UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF
Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (IMSG)
Direktoren: Prof. Dr. Olaf von dem Knesebeck
Prof. Dr. Hans-Helmut König
Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen
Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die
Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2
Dissertation
zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin
an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg
vorgelegt von:
Ricarda Marina Seitz
aus Hanau
Hamburg 2011
Angenommen von der
Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg am: 14.01.2013
(zugleich Datum von mündlicher Doktorprüfung & Abschluss des Promotionsverfahrens) Veröffentlicht mit Genehmigung der
Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg.
Prüfungsausschuss, der Vorsitzende: Prof. Dr. O. von dem Knesebeck
Prüfungsausschuss, zweiter Gutachter: Prof. Dr. H. van den Bussche
Prüfungsausschuss, dritter Gutachter: PD Dr. J. Aberle
Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen.
Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2
I
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................ III
Tabellenverzeichnis..................................................................................................................... III
1 Einleitung ................................................................................................................. 1
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus ..................................................... 5
2.1 Diabetes mellitus: Definition, Klinik und Klassifikation
– zur „qualitativen“ Relevanz der Erkrankung ..................................................... 5
2.1.1 Exemplarische Folgemorbidität: Diabetische Neuropathie ................................... 7
2.1.2 Exemplarische Komorbidität: Arterielle Hypertonie ............................................. 8
2.2 Diabetes mellitus Typ 2: Prävalenz und durch ihn verursachte Kosten
– zur „quantitativen“ Relevanz der Erkrankung ................................................... 9
2.3 Diabetes mellitus Typ 2: Medizinische Versorgung– zur Relevanz weiterer
diesbezüglicher Forschung ................................................................................ 12
2.3.1 Einfluss des Patientengeschlechts auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes ....... 14
2.3.2 Einfluss des Patientenalters auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes ................. 17
2.3.3 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Versorgung
bei Typ-2-Diabetes ............................................................................................. 18
2.4 Zwischenfazit – Quintessenz der bisherigen Darlegungen zu
Typ-2-Diabetes .................................................................................................. 19
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie ............................................. 20
3.1 Studiendesign ..................................................................................................... 22
3.2 Studienpopulation und Response-Rate .............................................................. 25
3.3 Vorarbeiten und Pretests .................................................................................... 26
3.4 Konzeption des Fragebogens und Hauptuntersuchung ...................................... 27
3.5 Datenmanagement und statistische Auswertung ............................................... 28
4 Ergebnisse der Studie ........................................................................................... 29
4.1 Allgemeine Aussagen zu primärärztlichem Entscheiden im Rahmen
der vorliegenden Studie ..................................................................................... 30
4.2 Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches Entscheiden ................ 33
4.3 Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches Entscheiden .......................... 41
4.4 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf primärärztliches
Entscheiden ........................................................................................................ 50
Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen.
Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2
II
5 Diskussion der Studie ........................................................................................... 59
5.1 Diskussion zur Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie .................... 60
5.1.1 Die Vorzüge des videobasierten experimentellen Studiendesigns ...................... 60
5.1.2 Die Limitationen des videobasierten experimentellen Studiendesigns ............... 62
5.1.3 Wie die Projektverantwortlichen den Limitationen begegnen ............................ 65
5.1.4 Multiples Testen und die statistische Power der Studie ...................................... 67
5.2 Diskussion der Studienergebnisse ..................................................................... 68
5.2.1 Diskussion der durch die Studie getroffenen allgemeinen Aussagen
zu primärärztlichem Entscheiden .................................................................. 69
5.2.2 Diskussion zum Einfluss des Patientengeschlechts auf
primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 74
5.2.3 Diskussion zum Einfluss des Patientenalters auf
primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 77
5.2.4 Diskussion zum Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf
primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 79
6 Fazit und Ausblick ............................................................................................... 82
7 Zusammenfassung ................................................................................................ 87
Anhang ...................................................................................................................................... 89
Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... 90
Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 92
Danksagung ...................................................................................................................... 110
Eidesstattliche Versicherung ............................................................................................ 112
Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI) ............ 113
Das Skript zur deutschsprachigen Videographie .............................................................. 114
Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte ............................................ 117
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis1
Abb. 1: Das Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche
Entscheidungsprozesse…………………………………………………………………2
Tabellenverzeichnis
2
Tab. 1: Die acht verschiedenen sich durch Merkmalskombination ergebenden
Patientenrollen………………………………………………………………………….23
Tab. 2: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Anamnese………………………………………………………………………………34
Tab. 3: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
körperliche Untersuchung………………………………………………………………35
Tab. 4: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung…………………36
Tab. 5: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Labor- & apparative Untersuchungen………………………………………………….37
Tab. 6: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Medikamentenverschreibung…………………………………………………………...38
Tab. 7: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten…………..39
Tab. 8: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten……………………………………………...40
Tab. 9: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten……………...41
1 Der Begriff Abbildung wird im Folgenden, wie von der aktuellen Auflage des DUDEN – Die deutsche
Rechtschreibung (Duden 2009) vorgesehen, Abb. abgekürzt. 2
Der Begriff Tabelle(n) wird im Folgenden Tab. abgekürzt.
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
IV
Tab. 10: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Anamnese………………………………………………………………………………42
Tab. 11: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
körperliche Untersuchung………………………………………………………………44
Tab. 12: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung…………………45
Tab. 13: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Labor- & apparative Untersuchungen………………………………………………….46
Tab. 14: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Medikamentenverschreibung…………………………………………………………...47
Tab. 15: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten…………..48
Tab. 16: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten……………………………………………...49
Tab. 17: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen
für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten……………...50
Tab. 18: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Anamnese…………………………………………………………………51
Tab. 19: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: körperliche Untersuchung………………………………………………...53
Tab. 20: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen
Untersuchung…………………………………………………………………………...54
Tab. 21: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Labor- & apparative Untersuchungen…………………………………….55
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
V
Tab. 22: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Medikamentenverschreibung……………………………………………..56
Tab. 23: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von
Medikamenten………………………………………………………………………….57
Tab. 24: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten………………………………..58
Tab. 25: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden
bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen
Hypertonus: Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des
Patienten………………………………………………………………………………..59
1 Einleitung
1 Einleitung
Zum epidemiologischen Allgemeinwissen gehört die Kenntnis, dass sowohl alters- und
geschlechtsabhängige als auch sozial-ökonomisch korrelierte Unterschiede in Bezug auf
den Gesundheitszustand in der Bevölkerung sowie bei Verteilung und Verlauf diverser
Erkrankungen, z.B. von Malignomen, Depression oder der koronaren Herzkrankheit
(KHK), existieren (umfassend dazu Bönte 2008; daneben u.a. Alter et al. 1999, Brown
et al. 2004, Fuchs 2005, Glaesmer/Deter 2002, Koster et al. 2004, Mackenbach et al.
2008, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Mielck 2005, Nordrheinische Gemeinsame
Einrichtung DMPs3
2009). Dabei mögen teilweise biologische wie sozialisationsbeding-
te Differenzen zwischen verschiedenen Patientengruppen eine Rolle spielen (vgl. Bönte
2008; darüber hinaus z.B. Elkeles et al. 2009, Grande 2008, GVG4
2003, Karter et al.
2007, Knopf et al. 1999, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Mackenbach et al.
2008, Melkus et al. 2009, Stewart et al. 2004, Williams et al. 2010). Ebenso jedoch
können Ungleichheiten bei der medizinischen Entscheidungsfindung zu den divergenten
Behandlungsergebnissen und Komplikationsraten beitragen. Offenbar orientieren sich
Ärzte5
bei der Patientenversorgung neben „harten“ medizinisch-sachlichen Aspekten,
wie Blutwerten, Allergien oder Vorbefunden, in vielerlei Hinsicht an „weichen“ nicht-
medizinischen Faktoren. (Vgl. beispielhaft Beisecker et al. 1996, Cress et al. 2003,
Luker/Grimmer-Somers 2008, Pritchard 2007, Soiza 2005, Woo et al. 2004, Wright et
al. 2005) Brookhart et al. (2006) sprechen davon, diese würden gut ein Fünftel der Ver-
sorgungsvarianz erklären.
Eingängig illustrieren McKinlay et al. (2002) im Modell der nicht-medizinischen Ein-
flussfaktoren auf ärztliche Entscheidungsprozesse (Abb. 1) die Vorstellung, dass sowohl
etliche Patienten- als auch Arztcharakteristika und durch die jeweilige Praxisorganisati-
on gegebene Bedingungen (vgl. hierzu konkret Franks/Fiscella 2002) den Ablauf medi-
zinischer Diagnosestellung und therapeutischer Entscheidungsfindung beeinflussen. All
dies geschieht vor dem Hintergrund des gesellschaftsspezifischen Gesundheitssystems
mit seinen jeweiligen organisationalen und menschlich-kulturellen Eigenarten. Gemeint
sind z.B. die gesetzlichen Rahmenbedingungen, das konkrete Versicherungswesen und
3
Die Abkürzungen DMP bzw. DMPs stehen im vorliegenden Beitrag für Disease-Management-
Programm(e) (inhaltliche Erläuterungen zum Begriff nachstehend). 4
Die Abkürzung GVG steht hier wie im Folgenden für Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und - gestaltung e.V.. 5
Um die Lesbarkeit dieses Textes zu vereinfachen, wird zugunsten der einheitlichen Verwendung des
generischen Maskulinums – wann immer das inhaltlich vertretbar erscheint – auf das Gendern von Be-
griffen verzichtet.
1
1 Einleitung
Diagnosesicherheit
diagnostisches Vorgehen
therapeutisches Vorgehen
Überweisungsverhalten
zeitliche Planung der
Wiedervorstellung
ärztliche Entscheidungen:
wahrscheinlichste Diag-
nose
ärztliche Entscheidungen:
gesellschaftspezifisches Gesund- wahrscheinlichste Diagnose
heitssystem mit den entsprechenden Diagnosesicherheit
orgagesellschaftspezifisches diagnostisches Vorgehen
Gesundheitssystem mit den ent-
therapeutisches Vorgehen
Überweisungsverhalten
zeitliche Planung der Wie-
dervorstellung
Ausbildungscurriculum für Mediziner, geltende klinische Leitlinien sowie der Grad der
Implementierung von so genannten Managed-Care-Programmen, zu denen die auch in
Deutschland mittlerweile flächendeckend implementierten Disease-Management-
Programme (DMPs)6
gehören. Dabei erlauben Beobachtungen, die unter den Modalitä-
ten des einen Gesundheitssystems gemacht worden sind, lediglich sehr umsichtige und
in ihrer Aussagekraft eingeschränkte Folgerungen hinsichtlich der entsprechenden Zu-
stände in anderen Staaten (vgl. beispielhaft Brink-Muinen 2003, Knesebeck et al.
2010b, Mackenbach et al. 2008, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, McKinlay et al.
2006).
Abb. 1: Das Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche
Entscheidungsprozesse (modifiziert nach McKinlay et al. 2002)
Patientenfaktoren, z.B.:
Geschlecht
Alter
Sozialstatus
(Ethnie/Hautfarbe)
gesellschaftspezifisches
Gesundheitssystem mit den
entsprechenden organisationalen &
menschlich-kulturellen Aspekten
Praxisbedingungen
Arztfaktoren, z.B.:
Geschlecht
Erfahrung
(Ethnie/Hautfarbe)
ärztliche Entscheidungen:
wahrscheinlichste Diag-
nose
Diagnosesicherheit
diagnostisches Vorge-
hen
therapeutisches Vorge-
hen
Überweisungsverhalten
zeitliche Planung der
Wiedervorstellung
Im Kontext dieser Arbeit relevante Faktoren und Entscheidungsbereiche sind in schwarzer Schrift
bzw. durch Schattierung hervorgehoben.
6 Hierzulande sind DMPs zu einem guten Teil an früheren Diabetes-Vereinbarungen und Strukturverträ-
gen orientiert (GVG 2003, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006). Sie alle zählen zu den
Bemühungen, die viele Gesundheitssysteme weltweit beim Ringen um neue Wege zur nachhaltigen Ver-
besserung der Versorgung von Diabetikern seit den 1990er Jahren unternehmen (GVG 2003, Mangione et
al. 2006, Selby 2010). Im KV-Bezirk Nordrhein als einem Pionier-Gebiet hinsichtlich der DMP-
Realisierung beispielsweise können sich Ärzte und Krankenhäuser seit dem Frühsommer 2003 als Anbie-
ter von Typ-2-Diabetes-DMPs registrieren lassen (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b,
Schäfer et al. 2010). Schäfer et al. (2010) listen Papiere, die Geschichte und Design der deutschen DMPs
fundiert beschreiben.
2
1 Einleitung
Gerade im Kontext eines entlang von Patientenmerkmalen differenzierenden ärztlichen
(Be-)Handelns erscheinen grundlegende individuelle und gesellschaftliche Erwartungen
an das Rollen(selbst)verständnis des Arztes – seine affektive Neutralität, die Kollektiv-
orientierung und den sein Agieren leitenden Universalismus – tangiert (vgl. zu Rollen-
definitionen in Hinblick auf die Arzt-Patienten-Beziehung Bönte 2008). Immer wieder
entwickeln sich in diesem Zusammenhang denn auch brisante politische Diskurse um
den Realisierungsgrad einer diskriminierungsfreien medizinischen Versorgung. Man
denke z.B. an Diskussionen um kategorisch wertende Schlagworte wie Ageism7
(ge-
prägt durch Palmore 2004; vgl. ferner Bowling 2007, Luker/Grimmer-Somers 2008,
Pritchard 2007) oder Zwei-Klassen-Medizin (stellvertretend für viele mehr Lauterbach
2007, Mielck 2005) und die Forderung nach einer gendergerechteren Versorgung. Die
Frage nach der Angemessenheit einer solch pauschalen Skepsis gegenüber ärztlicher
Praxis ist essentiell für den Einzelnen sowie von immenser gesundheitspolitischer und
schließlich gesamtgesellschaftlicher Relevanz. Nur mittels wissenschaftlicher Überprü-
fung der ihr zugrunde liegenden subjektiven Apperzeptionen lässt sie sich ihrerseits
adäquat beantworten.
Dabei können krankheitsabhängig Form und Ausmaß der Effekte von (einzelnen) Pati-
entencharakteristika und den übrigen intervenierenden Einflussfaktoren auf ärztliches
Entscheidungsverhalten deutlich variieren (vgl. z.B. Bönte et al. 2007 im Vergleich zu
Cruppé et al. 2011). Aus den Ergebnissen von entsprechenden wissenschaftlichen Un-
tersuchungen zu einer Krankheit darf deshalb nicht verallgemeinernd auf die Verhält-
nisse bei anderen Erkrankungen rückgeschlossen werden. Wie verhält es sich mit diesen
Phänomenen nun konkret in Bezug auf die „Volkskrankheit“ Diabetes mellitus, die für
die westlich-industrialisierten Länder als zunehmend epidemisch verbreitet beschrieben
wird (z.B. bei Melkus et al. 2009, Nathan et al. 2009, Nolan 2010, Stratmann/Tschoepe
2011)? Im Rahmen der vorliegenden Dissertationsschrift wird eine Untersuchung vor-
gestellt, die sich damit befasst, ob und in welcher Form das primärärztliche Vorgehen in
Deutschland approbierter Mediziner durch Geschlecht, Alter und sozialen Status eines
vordiagnostizierten Typ-2-Diabetikers beeinflusst wird, wenn bei diesem Symptome
einer möglichen Folge- und/oder Begleiterkrankung auftreten. Das hierfür gewählte, für
die Versorgungsforschung relativ neuartige experimentelle Studiendesign (vgl. dazu
auch Bönte 2008) erlaubt, anders als die sonst übliche deskriptive Herangehensweise,
7
Ageism lässt sich am ehesten übersetzen als eine allein aufgrund des Alters einer Person ihr gegenüber
eingenommene, vorurteilsgeleitete Haltung und das daraus resultierende Handeln.
3
1 Einleitung
eine ausnehmend gute Kontrolle von potentiell konfundierenden Variablen und garan-
tiert somit letztlich eine hohe interne Validität. Ausdrücklich nicht intendiert ist es, eine
verallgemeinernde Aussage darüber zu treffen, inwiefern Hausärzte hierzulande in Be-
zug auf die in den Fokus gerückte Erkrankung leitlinienkonform8
und angemessen
anamnestisch, diagnostisch und therapeutisch agieren.
Das folgende Kapitel 2 enthält Basisinformationen zu Diabetes mellitus, die veran-
schaulichen, weshalb eine solche Studie prinzipiell opportun und deren Beschränkung
auf das hausärztliche Setting angemessen ist. Im Zuge dessen vermittelt es unter 2.1
einen ersten Eindruck davon, wie leidvoll die Erkrankung und ihre Folgemorbiditäten
das Individuum treffen und welche „qualitative“ Relevanz eine wissenschaftliche Aus-
einandersetzung mit ihnen angesichts dessen hat. Mit der Prävalenz und der sich daraus
ergebenden „quantitativen“ Relevanz von Diabetes befasst sich Unterkapitel 2.2, bevor
Gliederungspunkt 2.3 auf den Status-quo der Forschung zur medizinischen Versorgung
eingeht, der bis dato nicht zufriedenstellen kann. Dies geschieht soweit möglich mit
besonderem Augenmerk auf Beiträge zur Lage in Deutschland. An ein kurzes Zwi-
schenfazit (Kap. 2.4) schließen sich die Darlegung des methodischen Vorgehens bei
Studienkonzeption und -durchführung (Kap. 3) sowie die detaillierte Ergebnisvorstel-
lung (Kap. 4) an.
Kapitel 5.1 diskutiert die experimentelle Methode, videobasierte Konzeption und kon-
krete Umsetzung der Untersuchung samt der damit verbundenen Vorzüge und inhären-
ten Limitationen. Mit den Erhebungsergebnissen im Grundsätzlichen (Kap. 5.2.1) sowie
speziell hinsichtlich des Einflusses der drei Patientenmerkmale Geschlecht (Kap. 5.2.2),
Alter (Kap. 5.2.3) und sozialer Status (Kap. 5.2.4) auf das primärärztliche Entscheiden
bei Typ-2-Diabetes beschäftigen sich die darauffolgenden Abschnitte kritisch. Abge-
rundet werden die Präsentation der Studie und die Reflexion über ihre Stärken, Schwä-
chen und Resultate mit dem Fazit von Kapitel 6, das neben dem in aller gebotenen ak-
zentuierenden Prägnanz gehaltenen Resümee auch einen Ausblick auf erwägenswerte
Forschungsfortschreibungen und -modulationen gewährt, die bei der Aufschlüsselung
8
Leitlinien (und Literatur) geben dem Arzt zwar einen evidenzbasierten Eindruck, welche Behandlung
wann im Allgemeinen den größten Erfolg verspricht, können jedoch die persönliche Einschätzung der
spezifischen Fallkonstellation nicht ersetzen (zur Kontingenz und Freiheit medizinischen Entscheidens
vgl. einprägsam Kerner 2007, Nolan 2010, Scott et al. 1996, Wahle 2007). Dementsprechend darf ein
Nicht-Befolgen der von ihnen formulierten Empfehlungen nicht als „Substandard-Versorgung“ missver-
standen werden (Power 2006; vgl. auch den die Nutzenerwartungen an Leitlinien skeptisch bilanzieren-
den Beitrag von Linden 2005).
4
1 Einleitung
der in dieser Arbeit thematisierten Problematik helfen können. Dem Anhang steht die
kurze Zusammenfassung (Kap. 7) der Dissertationsschrift voran.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
Dieses Kapitel präsentiert Grundlagen zu (1) Diabetes mellitus und (2) der ärztlichen
Versorgung daran erkrankter Personen. Es vergegenwärtigt die Relevanz und Geboten-
heit einer weitergehenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Beidem.
2.1 Diabetes mellitus: Definition, Klinik und Klassifikation
– zur „qualitativen“ Relevanz der Erkrankung
Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwechselregulationsstörungen, deren
gemeinsamer Leitbefund die chronische Hyperglykämie9
ist. Diese beruht entweder auf
einem absoluten oder relativen Insulinmangel, d.h. einer beeinträchtigten Insulinsekre-
tion einer- oder einer unzureichenden Insulinwirkung andererseits. Nicht selten besteht
eine Kombination beider Pathomechanismen. (20. RSA-ÄndV10
2009, ADA 2008,
Badenhoop et al. 2011, Kellerer et al. 2006, Kerner et al. 2004, Nordrheinische Gemein-
same Einrichtung DMPs 2009) Aus dem Publikationstenor lässt sich schließen, dass
sich Diabetes – anders als eine KHK beispielsweise – bei allen Patienten unabhängig
vom Geschlecht mit einem prinzipiell übereinstimmenden klinischen Bild präsentiert
(stellvertretend Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b). Zwar erkran-
ken Pittrow et al. (2003) zufolge Männer früher und schwerer als Frauen an Diabetes.
Während jedoch bezüglich der ersten Einschätzung in der Literatur Einmütigkeit besteht
(exemplarisch Legato et al. 2006, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs
9 Mittlerweile haben sich – in Anlehnung an einen Vorschlag der American Diabetes Association (ADA)
– international einheitliche, feste Kriterien zur Diagnose eines Diabetes etabliert. So haben die Messun-
gen von Gelegenheits- bzw. Nüchternplasmaglukose zentrale diagnostische Bedeutung; erstere vorwie-
gend in Verknüpfung mit der Beobachtung klassischer Diabetes-Symptome (ADA 2009). Alternativ kann
ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) diagnosesichernd sein. Aufgrund mangelhafter Standardisierung
und nur mäßiger Sensitivität galt das glykosylierte Hämoglobin (HbA1c) lange als für die Diabetes-
Diagnostik ungeeignet, wohl aber als der zentrale Parameter einer Verlaufsbeobachtung (Bundesärzte-
kammer (BÄK) et al. 2002, Huppertz et al. 2009, Kerner et al. 2004, Pittrow et al. 2006). Indessen konze-
diert zwar zumindest die ADA die Bestimmung des HBA1c als primärdiagnostischen Test (ADA 2010),
dennoch sind die Diabetes-Definitionen nach HbA1c-Erhebung bzw. oGTT auch zukünftig nicht ohne
Weiteres gegeneinander austauschbar (eingehend Peter et al. 2011). 10
Die Abkürzung RSA-ÄndV steht nunmehr für Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-
Ausgleichsverordnung.
5
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
6
2006, RKI11
2006, Thefeld 1999), wird die Frage nach geschlechtsbedingten Unter-
schieden des Schweregrads nicht dezidiert behandelt.
Langfristig führt die stetige Überhöhung des Blutzuckerspiegels zu mitunter gravieren-
den Komplikationen. So kann es zur diabetesspezifischen Mikroangiopathie mit daraus
resultierender Schädigung von Augen, Nieren und Nerven (s. Kap. 2.1.1) sowie biswei-
len letal endenden makroangiopathischen Läsionen kommen, die sich vorwiegend an
Herz, Gehirn und peripheren Gefäßen manifestieren (Giani et al. 2004, Herold 2009,
Janka 2011, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006, 2008b & 2009; vgl.
zudem einzelne Folgeerscheinungen thematisierend Böhler et al. 2004, Hader et al.
2004, Hader/Gräf-Gruß 2008, Tschöpe et al. 2006 u.v.a.m.). Außerdem wird eine (mo-
derate) Assoziation von Typ-2-Diabetes und erhöhtem Krebsrisiko befürchtet
(Nicolucci 2010, Schütt/Klein 2011). Des Weiteren entwickeln Diabetiker geschlechts-
unabhängig12
überdurchschnittlich häufig Depressionen (u.a. 20. RSA-ÄndV 2009,
Dirmaier et al. 2010, Grande 2008, Kulzer et al. 2010, Nouwen et al. 2010) und Morbus
Alzheimer (Barthel et al. 2011). Aus all den assoziierten Erkrankungen ergeben sich
teils eminente Einbußen bei Lebensqualität und -erwartung (z.B. Aizawa/Funase 2011,
Giani et al. 2004, Lauritzen et al. 2011, Mertes et al. 2007, Pistrosch et al. 2011,
Schütt/Klein 2011, Statistisches Bundesamt 2011, Stratmann/Tschoepe 2011).
Gegenwärtig wird Diabetes13
nach Empfehlungen der American Diabetes Association
(ADA) hauptsächlich anhand seiner Ätiologie in vier Hauptgruppen klassifiziert (wei-
terhin aktuell ADA 2008). Differentialdiagnostisch von besonderer Bedeutung, wenn-
gleich therapeutisch nicht zwingend, ist die Abgrenzung der beiden mit weitem Abstand
am häufigsten auftretenden Diabetes-Formen, (1) dem durch einen progredienten Ver-
lust von insulinproduzierenden pankreatischen β-Zellen gekennzeichneten Diabetes
mellitus Typ 1 und (2) dem auf einer stets zunächst qualitativ, später regelmäßig auch
quantitativ gestörten Insulinsekretion beruhenden Typ 214
. Daneben unterscheidet man
(3) den Gestationsdiabetes von (4) der sehr heterogenen Gruppe insgesamt relativ rarer
spezifischer Diabetes-Typen. (Ebd., Herold 2009, Kerner et al. 2004)
11 Die Abkürzung RKI steht fortan für Robert Koch-Institut.
12 Sowohl bei Diabetikern als auch Nicht-Diabetikern leiden mehr Frauen als Männer an Depressionen
(Grande 2008). 13
Der Einfachheit halber werden die Begriffe Diabetes und Diabetes mellitus in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. 14
Pathogenetisch lässt sich bei ihm häufig auch eine ausgeprägte Insulinresistenz konstatieren (vgl. He-
rold 2009, Kellerer et al. 2006, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009).
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
7
Die Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung
(20. RSA-ÄndV 2009) z.B. nennt ausdrücklich abschließende Kriterien für die Ein-
gangsdiagnose eines Typ-2-Diabetes. Orientierend gilt: Während Typ-2-Diabetes meist
schleichend und unentdeckt im mittleren oder höheren Erwachsenenalter beginnt, ent-
wickelt sich Typ-1-Diabetes akut bis subakut bei vorwiegend jungen Menschen. In der
Regel erfordert ersterer anfangs keine Insulinsubstitution. Oft bleiben bei dieser Erkran-
kungsvariante sowohl typische Symptome, wie Polyurie, Polydipsie und ein nicht an-
derweitig erklärbarer Gewichtsverlust, als auch unspezifische Einschränkungen des all-
gemeinen Wohlbefindens, u.a. Müdigkeit und Leistungsminderung, aus. Betroffene
neigen überdies nicht zu schweren Stoffwechselentgleisungen. Deshalb wird Typ-2-
Diabetes nicht selten zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung oder erst anläss-
lich des Auftretens der erwähnten makro- und mikroangiopathischen Folgeerkrankun-
gen bemerkt, z.B. derjenigen, mit denen sich das nächste Unterkapitel befasst (vgl. zu-
sätzlich Sturm/Mertes 2007). (ADA 2008, Herold 2009, Kerner et al. 2004, Matthaei et
al. 2010).
2.1.1 Exemplarische Folgemorbidität: Diabetische Neuropathie
Noch stehen genaue, repräsentativ erhobene Daten zur Prävalenz der diabetischen Neu-
ropathie zwar aus, Schätzungen zufolge allerdings sind nach zehn-, spätestens 25-
jähriger Diabetes-Erkrankung rund die Hälfte der Patienten von dieser – vermutlich
mikroangiopathisch bedingten – Komplikation betroffen (exemplarisch GVG 2003,
Giani et al. 2004; vgl. des Weiteren BÄK15
et al. 2011). Explizite Hinweise darauf, dass
Geschlecht, Alter oder Sozialstatus als unabhängige Risikofaktoren für ihr Auftreten
fungieren, lassen sich in der Standardliteratur nicht finden. Mit der Diagnose diabeti-
sche Neuropathie indes sehen sich Männer häufiger konfrontiert als Frauen (Nordrhei-
nische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009). Die aktuelle DDG16
Praxis-Leitlinie de-
finiert die diabetische Neuropathie als eine in der Regel chronisch verlaufende, „kli-
nisch-manifeste oder subklinische Erkrankung der peripheren Nerven, die infolge eines
Diabetes mellitus ohne andere Ursachen auftritt“ (Ziegler et al. 2010: 2). Davon können
das autonome und/oder somatische Nervensystem, Motorik und Sensibilität gleicher-
maßen betroffen sein (ebd.).
15
Die Abkürzung BÄK steht im Rahmen der Dissertationsschrift für Bundesärztekammer. 16
Die Abkürzung DDG steht fortan für Deutsche Diabetes-Gesellschaft e.V..
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
8
Mit etwa 80 % stellt die periphere sensomotorische Polyneuropathie (PNP) die häufig-
ste Form der diabetischen Neuropathie dar. Charakterisiert wird sie durch meist sym-
metrische, distal betonte, sensible Dys-, Hypo- und Parästhenien v.a. der Füße und Un-
terschenkel. Als Symptome werden vornehmlich das Phänomen der „burning feet“,
Kribbel-, Taubheits- und Kältegefühle sowie Wadenkrämpfe beschrieben. Typisch er-
scheinen die Steigerung der Beschwerden bei Nacht und eine durch Verminderung des
Vibrationsempfindens gekennzeichnete Frühsymptomatik. Im Verlauf sind motorische
Störungen möglich. (Herold 2009, Luft 2006, Ziegler et al. 2011)
Von großer ätiologischer Bedeutung ist die PNP – als „key risk factor“ (Vileikyte 2006:
2617) – für die Entstehung eines diabetischen Fußsyndroms und bei der Indikation
nicht-traumatischer Amputationen (BÄK et al. 2010b). Solchen vorzubeugen gehört
neben der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (s. Kap. 2.1.2) zu den dringend-
sten mittel- bis langfristigen Zielen der Diabetes-Therapie (vgl. Mertes et al. 2007). Da-
neben besteht in circa 50 % der Fälle einer nachgewiesenen sensomotorischen diabeti-
schen Neuropathie eine Koinzidenz mit der autonomen diabetischen Neuropathie
(ADN), die prinzipiell alle autonom innervierten Organe, selbst das Herz, betreffen
kann. (BÄK et al. 2011, Haslbeck et al. 2004 & 2008, Ziegler et al. 2011)
2.1.2 Exemplarische Komorbidität: Arterielle Hypertonie
Beim arteriellen Hypertonus handelt es sich um die mit Abstand häufigste Begleitmor-
bidität der Typ-2-Diabetiker (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b).
In Deutschland leiden schätzungsweise 70 bis 80 % von ihnen an Bluthochdruck. Die
Prävalenz bei dieser Personengruppe liegt somit vermutlich bis zu dreimal höher als die
in der nicht-diabetischen Bevölkerung. (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung
DMPs 2006) Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer (Legato et al. 2006,
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009, Rivellese et al. 2010; s. konkre-
tisierend Kap. 2.3.1).
Im Zuge der medizinischen Betreuung bei Diabetes ist eine gelingende kardiovaskuläre
Präventionsarbeit mit konsequent antihypertensiver Therapie von immenser Bedeutung.
Die kardiovaskuläre Mortalität der an dieser Stoffwechselstörung Erkrankten übersteigt
diejenige von diesbezüglich Gesunden deutlich (zuletzt u.a. Müller-Wieland/Marx
2011, Pistrosch et al. 2011, Schütt/Klein 2011). Gerade in Verbindung mit Diabetes
stellt die arterielle Hypertonie nämlich – wiederum insbesondere für Patientinnen (z.B.
Kucharska-Newton et al. 2010, Legato et al. 2006, Rivellese et al. 2010, Strat-
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
9
mann/Tschoepe 2011) – einen wesentlichen Risikofaktor in Bezug auf die Entwicklung
einer KHK dar (Bretzel et al. 2007, Herold 2009; vgl. ferner Pittrow et al. 2003), dem
entscheidenden Problem von Typ-2-Diabetikern (20. RSA-ÄndV 2009, Legato et al.
2006, Pittrow et al. 2006, Stratmann/Tschoepe 2011). Gleich mehrere Autoren (BÄK et
al. 2010; Mertes et al. 2007 & 2007b, Sturm et al. 2007, Yudkin et al. 2010; vgl. nach-
geordnet auch BÄK et al. 2011, Luft 2006, Ziegler et al. 2010) betonen außerdem die
Wichtigkeit einer Blutdrucksenkung für Vorbeugung und Therapie mikrovaskulärer
Komplikationen, u.a. der PNP. „Die Höhe des Blutdrucks spielt bei Patienten mit Dia-
betes [alles in allem; Anm. d. Verf.] eine entscheidende prognostische Rolle“ (Sturm et
al. 2007: 57). Hinweise auf das Vorliegen einer sekundären Hypertension – Bluthoch-
druck nicht als anderweitig verursachte Begleit-, sondern Folgeerkrankung eines Diabe-
tes – erfordern zwingend Abklärung (20. RSA-ÄndV 2009).
Nachdem sich Kapitel 2.1 zu den mit Typ-2-Diabetes verbundenen Belastungen, Ein-
schränkungen und Risiken, sprich seiner „qualitativen“ Relevanz, eingelassen hat, wird
unter Punkt 2.2 die „quantitative“ Relevanz der Erkrankung anhand von Prävalenz und
entstehenden Kosten beleuchtet.
2.2 Diabetes mellitus Typ 2: Prävalenz und durch ihn verursachte Kosten
– zur „quantitativen“ Relevanz der Erkrankung
Sieht man von der Besonderheit einer überdurchschnittlichen Prävalenz bei bestimmten
Völkern und Ethnien – dort mitunter selbst im Kindes- und Jugendalter – ab (u.a.
Alberti et al. 2004, Legato et al. 2006, Melkus et al. 2009, RKI 2006), erscheint Typ-2-
Diabetes vornehmlich als ein Erwachsene betreffendes Phänomen der Wohlstandsge-
sellschaft (Brown et al. 2004; vgl. z.B. ebenso Heidemann et al. 2009).17
Etwa 80 % der
Patienten haben zum Manifestationszeitpunkt einen Body-Mass-Index (BMI)
≥ 25 kg/m2,18
die Mehrzahl von ihnen leidet am metabolischen Syndrom19
. (Nathan et
al. 2009; vgl. zum Zusammenhang von Adipositas bzw. metabolischem Syndrom und
17 Allerdings beschreiben z.B. Maple-Brown et al. (2004) eine exorbitante Diabetes-Prävalenz bei
indogenen Völkern. 18
Normalgewichtigkeit begründet den Verdacht auf einen so genannten Late-onset Autoimmune Diabetes
of the Adult, kurz LADA (vgl. explizit z.B. Schifferdecker 2006). 19
Das metabolische Syndrom umfasst gemäß der International Diabetes Federation (IDF) neben der
abdominellen Adipositas, die als Überschreiten geschlechts- und ethnienspezifischer Grenzwerte für den
Taillenumfang definiert ist, mindestens zwei der vier folgenden Faktoren: (1) erhöhte Triglyceride, (2) erniedrigtes High-Density-Lipoprotein (HDL), (3) Blutdruck ≥ 130/85 mg/dl, (4) Nüchternplasmaglukose
≥ 100 mg/dl. Liegt der entsprechende Wert aufgrund medikamentöser Behandlung im Normbereich, gilt
das Kriterium als dennoch erfüllt. (IDF 2006)
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
10
Diabetes mellitus pointiert auch GVG 2003, außerdem Alberti et al. 2004, Guthrie et al.
2009 & Kerner et al. 2004)
Zur Prävalenz von Diabetes in Deutschland fehlen weiterhin exakte Daten. Ein entspre-
chendes nationales Register, wie u.a. für Dänemark (Cartensen et al. 2008), Schweden
(Gudbjörnsdottir et al. 2003) und die ehemalige DDR (Michaelis/Jutzi 1991) vorhan-
den, existiert in der Bundesrepublik derzeit nicht. Etliche Schätzungen kursieren, die je
nach zugrundeliegenden Diagnosekriterien (vgl. dazu auch Lehnert et al 2005, Pieper et
al. 2005), Studienkonzeptionen und Erhebungszeitpunkten teilweise gewaltig differie-
ren.
Als wesentlicher Orientierungspunkt wird nach wie vor gerne der Bundes-Gesundheits-
survey 1998 (Thefeld 1999), kurz BGS98, zitiert. Er beruht auf repräsentativen, im We-
sentlichen durch Eigenanamnese erhobenen Daten zur Gesundheit von im gesamten
Bundesgebiet lebenden Personen zwischen 18 und 79 Jahren (Bellach 1999, Thefeld
1999) und beziffert die Prävalenz von Diabetes jedweder Form bei Frauen auf 5,6 %
und bei Männern auf 4,7 % (ebd.); ungefähr 80 bis 90 % davon entfallen auf die Typ-2-
Subform (exemplarisch Miksch et al. 2008). Daneben beschreiben die Ergebnisse einen
drastischen Anstieg der Prävalenz in fortgeschrittenem Alter sowie eine klar überdurch-
schnittliche Erkrankungshäufigkeit in den neuen Bundesländern und bei Zugehörigkeit
zu unteren sozialen Schichten20
(zu Schichtdifferenzen der Prävalenz vgl. auch Alberti
et al. 2004, Alter et al. 1999, Brown et al. 2004, Dalsgaard et al. 2009, Link/McKinlay
2009, RKI 2006, Williams et al. 2010).21
Die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs (2009) resümiert verschiedene
aktuelle Umfragen mit einer abschließenden Schätzung der Diabetes-Gesamtprävalenz
20
Diese stellt nach Angaben des BGS98 allerdings nur bei Männern einen unabhängigen Risikofaktor für
Diabetes dar. (Knopf et al. 1999) 21
Hauptsächlich wegen des Ausschlusses von Angehörigen bestimmter sozial eher benachteiligter Bevöl-
kerungsgruppen, wie Bewohnern von Senioren-, Heil- und Pflegeeinrichtungen, Gefängnisinsassen und
Obdachlosen, und der partiell durch gesundheitliche Probleme begründeten Teilnahmeausfälle ist eine
Unterschätzung der tatsächlichen Anzahl diagnostizierter Diabetiker zu mutmaßen (Knopf et al. 1999,
Thefeld et al. 1999). Gegenwärtig setzt das Robert Koch-Institut (RKI) mit der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) als einer Komponente des neu etablierten Gesundheitsmonitorings die Arbeit des BGS98 fort; die Erhebungen laufen bis November 2011 (RKI 2008 & 2008b). Sie sollen
u.a. Aufschluss über das weithin befürchtete Prävalenzwachstum (s. nachstehend), die Vermutung eines
sinkenden Erstmanifestationsalters (am Beispiel Schottlands Guthrie et al. 2009) sowie eine weitere An-
näherung der gesundheitsrelevanten Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (zu regionalen Dis-
paritäten der Inzidenz vgl. auch Huppertz et al. 2009) geben. Außerdem erhofft man sich neue Erkennt-
nisse zu (1) Dependenzen von Erkrankungshäufigkeit und Schichtzugehörigkeit, wie sie das Heft Ge-
sundheit in Deutschland (RKI 2006) – entgegen der Darlegungen des BGS98 – nur für Frauen ausdrück-
lich beschreibt, und (2) einer aktuellen wie verlässlichen Aufschlüsselung der Betroffenenzahl nach Ge-
schlecht.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
11
auf 5,8 bis 7 % für das Bundesgebiet, wohingegen Miksch et al. (2008) diese auf rund
5 % beziffern. Kerner (2007), der amtierende Präsident der Deutschen Diabetes-
Gesellschaft e.V. (DDG), allerdings schätzt allein die Zahl der Typ-2-Diabetiker hierzu-
lande bei einer jährlichen Zunahme um etwa 5 % auf gegenwärtig rund sechs bis acht
Millionen, was einer Prävalenz zwischen 7,3 und 9,8 % entspräche. Ein noch pessimis-
tischeres Bild zeichnet die International Diabetes Federation (IDF) in Bezug auf
Deutschland. Gestützt auf Daten aus mit Selbstauskünften arbeitenden Untersuchungen
nimmt die Organisation für das Bundesgebiet im Jahr 2010 eine Diabetes-Prävalenz von
12 % an und sagt für 2030 13,5 % voraus. (IDF N.N. & N.N.b) Deutschland würde da-
mit trotz eines vergleichsweise moderaten Anstiegs auch zukünftig zu den Hochpräva-
lenzstaaten zählen, eine Einschätzung, die in der Literatur großen Widerhall findet. Na-
hezu einhellig jedenfalls prognostizieren Forscher für die kommenden Jahre eine (bis-
weilen gar altersadjustierte) Prävalenzzunahme. (Barthel et al. 2011, Blüher/Zimmer
2010, GVG 2003, Guthrie et al. 2009, Häussler et al. 2006, Kerner 2007, Nordrheini-
sche Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009; deutlich verhaltener hingegen Alberti et al.
2004, Heidemann et al. 2009, RKI 2006)
In Anbetracht der meist langsam verlaufenden, oft symptomarmen Entwicklung eines
Typ-2-Diabetes muss überdies von einer nicht zu vernachlässigenden Zahl unentdeckter
Krankheitsfälle ausgegangen werden (RKI 2005). Diesbezügliche Überschläge weichen
aus zu Beginn des Unterkapitels genannten Gründen mitunter deutlich voneinander ab
und rangieren zwischen etwa 1 % (Thefeld 1999) und rund 8 % (Rathmann 2003).
Nach wie vor ist die Hausarztpraxis als der Ort der (Langzeit-)Betreuung von chronisch
Kranken im Allgemeinen wie Typ-2-Diabetikern im Speziellen zu identifizieren (20.
RSA-ÄndV 2009, Gerlach et al. 2006, Häussler et al. 2006, Huppertz et al. 2009,
Pittrow et al. 2006). Dies gilt insbesondere für Deutschland (Pittrow et al. 2003). Dem-
entsprechend hoch liegt die Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 im primärärztlichen
Setting. Sie beläuft sich dort nach Lehnert et al. (2005) auf durchschnittlich 15,6 % (für
Männer 18,5 % und Frauen 13,7 %)22
und variiert regional teils dramatisch (u.a.
Huppertz et al. 2009, Cruppé et al. 2011).
Angesichts der immensen Zahl von Betroffenen kann es kaum verwundern, dass sich
die Kosten, die Diabetes ganz unmittelbar zuzurechnen sind, allein für Deutschland be-
22 Huppertz et al. (2009) sprechen für Deutschland von einer 14,7-prozentigen Diabetes-Prävalenz in
hausärztlichen Praxen.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
12
reits im Jahr 2002 auf mindestens fünf Milliarden Euro belaufen haben. Diese Summe
begreift den für die oft kostenintensive Behandlung von Folgeerkrankungen anfallenden
Finanzbedarf noch nicht ein. Eine große gesundheitsökonomische Herausforderung re-
sultiert. (Barthel et al. 2011, Häussler et al. 2006, Huppertz et al. 2009, Lauritzen et al.
2011, Plack et al. 2010, Scherbaum/Hauner 2003, Statistisches Bundesamt 2011) Opti-
miertes Ausschöpfen der heute verfügbaren präventiven, diagnostischen und therapeuti-
schen Möglichkeiten könnte beachtliche Einsparungspotentiale realisieren (vgl. ähnlich
u.a. Nöthlings et al. 2010). Unterkapitel 2.3 widmet sich dem gegenwärtigen For-
schungsstand zur medizinischen Versorgung bei Diabetes mellitus Typ 2.
2.3 Diabetes mellitus Typ 2: Medizinische Versorgung
– zur Relevanz weiterer diesbezüglicher Forschung
Grundsätzlich folgt jede Therapie eines Typ-2-Diabetes den gleichen (idealen) Zielen.
Entsprechende Leitlinien, Handbücher und Nachschlagewerke sind bereits seit Jahren
zahlreich vorhanden. Angestrebt werden danach eine Senkung von Morbidität, Mortali-
tät und entsprechenden Risikofaktoren, die Prävention akuter und chronischer Kompli-
kationen, die Beseitigung oder zumindest Verbesserung von Symptomen und Begleiter-
krankungen, die Normalisierung der Stoffwechsellage (v.a. glykosyliertes Hämoglobin,
kurz HbA1c, bestenfalls < 6,5 % und Gesamtcholesterin < 200 mg/dl)23
, eine Steigerung
der Lebensqualität sowie das Verhindern sozialer Diskriminierung. All das beinhaltet
auch eine Blutdruckreduktion günstigstenfalls unter den aus klinischer Perspektive be-
deutsamen Wert von 130/80 mmHg, mindestens aber < 140/90 mmHg, die Korrektur
eines möglicherweise bestehenden prothrombotischen Zustandes, Nikotinabstinenz und
die Rückführung einer eventuell vorhandenen Albuminurie auf Werte < 20 mg/dl, ins-
besondere jedoch den Abbau von Übergewicht. (AkdÄ24
2009 & 2009b, BÄK et al.
2002, Häussler et al. 2006, Matthaei et al. 2010, Nordrheinische Gemeinsame Einrich-
tung DMPs 2008, 2008b & 2009; vgl. daneben 20. RSA-ÄndV 2009, ADA 2009, Mer-
tes et al. 2007b, Nathan et al. 2006 & 2009, Schütt/Klein 2011, Wahle 2007)
Im Gegensatz zum Umfang von die Behandlung orientierenden Werken erscheint derje-
nige an aussagekräftiger Literatur zur Versorgungssituation der Typ-2-Diabetiker insge-
23 Dazu zählen ebenso eine kapilläre Blutglukose nüchtern bzw. präprandial 90 bis 120 mg/dl und
postprandial < 130 bis 160 mg/dl, Low-Density-Lipoprotein (LDL) < 100 mg/dl bei Herzgesunden und <
70 mg/dl im Falle einer KHK, HDL > 40 mg/dl bei Männern bzw. 50 mg/dl bei Frauen und
Nüchterntriglyzeride < 150 mg/dl (Matthaei et al. 2010). 24
Die Abkürzung AkdÄ steht fortan für Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
13
samt verhältnismäßig mager. Besonders zum Behandlungs-Status-quo in Deutschland
ist die Forschungslage dürftig. Eine angemessene und universale Versorgung von Dia-
betikern gilt generell bis dato als äußerst diffizil und weltweit nur defizitär realisiert
(Alberti et al. 2007; vgl. exemplarisch ebenso Nagpal/Bhartia 2006), wenngleich sich
Besserungstendenzen abzeichnen (Stone et al. 2010; vgl. ferner z.B. GVG 2003, Leh-
nert et al. 2005, Ott et al. 2009, Scherbaum/Hauner 2003) und zumindest in Deutschland
Patienten mehrheitlich – wie von den Leitlinien vorgesehen – stufenweise behandelt
werden (Huppertz et al. 2009). Das in der St. Vincent Deklaration von 1989 (N.N. 1989)
formulierte Ziel eines „qualitativ und quantitativ annähernd normalen“ Lebens für Dia-
betiker ist noch nicht verwirklicht.
Häufiger noch als die Anamnese (ausführlich Tabrizi et al. 2007) werden Quantität und
Qualität der medikamentösen Therapie kritisiert (vgl. u.a. Gouni-Berthold et al. 2008,
Grant et al. 2009, GVG 2003, Lehnert et al. 2005, Ott et al. 2009, Phillips/Twombly
2008, Schaars et al. 2004). Dabei wäre ein großer Teil der (Spät-)Komplikationen
höchstwahrscheinlich abwendbar (vgl. Haslbeck et al. 2004, Nordrheinische Gemein-
same Einrichtung DMPs 2006, Toeller 2005, Tschöpe et al. 2006 u.v.a.m.). Eine effek-
tive Versorgung von Typ-2-Diabetikern verlangt die rechtzeitige Initiation und Intensi-
vierung einer Medikation zur Kontrolle von Hyperglykämie, Hypertension und
Hyperlipidämie (Böhler et al. 2004, Grant et al. 2009, Mertes et al. 2007 & 2007b,
Pistrosch et al. 2011, Schütt/Klein 2011, Sturm et al. 2007, Yudkin et al. 2010). Genau
diese Therapieanpassung aber finde gewöhnlich in Bezug auf alle bisher bekannten Ri-
sikofaktoren eines Diabetes deutlich langsamer statt, als die entsprechenden Leitlinien
empfehlen, fürchten Grant et al. (2009) mit schwerpunktmäßigem Blick auf die Situati-
on in den USA. In Deutschland hätten regelmäßig erst Folgepathologien, v.a. diejenigen
kardiovaskulärer Natur, eine solche Modifikation der Behandlung zur Konsequenz
(Lehnert et al. 2005).
Nachfolgend wird der Forschungsstand zum Einfluss der Patientenmerkmale Ge-
schlecht, Alter und sozialer Status in je einem separaten Unterkapitel kurz wiedergege-
ben.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
14
2.3.1 Einfluss des Patientengeschlechts auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes
Trotz der wachsenden Zahl primärärztlich zu betreuender diabetischer Patienten ist wei-
terhin insgesamt wenig Unumstrittenes über die geschlechterspezifische Versorgungsre-
alität der hiervon Betroffenen bekannt – anders als beispielsweise bei der KHK (Fuchs
2005, Grande 2008, Nilsson et al. 2004). Dieses Manko betrifft erstens den Kenntnis-
stand bezüglich entsprechender Unterschiede in Art und Umfang von Diagnostik und
Therapie sowie zweitens das Wissen über einen möglichen Zusammenhang zwischen
dem Geschlecht des Patienten einerseits und seinem körperlichen Zustand, der Einstel-
lung von Risikofaktoren und -markern25
andererseits. So lückenhaft die Daten in Bezug
auf den zuletzt angeführten Aspekt auch sind, alles in allem erscheinen wohl zumindest
(kardiale) Risikofaktoren bei männlichen Diabetikern (besonders in fortgeschrittenem
Alter) erfolgreicher kontrolliert zu werden als bei entsprechenden Patientinnen (Nilsson
et al. 2004). Diese allgemeine Feststellung lässt sich nicht nur auf die schwedischen
Gegebenheiten beziehen, sondern vergleichbar auch auf diejenigen in Deutschland
(Gouni-Berthold et al. 2008, Stratmann/Tschoepe 2011), Italien (Rivellese et al. 2010)
und den USA (Ferrara et al. 2008, Kucharska-Newton et al. 2010). Frauen mit Diabetes
mellitus konnten bislang jedenfalls von der Reduktion der KHK-Gesamtmortalität kaum
profitieren (Ferrara et al. 2008, Rivellese et al. 2010, Wexler et al. 2005; s. auch Kap.
2.1.2).
Konkret sprechen bisherige Studien mehrheitlich davon, dass männliche Patienten über
eine bessere Einstellung ihres Blutdrucks verfügen als die korrespondierenden
Mitpatientinnen. Dies skizzieren z.B. Legato et al. (2006) und die eben zitierten Nilsson
et al. (2004) für einen angestrebten Blutdruck < 140 mmHg systolisch und/oder < 85
mmHg diastolisch. Wexler et al. (2005) fanden in den USA geschlechtskorrelierte Un-
terschiede zwar in Hinblick auf das Erreichen eines Tonus < 130/80 mmHg (für
Deutschland vgl. Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b), nicht jedoch
in Bezug auf das „bescheidenere“ Ziel mit Werten von < 140/90 mmHg. Im Rahmen
der Studie Translating Research Into Action for Diabetes (TRIAD) bemerkte Selby
(2010) bei Diabetikerinnen mit diagnostizierter KHK niedrigere Raten einer guten Kon-
trolle von Blutdruck und Low-Density-Lipoprotein (LDL). Schmittdiel et al. (2009) hin-
gegen sehen diese bei Diabetikerinnen unabhängig von jedweder Komorbidität gegeben,
bezogen sich mit ihren Aussagen allerdings auf die Cut-off-Marke < 130/80 mmHg.
25 Zur Abgrenzung der beiden Begriffe Risikofaktor versus Risikomarker vgl. Sawicki/John 2007.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
15
Konträr dazu registrieren die Briten Bebb et al. (2007) bei Diabetes-Patienten vergli-
chen mit -Patientinnen einen signifikant höheren Blutdruck.
Wenig ist bis heute zu denkbaren Geschlechterdifferenzen bei der Höhe der Blutfette
publiziert worden. Laut einer Studie von Nilsson et al. (2004) zu geschlechtsbedingten
Unterschieden bei primärärztlichem Diabetes-Management in Schweden weisen diabe-
tische Frauen (auch unter Therapie) in allen Altersgruppen höhere Werte für Gesamt-
cholesterin und das „gute“ High-Density-Lipoprotein (HDL)26
auf, während ihr LDL-
Niveau lediglich in der Altersgruppe der 60- bis 75-jährigen das der Männer signifikant
übersteigt. Rivellese et al. (2010) attestieren Diabetikerinnen im Geschlechtervergleich
jedoch allgemein sowohl eine extensivere Dyslipidämierate als auch die ausgeprägtere
Neigung, einen prothrombotischen Status zu entwickeln; Legato et al. (2006) konstatie-
ren bei ihnen schwerwiegendere Dysfunktionen des Fettstoffwechsels.
Hinsichtlich des Erfolgs der Blutzuckereinstellung wartet die Wissenschaft mit unein-
heitlichen Ergebnissen auf. So bekundet die deutsche DETECT27
-Studie in Bezug auf
die Höhe des HbA1c lediglich marginale Unterschiede zwischen den Geschlechtern
(Pittrow et al. 2006). Dagegen heben Huppertz et al. (2009) hervor, dass in Deutschland
Männer – mit Ausnahme derjenigen unter 45 Jahren – tendenziell bessere HbA1c-Werte
als Frauen zu erzielen scheinen (vgl. international auch Legato et al. 2006, Nilsson et al.
2004, Wexler et al. 2005). Zu gegenteiligen Schlussfolgerungen gelangen die TRIAD-
Forscher Schmittdiel et al. (2009) für die USA. Es existiere eine schwach positive As-
soziation von weiblichem Patientengeschlecht und einem HbA1c ≤ 8 % (ebd.). Außer-
dem spricht die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease DMPs (2009) davon,
dass es Frauen wenigstens in der Anfangsphase der Teilnahme an einem auf Typ-2-
Diabetiker zugeschnittenen DMP besser gelingt, ihr persönlich vereinbartes HbA1c-Ziel
zu erreichen. Darüber hinaus seien ihr Puls- und Fußstatus sowie die Resultate einer
Sensibilitätsprüfung bei ihnen seltener auffällig (ebd.).
Fragmentarisch muten auch die Forschungsergebnisse zu geschlechtsabhängigen Unter-
schieden bei der medizinischen Betreuung an. Nach Guthrie et al. (2009) erhalten diabe-
tische Frauen im Vereinigten Königreich (UK) diese – verglichen mit Männern – en
26 Der kardiale Benefit einer Erhöhung des HDL und mit ihm der protektive Effekt des weiblichen Ge-
schlechts auf die Wahrscheinlichkeit, an einer KHK zu erkranken, sind allerdings bei Diabetes mellitus
eventuell geschmälert bis gar eliminiert (Wexler et al. 2005; außerdem Melkus et al. 2009, Nordrheini-
sche Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009, Rivellese et al. 2010). 27
DETECT steht für Diabetes Cardiovascular Risk Evaluation: Targets and Essential Data for
Commitment of Treatment.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
16
gros in merklich reduzierter Form. Bei ihnen werde z.B. eine Messung von Cholesterin-
und Blutdruckwerten weniger wahrscheinlich initiiert als bei männlichen Betroffenen;
im Gegensatz dazu würden die Patientinnen aber mit größerer Wahrscheinlichkeit nach
ihren Rauchgewohnheiten gefragt (ebd.). Für Diabetikerinnen ohne KHK berichtet
Selby (2010) von einer geschlechtsspezifisch herabgesetzten Wahrscheinlichkeit, erst
kürzlich das Lipidprofil bestimmt bekommen zu haben (ähnlich bei Gouni-Berthold et
al. 2008). Die TRIAD-Studie indes stellt keine signifikanten geschlechtsbedingten Un-
terschiede bezüglich der Kontrollen von LDL, Blutdruck und -zucker fest (Ferrara et al.
2008). Zugleich existieren Analysen, die von einer größeren Häufigkeit der Augenun-
tersuchungen bei Männern sprechen (stellvertretend Grande 2008; konträr allerdings
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b). Offenbar werden diese auch
generell etwas eher überwiesen als Frauen (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung
DMPs 2009).
Aus der wenigen verfügbaren Literatur lässt sich am ehesten der Eindruck gewinnen,
dass eine Ungleichbehandlung der Geschlechter v.a. den Aspekt der kardioprotektiven
Medikation betrifft. Wexler et al. (2005) sowie Rivellese et al. (2010) eruieren bei
stoffwechselkranken (und -gesunden) Frauen pauschal eine weniger aggressive Thera-
pie kardialer Risikofaktoren als bei Männern. In ihrem vorwiegend auf amerikanische
Veröffentlichungen rekurrierenden Review kommen Legato et al. (2006) zu dem
Schluss, Diabetikerinnen würden sowohl mit Aspirin und Betablockern als auch mit
Statinen seltener behandelt als Diabetiker. Signifikante Disparitäten notiert auch Selby
(2010). Diabetikerinnen ohne KHK würde im Vergleich zu mitbetroffenen Männern
seltener Aspirin verordnet; bei Vorliegen einer KHK sei das überdies in Bezug auf
Lipidsenker zu beobachten (ebd.; vgl. zum zweitgenannten Aspekt desgleichen Ferrara
et al. 2008). Daneben registrieren die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs
(2009) bei den Teilnehmerinnen am DMP Typ-2-Diabetes sichtlich geringere Ver-
schreibungszahlen von Thrombozyten-Aggregationsinhibitoren als bei männlichen In-
skribierten. Nilsson et al. (2004) konstatieren zwar, dass männliche Patienten in sämtli-
chen Altersgruppen häufiger mit ACE28
-Hemmern therapiert werden als Frauen. Zeit-
gleich stellen die Autoren aber fast keine Geschlechterunterschiede hinsichtlich der
Verschreibung von oralen Antidiabetika (OAD; vgl. konkret für Deutschland überdies
Lehnert et al. 2005), Insulin und lipidsenkenden Medikamenten fest (Nilsson et al.
2004).
28 Die Abkürzung ACE steht hier wie im Folgenden für Angiotensin-konvertierendes Enzym.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
17
2.3.2 Einfluss des Patientenalters auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes
Das Patientenalter scheint durchaus Einfluss auf die Diabetes-Behandlung und ihren
Erfolg zu nehmen. An wissenschaftlichen Arbeiten aber, die diesen Einfluss strukturiert
aufschlüsseln und begründen, mangelt es. Seine Richtung erscheint keineswegs konsis-
tent.
So halten Guthrie et al. (2009) für Diabetiker unter 55 Jahren im UK sowohl eine ge-
genüber anderen Betroffenen insgesamt deutlich reduzierte medizinische Betreuung als
auch eine erheblich geminderte Realisierungsquote mittelfristiger Therapieziele fest. Sie
befinden sich damit in einem gewissen Widerspruch zu Gudbjörnsdottir et al. (2003)
und Schaars et al. (2004), die meinen, die Wahrscheinlichkeit jüngerer Personen, The-
rapieziele zu erreichen, übertreffe die der älteren merklich. Auch die Höhe des HbA1c
ist neben der Erkrankungsdauer (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009,
Pittrow et al. 2006) und dem Geschlecht des Diabetikers (s. 2.3.1) von dessen Alter ab-
hängig (Huppertz et al. 2009). Auf den ersten Blick kontraintuitiv mögen die Aussagen
der Nordrheinischen Gemeinsamen Einrichtung DMPs (2009), von Pittrow et al. (2006),
Selby (2010) und Subramanian et al. (2009) wirken, für ältere Patienten sei es vergli-
chen mit jüngeren substanziell wahrscheinlicher, einen eher niedrigen HbA1c oder al-
ternativ den für diesen Parameter individuell definierten Zielwert zu erreichen. Gleiches
gilt augenscheinlich für das LDL (ebd., Selby 2010). Für das Erreichen von Blutdruck-
zielen hat das Alter laut Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs (2009) hinge-
gen keine bis nur geringe Bedeutung. Dem widersprechen jedoch Selby (2010) und
Subramanian et al. (2009) gleichermaßen; sie beobachten eine signifikant schlechtere
Einstellung der systolischen Werte bei älteren Menschen. Während die Nierenfunktions-
testung offenbar altersunabhängig erfolgt, scheint die Empfehlung einer jährlichen Prü-
fung der Retina eher bei älteren Diabetikern realisiert zu werden (Nordrheinische Ge-
meinsame Einrichtung DMPs 2009).
Mitunter diametral zueinander erscheinen Studienergebnisse zu altersabhängigen Diffe-
renzen bei der Diabetes-Therapie. Gudbjörnsdottir et al. (2003) beispielsweise zitieren
US-amerikanische Studien, die darauf hinweisen, dass ältere Menschen häufig keine
guidelinegerechte Versorgung erfahren, während Selby (2010) dieses Problem gerade
als eines von jüngeren Patienten identifiziert. Mit der Frage, welche Faktoren die pri-
märärztliche Behandlung arterieller Hypertension bei Typ-2-Diabetikern beeinflussen,
befasste sich eine niederländische Studie von Schaars et al. (2004). Den Autoren fiel
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
18
auf, dass bei Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter ACE-Inhibitoren bzw.
Angiotensin-II-Antagonisten besonders selten eingesetzt werden (ebd.).
Dagegen äußern Subramanian et al. (2009), bei erhöhtem HbA1c sei eine Intensivierung
der entsprechenden Behandlung für 50- bis 74-Jährige zwar signifikant weniger wahr-
scheinlich als für jüngere Betroffene, im Falle einer Hypertension aber erführen diese
seltener als jene eine intensivierte Therapie. Dem stimmt Selby (2010) zu und ergänzt,
auch ein erhöhtes LDL habe bei Jüngeren mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Modi-
fikation der Medikation zur Konsequenz. Nilsson et al. (2004) konstatieren, in Schwe-
den werde trotz eines höheren Bedarfs nur rund ein Drittel aller Diabetiker älter als 75
Jahre medikamentös lipidsenkend behandelt. Offenbar besteht ferner eine Assoziation
zwischen einzelnen Patientencharakteristika, v.a. steigendem Alter, und der abnehmen-
den Verordnung von Blutzuckerselbstkontrollen (Gulliford/Latinovic 2004). Zugleich
erhielten bei einer umfangreichen Querschnittuntersuchung von Lehnert et al. (2005)
Diabetiker über 60 Jahre häufiger als jüngere eine oral-antidiabetische Medikation.
Verglichen mit jüngeren wird älteren DMP-Teilnehmern in Deutschland allerdings al-
lem Anschein nach (bei übereinstimmender Wertekonstellation) merklich zurückhalten-
der Metformin verschrieben (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009), sie
werden zögerlicher zu einem Diabetologen überwiesen und erhalten seltener die
Empfehlung, sich körperlich ausreichend zu bewegen (Schäfer et al. 2010).
2.3.3 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Versorgung bei
Typ-2-Diabetes
Für die folgende Evaluation des wissenschaftlichen Status-quo zu möglichen durch den
sozialen Status bedingten Ungleichheiten in der Behandlung von Typ-2-Diabetikern
ergeben sich spezielle sprachlich-denotative Herausforderungen. Besonders, nicht aber
ausschließlich in der amerikanischen Literatur zu Diabetes finden sich so bisweilen un-
scharfe Abgrenzungen bis hin zu Vermengungen zwischen Variablen wie Ethnität bzw.
Hautfarbe und sozioökonomischem Status (SES)29
, Einkommen, beruflicher Tätigkeit,
Bildung oder Versichertenstatus sowie deren jeweiligen Zusammenhängen und Effekten
(vgl. eindrücklich z.B. Brunner et al. 2006, Tseng et al. 2008). Obgleich zwischen den
Begriffen gewisse Korrelationen existieren, sind sie keinesfalls gegeneinander aus-
tauschbar und verweisen als Indikatoren auf unterschiedliche Phänomene und dahinter-
29
Der SES wird ermittelt aus der beruflichen Tätigkeit einer Person, ihrem Bildungsgrad und dem Ge-
samthaushaltseinkommen (im Rahmen einer Studie zu Diabetes z.B. bei Williams et al. 2010 expliziert).
Damit ist er enger gefasst als der Begriff des sozialen Status.
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
19
stehende Kausalmechanismen (Geyer et al. 2006). Nur wenige Arbeiten eignen sich
folglich dafür, wie im Rahmen der vorliegenden Dissertation beabsichtigt, eine hinrei-
chend valide Aussage über den Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Ver-
sorgung bei Typ-2-Diabetes zu treffen. Die Vergleichbarkeit der Beiträge ist einge-
schränkt.
Einhelligkeit besteht bezüglich der Einschätzung, dass Diabetes bei sozial schwächer
positionierten Menschen eher als bei Anderen einen gravierenden Verlauf nimmt. Kos-
ter et al. (2004) stellen fest, dass sozialunterprivilegierte Diabetes-Patienten in den Nie-
derlanden tendenziell mit größeren Mobilitätseinbußen konfrontiert seien als solche mit
höherem SES – deutlich drastischere Unterschiede beständen allerdings bei diversen
anderen chronischen Erkrankungen. Explizit weisen ebenfalls Brown et al. (2004) und
GVG (2003) auf Anhaltspunkte für höhere Raten von Folgeschäden bei diabetischen
Personen aus benachteiligten Sozialschichten im Vergleich zu sozial relativ begünstig-
ten Betroffenen hin. Daneben gehen Franks/Fiscella (2002) ausdrücklich von sozial-
schichtabhängigen Unterschieden im Erfolg der Behandlung chronisch Kranker (aus-
drücklich auch von Diabetikern) aus, und Selby (2010) befasst sich mit den Negativein-
flüssen sozioökonomisch unterprivilegierter Wohnumgebungen auf das Wohlbefinden
von Diabetikern.
Inwiefern sich diese Varianz der Auswirkungen eines Diabetes aber durch Unterschiede
bei der Behandlung erklären lässt, scheint nach momentanem Stand der Forschung frag-
lich. Einst identifizierte sozioökonomisch bedingte Diskrepanzen bei der Diabetes-
Versorgung im UK scheinen Guthrie et al. (2009) zufolge inzwischen – mit Ausnahme
der Erhebung des Rauchstatus – größtenteils verschwunden zu sein. In der TRIAD-
Studie zeichnen sich signifikante mit der sozioökonomischen Position des Patienten
korrelierende Behandlungsunterschiede nur in Bezug auf die Rate erweiterter Augenun-
tersuchungen ab (Brown et al. 2005).
2.4 Zwischenfazit – Quintessenz der bisherigen Darlegungen zu Typ-2-Diabetes
Kapitel 2 hat expliziert, dass Forschung zu medizinischer Versorgung bei Typ-2-
Diabetes angezeigt und dabei eine Beschränkung auf primärärztliche Zustände substan-
ziert ist. Zu diesem Urteil haben einige Sachverhalte entscheidend beigetragen:
Diabetes mellitus Typ 2 ist eine ernste, schon heute hochprävalente Stoffwechselstö-
rung, die regelmäßig in mitunter die Lebensqualität sehr einschränkende, nicht sel-
2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus
20
ten letal verlaufende Komplikationen mündet. Zu diesen Folgeerkrankungen gehört
die weitverbreitete PNP, die ihrerseits das Risiko, eine Amputation zu benötigen,
vergrößert. Außerdem zählt chronische Hyperglykämie gerade in Anwesenheit eines
arteriellen Hypertonus zu den wichtigsten kardialen Risikofaktoren.
Aus individueller wie auch aus gesellschaftlicher Perspektive handelt es sich beim
Typ-2-Diabetes um eine überaus belastende und kostspielige Erkrankung. Horrende
Ressourcen müssen v.a. für die Behandlung der Komplikationen aufgewendet wer-
den. Einem Großteil davon indessen wäre durch frühzeitige adäquate Präventions-,
Diagnostik- und Therapiemaßnahmen vorzubeugen. Die wissenschaftliche Ergrün-
dung der Stoffwechselstörung ist demzufolge von großer Relevanz.
Weithin leistet der Primärarzt die medizinische Diabetiker-Betreuung.
Nach wie vor fehlen wissenschaftlich fundierte Daten zur Versorgung bei Typ-2-
Diabetes in weiten Teilen. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse legen gleicherma-
ßen hinsichtlich der Prozesse wie des Outcomes nennenswerten Verbesserungsbe-
darf nahe. Ferner sprechen sie – wenn auch keineswegs konsistent – für die Existenz
gewisser Unterschiede bei ärztlichem Entscheiden und Agieren in Abhängigkeit von
den Patientenmerkmalen Geschlecht, Alter und sozialer Status.
Im nächsten Schritt werden das methodische Vorgehen, die Konzeption und die Umset-
zung der Studie vorgestellt.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
Die Studie, auf der diese Dissertationsschrift basiert, ist Teil eines umfänglichen und
facettenreichen Projekts, das von mehreren Wissenschaftlergruppen gemeinsam zur
Erforschung ärztlicher Entscheidungsprozesse bei Diabetes mellitus Typ 2 im Länder-
vergleich zwischen Deutschland, Großbritannien sowie den USA konzipiert wurde. An
der Realisierung beteiligten sich neben den Instituten für Medizinische Soziologie, So-
zialmedizin und Gesundheitsökonomie (IMSG) des Universitätsklinikums Hamburg-
Eppendorf, für Medizinische Soziologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und
für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten/Herdecke ebenso das Institute
of Public Health der University of Cambridge (UK) und das National Primary Care Re-
search and Development Centre der University of Manchester (UK) sowie die US-
amerikanischen New England Research Institutes (NERI) in Watertown (Massachu-
21
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
setts). Finanziell gefördert wurde das Projekt vom National Institute of Diabetes, Diges-
tive, and Kidney Diseases (NIDDK) der US-amerikanischen National Institutes of
Health (NIH) unter dem Förderkennzeichen DK 66425. Als konzeptionelle Vorbilder
der Studie dienten frühere erfolgreiche experimentelle Untersuchungen zu medizini-
schem Decision Making30
bei Dyspnoe und unspezifischen thorakalen Schmerzen
(McKinlay et al. 1996), Brustkrebs (bspw. Feldman et al. 1997, McKinlay et al. 1997),
Depression (z.B. Knesebeck et al. 2010, Lutfey et al. 2009) sowie KHK (u.a. Adams et
al. 2006, Arber et al. 2006, Bönte 2008, Bönte et al. 2007, McKinlay et al. 2007), die
einige der auch diesmal projektverantwortlichen Wissenschaftlicher mitgestaltet und
begleitet hatten.
Vom Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche Entscheidungspro-
zesse (Abb. 1) grundsätzlich ausgehend widmet sich das Projekt möglichen Effekten
von Patientenmerkmalen, Arztfaktoren und landesspezifischem (deutschem, britischem
und US-amerikanischem) Gesundheitssystem auf primärärztliches Entscheiden exemp-
larisch im Kontext von Typ-2-Diabetes. Dabei rekurriert es auf zwei im Praxisalltag
durchaus gängige Fallkonstellationen: zum Einen das Vorliegen erster diabetestypischer
Symptome bei einer bislang als stoffwechselgesund geltenden Person und zum Anderen
die Behandlung eines bekannten Diabetikers mit neuauftretenden Anzeichen einer Fol-
geerkrankung. Um sich dem Verständnis der enormen Komplexität ärztlicher Entschei-
dungsprozesse (s. Kap. 1) tatsächlich zu nähern, bedarf es eines schrittweisen Vorge-
hens, bei dem das Augenmerk zunächst auf der Analyse der Teilaspekte liegt. Erst
durch das Zusammentragen der Ergebnisse von verschiedenen Teiluntersuchungen kann
im Laufe der Zeit ein verlässlicher Gesamteindruck formiert werden. In diesem Sinne
beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Auseinandersetzung mit der noch unbe-
antworteten Frage, welchen Einfluss bestimmte Patientenmerkmale, nämlich Ge-
schlecht, Alter und sozialer Status, auf das Entscheidungsverhalten in Deutschland
praktizierender Hausärzte nehmen, wenn bei schon diagnostiziertem Diabetes mögliche
Symptome einer Folge- bzw. Begleitmorbidität auftreten. Zu einer Reihe von anderen
Gesichtspunkten des Gesamtprojektes wurde bereits publiziert (u.a. Cruppé et al. 2011,
Grant et al. 2009, Knesebeck et al. 2010b, Lutfey et al. 2008), weitere Veröffentlichun-
gen befinden sich in Planung.
30 In deutschsprachigen Texten zu Prozessen der Entscheidungsfindung im medizinischen Kontext wird
oft auf den englischen Begriff zurückgegriffen – so sporadisch auch in den folgenden Abschnitten dieser
Arbeit.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
22
3.1 Studiendesign
Für die Studie ist ein faktorielles Experimentaldesign gewählt worden. Dieses zielt auf
die Ermöglichung einer vorsichtigen Einschätzung darüber, inwiefern Patientencharak-
teristika als nicht-medizinische Variablen primärärztliche Entscheidungen zu diagnosti-
schem und therapeutischem Handeln im Fall des Vorliegens von Anhaltspunkten für
eine Folge- und/oder Begleiterkrankung beeinflussen. Konkretisiert wird dies hier an-
hand von Hinweisen auf eine fraglich beginnende diabetische Neuropathie sowie arteri-
elle Hypertonie.
Dazu ist zunächst in einem mehrstufigen Verfahren mit Hilfe versierter amerikanischer,
britischer und deutscher Ärzte die Vignette zu einem fiktiven, circa fünfminütigen Arzt-
Patienten-Gespräch entwickelt worden (s. auch Anhang). Später hat man auf dieser ba-
sierend insgesamt acht im Wortlaut stets identische Gesprächsversionen auf DVD
videographiert. Systematisch variiert worden sind dabei drei Personenfaktoren, denen
(1) epidemiologische Relevanz zukommt und (2) aufgrund bisheriger Forschungser-
kenntnisse ein gewisser, wenngleich weder in Ausmaß noch Richtung konsistent er-
scheinender Einfluss auf die Wahl des ärztlichen Vorgehens zugeschrieben wird
(s. Kap. 1 & 2). Im Rahmen der thematisierten Untersuchung handelt es sich um das
Alter (35 vs. 65 Jahre), das biologische Geschlecht und den sozialen Status (operationa-
lisiert anhand des Berufs: Hausmeister vs. Rechtsanwalt) eines stets leicht übergewich-
tigen „Patienten“.31
Professionelle Schauspieler verkörpern die verschiedenen sich
durch Kombination der drei Merkmale ergebenden Patientenrollen (Tab. 1). Zu Beginn
der in den speziell für die Studie konzipierten Praxiskulissen eines New Yorker Studios
gedrehten Filmsequenz werden Rollenname, -alter und -beruf als Charaktersynopse ein-
geblendet; die Kleidung ist der jeweiligen Konstellation entsprechend zur Stärkung des
Authentizitätseindrucks angepasst. Das aus Perspektive eines in seinem Sprechzimmer
am Schreibtisch sitzenden Arztes als Nahaufnahme des Simulationspatienten32
arran-
gierte Video zeigt diesen in Aussehen, Gestik und Mimik deutlich erkennbar. Er hat vor
dem Schreibtisch auf einem Stuhl Platz genommen, wohingegen die Stimme des Simu-
lationsarztes aus dem Off kommt.
31
Der deutsche Studienanteil verzichtete auf die Einbeziehung von ethnischer Herkunft und Hautfarbe als
einer vierten Patientenvariablen, weil der Bevölkerungsanteil schwarzer Menschen hierzulande – anders
als in Großbritannien und den USA – sehr gering ist und daher eine Differenzierung nach diesem Kriteri-
um nicht angemessen realistisch zu operationalisieren gewesen wäre. In den USA wurden Ärzten über-
dies Videos mit hispanischen Simulationspatienten gezeigt. 32
Fortan werden anstelle von Simulationspatient schlicht die Ausdrücke Patient oder Diabetiker, im
Ergebnisteil auch Frau, Mann, Person etc. benutzt.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
23
Tab. 1: Die acht verschiedenen sich durch Merkmalskombination ergebenden Patienten-
rollen
1
35-jährige Hausmeisterin
2
35-jährige Rechtsanwältin
3
65-jährige Hausmeisterin
4
65-jährige Rechtsanwältin
5
35-jähriger Hausmeister
6
35-jähriger Rechtsanwalt
7
65-jähriger Hausmeister
8
65-jähriger Rechtsanwalt
Für die deutsche Untersuchung synchronisierten professionelle seit Jahren in den USA
lebende, ursprünglich jedoch aus Deutschland stammende Sprecher die Dialoge. Der
Synchronisationstext entsprach einer möglichst wortgetreuen Übersetzung der englisch-
sprachigen Vignette ins Deutsche. Mit deren Übertragbarkeit auf die Realität einer deut-
schen Arzt-Patienten-Kommunikation setzte sich anschließend eine Gruppe erfahrener
Mediziner auseinander. Eine Rückübersetzung des deutschsprachigen Skripts ins Engli-
sche und deren Vergleich mit dem Original halfen, etwaigen Fehlern und Bedeutungs-
verzerrungen vorzubeugen. Die Prozedur wurde mehrfach wiederholt und letzte Ände-
rungen von Textnuancen zur Verbesserung der sprachlichen Authentizität noch während
der Synchronisation vorgenommen.
Inszeniert worden ist das fiktive Arzt-Patienten-Gespräch als im Rahmen der regulären
Verlaufskontrolle (eines bekannten Typ-2-Diabetes) stattfindend. Der Patient artikuliert
diesen Umstand explizit zu Anfang der Aufnahme, die vornehmlich drei Aspekte the-
matisiert:
1. den aktuellen HbA1c von 6,9 % bei allgemein „recht gutem“ Wohlbefinden,
2. einen unter medikamentöser Einstellung bei unregelmäßiger Arzneimitteleinnahme
und Andeutungen einer positiven Familienanamnese für Gefäßerkrankungen einma-
lig erhöht gemessenen arteriellen Blutdruck von 145/98 mmHg sowie
3. ein „komisches“, am ehesten als „brennend“ zu charakterisierendes Gefühl des Pati-
enten, das intermittierend an dessen Fußsohlen beginnend rechtslateral bis zur Hüfte
ausstrahlt.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
24
Seit wann die zuletzt formulierten Beschwerden bestehen und ob sie verstärkt in Ruhe
oder Bewegung zu spüren sind, kann der Patient nicht erinnern. Außerdem erkundigt
sich die lediglich zu hörende Arztstimme kurz nach dem Gesundheitszustand und der
Unterstützung des Ehepartners, den Blutzuckerselbstkontrollen, den Augen und dem
Körpergewicht des Patienten, das dieser dank angepasster Ernährung wohl konstant
hält. Während sich der Simulationsmediziner die neuropathische Problematik fokus-
siert, besorgt seinen Patienten vorwiegend die Blutdruckerhöhung.
Bewusst sind in den Dialog neben Schilderungen von Sachverhalten und Symptomen,
die als charakteristisch für eine beginnende diabetische Neuropathie gelten, auch Hin-
weise integriert worden, die Vermutungen in Richtung einiger Differentialdiagnosen –
wie z.B. von Arzneimittelnebenwirkungen, Intoxikationen, einer peripheren arteriellen
Verschlusskrankheit (pAVK), Vitamin-B12-Mangel oder einem Malignom – hätten
bekräftigen können (vgl. z.B. Haslbeck et al. 2004, Luft 2006, Ziegler et al. 2010). Zu
den Aspekten, die eher an eine nicht-diabetische Ätiologie denken lassen, gehört allen
voran die geschilderte weitgehende Beschränkung der Symptomatik auf nur eine Kör-
perhälfte (s. Kap. 2.1.1). Außerdem vermag der Diabetiker keine Angaben darüber zu
machen, über welchen Zeitraum sich die Beschwerden entwickelt haben und in welcher
Situation sie vornehmlich auftreten. Auch die Hypertonus-Problematik wird absichtlich
vage und nur wenig detailliert angesprochen. Alles in allem präsentiert die Vignette also
ein klinisch nicht eindeutiges Bild, das keine Automatismen ärztlichen Verhaltens er-
zwingt, sondern grenzwertige Indikationen für bestimmte Handlungen impliziert und
Abwägungen erfordert. Auf diese Weise wollten die Verfasser der Vignette zum Einen
der Tatsache Rechnung tragen, dass ein Patient im Normalfall Symptome und Umstän-
de nicht ausschließlich beschreibt, wie sie von jedem Lehrbuch als für eine spezifische
Krankheitsentität typisch beschrieben werden. Zum Anderen sollte so ein zusätzliches
Moment klinischer Unsicherheit geschaffen werden, das die in aller Regel ohnehin vor-
handenen Ermessensspielräume ärztlichen Agierens vermehrt und Entscheidungsoptio-
nen weiter diversifiziert.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
25
3.2 Studienpopulation und Response-Rate
Am deutschen Studienanteil beteiligten sich zwischen Oktober 2005 und April 2006 im
Ganzen 64 niedergelassene Allgemeinmediziner und hausärztlich tätige Internisten aus
dem Ärztekammerbezirk Nordrhein. Ihre Auswahl erfolgte nach streng randomisiertem
Verfahren aus einer seitens der dortigen Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung
gestellten Liste von insgesamt rund 2750 potentiellen Teilnehmern. Diese enthielt aus-
schließlich gebietsansässige Ärzte, die ihr Studium in Deutschland absolviert hatten und
hier approbiert worden waren.
Geschichtet wurde die Stichprobe anhand von zwei Arztmerkmalen, dem Geschlecht
und der als Niederlassungsdauer erhobenen Berufserfahrung (von unter 12 Jahren vs.
über 22 Jahren). Alle vier sich aus dem Studiendesign ergebenden Arztgruppen33
hatten
letztlich je 16 Medizinerinnen bzw. Mediziner zu umfassen, die die Studienorganisato-
ren durch sukzessive Zufallsziehung aus der jeweiligen Grundgesamtheit ermittelten.
Auf diese Art konnte gewährleistet werden, jede Patientenkombination (Tab. 1) zwei-
mal zu erheben. Um 64 zu interviewende Ärzte für die deutsche Untersuchung zu ge-
winnen, mussten zunächst 97 Personen angeschrieben und sofern möglich wenige Tage
später in Hinblick auf ihre Teilnahmebereitschaft und die Erfüllung der Einschlusskrite-
rien telefonisch befragt werden. Erklären lassen sich die Ausfälle durch Partizipations-
verweigerung (von 18 der Kontaktierten) oder das Vorliegen von Ausschlusskriterien
(bei 14 Kontaktierten). Ein Mediziner war zum Zeitpunkt des Kontaktierungsversuchs
bereits verstorben. Die Response-Rate lag somit – unabhängig von Geschlecht und Be-
rufserfahrung der Ärzte – bei 78 %. Dank des akribischen Vorgehens darf davon ausge-
gangen werden, dass das Teilnehmerkollektiv ungeachtet der Verweigerungsfälle für die
untersuchte Ärztegesamtpopulation repräsentativ ist. Jeder Teilnehmer der Befragung
bekam eine vorab vereinbarte Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro. Nach
eigenen Angaben engagierten sich 86 % von ihnen bei DMPs für Typ-2-Diabetes und
52 % im Rahmen des nordrheinischen Strukturvertrags zu Diabetes mellitus Typ 1. Bei
98 % der Mediziner handelte es sich um diabetologisch geschulte Hausärzte, 7 % waren
in diabetologischen Fachpraxen tätig.
33
Gemeint sind die vier Gruppen, die durch folgende Merkmalskonstellationen charakterisiert werden:
(1) weiblich mit weniger Berufserfahrung, (2) männlich mit weniger Berufserfahrung, (3) weiblich mit
mehr Berufserfahrung sowie (4) männlich mit mehr Berufserfahrung.
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
26
3.3 Vorarbeiten und Pretests
Neben den teils aufwendigen konzeptionellen Vorbereitungen zu Gestaltung und Dreh
der Videovignetten sowie dem komplexen Übersetzungsprocedere (s. Kap. 3.1) erfor-
derte v.a. die Standardisierung der Befragungen im Untersuchungsvorfeld viel Auf-
merksamkeit. Zur Eindämmung des Phänomens sozialer Erwünschtheit und der Mini-
mierung vorstellbarer Interviewereffekte (exemplarisch Johannes et al. 1997) sollten die
Befragungen möglichst meinungsneutral und gleichförmig ablaufen. Deshalb besuchten
alle in das Projekt involvierten Interviewer – gleichgültig ob aus den Vereinigten Staa-
ten, Großbritannien oder Deutschland – einheitlich gestaltete Interviewtrainings in Bos-
ton. Sämtliche Interviews mit deutschen Studienteilnehmern führte allerdings sowieso
dieselbe Person.
Vier Pretests, die sich in vergleichbarer Form schon beim vorausgegangenen Projekt zu
KHK (s.o.) bewährt hatten (vgl. Bönte 2008), komplettierten die Vorarbeiten zur Studie.
Der erste diente der Überprüfung von Durchführbarkeit und Glaubwürdigkeit des Vig-
nettenentwurfs. Mehrere erfahrene Ärzte bewerteten zu diesem Zweck die audiovisuelle
Aufzeichnung eines provisorischen Rollenspiels, das in seiner textlichen Fassung mit
dem zur Diskussion stehenden Skript übereinstimmte. Zwei Fragen standen dabei im
Vordergrund:
1. Inwieweit empfinden die Mediziner das gefilmte Arzt-Patienten-Gespräch als realis-
tisch?
2. Kommen sie aufgrund des Gesehenen zu einer ausreichend unterschiedlichen Ein-
schätzung hinsichtlich der als nächstes zu unternehmenden medizinischen Hand-
lungsschritte?
Im Rahmen eines Fokusgruppengesprächs verglich der zweite Pretest die Akzeptanz der
Videovignette mit derjenigen einer schriftlichen Variante. Ausschließlich in Bezug auf
den kognitiven Befragungsteil (bislang für UK und die USA v.a. Gegenstand in Lutfey
et al. 2008), die eventuelle Notwendigkeit seiner Modifikation und Präzisierung führten
die Projektinitiatoren einen dritten, auf die so genannte Think-aloud-Technik gestützten
Pretest durch. Er ist für den zum Gegenstand dieser Arbeit gemachten Untersuchungs-
part inhaltlich nicht relevant. Ein vierter Pretest wurde unmittelbar vor der deutschen
Studienreplikation vorgenommen und sollte eruieren, (1) inwiefern die für den angloa-
merikanischen Raum als typisch geltende Art der videographierten Symptompräsenta-
tion und Gesprächsführung dem in Deutschland anzutreffenden Praxisalltag entspricht
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
27
und (2) ob auch die Formulierungen des ins Deutsche übersetzten Interviewbogens ver-
ständlich erscheinen.
Im Übrigen wurde die Studie einer formalen Prüfung auf Einhaltung der in den drei
beteiligten Staaten definierten ethischen Standards unterzogen und von zwei dafür zu-
ständigen Kommissionen, dem Institutional Review Board der New England Research
Institutes (s. auch Anhang) und den britischen North West Research Ethics Committees,
gebilligt.
3.4 Konzeption des Fragebogens und Hauptuntersuchung
Sowohl die Vorführung der Videovignette auf einem Notebook als auch die sich direkt
daran anschließende Befragung fand in den Praxisräumen der teilnehmenden Ärzte statt,
nachdem diese sich schriftlich einverstanden erklärt hatten, an der Studie zu partizipie-
ren. Mit der Ortswahl beabsichtigten die Forscher, das klinische Szenario möglichst
wirklichkeitsgetreu wirken und nicht den Eindruck einer Prüfungssituation aufkommen
zu lassen. Dennoch stimmte das Geschlecht der im Film zu hörenden Simulationsarzt-
stimme nicht zwangsläufig mit dem des Mediziners überein, der sich die Aufzeichnung
ansah und hinterher zu ihr befragt worden ist. Rund eine Stunde dauerten die Videore-
zeptionen und auf Tonband mitgeschnittenen Interviews pro Arzt. Währenddessen be-
antwortete der Interviewer wegen des Bestrebens um Einheitlichkeit und der Vermei-
dung möglicher Verzerrungen keine Zwischenfragen der Ärzte zum Patienten oder den
zu unterstellenden Befunden von fiktiv veranlassten Testungen. Der Vollständigkeit
halber bleibt zu ergänzen, dass dem von der Dissertation thematisierten Film-
Befragungs-Komplex die Vorführung einer weiteren, im Prinzip ähnlich strukturierten
Videovignette zu einem noch undiagnostizierten Fall von Diabetes mellitus Typ 2 und
das zugehörige quantitative Interview vorausgingen, deren Aufbau und Auswertung
Gegenstand anderer Publikationen sind (v.a. Cruppé et al. 2011).
Jedes Interview zum Fall der vorbekannten Diabetes-Erkrankung begann mit einem
ersten strukturierten Fragenkomplex, der sich verschiedenen diagnostischen wie thera-
peutischen Facetten ärztlichen Handelns widmete. Zunächst wurden die Teilnehmer
gebeten, einzuschätzen, wie typisch das soeben gesehene klinische Bild für das eigene
Diabetikerklientel tatsächlich sei. Hierauf folgten die Fragen,
1. ob der Mediziner weitere anamnestische Informationen erheben wolle, und wenn ja,
welche,
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
28
2. ob er für denselben Tag eine körperliche Untersuchung anstrebe, und wenn ja, wel-
che Komponenten diese umfasse, bzw. wenn nein, worin die Gründe seiner Ableh-
nung lägen,
3. ob er noch heute apparative oder Labor-Untersuchungen zu veranlassen wünsche,
um welche es sich handele und ob er einzelne für besonders wichtig erachte.
Nach gleichem Muster schlossen sich Fragen zu Medikations-, Lebensstilberatungs-
und Überweisungsabsichten an, bevor dieser Abschnitt mit der Angabe endete, für wann
der Mediziner „seinen“ Patienten wieder einbestellen würde.
Den zweiten, semistrukturierten Teil des Interviews bildete eine Reihe offener Fragen,
die helfen sollten, zu verstehen, welche kognitiven Prozesse auf das konkrete, zuvor
ermittelte Entscheidungsverhalten wie Einfluss nahmen (zu den Vorzügen eines so ge-
nannten Mixed-Method-Approach, der quantitative und qualitative Komponenten verei-
nigt, vgl. auch O‘Donnell et al. 2007). Sie zielten darauf ab, die für Entscheidungsbil-
dung und -stabilisierung ausschlaggebenden Faktoren und Patienteninformationen zu
identifizieren (vgl. Lutfey et al. 2008 mit den entsprechenden Angaben für Großbritan-
nien und die USA). Im dritten Abschnitt des Interviews wurden – nunmehr erneut struk-
turiert und diesmal in Form eines schriftlichen Fragebogens – Details über die Praxissi-
tuation des jeweiligen Arztes, seine Kenntnisse zu Leitlinien und Disease-Management-
Instrumenten sowie Formalien zur Gewährleistung der Studienrepräsentativität erhoben.
Darüber hinaus war der Interviewer angehalten, im Sinne der Qualitätssicherung nach
Ende der Befragung die Umstände der Erhebungssituation zu dokumentieren.
Um der zentralen Fragestellung dieser Arbeit, inwieweit bestimmte Patientenmerkmale
hausärztliche Entscheidungen bei bekanntem Typ-2-Diabetes sowie seinen Begleit- und
Folgeerkrankungen in Deutschland beeinflussen, gerecht zu werden, konzentrieren sich
die Analyse und Ergebnisdarlegung ausschließlich auf den quantitativen ersten Befra-
gungsteil.
3.5 Datenmanagement und statistische Auswertung
Alle in Deutschland, Großbritannien und den USA gewonnenen Daten wurden zuguns-
ten bestmöglicher Validitätssicherung in eine gemeinsame eigens für das Projekt pro-
grammierte Onlinedatenbank eingepflegt und zentral auf einem amerikanischen Server
gespeichert. Um etwaigen Verzerrungen durch nachträgliche Interpretation der Antwor-
ten vorzubeugen, gab nicht der Interviewer selbst diese ein, sondern Dritte. Die Dop-
3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
29
pelteingabe ungefähr jedes zehnten Fragebogens ist dem Bemühen um eine darüber
hinausreichende Fehlerminimierung geschuldet.
Anhand von Kodierplänen, die sich vornehmlich an den Empfehlungen der in die
Untersuchungskonzeption eingebundenen Ärzte sowie gängigen Leitlinien zu Diabetes
mellitus Typ 2 und seinen Komplikationen (s. auch Kap. 5.2.1) orientierten, kategori-
sierten Statistiker der NERI auch die in Deutschland erhobenen Daten und werteten
diese – auf konkrete Anfrage – quantitativ aus. So berechneten NERI-Mitarbeiter Va-
rianzanalysen, um denkbare Einflüsse der variierten Patientenmerkmale zu prüfen, ver-
glichen relative Häufigkeiten und nahmen die Signifikanzprüfung mit Chi2-Tests bei
dichotomen und F-Tests im Falle metrischer Variablen vor. Sie beschränkten sich im
Sinne der angestrebten Komplexitätsreduktion bei dieser Arbeit auf eine bivariate Aus-
wertung der erhobenen Daten.
Die Tabellen des Ergebniskapitels weisen für 102 Antwortkategorien die jeweiligen
Mittel-, Absolut-, Prozent- und adjustierten p-Werte sowie durch Hervorhebung in Fett-
druck auch sämtliche Signifikanzen (definiert als p < 0,05) aus. Dabei meint adjustiert
in diesem Kontext, dass die p-Werte für eine konkrete Patientenvariable bereinigt sind
um (1) etwaige Effekte der beiden anderen Patientenmerkmale, (2) mögliche Einflüsse
der Arztcharakteristika Alter und Berufserfahrung sowie (3) jedwede Form der Merk-
malsinteraktion.
4 Ergebnisse der Studie
Kapitel 4 stellt die Studienergebnisse zum Einfluss der Patientenmerkmale Geschlecht,
Alter und sozialer Status auf das Entscheidungsverhalten in Deutschland ausgebildeter
Primärärzte bei der Behandlung von Typ-2-Diabetikern vor, bei denen sich Anhalts-
punkte für eine Ko- bzw. Folgemorbidität zeigen. Nachdem zunächst einige allgemeine
Aussagen diesbezüglich getroffen werden (Kap. 4.1), widmet sich je ein Unterkapitel
den drei untersuchten Variablen. Als signifikant werden in diesem Kontext der Ausfüh-
rungen ermittelte p-Werte < 0,05 bezeichnet; solche, die das Kriterium < 0,01 erfüllen,
sind als hochsignifikant ausgewiesen. Wenn 0,05 < p < 0,1 gilt, wird im Folgenden von
einer Tendenz gesprochen; diese erreicht ausdrücklich keine signifikante Stärke. In den
Tabellen werden die Zahlen zu sämtlichen Kategorien, deren p < 0,05 ist, einheitlich
durch Fettdruck hervorgehoben.
4 Ergebnisse der Studie
30
4.1 Allgemeine Aussagen zu primärärztlichem Entscheiden im Rahmen der
vorliegenden Studie
Das folgende Unterkapitel nimmt noch keine Differenzierung nach den Patientenmerk-
malen Geschlecht, Alter und Sozialstatus vor. Vielmehr stellt es dar, wie die Interview-
ten im Anschluss an die Vorführung der Gesprächsaufzeichnungen, die einen Typ-2-
Diabetiker mit Anzeichen für eine beginnende PNP und Bluthochdruck zeigen (s. Kap.
2.1.1 & 2.1.2), auf Fragen nach etwaigen Wünschen zu Inhalten und Umfang des weite-
ren anamnestischen, diagnostischen und therapeutisch-präventiven Vorgehens geant-
wortet haben. Die Abfolge der Ausführungen orientiert sich an den Tabellen zu insge-
samt 102 Kategorien aus den Themenfeldern Anamnese (Tab. 2, 10 & 18), körperliche
Untersuchungen (Tab. 3, 4, 11, 12, 19 & 20), Labor- und apparative Untersuchungen
(Tab. 5, 13 & 21), Medikamentenverschreibung (Tab. 6, 7, 14, 15, 22 & 23), Empfeh-
lungen bezüglich Lebensstil und Verhalten (Tab. 8, 16 & 24) sowie Überweisungsver-
halten und angesetzter Zeitpunkt der Wiedervorstellung (Tab. 9, 17 & 25). Hauptziel
alldessen ist es, eine auf eindrückliche Zahlen gestützte Einordnungsgrundlage für die
drei in den nächsten Unterkapiteln (s. Kap. 4.2, 4.3 & 4.4) präsentierten bivariaten Er-
gebnisanalysen zu Effekten von Geschlecht, Alter und sozialem Status des Patienten
anzubieten. Explizit werden in den folgenden Abschnitten Aspekte erwähnt, die von
wenigstens 10 % der Ärzte, also minimal sieben Personen, angesprochen worden sind.
Bei Betrachtung der Tabellen 2, 10 und 18 bzw. 3, 11 sowie 19 fällt zunächst auf, dass
eine große Mehrheit der Studienteilnehmer den Wunsch nach ergänzenden anamnesti-
schen Informationen zum Patienten (84,4 %) und dessen nicht-apparativer körperlicher
Untersuchung (96,9 %) äußert. Über die vom Video vermittelten Eindrücke hinaus wür-
de jeder einzelne Arzt „seinen“ Diabetiker zu durchschnittlich zwei Themenbereichen
anamnestizieren und überdies nicht-apparative körperliche Untersuchungen aus im Mit-
tel 4,8 verschiedenen Kategorien durchführen. Alles in allem würden die Mediziner
gerne Fragen zu 20 verschiedenen anamnestischen Aspekten anfügen (Tab. 2, 10 & 18).
Am häufigsten interessieren sie sich im Rahmen dessen insgesamt für die Adhärenz bei
der Medikamenteneinnahme (34,4 %) und Ernährung (25,0 %), die Diabetes-Dauer
(23,4 %), das Vorliegen etwaiger Fußdeformitäten (20,3 %) sowie Augenerkrankungen
und entsprechende Behandlungen (17,2 %). Des Weiteren bäten sie um Auskunft zu den
körperlichen Aktivitäten des Patienten (14,1 %), seiner Adhärenz in Bezug auf Ver-
laufsmessungen (10,9 %) und eventuell vordiagnostizierten Erkrankungen der periphe-
ren Gefäße (10,9 %). Etwas über einen der übrigen in den Tabellen 2, 10 bzw. 18 gelis-
4 Ergebnisse der Studie
31
teten Themenbereiche zu erfahren, wünschen jeweils weniger als 10 % der Ärzte. Ob-
wohl der Beruf, den der Simulationspatient laut Drehbuch ausübt, zu Anfang der Vi-
deographie eingeblendet ist (s. Kap. 3.1), möchten sich zwei Mediziner (3,1 %) aus-
drücklich nach dem sozialen Status des Erkrankten erkundigen.
Wie schon oben skizziert, wollen die Interviewten nahezu ausnahmslos körperlich un-
tersuchen (Tab. 3, 11 & 19). Sie äußern in diesem Zusammenhang Wünsche, die sich 12
wiederholt in Diabetes-Leitlinien Erwähnung findenden Untersuchungshauptkategorien
und sieben -unterkategorien zuordnen lassen. Acht der Befragten (12,5 %) nennen „an-
dere“ Anliegen, die unter keine dieser 19 Rubriken zu subsumieren sind. Drei Viertel
der teilnehmenden Ärzte würden eine „Fußuntersuchung“ machen, 78,1 % die Sensibili-
tät, 71,9 % das Vibrationsempfinden sowie 53,1 % die Bein- und Fußpulse ausdrücklich
testen. In diesem Kontext ist oft auch die Überprüfung der unteren Extremitäten auf
Pathologien der peripheren Gefäße (34,4 %), Nagelveränderungen (25,0 %) und Ulzera-
tionen (25,0 %) gewünscht. Den Blutdruck würden 50 % der Mediziner messen, 26,6 %
den neurologischen Status erheben und zahlreiche kardiopulmonal (17,2 %), kardiovas-
kulär (17,2 %) und/oder muskuloskeletal (15,6 %) untersuchen. Außerdem wollen eini-
ge den vaskulären Status von Armen und Beinen (14,1 %) kontrollieren. Das Wiegen
des Patienten halten 10,9 % der Ärzte für indiziert. Genauso viele nähmen eine voll-
ständige körperliche Untersuchung vor. Die vier sonstigen, in den Tabellen 3, 11 sowie
19 auch aufgeführten Einzelkategorien körperlichen Untersuchens – das Inspizieren der
Füße auf Knochendeformitäten, die Bestimmung von Körpergröße und Taillenumfang
sowie das Fühlen aller Pulse – werden von weniger als einem Zehntel der Teilnehmer
angestrebt. Beide Probanden (3,1 %), die für denselben Tag solche Maßnahmen nicht
vorsehen, halten die laufenden regulären Diabetes-Untersuchungen für ausreichend.
Einer von ihnen fügt hinzu, der Patient sei ihm bekannt, eine Untersuchung daher nicht
notwendig. (Tab. 4, 12 & 20)
Mehr als zwei Drittel der Befragten (68,8 %) geben ferner an, ohne Verzögerung –
durchschnittlich 2,9 verschiedene – Labor- und/oder apparative Untersuchungen anord-
nen zu wollen (Tab. 5, 13 & 21). Diese diagnostischen Vorhaben sind entweder einer
der 13 gelisteten, inhaltlich exakt definierten Kategorien oder in 36 Fällen der Alterna-
tivrubrik „andere“ zugewiesen. Am häufigsten (39,1 %) wird in diesem Zusammenhang
die bereits als Komponente körperlichen Untersuchens regelmäßig genannte Messung
des Blutdrucks zur Sprache gebracht. Ein EKG würden 25 % der Ärzte schreiben und je
4 Ergebnisse der Studie
32
23,4 % von ihnen aus einer Blutprobe den Gelegenheitsblutzucker zum Einen sowie die
Nierenfunktionsmarker Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin und Elektrolyte zum Anderen
bestimmen lassen. An Urinanalysen auf Mikroalbumin (18,8 %) und Ketone bzw. Glu-
kose (17,2 %) sowie der Ermittlung der Blutwerte für HbA1c (15,6 %), Triglyzeride
(14,1 %) und LDL (10,9 %) besteht ebenfalls merkliches Interesse. Währenddessen er-
scheint die Nachfrage nach jeder der weiteren apparativen und labortechnischen Unter-
suchungen für sich betrachtet mit je < 10 % eher vernachlässigbar, nicht aber in deren
Summe von in toto weit mehr als 60 % (Tab. 5, 13 & 21).
Im Gegensatz zur geschilderten breiten Befürwortung eines unmittelbaren Einsatzes
diagnostischer Maßnahmen sprechen sich lediglich 14,1 % der Ärzte für die umgehende
Verschreibung mindestens eines Medikaments (Tab. 6, 14 & 22) aus. Jeder der Medizi-
ner verordnet im Schnitt 0,1 Präparate. Die Zustimmung zu einem nicht genauer be-
zeichneten Antihypertensivum, einem ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-II-Antagonisten
und der Gabe eines Antiepileptikums beträgt je 3,1 %, die zu einem Betablocker, Diure-
tikum oder Thrombozytenaggregationshemmer je 1,6 %. Andere Arzneimittel(gruppen)
wählen die Interviewten nicht aus. Sowohl für das Verschreiben als auch das Nicht-
Verschreiben lassen sich je fünf Gründe einzeln oder in Mehrfachnennung vernehmen
(Tab. 7, 15 & 23). Wichtigstes Motiv für eine Arzneimittelverordnung ist offenbar die
entsprechende Verdachtsdiagnose (10,9 %). Eine Ablehnung der Verordnung hingegen
wird hauptsächlich damit erklärt, dass (1) zuerst weitere Untersuchungen erforderlich
seien (40,6 %), (2) das präsentierte klinische Bild keiner medikamentösen Behandlung
bedürfe (35,9 %) und/oder (3) noch keine Diagnose feststehe (28,1 %).
Größeren Anklang bei den Befragten (78,1 %) findet hingegen die Option, gegenüber
dem Patienten noch am selben Tag wenigstens eine Empfehlung (im Mittel 1,9) zu
einem diabetesgerechten Lebensstil und ebensolchem Verhalten zu äußern (Tab. 8, 16
& 24). Die Ratschläge beziehen sich auf im Ganzen 12 unterschiedliche Handlungsbe-
reiche, vorwiegend aber auf die Anpassung der körperlichen Aktivität (51,6 %), das
Ess- und Ernährungsverhalten (48,4 %), die regelmäßige Einnahme von Medikamenten
(23,4 %) sowie Fußselbstuntersuchungen (10,9 %). Daneben beabsichtigen 40,6 % der
Ärzte eine unmittelbare Überweisung des Diabetikers zu einem Spezialisten, v.a. einem
Neurologen (26,6 %) und/oder Ophthalmologen (20,3 %). Kardiologen (9,4 %) und
Podologen (1,6 %) sowie Vertreter „anderer“, nicht weiter differenzierter Fachrichtun-
gen (10,9 %) werden merklich seltener zu Rate gezogen. Das entspricht durchschnittlich
4 Ergebnisse der Studie
33
0,7 Überweisungen pro Studienteilnehmer. Eine Wiedervorstellung des Patienten wird
im Mittel nach 20,1 Tagen vorgeschlagen. (Tab. 9, 17 & 25)
4.2 Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches Entscheiden
Die Tabellen 2 bis 9 veranschaulichen die etwaigen Einflüsse des Patientengeschlechts
auf verschiedene Aspekte der hausärztlichen Versorgung eines vordiagnostizierten Typ-
2-Diabetikers, der Anzeichen für eine beginnende diabetische Neuropathie und
arteriellen Hypertonus zeigt. Alles in allem weisen zehn der 102 analysierten Katego-
rien ärztlichen Entscheidens tendenzielle, vier signifikante und eine hochsignifikante
patientengeschlechtsabhängige Differenzen aus.
Bei Betrachtung der diagnostischen Kategorien fällt auf, dass sich zwischen Männern
und Frauen weder in Hinblick auf die Anamnese (Tab. 2) noch auf körperliche, appara-
tive oder labortechnische Untersuchungen (Tab. 3, 4 & 5) signifikante Differenzen jed-
weder Art – ob den Umfang oder die inhaltliche Gestaltung betreffend – erkennen las-
sen. Lediglich in vier Kategorien zeichnen sich geschlechtskorrelierte Tendenzunter-
schiede ab. So werden Frauen tendenziell seltener als Männer nach ihrem Rauchverhal-
ten (p = 0,080) sowie ihrer Adhärenz in Bezug auf eine diabetesgerechte Diät bzw. Er-
nährung (p = 0,093) gefragt (Tab. 2). Außerdem werden für Patienten tendenziell häufi-
ger als für Patientinnen noch am selben Tag überhaupt apparative und/oder Labor-
Testungen (p = 0,076) veranlasst. Eine Bestimmung des Cholesterins allerdings würden
die interviewten Mediziner tendenziell öfter bei Frauen anordnen (p = 0,070) (Tab. 5).
4 Ergebnisse der Studie
34
Tab. 2: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus: Anamnese
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)
heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 25 (78,1) 29 (90,6) 0,206
Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 5 (15,6) 11 (34,4) 0,093
Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 11 (34,4) 11 (34,4) >0,999
Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 2 (6,3) 5 (15,6) 0,239
Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 1 (3,1) 3 (9,4) 0,322
Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577
kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657
Rauchen: N (%) 6 (9,4) 1 (3,1) 5 (15,6) 0,080
Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 8 (25,0) 7 (21,9) 0,773
körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 4 (12,5) 5 (15,6) 0,700
Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 6 (18,8) 7 (21,9) 0,771
Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 4 (12,5) 7 (21,9) 0,355
Nierenerkrankungen: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,689
frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller
Gesundheitszustand: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,566
sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 1 (3,1) 1 (3,1) >0,999
Anzahl der durchschnittlich genannten
Fragekategorien
2,0
1,7
2,4
0,132
4 Ergebnisse der Studie
35
Tab. 3: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
körperliche Untersuchung
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Körperliche Untersuchung
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch untersuchen: N (%)
62 (96,9)
30 (93,8)
32 (100)
0,137
Blutdruck: N (%)
32 (50,0)
14 (43,8)
18 (56,3)
0,271
kardiovaskuläres System: N (%)
11 (17,2)
5 (15,6)
6 (18,8)
0,738
vollständige körperliche Untersuchung: N (%)
7 (10,9)
3 (9,4)
4 (12,5)
0,704
vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)
9 (14,1)
4 (12,5)
5 (15,6)
0,745
Fußuntersuchung (mit & ohne weitere
Differenzierung): N (%)
48 (75,0)
24 (75,0)
24 (75,0)
>0,999
Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 25 (78,1) 25 (78,1) >0,999
Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,577
peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 10 (31,3) 12 (37,5) 0,601
Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 8 (25,0) 8 (25,0) >0,999
Ulcera: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,549
Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 25 (78,1) 21 (65,6) 0,234
Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):
N (%)
34 (53,1)
16 (50,0)
18 (56,3)
0,608
Körpergröße: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,516
muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)
10 (15,6)
7 (21,9)
3 (9,4)
0,166
neurologischer Status: N (%)
17 (26,6)
8 (25,0)
9 (28,1)
0,757
kardiopulmonale Untersuchung: N (%)
11 (17,2)
3 (9,4)
8 (25,0)
0,108
alle Pulse: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Taillenumfang: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Körpergewicht: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,685
andere: N (%)
8 (12,5)
5 (15,6)
3 (9,4)
0,471
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
4,8
4,7
4,9
0,671
4 Ergebnisse der Studie
36
Tab. 4: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Warum würden Sie heute keine
körperliche Untersuchung durchführen?
(Mehrfachnennungen möglich)
Patient bekannt, keine weitere Untersuchung
nötig: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &
reichen aus: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,137
Ein Arzt beabsichtigt bei einem Patienten mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine umge-
hende Medikamentenverschreibung wie bei einer Patientin. Ebenso wenig Effekt hat
das Geschlecht des Diabetikers auf die durchschnittliche Anzahl und konkrete Art der
erwogenen Präparate (Tab. 6). Jedoch treten Divergenzen hinsichtlich der Begründun-
gen auf, weshalb sich Ärzte für oder eben gegen eine solche Verschreibung entscheiden
(Tab. 7). Medizinern dient der Umstand, bislang keine definitive Diagnose eruiert zu
haben, signifikant häufiger in Bezug auf Patienten als auf Patientinnen als Erklärung für
den Entschluss, kein Arzneimittel zu verordnen (p = 0,034). Sowohl für als auch gegen
eine Verschreibung wird bei Frauen im Vergleich zu Männern tendenziell häufiger mit
dem Verweis auf aktuelle Leitlinien argumentiert (in beiden Fällen p = 0,090).
Anders als bei den bereits vorgestellten Aspekten sind die patientengeschlechtsabhängi-
gen Disparitäten bei den ärztlichen Empfehlungen zu Lebensstil und Verhalten zahl-
reich (Tab. 8). So entscheiden sich signifikant mehr Mediziner für das Erteilen von Rat-
schlägen, wenn es sich bei ihrem Patienten um einen Mann handelt (p = 0,014). Auch
die durchschnittliche Anzahl der Empfehlungskategorien für einen Diabetiker übersteigt
diejenige für eine Diabetikerin signifikant (p = 0,027). Während Frauen von den Inter-
viewten auf die Themen Rauchen oder Compliance bezüglich Untersuchungen gar nicht
angesprochen würden, wären diese bei männlichen Patienten zu 18,8 % bzw. 12,5 %
Gegenstand der Arzt-Patienten-Kommunikation. Damit liegt im Fall des Rauchens eine
hochsignifikante (p = 0,008), hinsichtlich der Thematisierung von Untersuchungs-
compliance eine signifikante Differenz (p = 0,049) vor. Des Weiteren lassen sich in
diesem Kontext vier Tendenzunterschiede bemerken. Männer werden tendenziell eher
4 Ergebnisse der Studie
37
als Frauen initiativ zu einer Veränderung der physischen Aktivität
(p = 0,087), ihrem Ess- und Ernährungsverhalten (p = 0,075) sowie dem Führen eines
Symptomtagebuchs (p = 0,073) beraten. Empfehlungen, sich vermehrt Entspannungs-
und Ruhephasen (p = 0,081) zu gönnen, richten die Mediziner hingegen tendenziell
häufiger an ein weibliches Gegenüber.
Tab. 5: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Labor- & apparative Untersuchungen
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Labor- & apparative Untersuchungen
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch anordnen: N (%)
44 (68,8)
19 (59,4)
25 (78,1)
0,076
Blutdruck: N (%)
25 (39,1)
11 (34,4)
14 (43,8)
0,432
Gelegenheitsblutzucker: N (%)
15 (23,4)
7 (21,9)
8 (25,0)
0,764
Nüchternblutzucker: N (%)
6 (9,4)
2 (6,3)
4 (12,5)
0,418
HbA1c: N (%)
10 (15,6)
5 (15,6)
5 (15,6)
>0,999
EKG: N (%)
16 (25,0)
8 (25,0)
8 (25,0)
>0,999
Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):
N (%)
6 (9,4)
5 (15,6)
1 (3,1)
0,070
Gesamtcholesterin: N (%)
4 (6,3)
1 (3,1)
3 (9,4)
0,302
LDL-Cholesterin: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,693
HDL-Cholesterin: N (%)
6 (9,4)
3 (9,4)
3 (9,4)
>0,999
Triglyzeride: N (%)
9 (14,1)
6 (18,8)
3 (9,4)
0,273
Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:
N (%)
15 (23,4)
7 (21,9)
8 (25,0)
0,774
Mikroalbumin im Urin: N (%)
12 (18,8)
7 (21,9)
5 (15,6)
0,440
Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)
11 (17,2)
5 (15,6)
6 (18,8)
0,733
andere: N (%)
36 (56,3)
16 (50,0)
20 (62,5)
0,327
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
2,9
2,8
3,0
0,873
4 Ergebnisse der Studie
38
Tab. 6: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Medikamentenverschreibung
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Medikamentenverschreibung
(Mehrfachnennungen möglich)
heute ein Medikament verschreiben: N (%)
9 (14,1)
5 (15,6)
4 (12,5)
0,700
Antihypertensiva (ohne weitere
Differenzierung): N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,172
ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:
N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Betablocker: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Diuretika: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Antiepileptikum: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Anzahl der durchschnittlich genannten
Medikamentenkategorien
0,1
0,2
0,1
0,757
4 Ergebnisse der Studie
39
Tab. 7: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Warum verschreiben Sie die genannten
Medikamente heute?
(Mehrfachnennungen möglich)
aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
wegen des präsentierten klinischen Bildes:
N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
aufgrund von Leitlinien: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,090
aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,685
als Symptombehandlung: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Warum verordnen Sie heute kein
Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)
das präsentierte klinische Bild verlangt keine
Medikamente: N (%)
23 (35,9)
14 (43,8)
9 (28,1)
0,172
zuerst weitere Untersuchungen notwendig:
N (%)
26 (40,6)
11 (34,4)
15 (46,9)
0,285
Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)
3 (4,7)
3 (9,4)
0 (0,0)
0,090
Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:
N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
keine feststehende Diagnose: N (%)
18 (28,1)
5 (15,6)
13 (40,6)
0,034
4 Ergebnisse der Studie
40
Tab. 8: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten
(Mehrfachnennungen möglich)
noch heute Empfehlungen geben: N (%)
50 (78,1)
21 (65,6)
29 (90,6)
0,014
Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,577
Änderung des Alkoholkonsums: N (%)
4 (6,3)
1 (3,1)
3 (9,4)
0,337
Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)
33 (51,6)
13 (40,6)
20 (62,5)
0,087
Fußselbstuntersuchung: N (%)
7 (10,9)
5 (15,6)
2 (6,3)
0,233
auf die regelmäßige Einnahme von
Medikamenten achten: N (%)
15 (23,4)
7 (21,9)
8 (25,0)
0,780
mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)
3 (4,7)
3 (9,4)
0 (0,0)
0,081
Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)
31 (48,4)
12 (37,5)
19 (59,4)
0,075
psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)
5 (7,8)
1 (3,1)
4 (12,5)
0,179
Rauchen: N (%)
6 (9,4)
0 (0,0)
6 (18,8)
0,008
Stressverminderung: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,164
Symptomtagebuch: N (%)
6 (9,4)
1 (3,1)
5 (15,6)
0,073
Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)
4 (6,3)
0 (0,0)
4 (12,5)
0,049
Anzahl der durchschnittlich genannten
Empfehlungskategorien
1,9
1,4
2,3
0,027
Bezogen auf das Überweisungsverhalten und den anvisierten Zeitpunkt der Wiedervor-
stellung unterscheiden die Ärzte weder tendenziell noch signifikant zwischen den Ge-
schlechtern (Tab. 9).
4 Ergebnisse der Studie
41
Tab. 9: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten
gesamt (N=64)
Frau (N=32)
Mann (N=32)
p-Wert
Überweisungsverhalten
(Mehrfachnennungen möglich)
noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)
26 (40,6)
14 (43,8)
12 (37,5)
0,616
Kardiologe: N (%)
6 (9,4)
4 (12,5)
2 (6,3)
0,341
Neurologe: N (%)
17 (26,6)
7 (21,9)
10 (31,3)
0,377
Augenarzt: N (%)
13 (20,3)
7 (21,9)
6 (18,8)
0,769
Podologe (Fußspezialist): N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
andere: N (%)
7 (10,9)
5 (15,6)
2 (6,3)
0,214
Anzahl der durchschnittlich genannten
Überweisungskategorien
0,7
0,8
0,6
0,607
Tage bis zur vorgeschlagenen
Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)
20,1
20,4
19,8
0,931
4.3 Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches Entscheiden
Inwieweit das diagnostische und therapeutische Entscheidungsverhalten der Ärzte bei
Typ-2-Diabetikern mit fraglicher diabetischer Neuropathie und einer Hypertension in
Abhängigkeit vom Patientenalter variiert, demonstrieren die Tabellen 10 bis 17. Neun
der 102 darin ausgewiesenen Kategorien ärztlichen Entscheidens zeigen tendenzielle,
sieben signifikante sowie drei hochsignifikante Differenzen auf.
Während sich die Häufigkeiten der prinzipiellen Entscheidung, ergänzend zu anamnesti-
zieren, in Bezug auf 35-jährige Patienten zum Einen und 65-jährige zum Anderen nicht
nennenswert voneinander unterscheiden, würden die interviewten Mediziner den jünge-
ren Diabetikern Fragen aus im Mittel signifikant mehr Kategorien stellen (p = 0,026).
Erstere würden im Vergleich zu den 65-Jährigen signifikant häufiger um Angaben zu
ihren Rauchgewohnheiten (p = 0,010) und tendenziell häufiger um Informationen über
ihre physischen Aktivitäten (p = 0,059) gebeten. Der Tabakkonsum interessiert die Ärz-
te überhaupt nur bei den jüngeren Erkrankten. (Tab. 10)
4 Ergebnisse der Studie
42
Tab. 10: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus: Anamnese
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)
heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 28 (87,5) 26 (81,3) 0,525
Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 10 (31,3) 6 (18,8) 0,259
Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 14 (43,8) 8 (25,0) 0,111
Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,693
Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 3 (9,4) 1 (3,1) 0,322
Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,577
kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657
Rauchen: N (%) 6 (9,4) 6 (18,8) 0 (0,0) 0,010
Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 9 (28,1) 6 (18,8) 0,387
körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 7 (21,9) 2 (6,3) 0,059
Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 9 (28,1) 4 (12,5) 0,150
Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 5 (15,6) 6 (18,8) 0,757
Nierenerkrankungen 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,689
frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller
Gesundheitszustand: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,164
Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,566
sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 2 (6,3) 0 (0,0) 0,164
Anzahl der durchschnittlich genannten
Fragekategorien
2,0
2,6
1,5
0,026
4 Ergebnisse der Studie
43
Hinsichtlich des körperlichen Untersuchens (Tab. 11 & 12) sind lediglich zwei Ten-
denzunterschiede zu bemerken. So würden jüngere Patienten zwar tendenziell häufiger
eine vollständige körperliche Untersuchung (p = 0,062), aber tendenziell seltener einen
Monofilament-Test des Vibrationsempfindens (p = 0,077) erhalten (Tab. 11). Zahlrei-
chere, deutlichere altersabhängige Differenzen weist Tabelle 13 zu Labor- und apparati-
ven Untersuchungen aus. Insgesamt gäben die Ärzte solche Verfahren für die 35-
jährigen Diabetiker zwar nicht merklich öfter, wohl aber in signifikant größerem Um-
fang in Auftrag als für deren 65-jährige Mitbetroffenen (p = 0,013). Bei diesen würden
hochsignifikant seltener Urinproben auf Ketone und Glukose (p = 0,003) sowie Mikro-
albumin (p < 0,001) genommen und nicht exakter benanntes Cholesterin im Blut
(p = 0,008) bestimmt. Die beiden zuletzt erwähnten Parameter möchten die Probanden
allein bei den 35-Jährigen überprüfen. Signifikant öfter sollen bei ihnen auch das Ge-
samtcholesterin (p = 0,042) – ebenso kein einziges Mal bei betagteren Erkrankten ein-
gefordert – und die Triglyzeridkonzentration (p = 0,013) ermittelt werden. Das Gleiche
gilt für Harnsäure, Harnstoff, Elektrolyte und Kreatinin (p = 0,049). Mit tendenziell
größerer Wahrscheinlichkeit werden bei 35-jährigen Diabetikern außerdem das LDL
(p = 0,053) und das HbA1c (p = 0,051) kontrolliert.
4 Ergebnisse der Studie
44
Tab. 11: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
körperliche Untersuchung
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Körperliche Untersuchung
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch untersuchen: N (%)
62 (96,9)
32 (100)
30 (93,8)
0,137
Blutdruck: N (%)
32 (50,0)
18 (56,3)
14 (43,8)
0,271
kardiovaskuläres System: N (%)
11 (17,2)
4 (12,5)
7 (21,9)
0,318
vollständige körperliche Untersuchung: N (%)
7 (10,9)
6 (18,8)
1 (3,1)
0,062
vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)
9 (14,1)
5 (15,6)
4 (12,5)
0,745
Fußuntersuchung (mit & ohne weitere
Differenzierung): N (%)
48 (75,0)
24 (75,0)
24 (75,0)
>0,999
Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 23 (71,9) 27 (84,4) 0,247
Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577
peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 13 (40,6) 9 (28,1) 0,297
Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,225
Ulcera: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,234
Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 20 (62,5) 26 (81,3) 0,077
Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):
N (%)
34 (53,1)
19 (59,4)
15 (46,9)
0,307
Körpergröße: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,516
muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)
10 (15,6)
4 (12,5)
6 (18,8)
0,485
neurologischer Status: N (%)
17 (26,6)
11 (34,4)
6 (18,8)
0,126
kardiopulmonale Untersuchung: N (%)
11 (17,2)
6 (18,8)
5 (15,6)
0,745
alle Pulse: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Taillenumfang: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Körpergewicht: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,685
andere: N (%)
8 (12,5)
5 (15,6)
3 (9,4)
0,471
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
4,8
4,8
4,8
0,855
4 Ergebnisse der Studie
45
Tab. 12: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Warum würden Sie heute keine
körperliche Untersuchung durchführen?
(Mehrfachnennungen möglich)
Patient bekannt, keine weitere Untersuchung
nötig: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &
reichen aus: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,137
Signifikante altersbedingte Disparitäten lassen sich in Bezug auf die Verschreibung von
Medikamenten (Tab. 14 & 15) nicht konstatieren. Nur ein einziger Tendenzunterschied
zeichnet sich in diesem Kontext ab. So begründen die Mediziner den Entschluss für eine
Arzneimittelverordnung (Tab. 15) bei jüngeren Patienten tendenziell häufiger unter
Verweis auf entsprechende Leitlinien (p = 0,090). Ohne merkliche Tendenzen oder Sig-
nifikanzen erscheinen die Differenzen zwischen den zwei Altersgruppen in Hinblick auf
ärztliche Empfehlungen zu krankheitsadaptiertem Lebensstil und Verhalten (Tab. 16).
Nur zum Ess- und Ernährungsverhalten beraten die Ärzte ihr 35-jähriges Gegenüber
tendenziell öfter.
Wie in Tabelle 17 zu sehen, machen die Studienteilnehmer beim Vereinbaren eines
Termins zur Wiedervorstellung des Patienten keinen wesentlichen Unterschied zwi-
schen den Angehörigen der beiden Altersgruppen. Partiell weniger einheitlich ist hinge-
gen das Überweisungsverhalten (Tab. 17). Die Interviewten würden ihre jüngeren Pati-
enten tendenziell zu mehr Spezialisten (p = 0,076) überweisen. Während die Wünsche
nach Einbeziehung von Neurologen, Podologen und Augenärzten für 35- und 65-jährige
Diabetiker nicht merklich differieren, würden die Jüngeren tendenziell häufiger an einen
kardiologischen Kollegen überwiesen (p = 0,061). Bezogen auf die große Zahl „ande-
rer“ Experten erreicht dieser Unterschied sogar Signifikanz (p = 0,041). Zu jener Grup-
pe der im Rahmen dieser Arbeit jedoch einzeln nicht näher bezeichneten Sachverständi-
gen zählen weder Diabetologen oder Endokrinologen noch Ernährungs-, Fitness- oder
Sozialberater.
4 Ergebnisse der Studie
46
Tab. 13: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Labor- & apparative Untersuchungen
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Labor- & apparative Untersuchungen
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch anordnen: N (%)
44 (68,8)
23 (71,9)
21 (65,6)
0,548
Blutdruck: N (%)
25 (39,1)
11 (34,4)
14 (43,8)
0,432
Gelegenheitsblutzucker: N (%)
15 (23,4)
8 (25,0)
7 (21,9)
0,764
Nüchternblutzucker: N (%)
6 (9,4)
4 (12,5)
2 (6,3)
0,418
HbA1c: N (%)
10 (15,6)
8 (25,0)
2 (6,3)
0,051
EKG: N (%)
16 (25,0)
8 (25,0)
8 (25,0)
>0,999
Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):
N (%)
6 (9,4)
6 (18,8)
0 (0,0)
0,008
Gesamtcholesterin: N (%)
4 (6,3)
4 (12,5)
0 (0,0)
0,042
LDL-Cholesterin: N (%)
7 (10,9)
6 (18,8)
1 (3,1)
0,053
HDL-Cholesterin: N (%)
6 (9,4)
5 (15,6)
1 (3,1)
0,102
Triglyzeride: N (%)
9 (14,1)
8 (25,0)
1 (3,1)
0,013
Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:
N (%)
15 (23,4)
11 (34,4)
4 (12,5)
0,049
Mikroalbumin im Urin: N (%)
12 (18,8)
12 (37,5)
0 (0,0)
<0,001
Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)
11 (17,2)
10 (31,3)
1 (3,1)
0,003
andere: N (%)
36 (56,3)
18 (56,3)
18 (56,3)
>0,999
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
2,9
3,9
1,9
0,013
4 Ergebnisse der Studie
47
Tab. 14: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Medikamentenverschreibung
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Medikamentenverschreibung
(Mehrfachnennungen möglich)
heute ein Medikament verschreiben: N (%)
9 (14,1)
5 (15,6)
4 (12,5)
0,700
Antihypertensiva (ohne weitere
Differenzierung): N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:
N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,172
Betablocker: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Diuretika: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Antiepileptikum: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,137
Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Anzahl der durchschnittlich genannten
Medikamentenkategorien
0,1
0,2
0,1
0,355
4 Ergebnisse der Studie
48
Tab. 15: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Warum verschreiben Sie die genannten
Medikamente heute?
(Mehrfachnennungen möglich)
aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,172
wegen des präsentierten klinischen Bildes:
N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
aufgrund von Leitlinien: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,090
aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,685
als Symptombehandlung: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Warum verordnen Sie heute kein
Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)
das präsentierte klinische Bild verlangt keine
Medikamente: N (%)
23 (35,9)
11 (34,4)
12 (37,5)
0,783
zuerst weitere Untersuchungen notwendig:
N (%)
26 (40,6)
13 (40,6)
13 (40,6)
>0,999
Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)
3 (4,7)
2 (6,3)
1 (3,1)
0,566
Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:
N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
keine feststehende Diagnose: N (%)
18 (28,1)
8 (25,0)
10 (31,3)
0,588
4 Ergebnisse der Studie
49
Tab. 16: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten (Mehrfachnennungen möglich)
noch heute Empfehlungen geben: N (%)
50 (78,1)
26 (81,3)
24 (75,0)
0,525
Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)
3 (4,7)
2 (6,3)
1 (3,1)
0,577
Änderung des Alkoholkonsums: N (%)
4 (6,3)
2 (6,3)
2 (6,3)
>0,999
Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)
33 (51,6)
15 (46,9)
18 (56,3)
0,457
Fußselbstuntersuchung: N (%)
7 (10,9)
5 (15,6)
2 (6,3)
0,233
auf die regelmäßige Einnahme von
Medikamenten achten: N (%)
15 (23,4)
8 (25,0)
7 (21,9)
0,780
mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,555
Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)
31 (48,4)
19 (59,4)
12 (37,5)
0,075
psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)
5 (7,8)
1 (3,1)
4 (12,5)
0,179
Rauchen: N (%)
6 (9,4)
4 (12,5)
2 (6,3)
0,363
Stressverminderung: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,164
Symptomtagebuch: N (%)
6 (9,4)
3 (9,4)
3 (9,4)
>0,999
Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)
4 (6,3)
2 (6,3)
2 (6,3)
>0,999
Anzahl der durchschnittlich genannten
Empfehlungskategorien
1,9
1,9
1,8
0,675
4 Ergebnisse der Studie
50
Tab. 17: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für
eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt
(N=64) 35 Jahre
(N=32) 65 Jahre
(N=32) p-Wert
Überweisungsverhalten
(Mehrfachnennungen möglich)
noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)
26 (40,6)
15 (46,9)
11 (34,4)
0,317
Kardiologe: N (%)
6 (9,4)
5 (15,6)
1 (3,1)
0,061
Neurologe: N (%)
17 (26,6)
9 (28,1)
8 (25,0)
0,768
Augenarzt: N (%)
13 (20,3)
9 (28,1)
4 (12,5)
0,147
Podologe (Fußspezialist): N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
andere: N (%)
7 (10,9)
6 (18,8)
1 (3,1)
0,041
Anzahl der durchschnittlich genannten
Überweisungskategorien
0,7
0,9
0,5
0,076
Tage bis zur vorgeschlagenen
Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)
20,1
23,2
17,0
0,390
4.4 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf primärärztliches Entscheiden
Die Tabellen 18 bis 25 fassen zusammen, inwiefern der soziale Status eines Typ-2-
Diabetikers mit Anzeichen einer beginnenden diabetischen PNP und arterieller Hyper-
tonie auf das diagnostische wie therapeutische Vorgehen der interviewten Ärzte Ein-
fluss ausübt. Drei der 102 vorgestellten Kategorien ärztlichen Entscheidens dokumen-
tieren signifikante, zehn weitere immerhin tendenzielle Unterschiede in Abhängigkeit
vom Sozialstatus des Patienten.
Tabelle 18 widmet sich den anamnestischen Aspekten und spiegelt diesbezüglich weit-
gehend homogene Vorgehensintentionen der Studienteilnehmer wider. Danach würden
Patienten mit einem höheren Sozialstatus lediglich tendenziell öfter zu ihrem Alkohol-
konsum (p = 0,051) und einem Gefühl von Schwäche in Beinen oder Füßen (p = 0,090)
befragt als Erkrankte mit einem geringeren sozialen Status.
4 Ergebnisse der Studie
51
Tab. 18: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Anamnese
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)
heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 25 (78,1) 29 (90,6) 0,206
Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,570
Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 10 (31,3) 12 (37,5) 0,591
Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,693
Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 0 (0,0) 4 (12,5) 0,051
Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577
kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657
Rauchen: N (%) 6 (9,4) 2 (6,3) 4 (12,5) 0,376
Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 7 (21,9) 8 (25,0) 0,773
körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 3 (9,4) 6 (18,8) 0,251
Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 5 (15,6) 8 (25,0) 0,384
Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 7 (21,9) 4 (12,5) 0,355
Nierenerkrankungen 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322
periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 2 (6,3) 5 (15,6) 0,233
frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322
kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller
Gesundheitszustand: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,164
Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 0 (0,0) 3 (9,4) 0,090
sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 1 (3,1) 1 (3,1) >0,999
Anzahl der durchschnittlich genannten
Fragekategorien
2,0
1,6
2,4
0,103
4 Ergebnisse der Studie
52
Auch in Hinblick auf die zusätzlich anberaumten körperlichen Untersuchungen (Tab. 19
& 20) zeigen sich lediglich in zwei Kategorien, dem Messen der Körpergröße
(p = 0,055) und dem Überprüfen des kardiovaskulären Systems (p = 0,099), Tendenzun-
terschiede. Beide Prozeduren würden für das Kollektiv der sozial besser gestellten Pati-
enten eher initiiert (Tab. 19). Labor- bzw. apparative Testungen (Tab. 21) würden ins-
gesamt tendenziell häufiger bei Diabetikern einer höheren sozialen Position angeordnet
(p = 0,076). Signifikant häufiger wünschen Mediziner, bei ihnen eine Kontrolle des Ge-
legenheitszuckers (p = 0,040) zu veranlassen. Mit tendenziell größerer Wahrscheinlich-
keit würden bei sozial begünstigten Personen im Vergleich zu den sozial Schwächeren
außerdem nicht genauer bezeichnetes Cholesterin (p = 0,070) und Triglyzeride
(p = 0,071) bestimmt.
Für den Bereich Arzneimittelverordnung (Tab. 22 & 23) lassen sich keine signifikanten
Disparitäten in Abhängigkeit vom Sozialstatus feststellen. Allerdings dient der Hinweis
auf geltende Leitlinien Medizinern tendenziell häufiger als Erklärung für den Ent-
schluss, eine Verschreibung vorzunehmen (Tab. 23), wenn es sich bei dem Patienten um
einen Angehörigen einer niedrigeren Sozialschicht (p = 0,090) handelt – eine Parallele
zur bivariaten Analyse nach Patientenalter (s. Kap. 4.3). Tabelle 24 zeigt, dass die den
Lebensstil und das Verhalten betreffenden ärztlichen Empfehlungen nur in zwei Punk-
ten tendenziell differieren. So bekämen sozial schlechter positionierte Diabetiker einer-
seits häufiger Ratschläge zum Thema Rauchen (p = 0,073), andererseits jedoch seltener
Anregungen zum Führen eines Symptomtagebuchs (p = 0,073).
Das ärztliche Überweisungsverhalten (Tab. 25) erscheint von der Schichtzugehörigkeit
weitgehend unbeeinflusst – mit einer Ausnahme. Patienten, die sozial höher rangieren,
würden signifikant öfter als diesbezüglich weniger gut gestellte Personen an einen neu-
rologischen Kollegen überwiesen (p = 0,043). Zugleich aber fällt auf, dass die Primär-
mediziner selbst gerade die Erkrankten mit einer geringeren sozialen Position in signifi-
kant kürzerem zeitlichem Abstand wiedereinbestellen möchten (p = 0,016).
4 Ergebnisse der Studie
53
Tab. 19: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
körperliche Untersuchung
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Körperliche Untersuchung
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch untersuchen: N (%)
62 (96,9)
32 (100)
30 (93,8)
0,137
Blutdruck: N (%)
32 (50,0)
16 (50,0)
16 (50,0)
>0,999
kardiovaskuläres System: N (%)
11 (17,2)
3 (9,4)
8 (25,0)
0,099
vollständige körperliche Untersuchung: N (%)
7 (10,9)
4 (12,5)
3 (9,4)
0,704
vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)
9 (14,1)
5 (15,6)
4 (12,5)
0,745
Fußuntersuchung (mit & ohne weitere
Differenzierung): N (%)
48 (75,0)
23 (71,9)
25 (78,1)
0,549
Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 26 (81,3) 24 (75,0) 0,561
Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577
peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 11 (34,4) 11 (34,4) >0,999
Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,225
Ulcera: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,549
Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 25 (78,1) 21 (65,6) 0,234
Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):
N (%) 34 (53,1) 19 (59,4) 15 (46,9) 0,307
Körpergröße: N (%)
3 (4,7)
0 (0,0)
3 (9,4)
0,055
muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)
10 (15,6)
7 (21,9)
3 (9,4)
0,166
neurologischer Status: N (%)
17 (26,6)
10 (31,3)
7 (21,9)
0,355
kardiopulmonale Untersuchung: N (%)
11 (17,2)
3 (9,4)
8 (25,0)
0,108
alle Pulse: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Taillenumfang: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,164
Körpergewicht: N (%)
7 (10,9)
2 (6,3)
5 (15,6)
0,227
andere: N (%)
8 (12,5)
4 (12,5)
4 (12,5)
>0,999
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
4,8
4,7
4,9
0,761
4 Ergebnisse der Studie
54
Tab. 20: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Warum würden Sie heute keine
körperliche Untersuchung durchführen?
(Mehrfachnennungen möglich)
Patient bekannt, keine weitere Untersuchung
nötig: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &
reichen aus: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,137
4 Ergebnisse der Studie
55
Tab. 21: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Labor- & apparative Untersuchungen
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Labor- & apparative Untersuchungen
(Mehrfachnennungen möglich)
überhaupt heute noch anordnen: N (%)
44 (68,8)
19 (59,4)
25 (78,1)
0,076
Blutdruck: N (%)
25 (39,1)
11 (34,4)
14 (43,8)
0,432
Gelegenheitsblutzucker: N (%)
15 (23,4)
4 (12,5)
11 (34,4)
0,040
Nüchternblutzucker: N (%)
6 (9,4)
3 (9,4)
3 (9,4)
>0,999
HbA1c: N (%)
10 (15,6)
3 (9,4)
7 (21,9)
0,189
EKG: N (%)
16 (25,0)
7 (21,9)
9 (28,1)
0,572
Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):
N (%)
6 (9,4)
1 (3,1)
5 (15,6)
0,070
Gesamtcholesterin: N (%)
4 (6,3)
2 (6,3)
2 (6,3)
>0,999
LDL-Cholesterin: N (%)
7 (10,9)
2 (6,3)
5 (15,6)
0,239
HDL-Cholesterin: N (%)
6 (9,4)
2 (6,3)
4 (12,5)
0,408
Triglyzeride: N (%)
9 (14,1)
2 (6,3)
7 (21,9)
0,071
Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:
N (%)
15 (23,4)
7 (21,9)
8 (25,0)
0,774
Mikroalbumin im Urin: N (%)
12 (18,8)
4 (12,5)
8 (25,0)
0,126
Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)
11 (17,2)
5 (15,6)
6 (18,8)
0,733
andere: N (%)
36 (56,3)
16 (50,0)
20 (62,5)
0,327
Anzahl der durchschnittlich genannten
Untersuchungskategorien
2,9
2,3
3,5
0,133
4 Ergebnisse der Studie
56
Tab. 22: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Medikamentenverschreibung
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Medikamentenverschreibung
(Mehrfachnennungen möglich)
heute ein Medikament verschreiben: N (%)
9 (14,1)
3 (9,4)
6 (18,8)
0,251
Antihypertensiva (ohne weitere
Differenzierung): N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:
N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Betablocker: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Diuretika: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Antiepileptikum: N (%)
2 (3,1)
0 (0,0)
2 (6,3)
0,137
Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
Anzahl der durchschnittlich genannten
Medikamentenkategorien
0,1
0,1
0,2
0,355
4 Ergebnisse der Studie
57
Tab. 23: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Warum verschreiben Sie die genannten
Medikamente heute?
(Mehrfachnennungen möglich)
aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,172
wegen des präsentierten klinischen Bildes:
N (%)
1 (1,6)
1 (3,1)
0 (0,0)
0,322
aufgrund von Leitlinien: N (%)
2 (3,1)
2 (6,3)
0 (0,0)
0,090
aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)
7 (10,9)
2 (6,3)
5 (15,6)
0,227
als Symptombehandlung: N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
Warum verordnen Sie heute kein
Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)
das präsentierte klinische Bild verlangt keine
Medikamente: N (%)
23 (35,9)
12 (37,5)
11 (34,4)
0,783
zuerst weitere Untersuchungen notwendig:
N (%)
26 (40,6)
15 (46,9)
11 (34,4)
0,285
Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,566
Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:
N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
keine feststehende Diagnose: N (%)
18 (28,1)
9 (28,1)
9 (28,1)
>0,999
4 Ergebnisse der Studie
58
Tab. 24: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten
(Mehrfachnennungen möglich)
noch heute Empfehlungen geben: N (%)
50 (78,1)
27 (84,4)
23 (71,9)
0,206
Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)
3 (4,7)
1 (3,1)
2 (6,3)
0,577
Änderung des Alkoholkonsums: N (%)
4 (6,3)
3 (9,4)
1 (3,1)
0,337
Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)
33 (51,6)
17 (53,1)
16 (50,0)
0,804
Fußselbstuntersuchung: N (%)
7 (10,9)
2 (6,3)
5 (15,6)
0,233
auf die regelmäßige Einnahme von
Medikamenten achten: N (%)
15 (23,4)
9 (28,1)
6 (18,8)
0,403
mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)
3 (4,7)
2 (6,3)
1 (3,1)
0,555
Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)
31 (48,4)
16 (50,0)
15 (46,9)
0,796
psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)
5 (7,8)
3 (9,4)
2 (6,3)
0,651
Rauchen: N (%)
6 (9,4)
5 (15,6)
1 (3,1)
0,073
Stressverminderung: N (%)
2 (3,1)
1 (3,1)
1 (3,1)
>0,999
Symptomtagebuch: N (%)
6 (9,4)
1 (3,1)
5 (15,6)
0,073
Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)
4 (6,3)
1 (3,1)
3 (9,4)
0,317
Anzahl der durchschnittlich genannten
Empfehlungskategorien
1,9
1,9
1,8
0,801
4 Ergebnisse der Studie
59
Tab. 25: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei
Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:
Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten
(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)
gesamt
(N=64) niedrig
(N=32) hoch
(N=32) p-Wert
Überweisungsverhalten
(Mehrfachnennungen möglich)
noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)
26 (40,6)
12 (37,5)
14 (43,8)
0,616
Kardiologe: N (%)
6 (9,4)
2 (6,3)
4 (12,5)
0,341
Neurologe: N (%)
17 (26,6)
5 (15,6)
12 (37,5)
0,043
Augenarzt: N (%)
13 (20,3)
7 (21,9)
6 (18,8)
0,769
Podologe (Fußspezialist): N (%)
1 (1,6)
0 (0,0)
1 (3,1)
0,322
andere: N (%)
7 (10,9)
2 (6,3)
5 (15,6)
0,214
Anzahl der durchschnittlich genannten
Überweisungskategorien
0,7
0,5
0,9
0,127
Tage bis zur vorgeschlagenen
Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)
20,1
11,2
29,0
0,016
5 Diskussion der Studie
Die vorgestellte Studie widmet sich der Frage, inwiefern die Patientenmerkmale Ge-
schlecht, Alter und sozialer Status als nicht-medizinische Faktoren Entscheidungen in
Deutschland ausgebildeter und niedergelassener Hausärzte zur Betreuung vorbekannter
Typ-2-Diabetiker beeinflussen, wenn sich bei den Erkrankten Hinweise auf eine Folge-
und/oder Begleiterkrankung ergeben. Kapitel 5 umfasst die Diskussion zur Methode,
Konzeption und Umsetzung der Studie einerseits (s. Kap. 5.1) und diejenige zu deren
Ergebnissen (s. Kap. 5.2) andererseits.
60
5 Diskussion der Studie
5.1 Diskussion zur Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie
Der eigentlichen Ergebnisdiskussion geht in den folgenden Abschnitten die Erörterung
der wichtigsten Vorzüge und Limitationen eines experimentellen (mit Videotechnik
arbeitenden) Untersuchungsdesigns für die Versorgungsforschung im Allgemeinen und
das Anliegen dieser Studie im Besonderen voraus. Außerdem werden einige Bedenken
in Bezug auf einzelne Aspekte der konkreten Projektgestaltung sowie die mit ihr ver-
bundenen Herausforderungen skizziert. (S. Kap. 5.1.1 & 5.1.2) Kapitel 5.1.3 befasst
sich damit, wie die Verantwortlichen besagten Limitationen und Herausforderungen
a priori begegnet sind. Abschließend beschäftigt sich Kapitel 5.1.4 mit zwei statisti-
schen Erscheinungen, dem multiplen Testen und der Teststärke. Bei der Bewertung der
Ergebnisse erfordern beide Beachtung.
5.1.1 Die Vorzüge des videobasierten experimentellen Studiendesigns
Das auf dem Einsatz von Videographie gründende experimentelle Untersuchungsdesign
bietet gegenüber den bisher üblichen Fallstudien mit ihrer retrospektiven, auf Deskrip-
tion basierenden Identifikation von Einflussfaktoren auf klinisch tatsächlich getroffene
Entscheidungen (vgl. bei aller Unterschiedlichkeit stellvertretend für viele Beiträge
Alberti et al. 2007, Alter et al. 1999, Glaesmer/Deter 2002, Melkus et al. 2009,
Streja/Rabkin 1999) klare Vorteile. Diese kommen v.a. in Hinblick auf die interne Vali-
dität zum Tragen. So zeigen sich die große Zahl und Diversität zu bedenkender Variab-
len, potentieller Störfaktoren und Interaktionen mit der herkömmlichen Herangehens-
weise lediglich schwer handhabbar, kaum zu kontrollieren oder gar zu operationalisie-
ren (vgl. auch Feldman et al. 1997). Angesichts dessen könnte eine solche Untersu-
chung nur unter der Bedingung einer immensen Fallzahl statistisch hinlänglich profund
und damit aussagekräftig sein. Zeitgleich wäre sie aber auch äußerst kostspielig. Sehr
diffizil, wenn nicht unmöglich hat sich folglich in der Vergangenheit jedweder Versuch
einer systematischen Berücksichtigung sämtlicher denkbarer ärztliches Entscheiden
beeinflussenden Größen sowie ihrer eventuellen Interdependenzen erwiesen. (Vgl.
ebenso Bönte 2008, der über das Vorgängerprojekt zu KHK soziologisch promoviert
und sich in dem aus seiner Dissertation hervorgegangenen Buch insbesondere mit den
Vorzügen des methodischen Ansatzes intensiv befasst hat. Kap. 5.1.1 ist argumentativ
insgesamt eng an seinen Ausführungen orientiert.)
61
5 Diskussion der Studie
Der enorme Pluspunkt des experimentellen Designs besteht prinzipiell darin, zugleich
eine Vielzahl an Variablen unabhängig voneinander, zeit- und kosteneffizient sowie
unter Kontrolle konfundierender Umwelteinflüsse gezielt und systematisch alternieren
zu können – anders als bei großangelegten beobachtenden Studien (vgl. Feldman et al.
1997, Lutfey et al. 2008), welche keine Untersuchung der ärztlichen Entscheidungen bis
ins Detail erlauben (Feldman et al. 1997). Außerdem beugt der Vignetteneinsatz
Reaktivitätseffekten (besser) vor und macht nicht zuletzt auf ethische Überlegungen
zurückgehende Probleme mit der „Standardisierung“ von Patienten sowie Bedenken
hinsichtlich des Mitschneidens einer Arzt-Patienten-Zusammenkunft obsolet (Lutfey et
al. 2008). All die genannten Aspekte eines experimentellen Vorgehens tragen dazu bei,
eine systematische Analyse des Einflusses einzelner Patienteneigenschaften auf medizi-
nisches Decision Making erst zu ermöglichen.
Nonverbale Informationen und ein optischer Eindruck vom Patienten gelten zahllosen
Medizinern als substanziell, wenn sie fundiert über die passende Diagnostik und Thera-
pie zu entscheiden haben (exemplarisch Durante et al. 1997, Heath 1984, Schulman et
al. 1999). Nur sehr eingeschränkt vermögen die schon seit längerer Zeit im medizinso-
ziologischen Kontext vereinzelt eingesetzten schriftlichen Fallvignetten (Maguire et al.
2000, vgl. auch Boulis/Long 2004, Schulman et al. 1999) solche impliziten Sachverhal-
te durch bloße Beschreibung zu vermitteln. Eine Videoaufzeichnung hingegen kann die
Umstände, die zu den Handlungsentscheidungen des Arztes beitragen, authentischer
veranschaulichen (vgl. ebd.), denn sie macht derartig ganzheitliche Vorstellungen von
der zu behandelnden Person weitgehend möglich. Davon ist auch bei der Aufnahme der
fiktiven Sprechzimmer-Interaktion auszugehen, die für diese Studie gedreht worden ist.
Das optische Erscheinungsbild, die Gestik und Mimik des sichtlich übergewichtigen
Patienten, dessen Kleidung abhängig von Alter und sozialem Status variiert, sind für die
Rezipienten gut zu erkennen. Das entwickelte Kulissenkonzept unterstützt die Annahme
von Echtheit und Realität. Im Rahmen der Pretests zur vorliegenden Studie ist bei
einem Fokusgruppengespräch die Akzeptanz einer Videovignette mit derjenigen einer
schriftlichen Variante verglichen und für größer befunden worden (s. Kap. 3.3; zu
Chancen und Grenzen eines Rückgriffs auf focus groups im Kontext der Fundierung
und Validierung von Studien vgl. O’Donnell et al. 2007).
62
5 Diskussion der Studie
5.1.2 Die Limitationen des videobasierten experimentellen Studiendesigns
Während das experimentelle Design der Studie also einerseits einen sehr hohen Grad
interner Validität verleiht, birgt es andererseits v.a. unter dem Gesichtspunkt der exter-
nen Validität gewisse Schwächen. Selbst bei maximalem Bemühen um eine realistische
Gestaltung der dargestellten Situation exponiert allein schon der Einsatz eines video-
graphierten Simulationspatienten das in einem Video gesehene über jedwedes alltägli-
che Praxisgeschehen. Unweigerlich wirkt jede inszenierte Szene zumindest ein wenig
künstlich, und unbestritten unterscheiden sich daher die Umstände des im Rahmen einer
Untersuchung vignettenbasiert erfragten Agierens teilnehmender Ärzte in mannigfalti-
ger Weise von den Verhältnissen in der „wirklichen Praxiswelt“. (Lutfey et al. 2008;
vgl. zudem z.B. Bönte 2008, Knesebeck et al. 2010b)
Nachfolgend werden die bei einem Experiment in der Versorgungsforschung generell
zu bemerkenden Limitationen genauso erörtert wie diejenigen, die im Kontext der kon-
kreten Umsetzung des hier thematisierten Projekts stehen:
1. Solche experimentellen Studien erfordern die Konzentration auf einzelne Merkmale
des komplexen sozialen Wesens Patient. Stets bleibt die Auswahl der Variablen
kontingent und in deren Anzahl begrenzt. Einige potentiell einflussnehmende As-
pekte einer Person sind überdies von vager Natur und demzufolge schwerlich zu
operationalisieren, wie z.B. körperliche Attraktivität, Durchsetzungsvermögen und
medizinisches Vorwissen (vgl. Feldman et al. 1997). Vielschichtige sozial-
menschliche Effekte auf ärztliches (Be-)Handeln können folglich zwar näherungs-
weise, nicht jedoch abschließend analysiert werden. So geben beispielsweise Kales
et al. (2005) für ihre vergleichbar konzipierte Untersuchung zu Entscheidungspro-
zessen von Medizinern bei Depression zu bedenken, dass im realen Praxisalltag die
Summe und Gewichtung der das ärztliche Verhalten beeinflussenden Faktoren von
den experimentell ermittelten klar abweichen könnte.
2. Die Tatsache, dass Vignetten a priori keinerlei Möglichkeit zur Interaktion zwischen
Simulationspatient und ärztlichem Betrachter zulassen, darf in ihren Konsequenzen
nicht unterschätzt werden. Schon Heath (1984) definiert Kommunikation als ein
durch den dynamischen Prozess von Antizipation, Erwartung, Unterstellung, Aktion
und Reaktion aller Beteiligten koordiniertes wechselseitiges Verhalten und akzentu-
iert die enorme Bedeutung seiner nonverbalen Aspekte. Den Medizinern im aktuell
vorgestellten Fall aber war jede natürliche, spontane Einflussnahme auf Inhalt und
63
5 Diskussion der Studie
Form der Schilderungen des Diabetikers verwehrt. So konnten sie weder Details er-
fragen oder missverständliche Punkte abklären noch die Anamnese hin zu weiteren
interessierenden Aspekten lenken. Zu den (fiktiven) Befunden der von ihnen ge-
wünschten Tests erhielten sie keine Auskunft. Dadurch mögen den Probanden u.U.
gerade in Bezug auf das therapeutische Vorgehen entscheidungsrelevante Informati-
onen gefehlt haben. (Vgl. Lutfey et al. 2008)
3. Es kann nicht mit letzter Gewissheit geklärt werden, inwiefern die Interviewbedin-
gungen von einzelnen Probanden subjektiv als Prüfung erlebt worden sind, sie auf
diese Weise intervenierende Phänomene, wie beispielsweise das der sozialen
Erwünschtheit (vgl. auch Knesebeck et al. 2010b), gefördert und somit die Über-
tragbarkeit der Ergebnisse auf die klinische Realität zusätzlich eingeschränkt haben.
Alle Studienteilnehmer sind dazu angehalten worden, direkt im Anschluss an die
Rezeption ad hoc Entscheidungen zu diagnostischen und therapeutischen Schritten
für einen ihnen bis dato unbekannten Diabetiker zu treffen, die noch am selben Tag
durchzuführen, wenigstens aber zu veranlassen gewesen seien.
Anders als bei eigenen, nicht selten langjährigen Patienten (s. Kap. 2.2) hat für die
Primärärzte hier also keine Möglichkeit bestanden, unter Rückgriff auf die oft hand-
lungsorientierende Beziehungsebene mit dem Gegenüber und das Vorwissen über
ihn – seine Krankheitsgeschichte, Befunde aus früheren Untersuchungen, eventuelle
Ko- oder Folgemorbidität, momentane Medikation, Behandlungsadhärenz u.v.a. –
„unbeobachtet“ durch einen Dritten sukzessiv ergänzende Fragen, Hypothesen und
zuletzt Lösungsansätze zu entwickeln (zur fundamentalen Bedeutung von verschie-
denen Wissensbasen für ärztliche Entscheidungsprozesse vgl. anschaulich Linden
2005; bezüglich der Gewichtigkeit der persönlichen Arzt-Patienten-Beziehung vgl.
des Weiteren exemplarisch Beullens et al. 1997, Glaesmer/Deter 2002,
Manderbacka 2005 & Sturm et al. 2007).
4. Der Wunsch, das Entscheidungsverhalten amerikanischer, britischer und deutscher
Mediziner miteinander zu vergleichen (s. Kap. 3), machte es erforderlich, bei der
Studie kleinere Abstriche hinsichtlich der Authentizität, vorwiegend die Berücksich-
tigung sprachlich-kultureller Besonderheiten betreffend in Kauf zu nehmen. So er-
innert sowohl das Erscheinungsbild der Simulationspatienten als auch die Sprech-
zimmerkulisse dezent an amerikanische Film- oder Fernsehproduktionen. Teilweise
orientieren sich die Formulierungen der deutschen Übersetzung sehr genau am eng-
lischsprachigen Originalmanuskript, was mitunter auf Kosten der Adaption an den
64
5 Diskussion der Studie
hierzulande üblichen Sprachgebrauch geschieht und in der Sprachmelodie ggf. zu ir-
ritieren vermag (s. Anhang). Die Sprecher haben sowohl Simulationsärzte als auch
-patienten mit diskret amerikanischem Akzent synchronisiert. Die Mundbewegun-
gen der Schauspieler und der zu hörende Ton disharmonieren bisweilen wahrnehm-
bar.
5. Aus dem vorrangigen Willen, die interne Validität der dargelegten Untersuchung zu
optimieren, ist – anders als mit der Wahl rollenspezifischer Kleidung – beim Ent-
wurf des Dialogs gänzlich auf stereotypische Variationen verzichtet worden. Dabei
existieren zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Frauen und Männern,
Menschen unterschiedlichen Alters oder mit disparatem sozialem Status, durchaus
Differenzen in Wortwahl und Satzbau sowie Auftreten und Kommunikationsverhal-
ten gegenüber Ärzten (vgl. eher übergeordnet Brink-Muinen 2003).
Frauen z.B. nutzen Angebote des Gesundheitswesens in höherem Maße als Männer,
sie artikulieren häufiger und expliziter gesundheitliche, selbst psychische Probleme
und sind eher als Männer bereit, offen mit ihrer Hilfsbedürftigkeit umzugehen
(Bertakis et al. 2001; vgl. explizit für Deutschland Glaesmer/Deter 2002). Jüngere
Patienten erbitten merkbar nachdrücklicher Informationen und Wahlmöglichkeiten
hinsichtlich der anzustrebenden Therapie als gleichfalls Betroffene in fortgeschritte-
nem Alter (Pritchard 2007), die generell eher bereit sind, ärztliche Autorität zu ak-
zeptieren (Beisecker et al. 1996). Auch Angehörige niedrigerer sozialer Schichten
würden öfter als sozial besser gestellte Personen Gesundheitsleistungen passiv rezi-
pieren, sich weniger engagiert um ärztliche Erklärungen bemühen, eigene (Behand-
lungs-)Präferenzen zaghafter mitteilen, deshalb oft weniger interessiert wirken und
Krankheiten eher mit physischen als emotionalen Begriffen Ausdruck verleihen,
konstatieren die US-Amerikaner Scott et al. (1996). Gerade Diabetiker in schlechten
Beschäftigungsverhältnissen würden weniger effektiv mit ihren behandelnden Ärz-
ten kommunizieren, heißt es bei Brown et al. (2004).
Das Wissen um die kommunikativen Verschiedenheiten nutzend haben Woo et al.
(2004) in ihrer gefilmten Inszenierung eines hypothetischen Arzt-Patienten-
Gesprächs neben dem Abändern von Kleidung, Accessoires und dem Gepflegtheits-
grad ebenso Modulationen in Sprache und Skript eingesetzt, um die Zugehörigkeit
des Erkrankten zu verschiedenen Sozialschichten zu veranschaulichen.
6. Aufgrund von Kosten-Nutzen-Kalkulationen beschlossen die Projektverantwortli-
chen, das Geschlecht des lediglich als Stimme wahrzunehmenden Simulationsarztes
65
5 Diskussion der Studie
müsse nicht zwangsläufig mit dem Geschlecht des Interviewten übereinstimmen.
Auf der einen Seite hätte eine anderslautende Entscheidung eventuell die Identifika-
tion der Untersuchungsteilnehmer mit dem fiktiven Kollegen und das Einfinden in
die dargestellte Szene begünstigen, auf der anderen Seite wären die Produktionskos-
ten dadurch gestiegen.
5.1.3 Wie die Projektverantwortlichen den Limitationen begegnen
In Anbetracht der ansehnlichen Liste von Limitationen mag es zunächst erstaunen, dass
88 % der interviewten deutschen Ärzte angegeben haben, der ihnen präsentierte Fall sei
einigermaßen, mitunter gar sehr typisch für die Patienten ihrer Praxis – im Gegensatz zu
ihren amerikanischen und britischen Kollegen mit einer merklich geringeren diesbezüg-
lichen Zustimmung von 81 bzw. lediglich 69 % (vgl. Knesebeck et al. 2010b). Anteil
daran hat zweifelsohne die nachstehend konturierte Art, in der die Initiatoren der Studie
mit den Limitationen umgegangen sind.
Nicht zuletzt wegen der Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten (s. Kap. 3) antizi-
pierten die Wissenschaftler die methodischen Herausforderungen von Vorneherein.
Früh ergriffen sie diverse Maßnahmen, um im Rahmen der getroffenen strikten
Priorisierung von Forschungszielen – allen voran einer Optimierung der internen Vali-
dität sowie der maximalen Vergleichbarkeit der amerikanischen, britischen und deut-
schen Ergebnisse – die externe Validität zu verbessern. So sind die Teilnehmer explizit
darum gebeten worden, auf das Gesehene zu reagieren, als handele es sich bei dem
Schauspieler um einen „echten“ Patienten, der ihre Sprechstunde aufgesucht habe. Mit-
schreiben und das Verfassen von Notizen war beispielsweise jederzeit möglich. Aus
Gründen von Authentizität und um zu vermeiden, dass bei den Medizinern das Gefühl
aufkommt, sich einer Prüfung zu unterziehen, wurden sie in der eigenen Praxis während
ihrer regulären Präsenzzeit interviewt. Nach Einschätzung des Projektmitarbeiters, der
ausnahmslos und allein sämtliche Interviews in Deutschland führte, empfanden die Pro-
banden die Untersuchungspartizipation weder als Prüfung ihrer Person noch ihrer ärztli-
chen Fähigkeiten. Um maximale Praxisnähe zu garantieren, haben die Studienverant-
wortlichen die Skripte zudem unter intensiver Mithilfe erfahrener Kliniker sowie Be-
rücksichtigung damals aktueller Leitlinien in einem mehrschrittigen Verfahren ausgear-
beitet. (S. Kap. 3)
66
5 Diskussion der Studie
Mithilfe von zwei der vier Pretests eruierten sie die Glaubwürdigkeit des minuziös ent-
wickelten Falls. Im Zuge des ersten sah ein Zirkel versierter Mediziner ein
videographiertes Rollenspiel, dessen Wortlaut den Formulierungen des schriftlichen
Vignettenentwurfs entsprach. Die Fachleute beurteilten den Arzt-Patienten-Dialog zum
Einen als durchaus realistisch (zum Realismus der präsentierten Fallkonstellation
s. Kap. 3.1). Zum Anderen zogen sie – wie vom Forscherteam beabsichtigt – unter-
schiedliche Schlüsse, welche Konsequenzen medizinischen Handelns dem Gesehenen
gerecht würden. Der andere Pretest war den Fragen nach (1) der Kompatibilität des im
anglo-amerikanischen Raum konzipierten Skripts und dem in Deutschland vorzufinden-
den Praxisalltag sowie (2) der Verständlichkeit der deutschen Übersetzung gewidmet.
Beide Fragen wurden einhellig bejaht. (S. Kap. 3.3)
Um die Aussagekraft der Studie über das bisher Gesagte hinaus sowie die Repräsentati-
vität ihrer Ergebnisse zu sichern, betrieben die Wissenschaftler neben dem immensen
Engagement beim Verfassen und Verfilmen des Skripts, den angesprochenen Pretests
sowie der Wahl von Ort und Umständen des Interviews weitere Vorarbeiten. Spezielle,
für alle Interviewer identisch aufgebaute Schulungen sollten beispielsweise helfen, po-
tentiell konfundierende Interviewereffekte (vgl. zu diesen exemplarisch Johannes et al.
1997) zu verhindern (s. Kap. 3.3). Für Deutschland ergab sich überdies die erwähnte
Besonderheit, dass eine einzige Person jeden der dort teilnehmenden Ärzte interviewte,
was selbst marginale ungewollte interindividuelle Nuancierung unterband.
Das Kollektiv der Ärzte, die an der Studie teilnahmen, wurde anhand eines strikt ran-
domisierten, in Kapitel 3.2 detailliert beschriebenen Verfahrens stufenweise zusammen-
gestellt. Die Grundlage der Auswahl im Rahmen der deutschen Untersuchungsreplika-
tion bildete ein von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vorbereitetes Ver-
zeichnis mit etwa 2750 primärärztlich tätigen Medizinern, die in Deutschland studiert
und hier ihre Approbation erhalten hatten. Eine solche Apriori-Eingrenzung der Ge-
samtpopulation gestattete eine gewisse Kontrolle des Einflusses, den das landesspezi-
fische Gesundheitssystem und die entsprechende ausbildungsbedingte „Sozialisation“
auf ärztliche Entscheidungsprozesse nehmen (ausführlich vgl. auch Bönte 2008).
Bei insgesamt geringer negativer Selbstselektion betrug die Teilnahmerate der kontak-
tierten Mediziner unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Berufserfahrung 78 %.
Die sorgfältige, zufällig getroffene Probandenauswahl darf dem zufolge als repräsenta-
tiv für die anvisierte Ärztegesamtpopulation gelten. (S. Kap. 3.2) Trotzdem sollten zwei
67
5 Diskussion der Studie
Eigenheiten in der Struktur der Gruppe partizipierender Mediziner nicht unbeachtet
bleiben:
1. 86 % und damit überdurchschnittlich viele von ihnen sind bereits damals als Anbie-
ter von DMPs für Typ-2-Diabetiker inskribiert gewesen. Mitte 2007 lag der Pro-
zentsatz für solche Programme registrierter Praxen bundesweit bei rund 65 % und
ist seither zwar kontinuierlich gewachsen, unterschreitet vornehmlich in ländlichen
Regionen allerdings noch immer häufig die 70-Prozent-Marke (vgl. Nordrheinische
Gemeinsame Einrichtung DMPs 2010, Szecsenyi et al. 2008). Salopp formuliert wa-
ren die Studienteilnehmer ihrer Zeit dahingehend merklich voraus. Ferner äußerten
beinahe alle Interviewten, sich diabetologisch fortgebildet zu haben. Angesichts des
Projektalters von inzwischen rund sechs Jahren bieten diese beiden besonderen Um-
stände gleichsam Vorteile, verlängern sie doch in gewisser Hinsicht die Gültigkeit
der auf Basis der erhobenen Daten getroffenen Aussagen.
2. Auch die Diabetes-Prävalenz im Ärztekammerbezirk Nordrhein hat sich während
des Erhebungszeitraums von der in anderen Regionen Deutschlands, v.a. der neuen
Bundesländer unterschieden (s. Kap. 2.2).
Alles in allem überwiegen die Vorteile des verwendeten experimentellen Studiende-
signs und seiner faktischen Realisierung im Kontext des konkreten Forschungsinteres-
ses die Summe der Limitationen und Nachteile deutlich.
5.1.4 Multiples Testen und die statistische Power der Studie
Zwei statistische Gegebenheiten, das so genannte multiple Testen und die Teststärke
(synonym: Power) der Untersuchung, sind bei der Interpretation der Ergebnisse unbe-
dingt zu bedenken. So gewährt der Entschluss, das Studienmaterial in 102 Kategorien
zu analysieren, zwar eine große inhaltliche Präzision, im Gegenzug provoziert er aber
auch das Phänomen des multiplen Testens, mit dem sich u.a. Bender et al. (2002) und
Victor et al. (2010) eingehend auseinandersetzen. Mit der Anzahl der Kategorien, zu
denen eine Person Signifikanztests durchführt, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sie
dabei wenigstens einen Fehler 1. Art34
begeht, und zumindest ein Ergebnis lediglich
vom Zufall bedingt ist (vgl. Fahrmeir et al. 2000; des Weiteren Bender et al. 2002 &
Victor et al. 2010). Ein Verzicht auf komplexe korrigierende Testprozeduren erscheint
im Kontext des konkreten Studienanliegens vollends vertretbar. Um der Herausforde-
34
Die Person nimmt also fälschlicherweise an, bezüglich des überprüften Items existiere ein Unterschied.
68
5 Diskussion der Studie
rung des multiplen Testens adäquat zu begegnen, werden im Rahmen dieser Arbeit ge-
mäß einem Vorschlag von Prel et al. (2009) alle p-Werte auf die dritte Nachkommastel-
le gerundet und in den Tabellen entsprechend ausgewiesen. Anders als bei einer rein
binären Differenzierung signifikant vs. nicht-signifikant bleiben auf diese Weise selbst
kleinere Unterschiede zwischen einzelnen Werten nachvollziehbar (vgl. ebd.). Gleich-
wohl werden diese unter der Bedingung p < 0,05 als signifikant bezeichnet.
Eine verhältnismäßig geringe Probandenzahl von N = 64 und die Verwendung des
Standard-Signifikanzniveaus schränken außerdem die statistische Power der Untersu-
chung ein. Sie zeigt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Hypothesentest einen be-
stimmten tatsächlich vorhandenen Unterschied offenbart, d.h. dem Prüfenden in Bezug
auf das spezifische Item kein Fehler 2. Art35
unterläuft. Umgekehrt bedeutet dies, dass
im Fall einer reduzierten Teststärke sich selbst erhebliche Differenzen nicht zwangsläu-
fig in als signifikant zu klassifizierenden Ergebnissen widerspiegeln. (Vgl. Fahrmeir et
al. 2000, Prel et al. 2009 & 2009b, Victor et al. 2010) Auch diesbezüglich ist die präzise
Angabe der p-Werte gemäß Prel et al. (2009) von beschriebenem Nutzen. Ihre Hervor-
hebung als Tendenzunterschied, sobald p < 0,10 ist, hilft ebenfalls, die Bedeutung eines
möglichen Fehlers 2. Art zu verringern.
5.2 Diskussion der Studienergebnisse
Die Diskussion der Studienergebnisse erfolgt viergliedrig. Nachdem zunächst die Kom-
position des für die Untersuchung erdachten Diabetes-Falls kurz diskutiert wird, setzt
Kapitel 5.2.1 die wichtigsten der in Kapitel 4.1 dokumentierten allgemeinen Aussagen
über primärärztliches Entscheiden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu ande-
ren wissenschaftlichen Arbeiten, hauptsächlich aber den Inhalten von in Deutschland
(heute bzw. im Erhebungszeitraum) geltenden Behandlungsleitlinien in Beziehung. Auf
diese Weise wird die Diskussion des Einflusses von Geschlecht (s. Kap. 5.2.2), Alter
(s. Kap. 5.2.3) und sozialem Status des Patienten (s. Kap. 5.2.4) auf das anamnestische,
diagnostische und therapeutische Vorgehen der Hausärzte zum Zwecke optimierter
Nachvollziehbarkeit inhaltlich eingeleitet und fundiert.
35 Der Betreffende nimmt fälschlicherweise an, hinsichtlich des getesteten Sachverhalts bestehe kein Un-
terschied.
5 Diskussion der Studie
69
5.2.1 Diskussion der durch die Studie getroffenen allgemeinen Aussagen zu
primärärztlichem Entscheiden
Die Relevanz intensiver Versorgungsforschung in Bezug auf Typ-2-Diabetes hat
Kapitel 2 – angesichts der bereits gegenwärtig hohen und wahrscheinlich auch hierzu-
lande weiter steigenden Prävalenz sowie von oft schwerer, insgesamt sehr kosteninten-
siver und manchmal gar tödlicher Folgemorbidität – eingehend dargelegt. Schließlich
wären durch eine adäquate medizinische Behandlung Komplikationen zu einem großen
Teil zu verhindern. Dabei steht neben der Prävention akuter Stoffwechselentgleisungen
v.a. der Abbau der Risiken, erstens makrovaskulär zu erkranken und/oder zweitens einer
Amputation zu bedürfen, im Vordergrund (Mertes et al. 2007). Zu den wesentlichen
Bestandteilen dieses Bemühens gehört es zum Einen, einen etwaigen arteriellen Hyper-
tonus bestmöglich einzustellen, und zum Anderen, darüber hinaus dem Auftreten bzw.
der Progression einer PNP entgegenzuwirken.
Als inhaltlichen Kern ihres audiovisuell gestützten Experiments haben die Projektver-
antwortlichen deshalb den hypothetischen Fall eines Typ-2-Diabetikers gewählt, der im
Rahmen einer Routineuntersuchung erstmals sowohl Symptome einer PNP als auch
einen unter diskontinuierlicher Arzneimitteleinnahme erhöht gemessenen Blutdruck
aufweist. Das Grundkonzept der Vignette zum im Kontext der Versorgungsforschung
(damals) recht neuartigen Ansatz ist bereits mehrfach erfolgreich erprobt gewesen. Ge-
flissentlich stellte das Skript daher einen Patienten vor, dessen Befunde und Beschwer-
den kein klinisch so prononciertes Bild ergeben, dass es ein genau definiertes Vorgehen
verlangen würde. (S. Kap. 3) Präsentiert wurde also ein Indikations-Grenzfall, der we-
gen der Integration verdachtsdiagnoseuntypischer Details praxisalltäglich erscheint:
1. Die Probanden haben einen Diabetiker gesehen, dessen HbA1c mit 6,9 % noch
knapp unterhalb der Marke liegt, die einige Fachbeiträge (z.B. ADA 2009, DeVries
2011, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006, Sturm et al. 2007) und
die meisten im Studienzeitraum geltenden deutschen Leitlinien, so neben der von
BÄK et al. (2002) publizierten Nationalen Versorgungs-Leitlinie Diabetes mellitus
Typ 2 u.a. die im Namen der DDG veröffentlichte Leitlinie zur Behandlung des Di-
abetes mellitus Typ 236
(Häring/Matthaei 2006), als Anlass für die Modifikation der
laufenden antihyperglykämischen Therapie angaben. Diese Empfehlung hat selbst
36
Sie riet zu einer Intensivierung der Behandlung gemäß Stufenplan, falls trotz Compliance des Erkrank-
ten sein HbA1c auch nach drei Monaten den Wert von 7,0 % noch überschritt (Häring/Matthaei 2006).
Ihre jüngste Version (Matthaei et al. 2010) führt als Kriterium für korrigierende medizinische Interventi-
onen die verschärfte HbA1c-Grenze ≥ 6,5 % an.
5 Diskussion der Studie
70
unter der Prämisse der Manifestation einer PNP gegolten, bei der nach wie vor die
Optimierung der Stoffwechseleinstellung als alleiniger kausaltherapeutischer Ansatz
erscheint (Haslbeck et al. 2008; vgl. des Weiteren Haslbeck et al. 2004, Ziegler et al.
2010).
2. Aufgrund der Asymmetrie der geschilderten Symptomatik sowie von intendierten
Informationslücken zu zeitlichem Ablauf und den Umständen ihres Auftretens hat
sich die neuropathische Störung des fiktiven Patienten nicht mit Gewissheit auf des-
sen Diabetes zurückführen lassen. Zum Ausschluss einer anderweitigen Ätiologie
raten Leitlinien bei entsprechenden Anzeichen zwar inzwischen explizit zur Konsul-
tation eines Neurologen (ebd., Haslbeck et al. 2008), in den Jahren 2005 und 2006
allerdings sind die diesbezüglichen Formulierungen noch vage gewesen (Haslbeck
et al. 2004).
3. Zweifellos hat der videographierte Diabetiker trotz einer vermutlich positiven Fami-
lienanamnese für vaskuläre Erkrankungen mit einem Blutdruck von 145/98 mmHg
nicht das antihypertensive Mindesttherapieziel < 140/85 mmHg erreicht, geschwei-
ge das insbesondere nephroprotektiv bedeutsame Ideal < 130/80 mmHg (Bretzel et
al. 2007; vgl. auch BÄK et al. 2002). Jedoch bedürfte eine zuverlässige Evaluation
der medikamentösen Einstellung konsequenter Behandlungsadhärenz.
Außerdem hat die Beschreibung des Falls einige Aspekte ausgespart, die eine reguläre
(leitlinienkonforme) Routineuntersuchung enthält. Auf diesem Wege ist die ohnehin
aufgrund von „borderline indications“ (Grant et al. 2009: 513) und daraus resultierender
verstärkter klinischer Unsicherheit große Disparität der ärztlichen Entscheidungen aus-
gebaut worden. (S. Kap. 3) Schon die Listung der Antworten in insgesamt 102 ver-
schiedenen Kategorien gibt einen ersten Eindruck von der immensen Vielfalt, in der die
Probanden die ihnen präsentierte Praxissituation bewertet und auf diese reagiert haben.
Allein 74 Kategorien beziehen sich auf konkretes, in den Leitlinien als versorgungsrele-
vant angeführtes Tun (u.a. BÄK et al. 2002, Häring/Matthaei 2006, Haslbeck et al.
2004). Die drei Sammelkategorien „andere“ fassen überdies zahllose Untersuchungen
oder fachärztliche Disziplinen zusammen, die die Leitlinien nicht berücksichtigt haben.
Jeder einzelne Arzt aber hat nur Handlungen aus durchschnittlich 12,4 – rund 16 % –
dieser insgesamt 77 Kategorien zu ergänzen gewünscht. In Hinblick auf zusätzliche
apparative und labortechnische Tests lassen sich immerhin 36 der von den Interviewten
genannten Aspekte unter die Bezeichnung „andere“ subsumieren. Wenngleich hinsicht-
lich (1) der beiden Anliegen, weitere Fragen zu stellen und körperlich zu untersuchen,
5 Diskussion der Studie
71
sowie (2) des Verzichts, sofort medikamentös zu intervenieren, bei den Studienteilneh-
mern überwiegend bejahende Einigkeit bestanden hat, offenbaren zudem gerade die
etwa 70-prozentige Zustimmung zu apparategestützter Diagnostik und das zu rund 40 %
geäußerte Bestreben, den Patienten an mindestens einen fachärztlichen Kollegen zu
überweisen, wie unterschiedlich die in der Vignette geschilderte Symptom- und Werte-
konstellation teilweise wahrgenommen bzw. beurteilt worden ist.
Keineswegs zielt die Studie darauf ab, die Qualität diagnostischer und therapeutischer
Entscheidungen in Deutschland praktizierender Primärärzte zu beurteilen (s. Kap.1); das
gewählte Forschungsdesign würde eine solche Bestimmung gar nicht zulassen. Für eine
seriöse Auseinandersetzung mit der Forschungsfrage und die Diskussion des Untersu-
chungskonzepts erscheint eine groborientierende Kenntnis der Empfehlungen zur Be-
handlung gemäß dem State of the Art (im Untersuchungszeitraum zwischen Oktober
2005 und April 2006) aber dennoch vonnöten, sofern diese die substanziellen Ergebnis-
se aus Kapitel 4 inhaltlich tangieren:
1. Redelmeier et al. (2001) attestieren Ärzten ein „verführerisches“ Bedürfnis nach
immer extensiverer nicht priorisierender Informationssammlung im Vorfeld medizi-
nischer Entscheidungen. Diesem haben die Interviewten offenbar nachgegeben. Sie
haben sich zum Einen nach Themen erkundigt, die im Rahmen jeder diabetes-
bezogenen Kontrollvisite gewöhnlich angesprochen werden, wie z.B. Ernährung
und körperliche Aktivität, und zum Anderen haben sie Fragen gestellt, die (in ihrer
zu beobachtenden Häufung) eher der speziellen Fallkonstellation geschuldet sind,
u.a. der verschreibungsadhärenten Arzneimitteleinnahme und Rückenbeschwerden.
Bei Anamnese und Beratung ist neben der Regelmäßigkeit der Medikation in be-
sonderem Maße den zwei ebenso bereits erwähnten Punkten Ernährung und körper-
liche Aktivität Beachtung geschenkt worden. Beide zählen wie die Anpassung des
Körpergewichts zur über alle Stufen des Behandlungsplans fortzusetzenden Basis-
therapie bei Typ-2-Diabetes, die viele Jahre lang kaum verändert worden ist.37
37 Sofern eine sofortige medikamentöse Behandlung (erforderlich u.a. bei normgewichtigen Patienten <
40 Jahren, ausgeprägter Entgleisung der Blutglukose oder schon vorhandenen schweren Komplikationen)
nicht indiziert erschien, wurde in Deutschland vom Gros der Autoren über lange Zeit propagiert, zunächst
drei Monate zu versuchen, die metabolische Einstellung mithilfe besagter allein auf Ernährungs-, Bewe-
gungs- und Gewichtsanpassung rekurrierenden Basistherapie zu normalisieren. Eine Patientenschulung
sollte den Diabetiker in seiner Lebensstilmodifikation bestärken. Dabei hat nicht etwa das Erzielen von
Normal- oder gar Idealmaßen gestanden im Mittelpunkt, sondern die auf einer sukzessiven mäßigen Ge-
wichtsabnahme um insgesamt fünf bis zehn Prozent basierende langfristige Stabilisierung des Gewichts.
(AkdÄ 2009, BÄK et al. 2002, Häring/Matthaei 2006, Hauner et al. 2009, Fachkommission Diabetes
Sachsen 2002, Matthaei/Häring 2008) Mittlerweile empfiehlt die aktuelle DDG-Praxis-Leitlinie zur Be-
5 Diskussion der Studie
72
(Vgl. AkdÄ 2009, BÄK et al. 2002, Fachkommission Diabetes Sachsen 2002, Halle
et al. 2008, Häring/Matthaei 2006, Hauner et al. 2009, Herold 2009, Kemmer et al.
2009, Matthaei/Häring 2008, Toeller 2005)
Ferner sind sowohl für die Handhabung des Typ-2-Diabetes selbst als auch für Ent-
wicklung, Prävention und das Management von Bluthochdruck und PNP ein Rauch-
verzicht sowie die Reduktion des Alkoholkonsums essenziell (Bretzel et al. 2007,
Matthaei et al. 2010, Toeller 2005, Tschöpe et al. 2006). Trotz des mitunter immen-
sen verhaltensbildenden Einflussnahmepotentials von Primärärzten (vgl. Schipf et
al. 2009) hat allerdings nur eine Minderheit der Studienteilnehmer (jeweils < 10 %)
die Absicht erklärt, etwaigen Nikotinabusus und die Trinkgewohnheiten betreffend
zu anamnestizieren oder zu beraten. In Bezug auf die Erweiterung der diagnosti-
schen Schritte sticht der exorbitante Anteil von Probanden hervor, die eine Blut-
drucknachmessung und Fußuntersuchungen diverser Fassons angestrebt haben und
auf diese Art mutmaßlich mit erhöhter Aufmerksamkeit der Problematik von arteri-
ellem Hypertonus und PNP nachgehen wollten. (S. Kap. 4.1)
2. Insgesamt frappiert die v.a. im Vergleich zum amerikanischen Studienpendant ekla-
tante Zurückhaltung der deutschen Mediziner, zusätzliche Fragen zu stellen, ergän-
zende Untersuchungen zu initiieren und therapeutische Maßnahmen zu ergreifen
(vgl. kompakt Knesebeck et al. 2010b). Manche in Leitlinien und Fachliteratur als
wesentlich aufgelisteten Aspekte ärztlicher Abklärung sind von keinem einzigen In-
terviewten vorgebracht worden, so z.B. die Inspektion des Schuhwerks (Haslbeck et
al. 2004, Mertes et al. 2007b) oder die Erhebung von Anzeichen einer Depression
(BÄK et al. 2002, Grande 2008, Häring/Matthaei 2006, Kulzer et al. 2010, Matthaei
et al. 2010). Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die Probanden eine Wiedervorstel-
lung des Patienten nach durchschnittlich bereits 20,1 Tagen veranschlagt haben,
einer Zeitspanne, die sogar den normalerweise empfohlenen drei- bis sechsmonati-
gen Abstand zwischen zwei hausärztlichen Regelkonsultationen zu Typ-2-Diabetes
ausschließlich mit Messungen des HbA1c, von Blutzucker, Blutdruck und Körper-
gewicht klar unterschreitet (exemplarisch 20. RSA-ÄndV 2009, BÄK et al. 2002,
DDG/diabetesDE 2010). (S. Kap. 4.1)
Neben den engmaschigen Überprüfungen dieser vier Werte soll der Primärarzt laut
der seit 2002 nur partiell überarbeiteten Nationalen Versorgungs-Leitlinie zu Diabe-
handlung von Typ-2-Diabetes bei jedem Patienten ergänzend dazu direkt nach Diagnosestellung mit der
Gabe eines oralen Antidiabetikums (OAD), bevorzugt Metformin, zu beginnen (Matthaei et al. 2010).
5 Diskussion der Studie
73
tes mellitus Typ 2 (BÄK et al. 2002), den Leitlinien der DDG sowie dem aus ihnen
abgeleiteten Gesundheits-Pass Diabetes (DDG/diabetesDE 2010) routinemäßig
einmal pro Jahr, bei pathologischem Befund öfter weitere Tests durchführen (lassen)
(vgl. dazu außerdem 20. RSA-ÄndV 2009 & die zur jeweiligen Untersuchung zitier-
ten Quellen). So dienen die jährlichen Bestimmungen der Blutlipide und des Gefäß-
status, EKG und Tests zum Nachweis von Albumin im Urin der Abschätzung des
makro- und mikrovaskulären Gesamtrisikos (BÄK et al. 2002, Hasslacher et al.
2010, Tschöpe et al. 2006). Zur Früherkennung einer diabetischen Nephropathie ist
zusätzlich wünschenswert, die Clearance zu messen (Hasslacher et al. 2010) bzw.
die glomeruläre Filtrationsrate zu schätzen (BÄK et al. 2010). Gründliche, neurolo-
gische Aspekte berücksichtigende Untersuchungen der unteren Extremitäten, im Be-
sonderen der Füße, helfen, Anhaltspunkte für eine diabetische Neuropathie (s. Kap.
2.1.1) und das diabetische Fußsyndrom zu entdecken. Fragliche Befunde, ein Hoch-
risikofuß oder diabetisches Fußsyndrom erfordern die Überweisung zu einem ent-
sprechend qualifizierten Kollegen. Für die Diagnostik der sehr häufigen ophthalmo-
logischen Komplikationen werden augenärztliche Checks von Sehschärfe, vorderem
Augenabschnitt, -druck und -hintergrund angeraten (Hammes et al. 2010).
(20. RSA-ÄndV 2009, BÄK et al. 2010b & 2011, Haslbeck et al. 2008, Mertes et al.
2007, Morbach et al. 2008)
Aufgrund der angeregten Ein-Jahres-Periodizität dieser Maßnahmen kann es
schwerlich verwundern, dass die Mehrzahl der Interviewten z.B. auf Blutfett- und
Urinanalysen sowie eine Überweisung zum Ophthalmologen verzichtet hat. Dies
kongruiert mit den Gründen für die (sehr seltene) Ablehnung, unverzüglich kom-
plettierend körperlich zu untersuchen. Danach seien der Patient bekannt und die oh-
nedem laufenden Diabetes-Kontrollen hinreichend gewesen.
3. 50 der 64 Probanden wollten den Erkrankten prompt zu einer mit Diabetes kompa-
tiblen Lebensführung beraten. Zugleich waren nur neun Mediziner bereit, noch am
Vorstellungstag die Medikation zu modifizieren. Dieser Fakt dürfte zum Einen auf
das Phänomen der klinischen Unsicherheit als einem zentralen Moment ärztlicher
Entscheidungsprozesse (Kerr et al. 2008, Lutfey et al. 2008) zurückgehen, die durch
die stets vorhandene, mal mehr, mal minder ausgeprägte Unvollständigkeit der ver-
fügbaren Informationen verursacht und von hier berechtigten Zweifeln an der Be-
handlungsadhärenz des Patienten potenziert wird (vgl. ebd., Phillips/Twombly
2008). Zum Anderen spiegelt das Zögern hinsichtlich einer Intensivierung der
5 Diskussion der Studie
74
Pharmakotherapie wahrscheinlich unentbehrliche risikostratifizierende Überlegun-
gen wider. Unter Berücksichtigung diverser individueller Faktoren, wie der familiä-
ren Disposition, von Komorbiditäten, Kontraindikationen und Interferenzen mit an-
deren Arzneien, sollten die persönlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Diabetikers
möglichst präzise ermittelt werden, um auf der einen Seite den Versorgungserfolg
zu maximieren und auf der anderen Seite die Gefahren unerwünschter Nebenwir-
kungen zu minimieren (vgl. u.a. Barthel et al. 2011, Mertes et al. 2007b, Schern-
thaner et al. 2010, Schütt/Klein 2011, Wahle 2007).
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Erläuterungen zur Einordnung der Studienergeb-
nisse schließt sich in den jeweils einem der drei untersuchten Patientenmerkmale ge-
widmeten Unterkapiteln 5.2.2 bis 5.2.4 die detaillierte Diskussion der Erhebungsresulta-
te an.
5.2.2 Diskussion zum Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches
Entscheiden
Im Kontext der konkreten Fallkonstellation (s. Kap. 3) nimmt das Geschlecht des Pati-
enten de facto insgesamt wenig Einfluss auf ärztliche Entscheidungen – wie im Übrigen
ebenso bei der deutschen Vignette zum noch undiagnostizierten Typ-2-Diabetes (vgl.
Cruppé et al. 2011) und bei älteren experimentellen Studien zur hausärztlichen Versor-
gung in Australien, über die Scott et al. (1996) referieren. Signifikant differiert das Vor-
gehen der Mediziner zwischen Diabetikerinnen und Diabetikern weder hinsichtlich der
Anamnese und Diagnostik noch – entgegen dem in Kapitel 2.3.1 durch den Forschungs-
Status-quo (vage) erweckten Anschein – bei der Bereitschaft, allein aufgrund der bishe-
rigen Informationen ein Medikament zu verordnen, dem Ausstellen von Überweisungen
oder dem Vorschlag eines Wiedervorstellungstermins.
Ein ganz anderes Bild zeichnet sich in Bezug auf das Beratungsverhalten der Primärärz-
te ab. An männliche Patienten werden Empfehlungen zu einem diabetesgerechten Le-
bensstil sowohl erkennbar häufiger als auch in weit größerer thematischer Breite gerich-
tet – ein Eindruck, der erstmals so detailliert und nachdrücklich vertreten über die Ein-
schätzung von Flocke/Gilchrist (2005), Männer seien in Hinblick auf Beratungsangebo-
te geringfügig besser versorgt als Frauen, hinausgeht. Zur Deutung dieser Beobachtung
eignet sich möglicherweise ein von Grande (2008) explizierter Sachverhalt. Danach
sieht es so aus, als würden asymmetrische Interaktionsformen zwischen Arzt und Pati-
5 Diskussion der Studie
75
ent, wie beispielsweise gesundheitsbezogene Edukation oder auch ein offensives Rat-
schlagen, bei Frauen oft ein Gefühl der Aversion auslösen, schlichtes Zuhören und Be-
stätigen scheinen dementgegen ihr Wohlbefinden zu verbessern (ebd.). Einige Themen
werden bei ihnen nennenswert seltener angesprochen als bei Männern, allen voran das
Rauchen. Das passt zum Einen zu aktuellen Daten, die unverändert eine überproportio-
nal hohe Prävalenz des Tabakkonsums unter männlichen Diabetikern konstatieren
(Schipf et al. 2009). Zum Anderen hat bereits Fuchs (2005) im Zusammenhang mit der
Sekundärprävention bei KHK angemerkt, den Nikotinabusus betreffend würden männ-
liche Betroffene deutlich mehr beraten als weibliche. Genauso verhalte es sich mit An-
regungen zu sportlicher Aktivität, konträr jedoch bei solchen, die Ernährung und Ge-
wicht tangieren (ebd.). Bezüglich dieser Themen erteilten die an der Studie partizipie-
renden Ärzte ebenfalls tendenziell häufiger Ratschläge an Patienten als an Patientinnen.
Dabei berichten in sämtlichen Altersgruppen sowieso schon etwa doppelt so viele Män-
ner wie Frauen, täglich wenigstens 30 Minuten körperlich in Bewegung zu sein, so zi-
tiert Grande (2008) Angaben des Statistischen Bundesamtes. Außerdem profitieren die-
se keineswegs weniger davon, sich regelmäßig physisch zu betätigen, als jene (Legato et
al. 2006).
In Einklang mit den Beratungsunterschieden sind bei der Anamnese immerhin zwei,
obgleich weniger ausgeprägte Unterschiede zu entdecken. Anders als bei Guthrie et al.
(2009) angeklungen (s. Kap. 2.3.1), werden Patientinnen seltener als männliche Betrof-
fene zu Rauchen und adhärentem Essverhalten befragt. Außerdem ermuntern die Medi-
ziner Diabetiker häufiger zu Compliance bei Untersuchungen und dem Führen eines
Symptomtagebuchs, während Diabetikerinnen öfter nahegelegt wird, zu entspannen.
Eventuell steht diese Diskrepanz damit in Verbindung, dass den Geschlechtern gemein-
hin ein abweichendes Erleben von und Umgehen mit Krankheit (vgl. Legato et al. 2006,
Miksch et al. 2008) sowie verschiedene Strategien für Emotionsregulation und Coping
(vgl. Grande 2008) zugeordnet werden. Frauen neigen einerseits stärker als Männer
dazu, Möglichkeiten der diabetesbezogenen Selbstwirksamkeit zu negieren und sich für
prekär zu erachtende, eher emotions- als problemorientierte Bewältigungsstrategien, wie
z.B. Resignation, Protest oder Isolation, anzueignen (ebd.). Andererseits scheint es, als
seien Frauen von Vorneherein eher bereit, sich intensiv mit ihrem gesundheitlichen De-
fizit auseinanderzusetzen, sich aktiv in den Behandlungsprozess einzubringen (vgl. z.B.
Miksch et al. 2008, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009; speziell zu
geschlechtsabhängig divergierenden Kommunikationspräferenzen s. Kap. 5.1.2) und
5 Diskussion der Studie
76
Therapiepläne einzuhalten (Nilsson et al. 2004). Ungeachtet all dessen bleiben zumin-
dest vorerst in Bezug auf das heterogene Wahrnehmen, Empfinden und Beantworten
einer Diabetes-Erkrankung seitens Frauen und Männern etliche Bereiche von Kontro-
versen und Unsicherheit (Legato et al. 2006).
Das Phänomen des ärztlichen Unsicherheitsgefühls, das in Kapitel 5.2.1 bereits als ein
zentraler Faktor medizinischen Entscheidens erörtert worden ist, zu nennen, schafft eine
gute Überleitung zur Beschäftigung mit den Gründen für bzw. gegen das sofortige Ver-
schreiben eines Pharmazeutikums. Diese variieren dezent in Abhängigkeit vom Ge-
schlecht des Patienten. Bei Diabetikern verweisen die Mediziner im Fall der Ablehnung
einer Medikationsmodifikation häufiger darauf, über keine definitive Diagnose zu ver-
fügen, bei Diabetikerinnen hingegen berufen sie sich sowohl in Hinblick auf das Ver-
ordnen als auch das Nicht-Verordnen tendenziell öfter auf entsprechende Leitlinienin-
halte. Vorsichtig ließe sich mutmaßen, Ärzte seien schneller davon überzeugt zu wissen,
wie die Problematik des Patienten einzuschätzen und zu handhaben ist, wenn es sich bei
der Person um eine Frau handelt. Der Augenschein, dass Ärzte offenbar eher dazu ten-
dieren, für Männer als für Frauen apparative bzw. labortechnische Testungen zu veran-
lassen, stützt diese Vermutung. Der sich abzeichnende Hang der Mediziner, bei Frauen
mehr Cholesterinkontrollen durchzuführen, könnte mit der Annahme korrespondieren,
diese seien in höherem Maße von Dyslipidämie betroffen. Er konfligiert jedoch mit ver-
einzelten früheren Arbeiten, die von reduzierten Kontrollen des Cholesterins bei weibli-
chen im Vergleich zu männlichen Patienten berichten (s. Kap. 2.3.1).
Ersichtlich wurden die Ärzte in ihren anamnestischen, diagnostischen und therapeuti-
schen Entscheidungen weder von der höheren Prävalenz der arteriellen Hypertonie bei
Frauen noch derjenigen der PNP bei Männern beeinflusst. Resümieren lässt sich die
Analyse von Kapitel 5.2.2 wie folgt: Deutsche Primärärzte fällen ihre Entscheidungen
in einer der Videographie ähnlichen Situation weitgehend ungeachtet des Geschlechts
ihres Patienten. Die einzige Ausnahme bilden Beschlüsse zu inhaltlicher Gestaltung und
Ausgiebigkeit der Beratung, die zwischen Diabetikerinnen und Diabetikern deutlich
variiert. Alles in allem scheinen diese Beobachtungen mit den Kernaussagen zu konver-
gieren, die Lutfey et al. (2008) in ihrem Artikel zur qualitativen Auswertung des US-
amerikanischen und britischen Projektparts hinsichtlich dieses Merkmals der Erkrank-
ten treffen. Erstens erwähnen nur wenige der dortigen Mediziner das Geschlecht isoliert
5 Diskussion der Studie
77
als einen Faktor ihrer diagnostischen oder therapeutischen Überlegungen, und zweitens
trauen sie Frauen oft eher als Männern zu, für sich selbst Sorge tragen zu können (ebd.).
5.2.3 Diskussion zum Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches
Entscheiden
Das Alter des Patienten nimmt bei der dieser Arbeit zugrundegelegten Fallkonstellation
(s. Kap. 3.1) weder auf das ärztliche Therapie- und Beratungsverhalten noch auf den
Zeitpunkt, zu dem der Mediziner den Diabetiker wieder einbestellt, bedeutenden Ein-
fluss. Auch die anvisierten körperlichen Untersuchungen differieren kaum zwischen
älteren und jüngeren Diabetikern. Signifikante altersbedingte Unterschiede finden sich
lediglich in Bezug auf die Anamnese, das Überweisen des Kranken zu Vertretern ande-
rer Fachdisziplinen sowie – besonders ausgeprägt und zahlreich – das Anordnen von
apparativen und labortechnischen Tests. So erheben diejenigen Ärzte, die noch am Vor-
stellungstag auf diese Art zu weiteren Informationen gelangen möchten, Werte zu signi-
fikant mehr Parametern, wenn der betreffende Patient erst 35 Jahre alt ist. Unter dieser
Voraussetzung kontrollieren sie deutlich häufiger Indikatoren der Nierenfunktion, für
eine Dyslipidämie und die (chronische) Hyperglykämie. Bei keinem einzigen 65-
Jährigen untersuchen die Mediziner im Übrigen das Blut bzw. den Harn überhaupt auf
dessen Gehalt an Mikroalbumin oder (Gesamt-)Cholesterin.
Diese altersbedingte Diskrepanz im diagnostischen Vorgehen mag damit zusammen-
hängen, dass junge Typ-2-Diabetiker verglichen mit älteren offensichtlich in der Regel
gerade antihyperglykämisch schlechter eingestellt (s. Kap. 2.3.2) und daher für die Ent-
wicklung mikrovaskulärer Komplikationen sowie zusätzlicher kardialer Risikofaktoren
außerordentlich gefährdet sind (Alberti et al. 2004). Dazu passt auch, dass die an den
amerikanischen und britischen Projektteilen partizipierenden Mediziner das Entwickeln
einer PNP im Alter von gerade einmal 35 Jahren für ungewöhnlich erachten, als Aus-
druck einer ungünstigen Prognose begreifen und – obgleich von der Vignette nicht vor-
gesehen – mit Typ-1-Diabetes assoziieren (Lutfey et al. 2008). Tritt hingegen eine dia-
betische Nephropathie beispielsweise jenseits des 60. Lebensjahres auf, überrascht ihre
Manifestation weniger; und die Gefahr, die in ihrer Folge mittelfristig drohende eigene
Dialysepflichtigkeit noch zu erleben, ist minimal (vgl. Mertes et al. 2007). Dementspre-
chend dürften die Kosten-Nutzen-Kalkulationen im Zuge der Planung des ärztlichen
Vorgehens durchaus in Abhängigkeit vom Patientenalter divergieren.
5 Diskussion der Studie
78
Ähnliche Erwägungen könnten auch zu den meisten der in den anderweitigen Katego-
rien entdeckten Unterschieden beitragen, wie (1) der signifikant ausführlicheren Anam-
nese für jüngere Diabetiker, (2) den bei diesem Personenkreis tendenziell häufiger ange-
strebten vollständigen körperlichen Untersuchungen und Ratschlägen die Ernährung
betreffend sowie (3) der Tendenz, die 35-Jährigen eher zum Kardiologen oder generell
zu einer größeren Zahl von Kollegen aus anderen Fachrichtungen zu überweisen. Im
Kontext der bei älteren Personen offenkundig grundsätzlich komprimierteren Anamnese
sowie der Beratung zu einem der Erkrankung angemessenen Essverhalten mag überdies
der Gedanke eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben, für jüngere Menschen sei es
schwieriger, den Ernst der Diagnose eines Diabetes nachzuvollziehen und die Empfeh-
lungen zur Veränderung des Lebensstils, v.a. der Ernährung umzusetzen (Lutfey et al.
2008).
Hinsichtlich der Frage zu einem opportunen Rauchverzicht, die die interviewten Medi-
ziner signifikant häufiger an die jüngeren Kranken richten, bleiben darüber hinaus noch
zwei Aspekte anzumerken:
1. Die gegenwärtigen Zahlen zur Prävalenz des Nikotinabusus hierzulande signalisie-
ren, dass überproportional viele 20- bis 39-jährige Diabetiker zu den Betroffenen
gehören (Schipf et al. 2009; vgl. zudem Schäfer et al. 2010).
2. Es kann als nachgewiesen gelten, dass zumindest Menschen bis 75 Jahre in der Ab-
sicht, das eigene kardiale Risiko zu senken, von der Aufgabe des Rauchens profitie-
ren (Maguire et al. 2000).
Eine Analyse des qualitativen Studienabschnitts in Deutschland könnte helfen, die
komplexen Zusammenhänge zwischen Patientenalter und ärztlichen Entscheidungspro-
zessen zukünftig besser zu verstehen.
Im Wesentlichen kongruieren die hiesigen Ergebnisse mit Daten von Scott et al. (1996),
die darauf hindeuten, dass weiterführende diagnostische Tests für jüngere nicht speziell
bei Diabetes, sondern generell häufiger als für ältere Menschen angeordnet werden.
Gleichzeitig widersprechen sie in gewisser Weise Guthrie et al. (2009), die Diabetiker
unter 55 Jahren medizinisch per se schlechter betreut sehen (s. auch Kap. 2.3.2; zur Ver-
sorgungslage bei Personen jünger als 31 Jahre vgl. ähnlich Asch et al. 2006). Trotz der
diversen Betreuungsdifferenzen zwischen 35- und 65-jährigen Patienten liefert die vor-
liegende Studie resümierend betrachtet keine Anhaltspunkte für Ageism (Palmore 2004;
vgl. ferner Bowling 2007, Luker/Grimmer-Somers 2008, Pritchard 2007 & s. Kap. 1)
5 Diskussion der Studie
79
als einer strukturellen, nicht medizinischen Überlegungen geschuldeten Diskriminie-
rung älterer Menschen im Kontext der primärärztlichen Versorgung bei fortgeschritte-
nem Typ-2-Diabetes.
Völlig losgelöst davon sollte dennoch kurz reflektiert werden, ob die Resultate tatsäch-
lich genauso ausgefallen wären, wenn die Projektverantwortlichen für die Simulations-
patienten andere Altersangaben gewählt hätten – wie z.B. bei der methodisch beinahe
identischen Untersuchung zur KHK mit 55- bzw. 75-jährigen Herzkranken (vgl. exemp-
larisch Bönte 2008). Gewisse Zweifel daran existieren, denn:
1. ist ein 35-jähriger augenscheinlich übergewichtiger Typ-2-Diabetiker mit sich mani-
festierender Spätkomplikation, die sich normalerweise über viele Jahre entwickelt,
und medikamentös behandeltem Bluthochdruck – wie oben dokumentiert (s. des
Weiteren Kap. 2.1 & 2.2) – eine Rarität, die sich als Mahnung zu außerordentlicher
Sorgfalt und Umsicht seitens des betreuenden Arztes verstehen lässt.
2. haben geriatrische Patienten oft spezielle Bedürfnisse und benötigen, u.a. wegen der
häufigen Multimorbidität und -medikation, mehrheitlich eine sehr stark individuali-
sierte Versorgung. Zu dieser Gruppe zählen in der Regel v.a. hochbetagte Men-
schen. (Vgl. anschaulich Hader et al. 2004, Hader/Gräf-Gruß 2008) 65-Jährige wir-
ken diesbezüglich – und für Typ-2-Diabetiker, bei denen sich eine beginnende Fol-
geerkrankung abzeichnet – vergleichsweise jung (s. Kap. 2.1). Die in der Videogra-
phie zu sehenden Senioren treten obendrein agil, als „mitten im Leben stehend“ und
wenig dem gängigen Klischee des „alten Menschen“ entsprechend auf (vgl. zum
Wandel der Bedeutung von Alter pointiert Pritchard 2007).
Ähnlich wie bereits bei den Überlegungen zum Einfluss des Geschlechts der Patienten
kann bei denjenigen zu den Effekten des Alters von Betroffenen der Faktor (klinische)
Unsicherheit nicht außer Acht gelassen werden.
5.2.4 Diskussion zum Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf
primärärztliches Entscheiden
Der soziale Status eines Patienten beeinflusst das primärärztliche Vorgehen bei Anam-
nese, Diagnose und Therapie im Rahmen der konkreten audiovisuell aufbereiteten Fall-
konstellation (s. Kap. 3.1) kaum. Dieser Eindruck deckt sich mit den Aussagen u.a. von
Guthrie et al. (2009). Danach sind einst identifizierte sozioökonomisch bedingte Unter-
schiede bei der Diabetes-Versorgung (wenigstens in UK) mittlerweile größtenteils ver-
schwunden (ebd.; s. Kap. 2.3.3). Auch das bereits mehrmals angesprochene, ähnlich
5 Diskussion der Studie
80
konzipierte Vorgängerprojekt zu KHK hat für Deutschland keine signifikanten sozial-
statusbedingten Differenzen bei Diagnostik oder Therapie eruieren können (vgl. detail-
liert v.a. Bönte 2008). Anders, wenngleich ebenfalls nicht exklusiv auf Diabetes ge-
münzt, haben das noch Scott et al. (1996) einige Jahre zuvor (für Australien) beschrie-
ben. Ihre Darlegungen geben Hinweis darauf, dass unter bestimmten Bedingungen der
SES eines Patienten als unabhängiger Faktor mit dem hausärztlichen Decision Making
assoziiert ist (ebd.).
Lediglich den Gelegenheitsblutzucker prüfen Mediziner – im Zuge der vorliegenden
Studie jedenfalls – bei sozial besser gestellten Stoffwechselkranken signifikant häufiger
als bei den anderen. Ebenfalls signifikante, interessanterweise einander gegenläufige
Unterschiede zeigen sich außerdem für das Überweisungsverhalten und den vorgeschla-
genen Termin einer Wiedervorstellung des Patienten. Während Patienten mit höherem
sozialen Status häufiger eine Überweisung zum Neurologen erhalten, werden die sozial
schwächeren Diabetiker gebeten, deutlich früher die Hausarztpraxis erneut aufzusuchen.
Eine unmittelbare Erklärung dafür findet sich in der Literatur nicht. In der Zusammen-
schau darf davon ausgegangen werden, dass der prinzipielle, für die Outcome-Optimie-
rung des Diabetes-Managements essenzielle Zugang zu weiterer ärztlicher Versorgung
beiden Gruppen gleichermaßen offensteht (vgl. auch Brown et al. 2004).
Für weitere Bereiche des Gesamtprozesses primärärztlicher Diabetes-Handhabung
zeichnen sich neben den angeführten Signifikanzen nur einzelne Tendenzen ab – meist
im Sinne eines gehäuften Vorkommens bei Menschen, denen ein höherer sozialer Status
zugeordnet wird. Bei diesen erkundigen sich Ärzte beispielsweise zahlreicher nach dem
Alkoholkonsum und einem Gefühl der Schwäche in Beinen oder Füßen. In Bezug auf
den ersten Punkt könnten persönliche Erfahrungen des Anamnestizierenden Relevanz
besitzen, denn die Daten zu einem denkbaren Konnex von SES und Trinkgewohnheiten
sind inkonsistent (vgl. Mackenbach/Howden-Chapman 2003). Regelmäßig aber lassen
sich in sozioökonomisch schwächeren Bevölkerungsgruppen sowohl höhere Raten kon-
sequenter Abstinenz als auch solche eines exzessiven Alkoholverzehrs beobachten
(ebd.). Ob die vermehrten Blutanalysen auf nicht näher eingegrenztes Cholesterin und
Triglyzeride damit in Verbindung stehen, bleibt nur auf die quantitative Auswertung
rekurrierend reine Spekulation. Generell neigen die interviewten Mediziner eher dazu,
bei sozial besser situierten Personen apparative bzw. labortechnische Untersuchungen
überhaupt anzuordnen, die Körpergröße nachzumessen und das kardiovaskuläre System
5 Diskussion der Studie
81
zu begutachten. Gleichwohl sind gerade sozial Schwächere häufiger von Störungen aus
dem zuletzt genannten Bereich betroffen (vgl. Brown et al. 2004).
Genauso verhält es sich (v.a. in jüngerem Alter) mit der Prävalenz des Nikotinabusus
(vgl. Alter et al. 1999, Karter et al. 2007, Williams et al. 2010). Deshalb überrascht es
wohl wenig, dass die Ärzte insbesondere die Diabetiker mit niedrigerem sozialem Sta-
tus hinsichtlich des Rauchens beraten – ein Ergebnis, das mit den Angaben von Guthrie
et al. (2009) kongruiert. Ein Symptomtagebuch anzulegen, wird hingegen vorwiegend
Patienten empfohlen, die über einen höheren sozialen Status verfügen. Worin dies be-
gründet ist, könnte eine Aufbereitung des qualitativen Erhebungsteils – vergleichbar der
von Lutfey et al. (2008) – u.U. zu klären helfen.
Wie für die Variable Alter eingeräumt (s. Kap. 5.2.3), muss ebenso über den Beruf als
Operationalisierung des Patientencharakteristikums sozialer Status nachgedacht werden.
Dieser ist – anders als Geschlecht oder Alter – keine biologische Eigenschaft, vielmehr
eine willkürliche Komprehension diverser sozialer Merkmale. Warum die Wahl ausge-
rechnet auf den Beruf des Erkrankten als Indikator gefallen ist, illustrieren die folgen-
den drei Argumente in aller gebotenen Kürze:
1. Der Beruf eines Diabetikers scheint unter allen den sozialen Status formierenden
Komponenten diejenige zu sein, die bei bestimmten Krankheitskonstellationen am
ehesten Belang für das therapeutische Vorgehen hat. Man denke beispielsweise an
das Schuhwerk eines an PNP leidenden Bauarbeiters oder die Busfahrerin, der auf-
grund extensiv blutzuckersenkender Medikation permanent eine akute Hypoglykä-
mie droht.
2. Mit kommunikativen Fertigkeiten, Gesundheitswissen und -verhalten sowie der
Prävalenz von Typ-2-Diabetes korreliert zwar z.B. der Bildungsgrad einer Person
höher als der Beruf, doch ein Arzt erkundigt sich allein aus praktischen Erwägungen
(s. Argument 1) in der Regel mit größerer Wahrscheinlichkeit nach der momentanen
beruflichen Tätigkeit seines Patienten als nach dessen (schulischem) Werdegang
oder der Einkommenshöhe. Deshalb wird die Einblendung der Bezeichnungen An-
walt oder Hausmeister den Probanden am ehesten beiläufig vorkommen und vermag
sie weniger zu irritieren als mögliche Alternativen, wie u.a. Schulabschluss oder
Gehalt. Dadurch sollte es gelingen, das Phänomen der sozialen Erwünschtheit effek-
tiver einzudämmen.
5 Diskussion der Studie
82
3. Der Beruf eines Betroffenen lässt nicht zwangsläufig dessen Bildungsniveau erken-
nen. Die Ergebnisse einer die Nennung des Berufs instrumentalisierenden Studie
spiegeln daher am ehesten die Vorurteile des Interviewten wider, die auf diesem
einem Arzt im Praxisalltag oft bekannten Merkmal des Patienten basieren. Aus ih-
nen resultieren Erwartungen die Kommunikationsfähigkeit und Sprache des Patien-
ten sowie sein Vorwissen betreffend.
Alles in allem wirkt das anamnestische, diagnostische und therapeutische Entscheiden
deutscher Hausärzte im Rahmen der Routineuntersuchung eines vorbekannten Typ-2-
Diabetikers, der Symptome einer PNP äußert und dessen Blutdruck bei unsicherer Me-
dikationsadhärenz überhöht gemessen wird, nahezu unabhängig vom sozialen Status des
Betroffenen. Nichtsdestoweniger bedingt der Umstand, dass zumindest die „Patienten-
variante“ Anwalt nicht zwingend den Versichertenstatus des Kranken verrät, bei der
Beantwortung von Fragen nach der weithin befürchteten Existenz einer Zwei-Klassen-
Medizin (s. Kap. 1) – im Sinne der Ungleichbehandlung von privat und gesetzlich Ver-
sicherten – gewisse Einbußen (zum diesbezüglichen Vorteil einer Gegenüberstellung
Hausmeister versus Lehrer vgl. Bönte 2008).
6 Fazit und Ausblick
Die vorliegende Studie hat sich außergewöhnlich dezidiert mit einem gerade gesund-
heitspolitisch relevanten, durchaus brisanten und dennoch bisher bei Weitem nicht aus-
reichend (konsistent) erforschten Thema befasst (s. Kap. 1 & 2): dem Entscheidungs-
verhalten in Deutschland approbierter Primärärzte bei der Betreuung von Typ-2-
Diabetikern, die Anzeichen für Folge- bzw. Begleiterkrankungen zeigen. Auf einem
zuvor bereits mehrfach erfolgreich erprobten und sich durch sehr gute interne Validität
auszeichnenden Design basierend (s. Kap. 5.1) konnte sie veranschaulichen, dass die
Patientenmerkmale Geschlecht und Alter in der beschriebenen Fallkonstellation – ähn-
lich wie bei der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes (vgl. Cruppé et al. 2011) – einen
insgesamt lediglich geringen, nichtsdestominder durchaus beachtenswerten Einfluss auf
einzelne Gesichtspunkte des Decision Making der Mediziner nehmen. Dabei darf dieser
nicht als Diskriminierung im Sinne einer systematischen, ungerechtfertigten Ungleich-
behandlung missverstanden werden. Noch klarer widersprechen die erhobenen Daten
aber Hypothesen zu etwaigen Effekten des sozialen Status eines Betroffenen auf das
83
6 Fazit und Ausblick
hausärztliche Vorgehen hierzulande. Für die angesichts von weiterhin existierenden
Unterschieden beim Versorgungsoutcome (s. Kap. 2.3) oft geargwöhnten Phänomene
Ageism und Zwei-Klassen-Medizin haben sich keinerlei Hinweise ergeben. (S. Kap.
5.2.2 bis 5.2.4) Ungeachtet dessen kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass in
Ausnahmen die persönlichen Vorurteile eines Arztes ihn zu nicht medizinisch begrün-
deten Differenzierungen zwischen einzelnen Personen(gruppen) bewegen.
Keineswegs verwechselt werden sollten allerdings die nicht selten fälschlicherweise
synonym verwendeten Begriffe Vorurteil und Stereotyp. Im Gegensatz zu Vorurteilen
dienen Stereotype offenbar als für sich genommen wertneutrale heuristische Instrumen-
te zur obligatorischen, möglichst objektiven Einordnung von Informationen in vertraute
Kategorien und Denksystematiken (Lutfey/Ketcham 2005). Sie helfen, die stets vorhan-
dene, mehr oder weniger ausgeprägte (klinische) Unsicherheit der Entscheidung tref-
fenden Mediziner zu reduzieren (s. Kap. 5.2.1 bis 5.2.3). Erste Ergebnisse aus dem
diesbezüglichen Forschungsbereich suggerieren jedenfalls den Eindruck, dass Men-
schen generell dazu neigen, extremere Ansichten (im Positiven wie im Negativen) über
andere zu vertreten, die einem Bevölkerungsteil angehören, der dem Beurteilenden
fremd ist. Ihnen gegenüber hat er naturgemäß ein weniger komplexes kognitives Ver-
ständnis. (Lutfey/Ketcham 2005) In diesem Kontext sei zudem auf das mutmaßliche
Prinzip der so genannten statistischen Diskriminierung hingewiesen, wonach Ärzte da-
zu tendieren, Orientierung suchend insbesondere Angehörige von Minderheiten auf Ba-
sis des statistischen Durchschnitts von zuvor mit Patienten aus dieser Bevölkerungs-
gruppe gemachten Erfahrungen zu beurteilen (Lutfey et al. 2008).
In Anbetracht alldessen und vor dem Hintergrund der fortbestehenden interindividuellen
Divergenzen bei den Therapieresultaten (s. Kap. 2.3) erscheint die Notwendigkeit er-
gänzender Forschung zur Dynamik von Arzt-Patienten-Beziehungen sowie den ver-
schiedenen Komponenten und Mechanismen kognitiver Prozesse bei Ärzten in Ent-
scheidungssituationen unstrittig (vgl. Lutfey/Ketcham 2005, Stewart et al. 2004). Ein
Schritt in Richtung eines verbesserten dies betreffenden Verständnisses wäre die Aufbe-
reitung der qualitativen Erhebungspassagen, ähnlich der, die Lutfey et al. (2008) für die
Studienanteile aus Großbritannien und den USA leisten. Die Autoren sind bei ihrer
Analyse auf Mediziner gestoßen, die im Zuge klinischer Entscheidungen zwar durchaus
auf perzipierte Merkmale der Erkrankten rekurrierten, doch handelte es sich bei diesen
um vielschichtige kognitive, psychologische und soziale Eigenschaften, die den Patien-
84
6 Fazit und Ausblick
ten unabhängig von den drei getesteten demographischen Variablen Geschlecht, Alter
und sozialer Status unterstellt worden sind. Zu ihnen zählen intellektuelle Fähigkeiten,
Motivation, das Maß sozialer Unterstützung, Lebens- und Interaktionsstile sowie Ängst-
lichkeit. (Ebd.)
Darüber hinaus könnte auch die Betrachtung eventueller Interaktionseffekte zwischen
den einzelnen untersuchten Patientencharakteristika einerseits sowie zwischen diesen
und den Arzteigenschaften Geschlecht und Berufserfahrung andererseits zur weiteren
inhaltlichen Erhellung beitragen (vgl. im Kontext anderer Studien z.B. Bönte 2008,
Boulis/Long 2004 & Schmittdiel et al. 2009). Um die Aussagekraft der erhobenen Da-
ten präziser abschätzen zu können und die Interpretation weiter zu fundieren, wäre au-
ßerdem zu erwägen, zusätzlich zur durchschnittlichen Summe genannter Kategorien
zukünftig deren Streuung, beispielsweise in Form eines Boxplots anzugeben. Ferner
dürfte eine Erhöhung der Studienteilnehmerzahl N die Wahrscheinlichkeit steigern, bei
gleichbleibend detaillierter Aufschlüsselung der Antworten signifikante Unterschiede
im ärztlichen Verhalten entlang der fraglich beeinflussenden Patientencharakteristika zu
detektieren.
Neben den vorgeschlagenen Forschungsfortschreibungen und -modifikationen, die alle
darauf zielen, Differenzen in ärztlichem Verhalten aufzudecken, kristallisiert sich im
Zuge des Bemühens um die Beantwortung der Frage, was bei gleichem medizinischem
Vorgehen die teils drastisch voneinander abweichenden Therapieerfolge (mit)verur-
sacht, ein lange vernachlässigtes Erfordernis deutlich heraus. Es gilt zu ergründen, in-
wiefern Patienten aufgrund persönlicher wie auch gruppenspezifischer Dispositionen
und Bedürfnisse gerade von einer verstärkten Diversifizierung der Behandlungsregime
profitieren (vgl. exemplarisch Hader/Gräf-Gruß 2008, Mertes et al. 2007b, Pritchard
2007, Schifferdecker 2006, Schütt/Klein 2011; speziell im Zusammenhang mit dem
Postulat eines Gender Mainstreaming vgl. z.B. Fuchs 2005, Grande 2008, Legato et al.
2006, Nilsson et al. 2004, konkret am Beispiel der Erforderlichkeit einer das Geschlecht
berücksichtigenden Lebensstilberatung s. Kap. 5.2.2). Diverse Faktoren, wie die
Komorbiditäten eines Patienten, seine mentale Gesundheit, sein Stresserleben, das
Ausmaß seines gesundheitsrelevanten Wissens und Präventivverhaltens sowie der Grad
sozialer Unterstützung, der ihm widerfährt, wirken sich auf die Wahrscheinlichkeit aus,
bei identischem Procedere die anvisierten Therapieresultate zu erreichen. Das Vorliegen
und die Ausprägung solcher Einflussgrößen sind durchaus mit den im Rahmen der Stu-
6 Fazit und Ausblick
85
die überprüften Patientenvariablen assoziiert. (Vgl. Alter et al. 1999, Brown et al. 2004
& 2005, Elkeles et al. 2009, GVG 2003, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Selby
2010, Wright et al. 2005 u.v.a.m.)
Insbesondere jüngere Veröffentlichungen mahnen daher zur streng risikostratifizierten
Individualisierung der Behandlung und warnen zudem eindringlich vor den Gefahren
einer in der Regel gut gemeinten Überversorgung (vgl. u.a. Augstein et al. 2010, Barthel
et al. 2011, Nolan 2010, Wahle 2007). Noch fehlen allerdings größtenteils die Orientie-
rung vermittelnden Konzepte und entsprechende, allen voran geschlechtersensible Leit-
linien (vgl. v.a. Grande 2008, Legato et al. 2006). Medizinische Wissenschaft und Pra-
xis erscheinen auch diesbezüglich gefordert.
Insgesamt haben sich seit den Erhebungen zur Studie etliche Veränderungen im Bereich
der Versorgung von Typ-2-Diabetikern ergeben. Der Nutzen einiger neuer Medikamen-
te konnte inzwischen wissenschaftlich gesichert werden (Schütt/Klein 2011). Empfeh-
lungen sind aktualisiert worden (u.a. BÄK et al. 2010 & 2011, Matthaei et al. 2009 &
2010; vgl. ferner Nawroth et al. 2010), und nicht nur Individualisierung und Risikoab-
schätzung, sondern auch das so genannte (Self-)Empowerment des Patienten und ein
partizipatorischer Entscheidungsstil haben laut des Publikationstenors im therapeuti-
schen Miteinander von Arzt und Erkranktem an zentraler Bedeutung gewonnen (vgl.
z.B. GVG 2003, Heisler et al. 2009, Müller et al. 2007, Plöckinger et al. 2010, Sturm et
al. 2007, Kulzer/Hermanns 2011). Aktuellere Untersuchungen zeichnen trotz aller un-
leugbaren, anhaltenden Defizite ein weit weniger prekäres Bild der Betreuungssituation
hierzulande als häufig befürchtet (vgl. Huppertz et al. 2009, Nordrheinische Gemeinsa-
me Einrichtung DMPs 2009, Pittrow et al. 2006, Ott et al. 2009; s. außerdem Kap. 1).
Überdies scheint gerade die Installierung und Verbreitung der DMPs die Situation pri-
märärztlicher Versorgung in Deutschland generell zu modulieren (Pittrow et al. 2006,
Szecsenyi et al. 2008). Große Erwartungen sind an ihre Implementierung geknüpft
(exemplarisch GVG 2003, Gerlach et al. 2006, Scherbaum/Hauner 2003). Ob sich diese
durch eine Optimierung des therapeutischen Outcome rechtfertigen lassen, bleibt zwar
zunächst weiterhin umstritten und lohnender Gegenstand zukünftiger Evaluierung
(Altenhofen et al. 2006, Linder et al. 2011, Mangione et al. 2006, Miksch et al. 2010,
Schäfer et al. 2010). Erste vergleichende Arbeiten signalisieren aber zumindest, dass
DMP-Teilnehmer in der Tat eine patientenzentriertere, strukturiertere Betreuung als
andere Chroniker erfahren (Szecsenyi et al. 2008). Bemerkenswerterweise wirkt es, als
6 Fazit und Ausblick
86
würden Frauen von solchen Management-Care-Konzepten in Hinblick auf ihre (subjek-
tive) Lebensqualität profitieren, während dieselben Maßnahmen Männer eher zusätzlich
zu beeinträchtigen scheinen (Miksch et al. 2010). Offenbar zeichnet sich mit den DMPs
ein Trend zur Angleichung der Versorgungs- und Gesundheitslage weiblicher und
männlicher Diabetiker ab (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b &
2009), der sich mit den Daten der vorliegenden Studie vollends decken würde. Für ihre
Auswertung ist angesichts dieser Informationen zum reformierenden Potential alternati-
ver Betreuungsmodelle der selbst für gegenwärtige Verhältnisse im gesamten Bundes-
gebiet überproportional hohe Prozentsatz von in DMPs inskribierten Medizinern unter
den Probanden bedeutsam. Zum Einen darf davon ausgegangen werden, dass aufgrund
dieser besonderen Konstellation die Untersuchungsergebnisse bis heute kaum etwas von
ihrer Gültigkeit eingebüßt haben. Zum Anderen besteht deshalb bis zum jetzigen Zeit-
punkt mancher Zweifel daran, dass in DMPs nicht engagierte Primärärzte ihre Patienten
ähnlich egalitär behandeln.
Resümierend lässt sich demnach festhalten: Bei der vorgestellten Studie handelt es sich
um ein sehr sinnvolles und gelungenes Projekt, das demonstrieren konnte, dass deutsche
Primärmediziner ihre Behandlungsentscheidungen zwar partiell durchaus an Alter und
Geschlecht des Patienten sowie nachgeordnet auch dessen sozialem Status orientieren,
die Variationen des Vorgehens jedoch keineswegs als Ausdruck von Diskriminierung
zu interpretieren sind. Die Untersuchung stellt damit einen wichtigen, in seinem umfas-
senden Charakter bis dato einzigartigen, allein aber längst nicht ausreichenden Schritt
zur Erkundung der hausärztlichen Versorgungssituation von Typ-2-Diabetikern in
Deutschland dar. (S. Kap. 5.2) Weitere diesbezügliche Forschung ist, wie in den voran-
gegangenen Passagen aufgezeigt, ganz und gar nicht nur wegen der zahlreichen, a priori
erschöpfend berücksichtigten Limitationen (s. Kap. 5.1) vonnöten.
87
7 Zusammenfassung
7 Zusammenfassung
Zahlreiche Forschungsarbeiten demonstrieren, dass neben „harten“ medizinischen Da-
ten auch diverse Patienten- und Arztcharakteristika, die Implikationen des jeweiligen
Gesundheitssystems und die konkrete Praxisorganisation als „weiche“ nicht-
medizinische Faktoren Einfluss auf ärztliches Entscheidungsverhalten nehmen. Die von
der vorliegenden Arbeit thematisierte Studie befasst sich mit der Frage, ob und in wel-
cher Form das Vorgehen in Deutschland approbierter Primärärzte bei Diagnostik und
Therapie abhängig von Geschlecht, Alter und sozialem Status eines vorbekannten
Typ-2-Diabetikers variiert, wenn dieser Symptome einer möglichen Folge- und Begleit-
erkrankung zeigt.
Für die Untersuchung sind ein im Rahmen der Versorgungsforschung noch relativ neu-
artiges, hohe interne Validität sicherndes Experimentaldesign gewählt und acht im
Wortlaut identische Versionen eines fiktiven Arzt-Patienten-Gesprächs zu Typ-2-
Diabetes videographiert worden. Die Filme unterscheiden sich ausschließlich in Ge-
schlecht, Alter (35 vs. 65 Jahre) und dem sozialen Status (operationalisiert anhand des
Berufs: Anwalt vs. Hausmeister) der ausnahmslos von professionellen Schauspielern
verkörperten Erkrankten. Diese berichteten über Symptome einer fraglich beginnenden
diabetischen PNP und eines u.U. verbesserungsbedürftig eingestellten arteriellen Hyper-
tonus. Vorgespielt wurden die Aufnahmen einer randomisierten Auswahl von 64 nie-
dergelassenen Allgemeinmedizinern sowie hausärztlich tätigen Internisten. Im An-
schluss an die Rezeption fand ein Interview mit den Probanden zu verschiedenen diag-
nostischen und therapeutischen Aspekten statt.
Vereinzelt lassen sich durchaus signifikante Unterschiede im Entscheidungsvorgehen
der Studienteilnehmer konstatieren. Beispielsweise werden Männer häufiger und inhalt-
lich umfassender zu einem diabetesadäquaten Lebensstil beraten als Frauen. Darüber
hinaus anamnestizieren die Mediziner 35-jährigen verglichen mit 65-jährigen Patienten
zu einem insgesamt breiteren thematischen Spektrum und in größerer Zahl speziell das
Rauchen betreffend. Ferner sollen die Jüngeren weit intensiver apparativ und/oder la-
bortechnisch untersucht werden. Bei ihnen streben die Probanden zudem die Konsulta-
tion von Kollegen „anderer“ Fachdisziplinen vermehrt an. Das Agieren der Ärzte ge-
genüber Diabetikern mit einem niedrigeren sozialen Status divergiert statistisch relevant
nur sehr sporadisch von demjenigen gegenüber sozial besser positionierten Betroffenen.
88
7 Zusammenfassung
So werden Letztere öfter zu einem Neurologen überwiesen, während Erstere einen frü-
heren Termin zur Wiedervorstellung erhalten.
Alles in allem jedoch werden ärztliche Entscheidungen in Bezug auf die diagnostische
und therapeutische Betreuung von Typ-2-Diabetikern, bei denen sich Hinweise für Fol-
ge- bzw. Komorbidität manifestieren, in lediglich geringem Maße von den untersuchten
Patientenmerkmalen beeinflusst. Keineswegs sind diese marginalen Handhabungsdiffe-
renzen dabei als Anzeichen für eine Diskriminierung im Sinne der systematischen, me-
dizinisch nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung bestimmter Personen(gruppen)
zu interpretieren.
90
Anhang – Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis38
20. RSA-ÄndV Zwanzigste Verordnung zur Änderung der
Risikostruktur-Ausgleichsverordnung
ACE Angiotensin-konvertierendes Enzym
ADA American Diabetes Association
ADN autonome diabetische Neuropathie
AkdÄ Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
BÄK Bundesärztekammer
BGS98 Bundes-Gesundheitssurvey 1998
BMI Body-Mass-Index
DDG Deutsche Diabetes-Gesellschaft e.V.
DEGS Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland
DETECT Diabetes Cardiovascular Risk Evaluation: Targets and
Essential Data for Commitment of Treatment
DMP/DMPs Disease-Management-Programm(e)
GVG Gesellschaft für Versicherungswissenschaft
und -gestaltung e.V.
HbA1c glykosyliertes Hämoglobin
HDL High-Density-Lipoprotein (= Lipoprotein hoher Dichte)
IDF International Diabetes Federation
IMSG Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und
Gesundheitsökonomie
KHK Koronare Herzkrankheit
LADA Late-onset Autoimmune Diabetes of the Adult
LDL Low-Density-Lipoprotein (= Lipoprotein niederer Dichte)
NERI New England Research Institutes
NIDDK National Institute of Diabetes, Digestive, and Kidney
Diseases
NIH National Institutes of Health
OAD orales Antidiabetikum (auch im Plural)
oGTT oraler Glukosetoleranztest
pAVK periphere arterielle Verschlusskrankheit
PNP Polyneuropathie
RKI Robert Koch-Institut
SES sozioökonomischer Status
38 Verzeichnet werden alle in den Kapiteln 1 bis 7 der Arbeit verwendeten Abkürzungen mit Ausnahme
derjenigen, die aufgrund ihrer verbreiteten Gebräuchlichkeit in der aktuellen Auflage des DUDEN – Die
deutsche Rechtschreibung gelistet sind (Duden 2009).
91
Anhang – Abkürzungsverzeichnis
Tab. Tabelle (auch im Plural)
TRIAD Translating Research Into Action for Diabetes
92
Anhang – Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
Adams, A.; Buckingham, C. D.; Arber, S.; McKinlay, J. B.; Marceau, L.; Link, C. (2006):
The influence of patient's age on clinical decision-making about coronary heart disease in the
USA and the UK. In: Ageing and Society 26 (2), S. 303-319.
Aizawa, T.; Funase, Y. (2011): Intervention at the very early stage of type 2 diabetes.
In: Diabetologia 54 (3), S. 703-704.
Alberti, G.; Zimmet, P.; Shaw, J.; Bloomgarden, Z.; Kaufman, F.; Silink, M. (2004):
Type 2 diabetes in the young: the evolving epidemic. The international diabetes federation
consensus workshop. In: Diabetes Care 27 (7), S. 1798-1811.
Alberti, H.; Boudriga, N.; Nabli, M. (2007): "Damm sokkor": Factors associated with the
quality of care of patients with diabetes. A study in primary care in Tunisia. In: Diabetes Care
30 (8), S. 2013-2018.
Altenhofen, L.; Brenner, G.;Hagen, B.; Haß, W. (2006): Fakten zur Umsetzung der Disease-
Management-Programme in Nordrhein. In: Deutsche Diabetes-Union (Hrsg.): Deutscher
Gesundheitsbericht Diabetes 2007. Die Bestandsaufnahme. S. 41-46. Online verfügbar unter
http://www.aventis-foundation.org/_de/projekte/civilsociety/diabetes/download/ddu_
gesundheitsbericht_diabetes_2007.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Alter, D. A.; Naylor, C. D.; Austin, P.; Tu, J. V. (1999): Effects of socioeconomic status on
access to invasive cardiac procedures and on mortality after acute myocardial infarction.
In: N. Engl. J. Med 341 (18), S. 1359-1367.
American Diabetes Association (ADA) (2008): Diagnosis and Classification of Diabetes
Mellitus. In: Diabetes Care 31 (Supplement 1), S. S55-S60.
American Diabetes Association (ADA) (2009): Executive Summary: Standards of Medical
Care in Diabetes – 2009. In: Diabetes Care 32 (Supplement 1), S. S6-S12.
American Diabetes Association (ADA) (2010): Diagnosis and Classification of Diabetes Mel-
litus. In: Diabetes Care 33 (Supplement 1), S. S62-S69.
Arber, S.; McKinlay, J.; Adams, A.; Marceau, L.; Link, C.; O‘Donnell, A. (2006): Patient
characteristics and inequalities in doctors’ diagnostic and management strategies relating to
CHD: A video-simulation experiment. In: Social Science & Medicine 62 (1), S. 103-115.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) (2009): Empfehlungen zur
antihyperglykämischen Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. 2. Auflage. In: Arzneiverordnung
in der Praxis, Band 36, März 2009 (Sonderheft 1: Therapieempfehlungen). Online verfügbar
unter http://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/TE/Archiv/Diabetes.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) (2009b): Handlungsleitlinie
Diabetes mellitus aus Empfehlungen zur antihyperglykämischen Therapie des Diabetes mellitus
Typ 2. 2. Auflage. In: Arzneiverordnung in der Praxis, Band 36, März 2009 (Sonderheft 1).
Online verfügbar unter http://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/TE/Handlungsleitlinien
/Diabetes.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
93
Anhang – Literaturverzeichnis
Asch, S. M.; Kerr, E. A.; Keesey, J.; Adams, J. L.; Setodji, C. M.; Malik, Sh.; McGlynn, E.
A. (2006): Who is at greatest risk for receiving poor-quality health care?. In: N. Engl. J. Med
354 (11), S. 1147-1156.
Augstein, P.; Vogt, L.; Kohnert, K.-D.; Heinke, P.; Salzsieder, E. (2010): Translation of
Personalized Decision Support into Routine Diabetes Care. In: J Diabetes Sci Technol 4 (6),
S. 1532-1539.
Badenhoop, K.; Ramos-Lopez, E.; Weyrich, P. (2011): Klassifikation und Genetik. Kapitel 2.
In: Häring, H.-U.; Gallwitz, B.; Müller-Wieland, D.; Usadel, K.-H.; Mehnert, H. (Hrsg.):
Diabetologie in Klinik und Praxis. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
Stuttgart/New York: Thieme. S. 51-61.
Barthel, A.; Rietzsch, H.; Bornstein, S.; Schwarz, P. (2011): Neue Entwicklungen beim Typ-
2-Diabetes. In: Dtsch Med Wochenschr 136 (14), S. 675-678.
Bebb, C.; Coupland, C.; Stewart, J.; Kendrick, D.; Madeley, R.; Sturrock, N.; Burden, R.
(2007): Practice and patient characteristics related to blood pressure in patients with
type 2 diabetes in primary care: a cross-sectional study. In: Family Practice 24 (6), S. 547-554.
Beisecker, A. E.; Murden, R. A.; Moore, W. P.; Graham, D.; Nelmig, L. (1996): Attitudes
of medical students and primary care physicians regarding input of older and younger patients
in medical decisions. In: Med Care 34 (2), S. 126-137.
Bellach, B. M. (1999): Der Bundes-Gesundheitssurvey 1998. Erfahrungen, Ergebnisse, Per-
spektiven. In: Gesundheitswesen 61 (Sonderheft 2), S. S55-S56.
Bender, R.; Lange, S.; Ziegler, A. (2002): Multiples Testen. In: Dtsch Med Wochenschr 127
(Supplement Statistik), S. T4-T7.
Bertakis, K. D.; Helms, L. J.; Callahan, E. J.; Azari, R.; Leigh, P.; Robbins, J. A. (2001):
Patient gender differences in the diagnosis of depression in primary care. In: J Womens Health
Gend Based Med 10 (7), S. 689-698.
Beullens, J.; Rethans, J. J.; Goedhuys, J.; Buntinx, F. (1997): The use of standardized
patients in research in general practice. In: Fam Pract 14 (1), S. 58-62.
Blüher, M.; Zimmer, P. (2010): Metabolische und Herz-Kreislauf-Auswirkungen von Muskel-
aktivität, Sport und Fitness bei Typ-2-Diabetes. In: Dtsch med Wochenschr 135 (18),
S. 930-934.
Böhler, S.; Glaesmer, H.; Pittrow, D.; Lehnert, H.; Stalla, G. K.; Zeiher, A. M.; März, W.;
Silber, S.; Wehling, M.; Ruf, G.; Reinecke, A.; Wittchen, H.-U. (2004): Diabetes and
Cardiovascular Risk Evaluation and Management in Primary Care: Progress and Unresolved
Issues. Rationale for a Nationwide Primary Care Project in Germany. In: Exp Clin Endocrinol
Diabetes 112 (4), S. 157-170.
Bönte, M. (2008): Soziale Determinanten ärztlichen Handelns. Eine Darstellung am Beispiel
der koronaren Herzerkrankung. Münster: LIT.
Bönte, M.; Knesebeck, O. v. d.; Siegrist, J.; Marceau, L.; Link, C.; McKinlay, J. (2007):
Einfluss von Patientenalter und Patientengeschlecht auf ärztliche Entscheidungen bei koronarer
Herzkrankheit. In: Dtsch Med Wochenschr 132 (43), S. 2251-2255.
94
Anhang – Literaturverzeichnis
Boulis, A. K.; Long, J. A. (2004): Gender differences in the practice of adult primary care
physicians. In: Journal of Women‘s Health 13 (6), S. 703-712.
Bowling, A. (2007): Honour your father and mother: ageism in medicine. In: Br J Gen Pract 57
(538), S. 347-348.
Bretzel, R. G.; Landgraf, R.; Janka, H. U.; Mann, J.; Merker, L.; Philipp, T.; Ritz, E.
(2007): Hypertonie beim Diabetes mellitus. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 2
(Supplement 2), S. S157-S158.
Brink-Muinen, A. v. d.; Verhaak, P. F. M.; Bensing, J. M.; Bahrsa, O.; Deveugele, M.;
Gask, L.; Mead, N.; Leiva-Fernandez, F.; Perez, A.; Messerli, V.; Oppizzi, L.;
Peltenburg, M. (2003): Communication in general practice: differences between European
countries. In: Family Practice 20 (4), S. 478-485.
Brookhart, M.; Solomon, D.; Wang, P.; Glynn, R.; Avorn, J.; Schneeweiss, S. (2006):
Explained variation in a model of therapeutic decision making is partitioned across patient,
physician, and clinic factors. In: Journal of Clinical Epidemiology 59 (1), S. 18-25.
Brown, A. F.; Ettner, S. L.; Piette, J.; Weinberger, M.; Gregg, E.; Shapiro, M. F.; Karter,
A. J.; Safford, M.; Waitzfelder, B.; Prata, P. A.; Beckles, G. L. (2004): Socioeconomic Posi-
tion and Health among Persons with Diabetes Mellitus: A Conceptual Framework and Review
of the Literature. In: Epidemiol Rev 26 (1), S. 63-77.
Brown, A. F.; Gregg, E. W.; Stevens, M. R.; Karter, A. J.; Weinberger, M.; Safford, M.
M.; Gary, T. L.; Caputo, D. A.; Waitzfelder, B.; Kim, C.; Beckles, G. L. (2005): Race,
ethnicity, socioeconomic position, and quality of care for adults with diabetes enrolled in
managed care. The Translating Research Into Action for Diabetes (TRIAD) study.
In: Diabetes Care 28 (12), S. 2864-2870.
Brunner, H. I.; Taylor, J.; Britto, M. T.; Corcoran, M. S.; Kramer, S. L.; Melson, P. G.;
Kotagal, U. R; Graham, T.B.; Passo, M. H. (2006): Differences in disease outcomes between
medicaid and privately insured children: Possible health disparities in juvenile rheumatoid
arthritis. In: Arthritis Rheum 55 (3), S. 378-384.
Bundesärztekammer (BÄK) (Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern) et al.
(Hrsg.) (2002): Nationale Versorgungs-Leitlinie Diabetes mellitus Typ 2. Kurzfassung.
1. Auflage – Mai 2002. Korrigierte Version vom 1.4.2003. Online verfügbar unter
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/pdf/nvldiabetes.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Bundesärztekammer (BÄK) (Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern); Kas-
senärztliche Bundesvereinigung (KBV); Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Me-
dizinischen Fachgesellschaften (AWMF) et al. (Hrsg.) (2010): Nationale Versorgungs
Leitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter. Langfassung. Version 1.2.
Online verfügbar unter http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/diabetes2/dm2_nephro/
pdf/nvl_t2dnephro_lang.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
95
Anhang – Literaturverzeichnis
Bundesärztekammer (BÄK) (Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern); Kas-
senärztliche Bundesvereinigung (KBV); Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Me-
dizinischen Fachgesellschaften (AWMF) et al. (Hrsg.) (2010b): Nationale Versorgungs
Leitlinie Typ-2-Diabetes. Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen.
Kurzfassung. Version 2.8. Online verfügbar unter http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/
diabetes2/dm2_fuss/pdf/nvl_t2dfuss_kurz.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Bundesärztekammer (BÄK) (Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern); Kas-
senärztliche Bundesvereinigung (KBV); Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Me-
dizinischen Fachgesellschaften (AWMF) et al. (Hrsg.) (2011): Nationale Versorgungs
Leitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter. Langfassung. Version 1.0. Online ver-
fügbar unter http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/diabetes2/dm2_neuro/pdf/
nvl-t2d-neuro-lang.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Carstensen, B.; Kristensen, J. K.; Ottosen, P.; Borch-Johnsen, K. (2008): The Danish
National Diabetes Register: trends in incidence, prevalence and mortality. In: Diabetologia 51
(12), S. 2187-2196.
Cress, R. D.; O’Malley, C. D.; Leiserowitz, G. S.; Campleman, Sh. L. (2003): Patterns of
Chemotherapy Use for Women With Ovarian Cancer: A Population-Based Study.
In: Journal of Clinical Oncology 21 (8), S. 1530-1535.
Cruppé, W. de; Knesebeck, O. v. d.; Gerstenberger, E.; Link, C.; Marceau, L.; Siegrist, J.;
Geraedts, M.; McKinlay, J. (2011): Hausärztliche Entscheidungen bei Symptomen für
Diabetes mellitus Typ 2. In: Dtsch Med Wochenschr 136 (08), S. 359-364.
Dalsgaard, E-M; Lauritzen, T.; Christiansen, T.; Mai, K. S.; Borch-Johnsen, K.;
Sandbaek, A. (2009): Socioeconomic factors related to attendance at a Type 2 diabetes
screening programme. In: Diabetic Medicine 26 (5), S. 518-525.
Deutsche Diabetes-Gesellschaft e.V. (DDG); diabetesDE (Hrsg.) (2010): Gesundheits-Pass
Diabetes. Online verfügbar unter http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/
wirueberuns/Diabetes_Pass_2010.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
DeVries, J. H. (2011): Intensified glucose lowering in type 2 diabetes: don’t throw the baby out
with the bathwater. In: Diabetologia 54 (3), S. 705-706.
Dirmaier, J.; Watzke, B.; Koch, U.; Schulz, H.; Lehnert, H.; Pieper, L.; Wittchen, H.-U.
(2010): Diabetes in Primary Care: Prospective Associations between Depression, Nonadherence
and Glycemic Control. In: Psychother Psychosom 79 (3), S. 172-178.
Duden (Hrsg.) (2009): Duden – Band 1. Die deutsche Rechtschreibung. Das umfassende Stan-
dardwerk auf der Grundlage der aktuellen amtlichen Regeln. 25., völlig neu bearbeitete und
erweiterte Auflage. Mannheim et al.: Dudenverlag.
Durante, R.; McKinlay, J. B.; Kasten, L.; Potter, D. A. (1997): The Influences of Patient
Characteristics and Physician Experience on Case Recall. In: Med Decis Making 17 (2),
S. 199-207.
Elkeles, T.; Kirschner, W.; Graf, C.; Kellermann-Mühlhoff, P. (2009): Health care in and
outside a DMP for type 2 diabetes mellitus in Germany-results of an insurance customer survey
focussing on differences in general education status. In: J Public Health 17 (3), S. 205-216.
96
Anhang – Literaturverzeichnis
Fachkommission Diabetes Sachsen (2002): Sächsische Leitlinien Diabetes mellitus Typ 2.
Online zuletzt am 27.12.2009 gesichtet unter http://www.i mib. med.tu -dresden .de/diabetes/
leitlinien/typ2, aktuell nicht aufrufbar.
Fahrmeir, L.; Künstler, R.; Pigeot, I.; Tutz, G. (2000): Statistik. Der Weg zur Datenanalyse.
Dritte, verbesserte Auflage. Berlin u.a.: Springer.
Feldman, H. A.; McKinlay, J. B.; Potter, D. A.; Freund, K. M.; Burns, R. B.; Moskowitz,
M. A.; Kasten, L. E. (1997): Nonmedical influences on medical decision making: an experi-
mental technique using videotapes, factorial design, and survey sampling. In: Health Serv Res
32 (3), S. 343-366.
Ferrara, A.; Mangione, C. M.; Kim, C.; Marrero, D. G.; Curb, D.; Stevens, M.; Selby, J.
V. (2008): Sex Disparities in Control and Treatment of Modifiable Cardiovascular Disease Risk
Factors Among Patients With Diabetes. Translating Research Into Action for Diabetes (TRIAD)
Study. In: Diabetes Care 31 (1), S. 69-74.
Flocke, S. A.; Gilchrist, V. (2005): Physician and patient gender concordance and the delivery
of comprehensive clinical preventive services. In: Med Care 43 (5), S. 486-492.
Franks, P.; Fiscella, K. (2002): Effect of patient socioeconomic status on physician profiles for
prevention, disease management, and diagnostic testing costs. In: Med Care 40 (8), S. 717-724.
Fuchs, J. (2005): Defizite und Perspektiven einer geschlechtergerechten Gesundheitsver-
sorgung an den Beispielen KHK und psychische Störungen. In: Gesundheitswesen 67 (2),
S. 124-128.
Gerlach, F. M.; Beyer, M.; Muth, C.; Saal, K.; Gensichen, J. (2006): Neue Perspektiven in
der allgemeinmedizinischen Versorgung chronisch Kranker – Wider die Dominanz des Dringli-
chen. Teil 1: Chronische Erkrankungen als Herausforderung für die hausärztliche Versorgungs-
praxis. In: Z. ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh.wes. 100, S. 335-343. Online verfügbar unter
http://www.allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de/lit/zaefq100_335.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG) (2003):
gesundheitsziele.de. Forum zur Entwicklung und Umsetzung von Gesundheitszielen in Deutsch-
land. Bericht. 14. Februar 2003. Online verfügbar unter http://www.gesundheitsziele.de/
cms/medium/30/Bericht_BMG_2003.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Geyer, S.; Hemström, Ö.; Peter, R.; Vågerö, D. (2006): Education, income, and occupational
class cannot be used interchangeably in social epidemiology. Empirical evidence against a
common practice. In: J Epidemiol Community Health 60 (9), S. 804-810.
Giani, G.; Janka, H. U.; Hauner, H.; Standl, E.; Schiel, R.; Neu, A.; Rathmann, W.;
Rosenbauer, J. (2004): Epidemiologie des Diabetes mellitus in Deutschland. Evidenzbasierte
Leitlinie DDG. Aktualisierung 05/2004. Online verfügbar unter http://www.deutsche-diabetes-
gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_Epidemiologie_Update_2004.pdf, zuletzt
geprüft am 25.09.2011.
Glaesmer, H.; Deter, H. C. (2002): Geschlechtsspezifische Aspekte der ärztlichen Tätigkeit.
Verschreiben Ärzte häufiger Medikamente als Ärztinnen?. In: Psychother Psychosom Med
Psychol 52 (9-10), S. 386-391.
97
Anhang – Literaturverzeichnis
Gouni-Berthold, I.; Berthold, H. K.; Mantzoros, C. S.; Böhm, M.; Krone, W. (2008): Sex
Disparities in the Treatment and Control of Cardiovascular Risk Factors in Type 2 Diabetes.
In: Diabetes Care 31 (7), S. 1389-1391.
Grande, G. (2008): Genderspezifische Aspekte in der Versorgung von Patienten und Patientin-
nen mit Diabetes mellitus. In: Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation 82 (4),
S. 291-300.
Grant, R. W.; Lutfey, K. E.; Gerstenberger, E.; Link, C. L.; Marceau, L. D.; McKinlay,
J. B. (2009): The Decision to Intensify Therapy in Patients with Type 2 Diabetes: Results from
an Experiment Using a Clinical Case Vignette. In: The Journal of the American Board of
Family Medicine 22 (5), S. 513-520.
Gudbjörnsdottir, S.; Cederholm, J.; Nilsson, P. M.; Eliasson, B. (2003): The National
Diabetes Register in Sweden. An implementation of the St. Vincent Declaration for Quality
Improvement in Diabetes Care. In: Diabetes Care 26 (4), S. 1270-1276.
Gulliford, M.; Latinovic, R. (2004): Variations in glucose self-monitoring during oral
hypoglycaemic therapy in primary care. In: Diabet Med 21 (7), S. 685-690.
Guthrie, B.; Emslie-Smith, A.; Morris, A. D. (2009): Which people with Type 2 diabetes
achieve good control of intermediate outcomes? Population database study in a UK region.
In: Diabet Med 26 (12), S. 1269-1276.
Hader, C.; Beischer, W.; Braun, A.; Dreyer, M.; Friedl, A.; Füsgen, I.; Gastes, U.;
Grüneklee, D.; Hauner, H.; Köbberling, J.; Kolb, G.; Laue, N. v.; Müller, U. A.; Zeyfang,
A. (2004): Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter.
Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und der
Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). In: Diabetes und Stoffwechsel 13, S. 31-56.
Hader, C.; Gräf-Gruß, R. (2008): Diabetes mellitus im Alter. DDG Praxis-Leitlinie.
In: Diabetologie 3 (Supplement 2), S. S186-S190.
Halle, M.; Kemmer, F.-W.; Stumvoll, M.; Thurm, U.; Zimmer, P. (2008): Körperliche Ak-
tivität und Diabetes mellitus. Evidenzbasierte Leitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.
Online verfügbar unter http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/
leitlinien/EBL_Bewegung_2008.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Hammes, H. P.; Lemmen, K. D.; Bertram, B. (2010): Diabetische Retinopathie und
Makulopathie. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 5 (Supplement 2), S. S117-S121.
Häring, H.U.; Matthaei, S. (2006): Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. In: Diabetologie
1 (Supplement 2), S. S205-S210.
Haslbeck, M.; Luft, D.; Neundörfer, B.; Stracke, H.; Ziegler, D. (2004): Diagnostik, Thera-
pie und Verlaufskontrolle der Neuropathie bei Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.
Evidenzbasierte Leitlinie DDG. 1. Aktualisierung 05/2005. Online verfügbar unter
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_
Neuropathie_Update_2004.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
98
Anhang – Literaturverzeichnis
Haslbeck, M.; Luft, D.; Neundörfer, B.; Stracke, H.; Hollenrieder, V.; Bierwirth, R.
(2008): Diabetische Neuropathie. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 3 (Supplement 2),
S. S134-S140.
Hasslacher, C.; Wolf, G. Kempe, P. Ritz, E. (2010): Diabetische Nephropathie. DDG Praxis-
Leitlinie. In: Diabetologie 5 (Supplement 2), S. S134-S140.
Hauner, H.; Buchholz, G.; Hamann, A.; Husemann, B.; Koletzko, B.; Liebermeister, H.;
Wabitsch, M.; Westenhöfer, J.; Wirth, A.; Wolfram, G. (2009): Adipositas und Diabetes
mellitus. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 4 (Supplement 2), S. S144-S149.
Häussler, B.; Hagenmeyer, E.-G.; Storz, Ph., Jessel, S. (2006): Weißbuch Diabetes in
Deutschland. Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven der Versorgung einer Volkskrank-
heit. Stuttgart/New York: Thieme.
Heath, C. (1984): Participation in the medical consultation: the co-ordination of verbal and
nonverbal behavior between the doctor and patient. In: Sociol Health Illn 6 (3), S. 311-338.
Heidemann, C.; Kroll, L.; Icks, A.; Lampert, T.; Scheidt-Nave, C. (2009): Prevalence of
known diabetes in German adults aged 25-69 years: results from national health surveys over 15
years. In: Diabet Med 26 (6), S. 655-658.
Heisler, M.; Tierney, E.; Ackermann, R.T; Tseng, C.; Venkat Narayan, K.M; Crosson, J.;
Waitzfelder, B.; Safford, M. M.; Duru, K.; Herman, W. H.; Kim, C. (2009): Physicians'
participatory decision-making and quality of diabetes care processes and outcomes: results from
the triad study. In: Chronic Illness 5 (3), S. 165-176.
Herold, G. (Hrsg.) (2009): Innere Medizin 2009. Köln: Herold.
Huppertz, E.; Pieper, L.; Klotsche, J.; Stridde, E.; Pittrow, D.; Böhler, S.; Lehnert, H.
(2009): Diabetes Mellitus in German Primary Care: Quality of Glycaemic Control and Subpo-
pulations not well Controlled – Results of the DETECT Study.
In: Exp Clin Endocrinol Diabetes 117 (1), S. 6-14.
International Diabetes Federation (IDF) (2006): The IDF consensus worldwide definition of
the metabolic syndrome. Online verfügbar unter http://www.idf.org/webdata/docs/MetS_def_
update2006.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
International Diabetes Federation (IDF) (N.N.): Diabetes estimates excel tables. DM 2010. 7
regions. Online verfügbar unter http://www.idf.org/sites/default/files/DM%202010_
7%20regions.xls, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
International Diabetes Federation (IDF) (N.N.b): Diabetes estimates excel tables. DM 2030.
7 regions. Online verfügbar unter http://www.idf.org/sites/default/files/DM%202030_
7%20regions.xls, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Janka, H. U. (2011): Allgemeiner Überblick über Gefäßkrankheiten bei Diabetes mellitus.
Kapitel 24. In: Häring, H.-U.; Gallwitz, B.; Müller-Wieland, D.; Usadel, K.-H.; Mehnert, H.
(Hrsg.): Diabetologie in Klinik und Praxis. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
Stuttgart/New York: Thieme. S. 354-364.
99
Anhang – Literaturverzeichnis
Johannes, C. B.; Crawford, S. L.; McKinlay, J. B. (1997): Interviewer effects in a cohort
study. Results from the Massachusetts Women's Health Study. In: Am. J. Epidemiol 146 (5),
S. 429-438.
Kales, H. C.; Neighbors, H. W.; Blow, F. C.; Taylor, K. K. K.; Gillon, L.; Welsh, D. E.;
Maixner, S. M.; Mellow, A. M. (2005): Race, gender, and psychiatrists' diagnosis and treat-
ment of major depression among elderly patients. In: Psychiatr Serv 56 (6), S. 721-728.
Karter, A. J.; Stevens, M. R.; Brown, A. F.; Duru, O. K.; Gregg, E. W.; Gary, T. L.;
Beckles, G. L.; Tseng, C.-W.; Marrero, D. G.; Waitzfelder, B.; Herman, W. H.; Piette, J.
D.; Safford, M. M.; Ettner, S. L. (2007): Educational disparities in health behaviors among
patients with diabetes: the Translating Research Into Action for Diabetes (TRIAD) Study. In:
BMC Public Health 7 (1), S. 308-316.
Kellerer, M.; Hennige, A.; Häring, H.-U. (2006): Pathogenese des Typ-2-Diabetes.
In: Schatz, H. (Hrsg.): Diabetologie kompakt. Grundlagen und Praxis. 4., erweiterte und aktuali-
sierte Auflage. Stuttgart/New York: Thieme. S. 100-105.
Kemmer, F. W.; Halle, M.; Stumvoll, M.; Thurm, U.; Zimmer, P. (2009): Diabetes, Sport
und Bewegung. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 4 (Supplement 2), S. S183-S186.
Kerner, W. (2007): Editorial: „Eine Chance für Ihre Patienten mit Diabetes“. In: Deutscher
Hausärztebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum
Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen
Hausärzteverband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 5.
Kerner, W.; Brückel, J.; Böhm, B. O. (2004): Definition, Klassifikation und Diagnostik des
Diabetes mellitus. Evidenzbasierte Leitlinie DDG. Aktualisierung 10/2004. Online verfügbar
unter http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_
Klassifikation_Update_2004.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Kerr, E. A.; Zikmund-Fisher, B. J.; Klamerus, M. L.; Subramanian, U.; Hogan, M. M.;
Hofer, T. P. (2008): The role of clinical uncertainty in treatment decisions for diabetic patients
with uncontrolled blood pressure. In: Ann. Intern. Med 148 (10), S. 717-727.
Knesebeck, O. v. d.; Bönte, M.; Siegrist, J.; Marceau, L.; Link, C.; McKinlay, J. (2010):
Diagnose und Therapie einer Depression im höheren Lebensalter – Einflüsse von Patienten- und
Arztmerkmalen. In: Psychother Psych Med 60 (03/04), S. 98-103.
Knesebeck, O. v. d.; Gerstenberger, E.; Link, C.; Marceau, L.; Roland, M.; Campbell, S.;
Siegrist, J.; Cruppé, W. de; McKinlay, J. (2010b): Differences in the Diagnosis and Mana-
gement of Type 2 Diabetes in 3 Countries (US, UK, and Germany). Results From a Factorial
Experiment. In: Med Care 48 (4), S. 321-326.
Knopf, H.; Ellert, U.; Melchert, H.-U. (1999): Sozialschicht und Gesundheit. In: Gesund-
heitswesen 61 (Sonderheft 2), S. S169-S177.
Koster, A.; Bosma, H.; Kempen, G. I. J. M.; Lenthe, F. J. v.; Eijk, J. Th M. v.; Macken-
bach, J. P. (2004): Socioeconomic inequalities in mobility decline in chronic disease groups
(asthma/COPD, heart disease, diabetes mellitus, low back pain): only a minor role for disease
severity and comorbidity. In: J EpidemiolCommunity Health 58 (10), S. 862-869.
Anhang – Literaturverzeichnis
100
Kucharska-Newton, A. M.; Couper, D. J.; Pankow, J. S.; Prineas, R. J.; Rea, T. D.;
Sotoodehnia, N.; Chakravarti, A.; Folsom, A. R.; Siscovick, D. S.; Rosamond, W. D.
(2010): Diabetes and the risk of sudden cardiac death, the Atherosclerosis Risk in Communities
study. In: Acta Diabetol 47 (S1), S. S161-S168.
Kulzer, B.; Albus, C.; Herpertz, S.; Kruse, J.; Lange, K.; Lederbogen, F.; Petrak, F.
(2010): Psychosoziales und Diabetes mellitus. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 5
(Supplement 2), S. S139-S145.
Kulzer, B.; Hermanns, N. (2011): Diabetes als verhaltensmedizinische Erkrankung. Kapitel
17. In: Häring, H.-U.; Gallwitz, B.; Müller-Wieland, D.; Usadel, K.-H.; Mehnert, H. (Hrsg.):
Diabetologie in Klinik und Praxis. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.
Stuttgart/New York: Thieme. S. 268-282.
Lauritzen, T.; Sandbaek, A.; Skriver, M. V.; Borch-Johnsen, K. (2011): HbA1c and
cardiovascular risk score identify people who may benefit from preventive interventions: a 7
year follow-up of a high-risk screening programme for diabetes in primary care (ADDITION),
Denmark. In: Diabetologia 54 (6), S. 1318-1326.
Lauterbach, K. (2007): Der Zweiklassenstaat. Wie die Privilegierten Deutschland ruinieren.
Berlin: Rowohlt.
Legato, M. J.; Gelzer, A.; Goland, R.; Ebner, S. A.; Rajan, S.; Villagra, V.; Kosowski, M.
(2006): Gender-specific care of the patient with diabetes: review and recommendations.
In: Gend Med 3 (2), S. 131-158.
Lehnert, H.; Wittchen, H.-U; Pittrow, D.; Bramlage, P.; Kirch, W.; Böhler, S.; Höfler, M.;
Ritz, E. (2005): Prävalenz und Pharmakotherapie des Diabetes mellitus in der primärärztlichen
Versorgung. In: Dtsch Med Wochenschr 130 (7), S. 323-328.
Linden, M. (2005): Leitlinien und die Psychologie medizinischer Entscheidungsprozesse bei
der Behandlung depressiver Erkrankungen. In: Fortschr Neurol Psychiatr 73 (5), S. 249-258.
Linder, R.; Ahrens, S.; Köppel, D.; Heilmann, T.; Verheyen, F. (2011): Nutzen und
Effizienz des Disease-Management-Programms Diabetes mellitus Typ 2. In: Dtsch Arztebl 108
(10), S. 155-162.
Link, C. L.; McKinlay, J. B. (2009): Disparities in the prevalence of diabetes: is it
race/ethnicity or socioeconomic status? Results from the Boston Area Community Health
(BACH) survey. In: Ethn Dis 19 (3), S. 288-292.
Luft, D. (2006): Diabetische Neuropathien. In: Schatz, H. (Hrsg.): Diabetologie kompakt.
Grundlagen und Praxis. 4., erweiterte und aktualisierte Auflage. Stuttgart/New York: Thieme.
S. 256-267.
Lutfey, K.; Campbell, S.; Renfrew, M.; Marceau, L.; Roland, M.; McKinlay, J. (2008):
How are patient characteristics relevant for physicians' clinical decision making in diabetes?:
An analysis of qualitative results from a cross-national factorial experiment. In: Soc Sci Med 67
(9), S. 1391-1399.
Anhang – Literaturverzeichnis
101
Lutfey, K. E.; Link, C. L.; Grant, R. W.; Marceau, L. D.; McKinlay, J. B. (2009): Is
certainty more important than diagnosis for understanding race and gender disparities?: An ex-
periment using coronary heart disease and depression case vignettes. In: Health Policy 89 (3),
S. 279-287.
Luker, J.; Grimmer-Somers, K. (2008): Ageism in stroke management. In: Age Ageing 37 (5),
S. 606-607.
Lutfey, K. E.; Ketcham, J. D. (2005): Patient and Provider Assessments of Adherence and the
Sources of Disparities: Evidence from Diabetes Care. In: Health Serv Res 40 (6, Part 1),
S. 1803-1817.
Mackenbach, J. P.; Stirbu, I.; Roskam, A.-J. R.; Schaap, M. M.; Menvielle, G.; Leinsalu,
M.; Kunst, A. E. (2008): Socioeconomic inequalities in health in 22 European countries.
In: N Engl J Med 358 (23), S. 2468-2481.
Mackenbach, J. P.; Howden-Chapman, Ph. (2003): New perspectives on socioeconomic
inequalities in health. In: Perspect. Biol. Med 46 (3), S. 428-444.
Maguire, C. P.; Ryan, J.; Kelly, A.; O'Neill, D.; Coakley, D.; Walsh, J. B. (2000): Do pati-
ent age and medical condition influence medical advice to stop smoking?. In: Age Ageing 29
(3), S. 264-266.
Manderbacka, K. (2005): Exploring gender and socioeconomic differences in treatment of
coronary heart disease. In: European Journal of Public Health 15 (6), S. 634-639.
Mangione, C. M.; Gerzoff, R. B.; Williamson, D. F.; Steers, W. N.; Kerr, E. A.; Brown, A.
F.; Waitzfelder, B. E.; Marrero, D. G.; Dudley, R. A.; Kim, C.; Herman, W.; Thompson,
Th. J.; Safford, M. M.; Selby, J. V. (2006): The association between quality of care and the
intensity of diabetes disease management programs. In: Ann. Intern. Med 145 (2), S. 107-116.
Maple-Brown, L.; Brimblecombe, J.; Chisholm, D.; O’Dea, K. (2004): Diabetes care and
complications in a remote primary health care setting. In: Diabetes Research and Clinical
Practice 64 (2), S. 77-83.
Matthaei, S.; Bierwirth, R.; Fritsche, A.; Gallwitz, B.; Häring, H.-U.; Joost, H.-G.; Kelle-
rer, M.; Kloos, C.; Kunt, T.; Nauck, M.; Schernthaner, G.; Siegel, E.; Thienel, F. (2009):
Medikamentöse antihyperglykämische Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Update der
Evidenzbasierten Leitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. In: Diabetologie 4 (1),
S. 32-64.
Matthaei, S.; Bierwirth, R.; Fritsche, A.; Gallwitz, B.; Häring, H.-U.; Joost, H.-G.; Kelle-
rer, M.; Kloos, C.; Kunt, T.; Nauck, M.; Schernthaner, G.; Siegel, E.; Thienel, F. (2010):
Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 5
(Supplement 2), S. S127-S132.
Matthaei, S.; Häring, H.-U. (2008): Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. DDG Praxis-
Leitlinie. In: Diabetologie 3(Supplement 2), S. S157-161.
McKinlay, J. B.; Potter, D. A.; Feldman, H. A. (1996): Non-Medical Influences on Medical
Decision Making. In: Soc Sci Med 42 (5), S. 769-776.
Anhang – Literaturverzeichnis
102
McKinlay, J. B.; Burns, R. B.; Durante, R.; Feldman, H. A.; Freund, K. M.;
Harrow, B. S.; Irish, J. T.; Kasten, L. E.; Moskowitz, M. A. (1997): Patient, physician and
presentational influences on clinical decision making for breast cancer: results from a factorial
experiment. In: J Eval Clin Pract 3 (1), S. 23-57.
McKinlay, J. B.; Lin, T.; Freund, K.; Moskowitz, M. (2002): The unexpected influence of
physician attributes on clinical decisions: results of an experiment. In: J Health Soc Behav 43
(1), S. 92-106.
McKinlay, J.; Link, C.; Arber, S.; Marceau, L.; O'Donnell, A.; Adams, A. (2006): How Do
Doctors in Different Countries Manage the Same Patient? Results of a Factorial Experiment.
In: Health Serv Res 41 (6), S. 2182-2200.
McKinlay, J. B.; Link, C. L.; Freund, K. M.; Marceau, L. D.; O’Donnell, A. B.;
Lutfey, K. L. (2007): Sources of Variation in Physician Adherence with Clinical Guidelines:
Results from a Factorial Experiment. In: J Gen Intern Med 22 (3), S. 289-296.
Melkus, G. D.; Whittemore, R.; Mitchell, J. (2009): Type 2 Diabetes in Urban Black and
Rural White Women. In: The Diabetes Educator 35 (2), S. 293-301.
Mertes, B.; Risse, A.; John, B. (2007): Komplikationen und Folgeerkrankungen. In: Deutscher
Hausärztebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum
Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen
Hausärzteverband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 47-54.
Mertes, B.; Risse, A.; John, B. (2007b): Therapie bei Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.
In: Deutscher Hausärztebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch.
Das Handbuch zum Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2
vom Deutschen Hausärzteverband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 59-72.
Michaelis, D.; Jutzi, E. (1991): Epidemiologie des Diabetes mellitus in der Bevölkerung der
ehemaligen DDR. Alters- und geschlechtsspezifische Inzidenz- und Prävalenztrends im Zeit-
raum 1960-1987. In: Z Klin Med 1991 (46), S. 59-64.
Mielck, A. (2005): Gesetz zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention (Präventionsgesetz,
PrävG). Stellungnahme von Dr. Andreas Mielck zur Zielsetzung „Abbau sozial bedingter Un-
gleichheit von Gesundheitschancen". Online verfügbar unter http://www.aus-portal.de/
Anhoerung_090305_Teil3.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Miksch, A.; Hermann, K.; Trieschmann, J.; Roelz, A.; Heiderhoff, M.; Laux, G.;
Rosemann, T.; Szecsenyi, J. (2008): Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Lebensquali-
tät von Typ-2-Diabetikern mit und ohne DMP-Einschreibung. In: Gesundheitswesen 70 (4),
S. 250-255.
Miksch, A.; Laux, G.; Ose, D.; Joos, S.; Campbell, S.; Riens, B.; Szecsenyi, J. (2010):
Is there a survival benefit within a German primary care-based disease management program?.
In: Am J Manag Care 16 (1), S. 49-54.
Morbach, S.; Müller, E.; Reike, H.; Risse, A.; Spraul, M. (2008): Diabetisches Fußsyndrom.
DDG Praxis-Leitlinie. In: Diabetologie 3 (Supplement 2), S. S175-S180.
Anhang – Literaturverzeichnis
103
Müller, U. A.; Müller, R.; Schillinger, G. (2007): Patientenschulung bei Diabetes und Hyper-
tonie. In: Deutscher Hausärztebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch.
Das Handbuch zum Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2
vom Deutschen Hausärzteverband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 83-86.
Müller-Wieland, D.; Marx, N. (2011): Herzkrankheiten. Kapitel 25. In: Häring, H.-U.;
Gallwitz, B.; Müller-Wieland, D.; Usadel, K.-H.; Mehnert, H. (Hrsg.): Diabetologie in Klinik
und Praxis. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart/New York: Thieme.
S. 365-382.
Nagpal, J.; Bhartia, A. (2006): Quality of Diabetes Care in the Middle- and High-Income
Group Populace. The Delhi Diabetes Community (DEDICOM) survey. In: Diabetes Care 29
(11), S. 2341-2348.
Nathan, D. M.; Buse, J. B.; Davidson, M. B.; Ferrannini, E.; Holman, R. R.; Sherwin, R.;
Zinman, B. (2006): Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes: A Consensus
Algorithm for the Initiation and Adjustment of Therapy: A consensus statement from the
American Diabetes Association and the European Association for the Study of Diabetes.
In: Diabetes Care 29 (8), S. 1963-1972.
Nathan, D. M.; Buse, J. B.; Davidson, M. B.; Ferrannini, E.; Holman, R. R.; Sherwin, R.;
Zinman, B. (2009): Medical management of hyperglycemia in type 2 diabetes mellitus: a con-
sensus algorithm for the initiation and adjustment of therapy. A consensus statement from the
American Diabetes Association and the European Association for the Study of Diabetes.
In: Diabetologia 52 (1), S. 17-30.
Nawroth, P.; Rudofsky, G.; Humpert, P. (2010): Have We Understood Diabetes? New Tasks
for Diagnosis and Therapy. In: Exp Clin Endocrinol Diabetes 118 (1), S. 1-3.
Nicolucci, A. (2010): Epidemiological aspects of neoplasms in diabetes. In: Acta Diabetol 47
(2), S. 87-95.
Nilsson, P. M.; Theobald, H.; Journath, G.; Fritz, T. (2004): Gender differences in risk fac-
tor control and treatment profile in diabetes: a study in 229 swedish primary health care centres.
In: Scand J Prim Health Care 22 (1), S. 27-31.
N.N. (1989): Die St. Vincent Deklaration. Diabetesfürsorge und -forschung in Europa. Online
verfügbar unter http://www.oedg.org/pdf/StVincent_Declaration_dt.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2001.
Nolan, J. J. (2010): Consensus guidelines, algorithms and care of the individual patient with
type 2 diabetes. In: Diabetologia 53 (7), S. 1247-1249.
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (Hrsg.)
(2006): Qualitätssicherungsbericht 2005. Disease-Management-Programme in Nordrhein. Onli-
ne verfügbar unter http://www.kvno.de/downloads/quali/qualbe_dmp05.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (Hrsg.)
(2008): Qualitätssicherungsbericht 2006. Disease-Management-Programme in Nordrhein. Onli-
ne verfügbar unter http://www.kvno.de/downloads/quali/qualbe_dmp06.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Anhang – Literaturverzeichnis
104
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (Hrsg.)
(2008b): Qualitätssicherungsbericht 2007. Disease-Management-Programme in Nordrhein. On-
line verfügbar unter http://www.kvno.de/downloads/quali/qualbe_dmp07.pdf, zuletzt geprüft
am 25.09.2011.
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (Hrsg.)
(2009): Qualitätssicherungsbericht 2008. Disease-Management-Programme in Nordrhein. Onli-
ne verfügbar unter http://www.kvno.de/downloads/quali/qualbe_dmp08.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease-Management-Programme GbR (Hrsg.)
(2010): Qualitätssicherungsbericht 2009. Disease-Management-Programme in Nordrhein. Onli-
ne verfügbar unter http://www.kvno.de/downloads/quali/qualbe_dmp09.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Nöthlings, U.; Ford, E. S.; Kröger, J.; Boeing, H. (2010): Lifestyle factors and mortality
among adults with diabetes: findings from the European Prospective Investigation into Cancer
and Nutrition-Potsdam study. In: Journal of Diabetes 2 (2), S. 112-117.
Nouwen, A.; Winkley, K.; Twisk, J.; Lloyd, C. E.; Peyrot, M.; Ismail, K.; Pouwer, F.
(2010): Type 2 diabetes mellitus as a risk factor for the onset of depression: a systematic review
and meta-analysis. In: Diabetologia 53 (12), S. 2480-2486.
O'Donnell, A. B.; Lutfey, K. E.; Marceau, L. D.; McKinlay, J. B. (2007): Using Focus
Groups to Improve the Validity of Cross-National Survey Research: A Study of Physician
Decision Making. In: Qualitative Health Research 17 (7), S. 971-981.
Ott, P.; Benke, I.; Stelzer, J.; Köhler, C.; Hanefeld, M. (2009): „Diabetes in Germany“
(DIG)-Studie. Prospektive 4-Jahres-Studie zur Therapiequalität bei Typ-2-Diabetes in der
Praxis. In: Dtsch Med Wochenschr 134 (7), S. 291-297.
Palmore, E. B. (2004): Research note: Ageism in Canada and the United States. In: J Cross
Cult Gerontol 19 (1), S. 41-46.
Peter, A.; Fritsche, A.; Stefan, N.; Heni, M.; Häring, H.-U; Schleicher, E. (2011):
Diagnostic Value of Hemoglobin A1c for Type 2 Diabetes Mellitus in a Population at Risk.
In: Exp Clin Endocrinol Diabetes 119 (04), S. 234-237.
Phillips, L. S.; Twombly, J. G. (2008): It's time to overcome clinical inertia. In: Ann. Intern.
Med 148 (10), S. 783-785.
Pieper, L.; Wittchen, H.-U; Glaesmer, H.; Klotsche, J.; März, W.; Stalla, G.; Lehnert, H.;
Zeiher, A. M.; Silber, S.; Koch, U.; Böhler, S.; Pittrow, D.; Ruf, G. (2005): Kardiovaskuläre
Hochrisikokonstellationen in der primärärztlichen Versorgung. In: Bundesgesundheitsbl –
Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 48 (12), S. 1374-1382.
Pistrosch, F.; Natali, A.; Hanefeld, M. (2011): Is Hyperglycemia a Cardiovascular Risk Fac-
tor?. In: Diabetes Care 34 (Supplement 2), S. S128.
Anhang – Literaturverzeichnis
105
Pittrow, D.; Bramlage, P.; Höfler, M.; Kirch, W.; Krause, P.; Küpper, B.; Wittchen, H.-U.
(2003): Prävalenz und Schweregrad von arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus in der
hausärztlichen Praxis – ein unterschätztes Problem. In: Journal of Hypertonie – Austrian Jour-
nal of Hypertension 7 (4), S. 7-11. Online verfügbar unter http://www.kup.at/kup/pdf/
3771.pdf, zuletzt geprüft am 10.06.2011.
Pittrow, D.; Stalla, G. K.; Zeiher, A. M.; Silber, S.; März, W.; Pieper, L.; Klotsche, J.;
Glaesmer, H.; Ruf, G.; Schneider, H. J.; Lehnert, H.; Böhler, S.; Koch, U.; Wittchen, H.-
U. (2006): Prävalenz, medikamentöse Behandlung und Einstellung des Diabetes mellitus in der
Hausarztpraxis. In: Med Klin 101 (8), S. 635-644.
Plack, K.; Herpertz, S.; Petrak, F. (2010): Behavioral medicine interventions in diabetes.
In: Current Opinion in Psychiatry 23 (2), S. 131-138.
Plöckinger, U.; Topuz, M.; Langer, M.; Reuter, T. (2010): Problems of diabetes management
in the immigrant population in Germany. In: Diabetes Research and Clinical Practice 87 (1),
S. 77-86.
Power, D. (2006): Standards of medical care in diabetes. In: Diabetes Care 29 (2), S. 476.
Prel, J.-B. du; Hommel, G.; Röhrig, B.; Blettner; M. (2009): Konfidenzintervall oder p-
Wert?. Teil 4 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. In: Dtsch Arztebl 106
(19), S. 335-339.
Prel, J.-B. du; Röhrig, B.; Blettner; M. (2009b): Kritisches Lesen wissenschaftlicher Artikel.
Teil 1 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. In: Dtsch Arztebl 106 (7),
S. 100-105.
Pritchard, K. I. (2007): Have we been guilty of ageism in the primary treatment of breast
cancer?. In: Br J Cancer 96 (7), S. 1011-1012.
Rathmann, W.; Haastert, B.; Icks, A.; Löwel, H.; Meisinger, C.; Holle, R.; Giani, G.
(2003): High prevalence of undiagnosed diabetes mellitus in Southern Germany: Target popula-
tions for efficient screening. The KORA survey 2000. In: Diabetologia 46 (2), S. 182-189.
Redelmeier, D. A.; Shafir, E.; Aujla, P. S. (2001): The Beguiling Pursuit of More Informati-
on. In: Medical Decision Making 21 (5), S. 376-381.
Rivellese, A. A; Riccardi, G.; Vaccaro, O. (2010): Cardiovascular risk in women with diabe-
tes. In: Nutrition, Metabolism and Cardiovascular Diseases 20 (6), S. 474-480.
Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.) (2005): Diabetes mellitus. Gesundheitsberichterstattung
des Bundes. Heft 24. Berlin: Robert Koch-Institut. Online verfügbar unter http://www.rki.de/
cln_234/nn_199850/DE/Content/GBE/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/diabetes
mellitus,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/diabetes_mellitus.pdf, zuletzt geprüft
am 25.09.2011.
Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.) (2006): Gesundheit in Deutschland. Zusammenfassung.
Berlin: Robert Koch-Institut. Online verfügbar unter http://www.rki.de/cln_234/nn_204568/DE/
Content/GBE/Gesundheitsberichterstattung/GesInDtld/gesundheitsbericht kurzfassung,
templateId=raw,property=publicationFile.pdf/gesundheitsbericht_kurzfassung.pdf, zuletzt
geprüft am 25.09.2011.
Anhang – Literaturverzeichnis
106
Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.) (2008): DEGS: Die neue bundesweite Studie zur Gesund-
heit Erwachsener als Komponente des Gesundheitsmonitorings des Robert Koch-Instituts. In:
Epidemiologisches Bulletin 2008 (41), S. 353-355. Online verfügbar unter
http://www.rki.de/cln_234/nn_969736/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2008/41 08,
templateId=raw,property=publicationFile.pdf/41_08.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.) (2008b): DEGS – RKI hat jetzt mit der Feldarbeit begon-
nen. In: Epidemiologisches Bulletin 2008 (41), S. 440-443. Online verfügbar unter
http://www.rki.de/cln_234/nn_969736/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2008/49 08,
templateId=raw,property=publicationFile.pdf/49_08.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Sawicki, P. T.; John,B. (2007): Wissenschaftliche Risikoeinschätzung. In: Deutscher Hausärz-
tebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum Disease-
Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen Hausärzte-
verband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 16-21.
Schaars, C. F.; Denig, P.; Kasje, W. N.; Stewart, R. E.; Wolffenbuttel, B. H. R.; Haaijer-
Ruskamp, F. M. (2004): Physician, organizational, and patient factors associated with subop-
timal blood pressure management in type 2 diabetic patients in primary care. In: Diabetes Care
27 (1), S. 123-128.
Schäfer, I.; Küver, C.; Gedrose, B.; Hoffmann, F.; Ruß-Thiel, B.; Brose, H.-P.; Bussche,
H. v. d.; Kaduszkiewicz, H. (2010): The disease management program for type 2 diabetes in
Germany enhances process quality of diabetes care – a follow-up survey of patient's
experiences. In: BMC Health Serv Res 10 (1), S. 55-68. Online verfügbar unter
http://www.biomedcentral.com/content/pdf/1472-6963-10-55.pdf, zuletzt geprüft am
10.06.2011.
Scherbaum, W. A.; Hauner, H. (2003): Versorgung von Menschen mit Diabetes in Deutsch-
land – wo stehen wir heute?. In: Dtsch Med Wochenschr 128 (21), S. 1159-1160.
Schernthaner, G.; Barnett, A. H.; Betteridge, D. J.; Carmena, R.; Ceriello, A.;
Charbonnel, B.; Hanefeld, M.; Lehmann, R.; Malecki, M. T.; Nesto, R.; Pirags, V.;
Scheen, A.; Seufert, J.; Sjohölm, A.; Tsatsoulis, A.; DeFronzo, R. (2010): Is the ADA/EASD
algorithm for the management of type 2 diabetes (January 2009) based on evidence or opinion?
A critical analysis. In: Diabetologia 53 (7), S. 1258-1269.
Schifferdecker, E. (2006): Klinik und Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. In: Schatz, H.
(Hrsg.): Diabetologie kompakt. Grundlagen und Praxis. 4., erweiterte und aktualisierte Auflage.
Stuttgart/New York: Thieme. S. 125-134.
Schipf, S.; Schmidt, C. O.; Alte, D.; Werner, A.; Scheidt-Nave, C.; John, U.; Steveling, A.;
Wallaschofski, H.; Völzke, H. (2009): Smoking prevalence in Type 2 diabetes: results of the
Study of Health in Pomerania (SHIP) and the German National Health Interview and
Examination Survey (GNHIES). In: Diabetic Medicine 26 (8), S. 791-797.
Schmittdiel, J. A.; Traylor, A.; Uratsu, C. S.; Mangione, C. M.; Ferrara, A.;
Subramanian, U. (2009): The Association of Patient-Physician Gender Concordance with
Cardiovascular Disease Risk Factor Control and Treatment in Diabetes. In: Journal of Women's
Health 18 (12), S. 2065-2070.
Anhang – Literaturverzeichnis
107
Schulman, K. A.; Berlin, J. A.; Harless, W.; Kerner, J. F.; Sistrunk, S.; Gersh, B. J.; Dubé,
R.; Taleghani, C. K.; Burke, J. E.; Williams, S.; Eisenberg, J. M.; Escarce, J. J. (1999):
The effect of race and sex on physicians' recommendations for cardiac catheterization.
In: N. Engl. J. Med 340 (8), S. 618-626.
Schütt, M.; Klein, H. H. (2011): Neue Möglichkeiten der Differenzialtherapie des Typ-2-
Diabetes. In: Internist 52 (4), S. 395-404.
Scott, A.; Shiell, A.; King, M. (1996): Is general practitioner decision making associated with
patient socio-economic status?. In: Soc Sci Med 42 (1), S. 35-46.
Selby, J. V. (2010): Health Systems, Patients Factors, and Quality of Care for Diabetes.
A synthesis of findings from the TRIAD Study. In: Diabetes Care 33 (4), S. 940-947.
Soiza, R. L. (2005): Evidence of ageism in the management of acute coronary syndromes.
In: Age and Ageing 34 (4), S. 413.
Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2011): Statistisches Jahrbuch 2011. Für die Bundesrepublik
Deutschland mit »Internationalen Übersichten«. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Online
verfügbar unter http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/SharedContent/
Oeffentlich/B3/Publikation/Jahrbuch/StatistischesJahrbuch,property=file.pdf, zuletzt geprüft am
25.09.2011.
Stewart, D. E.; Abbey, S. E.; Shnek, Z. M.; Irvine, J.; Grace, S. L. (2004): Gender
differences in health information needs and decisional preferences in patients recovering from
an acute ischemic coronary event. In: Psychosom Med 66 (1), S. 42-48.
Stone, M. A; Wilkinson, J. C.; Charpentier, G.; Clochard, N.; Grassi, G.; Lindblad, U.;
Müller, U. A.; Nolan, J.; Rutten, G. E.; Khunti, K. (2010): Evaluation and comparison of
guidelines for the management of people with type 2 diabetes from eight European countries.
In: Diabetes Research and Clinical Practice 87 (2), S. 252-260.
Stratmann, B.; Tschoepe, D. (2011): Heart in Diabetes: Not Only a Macrovascular Disease.
In: Diabetes Care 34 (Supplement 2), S. S138.
Streja, D. A.; Rabkin, S. W. (1999): Factors associated with implementation of preventive care
measures in patients with diabetes mellitus. In: Arch. Intern. Med 159 (3), S. 294-302.
Sturm, D.; Mertes, B.; Risse, A. (2007): Festlegen individueller Therapieziele. In: Deutscher
Hausärztebund e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum
Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen
Hausärzteverband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 55-58.
Sturm, D.; Mertes, B. (2007): Diagnostik und Fallfindung. In: Deutscher Hausärztebund e.V.;
AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum Disease-Management-
Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen Hausärzteverband und
der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 42-46.
Subramanian, U.; Schmittdiel, J. A.; Gavin, N.; Traylor, A.; Uratsu, C. S.; Selby, J. V.;
Mangione, C. M. (2009): The Association of Patient Age with Cardiovascular Disease Risk
Factor Treatment and Control in Diabetes. In: J Gen Intern Med 24 (9), S. 1049-1052.
Anhang – Literaturverzeichnis
108
Szecsenyi, J.; Rosemann, T.; Joos, S.; Peters-Klimm, F.; Miksch, A. (2008): German diabe-
tes disease management programs are appropriate for restructuring care according to the chronic
care model. An evaluation with the patient assessment of chronic illness care instrument.
In: Diabetes Care 31 (6), S. 1150-1154.
Tabrizi, J. S.; Wilson, A. J.; O'Rourke, P. K.; Coyne, E. T. (2007): Patient perspectives on
consistency of medical care with recommended care in type 2 diabetes. In: Diabetes Care 30
(11), S. 2855-2856.
Thefeld, W. (1999): Prävalenz des Diabetes mellitus in der erwachsenen Bevölkerung Deutsch-
lands. In: Gesundheitswesen 61 (Sonderheft 2), S. S85-S89.
Thefeld, W.; Stolzenberg, H.; Bellach, B. M. (1999): Bundes-Gesundheitssurvey: Response,
Zusammensetzung der Teilnehmer und Non-Responder-Analyse. In: Gesundheitswesen 61
(Sonderheft 2), S. S57-S61.
Toeller, M. (2005): Evidenz-basierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention
des Diabetes mellitus. In: Diabetes und Stoffwechsel 14, S. 75-94. Online verfügbar unter
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_
Ernaehrung_2005.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Tschöpe, D.; Stratmann, B.; Standl, E.; Eckert, S.; Janka, H.U.; Erdmann, E.; Behrens,
M.; Strasser, R.H.; Dörr, R.; Motz, W.; Jacob, S.; Gohlke, H.; Horstkotte, D. (2006): Di-
agnostik und Therapie von Herzerkrankungen bei Diabetes mellitus. Evidenzbasierte Leitlinie
DDG. Aktualisierung 05/2006. Online verfügbar unter http://www.deutsche-diabetes-
gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/EBL_Herz_Update_2006.pdf, zuletzt geprüft
am 25.09.2011.
Tseng, C.-W.; Tierney, E. F.; Gerzoff, R. B.; Dudley, R. A.; Waitzfelder, B.; Ackermann,
R. T.; Karter, A. J.; Piette, J.; Crosson, J. C.; Ngo-Metzger, Q.; Chung, R.; Mangione,
C. M. (2008): Race/ethnicity and economic differences in cost-related medication underuse
among insured adults with diabetes. The Translating Research Into Action for Diabetes Study.
In: Diabetes Care 31 (2), S. 261-266.
Victor, A.; Elsäßer, A.; Hommel, G.; Blettner, M. (2010): Wie bewertet man die p-Wert-
Flut?. Hinweise zum Umgang mit dem multiplen Testen. Teil 10 der Serie zur Bewertung
wissenschaftlicher Publikationen. In: Dtsch Arztebl 107 (4), S. 50-56.
Vileikyte, L.; Gonzalez, J. S.; Leventhal, H.; Peyrot, M. F.; Rubin, R. R.; Garrow, A.;
Ulbrecht, J. S.; Cavanagh, P. R.; Boulton, A. J. M. (2006): Patient Interpretation of
Neuropathy (PIN) questionnaire: an instrument for assessment of cognitive and emotional
factors associated with foot self-care. In: Diabetes Care 29 (12), S. 2617-2624.
Wahle, K. (2007): Steuerungsinstrumente des DMP Diabetes. In: Deutscher Hausärztebund
e.V.; AOK-Bundesverband (Hrsg.): Hausarzt Handbuch. Das Handbuch zum Disease-
Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 vom Deutschen Hausärzte-
verband und der AOK. 3. Auflage. München: Med.Komm. S. 24-27.
Wexler, D. J.; Grant, R. W.; Meigs, J. B.; Nathan, D. M.; Cagliero, E. (2005): Sex
disparities in treatment of cardiac risk factors in patients with type 2 diabetes. In: Diabetes Care
28 (3), S. 514-520.
Anhang – Literaturverzeichnis
109
Williams, E. D.; Tapp, R. J.; Magliano, D. J.; Shaw, J. E.; Zimmet, P. Z.; Oldenburg, B. F.
(2010): Health behaviours, socioeconomic status and diabetes incidence: the Australian
Diabetes Obesity and Lifestyle Study (AusDiab). In: Diabetologia 53 (12), S. 2538-2545.
Woo, J. K. H.; Ghorayeb, S. H.; Lee, C. K.; Sangha, H.; Richter, S. (2004): Effect of patient
socioeconomic status on perceptions of first- and second-year medical students. In: Canadian
Medical Association Journal 170 (13), S. 1915-1919.
Wright, J. D.; Gibb, R. K.; Geevarghese, S.; Powell, M. A.; Herzog, T. J.; Mutch, D. G.;
Grigsby, P. W.; Gao, F.; Trinkaus, K. M.; Rader, J. S. (2005): Cervical Carcinoma in the
Elderly. An Analysis of Patterns of Care and Outcome. In: Cancer 103 (1), S. 85-91.
Yudkin, J. S.; Richter, B.; Gale, E. A. M. (2010): Intensified glucose lowering in type 2
diabetes: time for a reappraisal. In: Diabetologia 53 (10), S. 2079-2085.
Ziegler, D.; Haslbeck, M.; Neundörfer, B.; Luft, D. Bierwirth, R.; Forst, T.; Hilz, M.;
Jacob, S. Keller, J.; Lobmann, R.; Pannek, J. (2010): Diabetische Neuropathie. DDG Praxis-
Leitlinie. Online verfügbar unter http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/
mitteilungen/leitlinien/PL_DDG2010_Neuropathie.pdf, zuletzt geprüft am 25.09.2011.
Ziegler, D; Reiners, K.; Luft, D. (2011): Diabetische Neuropathie. Kapitel 32. In: Häring, H.-
U.; Gallwitz, B.; Müller-Wieland, D.; Usadel, K.-H.; Mehnert, H. (Hrsg.): Diabetologie in
Klinik und Praxis. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart/New York:
Thieme. S. 473-494.
Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung
(20. RSA-ÄndV). In der Fassung vom 23. Juni 2009, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt
Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009.
110
Anhang – Danksagung
Danksagung
Mein Dank gilt zunächst den für die vorgestellte Studie verantwortlichen Wissenschaft-
lern am IMSG des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Institute für Medizi-
nische Soziologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und für Gesundheitssys-
temforschung der Universität Witten/Herdecke, des Institute of Public Health der Uni-
versity of Cambridge (UK) und des National Primary Care Research and Development
Centre der University of Manchester (UK) sowie der US-amerikanischen NERI in
Watertown (Massachusetts), die mir ermöglicht haben, diese Arbeit zu schreiben.
Im Besonderen danke ich Herrn Prof. Dr. phil. Olaf von dem Knesebeck für den meine
Interessen treffenden Themenvorschlag, seine jederzeit vertrauensvolle Betreuung und
hilfreichen Anregungen. Des Weiteren gebührt ein ganz herzlicher Dank der NERI-
Mitarbeiterin Frau Carol Link für ihre zahlreichen stets verlässlichen und prompt ausge-
führten statistischen Berechnungen sowie Herrn Dr. med. Werner de Cruppé allem vo-
ran für unser sehr angenehmes Telefonat, in dessen Rahmen er mir erhellend und mit
großer Geduld seine persönlichen Eindrücke von Studienablauf und Interviews geschil-
dert hat.
Ferner bedanke ich mich sehr bei Frau Dr. med. Hanna Kaduszkiewicz, die mir nützli-
che Literaturempfehlungen gegeben und sich freundlicherweise viel Zeit genommen
hat, mit mir Fragen zu medizinischen Prinzipien und Details der primärärztlichen Ver-
sorgung von Typ-2-Diabetikern in Deutschland zu erörtern. Den Kontakt zu ihr vermit-
telte freundlichst Herr Prof. Dr. med. Hendrik van den Bussche. Ich bin ihm dafür sehr
dankbar.
Zu guter Letzt bleibt mir, mich von Herzen bei meiner Familie und meinen Freunden zu
bedanken, deren großartiger mentaler Unterstützung ich mir immer gewiss sein konnte.
112
Anhang – Eidesstattliche Versicherung
Eidesstattliche Versicherung
Ich versichere ausdrücklich, dass ich die Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe ver-
fasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die
aus den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen einzeln nach
Ausgabe (Auflage und Jahr des Erscheinens), Band und Seite des benutzten Werkes
kenntlich gemacht habe.
Ferner versichere ich, dass ich die Dissertation bisher nicht einem Fachvertreter an einer
anderen Hochschule zur Überprüfung vorgelegt oder mich anderweitig um Zulassung
zur Promotion beworben habe.
Unterschrift: ......................................................................
113
Anhang – Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI)
Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI)
114
Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie
Das Skript zur deutschsprachigen Videographie
Diagnosed Diabetes with Complications Revised March 5, 2005
Script draft 5-Final GERMAN
Arzt: Guten Tag! Wie geht’s Ihnen heute?
Patient: Mir geht’s recht gut. Kann nicht klagen.
Arzt: Sehr erfreulich. Und wie geht’s Ihrem Mann/Ihrer Frau?
Patient: Oh, ganz gut. Dauernd hinter mir her, den Blutzucker zu testen. Aber ich kann
das verstehen.
Arzt: Oh, vergessen Sie manchmal zu testen?
Patient: Eigentlich nicht. Ich bin wirklich fleißig hinterher, aber ich denke, es gibt
ihr/ihm das Gefühl, daran teilzunehmen, wissen Sie?
Arzt: Er/sie ist eine große Stütze für Sie, ich weiß.
Patient: Ja.
Arzt: So wie geht’s denn so allgemein, wie fühlen Sie sich?
Patient: Gut. Gut, ich habe die Diät eingehalten, und das Messen, natürlich. Fühle mich
generell recht gut.
Arzt: Und wie sind Ihre Blutzuckerspiegel?
Patient: O.K..
Arzt: Sehr gut. Was bringt Sie dann heute zu mir?
Patient: Meist nur die normale Kontrolle.
Arzt: O.K.. Dann wollen wir uns in paar Dinge ansehen, o.k.? Die Blutuntersuchung
zeigt, dass Ihr letzter HbA1c-Wert bei 6,9 liegt; und das ist sehr gut.
Patient: Das ist erfreulich.
Arzt: Ja, das stimmt. O.K., mal sehen…
Patient: [unterbricht] Herr Doktor, ich bin sicher, es ist gar nichts. Aber ich wollte es nur
erwähnen. Die Schwester meinte, mein Blutdruck sei etwas hoch, dieses Mal.
Das sorgt mich.
Arzt: Ja, ich sah das auch – 145 zu 98. Wenn ich mir Ihre Vorwerte anschaue, dann
ist es nur dieses eine Mal hoch. Das beunruhigt mich nicht.
Patient: Ja, aber ich mache mir trotzdem Sorgen. Ich versuche wirklich darauf zu achten,
dass alles in Ordnung ist.
Arzt: O.K.. Wir werden Ihren Blutdruck in etwa einem Monat wieder messen, und
sehen dann, ob es etwas Ernstes ist. Beruhigt Sie das?
Patient: Ich glaube ja.
Arzt: Wenden wir uns jetzt ein paar anderen Dingen zu. Wie steht’s mit Ihren Augen?
115
Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie
Patient: Gut.
Arzt: O.K.. Es sieht so aus, als ob Sie Ihr Gewicht gut halten. Keine Veränderung seit
Ihrem letzten Besuch.
Patient: Tue mein Bestes! Aber die Diät hilft sehr, das zu erleichtern, so schwer es auch
manchmal ist.
Arzt: Das machen Sie gut! Nun, was ist mit Ihren Füßen?
Patient: Gut. Kein richtiges Problem. Nicht wirklich, jedenfalls.
Arzt: Was meinen Sie damit – „nicht wirklich“?
Patient: Nun, ich glaube es ist keine große Sache, aber ich habe ein komisches Gefühl in
den Füßen, ab und zu mal.
Arzt: Komisch? Inwiefern?
Patient: Ich glaube nicht, dass es etwas Ernstes ist. Ich finde es fast etwas albern, es zu
erwähnen, aber manchmal habe ich eine Art... Brennen… so würde ich es
nennen.
Arzt: Können Sie mir genauer sagen, wo Sie dieses Gefühl verspüren?
Patient: Meistens an meinen Fußsohlen. Aber manchmal scheint es den Knöchel hinauf
zu wandern.
Arzt: Den Knöchel hinauf, an beiden Füßen?
Patient: Nein, nur an diesem. Aber nicht immer.
Arzt: Wie lange haben Sie das schon?
Patient: Bin mir nicht sicher. Es kommt und geht.
Arzt: Tritt es nur auf, wenn Sie gehen, oder auch in Ruhe?
Patient: Habe nicht darauf geachtet, bin mir nicht sicher.
Arzt: Irgendwoanders noch Schmerzen, in den Waden oder Beinen?
Patient: Da sie es erwähnen – ein bisschen. Manchmal etwas nach oben auf meine Hüfte
zu. Aber es sind meistens die Füße.
Arzt: Sorgen Sie sich deswegen?
Patient: Es ist nicht so schlimm, wirklich. Ich kann’s ertragen. Ich sorge mich ehrlich
gesagt mehr um meinen Blutdruck. Ich habe gesehen, was passieren kann.
Mein Onkel litt sehr darunter, hatte sogar einen Schlaganfall.
Arzt: Ich verstehe. Nun, Sie nehmen doch Tabletten gegen hohen Blutdruck?
Patient: Ja.
Arzt: Haben Sie sie regelmäßig eingenommen?
Patient: So ziemlich. Manchmal vergesse ich eine oder zwei…
Arzt: Und wie kommt das?
Patient: Weiß ich nicht, manchmal vergesse ich es halt…
116
Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie
Arzt: Hm. Sie müssen Ihre Medikamente einnehmen, wie vereinbart. Damit
auszusetzen kann Ihren Blutdruck erhöhen. Das könnte der Grund dafür sein.
Patient: O.K.. Aber inzwischen… meinen Sie, ich sollte mir einen Blutdruckmesser
besorgen?
Arzt: Ich glaube nicht, dass das schon nötig ist, aber wenn Sie sich damit sicherer
fühlen, kann Ihnen die Sprechstundenhilfe zeigen, wie das funktioniert, und Sie
können es mal ausprobieren.
Patient: Ich würde mich damit besser fühlen.
Arzt: Also gut. Beunruhigt Sie sonst noch etwas? Irgendetwas was Sie erwähnen oder
fragen möchten?
Patient: Ich glaube nicht. Generell fühle ich mich wirklich gut. So – war’s das?
117
Anhang – Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte
Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte