cabioglu N et
al., J Breast Health 2008)
kein Konsens bzgl. adjuvanter Radiotherapie und Chemotherapie bei malignen Formen
Radiatio nach BET bei Borderline-PT und malignen PT individualisiert (Senkung der
Lokalrezidivrate) (Gnerlich JL et al., Ann Surg Oncol 2014)
kein Überlebensvorteil bei adjuvanter Chemotherapie (Macdonald OK et al., Cancer
2006)
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Monströser Phylloidestumor der Brust – eine psychologische und operative Herausforderung (Kasuistik) – GGGB am 17.10.2018