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UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (IMSG) Direktoren: Prof. Dr. Olaf von dem Knesebeck Prof. Dr. Hans-Helmut König Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg vorgelegt von: Ricarda Marina Seitz aus Hanau Hamburg 2011

Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen

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UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF

Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (IMSG)

Direktoren: Prof. Dr. Olaf von dem Knesebeck

Prof. Dr. Hans-Helmut König

Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen

Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die

Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2

Dissertation

zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin

an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg

vorgelegt von:

Ricarda Marina Seitz

aus Hanau

Hamburg 2011

Angenommen von der

Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg am: 14.01.2013

(zugleich Datum von mündlicher Doktorprüfung & Abschluss des Promotionsverfahrens) Veröffentlicht mit Genehmigung der

Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg.

Prüfungsausschuss, der Vorsitzende: Prof. Dr. O. von dem Knesebeck

Prüfungsausschuss, zweiter Gutachter: Prof. Dr. H. van den Bussche

Prüfungsausschuss, dritter Gutachter: PD Dr. J. Aberle

Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen.

Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2

I

INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................ III

Tabellenverzeichnis..................................................................................................................... III

1 Einleitung ................................................................................................................. 1

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus ..................................................... 5

2.1 Diabetes mellitus: Definition, Klinik und Klassifikation

– zur „qualitativen“ Relevanz der Erkrankung ..................................................... 5

2.1.1 Exemplarische Folgemorbidität: Diabetische Neuropathie ................................... 7

2.1.2 Exemplarische Komorbidität: Arterielle Hypertonie ............................................. 8

2.2 Diabetes mellitus Typ 2: Prävalenz und durch ihn verursachte Kosten

– zur „quantitativen“ Relevanz der Erkrankung ................................................... 9

2.3 Diabetes mellitus Typ 2: Medizinische Versorgung– zur Relevanz weiterer

diesbezüglicher Forschung ................................................................................ 12

2.3.1 Einfluss des Patientengeschlechts auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes ....... 14

2.3.2 Einfluss des Patientenalters auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes ................. 17

2.3.3 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Versorgung

bei Typ-2-Diabetes ............................................................................................. 18

2.4 Zwischenfazit – Quintessenz der bisherigen Darlegungen zu

Typ-2-Diabetes .................................................................................................. 19

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie ............................................. 20

3.1 Studiendesign ..................................................................................................... 22

3.2 Studienpopulation und Response-Rate .............................................................. 25

3.3 Vorarbeiten und Pretests .................................................................................... 26

3.4 Konzeption des Fragebogens und Hauptuntersuchung ...................................... 27

3.5 Datenmanagement und statistische Auswertung ............................................... 28

4 Ergebnisse der Studie ........................................................................................... 29

4.1 Allgemeine Aussagen zu primärärztlichem Entscheiden im Rahmen

der vorliegenden Studie ..................................................................................... 30

4.2 Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches Entscheiden ................ 33

4.3 Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches Entscheiden .......................... 41

4.4 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf primärärztliches

Entscheiden ........................................................................................................ 50

Nicht-medizinische Determinanten ärztlicher Entscheidungen.

Eine experimentelle Studie zum Einfluss von Patientenmerkmalen auf die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2

II

5 Diskussion der Studie ........................................................................................... 59

5.1 Diskussion zur Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie .................... 60

5.1.1 Die Vorzüge des videobasierten experimentellen Studiendesigns ...................... 60

5.1.2 Die Limitationen des videobasierten experimentellen Studiendesigns ............... 62

5.1.3 Wie die Projektverantwortlichen den Limitationen begegnen ............................ 65

5.1.4 Multiples Testen und die statistische Power der Studie ...................................... 67

5.2 Diskussion der Studienergebnisse ..................................................................... 68

5.2.1 Diskussion der durch die Studie getroffenen allgemeinen Aussagen

zu primärärztlichem Entscheiden .................................................................. 69

5.2.2 Diskussion zum Einfluss des Patientengeschlechts auf

primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 74

5.2.3 Diskussion zum Einfluss des Patientenalters auf

primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 77

5.2.4 Diskussion zum Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf

primärärztliches Entscheiden .............................................................................. 79

6 Fazit und Ausblick ............................................................................................... 82

7 Zusammenfassung ................................................................................................ 87

Anhang ...................................................................................................................................... 89

Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... 90

Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 92

Danksagung ...................................................................................................................... 110

Eidesstattliche Versicherung ............................................................................................ 112

Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI) ............ 113

Das Skript zur deutschsprachigen Videographie .............................................................. 114

Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte ............................................ 117

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

III

Abbildungsverzeichnis1

Abb. 1: Das Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche

Entscheidungsprozesse…………………………………………………………………2

Tabellenverzeichnis

2

Tab. 1: Die acht verschiedenen sich durch Merkmalskombination ergebenden

Patientenrollen………………………………………………………………………….23

Tab. 2: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Anamnese………………………………………………………………………………34

Tab. 3: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

körperliche Untersuchung………………………………………………………………35

Tab. 4: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung…………………36

Tab. 5: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Labor- & apparative Untersuchungen………………………………………………….37

Tab. 6: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Medikamentenverschreibung…………………………………………………………...38

Tab. 7: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten…………..39

Tab. 8: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten……………………………………………...40

Tab. 9: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten……………...41

1 Der Begriff Abbildung wird im Folgenden, wie von der aktuellen Auflage des DUDEN – Die deutsche

Rechtschreibung (Duden 2009) vorgesehen, Abb. abgekürzt. 2

Der Begriff Tabelle(n) wird im Folgenden Tab. abgekürzt.

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

IV

Tab. 10: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Anamnese………………………………………………………………………………42

Tab. 11: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

körperliche Untersuchung………………………………………………………………44

Tab. 12: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung…………………45

Tab. 13: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Labor- & apparative Untersuchungen………………………………………………….46

Tab. 14: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Medikamentenverschreibung…………………………………………………………...47

Tab. 15: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten…………..48

Tab. 16: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten……………………………………………...49

Tab. 17: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen

für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten……………...50

Tab. 18: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Anamnese…………………………………………………………………51

Tab. 19: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: körperliche Untersuchung………………………………………………...53

Tab. 20: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen

Untersuchung…………………………………………………………………………...54

Tab. 21: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Labor- & apparative Untersuchungen…………………………………….55

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

V

Tab. 22: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Medikamentenverschreibung……………………………………………..56

Tab. 23: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von

Medikamenten………………………………………………………………………….57

Tab. 24: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten………………………………..58

Tab. 25: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden

bei Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen

Hypertonus: Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des

Patienten………………………………………………………………………………..59

1 Einleitung

1 Einleitung

Zum epidemiologischen Allgemeinwissen gehört die Kenntnis, dass sowohl alters- und

geschlechtsabhängige als auch sozial-ökonomisch korrelierte Unterschiede in Bezug auf

den Gesundheitszustand in der Bevölkerung sowie bei Verteilung und Verlauf diverser

Erkrankungen, z.B. von Malignomen, Depression oder der koronaren Herzkrankheit

(KHK), existieren (umfassend dazu Bönte 2008; daneben u.a. Alter et al. 1999, Brown

et al. 2004, Fuchs 2005, Glaesmer/Deter 2002, Koster et al. 2004, Mackenbach et al.

2008, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Mielck 2005, Nordrheinische Gemeinsame

Einrichtung DMPs3

2009). Dabei mögen teilweise biologische wie sozialisationsbeding-

te Differenzen zwischen verschiedenen Patientengruppen eine Rolle spielen (vgl. Bönte

2008; darüber hinaus z.B. Elkeles et al. 2009, Grande 2008, GVG4

2003, Karter et al.

2007, Knopf et al. 1999, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Mackenbach et al.

2008, Melkus et al. 2009, Stewart et al. 2004, Williams et al. 2010). Ebenso jedoch

können Ungleichheiten bei der medizinischen Entscheidungsfindung zu den divergenten

Behandlungsergebnissen und Komplikationsraten beitragen. Offenbar orientieren sich

Ärzte5

bei der Patientenversorgung neben „harten“ medizinisch-sachlichen Aspekten,

wie Blutwerten, Allergien oder Vorbefunden, in vielerlei Hinsicht an „weichen“ nicht-

medizinischen Faktoren. (Vgl. beispielhaft Beisecker et al. 1996, Cress et al. 2003,

Luker/Grimmer-Somers 2008, Pritchard 2007, Soiza 2005, Woo et al. 2004, Wright et

al. 2005) Brookhart et al. (2006) sprechen davon, diese würden gut ein Fünftel der Ver-

sorgungsvarianz erklären.

Eingängig illustrieren McKinlay et al. (2002) im Modell der nicht-medizinischen Ein-

flussfaktoren auf ärztliche Entscheidungsprozesse (Abb. 1) die Vorstellung, dass sowohl

etliche Patienten- als auch Arztcharakteristika und durch die jeweilige Praxisorganisati-

on gegebene Bedingungen (vgl. hierzu konkret Franks/Fiscella 2002) den Ablauf medi-

zinischer Diagnosestellung und therapeutischer Entscheidungsfindung beeinflussen. All

dies geschieht vor dem Hintergrund des gesellschaftsspezifischen Gesundheitssystems

mit seinen jeweiligen organisationalen und menschlich-kulturellen Eigenarten. Gemeint

sind z.B. die gesetzlichen Rahmenbedingungen, das konkrete Versicherungswesen und

3

Die Abkürzungen DMP bzw. DMPs stehen im vorliegenden Beitrag für Disease-Management-

Programm(e) (inhaltliche Erläuterungen zum Begriff nachstehend). 4

Die Abkürzung GVG steht hier wie im Folgenden für Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und - gestaltung e.V.. 5

Um die Lesbarkeit dieses Textes zu vereinfachen, wird zugunsten der einheitlichen Verwendung des

generischen Maskulinums – wann immer das inhaltlich vertretbar erscheint – auf das Gendern von Be-

griffen verzichtet.

1

1 Einleitung

Diagnosesicherheit

diagnostisches Vorgehen

therapeutisches Vorgehen

Überweisungsverhalten

zeitliche Planung der

Wiedervorstellung

ärztliche Entscheidungen:

wahrscheinlichste Diag-

nose

ärztliche Entscheidungen:

gesellschaftspezifisches Gesund- wahrscheinlichste Diagnose

heitssystem mit den entsprechenden Diagnosesicherheit

orgagesellschaftspezifisches diagnostisches Vorgehen

Gesundheitssystem mit den ent-

therapeutisches Vorgehen

Überweisungsverhalten

zeitliche Planung der Wie-

dervorstellung

Ausbildungscurriculum für Mediziner, geltende klinische Leitlinien sowie der Grad der

Implementierung von so genannten Managed-Care-Programmen, zu denen die auch in

Deutschland mittlerweile flächendeckend implementierten Disease-Management-

Programme (DMPs)6

gehören. Dabei erlauben Beobachtungen, die unter den Modalitä-

ten des einen Gesundheitssystems gemacht worden sind, lediglich sehr umsichtige und

in ihrer Aussagekraft eingeschränkte Folgerungen hinsichtlich der entsprechenden Zu-

stände in anderen Staaten (vgl. beispielhaft Brink-Muinen 2003, Knesebeck et al.

2010b, Mackenbach et al. 2008, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, McKinlay et al.

2006).

Abb. 1: Das Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche

Entscheidungsprozesse (modifiziert nach McKinlay et al. 2002)

Patientenfaktoren, z.B.:

Geschlecht

Alter

Sozialstatus

(Ethnie/Hautfarbe)

gesellschaftspezifisches

Gesundheitssystem mit den

entsprechenden organisationalen &

menschlich-kulturellen Aspekten

Praxisbedingungen

Arztfaktoren, z.B.:

Geschlecht

Erfahrung

(Ethnie/Hautfarbe)

ärztliche Entscheidungen:

wahrscheinlichste Diag-

nose

Diagnosesicherheit

diagnostisches Vorge-

hen

therapeutisches Vorge-

hen

Überweisungsverhalten

zeitliche Planung der

Wiedervorstellung

Im Kontext dieser Arbeit relevante Faktoren und Entscheidungsbereiche sind in schwarzer Schrift

bzw. durch Schattierung hervorgehoben.

6 Hierzulande sind DMPs zu einem guten Teil an früheren Diabetes-Vereinbarungen und Strukturverträ-

gen orientiert (GVG 2003, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006). Sie alle zählen zu den

Bemühungen, die viele Gesundheitssysteme weltweit beim Ringen um neue Wege zur nachhaltigen Ver-

besserung der Versorgung von Diabetikern seit den 1990er Jahren unternehmen (GVG 2003, Mangione et

al. 2006, Selby 2010). Im KV-Bezirk Nordrhein als einem Pionier-Gebiet hinsichtlich der DMP-

Realisierung beispielsweise können sich Ärzte und Krankenhäuser seit dem Frühsommer 2003 als Anbie-

ter von Typ-2-Diabetes-DMPs registrieren lassen (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b,

Schäfer et al. 2010). Schäfer et al. (2010) listen Papiere, die Geschichte und Design der deutschen DMPs

fundiert beschreiben.

2

1 Einleitung

Gerade im Kontext eines entlang von Patientenmerkmalen differenzierenden ärztlichen

(Be-)Handelns erscheinen grundlegende individuelle und gesellschaftliche Erwartungen

an das Rollen(selbst)verständnis des Arztes – seine affektive Neutralität, die Kollektiv-

orientierung und den sein Agieren leitenden Universalismus – tangiert (vgl. zu Rollen-

definitionen in Hinblick auf die Arzt-Patienten-Beziehung Bönte 2008). Immer wieder

entwickeln sich in diesem Zusammenhang denn auch brisante politische Diskurse um

den Realisierungsgrad einer diskriminierungsfreien medizinischen Versorgung. Man

denke z.B. an Diskussionen um kategorisch wertende Schlagworte wie Ageism7

(ge-

prägt durch Palmore 2004; vgl. ferner Bowling 2007, Luker/Grimmer-Somers 2008,

Pritchard 2007) oder Zwei-Klassen-Medizin (stellvertretend für viele mehr Lauterbach

2007, Mielck 2005) und die Forderung nach einer gendergerechteren Versorgung. Die

Frage nach der Angemessenheit einer solch pauschalen Skepsis gegenüber ärztlicher

Praxis ist essentiell für den Einzelnen sowie von immenser gesundheitspolitischer und

schließlich gesamtgesellschaftlicher Relevanz. Nur mittels wissenschaftlicher Überprü-

fung der ihr zugrunde liegenden subjektiven Apperzeptionen lässt sie sich ihrerseits

adäquat beantworten.

Dabei können krankheitsabhängig Form und Ausmaß der Effekte von (einzelnen) Pati-

entencharakteristika und den übrigen intervenierenden Einflussfaktoren auf ärztliches

Entscheidungsverhalten deutlich variieren (vgl. z.B. Bönte et al. 2007 im Vergleich zu

Cruppé et al. 2011). Aus den Ergebnissen von entsprechenden wissenschaftlichen Un-

tersuchungen zu einer Krankheit darf deshalb nicht verallgemeinernd auf die Verhält-

nisse bei anderen Erkrankungen rückgeschlossen werden. Wie verhält es sich mit diesen

Phänomenen nun konkret in Bezug auf die „Volkskrankheit“ Diabetes mellitus, die für

die westlich-industrialisierten Länder als zunehmend epidemisch verbreitet beschrieben

wird (z.B. bei Melkus et al. 2009, Nathan et al. 2009, Nolan 2010, Stratmann/Tschoepe

2011)? Im Rahmen der vorliegenden Dissertationsschrift wird eine Untersuchung vor-

gestellt, die sich damit befasst, ob und in welcher Form das primärärztliche Vorgehen in

Deutschland approbierter Mediziner durch Geschlecht, Alter und sozialen Status eines

vordiagnostizierten Typ-2-Diabetikers beeinflusst wird, wenn bei diesem Symptome

einer möglichen Folge- und/oder Begleiterkrankung auftreten. Das hierfür gewählte, für

die Versorgungsforschung relativ neuartige experimentelle Studiendesign (vgl. dazu

auch Bönte 2008) erlaubt, anders als die sonst übliche deskriptive Herangehensweise,

7

Ageism lässt sich am ehesten übersetzen als eine allein aufgrund des Alters einer Person ihr gegenüber

eingenommene, vorurteilsgeleitete Haltung und das daraus resultierende Handeln.

3

1 Einleitung

eine ausnehmend gute Kontrolle von potentiell konfundierenden Variablen und garan-

tiert somit letztlich eine hohe interne Validität. Ausdrücklich nicht intendiert ist es, eine

verallgemeinernde Aussage darüber zu treffen, inwiefern Hausärzte hierzulande in Be-

zug auf die in den Fokus gerückte Erkrankung leitlinienkonform8

und angemessen

anamnestisch, diagnostisch und therapeutisch agieren.

Das folgende Kapitel 2 enthält Basisinformationen zu Diabetes mellitus, die veran-

schaulichen, weshalb eine solche Studie prinzipiell opportun und deren Beschränkung

auf das hausärztliche Setting angemessen ist. Im Zuge dessen vermittelt es unter 2.1

einen ersten Eindruck davon, wie leidvoll die Erkrankung und ihre Folgemorbiditäten

das Individuum treffen und welche „qualitative“ Relevanz eine wissenschaftliche Aus-

einandersetzung mit ihnen angesichts dessen hat. Mit der Prävalenz und der sich daraus

ergebenden „quantitativen“ Relevanz von Diabetes befasst sich Unterkapitel 2.2, bevor

Gliederungspunkt 2.3 auf den Status-quo der Forschung zur medizinischen Versorgung

eingeht, der bis dato nicht zufriedenstellen kann. Dies geschieht soweit möglich mit

besonderem Augenmerk auf Beiträge zur Lage in Deutschland. An ein kurzes Zwi-

schenfazit (Kap. 2.4) schließen sich die Darlegung des methodischen Vorgehens bei

Studienkonzeption und -durchführung (Kap. 3) sowie die detaillierte Ergebnisvorstel-

lung (Kap. 4) an.

Kapitel 5.1 diskutiert die experimentelle Methode, videobasierte Konzeption und kon-

krete Umsetzung der Untersuchung samt der damit verbundenen Vorzüge und inhären-

ten Limitationen. Mit den Erhebungsergebnissen im Grundsätzlichen (Kap. 5.2.1) sowie

speziell hinsichtlich des Einflusses der drei Patientenmerkmale Geschlecht (Kap. 5.2.2),

Alter (Kap. 5.2.3) und sozialer Status (Kap. 5.2.4) auf das primärärztliche Entscheiden

bei Typ-2-Diabetes beschäftigen sich die darauffolgenden Abschnitte kritisch. Abge-

rundet werden die Präsentation der Studie und die Reflexion über ihre Stärken, Schwä-

chen und Resultate mit dem Fazit von Kapitel 6, das neben dem in aller gebotenen ak-

zentuierenden Prägnanz gehaltenen Resümee auch einen Ausblick auf erwägenswerte

Forschungsfortschreibungen und -modulationen gewährt, die bei der Aufschlüsselung

8

Leitlinien (und Literatur) geben dem Arzt zwar einen evidenzbasierten Eindruck, welche Behandlung

wann im Allgemeinen den größten Erfolg verspricht, können jedoch die persönliche Einschätzung der

spezifischen Fallkonstellation nicht ersetzen (zur Kontingenz und Freiheit medizinischen Entscheidens

vgl. einprägsam Kerner 2007, Nolan 2010, Scott et al. 1996, Wahle 2007). Dementsprechend darf ein

Nicht-Befolgen der von ihnen formulierten Empfehlungen nicht als „Substandard-Versorgung“ missver-

standen werden (Power 2006; vgl. auch den die Nutzenerwartungen an Leitlinien skeptisch bilanzieren-

den Beitrag von Linden 2005).

4

1 Einleitung

der in dieser Arbeit thematisierten Problematik helfen können. Dem Anhang steht die

kurze Zusammenfassung (Kap. 7) der Dissertationsschrift voran.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

Dieses Kapitel präsentiert Grundlagen zu (1) Diabetes mellitus und (2) der ärztlichen

Versorgung daran erkrankter Personen. Es vergegenwärtigt die Relevanz und Geboten-

heit einer weitergehenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Beidem.

2.1 Diabetes mellitus: Definition, Klinik und Klassifikation

– zur „qualitativen“ Relevanz der Erkrankung

Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwechselregulationsstörungen, deren

gemeinsamer Leitbefund die chronische Hyperglykämie9

ist. Diese beruht entweder auf

einem absoluten oder relativen Insulinmangel, d.h. einer beeinträchtigten Insulinsekre-

tion einer- oder einer unzureichenden Insulinwirkung andererseits. Nicht selten besteht

eine Kombination beider Pathomechanismen. (20. RSA-ÄndV10

2009, ADA 2008,

Badenhoop et al. 2011, Kellerer et al. 2006, Kerner et al. 2004, Nordrheinische Gemein-

same Einrichtung DMPs 2009) Aus dem Publikationstenor lässt sich schließen, dass

sich Diabetes – anders als eine KHK beispielsweise – bei allen Patienten unabhängig

vom Geschlecht mit einem prinzipiell übereinstimmenden klinischen Bild präsentiert

(stellvertretend Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b). Zwar erkran-

ken Pittrow et al. (2003) zufolge Männer früher und schwerer als Frauen an Diabetes.

Während jedoch bezüglich der ersten Einschätzung in der Literatur Einmütigkeit besteht

(exemplarisch Legato et al. 2006, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs

9 Mittlerweile haben sich – in Anlehnung an einen Vorschlag der American Diabetes Association (ADA)

– international einheitliche, feste Kriterien zur Diagnose eines Diabetes etabliert. So haben die Messun-

gen von Gelegenheits- bzw. Nüchternplasmaglukose zentrale diagnostische Bedeutung; erstere vorwie-

gend in Verknüpfung mit der Beobachtung klassischer Diabetes-Symptome (ADA 2009). Alternativ kann

ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) diagnosesichernd sein. Aufgrund mangelhafter Standardisierung

und nur mäßiger Sensitivität galt das glykosylierte Hämoglobin (HbA1c) lange als für die Diabetes-

Diagnostik ungeeignet, wohl aber als der zentrale Parameter einer Verlaufsbeobachtung (Bundesärzte-

kammer (BÄK) et al. 2002, Huppertz et al. 2009, Kerner et al. 2004, Pittrow et al. 2006). Indessen konze-

diert zwar zumindest die ADA die Bestimmung des HBA1c als primärdiagnostischen Test (ADA 2010),

dennoch sind die Diabetes-Definitionen nach HbA1c-Erhebung bzw. oGTT auch zukünftig nicht ohne

Weiteres gegeneinander austauschbar (eingehend Peter et al. 2011). 10

Die Abkürzung RSA-ÄndV steht nunmehr für Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-

Ausgleichsverordnung.

5

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

6

2006, RKI11

2006, Thefeld 1999), wird die Frage nach geschlechtsbedingten Unter-

schieden des Schweregrads nicht dezidiert behandelt.

Langfristig führt die stetige Überhöhung des Blutzuckerspiegels zu mitunter gravieren-

den Komplikationen. So kann es zur diabetesspezifischen Mikroangiopathie mit daraus

resultierender Schädigung von Augen, Nieren und Nerven (s. Kap. 2.1.1) sowie biswei-

len letal endenden makroangiopathischen Läsionen kommen, die sich vorwiegend an

Herz, Gehirn und peripheren Gefäßen manifestieren (Giani et al. 2004, Herold 2009,

Janka 2011, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006, 2008b & 2009; vgl.

zudem einzelne Folgeerscheinungen thematisierend Böhler et al. 2004, Hader et al.

2004, Hader/Gräf-Gruß 2008, Tschöpe et al. 2006 u.v.a.m.). Außerdem wird eine (mo-

derate) Assoziation von Typ-2-Diabetes und erhöhtem Krebsrisiko befürchtet

(Nicolucci 2010, Schütt/Klein 2011). Des Weiteren entwickeln Diabetiker geschlechts-

unabhängig12

überdurchschnittlich häufig Depressionen (u.a. 20. RSA-ÄndV 2009,

Dirmaier et al. 2010, Grande 2008, Kulzer et al. 2010, Nouwen et al. 2010) und Morbus

Alzheimer (Barthel et al. 2011). Aus all den assoziierten Erkrankungen ergeben sich

teils eminente Einbußen bei Lebensqualität und -erwartung (z.B. Aizawa/Funase 2011,

Giani et al. 2004, Lauritzen et al. 2011, Mertes et al. 2007, Pistrosch et al. 2011,

Schütt/Klein 2011, Statistisches Bundesamt 2011, Stratmann/Tschoepe 2011).

Gegenwärtig wird Diabetes13

nach Empfehlungen der American Diabetes Association

(ADA) hauptsächlich anhand seiner Ätiologie in vier Hauptgruppen klassifiziert (wei-

terhin aktuell ADA 2008). Differentialdiagnostisch von besonderer Bedeutung, wenn-

gleich therapeutisch nicht zwingend, ist die Abgrenzung der beiden mit weitem Abstand

am häufigsten auftretenden Diabetes-Formen, (1) dem durch einen progredienten Ver-

lust von insulinproduzierenden pankreatischen β-Zellen gekennzeichneten Diabetes

mellitus Typ 1 und (2) dem auf einer stets zunächst qualitativ, später regelmäßig auch

quantitativ gestörten Insulinsekretion beruhenden Typ 214

. Daneben unterscheidet man

(3) den Gestationsdiabetes von (4) der sehr heterogenen Gruppe insgesamt relativ rarer

spezifischer Diabetes-Typen. (Ebd., Herold 2009, Kerner et al. 2004)

11 Die Abkürzung RKI steht fortan für Robert Koch-Institut.

12 Sowohl bei Diabetikern als auch Nicht-Diabetikern leiden mehr Frauen als Männer an Depressionen

(Grande 2008). 13

Der Einfachheit halber werden die Begriffe Diabetes und Diabetes mellitus in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. 14

Pathogenetisch lässt sich bei ihm häufig auch eine ausgeprägte Insulinresistenz konstatieren (vgl. He-

rold 2009, Kellerer et al. 2006, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009).

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

7

Die Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung

(20. RSA-ÄndV 2009) z.B. nennt ausdrücklich abschließende Kriterien für die Ein-

gangsdiagnose eines Typ-2-Diabetes. Orientierend gilt: Während Typ-2-Diabetes meist

schleichend und unentdeckt im mittleren oder höheren Erwachsenenalter beginnt, ent-

wickelt sich Typ-1-Diabetes akut bis subakut bei vorwiegend jungen Menschen. In der

Regel erfordert ersterer anfangs keine Insulinsubstitution. Oft bleiben bei dieser Erkran-

kungsvariante sowohl typische Symptome, wie Polyurie, Polydipsie und ein nicht an-

derweitig erklärbarer Gewichtsverlust, als auch unspezifische Einschränkungen des all-

gemeinen Wohlbefindens, u.a. Müdigkeit und Leistungsminderung, aus. Betroffene

neigen überdies nicht zu schweren Stoffwechselentgleisungen. Deshalb wird Typ-2-

Diabetes nicht selten zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung oder erst anläss-

lich des Auftretens der erwähnten makro- und mikroangiopathischen Folgeerkrankun-

gen bemerkt, z.B. derjenigen, mit denen sich das nächste Unterkapitel befasst (vgl. zu-

sätzlich Sturm/Mertes 2007). (ADA 2008, Herold 2009, Kerner et al. 2004, Matthaei et

al. 2010).

2.1.1 Exemplarische Folgemorbidität: Diabetische Neuropathie

Noch stehen genaue, repräsentativ erhobene Daten zur Prävalenz der diabetischen Neu-

ropathie zwar aus, Schätzungen zufolge allerdings sind nach zehn-, spätestens 25-

jähriger Diabetes-Erkrankung rund die Hälfte der Patienten von dieser – vermutlich

mikroangiopathisch bedingten – Komplikation betroffen (exemplarisch GVG 2003,

Giani et al. 2004; vgl. des Weiteren BÄK15

et al. 2011). Explizite Hinweise darauf, dass

Geschlecht, Alter oder Sozialstatus als unabhängige Risikofaktoren für ihr Auftreten

fungieren, lassen sich in der Standardliteratur nicht finden. Mit der Diagnose diabeti-

sche Neuropathie indes sehen sich Männer häufiger konfrontiert als Frauen (Nordrhei-

nische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009). Die aktuelle DDG16

Praxis-Leitlinie de-

finiert die diabetische Neuropathie als eine in der Regel chronisch verlaufende, „kli-

nisch-manifeste oder subklinische Erkrankung der peripheren Nerven, die infolge eines

Diabetes mellitus ohne andere Ursachen auftritt“ (Ziegler et al. 2010: 2). Davon können

das autonome und/oder somatische Nervensystem, Motorik und Sensibilität gleicher-

maßen betroffen sein (ebd.).

15

Die Abkürzung BÄK steht im Rahmen der Dissertationsschrift für Bundesärztekammer. 16

Die Abkürzung DDG steht fortan für Deutsche Diabetes-Gesellschaft e.V..

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

8

Mit etwa 80 % stellt die periphere sensomotorische Polyneuropathie (PNP) die häufig-

ste Form der diabetischen Neuropathie dar. Charakterisiert wird sie durch meist sym-

metrische, distal betonte, sensible Dys-, Hypo- und Parästhenien v.a. der Füße und Un-

terschenkel. Als Symptome werden vornehmlich das Phänomen der „burning feet“,

Kribbel-, Taubheits- und Kältegefühle sowie Wadenkrämpfe beschrieben. Typisch er-

scheinen die Steigerung der Beschwerden bei Nacht und eine durch Verminderung des

Vibrationsempfindens gekennzeichnete Frühsymptomatik. Im Verlauf sind motorische

Störungen möglich. (Herold 2009, Luft 2006, Ziegler et al. 2011)

Von großer ätiologischer Bedeutung ist die PNP – als „key risk factor“ (Vileikyte 2006:

2617) – für die Entstehung eines diabetischen Fußsyndroms und bei der Indikation

nicht-traumatischer Amputationen (BÄK et al. 2010b). Solchen vorzubeugen gehört

neben der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (s. Kap. 2.1.2) zu den dringend-

sten mittel- bis langfristigen Zielen der Diabetes-Therapie (vgl. Mertes et al. 2007). Da-

neben besteht in circa 50 % der Fälle einer nachgewiesenen sensomotorischen diabeti-

schen Neuropathie eine Koinzidenz mit der autonomen diabetischen Neuropathie

(ADN), die prinzipiell alle autonom innervierten Organe, selbst das Herz, betreffen

kann. (BÄK et al. 2011, Haslbeck et al. 2004 & 2008, Ziegler et al. 2011)

2.1.2 Exemplarische Komorbidität: Arterielle Hypertonie

Beim arteriellen Hypertonus handelt es sich um die mit Abstand häufigste Begleitmor-

bidität der Typ-2-Diabetiker (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b).

In Deutschland leiden schätzungsweise 70 bis 80 % von ihnen an Bluthochdruck. Die

Prävalenz bei dieser Personengruppe liegt somit vermutlich bis zu dreimal höher als die

in der nicht-diabetischen Bevölkerung. (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung

DMPs 2006) Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer (Legato et al. 2006,

Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009, Rivellese et al. 2010; s. konkre-

tisierend Kap. 2.3.1).

Im Zuge der medizinischen Betreuung bei Diabetes ist eine gelingende kardiovaskuläre

Präventionsarbeit mit konsequent antihypertensiver Therapie von immenser Bedeutung.

Die kardiovaskuläre Mortalität der an dieser Stoffwechselstörung Erkrankten übersteigt

diejenige von diesbezüglich Gesunden deutlich (zuletzt u.a. Müller-Wieland/Marx

2011, Pistrosch et al. 2011, Schütt/Klein 2011). Gerade in Verbindung mit Diabetes

stellt die arterielle Hypertonie nämlich – wiederum insbesondere für Patientinnen (z.B.

Kucharska-Newton et al. 2010, Legato et al. 2006, Rivellese et al. 2010, Strat-

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

9

mann/Tschoepe 2011) – einen wesentlichen Risikofaktor in Bezug auf die Entwicklung

einer KHK dar (Bretzel et al. 2007, Herold 2009; vgl. ferner Pittrow et al. 2003), dem

entscheidenden Problem von Typ-2-Diabetikern (20. RSA-ÄndV 2009, Legato et al.

2006, Pittrow et al. 2006, Stratmann/Tschoepe 2011). Gleich mehrere Autoren (BÄK et

al. 2010; Mertes et al. 2007 & 2007b, Sturm et al. 2007, Yudkin et al. 2010; vgl. nach-

geordnet auch BÄK et al. 2011, Luft 2006, Ziegler et al. 2010) betonen außerdem die

Wichtigkeit einer Blutdrucksenkung für Vorbeugung und Therapie mikrovaskulärer

Komplikationen, u.a. der PNP. „Die Höhe des Blutdrucks spielt bei Patienten mit Dia-

betes [alles in allem; Anm. d. Verf.] eine entscheidende prognostische Rolle“ (Sturm et

al. 2007: 57). Hinweise auf das Vorliegen einer sekundären Hypertension – Bluthoch-

druck nicht als anderweitig verursachte Begleit-, sondern Folgeerkrankung eines Diabe-

tes – erfordern zwingend Abklärung (20. RSA-ÄndV 2009).

Nachdem sich Kapitel 2.1 zu den mit Typ-2-Diabetes verbundenen Belastungen, Ein-

schränkungen und Risiken, sprich seiner „qualitativen“ Relevanz, eingelassen hat, wird

unter Punkt 2.2 die „quantitative“ Relevanz der Erkrankung anhand von Prävalenz und

entstehenden Kosten beleuchtet.

2.2 Diabetes mellitus Typ 2: Prävalenz und durch ihn verursachte Kosten

– zur „quantitativen“ Relevanz der Erkrankung

Sieht man von der Besonderheit einer überdurchschnittlichen Prävalenz bei bestimmten

Völkern und Ethnien – dort mitunter selbst im Kindes- und Jugendalter – ab (u.a.

Alberti et al. 2004, Legato et al. 2006, Melkus et al. 2009, RKI 2006), erscheint Typ-2-

Diabetes vornehmlich als ein Erwachsene betreffendes Phänomen der Wohlstandsge-

sellschaft (Brown et al. 2004; vgl. z.B. ebenso Heidemann et al. 2009).17

Etwa 80 % der

Patienten haben zum Manifestationszeitpunkt einen Body-Mass-Index (BMI)

≥ 25 kg/m2,18

die Mehrzahl von ihnen leidet am metabolischen Syndrom19

. (Nathan et

al. 2009; vgl. zum Zusammenhang von Adipositas bzw. metabolischem Syndrom und

17 Allerdings beschreiben z.B. Maple-Brown et al. (2004) eine exorbitante Diabetes-Prävalenz bei

indogenen Völkern. 18

Normalgewichtigkeit begründet den Verdacht auf einen so genannten Late-onset Autoimmune Diabetes

of the Adult, kurz LADA (vgl. explizit z.B. Schifferdecker 2006). 19

Das metabolische Syndrom umfasst gemäß der International Diabetes Federation (IDF) neben der

abdominellen Adipositas, die als Überschreiten geschlechts- und ethnienspezifischer Grenzwerte für den

Taillenumfang definiert ist, mindestens zwei der vier folgenden Faktoren: (1) erhöhte Triglyceride, (2) erniedrigtes High-Density-Lipoprotein (HDL), (3) Blutdruck ≥ 130/85 mg/dl, (4) Nüchternplasmaglukose

≥ 100 mg/dl. Liegt der entsprechende Wert aufgrund medikamentöser Behandlung im Normbereich, gilt

das Kriterium als dennoch erfüllt. (IDF 2006)

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

10

Diabetes mellitus pointiert auch GVG 2003, außerdem Alberti et al. 2004, Guthrie et al.

2009 & Kerner et al. 2004)

Zur Prävalenz von Diabetes in Deutschland fehlen weiterhin exakte Daten. Ein entspre-

chendes nationales Register, wie u.a. für Dänemark (Cartensen et al. 2008), Schweden

(Gudbjörnsdottir et al. 2003) und die ehemalige DDR (Michaelis/Jutzi 1991) vorhan-

den, existiert in der Bundesrepublik derzeit nicht. Etliche Schätzungen kursieren, die je

nach zugrundeliegenden Diagnosekriterien (vgl. dazu auch Lehnert et al 2005, Pieper et

al. 2005), Studienkonzeptionen und Erhebungszeitpunkten teilweise gewaltig differie-

ren.

Als wesentlicher Orientierungspunkt wird nach wie vor gerne der Bundes-Gesundheits-

survey 1998 (Thefeld 1999), kurz BGS98, zitiert. Er beruht auf repräsentativen, im We-

sentlichen durch Eigenanamnese erhobenen Daten zur Gesundheit von im gesamten

Bundesgebiet lebenden Personen zwischen 18 und 79 Jahren (Bellach 1999, Thefeld

1999) und beziffert die Prävalenz von Diabetes jedweder Form bei Frauen auf 5,6 %

und bei Männern auf 4,7 % (ebd.); ungefähr 80 bis 90 % davon entfallen auf die Typ-2-

Subform (exemplarisch Miksch et al. 2008). Daneben beschreiben die Ergebnisse einen

drastischen Anstieg der Prävalenz in fortgeschrittenem Alter sowie eine klar überdurch-

schnittliche Erkrankungshäufigkeit in den neuen Bundesländern und bei Zugehörigkeit

zu unteren sozialen Schichten20

(zu Schichtdifferenzen der Prävalenz vgl. auch Alberti

et al. 2004, Alter et al. 1999, Brown et al. 2004, Dalsgaard et al. 2009, Link/McKinlay

2009, RKI 2006, Williams et al. 2010).21

Die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs (2009) resümiert verschiedene

aktuelle Umfragen mit einer abschließenden Schätzung der Diabetes-Gesamtprävalenz

20

Diese stellt nach Angaben des BGS98 allerdings nur bei Männern einen unabhängigen Risikofaktor für

Diabetes dar. (Knopf et al. 1999) 21

Hauptsächlich wegen des Ausschlusses von Angehörigen bestimmter sozial eher benachteiligter Bevöl-

kerungsgruppen, wie Bewohnern von Senioren-, Heil- und Pflegeeinrichtungen, Gefängnisinsassen und

Obdachlosen, und der partiell durch gesundheitliche Probleme begründeten Teilnahmeausfälle ist eine

Unterschätzung der tatsächlichen Anzahl diagnostizierter Diabetiker zu mutmaßen (Knopf et al. 1999,

Thefeld et al. 1999). Gegenwärtig setzt das Robert Koch-Institut (RKI) mit der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) als einer Komponente des neu etablierten Gesundheitsmonitorings die Arbeit des BGS98 fort; die Erhebungen laufen bis November 2011 (RKI 2008 & 2008b). Sie sollen

u.a. Aufschluss über das weithin befürchtete Prävalenzwachstum (s. nachstehend), die Vermutung eines

sinkenden Erstmanifestationsalters (am Beispiel Schottlands Guthrie et al. 2009) sowie eine weitere An-

näherung der gesundheitsrelevanten Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (zu regionalen Dis-

paritäten der Inzidenz vgl. auch Huppertz et al. 2009) geben. Außerdem erhofft man sich neue Erkennt-

nisse zu (1) Dependenzen von Erkrankungshäufigkeit und Schichtzugehörigkeit, wie sie das Heft Ge-

sundheit in Deutschland (RKI 2006) – entgegen der Darlegungen des BGS98 – nur für Frauen ausdrück-

lich beschreibt, und (2) einer aktuellen wie verlässlichen Aufschlüsselung der Betroffenenzahl nach Ge-

schlecht.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

11

auf 5,8 bis 7 % für das Bundesgebiet, wohingegen Miksch et al. (2008) diese auf rund

5 % beziffern. Kerner (2007), der amtierende Präsident der Deutschen Diabetes-

Gesellschaft e.V. (DDG), allerdings schätzt allein die Zahl der Typ-2-Diabetiker hierzu-

lande bei einer jährlichen Zunahme um etwa 5 % auf gegenwärtig rund sechs bis acht

Millionen, was einer Prävalenz zwischen 7,3 und 9,8 % entspräche. Ein noch pessimis-

tischeres Bild zeichnet die International Diabetes Federation (IDF) in Bezug auf

Deutschland. Gestützt auf Daten aus mit Selbstauskünften arbeitenden Untersuchungen

nimmt die Organisation für das Bundesgebiet im Jahr 2010 eine Diabetes-Prävalenz von

12 % an und sagt für 2030 13,5 % voraus. (IDF N.N. & N.N.b) Deutschland würde da-

mit trotz eines vergleichsweise moderaten Anstiegs auch zukünftig zu den Hochpräva-

lenzstaaten zählen, eine Einschätzung, die in der Literatur großen Widerhall findet. Na-

hezu einhellig jedenfalls prognostizieren Forscher für die kommenden Jahre eine (bis-

weilen gar altersadjustierte) Prävalenzzunahme. (Barthel et al. 2011, Blüher/Zimmer

2010, GVG 2003, Guthrie et al. 2009, Häussler et al. 2006, Kerner 2007, Nordrheini-

sche Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009; deutlich verhaltener hingegen Alberti et al.

2004, Heidemann et al. 2009, RKI 2006)

In Anbetracht der meist langsam verlaufenden, oft symptomarmen Entwicklung eines

Typ-2-Diabetes muss überdies von einer nicht zu vernachlässigenden Zahl unentdeckter

Krankheitsfälle ausgegangen werden (RKI 2005). Diesbezügliche Überschläge weichen

aus zu Beginn des Unterkapitels genannten Gründen mitunter deutlich voneinander ab

und rangieren zwischen etwa 1 % (Thefeld 1999) und rund 8 % (Rathmann 2003).

Nach wie vor ist die Hausarztpraxis als der Ort der (Langzeit-)Betreuung von chronisch

Kranken im Allgemeinen wie Typ-2-Diabetikern im Speziellen zu identifizieren (20.

RSA-ÄndV 2009, Gerlach et al. 2006, Häussler et al. 2006, Huppertz et al. 2009,

Pittrow et al. 2006). Dies gilt insbesondere für Deutschland (Pittrow et al. 2003). Dem-

entsprechend hoch liegt die Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 im primärärztlichen

Setting. Sie beläuft sich dort nach Lehnert et al. (2005) auf durchschnittlich 15,6 % (für

Männer 18,5 % und Frauen 13,7 %)22

und variiert regional teils dramatisch (u.a.

Huppertz et al. 2009, Cruppé et al. 2011).

Angesichts der immensen Zahl von Betroffenen kann es kaum verwundern, dass sich

die Kosten, die Diabetes ganz unmittelbar zuzurechnen sind, allein für Deutschland be-

22 Huppertz et al. (2009) sprechen für Deutschland von einer 14,7-prozentigen Diabetes-Prävalenz in

hausärztlichen Praxen.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

12

reits im Jahr 2002 auf mindestens fünf Milliarden Euro belaufen haben. Diese Summe

begreift den für die oft kostenintensive Behandlung von Folgeerkrankungen anfallenden

Finanzbedarf noch nicht ein. Eine große gesundheitsökonomische Herausforderung re-

sultiert. (Barthel et al. 2011, Häussler et al. 2006, Huppertz et al. 2009, Lauritzen et al.

2011, Plack et al. 2010, Scherbaum/Hauner 2003, Statistisches Bundesamt 2011) Opti-

miertes Ausschöpfen der heute verfügbaren präventiven, diagnostischen und therapeuti-

schen Möglichkeiten könnte beachtliche Einsparungspotentiale realisieren (vgl. ähnlich

u.a. Nöthlings et al. 2010). Unterkapitel 2.3 widmet sich dem gegenwärtigen For-

schungsstand zur medizinischen Versorgung bei Diabetes mellitus Typ 2.

2.3 Diabetes mellitus Typ 2: Medizinische Versorgung

– zur Relevanz weiterer diesbezüglicher Forschung

Grundsätzlich folgt jede Therapie eines Typ-2-Diabetes den gleichen (idealen) Zielen.

Entsprechende Leitlinien, Handbücher und Nachschlagewerke sind bereits seit Jahren

zahlreich vorhanden. Angestrebt werden danach eine Senkung von Morbidität, Mortali-

tät und entsprechenden Risikofaktoren, die Prävention akuter und chronischer Kompli-

kationen, die Beseitigung oder zumindest Verbesserung von Symptomen und Begleiter-

krankungen, die Normalisierung der Stoffwechsellage (v.a. glykosyliertes Hämoglobin,

kurz HbA1c, bestenfalls < 6,5 % und Gesamtcholesterin < 200 mg/dl)23

, eine Steigerung

der Lebensqualität sowie das Verhindern sozialer Diskriminierung. All das beinhaltet

auch eine Blutdruckreduktion günstigstenfalls unter den aus klinischer Perspektive be-

deutsamen Wert von 130/80 mmHg, mindestens aber < 140/90 mmHg, die Korrektur

eines möglicherweise bestehenden prothrombotischen Zustandes, Nikotinabstinenz und

die Rückführung einer eventuell vorhandenen Albuminurie auf Werte < 20 mg/dl, ins-

besondere jedoch den Abbau von Übergewicht. (AkdÄ24

2009 & 2009b, BÄK et al.

2002, Häussler et al. 2006, Matthaei et al. 2010, Nordrheinische Gemeinsame Einrich-

tung DMPs 2008, 2008b & 2009; vgl. daneben 20. RSA-ÄndV 2009, ADA 2009, Mer-

tes et al. 2007b, Nathan et al. 2006 & 2009, Schütt/Klein 2011, Wahle 2007)

Im Gegensatz zum Umfang von die Behandlung orientierenden Werken erscheint derje-

nige an aussagekräftiger Literatur zur Versorgungssituation der Typ-2-Diabetiker insge-

23 Dazu zählen ebenso eine kapilläre Blutglukose nüchtern bzw. präprandial 90 bis 120 mg/dl und

postprandial < 130 bis 160 mg/dl, Low-Density-Lipoprotein (LDL) < 100 mg/dl bei Herzgesunden und <

70 mg/dl im Falle einer KHK, HDL > 40 mg/dl bei Männern bzw. 50 mg/dl bei Frauen und

Nüchterntriglyzeride < 150 mg/dl (Matthaei et al. 2010). 24

Die Abkürzung AkdÄ steht fortan für Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

13

samt verhältnismäßig mager. Besonders zum Behandlungs-Status-quo in Deutschland

ist die Forschungslage dürftig. Eine angemessene und universale Versorgung von Dia-

betikern gilt generell bis dato als äußerst diffizil und weltweit nur defizitär realisiert

(Alberti et al. 2007; vgl. exemplarisch ebenso Nagpal/Bhartia 2006), wenngleich sich

Besserungstendenzen abzeichnen (Stone et al. 2010; vgl. ferner z.B. GVG 2003, Leh-

nert et al. 2005, Ott et al. 2009, Scherbaum/Hauner 2003) und zumindest in Deutschland

Patienten mehrheitlich – wie von den Leitlinien vorgesehen – stufenweise behandelt

werden (Huppertz et al. 2009). Das in der St. Vincent Deklaration von 1989 (N.N. 1989)

formulierte Ziel eines „qualitativ und quantitativ annähernd normalen“ Lebens für Dia-

betiker ist noch nicht verwirklicht.

Häufiger noch als die Anamnese (ausführlich Tabrizi et al. 2007) werden Quantität und

Qualität der medikamentösen Therapie kritisiert (vgl. u.a. Gouni-Berthold et al. 2008,

Grant et al. 2009, GVG 2003, Lehnert et al. 2005, Ott et al. 2009, Phillips/Twombly

2008, Schaars et al. 2004). Dabei wäre ein großer Teil der (Spät-)Komplikationen

höchstwahrscheinlich abwendbar (vgl. Haslbeck et al. 2004, Nordrheinische Gemein-

same Einrichtung DMPs 2006, Toeller 2005, Tschöpe et al. 2006 u.v.a.m.). Eine effek-

tive Versorgung von Typ-2-Diabetikern verlangt die rechtzeitige Initiation und Intensi-

vierung einer Medikation zur Kontrolle von Hyperglykämie, Hypertension und

Hyperlipidämie (Böhler et al. 2004, Grant et al. 2009, Mertes et al. 2007 & 2007b,

Pistrosch et al. 2011, Schütt/Klein 2011, Sturm et al. 2007, Yudkin et al. 2010). Genau

diese Therapieanpassung aber finde gewöhnlich in Bezug auf alle bisher bekannten Ri-

sikofaktoren eines Diabetes deutlich langsamer statt, als die entsprechenden Leitlinien

empfehlen, fürchten Grant et al. (2009) mit schwerpunktmäßigem Blick auf die Situati-

on in den USA. In Deutschland hätten regelmäßig erst Folgepathologien, v.a. diejenigen

kardiovaskulärer Natur, eine solche Modifikation der Behandlung zur Konsequenz

(Lehnert et al. 2005).

Nachfolgend wird der Forschungsstand zum Einfluss der Patientenmerkmale Ge-

schlecht, Alter und sozialer Status in je einem separaten Unterkapitel kurz wiedergege-

ben.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

14

2.3.1 Einfluss des Patientengeschlechts auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes

Trotz der wachsenden Zahl primärärztlich zu betreuender diabetischer Patienten ist wei-

terhin insgesamt wenig Unumstrittenes über die geschlechterspezifische Versorgungsre-

alität der hiervon Betroffenen bekannt – anders als beispielsweise bei der KHK (Fuchs

2005, Grande 2008, Nilsson et al. 2004). Dieses Manko betrifft erstens den Kenntnis-

stand bezüglich entsprechender Unterschiede in Art und Umfang von Diagnostik und

Therapie sowie zweitens das Wissen über einen möglichen Zusammenhang zwischen

dem Geschlecht des Patienten einerseits und seinem körperlichen Zustand, der Einstel-

lung von Risikofaktoren und -markern25

andererseits. So lückenhaft die Daten in Bezug

auf den zuletzt angeführten Aspekt auch sind, alles in allem erscheinen wohl zumindest

(kardiale) Risikofaktoren bei männlichen Diabetikern (besonders in fortgeschrittenem

Alter) erfolgreicher kontrolliert zu werden als bei entsprechenden Patientinnen (Nilsson

et al. 2004). Diese allgemeine Feststellung lässt sich nicht nur auf die schwedischen

Gegebenheiten beziehen, sondern vergleichbar auch auf diejenigen in Deutschland

(Gouni-Berthold et al. 2008, Stratmann/Tschoepe 2011), Italien (Rivellese et al. 2010)

und den USA (Ferrara et al. 2008, Kucharska-Newton et al. 2010). Frauen mit Diabetes

mellitus konnten bislang jedenfalls von der Reduktion der KHK-Gesamtmortalität kaum

profitieren (Ferrara et al. 2008, Rivellese et al. 2010, Wexler et al. 2005; s. auch Kap.

2.1.2).

Konkret sprechen bisherige Studien mehrheitlich davon, dass männliche Patienten über

eine bessere Einstellung ihres Blutdrucks verfügen als die korrespondierenden

Mitpatientinnen. Dies skizzieren z.B. Legato et al. (2006) und die eben zitierten Nilsson

et al. (2004) für einen angestrebten Blutdruck < 140 mmHg systolisch und/oder < 85

mmHg diastolisch. Wexler et al. (2005) fanden in den USA geschlechtskorrelierte Un-

terschiede zwar in Hinblick auf das Erreichen eines Tonus < 130/80 mmHg (für

Deutschland vgl. Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b), nicht jedoch

in Bezug auf das „bescheidenere“ Ziel mit Werten von < 140/90 mmHg. Im Rahmen

der Studie Translating Research Into Action for Diabetes (TRIAD) bemerkte Selby

(2010) bei Diabetikerinnen mit diagnostizierter KHK niedrigere Raten einer guten Kon-

trolle von Blutdruck und Low-Density-Lipoprotein (LDL). Schmittdiel et al. (2009) hin-

gegen sehen diese bei Diabetikerinnen unabhängig von jedweder Komorbidität gegeben,

bezogen sich mit ihren Aussagen allerdings auf die Cut-off-Marke < 130/80 mmHg.

25 Zur Abgrenzung der beiden Begriffe Risikofaktor versus Risikomarker vgl. Sawicki/John 2007.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

15

Konträr dazu registrieren die Briten Bebb et al. (2007) bei Diabetes-Patienten vergli-

chen mit -Patientinnen einen signifikant höheren Blutdruck.

Wenig ist bis heute zu denkbaren Geschlechterdifferenzen bei der Höhe der Blutfette

publiziert worden. Laut einer Studie von Nilsson et al. (2004) zu geschlechtsbedingten

Unterschieden bei primärärztlichem Diabetes-Management in Schweden weisen diabe-

tische Frauen (auch unter Therapie) in allen Altersgruppen höhere Werte für Gesamt-

cholesterin und das „gute“ High-Density-Lipoprotein (HDL)26

auf, während ihr LDL-

Niveau lediglich in der Altersgruppe der 60- bis 75-jährigen das der Männer signifikant

übersteigt. Rivellese et al. (2010) attestieren Diabetikerinnen im Geschlechtervergleich

jedoch allgemein sowohl eine extensivere Dyslipidämierate als auch die ausgeprägtere

Neigung, einen prothrombotischen Status zu entwickeln; Legato et al. (2006) konstatie-

ren bei ihnen schwerwiegendere Dysfunktionen des Fettstoffwechsels.

Hinsichtlich des Erfolgs der Blutzuckereinstellung wartet die Wissenschaft mit unein-

heitlichen Ergebnissen auf. So bekundet die deutsche DETECT27

-Studie in Bezug auf

die Höhe des HbA1c lediglich marginale Unterschiede zwischen den Geschlechtern

(Pittrow et al. 2006). Dagegen heben Huppertz et al. (2009) hervor, dass in Deutschland

Männer – mit Ausnahme derjenigen unter 45 Jahren – tendenziell bessere HbA1c-Werte

als Frauen zu erzielen scheinen (vgl. international auch Legato et al. 2006, Nilsson et al.

2004, Wexler et al. 2005). Zu gegenteiligen Schlussfolgerungen gelangen die TRIAD-

Forscher Schmittdiel et al. (2009) für die USA. Es existiere eine schwach positive As-

soziation von weiblichem Patientengeschlecht und einem HbA1c ≤ 8 % (ebd.). Außer-

dem spricht die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung Disease DMPs (2009) davon,

dass es Frauen wenigstens in der Anfangsphase der Teilnahme an einem auf Typ-2-

Diabetiker zugeschnittenen DMP besser gelingt, ihr persönlich vereinbartes HbA1c-Ziel

zu erreichen. Darüber hinaus seien ihr Puls- und Fußstatus sowie die Resultate einer

Sensibilitätsprüfung bei ihnen seltener auffällig (ebd.).

Fragmentarisch muten auch die Forschungsergebnisse zu geschlechtsabhängigen Unter-

schieden bei der medizinischen Betreuung an. Nach Guthrie et al. (2009) erhalten diabe-

tische Frauen im Vereinigten Königreich (UK) diese – verglichen mit Männern – en

26 Der kardiale Benefit einer Erhöhung des HDL und mit ihm der protektive Effekt des weiblichen Ge-

schlechts auf die Wahrscheinlichkeit, an einer KHK zu erkranken, sind allerdings bei Diabetes mellitus

eventuell geschmälert bis gar eliminiert (Wexler et al. 2005; außerdem Melkus et al. 2009, Nordrheini-

sche Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009, Rivellese et al. 2010). 27

DETECT steht für Diabetes Cardiovascular Risk Evaluation: Targets and Essential Data for

Commitment of Treatment.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

16

gros in merklich reduzierter Form. Bei ihnen werde z.B. eine Messung von Cholesterin-

und Blutdruckwerten weniger wahrscheinlich initiiert als bei männlichen Betroffenen;

im Gegensatz dazu würden die Patientinnen aber mit größerer Wahrscheinlichkeit nach

ihren Rauchgewohnheiten gefragt (ebd.). Für Diabetikerinnen ohne KHK berichtet

Selby (2010) von einer geschlechtsspezifisch herabgesetzten Wahrscheinlichkeit, erst

kürzlich das Lipidprofil bestimmt bekommen zu haben (ähnlich bei Gouni-Berthold et

al. 2008). Die TRIAD-Studie indes stellt keine signifikanten geschlechtsbedingten Un-

terschiede bezüglich der Kontrollen von LDL, Blutdruck und -zucker fest (Ferrara et al.

2008). Zugleich existieren Analysen, die von einer größeren Häufigkeit der Augenun-

tersuchungen bei Männern sprechen (stellvertretend Grande 2008; konträr allerdings

Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b). Offenbar werden diese auch

generell etwas eher überwiesen als Frauen (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung

DMPs 2009).

Aus der wenigen verfügbaren Literatur lässt sich am ehesten der Eindruck gewinnen,

dass eine Ungleichbehandlung der Geschlechter v.a. den Aspekt der kardioprotektiven

Medikation betrifft. Wexler et al. (2005) sowie Rivellese et al. (2010) eruieren bei

stoffwechselkranken (und -gesunden) Frauen pauschal eine weniger aggressive Thera-

pie kardialer Risikofaktoren als bei Männern. In ihrem vorwiegend auf amerikanische

Veröffentlichungen rekurrierenden Review kommen Legato et al. (2006) zu dem

Schluss, Diabetikerinnen würden sowohl mit Aspirin und Betablockern als auch mit

Statinen seltener behandelt als Diabetiker. Signifikante Disparitäten notiert auch Selby

(2010). Diabetikerinnen ohne KHK würde im Vergleich zu mitbetroffenen Männern

seltener Aspirin verordnet; bei Vorliegen einer KHK sei das überdies in Bezug auf

Lipidsenker zu beobachten (ebd.; vgl. zum zweitgenannten Aspekt desgleichen Ferrara

et al. 2008). Daneben registrieren die Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs

(2009) bei den Teilnehmerinnen am DMP Typ-2-Diabetes sichtlich geringere Ver-

schreibungszahlen von Thrombozyten-Aggregationsinhibitoren als bei männlichen In-

skribierten. Nilsson et al. (2004) konstatieren zwar, dass männliche Patienten in sämtli-

chen Altersgruppen häufiger mit ACE28

-Hemmern therapiert werden als Frauen. Zeit-

gleich stellen die Autoren aber fast keine Geschlechterunterschiede hinsichtlich der

Verschreibung von oralen Antidiabetika (OAD; vgl. konkret für Deutschland überdies

Lehnert et al. 2005), Insulin und lipidsenkenden Medikamenten fest (Nilsson et al.

2004).

28 Die Abkürzung ACE steht hier wie im Folgenden für Angiotensin-konvertierendes Enzym.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

17

2.3.2 Einfluss des Patientenalters auf die Versorgung bei Typ-2-Diabetes

Das Patientenalter scheint durchaus Einfluss auf die Diabetes-Behandlung und ihren

Erfolg zu nehmen. An wissenschaftlichen Arbeiten aber, die diesen Einfluss strukturiert

aufschlüsseln und begründen, mangelt es. Seine Richtung erscheint keineswegs konsis-

tent.

So halten Guthrie et al. (2009) für Diabetiker unter 55 Jahren im UK sowohl eine ge-

genüber anderen Betroffenen insgesamt deutlich reduzierte medizinische Betreuung als

auch eine erheblich geminderte Realisierungsquote mittelfristiger Therapieziele fest. Sie

befinden sich damit in einem gewissen Widerspruch zu Gudbjörnsdottir et al. (2003)

und Schaars et al. (2004), die meinen, die Wahrscheinlichkeit jüngerer Personen, The-

rapieziele zu erreichen, übertreffe die der älteren merklich. Auch die Höhe des HbA1c

ist neben der Erkrankungsdauer (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009,

Pittrow et al. 2006) und dem Geschlecht des Diabetikers (s. 2.3.1) von dessen Alter ab-

hängig (Huppertz et al. 2009). Auf den ersten Blick kontraintuitiv mögen die Aussagen

der Nordrheinischen Gemeinsamen Einrichtung DMPs (2009), von Pittrow et al. (2006),

Selby (2010) und Subramanian et al. (2009) wirken, für ältere Patienten sei es vergli-

chen mit jüngeren substanziell wahrscheinlicher, einen eher niedrigen HbA1c oder al-

ternativ den für diesen Parameter individuell definierten Zielwert zu erreichen. Gleiches

gilt augenscheinlich für das LDL (ebd., Selby 2010). Für das Erreichen von Blutdruck-

zielen hat das Alter laut Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs (2009) hinge-

gen keine bis nur geringe Bedeutung. Dem widersprechen jedoch Selby (2010) und

Subramanian et al. (2009) gleichermaßen; sie beobachten eine signifikant schlechtere

Einstellung der systolischen Werte bei älteren Menschen. Während die Nierenfunktions-

testung offenbar altersunabhängig erfolgt, scheint die Empfehlung einer jährlichen Prü-

fung der Retina eher bei älteren Diabetikern realisiert zu werden (Nordrheinische Ge-

meinsame Einrichtung DMPs 2009).

Mitunter diametral zueinander erscheinen Studienergebnisse zu altersabhängigen Diffe-

renzen bei der Diabetes-Therapie. Gudbjörnsdottir et al. (2003) beispielsweise zitieren

US-amerikanische Studien, die darauf hinweisen, dass ältere Menschen häufig keine

guidelinegerechte Versorgung erfahren, während Selby (2010) dieses Problem gerade

als eines von jüngeren Patienten identifiziert. Mit der Frage, welche Faktoren die pri-

märärztliche Behandlung arterieller Hypertension bei Typ-2-Diabetikern beeinflussen,

befasste sich eine niederländische Studie von Schaars et al. (2004). Den Autoren fiel

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

18

auf, dass bei Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter ACE-Inhibitoren bzw.

Angiotensin-II-Antagonisten besonders selten eingesetzt werden (ebd.).

Dagegen äußern Subramanian et al. (2009), bei erhöhtem HbA1c sei eine Intensivierung

der entsprechenden Behandlung für 50- bis 74-Jährige zwar signifikant weniger wahr-

scheinlich als für jüngere Betroffene, im Falle einer Hypertension aber erführen diese

seltener als jene eine intensivierte Therapie. Dem stimmt Selby (2010) zu und ergänzt,

auch ein erhöhtes LDL habe bei Jüngeren mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Modi-

fikation der Medikation zur Konsequenz. Nilsson et al. (2004) konstatieren, in Schwe-

den werde trotz eines höheren Bedarfs nur rund ein Drittel aller Diabetiker älter als 75

Jahre medikamentös lipidsenkend behandelt. Offenbar besteht ferner eine Assoziation

zwischen einzelnen Patientencharakteristika, v.a. steigendem Alter, und der abnehmen-

den Verordnung von Blutzuckerselbstkontrollen (Gulliford/Latinovic 2004). Zugleich

erhielten bei einer umfangreichen Querschnittuntersuchung von Lehnert et al. (2005)

Diabetiker über 60 Jahre häufiger als jüngere eine oral-antidiabetische Medikation.

Verglichen mit jüngeren wird älteren DMP-Teilnehmern in Deutschland allerdings al-

lem Anschein nach (bei übereinstimmender Wertekonstellation) merklich zurückhalten-

der Metformin verschrieben (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009), sie

werden zögerlicher zu einem Diabetologen überwiesen und erhalten seltener die

Empfehlung, sich körperlich ausreichend zu bewegen (Schäfer et al. 2010).

2.3.3 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Versorgung bei

Typ-2-Diabetes

Für die folgende Evaluation des wissenschaftlichen Status-quo zu möglichen durch den

sozialen Status bedingten Ungleichheiten in der Behandlung von Typ-2-Diabetikern

ergeben sich spezielle sprachlich-denotative Herausforderungen. Besonders, nicht aber

ausschließlich in der amerikanischen Literatur zu Diabetes finden sich so bisweilen un-

scharfe Abgrenzungen bis hin zu Vermengungen zwischen Variablen wie Ethnität bzw.

Hautfarbe und sozioökonomischem Status (SES)29

, Einkommen, beruflicher Tätigkeit,

Bildung oder Versichertenstatus sowie deren jeweiligen Zusammenhängen und Effekten

(vgl. eindrücklich z.B. Brunner et al. 2006, Tseng et al. 2008). Obgleich zwischen den

Begriffen gewisse Korrelationen existieren, sind sie keinesfalls gegeneinander aus-

tauschbar und verweisen als Indikatoren auf unterschiedliche Phänomene und dahinter-

29

Der SES wird ermittelt aus der beruflichen Tätigkeit einer Person, ihrem Bildungsgrad und dem Ge-

samthaushaltseinkommen (im Rahmen einer Studie zu Diabetes z.B. bei Williams et al. 2010 expliziert).

Damit ist er enger gefasst als der Begriff des sozialen Status.

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

19

stehende Kausalmechanismen (Geyer et al. 2006). Nur wenige Arbeiten eignen sich

folglich dafür, wie im Rahmen der vorliegenden Dissertation beabsichtigt, eine hinrei-

chend valide Aussage über den Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf die Ver-

sorgung bei Typ-2-Diabetes zu treffen. Die Vergleichbarkeit der Beiträge ist einge-

schränkt.

Einhelligkeit besteht bezüglich der Einschätzung, dass Diabetes bei sozial schwächer

positionierten Menschen eher als bei Anderen einen gravierenden Verlauf nimmt. Kos-

ter et al. (2004) stellen fest, dass sozialunterprivilegierte Diabetes-Patienten in den Nie-

derlanden tendenziell mit größeren Mobilitätseinbußen konfrontiert seien als solche mit

höherem SES – deutlich drastischere Unterschiede beständen allerdings bei diversen

anderen chronischen Erkrankungen. Explizit weisen ebenfalls Brown et al. (2004) und

GVG (2003) auf Anhaltspunkte für höhere Raten von Folgeschäden bei diabetischen

Personen aus benachteiligten Sozialschichten im Vergleich zu sozial relativ begünstig-

ten Betroffenen hin. Daneben gehen Franks/Fiscella (2002) ausdrücklich von sozial-

schichtabhängigen Unterschieden im Erfolg der Behandlung chronisch Kranker (aus-

drücklich auch von Diabetikern) aus, und Selby (2010) befasst sich mit den Negativein-

flüssen sozioökonomisch unterprivilegierter Wohnumgebungen auf das Wohlbefinden

von Diabetikern.

Inwiefern sich diese Varianz der Auswirkungen eines Diabetes aber durch Unterschiede

bei der Behandlung erklären lässt, scheint nach momentanem Stand der Forschung frag-

lich. Einst identifizierte sozioökonomisch bedingte Diskrepanzen bei der Diabetes-

Versorgung im UK scheinen Guthrie et al. (2009) zufolge inzwischen – mit Ausnahme

der Erhebung des Rauchstatus – größtenteils verschwunden zu sein. In der TRIAD-

Studie zeichnen sich signifikante mit der sozioökonomischen Position des Patienten

korrelierende Behandlungsunterschiede nur in Bezug auf die Rate erweiterter Augenun-

tersuchungen ab (Brown et al. 2005).

2.4 Zwischenfazit – Quintessenz der bisherigen Darlegungen zu Typ-2-Diabetes

Kapitel 2 hat expliziert, dass Forschung zu medizinischer Versorgung bei Typ-2-

Diabetes angezeigt und dabei eine Beschränkung auf primärärztliche Zustände substan-

ziert ist. Zu diesem Urteil haben einige Sachverhalte entscheidend beigetragen:

Diabetes mellitus Typ 2 ist eine ernste, schon heute hochprävalente Stoffwechselstö-

rung, die regelmäßig in mitunter die Lebensqualität sehr einschränkende, nicht sel-

2 Grundlagen der Studie – zu Diabetes mellitus

20

ten letal verlaufende Komplikationen mündet. Zu diesen Folgeerkrankungen gehört

die weitverbreitete PNP, die ihrerseits das Risiko, eine Amputation zu benötigen,

vergrößert. Außerdem zählt chronische Hyperglykämie gerade in Anwesenheit eines

arteriellen Hypertonus zu den wichtigsten kardialen Risikofaktoren.

Aus individueller wie auch aus gesellschaftlicher Perspektive handelt es sich beim

Typ-2-Diabetes um eine überaus belastende und kostspielige Erkrankung. Horrende

Ressourcen müssen v.a. für die Behandlung der Komplikationen aufgewendet wer-

den. Einem Großteil davon indessen wäre durch frühzeitige adäquate Präventions-,

Diagnostik- und Therapiemaßnahmen vorzubeugen. Die wissenschaftliche Ergrün-

dung der Stoffwechselstörung ist demzufolge von großer Relevanz.

Weithin leistet der Primärarzt die medizinische Diabetiker-Betreuung.

Nach wie vor fehlen wissenschaftlich fundierte Daten zur Versorgung bei Typ-2-

Diabetes in weiten Teilen. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse legen gleicherma-

ßen hinsichtlich der Prozesse wie des Outcomes nennenswerten Verbesserungsbe-

darf nahe. Ferner sprechen sie – wenn auch keineswegs konsistent – für die Existenz

gewisser Unterschiede bei ärztlichem Entscheiden und Agieren in Abhängigkeit von

den Patientenmerkmalen Geschlecht, Alter und sozialer Status.

Im nächsten Schritt werden das methodische Vorgehen, die Konzeption und die Umset-

zung der Studie vorgestellt.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

Die Studie, auf der diese Dissertationsschrift basiert, ist Teil eines umfänglichen und

facettenreichen Projekts, das von mehreren Wissenschaftlergruppen gemeinsam zur

Erforschung ärztlicher Entscheidungsprozesse bei Diabetes mellitus Typ 2 im Länder-

vergleich zwischen Deutschland, Großbritannien sowie den USA konzipiert wurde. An

der Realisierung beteiligten sich neben den Instituten für Medizinische Soziologie, So-

zialmedizin und Gesundheitsökonomie (IMSG) des Universitätsklinikums Hamburg-

Eppendorf, für Medizinische Soziologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und

für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten/Herdecke ebenso das Institute

of Public Health der University of Cambridge (UK) und das National Primary Care Re-

search and Development Centre der University of Manchester (UK) sowie die US-

amerikanischen New England Research Institutes (NERI) in Watertown (Massachu-

21

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

setts). Finanziell gefördert wurde das Projekt vom National Institute of Diabetes, Diges-

tive, and Kidney Diseases (NIDDK) der US-amerikanischen National Institutes of

Health (NIH) unter dem Förderkennzeichen DK 66425. Als konzeptionelle Vorbilder

der Studie dienten frühere erfolgreiche experimentelle Untersuchungen zu medizini-

schem Decision Making30

bei Dyspnoe und unspezifischen thorakalen Schmerzen

(McKinlay et al. 1996), Brustkrebs (bspw. Feldman et al. 1997, McKinlay et al. 1997),

Depression (z.B. Knesebeck et al. 2010, Lutfey et al. 2009) sowie KHK (u.a. Adams et

al. 2006, Arber et al. 2006, Bönte 2008, Bönte et al. 2007, McKinlay et al. 2007), die

einige der auch diesmal projektverantwortlichen Wissenschaftlicher mitgestaltet und

begleitet hatten.

Vom Modell der nicht-medizinischen Einflussfaktoren auf ärztliche Entscheidungspro-

zesse (Abb. 1) grundsätzlich ausgehend widmet sich das Projekt möglichen Effekten

von Patientenmerkmalen, Arztfaktoren und landesspezifischem (deutschem, britischem

und US-amerikanischem) Gesundheitssystem auf primärärztliches Entscheiden exemp-

larisch im Kontext von Typ-2-Diabetes. Dabei rekurriert es auf zwei im Praxisalltag

durchaus gängige Fallkonstellationen: zum Einen das Vorliegen erster diabetestypischer

Symptome bei einer bislang als stoffwechselgesund geltenden Person und zum Anderen

die Behandlung eines bekannten Diabetikers mit neuauftretenden Anzeichen einer Fol-

geerkrankung. Um sich dem Verständnis der enormen Komplexität ärztlicher Entschei-

dungsprozesse (s. Kap. 1) tatsächlich zu nähern, bedarf es eines schrittweisen Vorge-

hens, bei dem das Augenmerk zunächst auf der Analyse der Teilaspekte liegt. Erst

durch das Zusammentragen der Ergebnisse von verschiedenen Teiluntersuchungen kann

im Laufe der Zeit ein verlässlicher Gesamteindruck formiert werden. In diesem Sinne

beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Auseinandersetzung mit der noch unbe-

antworteten Frage, welchen Einfluss bestimmte Patientenmerkmale, nämlich Ge-

schlecht, Alter und sozialer Status, auf das Entscheidungsverhalten in Deutschland

praktizierender Hausärzte nehmen, wenn bei schon diagnostiziertem Diabetes mögliche

Symptome einer Folge- bzw. Begleitmorbidität auftreten. Zu einer Reihe von anderen

Gesichtspunkten des Gesamtprojektes wurde bereits publiziert (u.a. Cruppé et al. 2011,

Grant et al. 2009, Knesebeck et al. 2010b, Lutfey et al. 2008), weitere Veröffentlichun-

gen befinden sich in Planung.

30 In deutschsprachigen Texten zu Prozessen der Entscheidungsfindung im medizinischen Kontext wird

oft auf den englischen Begriff zurückgegriffen – so sporadisch auch in den folgenden Abschnitten dieser

Arbeit.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

22

3.1 Studiendesign

Für die Studie ist ein faktorielles Experimentaldesign gewählt worden. Dieses zielt auf

die Ermöglichung einer vorsichtigen Einschätzung darüber, inwiefern Patientencharak-

teristika als nicht-medizinische Variablen primärärztliche Entscheidungen zu diagnosti-

schem und therapeutischem Handeln im Fall des Vorliegens von Anhaltspunkten für

eine Folge- und/oder Begleiterkrankung beeinflussen. Konkretisiert wird dies hier an-

hand von Hinweisen auf eine fraglich beginnende diabetische Neuropathie sowie arteri-

elle Hypertonie.

Dazu ist zunächst in einem mehrstufigen Verfahren mit Hilfe versierter amerikanischer,

britischer und deutscher Ärzte die Vignette zu einem fiktiven, circa fünfminütigen Arzt-

Patienten-Gespräch entwickelt worden (s. auch Anhang). Später hat man auf dieser ba-

sierend insgesamt acht im Wortlaut stets identische Gesprächsversionen auf DVD

videographiert. Systematisch variiert worden sind dabei drei Personenfaktoren, denen

(1) epidemiologische Relevanz zukommt und (2) aufgrund bisheriger Forschungser-

kenntnisse ein gewisser, wenngleich weder in Ausmaß noch Richtung konsistent er-

scheinender Einfluss auf die Wahl des ärztlichen Vorgehens zugeschrieben wird

(s. Kap. 1 & 2). Im Rahmen der thematisierten Untersuchung handelt es sich um das

Alter (35 vs. 65 Jahre), das biologische Geschlecht und den sozialen Status (operationa-

lisiert anhand des Berufs: Hausmeister vs. Rechtsanwalt) eines stets leicht übergewich-

tigen „Patienten“.31

Professionelle Schauspieler verkörpern die verschiedenen sich

durch Kombination der drei Merkmale ergebenden Patientenrollen (Tab. 1). Zu Beginn

der in den speziell für die Studie konzipierten Praxiskulissen eines New Yorker Studios

gedrehten Filmsequenz werden Rollenname, -alter und -beruf als Charaktersynopse ein-

geblendet; die Kleidung ist der jeweiligen Konstellation entsprechend zur Stärkung des

Authentizitätseindrucks angepasst. Das aus Perspektive eines in seinem Sprechzimmer

am Schreibtisch sitzenden Arztes als Nahaufnahme des Simulationspatienten32

arran-

gierte Video zeigt diesen in Aussehen, Gestik und Mimik deutlich erkennbar. Er hat vor

dem Schreibtisch auf einem Stuhl Platz genommen, wohingegen die Stimme des Simu-

lationsarztes aus dem Off kommt.

31

Der deutsche Studienanteil verzichtete auf die Einbeziehung von ethnischer Herkunft und Hautfarbe als

einer vierten Patientenvariablen, weil der Bevölkerungsanteil schwarzer Menschen hierzulande – anders

als in Großbritannien und den USA – sehr gering ist und daher eine Differenzierung nach diesem Kriteri-

um nicht angemessen realistisch zu operationalisieren gewesen wäre. In den USA wurden Ärzten über-

dies Videos mit hispanischen Simulationspatienten gezeigt. 32

Fortan werden anstelle von Simulationspatient schlicht die Ausdrücke Patient oder Diabetiker, im

Ergebnisteil auch Frau, Mann, Person etc. benutzt.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

23

Tab. 1: Die acht verschiedenen sich durch Merkmalskombination ergebenden Patienten-

rollen

1

35-jährige Hausmeisterin

2

35-jährige Rechtsanwältin

3

65-jährige Hausmeisterin

4

65-jährige Rechtsanwältin

5

35-jähriger Hausmeister

6

35-jähriger Rechtsanwalt

7

65-jähriger Hausmeister

8

65-jähriger Rechtsanwalt

Für die deutsche Untersuchung synchronisierten professionelle seit Jahren in den USA

lebende, ursprünglich jedoch aus Deutschland stammende Sprecher die Dialoge. Der

Synchronisationstext entsprach einer möglichst wortgetreuen Übersetzung der englisch-

sprachigen Vignette ins Deutsche. Mit deren Übertragbarkeit auf die Realität einer deut-

schen Arzt-Patienten-Kommunikation setzte sich anschließend eine Gruppe erfahrener

Mediziner auseinander. Eine Rückübersetzung des deutschsprachigen Skripts ins Engli-

sche und deren Vergleich mit dem Original halfen, etwaigen Fehlern und Bedeutungs-

verzerrungen vorzubeugen. Die Prozedur wurde mehrfach wiederholt und letzte Ände-

rungen von Textnuancen zur Verbesserung der sprachlichen Authentizität noch während

der Synchronisation vorgenommen.

Inszeniert worden ist das fiktive Arzt-Patienten-Gespräch als im Rahmen der regulären

Verlaufskontrolle (eines bekannten Typ-2-Diabetes) stattfindend. Der Patient artikuliert

diesen Umstand explizit zu Anfang der Aufnahme, die vornehmlich drei Aspekte the-

matisiert:

1. den aktuellen HbA1c von 6,9 % bei allgemein „recht gutem“ Wohlbefinden,

2. einen unter medikamentöser Einstellung bei unregelmäßiger Arzneimitteleinnahme

und Andeutungen einer positiven Familienanamnese für Gefäßerkrankungen einma-

lig erhöht gemessenen arteriellen Blutdruck von 145/98 mmHg sowie

3. ein „komisches“, am ehesten als „brennend“ zu charakterisierendes Gefühl des Pati-

enten, das intermittierend an dessen Fußsohlen beginnend rechtslateral bis zur Hüfte

ausstrahlt.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

24

Seit wann die zuletzt formulierten Beschwerden bestehen und ob sie verstärkt in Ruhe

oder Bewegung zu spüren sind, kann der Patient nicht erinnern. Außerdem erkundigt

sich die lediglich zu hörende Arztstimme kurz nach dem Gesundheitszustand und der

Unterstützung des Ehepartners, den Blutzuckerselbstkontrollen, den Augen und dem

Körpergewicht des Patienten, das dieser dank angepasster Ernährung wohl konstant

hält. Während sich der Simulationsmediziner die neuropathische Problematik fokus-

siert, besorgt seinen Patienten vorwiegend die Blutdruckerhöhung.

Bewusst sind in den Dialog neben Schilderungen von Sachverhalten und Symptomen,

die als charakteristisch für eine beginnende diabetische Neuropathie gelten, auch Hin-

weise integriert worden, die Vermutungen in Richtung einiger Differentialdiagnosen –

wie z.B. von Arzneimittelnebenwirkungen, Intoxikationen, einer peripheren arteriellen

Verschlusskrankheit (pAVK), Vitamin-B12-Mangel oder einem Malignom – hätten

bekräftigen können (vgl. z.B. Haslbeck et al. 2004, Luft 2006, Ziegler et al. 2010). Zu

den Aspekten, die eher an eine nicht-diabetische Ätiologie denken lassen, gehört allen

voran die geschilderte weitgehende Beschränkung der Symptomatik auf nur eine Kör-

perhälfte (s. Kap. 2.1.1). Außerdem vermag der Diabetiker keine Angaben darüber zu

machen, über welchen Zeitraum sich die Beschwerden entwickelt haben und in welcher

Situation sie vornehmlich auftreten. Auch die Hypertonus-Problematik wird absichtlich

vage und nur wenig detailliert angesprochen. Alles in allem präsentiert die Vignette also

ein klinisch nicht eindeutiges Bild, das keine Automatismen ärztlichen Verhaltens er-

zwingt, sondern grenzwertige Indikationen für bestimmte Handlungen impliziert und

Abwägungen erfordert. Auf diese Weise wollten die Verfasser der Vignette zum Einen

der Tatsache Rechnung tragen, dass ein Patient im Normalfall Symptome und Umstän-

de nicht ausschließlich beschreibt, wie sie von jedem Lehrbuch als für eine spezifische

Krankheitsentität typisch beschrieben werden. Zum Anderen sollte so ein zusätzliches

Moment klinischer Unsicherheit geschaffen werden, das die in aller Regel ohnehin vor-

handenen Ermessensspielräume ärztlichen Agierens vermehrt und Entscheidungsoptio-

nen weiter diversifiziert.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

25

3.2 Studienpopulation und Response-Rate

Am deutschen Studienanteil beteiligten sich zwischen Oktober 2005 und April 2006 im

Ganzen 64 niedergelassene Allgemeinmediziner und hausärztlich tätige Internisten aus

dem Ärztekammerbezirk Nordrhein. Ihre Auswahl erfolgte nach streng randomisiertem

Verfahren aus einer seitens der dortigen Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung

gestellten Liste von insgesamt rund 2750 potentiellen Teilnehmern. Diese enthielt aus-

schließlich gebietsansässige Ärzte, die ihr Studium in Deutschland absolviert hatten und

hier approbiert worden waren.

Geschichtet wurde die Stichprobe anhand von zwei Arztmerkmalen, dem Geschlecht

und der als Niederlassungsdauer erhobenen Berufserfahrung (von unter 12 Jahren vs.

über 22 Jahren). Alle vier sich aus dem Studiendesign ergebenden Arztgruppen33

hatten

letztlich je 16 Medizinerinnen bzw. Mediziner zu umfassen, die die Studienorganisato-

ren durch sukzessive Zufallsziehung aus der jeweiligen Grundgesamtheit ermittelten.

Auf diese Art konnte gewährleistet werden, jede Patientenkombination (Tab. 1) zwei-

mal zu erheben. Um 64 zu interviewende Ärzte für die deutsche Untersuchung zu ge-

winnen, mussten zunächst 97 Personen angeschrieben und sofern möglich wenige Tage

später in Hinblick auf ihre Teilnahmebereitschaft und die Erfüllung der Einschlusskrite-

rien telefonisch befragt werden. Erklären lassen sich die Ausfälle durch Partizipations-

verweigerung (von 18 der Kontaktierten) oder das Vorliegen von Ausschlusskriterien

(bei 14 Kontaktierten). Ein Mediziner war zum Zeitpunkt des Kontaktierungsversuchs

bereits verstorben. Die Response-Rate lag somit – unabhängig von Geschlecht und Be-

rufserfahrung der Ärzte – bei 78 %. Dank des akribischen Vorgehens darf davon ausge-

gangen werden, dass das Teilnehmerkollektiv ungeachtet der Verweigerungsfälle für die

untersuchte Ärztegesamtpopulation repräsentativ ist. Jeder Teilnehmer der Befragung

bekam eine vorab vereinbarte Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro. Nach

eigenen Angaben engagierten sich 86 % von ihnen bei DMPs für Typ-2-Diabetes und

52 % im Rahmen des nordrheinischen Strukturvertrags zu Diabetes mellitus Typ 1. Bei

98 % der Mediziner handelte es sich um diabetologisch geschulte Hausärzte, 7 % waren

in diabetologischen Fachpraxen tätig.

33

Gemeint sind die vier Gruppen, die durch folgende Merkmalskonstellationen charakterisiert werden:

(1) weiblich mit weniger Berufserfahrung, (2) männlich mit weniger Berufserfahrung, (3) weiblich mit

mehr Berufserfahrung sowie (4) männlich mit mehr Berufserfahrung.

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

26

3.3 Vorarbeiten und Pretests

Neben den teils aufwendigen konzeptionellen Vorbereitungen zu Gestaltung und Dreh

der Videovignetten sowie dem komplexen Übersetzungsprocedere (s. Kap. 3.1) erfor-

derte v.a. die Standardisierung der Befragungen im Untersuchungsvorfeld viel Auf-

merksamkeit. Zur Eindämmung des Phänomens sozialer Erwünschtheit und der Mini-

mierung vorstellbarer Interviewereffekte (exemplarisch Johannes et al. 1997) sollten die

Befragungen möglichst meinungsneutral und gleichförmig ablaufen. Deshalb besuchten

alle in das Projekt involvierten Interviewer – gleichgültig ob aus den Vereinigten Staa-

ten, Großbritannien oder Deutschland – einheitlich gestaltete Interviewtrainings in Bos-

ton. Sämtliche Interviews mit deutschen Studienteilnehmern führte allerdings sowieso

dieselbe Person.

Vier Pretests, die sich in vergleichbarer Form schon beim vorausgegangenen Projekt zu

KHK (s.o.) bewährt hatten (vgl. Bönte 2008), komplettierten die Vorarbeiten zur Studie.

Der erste diente der Überprüfung von Durchführbarkeit und Glaubwürdigkeit des Vig-

nettenentwurfs. Mehrere erfahrene Ärzte bewerteten zu diesem Zweck die audiovisuelle

Aufzeichnung eines provisorischen Rollenspiels, das in seiner textlichen Fassung mit

dem zur Diskussion stehenden Skript übereinstimmte. Zwei Fragen standen dabei im

Vordergrund:

1. Inwieweit empfinden die Mediziner das gefilmte Arzt-Patienten-Gespräch als realis-

tisch?

2. Kommen sie aufgrund des Gesehenen zu einer ausreichend unterschiedlichen Ein-

schätzung hinsichtlich der als nächstes zu unternehmenden medizinischen Hand-

lungsschritte?

Im Rahmen eines Fokusgruppengesprächs verglich der zweite Pretest die Akzeptanz der

Videovignette mit derjenigen einer schriftlichen Variante. Ausschließlich in Bezug auf

den kognitiven Befragungsteil (bislang für UK und die USA v.a. Gegenstand in Lutfey

et al. 2008), die eventuelle Notwendigkeit seiner Modifikation und Präzisierung führten

die Projektinitiatoren einen dritten, auf die so genannte Think-aloud-Technik gestützten

Pretest durch. Er ist für den zum Gegenstand dieser Arbeit gemachten Untersuchungs-

part inhaltlich nicht relevant. Ein vierter Pretest wurde unmittelbar vor der deutschen

Studienreplikation vorgenommen und sollte eruieren, (1) inwiefern die für den angloa-

merikanischen Raum als typisch geltende Art der videographierten Symptompräsenta-

tion und Gesprächsführung dem in Deutschland anzutreffenden Praxisalltag entspricht

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

27

und (2) ob auch die Formulierungen des ins Deutsche übersetzten Interviewbogens ver-

ständlich erscheinen.

Im Übrigen wurde die Studie einer formalen Prüfung auf Einhaltung der in den drei

beteiligten Staaten definierten ethischen Standards unterzogen und von zwei dafür zu-

ständigen Kommissionen, dem Institutional Review Board der New England Research

Institutes (s. auch Anhang) und den britischen North West Research Ethics Committees,

gebilligt.

3.4 Konzeption des Fragebogens und Hauptuntersuchung

Sowohl die Vorführung der Videovignette auf einem Notebook als auch die sich direkt

daran anschließende Befragung fand in den Praxisräumen der teilnehmenden Ärzte statt,

nachdem diese sich schriftlich einverstanden erklärt hatten, an der Studie zu partizipie-

ren. Mit der Ortswahl beabsichtigten die Forscher, das klinische Szenario möglichst

wirklichkeitsgetreu wirken und nicht den Eindruck einer Prüfungssituation aufkommen

zu lassen. Dennoch stimmte das Geschlecht der im Film zu hörenden Simulationsarzt-

stimme nicht zwangsläufig mit dem des Mediziners überein, der sich die Aufzeichnung

ansah und hinterher zu ihr befragt worden ist. Rund eine Stunde dauerten die Videore-

zeptionen und auf Tonband mitgeschnittenen Interviews pro Arzt. Währenddessen be-

antwortete der Interviewer wegen des Bestrebens um Einheitlichkeit und der Vermei-

dung möglicher Verzerrungen keine Zwischenfragen der Ärzte zum Patienten oder den

zu unterstellenden Befunden von fiktiv veranlassten Testungen. Der Vollständigkeit

halber bleibt zu ergänzen, dass dem von der Dissertation thematisierten Film-

Befragungs-Komplex die Vorführung einer weiteren, im Prinzip ähnlich strukturierten

Videovignette zu einem noch undiagnostizierten Fall von Diabetes mellitus Typ 2 und

das zugehörige quantitative Interview vorausgingen, deren Aufbau und Auswertung

Gegenstand anderer Publikationen sind (v.a. Cruppé et al. 2011).

Jedes Interview zum Fall der vorbekannten Diabetes-Erkrankung begann mit einem

ersten strukturierten Fragenkomplex, der sich verschiedenen diagnostischen wie thera-

peutischen Facetten ärztlichen Handelns widmete. Zunächst wurden die Teilnehmer

gebeten, einzuschätzen, wie typisch das soeben gesehene klinische Bild für das eigene

Diabetikerklientel tatsächlich sei. Hierauf folgten die Fragen,

1. ob der Mediziner weitere anamnestische Informationen erheben wolle, und wenn ja,

welche,

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

28

2. ob er für denselben Tag eine körperliche Untersuchung anstrebe, und wenn ja, wel-

che Komponenten diese umfasse, bzw. wenn nein, worin die Gründe seiner Ableh-

nung lägen,

3. ob er noch heute apparative oder Labor-Untersuchungen zu veranlassen wünsche,

um welche es sich handele und ob er einzelne für besonders wichtig erachte.

Nach gleichem Muster schlossen sich Fragen zu Medikations-, Lebensstilberatungs-

und Überweisungsabsichten an, bevor dieser Abschnitt mit der Angabe endete, für wann

der Mediziner „seinen“ Patienten wieder einbestellen würde.

Den zweiten, semistrukturierten Teil des Interviews bildete eine Reihe offener Fragen,

die helfen sollten, zu verstehen, welche kognitiven Prozesse auf das konkrete, zuvor

ermittelte Entscheidungsverhalten wie Einfluss nahmen (zu den Vorzügen eines so ge-

nannten Mixed-Method-Approach, der quantitative und qualitative Komponenten verei-

nigt, vgl. auch O‘Donnell et al. 2007). Sie zielten darauf ab, die für Entscheidungsbil-

dung und -stabilisierung ausschlaggebenden Faktoren und Patienteninformationen zu

identifizieren (vgl. Lutfey et al. 2008 mit den entsprechenden Angaben für Großbritan-

nien und die USA). Im dritten Abschnitt des Interviews wurden – nunmehr erneut struk-

turiert und diesmal in Form eines schriftlichen Fragebogens – Details über die Praxissi-

tuation des jeweiligen Arztes, seine Kenntnisse zu Leitlinien und Disease-Management-

Instrumenten sowie Formalien zur Gewährleistung der Studienrepräsentativität erhoben.

Darüber hinaus war der Interviewer angehalten, im Sinne der Qualitätssicherung nach

Ende der Befragung die Umstände der Erhebungssituation zu dokumentieren.

Um der zentralen Fragestellung dieser Arbeit, inwieweit bestimmte Patientenmerkmale

hausärztliche Entscheidungen bei bekanntem Typ-2-Diabetes sowie seinen Begleit- und

Folgeerkrankungen in Deutschland beeinflussen, gerecht zu werden, konzentrieren sich

die Analyse und Ergebnisdarlegung ausschließlich auf den quantitativen ersten Befra-

gungsteil.

3.5 Datenmanagement und statistische Auswertung

Alle in Deutschland, Großbritannien und den USA gewonnenen Daten wurden zuguns-

ten bestmöglicher Validitätssicherung in eine gemeinsame eigens für das Projekt pro-

grammierte Onlinedatenbank eingepflegt und zentral auf einem amerikanischen Server

gespeichert. Um etwaigen Verzerrungen durch nachträgliche Interpretation der Antwor-

ten vorzubeugen, gab nicht der Interviewer selbst diese ein, sondern Dritte. Die Dop-

3 Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

29

pelteingabe ungefähr jedes zehnten Fragebogens ist dem Bemühen um eine darüber

hinausreichende Fehlerminimierung geschuldet.

Anhand von Kodierplänen, die sich vornehmlich an den Empfehlungen der in die

Untersuchungskonzeption eingebundenen Ärzte sowie gängigen Leitlinien zu Diabetes

mellitus Typ 2 und seinen Komplikationen (s. auch Kap. 5.2.1) orientierten, kategori-

sierten Statistiker der NERI auch die in Deutschland erhobenen Daten und werteten

diese – auf konkrete Anfrage – quantitativ aus. So berechneten NERI-Mitarbeiter Va-

rianzanalysen, um denkbare Einflüsse der variierten Patientenmerkmale zu prüfen, ver-

glichen relative Häufigkeiten und nahmen die Signifikanzprüfung mit Chi2-Tests bei

dichotomen und F-Tests im Falle metrischer Variablen vor. Sie beschränkten sich im

Sinne der angestrebten Komplexitätsreduktion bei dieser Arbeit auf eine bivariate Aus-

wertung der erhobenen Daten.

Die Tabellen des Ergebniskapitels weisen für 102 Antwortkategorien die jeweiligen

Mittel-, Absolut-, Prozent- und adjustierten p-Werte sowie durch Hervorhebung in Fett-

druck auch sämtliche Signifikanzen (definiert als p < 0,05) aus. Dabei meint adjustiert

in diesem Kontext, dass die p-Werte für eine konkrete Patientenvariable bereinigt sind

um (1) etwaige Effekte der beiden anderen Patientenmerkmale, (2) mögliche Einflüsse

der Arztcharakteristika Alter und Berufserfahrung sowie (3) jedwede Form der Merk-

malsinteraktion.

4 Ergebnisse der Studie

Kapitel 4 stellt die Studienergebnisse zum Einfluss der Patientenmerkmale Geschlecht,

Alter und sozialer Status auf das Entscheidungsverhalten in Deutschland ausgebildeter

Primärärzte bei der Behandlung von Typ-2-Diabetikern vor, bei denen sich Anhalts-

punkte für eine Ko- bzw. Folgemorbidität zeigen. Nachdem zunächst einige allgemeine

Aussagen diesbezüglich getroffen werden (Kap. 4.1), widmet sich je ein Unterkapitel

den drei untersuchten Variablen. Als signifikant werden in diesem Kontext der Ausfüh-

rungen ermittelte p-Werte < 0,05 bezeichnet; solche, die das Kriterium < 0,01 erfüllen,

sind als hochsignifikant ausgewiesen. Wenn 0,05 < p < 0,1 gilt, wird im Folgenden von

einer Tendenz gesprochen; diese erreicht ausdrücklich keine signifikante Stärke. In den

Tabellen werden die Zahlen zu sämtlichen Kategorien, deren p < 0,05 ist, einheitlich

durch Fettdruck hervorgehoben.

4 Ergebnisse der Studie

30

4.1 Allgemeine Aussagen zu primärärztlichem Entscheiden im Rahmen der

vorliegenden Studie

Das folgende Unterkapitel nimmt noch keine Differenzierung nach den Patientenmerk-

malen Geschlecht, Alter und Sozialstatus vor. Vielmehr stellt es dar, wie die Interview-

ten im Anschluss an die Vorführung der Gesprächsaufzeichnungen, die einen Typ-2-

Diabetiker mit Anzeichen für eine beginnende PNP und Bluthochdruck zeigen (s. Kap.

2.1.1 & 2.1.2), auf Fragen nach etwaigen Wünschen zu Inhalten und Umfang des weite-

ren anamnestischen, diagnostischen und therapeutisch-präventiven Vorgehens geant-

wortet haben. Die Abfolge der Ausführungen orientiert sich an den Tabellen zu insge-

samt 102 Kategorien aus den Themenfeldern Anamnese (Tab. 2, 10 & 18), körperliche

Untersuchungen (Tab. 3, 4, 11, 12, 19 & 20), Labor- und apparative Untersuchungen

(Tab. 5, 13 & 21), Medikamentenverschreibung (Tab. 6, 7, 14, 15, 22 & 23), Empfeh-

lungen bezüglich Lebensstil und Verhalten (Tab. 8, 16 & 24) sowie Überweisungsver-

halten und angesetzter Zeitpunkt der Wiedervorstellung (Tab. 9, 17 & 25). Hauptziel

alldessen ist es, eine auf eindrückliche Zahlen gestützte Einordnungsgrundlage für die

drei in den nächsten Unterkapiteln (s. Kap. 4.2, 4.3 & 4.4) präsentierten bivariaten Er-

gebnisanalysen zu Effekten von Geschlecht, Alter und sozialem Status des Patienten

anzubieten. Explizit werden in den folgenden Abschnitten Aspekte erwähnt, die von

wenigstens 10 % der Ärzte, also minimal sieben Personen, angesprochen worden sind.

Bei Betrachtung der Tabellen 2, 10 und 18 bzw. 3, 11 sowie 19 fällt zunächst auf, dass

eine große Mehrheit der Studienteilnehmer den Wunsch nach ergänzenden anamnesti-

schen Informationen zum Patienten (84,4 %) und dessen nicht-apparativer körperlicher

Untersuchung (96,9 %) äußert. Über die vom Video vermittelten Eindrücke hinaus wür-

de jeder einzelne Arzt „seinen“ Diabetiker zu durchschnittlich zwei Themenbereichen

anamnestizieren und überdies nicht-apparative körperliche Untersuchungen aus im Mit-

tel 4,8 verschiedenen Kategorien durchführen. Alles in allem würden die Mediziner

gerne Fragen zu 20 verschiedenen anamnestischen Aspekten anfügen (Tab. 2, 10 & 18).

Am häufigsten interessieren sie sich im Rahmen dessen insgesamt für die Adhärenz bei

der Medikamenteneinnahme (34,4 %) und Ernährung (25,0 %), die Diabetes-Dauer

(23,4 %), das Vorliegen etwaiger Fußdeformitäten (20,3 %) sowie Augenerkrankungen

und entsprechende Behandlungen (17,2 %). Des Weiteren bäten sie um Auskunft zu den

körperlichen Aktivitäten des Patienten (14,1 %), seiner Adhärenz in Bezug auf Ver-

laufsmessungen (10,9 %) und eventuell vordiagnostizierten Erkrankungen der periphe-

ren Gefäße (10,9 %). Etwas über einen der übrigen in den Tabellen 2, 10 bzw. 18 gelis-

4 Ergebnisse der Studie

31

teten Themenbereiche zu erfahren, wünschen jeweils weniger als 10 % der Ärzte. Ob-

wohl der Beruf, den der Simulationspatient laut Drehbuch ausübt, zu Anfang der Vi-

deographie eingeblendet ist (s. Kap. 3.1), möchten sich zwei Mediziner (3,1 %) aus-

drücklich nach dem sozialen Status des Erkrankten erkundigen.

Wie schon oben skizziert, wollen die Interviewten nahezu ausnahmslos körperlich un-

tersuchen (Tab. 3, 11 & 19). Sie äußern in diesem Zusammenhang Wünsche, die sich 12

wiederholt in Diabetes-Leitlinien Erwähnung findenden Untersuchungshauptkategorien

und sieben -unterkategorien zuordnen lassen. Acht der Befragten (12,5 %) nennen „an-

dere“ Anliegen, die unter keine dieser 19 Rubriken zu subsumieren sind. Drei Viertel

der teilnehmenden Ärzte würden eine „Fußuntersuchung“ machen, 78,1 % die Sensibili-

tät, 71,9 % das Vibrationsempfinden sowie 53,1 % die Bein- und Fußpulse ausdrücklich

testen. In diesem Kontext ist oft auch die Überprüfung der unteren Extremitäten auf

Pathologien der peripheren Gefäße (34,4 %), Nagelveränderungen (25,0 %) und Ulzera-

tionen (25,0 %) gewünscht. Den Blutdruck würden 50 % der Mediziner messen, 26,6 %

den neurologischen Status erheben und zahlreiche kardiopulmonal (17,2 %), kardiovas-

kulär (17,2 %) und/oder muskuloskeletal (15,6 %) untersuchen. Außerdem wollen eini-

ge den vaskulären Status von Armen und Beinen (14,1 %) kontrollieren. Das Wiegen

des Patienten halten 10,9 % der Ärzte für indiziert. Genauso viele nähmen eine voll-

ständige körperliche Untersuchung vor. Die vier sonstigen, in den Tabellen 3, 11 sowie

19 auch aufgeführten Einzelkategorien körperlichen Untersuchens – das Inspizieren der

Füße auf Knochendeformitäten, die Bestimmung von Körpergröße und Taillenumfang

sowie das Fühlen aller Pulse – werden von weniger als einem Zehntel der Teilnehmer

angestrebt. Beide Probanden (3,1 %), die für denselben Tag solche Maßnahmen nicht

vorsehen, halten die laufenden regulären Diabetes-Untersuchungen für ausreichend.

Einer von ihnen fügt hinzu, der Patient sei ihm bekannt, eine Untersuchung daher nicht

notwendig. (Tab. 4, 12 & 20)

Mehr als zwei Drittel der Befragten (68,8 %) geben ferner an, ohne Verzögerung –

durchschnittlich 2,9 verschiedene – Labor- und/oder apparative Untersuchungen anord-

nen zu wollen (Tab. 5, 13 & 21). Diese diagnostischen Vorhaben sind entweder einer

der 13 gelisteten, inhaltlich exakt definierten Kategorien oder in 36 Fällen der Alterna-

tivrubrik „andere“ zugewiesen. Am häufigsten (39,1 %) wird in diesem Zusammenhang

die bereits als Komponente körperlichen Untersuchens regelmäßig genannte Messung

des Blutdrucks zur Sprache gebracht. Ein EKG würden 25 % der Ärzte schreiben und je

4 Ergebnisse der Studie

32

23,4 % von ihnen aus einer Blutprobe den Gelegenheitsblutzucker zum Einen sowie die

Nierenfunktionsmarker Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin und Elektrolyte zum Anderen

bestimmen lassen. An Urinanalysen auf Mikroalbumin (18,8 %) und Ketone bzw. Glu-

kose (17,2 %) sowie der Ermittlung der Blutwerte für HbA1c (15,6 %), Triglyzeride

(14,1 %) und LDL (10,9 %) besteht ebenfalls merkliches Interesse. Währenddessen er-

scheint die Nachfrage nach jeder der weiteren apparativen und labortechnischen Unter-

suchungen für sich betrachtet mit je < 10 % eher vernachlässigbar, nicht aber in deren

Summe von in toto weit mehr als 60 % (Tab. 5, 13 & 21).

Im Gegensatz zur geschilderten breiten Befürwortung eines unmittelbaren Einsatzes

diagnostischer Maßnahmen sprechen sich lediglich 14,1 % der Ärzte für die umgehende

Verschreibung mindestens eines Medikaments (Tab. 6, 14 & 22) aus. Jeder der Medizi-

ner verordnet im Schnitt 0,1 Präparate. Die Zustimmung zu einem nicht genauer be-

zeichneten Antihypertensivum, einem ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-II-Antagonisten

und der Gabe eines Antiepileptikums beträgt je 3,1 %, die zu einem Betablocker, Diure-

tikum oder Thrombozytenaggregationshemmer je 1,6 %. Andere Arzneimittel(gruppen)

wählen die Interviewten nicht aus. Sowohl für das Verschreiben als auch das Nicht-

Verschreiben lassen sich je fünf Gründe einzeln oder in Mehrfachnennung vernehmen

(Tab. 7, 15 & 23). Wichtigstes Motiv für eine Arzneimittelverordnung ist offenbar die

entsprechende Verdachtsdiagnose (10,9 %). Eine Ablehnung der Verordnung hingegen

wird hauptsächlich damit erklärt, dass (1) zuerst weitere Untersuchungen erforderlich

seien (40,6 %), (2) das präsentierte klinische Bild keiner medikamentösen Behandlung

bedürfe (35,9 %) und/oder (3) noch keine Diagnose feststehe (28,1 %).

Größeren Anklang bei den Befragten (78,1 %) findet hingegen die Option, gegenüber

dem Patienten noch am selben Tag wenigstens eine Empfehlung (im Mittel 1,9) zu

einem diabetesgerechten Lebensstil und ebensolchem Verhalten zu äußern (Tab. 8, 16

& 24). Die Ratschläge beziehen sich auf im Ganzen 12 unterschiedliche Handlungsbe-

reiche, vorwiegend aber auf die Anpassung der körperlichen Aktivität (51,6 %), das

Ess- und Ernährungsverhalten (48,4 %), die regelmäßige Einnahme von Medikamenten

(23,4 %) sowie Fußselbstuntersuchungen (10,9 %). Daneben beabsichtigen 40,6 % der

Ärzte eine unmittelbare Überweisung des Diabetikers zu einem Spezialisten, v.a. einem

Neurologen (26,6 %) und/oder Ophthalmologen (20,3 %). Kardiologen (9,4 %) und

Podologen (1,6 %) sowie Vertreter „anderer“, nicht weiter differenzierter Fachrichtun-

gen (10,9 %) werden merklich seltener zu Rate gezogen. Das entspricht durchschnittlich

4 Ergebnisse der Studie

33

0,7 Überweisungen pro Studienteilnehmer. Eine Wiedervorstellung des Patienten wird

im Mittel nach 20,1 Tagen vorgeschlagen. (Tab. 9, 17 & 25)

4.2 Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches Entscheiden

Die Tabellen 2 bis 9 veranschaulichen die etwaigen Einflüsse des Patientengeschlechts

auf verschiedene Aspekte der hausärztlichen Versorgung eines vordiagnostizierten Typ-

2-Diabetikers, der Anzeichen für eine beginnende diabetische Neuropathie und

arteriellen Hypertonus zeigt. Alles in allem weisen zehn der 102 analysierten Katego-

rien ärztlichen Entscheidens tendenzielle, vier signifikante und eine hochsignifikante

patientengeschlechtsabhängige Differenzen aus.

Bei Betrachtung der diagnostischen Kategorien fällt auf, dass sich zwischen Männern

und Frauen weder in Hinblick auf die Anamnese (Tab. 2) noch auf körperliche, appara-

tive oder labortechnische Untersuchungen (Tab. 3, 4 & 5) signifikante Differenzen jed-

weder Art – ob den Umfang oder die inhaltliche Gestaltung betreffend – erkennen las-

sen. Lediglich in vier Kategorien zeichnen sich geschlechtskorrelierte Tendenzunter-

schiede ab. So werden Frauen tendenziell seltener als Männer nach ihrem Rauchverhal-

ten (p = 0,080) sowie ihrer Adhärenz in Bezug auf eine diabetesgerechte Diät bzw. Er-

nährung (p = 0,093) gefragt (Tab. 2). Außerdem werden für Patienten tendenziell häufi-

ger als für Patientinnen noch am selben Tag überhaupt apparative und/oder Labor-

Testungen (p = 0,076) veranlasst. Eine Bestimmung des Cholesterins allerdings würden

die interviewten Mediziner tendenziell öfter bei Frauen anordnen (p = 0,070) (Tab. 5).

4 Ergebnisse der Studie

34

Tab. 2: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus: Anamnese

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)

heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 25 (78,1) 29 (90,6) 0,206

Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 5 (15,6) 11 (34,4) 0,093

Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 11 (34,4) 11 (34,4) >0,999

Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 2 (6,3) 5 (15,6) 0,239

Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 1 (3,1) 3 (9,4) 0,322

Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577

kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657

Rauchen: N (%) 6 (9,4) 1 (3,1) 5 (15,6) 0,080

Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 8 (25,0) 7 (21,9) 0,773

körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 4 (12,5) 5 (15,6) 0,700

Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 6 (18,8) 7 (21,9) 0,771

Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 4 (12,5) 7 (21,9) 0,355

Nierenerkrankungen: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,689

frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller

Gesundheitszustand: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,566

sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 1 (3,1) 1 (3,1) >0,999

Anzahl der durchschnittlich genannten

Fragekategorien

2,0

1,7

2,4

0,132

4 Ergebnisse der Studie

35

Tab. 3: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

körperliche Untersuchung

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Körperliche Untersuchung

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch untersuchen: N (%)

62 (96,9)

30 (93,8)

32 (100)

0,137

Blutdruck: N (%)

32 (50,0)

14 (43,8)

18 (56,3)

0,271

kardiovaskuläres System: N (%)

11 (17,2)

5 (15,6)

6 (18,8)

0,738

vollständige körperliche Untersuchung: N (%)

7 (10,9)

3 (9,4)

4 (12,5)

0,704

vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)

9 (14,1)

4 (12,5)

5 (15,6)

0,745

Fußuntersuchung (mit & ohne weitere

Differenzierung): N (%)

48 (75,0)

24 (75,0)

24 (75,0)

>0,999

Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 25 (78,1) 25 (78,1) >0,999

Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,577

peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 10 (31,3) 12 (37,5) 0,601

Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 8 (25,0) 8 (25,0) >0,999

Ulcera: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,549

Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 25 (78,1) 21 (65,6) 0,234

Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):

N (%)

34 (53,1)

16 (50,0)

18 (56,3)

0,608

Körpergröße: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,516

muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)

10 (15,6)

7 (21,9)

3 (9,4)

0,166

neurologischer Status: N (%)

17 (26,6)

8 (25,0)

9 (28,1)

0,757

kardiopulmonale Untersuchung: N (%)

11 (17,2)

3 (9,4)

8 (25,0)

0,108

alle Pulse: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Taillenumfang: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Körpergewicht: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,685

andere: N (%)

8 (12,5)

5 (15,6)

3 (9,4)

0,471

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

4,8

4,7

4,9

0,671

4 Ergebnisse der Studie

36

Tab. 4: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Warum würden Sie heute keine

körperliche Untersuchung durchführen?

(Mehrfachnennungen möglich)

Patient bekannt, keine weitere Untersuchung

nötig: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &

reichen aus: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,137

Ein Arzt beabsichtigt bei einem Patienten mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine umge-

hende Medikamentenverschreibung wie bei einer Patientin. Ebenso wenig Effekt hat

das Geschlecht des Diabetikers auf die durchschnittliche Anzahl und konkrete Art der

erwogenen Präparate (Tab. 6). Jedoch treten Divergenzen hinsichtlich der Begründun-

gen auf, weshalb sich Ärzte für oder eben gegen eine solche Verschreibung entscheiden

(Tab. 7). Medizinern dient der Umstand, bislang keine definitive Diagnose eruiert zu

haben, signifikant häufiger in Bezug auf Patienten als auf Patientinnen als Erklärung für

den Entschluss, kein Arzneimittel zu verordnen (p = 0,034). Sowohl für als auch gegen

eine Verschreibung wird bei Frauen im Vergleich zu Männern tendenziell häufiger mit

dem Verweis auf aktuelle Leitlinien argumentiert (in beiden Fällen p = 0,090).

Anders als bei den bereits vorgestellten Aspekten sind die patientengeschlechtsabhängi-

gen Disparitäten bei den ärztlichen Empfehlungen zu Lebensstil und Verhalten zahl-

reich (Tab. 8). So entscheiden sich signifikant mehr Mediziner für das Erteilen von Rat-

schlägen, wenn es sich bei ihrem Patienten um einen Mann handelt (p = 0,014). Auch

die durchschnittliche Anzahl der Empfehlungskategorien für einen Diabetiker übersteigt

diejenige für eine Diabetikerin signifikant (p = 0,027). Während Frauen von den Inter-

viewten auf die Themen Rauchen oder Compliance bezüglich Untersuchungen gar nicht

angesprochen würden, wären diese bei männlichen Patienten zu 18,8 % bzw. 12,5 %

Gegenstand der Arzt-Patienten-Kommunikation. Damit liegt im Fall des Rauchens eine

hochsignifikante (p = 0,008), hinsichtlich der Thematisierung von Untersuchungs-

compliance eine signifikante Differenz (p = 0,049) vor. Des Weiteren lassen sich in

diesem Kontext vier Tendenzunterschiede bemerken. Männer werden tendenziell eher

4 Ergebnisse der Studie

37

als Frauen initiativ zu einer Veränderung der physischen Aktivität

(p = 0,087), ihrem Ess- und Ernährungsverhalten (p = 0,075) sowie dem Führen eines

Symptomtagebuchs (p = 0,073) beraten. Empfehlungen, sich vermehrt Entspannungs-

und Ruhephasen (p = 0,081) zu gönnen, richten die Mediziner hingegen tendenziell

häufiger an ein weibliches Gegenüber.

Tab. 5: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Labor- & apparative Untersuchungen

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Labor- & apparative Untersuchungen

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch anordnen: N (%)

44 (68,8)

19 (59,4)

25 (78,1)

0,076

Blutdruck: N (%)

25 (39,1)

11 (34,4)

14 (43,8)

0,432

Gelegenheitsblutzucker: N (%)

15 (23,4)

7 (21,9)

8 (25,0)

0,764

Nüchternblutzucker: N (%)

6 (9,4)

2 (6,3)

4 (12,5)

0,418

HbA1c: N (%)

10 (15,6)

5 (15,6)

5 (15,6)

>0,999

EKG: N (%)

16 (25,0)

8 (25,0)

8 (25,0)

>0,999

Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):

N (%)

6 (9,4)

5 (15,6)

1 (3,1)

0,070

Gesamtcholesterin: N (%)

4 (6,3)

1 (3,1)

3 (9,4)

0,302

LDL-Cholesterin: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,693

HDL-Cholesterin: N (%)

6 (9,4)

3 (9,4)

3 (9,4)

>0,999

Triglyzeride: N (%)

9 (14,1)

6 (18,8)

3 (9,4)

0,273

Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:

N (%)

15 (23,4)

7 (21,9)

8 (25,0)

0,774

Mikroalbumin im Urin: N (%)

12 (18,8)

7 (21,9)

5 (15,6)

0,440

Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)

11 (17,2)

5 (15,6)

6 (18,8)

0,733

andere: N (%)

36 (56,3)

16 (50,0)

20 (62,5)

0,327

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

2,9

2,8

3,0

0,873

4 Ergebnisse der Studie

38

Tab. 6: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Medikamentenverschreibung

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Medikamentenverschreibung

(Mehrfachnennungen möglich)

heute ein Medikament verschreiben: N (%)

9 (14,1)

5 (15,6)

4 (12,5)

0,700

Antihypertensiva (ohne weitere

Differenzierung): N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,172

ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:

N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Betablocker: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Diuretika: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Antiepileptikum: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Anzahl der durchschnittlich genannten

Medikamentenkategorien

0,1

0,2

0,1

0,757

4 Ergebnisse der Studie

39

Tab. 7: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Warum verschreiben Sie die genannten

Medikamente heute?

(Mehrfachnennungen möglich)

aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

wegen des präsentierten klinischen Bildes:

N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

aufgrund von Leitlinien: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,090

aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,685

als Symptombehandlung: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Warum verordnen Sie heute kein

Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)

das präsentierte klinische Bild verlangt keine

Medikamente: N (%)

23 (35,9)

14 (43,8)

9 (28,1)

0,172

zuerst weitere Untersuchungen notwendig:

N (%)

26 (40,6)

11 (34,4)

15 (46,9)

0,285

Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)

3 (4,7)

3 (9,4)

0 (0,0)

0,090

Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:

N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

keine feststehende Diagnose: N (%)

18 (28,1)

5 (15,6)

13 (40,6)

0,034

4 Ergebnisse der Studie

40

Tab. 8: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten

(Mehrfachnennungen möglich)

noch heute Empfehlungen geben: N (%)

50 (78,1)

21 (65,6)

29 (90,6)

0,014

Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,577

Änderung des Alkoholkonsums: N (%)

4 (6,3)

1 (3,1)

3 (9,4)

0,337

Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)

33 (51,6)

13 (40,6)

20 (62,5)

0,087

Fußselbstuntersuchung: N (%)

7 (10,9)

5 (15,6)

2 (6,3)

0,233

auf die regelmäßige Einnahme von

Medikamenten achten: N (%)

15 (23,4)

7 (21,9)

8 (25,0)

0,780

mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)

3 (4,7)

3 (9,4)

0 (0,0)

0,081

Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)

31 (48,4)

12 (37,5)

19 (59,4)

0,075

psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)

5 (7,8)

1 (3,1)

4 (12,5)

0,179

Rauchen: N (%)

6 (9,4)

0 (0,0)

6 (18,8)

0,008

Stressverminderung: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,164

Symptomtagebuch: N (%)

6 (9,4)

1 (3,1)

5 (15,6)

0,073

Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)

4 (6,3)

0 (0,0)

4 (12,5)

0,049

Anzahl der durchschnittlich genannten

Empfehlungskategorien

1,9

1,4

2,3

0,027

Bezogen auf das Überweisungsverhalten und den anvisierten Zeitpunkt der Wiedervor-

stellung unterscheiden die Ärzte weder tendenziell noch signifikant zwischen den Ge-

schlechtern (Tab. 9).

4 Ergebnisse der Studie

41

Tab. 9: Der Einfluss des Patientengeschlechts auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten

gesamt (N=64)

Frau (N=32)

Mann (N=32)

p-Wert

Überweisungsverhalten

(Mehrfachnennungen möglich)

noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)

26 (40,6)

14 (43,8)

12 (37,5)

0,616

Kardiologe: N (%)

6 (9,4)

4 (12,5)

2 (6,3)

0,341

Neurologe: N (%)

17 (26,6)

7 (21,9)

10 (31,3)

0,377

Augenarzt: N (%)

13 (20,3)

7 (21,9)

6 (18,8)

0,769

Podologe (Fußspezialist): N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

andere: N (%)

7 (10,9)

5 (15,6)

2 (6,3)

0,214

Anzahl der durchschnittlich genannten

Überweisungskategorien

0,7

0,8

0,6

0,607

Tage bis zur vorgeschlagenen

Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)

20,1

20,4

19,8

0,931

4.3 Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches Entscheiden

Inwieweit das diagnostische und therapeutische Entscheidungsverhalten der Ärzte bei

Typ-2-Diabetikern mit fraglicher diabetischer Neuropathie und einer Hypertension in

Abhängigkeit vom Patientenalter variiert, demonstrieren die Tabellen 10 bis 17. Neun

der 102 darin ausgewiesenen Kategorien ärztlichen Entscheidens zeigen tendenzielle,

sieben signifikante sowie drei hochsignifikante Differenzen auf.

Während sich die Häufigkeiten der prinzipiellen Entscheidung, ergänzend zu anamnesti-

zieren, in Bezug auf 35-jährige Patienten zum Einen und 65-jährige zum Anderen nicht

nennenswert voneinander unterscheiden, würden die interviewten Mediziner den jünge-

ren Diabetikern Fragen aus im Mittel signifikant mehr Kategorien stellen (p = 0,026).

Erstere würden im Vergleich zu den 65-Jährigen signifikant häufiger um Angaben zu

ihren Rauchgewohnheiten (p = 0,010) und tendenziell häufiger um Informationen über

ihre physischen Aktivitäten (p = 0,059) gebeten. Der Tabakkonsum interessiert die Ärz-

te überhaupt nur bei den jüngeren Erkrankten. (Tab. 10)

4 Ergebnisse der Studie

42

Tab. 10: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus: Anamnese

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)

heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 28 (87,5) 26 (81,3) 0,525

Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 10 (31,3) 6 (18,8) 0,259

Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 14 (43,8) 8 (25,0) 0,111

Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,693

Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 3 (9,4) 1 (3,1) 0,322

Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,577

kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657

Rauchen: N (%) 6 (9,4) 6 (18,8) 0 (0,0) 0,010

Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 9 (28,1) 6 (18,8) 0,387

körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 7 (21,9) 2 (6,3) 0,059

Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 9 (28,1) 4 (12,5) 0,150

Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 5 (15,6) 6 (18,8) 0,757

Nierenerkrankungen 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,689

frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller

Gesundheitszustand: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,164

Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 2 (6,3) 1 (3,1) 0,566

sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 2 (6,3) 0 (0,0) 0,164

Anzahl der durchschnittlich genannten

Fragekategorien

2,0

2,6

1,5

0,026

4 Ergebnisse der Studie

43

Hinsichtlich des körperlichen Untersuchens (Tab. 11 & 12) sind lediglich zwei Ten-

denzunterschiede zu bemerken. So würden jüngere Patienten zwar tendenziell häufiger

eine vollständige körperliche Untersuchung (p = 0,062), aber tendenziell seltener einen

Monofilament-Test des Vibrationsempfindens (p = 0,077) erhalten (Tab. 11). Zahlrei-

chere, deutlichere altersabhängige Differenzen weist Tabelle 13 zu Labor- und apparati-

ven Untersuchungen aus. Insgesamt gäben die Ärzte solche Verfahren für die 35-

jährigen Diabetiker zwar nicht merklich öfter, wohl aber in signifikant größerem Um-

fang in Auftrag als für deren 65-jährige Mitbetroffenen (p = 0,013). Bei diesen würden

hochsignifikant seltener Urinproben auf Ketone und Glukose (p = 0,003) sowie Mikro-

albumin (p < 0,001) genommen und nicht exakter benanntes Cholesterin im Blut

(p = 0,008) bestimmt. Die beiden zuletzt erwähnten Parameter möchten die Probanden

allein bei den 35-Jährigen überprüfen. Signifikant öfter sollen bei ihnen auch das Ge-

samtcholesterin (p = 0,042) – ebenso kein einziges Mal bei betagteren Erkrankten ein-

gefordert – und die Triglyzeridkonzentration (p = 0,013) ermittelt werden. Das Gleiche

gilt für Harnsäure, Harnstoff, Elektrolyte und Kreatinin (p = 0,049). Mit tendenziell

größerer Wahrscheinlichkeit werden bei 35-jährigen Diabetikern außerdem das LDL

(p = 0,053) und das HbA1c (p = 0,051) kontrolliert.

4 Ergebnisse der Studie

44

Tab. 11: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

körperliche Untersuchung

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Körperliche Untersuchung

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch untersuchen: N (%)

62 (96,9)

32 (100)

30 (93,8)

0,137

Blutdruck: N (%)

32 (50,0)

18 (56,3)

14 (43,8)

0,271

kardiovaskuläres System: N (%)

11 (17,2)

4 (12,5)

7 (21,9)

0,318

vollständige körperliche Untersuchung: N (%)

7 (10,9)

6 (18,8)

1 (3,1)

0,062

vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)

9 (14,1)

5 (15,6)

4 (12,5)

0,745

Fußuntersuchung (mit & ohne weitere

Differenzierung): N (%)

48 (75,0)

24 (75,0)

24 (75,0)

>0,999

Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 23 (71,9) 27 (84,4) 0,247

Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577

peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 13 (40,6) 9 (28,1) 0,297

Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,225

Ulcera: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,234

Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 20 (62,5) 26 (81,3) 0,077

Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):

N (%)

34 (53,1)

19 (59,4)

15 (46,9)

0,307

Körpergröße: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,516

muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)

10 (15,6)

4 (12,5)

6 (18,8)

0,485

neurologischer Status: N (%)

17 (26,6)

11 (34,4)

6 (18,8)

0,126

kardiopulmonale Untersuchung: N (%)

11 (17,2)

6 (18,8)

5 (15,6)

0,745

alle Pulse: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Taillenumfang: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Körpergewicht: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,685

andere: N (%)

8 (12,5)

5 (15,6)

3 (9,4)

0,471

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

4,8

4,8

4,8

0,855

4 Ergebnisse der Studie

45

Tab. 12: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Warum würden Sie heute keine

körperliche Untersuchung durchführen?

(Mehrfachnennungen möglich)

Patient bekannt, keine weitere Untersuchung

nötig: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &

reichen aus: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,137

Signifikante altersbedingte Disparitäten lassen sich in Bezug auf die Verschreibung von

Medikamenten (Tab. 14 & 15) nicht konstatieren. Nur ein einziger Tendenzunterschied

zeichnet sich in diesem Kontext ab. So begründen die Mediziner den Entschluss für eine

Arzneimittelverordnung (Tab. 15) bei jüngeren Patienten tendenziell häufiger unter

Verweis auf entsprechende Leitlinien (p = 0,090). Ohne merkliche Tendenzen oder Sig-

nifikanzen erscheinen die Differenzen zwischen den zwei Altersgruppen in Hinblick auf

ärztliche Empfehlungen zu krankheitsadaptiertem Lebensstil und Verhalten (Tab. 16).

Nur zum Ess- und Ernährungsverhalten beraten die Ärzte ihr 35-jähriges Gegenüber

tendenziell öfter.

Wie in Tabelle 17 zu sehen, machen die Studienteilnehmer beim Vereinbaren eines

Termins zur Wiedervorstellung des Patienten keinen wesentlichen Unterschied zwi-

schen den Angehörigen der beiden Altersgruppen. Partiell weniger einheitlich ist hinge-

gen das Überweisungsverhalten (Tab. 17). Die Interviewten würden ihre jüngeren Pati-

enten tendenziell zu mehr Spezialisten (p = 0,076) überweisen. Während die Wünsche

nach Einbeziehung von Neurologen, Podologen und Augenärzten für 35- und 65-jährige

Diabetiker nicht merklich differieren, würden die Jüngeren tendenziell häufiger an einen

kardiologischen Kollegen überwiesen (p = 0,061). Bezogen auf die große Zahl „ande-

rer“ Experten erreicht dieser Unterschied sogar Signifikanz (p = 0,041). Zu jener Grup-

pe der im Rahmen dieser Arbeit jedoch einzeln nicht näher bezeichneten Sachverständi-

gen zählen weder Diabetologen oder Endokrinologen noch Ernährungs-, Fitness- oder

Sozialberater.

4 Ergebnisse der Studie

46

Tab. 13: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Labor- & apparative Untersuchungen

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Labor- & apparative Untersuchungen

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch anordnen: N (%)

44 (68,8)

23 (71,9)

21 (65,6)

0,548

Blutdruck: N (%)

25 (39,1)

11 (34,4)

14 (43,8)

0,432

Gelegenheitsblutzucker: N (%)

15 (23,4)

8 (25,0)

7 (21,9)

0,764

Nüchternblutzucker: N (%)

6 (9,4)

4 (12,5)

2 (6,3)

0,418

HbA1c: N (%)

10 (15,6)

8 (25,0)

2 (6,3)

0,051

EKG: N (%)

16 (25,0)

8 (25,0)

8 (25,0)

>0,999

Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):

N (%)

6 (9,4)

6 (18,8)

0 (0,0)

0,008

Gesamtcholesterin: N (%)

4 (6,3)

4 (12,5)

0 (0,0)

0,042

LDL-Cholesterin: N (%)

7 (10,9)

6 (18,8)

1 (3,1)

0,053

HDL-Cholesterin: N (%)

6 (9,4)

5 (15,6)

1 (3,1)

0,102

Triglyzeride: N (%)

9 (14,1)

8 (25,0)

1 (3,1)

0,013

Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:

N (%)

15 (23,4)

11 (34,4)

4 (12,5)

0,049

Mikroalbumin im Urin: N (%)

12 (18,8)

12 (37,5)

0 (0,0)

<0,001

Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)

11 (17,2)

10 (31,3)

1 (3,1)

0,003

andere: N (%)

36 (56,3)

18 (56,3)

18 (56,3)

>0,999

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

2,9

3,9

1,9

0,013

4 Ergebnisse der Studie

47

Tab. 14: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Medikamentenverschreibung

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Medikamentenverschreibung

(Mehrfachnennungen möglich)

heute ein Medikament verschreiben: N (%)

9 (14,1)

5 (15,6)

4 (12,5)

0,700

Antihypertensiva (ohne weitere

Differenzierung): N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:

N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,172

Betablocker: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Diuretika: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Antiepileptikum: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,137

Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Anzahl der durchschnittlich genannten

Medikamentenkategorien

0,1

0,2

0,1

0,355

4 Ergebnisse der Studie

48

Tab. 15: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Warum verschreiben Sie die genannten

Medikamente heute?

(Mehrfachnennungen möglich)

aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,172

wegen des präsentierten klinischen Bildes:

N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

aufgrund von Leitlinien: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,090

aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,685

als Symptombehandlung: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Warum verordnen Sie heute kein

Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)

das präsentierte klinische Bild verlangt keine

Medikamente: N (%)

23 (35,9)

11 (34,4)

12 (37,5)

0,783

zuerst weitere Untersuchungen notwendig:

N (%)

26 (40,6)

13 (40,6)

13 (40,6)

>0,999

Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)

3 (4,7)

2 (6,3)

1 (3,1)

0,566

Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:

N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

keine feststehende Diagnose: N (%)

18 (28,1)

8 (25,0)

10 (31,3)

0,588

4 Ergebnisse der Studie

49

Tab. 16: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten (Mehrfachnennungen möglich)

noch heute Empfehlungen geben: N (%)

50 (78,1)

26 (81,3)

24 (75,0)

0,525

Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)

3 (4,7)

2 (6,3)

1 (3,1)

0,577

Änderung des Alkoholkonsums: N (%)

4 (6,3)

2 (6,3)

2 (6,3)

>0,999

Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)

33 (51,6)

15 (46,9)

18 (56,3)

0,457

Fußselbstuntersuchung: N (%)

7 (10,9)

5 (15,6)

2 (6,3)

0,233

auf die regelmäßige Einnahme von

Medikamenten achten: N (%)

15 (23,4)

8 (25,0)

7 (21,9)

0,780

mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,555

Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)

31 (48,4)

19 (59,4)

12 (37,5)

0,075

psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)

5 (7,8)

1 (3,1)

4 (12,5)

0,179

Rauchen: N (%)

6 (9,4)

4 (12,5)

2 (6,3)

0,363

Stressverminderung: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,164

Symptomtagebuch: N (%)

6 (9,4)

3 (9,4)

3 (9,4)

>0,999

Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)

4 (6,3)

2 (6,3)

2 (6,3)

>0,999

Anzahl der durchschnittlich genannten

Empfehlungskategorien

1,9

1,9

1,8

0,675

4 Ergebnisse der Studie

50

Tab. 17: Der Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Entscheiden bei Hinweisen für

eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt

(N=64) 35 Jahre

(N=32) 65 Jahre

(N=32) p-Wert

Überweisungsverhalten

(Mehrfachnennungen möglich)

noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)

26 (40,6)

15 (46,9)

11 (34,4)

0,317

Kardiologe: N (%)

6 (9,4)

5 (15,6)

1 (3,1)

0,061

Neurologe: N (%)

17 (26,6)

9 (28,1)

8 (25,0)

0,768

Augenarzt: N (%)

13 (20,3)

9 (28,1)

4 (12,5)

0,147

Podologe (Fußspezialist): N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

andere: N (%)

7 (10,9)

6 (18,8)

1 (3,1)

0,041

Anzahl der durchschnittlich genannten

Überweisungskategorien

0,7

0,9

0,5

0,076

Tage bis zur vorgeschlagenen

Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)

20,1

23,2

17,0

0,390

4.4 Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf primärärztliches Entscheiden

Die Tabellen 18 bis 25 fassen zusammen, inwiefern der soziale Status eines Typ-2-

Diabetikers mit Anzeichen einer beginnenden diabetischen PNP und arterieller Hyper-

tonie auf das diagnostische wie therapeutische Vorgehen der interviewten Ärzte Ein-

fluss ausübt. Drei der 102 vorgestellten Kategorien ärztlichen Entscheidens dokumen-

tieren signifikante, zehn weitere immerhin tendenzielle Unterschiede in Abhängigkeit

vom Sozialstatus des Patienten.

Tabelle 18 widmet sich den anamnestischen Aspekten und spiegelt diesbezüglich weit-

gehend homogene Vorgehensintentionen der Studienteilnehmer wider. Danach würden

Patienten mit einem höheren Sozialstatus lediglich tendenziell öfter zu ihrem Alkohol-

konsum (p = 0,051) und einem Gefühl von Schwäche in Beinen oder Füßen (p = 0,090)

befragt als Erkrankte mit einem geringeren sozialen Status.

4 Ergebnisse der Studie

51

Tab. 18: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Anamnese

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Anamnese (Mehrfachnennungen möglich)

heute noch weitere Fragen stellen: N (%) 54 (84,4) 25 (78,1) 29 (90,6) 0,206

Adhärenz bei Diät/Ernährung: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,570

Adhärenz bei Medikamenteneinnahme: N (%) 22 (34,4) 10 (31,3) 12 (37,5) 0,591

Adhärenz bei Verlaufsmessungen: N (%) 7 (10,9) 3 (9,4) 4 (12,5) 0,693

Alkoholkonsum: N (%) 4 (6,3) 0 (0,0) 4 (12,5) 0,051

Rückenschmerzen/-verletzung: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577

kardiovaskuläre Erkrankungen: N (%) 5 (7,8) 2 (6,3) 3 (9,4) 0,657

Rauchen: N (%) 6 (9,4) 2 (6,3) 4 (12,5) 0,376

Diabetes-Dauer: N (%) 15 (23,4) 7 (21,9) 8 (25,0) 0,773

körperliche Aktivitäten: N (%) 9 (14,1) 3 (9,4) 6 (18,8) 0,251

Familienanamnese: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

Fußdeformitäten: N (%) 13 (20,3) 5 (15,6) 8 (25,0) 0,384

Augenerkrankungen/-behandlungen: N (%) 11 (17,2) 7 (21,9) 4 (12,5) 0,355

Nierenerkrankungen 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

andere Medikamente: N (%) 1 (1,6) 0 (0,0) 1 (3,1) 0,322

periphere Gefäßerkrankungen: N (%) 7 (10,9) 2 (6,3) 5 (15,6) 0,233

frühere Neuropathie: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

Probleme mit dem Schuhwerk: N (%) 1 (1,6) 1 (3,1) 0 (0,0) 0,322

kurz zurückliegende Erkrankung/aktueller

Gesundheitszustand: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,164

Schwäche in Beinen oder Füßen: N (%) 3 (4,7) 0 (0,0) 3 (9,4) 0,090

sozialer Status: N (%) 2 (3,1) 1 (3,1) 1 (3,1) >0,999

Anzahl der durchschnittlich genannten

Fragekategorien

2,0

1,6

2,4

0,103

4 Ergebnisse der Studie

52

Auch in Hinblick auf die zusätzlich anberaumten körperlichen Untersuchungen (Tab. 19

& 20) zeigen sich lediglich in zwei Kategorien, dem Messen der Körpergröße

(p = 0,055) und dem Überprüfen des kardiovaskulären Systems (p = 0,099), Tendenzun-

terschiede. Beide Prozeduren würden für das Kollektiv der sozial besser gestellten Pati-

enten eher initiiert (Tab. 19). Labor- bzw. apparative Testungen (Tab. 21) würden ins-

gesamt tendenziell häufiger bei Diabetikern einer höheren sozialen Position angeordnet

(p = 0,076). Signifikant häufiger wünschen Mediziner, bei ihnen eine Kontrolle des Ge-

legenheitszuckers (p = 0,040) zu veranlassen. Mit tendenziell größerer Wahrscheinlich-

keit würden bei sozial begünstigten Personen im Vergleich zu den sozial Schwächeren

außerdem nicht genauer bezeichnetes Cholesterin (p = 0,070) und Triglyzeride

(p = 0,071) bestimmt.

Für den Bereich Arzneimittelverordnung (Tab. 22 & 23) lassen sich keine signifikanten

Disparitäten in Abhängigkeit vom Sozialstatus feststellen. Allerdings dient der Hinweis

auf geltende Leitlinien Medizinern tendenziell häufiger als Erklärung für den Ent-

schluss, eine Verschreibung vorzunehmen (Tab. 23), wenn es sich bei dem Patienten um

einen Angehörigen einer niedrigeren Sozialschicht (p = 0,090) handelt – eine Parallele

zur bivariaten Analyse nach Patientenalter (s. Kap. 4.3). Tabelle 24 zeigt, dass die den

Lebensstil und das Verhalten betreffenden ärztlichen Empfehlungen nur in zwei Punk-

ten tendenziell differieren. So bekämen sozial schlechter positionierte Diabetiker einer-

seits häufiger Ratschläge zum Thema Rauchen (p = 0,073), andererseits jedoch seltener

Anregungen zum Führen eines Symptomtagebuchs (p = 0,073).

Das ärztliche Überweisungsverhalten (Tab. 25) erscheint von der Schichtzugehörigkeit

weitgehend unbeeinflusst – mit einer Ausnahme. Patienten, die sozial höher rangieren,

würden signifikant öfter als diesbezüglich weniger gut gestellte Personen an einen neu-

rologischen Kollegen überwiesen (p = 0,043). Zugleich aber fällt auf, dass die Primär-

mediziner selbst gerade die Erkrankten mit einer geringeren sozialen Position in signifi-

kant kürzerem zeitlichem Abstand wiedereinbestellen möchten (p = 0,016).

4 Ergebnisse der Studie

53

Tab. 19: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

körperliche Untersuchung

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Körperliche Untersuchung

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch untersuchen: N (%)

62 (96,9)

32 (100)

30 (93,8)

0,137

Blutdruck: N (%)

32 (50,0)

16 (50,0)

16 (50,0)

>0,999

kardiovaskuläres System: N (%)

11 (17,2)

3 (9,4)

8 (25,0)

0,099

vollständige körperliche Untersuchung: N (%)

7 (10,9)

4 (12,5)

3 (9,4)

0,704

vaskulärer Status aller Extremitäten: N (%)

9 (14,1)

5 (15,6)

4 (12,5)

0,745

Fußuntersuchung (mit & ohne weitere

Differenzierung): N (%)

48 (75,0)

23 (71,9)

25 (78,1)

0,549

Sensibilitätsverlust: N (%) 50 (78,1) 26 (81,3) 24 (75,0) 0,561

Knochendeformitäten: N (%) 3 (4,7) 1 (3,1) 2 (6,3) 0,577

peripherer Gefäßstatus: N (%) 22 (34,4) 11 (34,4) 11 (34,4) >0,999

Nagelveränderungen: N (%) 16 (25,0) 6 (18,8) 10 (31,3) 0,225

Ulcera: N (%) 16 (25,0) 7 (21,9) 9 (28,1) 0,549

Vibration/Monofilament-Test: N (%) 46 (71,9) 25 (78,1) 21 (65,6) 0,234

Bein-/Fußpulse (gesondert genannt):

N (%) 34 (53,1) 19 (59,4) 15 (46,9) 0,307

Körpergröße: N (%)

3 (4,7)

0 (0,0)

3 (9,4)

0,055

muskuloskeletal (Fuß/Beine/Gang): N (%)

10 (15,6)

7 (21,9)

3 (9,4)

0,166

neurologischer Status: N (%)

17 (26,6)

10 (31,3)

7 (21,9)

0,355

kardiopulmonale Untersuchung: N (%)

11 (17,2)

3 (9,4)

8 (25,0)

0,108

alle Pulse: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Taillenumfang: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,164

Körpergewicht: N (%)

7 (10,9)

2 (6,3)

5 (15,6)

0,227

andere: N (%)

8 (12,5)

4 (12,5)

4 (12,5)

>0,999

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

4,8

4,7

4,9

0,761

4 Ergebnisse der Studie

54

Tab. 20: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Nicht-Durchführen einer körperlichen Untersuchung

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Warum würden Sie heute keine

körperliche Untersuchung durchführen?

(Mehrfachnennungen möglich)

Patient bekannt, keine weitere Untersuchung

nötig: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

reguläre Diabetes-Untersuchungen laufen &

reichen aus: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,137

4 Ergebnisse der Studie

55

Tab. 21: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Labor- & apparative Untersuchungen

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Labor- & apparative Untersuchungen

(Mehrfachnennungen möglich)

überhaupt heute noch anordnen: N (%)

44 (68,8)

19 (59,4)

25 (78,1)

0,076

Blutdruck: N (%)

25 (39,1)

11 (34,4)

14 (43,8)

0,432

Gelegenheitsblutzucker: N (%)

15 (23,4)

4 (12,5)

11 (34,4)

0,040

Nüchternblutzucker: N (%)

6 (9,4)

3 (9,4)

3 (9,4)

>0,999

HbA1c: N (%)

10 (15,6)

3 (9,4)

7 (21,9)

0,189

EKG: N (%)

16 (25,0)

7 (21,9)

9 (28,1)

0,572

Cholesterin (ohne weitere Differenzierung):

N (%)

6 (9,4)

1 (3,1)

5 (15,6)

0,070

Gesamtcholesterin: N (%)

4 (6,3)

2 (6,3)

2 (6,3)

>0,999

LDL-Cholesterin: N (%)

7 (10,9)

2 (6,3)

5 (15,6)

0,239

HDL-Cholesterin: N (%)

6 (9,4)

2 (6,3)

4 (12,5)

0,408

Triglyzeride: N (%)

9 (14,1)

2 (6,3)

7 (21,9)

0,071

Harnsäure/Harnstoff/Elektrolyte/Kreatinin:

N (%)

15 (23,4)

7 (21,9)

8 (25,0)

0,774

Mikroalbumin im Urin: N (%)

12 (18,8)

4 (12,5)

8 (25,0)

0,126

Urinanalyse (Ketone/Glukose): N (%)

11 (17,2)

5 (15,6)

6 (18,8)

0,733

andere: N (%)

36 (56,3)

16 (50,0)

20 (62,5)

0,327

Anzahl der durchschnittlich genannten

Untersuchungskategorien

2,9

2,3

3,5

0,133

4 Ergebnisse der Studie

56

Tab. 22: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Medikamentenverschreibung

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Medikamentenverschreibung

(Mehrfachnennungen möglich)

heute ein Medikament verschreiben: N (%)

9 (14,1)

3 (9,4)

6 (18,8)

0,251

Antihypertensiva (ohne weitere

Differenzierung): N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Antagonisten:

N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Betablocker: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Diuretika: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Antiepileptikum: N (%)

2 (3,1)

0 (0,0)

2 (6,3)

0,137

Thrombozytenaggregationshemmer: N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

Anzahl der durchschnittlich genannten

Medikamentenkategorien

0,1

0,1

0,2

0,355

4 Ergebnisse der Studie

57

Tab. 23: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Gründe für das Verschreiben bzw. Nicht-Verschreiben von Medikamenten

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Warum verschreiben Sie die genannten

Medikamente heute?

(Mehrfachnennungen möglich)

aus klinischer Erfahrung heraus: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,172

wegen des präsentierten klinischen Bildes:

N (%)

1 (1,6)

1 (3,1)

0 (0,0)

0,322

aufgrund von Leitlinien: N (%)

2 (3,1)

2 (6,3)

0 (0,0)

0,090

aufgrund der Verdachtsdiagnose: N (%)

7 (10,9)

2 (6,3)

5 (15,6)

0,227

als Symptombehandlung: N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

Warum verordnen Sie heute kein

Medikament? (Mehrfachnennungen möglich)

das präsentierte klinische Bild verlangt keine

Medikamente: N (%)

23 (35,9)

12 (37,5)

11 (34,4)

0,783

zuerst weitere Untersuchungen notwendig:

N (%)

26 (40,6)

15 (46,9)

11 (34,4)

0,285

Leitlinien empfehlen dies nicht: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,566

Patient verlangt/erwartet keine Medikamente:

N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

keine feststehende Diagnose: N (%)

18 (28,1)

9 (28,1)

9 (28,1)

>0,999

4 Ergebnisse der Studie

58

Tab. 24: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Empfehlungen zu Lebensstil & Verhalten

(Mehrfachnennungen möglich)

noch heute Empfehlungen geben: N (%)

50 (78,1)

27 (84,4)

23 (71,9)

0,206

Empfehlungen zum Schuhwerk: N (%)

3 (4,7)

1 (3,1)

2 (6,3)

0,577

Änderung des Alkoholkonsums: N (%)

4 (6,3)

3 (9,4)

1 (3,1)

0,337

Änderung der körperlichen Aktivität: N (%)

33 (51,6)

17 (53,1)

16 (50,0)

0,804

Fußselbstuntersuchung: N (%)

7 (10,9)

2 (6,3)

5 (15,6)

0,233

auf die regelmäßige Einnahme von

Medikamenten achten: N (%)

15 (23,4)

9 (28,1)

6 (18,8)

0,403

mehr Entspannung/Ruhephasen: N (%)

3 (4,7)

2 (6,3)

1 (3,1)

0,555

Ess- & Ernährungsverhalten: N (%)

31 (48,4)

16 (50,0)

15 (46,9)

0,796

psychosomatische/-therapeutische Hilfe: N (%)

5 (7,8)

3 (9,4)

2 (6,3)

0,651

Rauchen: N (%)

6 (9,4)

5 (15,6)

1 (3,1)

0,073

Stressverminderung: N (%)

2 (3,1)

1 (3,1)

1 (3,1)

>0,999

Symptomtagebuch: N (%)

6 (9,4)

1 (3,1)

5 (15,6)

0,073

Compliance bezüglich Untersuchungen: N (%)

4 (6,3)

1 (3,1)

3 (9,4)

0,317

Anzahl der durchschnittlich genannten

Empfehlungskategorien

1,9

1,9

1,8

0,801

4 Ergebnisse der Studie

59

Tab. 25: Der Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf ärztliches Entscheiden bei

Hinweisen für eine beginnende diabetische Neuropathie & arteriellen Hypertonus:

Überweisungsverhalten & Zeit bis zur Wiedervorstellung des Patienten

(in Fettdruck hervorgehoben: Signifikanz bei p < 0,05)

gesamt

(N=64) niedrig

(N=32) hoch

(N=32) p-Wert

Überweisungsverhalten

(Mehrfachnennungen möglich)

noch heute zum Spezialisten überweisen: N (%)

26 (40,6)

12 (37,5)

14 (43,8)

0,616

Kardiologe: N (%)

6 (9,4)

2 (6,3)

4 (12,5)

0,341

Neurologe: N (%)

17 (26,6)

5 (15,6)

12 (37,5)

0,043

Augenarzt: N (%)

13 (20,3)

7 (21,9)

6 (18,8)

0,769

Podologe (Fußspezialist): N (%)

1 (1,6)

0 (0,0)

1 (3,1)

0,322

andere: N (%)

7 (10,9)

2 (6,3)

5 (15,6)

0,214

Anzahl der durchschnittlich genannten

Überweisungskategorien

0,7

0,5

0,9

0,127

Tage bis zur vorgeschlagenen

Wiedervorstellung des Patienten (Mittelwert)

20,1

11,2

29,0

0,016

5 Diskussion der Studie

Die vorgestellte Studie widmet sich der Frage, inwiefern die Patientenmerkmale Ge-

schlecht, Alter und sozialer Status als nicht-medizinische Faktoren Entscheidungen in

Deutschland ausgebildeter und niedergelassener Hausärzte zur Betreuung vorbekannter

Typ-2-Diabetiker beeinflussen, wenn sich bei den Erkrankten Hinweise auf eine Folge-

und/oder Begleiterkrankung ergeben. Kapitel 5 umfasst die Diskussion zur Methode,

Konzeption und Umsetzung der Studie einerseits (s. Kap. 5.1) und diejenige zu deren

Ergebnissen (s. Kap. 5.2) andererseits.

60

5 Diskussion der Studie

5.1 Diskussion zur Methode, Konzeption und Umsetzung der Studie

Der eigentlichen Ergebnisdiskussion geht in den folgenden Abschnitten die Erörterung

der wichtigsten Vorzüge und Limitationen eines experimentellen (mit Videotechnik

arbeitenden) Untersuchungsdesigns für die Versorgungsforschung im Allgemeinen und

das Anliegen dieser Studie im Besonderen voraus. Außerdem werden einige Bedenken

in Bezug auf einzelne Aspekte der konkreten Projektgestaltung sowie die mit ihr ver-

bundenen Herausforderungen skizziert. (S. Kap. 5.1.1 & 5.1.2) Kapitel 5.1.3 befasst

sich damit, wie die Verantwortlichen besagten Limitationen und Herausforderungen

a priori begegnet sind. Abschließend beschäftigt sich Kapitel 5.1.4 mit zwei statisti-

schen Erscheinungen, dem multiplen Testen und der Teststärke. Bei der Bewertung der

Ergebnisse erfordern beide Beachtung.

5.1.1 Die Vorzüge des videobasierten experimentellen Studiendesigns

Das auf dem Einsatz von Videographie gründende experimentelle Untersuchungsdesign

bietet gegenüber den bisher üblichen Fallstudien mit ihrer retrospektiven, auf Deskrip-

tion basierenden Identifikation von Einflussfaktoren auf klinisch tatsächlich getroffene

Entscheidungen (vgl. bei aller Unterschiedlichkeit stellvertretend für viele Beiträge

Alberti et al. 2007, Alter et al. 1999, Glaesmer/Deter 2002, Melkus et al. 2009,

Streja/Rabkin 1999) klare Vorteile. Diese kommen v.a. in Hinblick auf die interne Vali-

dität zum Tragen. So zeigen sich die große Zahl und Diversität zu bedenkender Variab-

len, potentieller Störfaktoren und Interaktionen mit der herkömmlichen Herangehens-

weise lediglich schwer handhabbar, kaum zu kontrollieren oder gar zu operationalisie-

ren (vgl. auch Feldman et al. 1997). Angesichts dessen könnte eine solche Untersu-

chung nur unter der Bedingung einer immensen Fallzahl statistisch hinlänglich profund

und damit aussagekräftig sein. Zeitgleich wäre sie aber auch äußerst kostspielig. Sehr

diffizil, wenn nicht unmöglich hat sich folglich in der Vergangenheit jedweder Versuch

einer systematischen Berücksichtigung sämtlicher denkbarer ärztliches Entscheiden

beeinflussenden Größen sowie ihrer eventuellen Interdependenzen erwiesen. (Vgl.

ebenso Bönte 2008, der über das Vorgängerprojekt zu KHK soziologisch promoviert

und sich in dem aus seiner Dissertation hervorgegangenen Buch insbesondere mit den

Vorzügen des methodischen Ansatzes intensiv befasst hat. Kap. 5.1.1 ist argumentativ

insgesamt eng an seinen Ausführungen orientiert.)

61

5 Diskussion der Studie

Der enorme Pluspunkt des experimentellen Designs besteht prinzipiell darin, zugleich

eine Vielzahl an Variablen unabhängig voneinander, zeit- und kosteneffizient sowie

unter Kontrolle konfundierender Umwelteinflüsse gezielt und systematisch alternieren

zu können – anders als bei großangelegten beobachtenden Studien (vgl. Feldman et al.

1997, Lutfey et al. 2008), welche keine Untersuchung der ärztlichen Entscheidungen bis

ins Detail erlauben (Feldman et al. 1997). Außerdem beugt der Vignetteneinsatz

Reaktivitätseffekten (besser) vor und macht nicht zuletzt auf ethische Überlegungen

zurückgehende Probleme mit der „Standardisierung“ von Patienten sowie Bedenken

hinsichtlich des Mitschneidens einer Arzt-Patienten-Zusammenkunft obsolet (Lutfey et

al. 2008). All die genannten Aspekte eines experimentellen Vorgehens tragen dazu bei,

eine systematische Analyse des Einflusses einzelner Patienteneigenschaften auf medizi-

nisches Decision Making erst zu ermöglichen.

Nonverbale Informationen und ein optischer Eindruck vom Patienten gelten zahllosen

Medizinern als substanziell, wenn sie fundiert über die passende Diagnostik und Thera-

pie zu entscheiden haben (exemplarisch Durante et al. 1997, Heath 1984, Schulman et

al. 1999). Nur sehr eingeschränkt vermögen die schon seit längerer Zeit im medizinso-

ziologischen Kontext vereinzelt eingesetzten schriftlichen Fallvignetten (Maguire et al.

2000, vgl. auch Boulis/Long 2004, Schulman et al. 1999) solche impliziten Sachverhal-

te durch bloße Beschreibung zu vermitteln. Eine Videoaufzeichnung hingegen kann die

Umstände, die zu den Handlungsentscheidungen des Arztes beitragen, authentischer

veranschaulichen (vgl. ebd.), denn sie macht derartig ganzheitliche Vorstellungen von

der zu behandelnden Person weitgehend möglich. Davon ist auch bei der Aufnahme der

fiktiven Sprechzimmer-Interaktion auszugehen, die für diese Studie gedreht worden ist.

Das optische Erscheinungsbild, die Gestik und Mimik des sichtlich übergewichtigen

Patienten, dessen Kleidung abhängig von Alter und sozialem Status variiert, sind für die

Rezipienten gut zu erkennen. Das entwickelte Kulissenkonzept unterstützt die Annahme

von Echtheit und Realität. Im Rahmen der Pretests zur vorliegenden Studie ist bei

einem Fokusgruppengespräch die Akzeptanz einer Videovignette mit derjenigen einer

schriftlichen Variante verglichen und für größer befunden worden (s. Kap. 3.3; zu

Chancen und Grenzen eines Rückgriffs auf focus groups im Kontext der Fundierung

und Validierung von Studien vgl. O’Donnell et al. 2007).

62

5 Diskussion der Studie

5.1.2 Die Limitationen des videobasierten experimentellen Studiendesigns

Während das experimentelle Design der Studie also einerseits einen sehr hohen Grad

interner Validität verleiht, birgt es andererseits v.a. unter dem Gesichtspunkt der exter-

nen Validität gewisse Schwächen. Selbst bei maximalem Bemühen um eine realistische

Gestaltung der dargestellten Situation exponiert allein schon der Einsatz eines video-

graphierten Simulationspatienten das in einem Video gesehene über jedwedes alltägli-

che Praxisgeschehen. Unweigerlich wirkt jede inszenierte Szene zumindest ein wenig

künstlich, und unbestritten unterscheiden sich daher die Umstände des im Rahmen einer

Untersuchung vignettenbasiert erfragten Agierens teilnehmender Ärzte in mannigfalti-

ger Weise von den Verhältnissen in der „wirklichen Praxiswelt“. (Lutfey et al. 2008;

vgl. zudem z.B. Bönte 2008, Knesebeck et al. 2010b)

Nachfolgend werden die bei einem Experiment in der Versorgungsforschung generell

zu bemerkenden Limitationen genauso erörtert wie diejenigen, die im Kontext der kon-

kreten Umsetzung des hier thematisierten Projekts stehen:

1. Solche experimentellen Studien erfordern die Konzentration auf einzelne Merkmale

des komplexen sozialen Wesens Patient. Stets bleibt die Auswahl der Variablen

kontingent und in deren Anzahl begrenzt. Einige potentiell einflussnehmende As-

pekte einer Person sind überdies von vager Natur und demzufolge schwerlich zu

operationalisieren, wie z.B. körperliche Attraktivität, Durchsetzungsvermögen und

medizinisches Vorwissen (vgl. Feldman et al. 1997). Vielschichtige sozial-

menschliche Effekte auf ärztliches (Be-)Handeln können folglich zwar näherungs-

weise, nicht jedoch abschließend analysiert werden. So geben beispielsweise Kales

et al. (2005) für ihre vergleichbar konzipierte Untersuchung zu Entscheidungspro-

zessen von Medizinern bei Depression zu bedenken, dass im realen Praxisalltag die

Summe und Gewichtung der das ärztliche Verhalten beeinflussenden Faktoren von

den experimentell ermittelten klar abweichen könnte.

2. Die Tatsache, dass Vignetten a priori keinerlei Möglichkeit zur Interaktion zwischen

Simulationspatient und ärztlichem Betrachter zulassen, darf in ihren Konsequenzen

nicht unterschätzt werden. Schon Heath (1984) definiert Kommunikation als ein

durch den dynamischen Prozess von Antizipation, Erwartung, Unterstellung, Aktion

und Reaktion aller Beteiligten koordiniertes wechselseitiges Verhalten und akzentu-

iert die enorme Bedeutung seiner nonverbalen Aspekte. Den Medizinern im aktuell

vorgestellten Fall aber war jede natürliche, spontane Einflussnahme auf Inhalt und

63

5 Diskussion der Studie

Form der Schilderungen des Diabetikers verwehrt. So konnten sie weder Details er-

fragen oder missverständliche Punkte abklären noch die Anamnese hin zu weiteren

interessierenden Aspekten lenken. Zu den (fiktiven) Befunden der von ihnen ge-

wünschten Tests erhielten sie keine Auskunft. Dadurch mögen den Probanden u.U.

gerade in Bezug auf das therapeutische Vorgehen entscheidungsrelevante Informati-

onen gefehlt haben. (Vgl. Lutfey et al. 2008)

3. Es kann nicht mit letzter Gewissheit geklärt werden, inwiefern die Interviewbedin-

gungen von einzelnen Probanden subjektiv als Prüfung erlebt worden sind, sie auf

diese Weise intervenierende Phänomene, wie beispielsweise das der sozialen

Erwünschtheit (vgl. auch Knesebeck et al. 2010b), gefördert und somit die Über-

tragbarkeit der Ergebnisse auf die klinische Realität zusätzlich eingeschränkt haben.

Alle Studienteilnehmer sind dazu angehalten worden, direkt im Anschluss an die

Rezeption ad hoc Entscheidungen zu diagnostischen und therapeutischen Schritten

für einen ihnen bis dato unbekannten Diabetiker zu treffen, die noch am selben Tag

durchzuführen, wenigstens aber zu veranlassen gewesen seien.

Anders als bei eigenen, nicht selten langjährigen Patienten (s. Kap. 2.2) hat für die

Primärärzte hier also keine Möglichkeit bestanden, unter Rückgriff auf die oft hand-

lungsorientierende Beziehungsebene mit dem Gegenüber und das Vorwissen über

ihn – seine Krankheitsgeschichte, Befunde aus früheren Untersuchungen, eventuelle

Ko- oder Folgemorbidität, momentane Medikation, Behandlungsadhärenz u.v.a. –

„unbeobachtet“ durch einen Dritten sukzessiv ergänzende Fragen, Hypothesen und

zuletzt Lösungsansätze zu entwickeln (zur fundamentalen Bedeutung von verschie-

denen Wissensbasen für ärztliche Entscheidungsprozesse vgl. anschaulich Linden

2005; bezüglich der Gewichtigkeit der persönlichen Arzt-Patienten-Beziehung vgl.

des Weiteren exemplarisch Beullens et al. 1997, Glaesmer/Deter 2002,

Manderbacka 2005 & Sturm et al. 2007).

4. Der Wunsch, das Entscheidungsverhalten amerikanischer, britischer und deutscher

Mediziner miteinander zu vergleichen (s. Kap. 3), machte es erforderlich, bei der

Studie kleinere Abstriche hinsichtlich der Authentizität, vorwiegend die Berücksich-

tigung sprachlich-kultureller Besonderheiten betreffend in Kauf zu nehmen. So er-

innert sowohl das Erscheinungsbild der Simulationspatienten als auch die Sprech-

zimmerkulisse dezent an amerikanische Film- oder Fernsehproduktionen. Teilweise

orientieren sich die Formulierungen der deutschen Übersetzung sehr genau am eng-

lischsprachigen Originalmanuskript, was mitunter auf Kosten der Adaption an den

64

5 Diskussion der Studie

hierzulande üblichen Sprachgebrauch geschieht und in der Sprachmelodie ggf. zu ir-

ritieren vermag (s. Anhang). Die Sprecher haben sowohl Simulationsärzte als auch

-patienten mit diskret amerikanischem Akzent synchronisiert. Die Mundbewegun-

gen der Schauspieler und der zu hörende Ton disharmonieren bisweilen wahrnehm-

bar.

5. Aus dem vorrangigen Willen, die interne Validität der dargelegten Untersuchung zu

optimieren, ist – anders als mit der Wahl rollenspezifischer Kleidung – beim Ent-

wurf des Dialogs gänzlich auf stereotypische Variationen verzichtet worden. Dabei

existieren zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Frauen und Männern,

Menschen unterschiedlichen Alters oder mit disparatem sozialem Status, durchaus

Differenzen in Wortwahl und Satzbau sowie Auftreten und Kommunikationsverhal-

ten gegenüber Ärzten (vgl. eher übergeordnet Brink-Muinen 2003).

Frauen z.B. nutzen Angebote des Gesundheitswesens in höherem Maße als Männer,

sie artikulieren häufiger und expliziter gesundheitliche, selbst psychische Probleme

und sind eher als Männer bereit, offen mit ihrer Hilfsbedürftigkeit umzugehen

(Bertakis et al. 2001; vgl. explizit für Deutschland Glaesmer/Deter 2002). Jüngere

Patienten erbitten merkbar nachdrücklicher Informationen und Wahlmöglichkeiten

hinsichtlich der anzustrebenden Therapie als gleichfalls Betroffene in fortgeschritte-

nem Alter (Pritchard 2007), die generell eher bereit sind, ärztliche Autorität zu ak-

zeptieren (Beisecker et al. 1996). Auch Angehörige niedrigerer sozialer Schichten

würden öfter als sozial besser gestellte Personen Gesundheitsleistungen passiv rezi-

pieren, sich weniger engagiert um ärztliche Erklärungen bemühen, eigene (Behand-

lungs-)Präferenzen zaghafter mitteilen, deshalb oft weniger interessiert wirken und

Krankheiten eher mit physischen als emotionalen Begriffen Ausdruck verleihen,

konstatieren die US-Amerikaner Scott et al. (1996). Gerade Diabetiker in schlechten

Beschäftigungsverhältnissen würden weniger effektiv mit ihren behandelnden Ärz-

ten kommunizieren, heißt es bei Brown et al. (2004).

Das Wissen um die kommunikativen Verschiedenheiten nutzend haben Woo et al.

(2004) in ihrer gefilmten Inszenierung eines hypothetischen Arzt-Patienten-

Gesprächs neben dem Abändern von Kleidung, Accessoires und dem Gepflegtheits-

grad ebenso Modulationen in Sprache und Skript eingesetzt, um die Zugehörigkeit

des Erkrankten zu verschiedenen Sozialschichten zu veranschaulichen.

6. Aufgrund von Kosten-Nutzen-Kalkulationen beschlossen die Projektverantwortli-

chen, das Geschlecht des lediglich als Stimme wahrzunehmenden Simulationsarztes

65

5 Diskussion der Studie

müsse nicht zwangsläufig mit dem Geschlecht des Interviewten übereinstimmen.

Auf der einen Seite hätte eine anderslautende Entscheidung eventuell die Identifika-

tion der Untersuchungsteilnehmer mit dem fiktiven Kollegen und das Einfinden in

die dargestellte Szene begünstigen, auf der anderen Seite wären die Produktionskos-

ten dadurch gestiegen.

5.1.3 Wie die Projektverantwortlichen den Limitationen begegnen

In Anbetracht der ansehnlichen Liste von Limitationen mag es zunächst erstaunen, dass

88 % der interviewten deutschen Ärzte angegeben haben, der ihnen präsentierte Fall sei

einigermaßen, mitunter gar sehr typisch für die Patienten ihrer Praxis – im Gegensatz zu

ihren amerikanischen und britischen Kollegen mit einer merklich geringeren diesbezüg-

lichen Zustimmung von 81 bzw. lediglich 69 % (vgl. Knesebeck et al. 2010b). Anteil

daran hat zweifelsohne die nachstehend konturierte Art, in der die Initiatoren der Studie

mit den Limitationen umgegangen sind.

Nicht zuletzt wegen der Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten (s. Kap. 3) antizi-

pierten die Wissenschaftler die methodischen Herausforderungen von Vorneherein.

Früh ergriffen sie diverse Maßnahmen, um im Rahmen der getroffenen strikten

Priorisierung von Forschungszielen – allen voran einer Optimierung der internen Vali-

dität sowie der maximalen Vergleichbarkeit der amerikanischen, britischen und deut-

schen Ergebnisse – die externe Validität zu verbessern. So sind die Teilnehmer explizit

darum gebeten worden, auf das Gesehene zu reagieren, als handele es sich bei dem

Schauspieler um einen „echten“ Patienten, der ihre Sprechstunde aufgesucht habe. Mit-

schreiben und das Verfassen von Notizen war beispielsweise jederzeit möglich. Aus

Gründen von Authentizität und um zu vermeiden, dass bei den Medizinern das Gefühl

aufkommt, sich einer Prüfung zu unterziehen, wurden sie in der eigenen Praxis während

ihrer regulären Präsenzzeit interviewt. Nach Einschätzung des Projektmitarbeiters, der

ausnahmslos und allein sämtliche Interviews in Deutschland führte, empfanden die Pro-

banden die Untersuchungspartizipation weder als Prüfung ihrer Person noch ihrer ärztli-

chen Fähigkeiten. Um maximale Praxisnähe zu garantieren, haben die Studienverant-

wortlichen die Skripte zudem unter intensiver Mithilfe erfahrener Kliniker sowie Be-

rücksichtigung damals aktueller Leitlinien in einem mehrschrittigen Verfahren ausgear-

beitet. (S. Kap. 3)

66

5 Diskussion der Studie

Mithilfe von zwei der vier Pretests eruierten sie die Glaubwürdigkeit des minuziös ent-

wickelten Falls. Im Zuge des ersten sah ein Zirkel versierter Mediziner ein

videographiertes Rollenspiel, dessen Wortlaut den Formulierungen des schriftlichen

Vignettenentwurfs entsprach. Die Fachleute beurteilten den Arzt-Patienten-Dialog zum

Einen als durchaus realistisch (zum Realismus der präsentierten Fallkonstellation

s. Kap. 3.1). Zum Anderen zogen sie – wie vom Forscherteam beabsichtigt – unter-

schiedliche Schlüsse, welche Konsequenzen medizinischen Handelns dem Gesehenen

gerecht würden. Der andere Pretest war den Fragen nach (1) der Kompatibilität des im

anglo-amerikanischen Raum konzipierten Skripts und dem in Deutschland vorzufinden-

den Praxisalltag sowie (2) der Verständlichkeit der deutschen Übersetzung gewidmet.

Beide Fragen wurden einhellig bejaht. (S. Kap. 3.3)

Um die Aussagekraft der Studie über das bisher Gesagte hinaus sowie die Repräsentati-

vität ihrer Ergebnisse zu sichern, betrieben die Wissenschaftler neben dem immensen

Engagement beim Verfassen und Verfilmen des Skripts, den angesprochenen Pretests

sowie der Wahl von Ort und Umständen des Interviews weitere Vorarbeiten. Spezielle,

für alle Interviewer identisch aufgebaute Schulungen sollten beispielsweise helfen, po-

tentiell konfundierende Interviewereffekte (vgl. zu diesen exemplarisch Johannes et al.

1997) zu verhindern (s. Kap. 3.3). Für Deutschland ergab sich überdies die erwähnte

Besonderheit, dass eine einzige Person jeden der dort teilnehmenden Ärzte interviewte,

was selbst marginale ungewollte interindividuelle Nuancierung unterband.

Das Kollektiv der Ärzte, die an der Studie teilnahmen, wurde anhand eines strikt ran-

domisierten, in Kapitel 3.2 detailliert beschriebenen Verfahrens stufenweise zusammen-

gestellt. Die Grundlage der Auswahl im Rahmen der deutschen Untersuchungsreplika-

tion bildete ein von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vorbereitetes Ver-

zeichnis mit etwa 2750 primärärztlich tätigen Medizinern, die in Deutschland studiert

und hier ihre Approbation erhalten hatten. Eine solche Apriori-Eingrenzung der Ge-

samtpopulation gestattete eine gewisse Kontrolle des Einflusses, den das landesspezi-

fische Gesundheitssystem und die entsprechende ausbildungsbedingte „Sozialisation“

auf ärztliche Entscheidungsprozesse nehmen (ausführlich vgl. auch Bönte 2008).

Bei insgesamt geringer negativer Selbstselektion betrug die Teilnahmerate der kontak-

tierten Mediziner unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Berufserfahrung 78 %.

Die sorgfältige, zufällig getroffene Probandenauswahl darf dem zufolge als repräsenta-

tiv für die anvisierte Ärztegesamtpopulation gelten. (S. Kap. 3.2) Trotzdem sollten zwei

67

5 Diskussion der Studie

Eigenheiten in der Struktur der Gruppe partizipierender Mediziner nicht unbeachtet

bleiben:

1. 86 % und damit überdurchschnittlich viele von ihnen sind bereits damals als Anbie-

ter von DMPs für Typ-2-Diabetiker inskribiert gewesen. Mitte 2007 lag der Pro-

zentsatz für solche Programme registrierter Praxen bundesweit bei rund 65 % und

ist seither zwar kontinuierlich gewachsen, unterschreitet vornehmlich in ländlichen

Regionen allerdings noch immer häufig die 70-Prozent-Marke (vgl. Nordrheinische

Gemeinsame Einrichtung DMPs 2010, Szecsenyi et al. 2008). Salopp formuliert wa-

ren die Studienteilnehmer ihrer Zeit dahingehend merklich voraus. Ferner äußerten

beinahe alle Interviewten, sich diabetologisch fortgebildet zu haben. Angesichts des

Projektalters von inzwischen rund sechs Jahren bieten diese beiden besonderen Um-

stände gleichsam Vorteile, verlängern sie doch in gewisser Hinsicht die Gültigkeit

der auf Basis der erhobenen Daten getroffenen Aussagen.

2. Auch die Diabetes-Prävalenz im Ärztekammerbezirk Nordrhein hat sich während

des Erhebungszeitraums von der in anderen Regionen Deutschlands, v.a. der neuen

Bundesländer unterschieden (s. Kap. 2.2).

Alles in allem überwiegen die Vorteile des verwendeten experimentellen Studiende-

signs und seiner faktischen Realisierung im Kontext des konkreten Forschungsinteres-

ses die Summe der Limitationen und Nachteile deutlich.

5.1.4 Multiples Testen und die statistische Power der Studie

Zwei statistische Gegebenheiten, das so genannte multiple Testen und die Teststärke

(synonym: Power) der Untersuchung, sind bei der Interpretation der Ergebnisse unbe-

dingt zu bedenken. So gewährt der Entschluss, das Studienmaterial in 102 Kategorien

zu analysieren, zwar eine große inhaltliche Präzision, im Gegenzug provoziert er aber

auch das Phänomen des multiplen Testens, mit dem sich u.a. Bender et al. (2002) und

Victor et al. (2010) eingehend auseinandersetzen. Mit der Anzahl der Kategorien, zu

denen eine Person Signifikanztests durchführt, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sie

dabei wenigstens einen Fehler 1. Art34

begeht, und zumindest ein Ergebnis lediglich

vom Zufall bedingt ist (vgl. Fahrmeir et al. 2000; des Weiteren Bender et al. 2002 &

Victor et al. 2010). Ein Verzicht auf komplexe korrigierende Testprozeduren erscheint

im Kontext des konkreten Studienanliegens vollends vertretbar. Um der Herausforde-

34

Die Person nimmt also fälschlicherweise an, bezüglich des überprüften Items existiere ein Unterschied.

68

5 Diskussion der Studie

rung des multiplen Testens adäquat zu begegnen, werden im Rahmen dieser Arbeit ge-

mäß einem Vorschlag von Prel et al. (2009) alle p-Werte auf die dritte Nachkommastel-

le gerundet und in den Tabellen entsprechend ausgewiesen. Anders als bei einer rein

binären Differenzierung signifikant vs. nicht-signifikant bleiben auf diese Weise selbst

kleinere Unterschiede zwischen einzelnen Werten nachvollziehbar (vgl. ebd.). Gleich-

wohl werden diese unter der Bedingung p < 0,05 als signifikant bezeichnet.

Eine verhältnismäßig geringe Probandenzahl von N = 64 und die Verwendung des

Standard-Signifikanzniveaus schränken außerdem die statistische Power der Untersu-

chung ein. Sie zeigt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Hypothesentest einen be-

stimmten tatsächlich vorhandenen Unterschied offenbart, d.h. dem Prüfenden in Bezug

auf das spezifische Item kein Fehler 2. Art35

unterläuft. Umgekehrt bedeutet dies, dass

im Fall einer reduzierten Teststärke sich selbst erhebliche Differenzen nicht zwangsläu-

fig in als signifikant zu klassifizierenden Ergebnissen widerspiegeln. (Vgl. Fahrmeir et

al. 2000, Prel et al. 2009 & 2009b, Victor et al. 2010) Auch diesbezüglich ist die präzise

Angabe der p-Werte gemäß Prel et al. (2009) von beschriebenem Nutzen. Ihre Hervor-

hebung als Tendenzunterschied, sobald p < 0,10 ist, hilft ebenfalls, die Bedeutung eines

möglichen Fehlers 2. Art zu verringern.

5.2 Diskussion der Studienergebnisse

Die Diskussion der Studienergebnisse erfolgt viergliedrig. Nachdem zunächst die Kom-

position des für die Untersuchung erdachten Diabetes-Falls kurz diskutiert wird, setzt

Kapitel 5.2.1 die wichtigsten der in Kapitel 4.1 dokumentierten allgemeinen Aussagen

über primärärztliches Entscheiden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu ande-

ren wissenschaftlichen Arbeiten, hauptsächlich aber den Inhalten von in Deutschland

(heute bzw. im Erhebungszeitraum) geltenden Behandlungsleitlinien in Beziehung. Auf

diese Weise wird die Diskussion des Einflusses von Geschlecht (s. Kap. 5.2.2), Alter

(s. Kap. 5.2.3) und sozialem Status des Patienten (s. Kap. 5.2.4) auf das anamnestische,

diagnostische und therapeutische Vorgehen der Hausärzte zum Zwecke optimierter

Nachvollziehbarkeit inhaltlich eingeleitet und fundiert.

35 Der Betreffende nimmt fälschlicherweise an, hinsichtlich des getesteten Sachverhalts bestehe kein Un-

terschied.

5 Diskussion der Studie

69

5.2.1 Diskussion der durch die Studie getroffenen allgemeinen Aussagen zu

primärärztlichem Entscheiden

Die Relevanz intensiver Versorgungsforschung in Bezug auf Typ-2-Diabetes hat

Kapitel 2 – angesichts der bereits gegenwärtig hohen und wahrscheinlich auch hierzu-

lande weiter steigenden Prävalenz sowie von oft schwerer, insgesamt sehr kosteninten-

siver und manchmal gar tödlicher Folgemorbidität – eingehend dargelegt. Schließlich

wären durch eine adäquate medizinische Behandlung Komplikationen zu einem großen

Teil zu verhindern. Dabei steht neben der Prävention akuter Stoffwechselentgleisungen

v.a. der Abbau der Risiken, erstens makrovaskulär zu erkranken und/oder zweitens einer

Amputation zu bedürfen, im Vordergrund (Mertes et al. 2007). Zu den wesentlichen

Bestandteilen dieses Bemühens gehört es zum Einen, einen etwaigen arteriellen Hyper-

tonus bestmöglich einzustellen, und zum Anderen, darüber hinaus dem Auftreten bzw.

der Progression einer PNP entgegenzuwirken.

Als inhaltlichen Kern ihres audiovisuell gestützten Experiments haben die Projektver-

antwortlichen deshalb den hypothetischen Fall eines Typ-2-Diabetikers gewählt, der im

Rahmen einer Routineuntersuchung erstmals sowohl Symptome einer PNP als auch

einen unter diskontinuierlicher Arzneimitteleinnahme erhöht gemessenen Blutdruck

aufweist. Das Grundkonzept der Vignette zum im Kontext der Versorgungsforschung

(damals) recht neuartigen Ansatz ist bereits mehrfach erfolgreich erprobt gewesen. Ge-

flissentlich stellte das Skript daher einen Patienten vor, dessen Befunde und Beschwer-

den kein klinisch so prononciertes Bild ergeben, dass es ein genau definiertes Vorgehen

verlangen würde. (S. Kap. 3) Präsentiert wurde also ein Indikations-Grenzfall, der we-

gen der Integration verdachtsdiagnoseuntypischer Details praxisalltäglich erscheint:

1. Die Probanden haben einen Diabetiker gesehen, dessen HbA1c mit 6,9 % noch

knapp unterhalb der Marke liegt, die einige Fachbeiträge (z.B. ADA 2009, DeVries

2011, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2006, Sturm et al. 2007) und

die meisten im Studienzeitraum geltenden deutschen Leitlinien, so neben der von

BÄK et al. (2002) publizierten Nationalen Versorgungs-Leitlinie Diabetes mellitus

Typ 2 u.a. die im Namen der DDG veröffentlichte Leitlinie zur Behandlung des Di-

abetes mellitus Typ 236

(Häring/Matthaei 2006), als Anlass für die Modifikation der

laufenden antihyperglykämischen Therapie angaben. Diese Empfehlung hat selbst

36

Sie riet zu einer Intensivierung der Behandlung gemäß Stufenplan, falls trotz Compliance des Erkrank-

ten sein HbA1c auch nach drei Monaten den Wert von 7,0 % noch überschritt (Häring/Matthaei 2006).

Ihre jüngste Version (Matthaei et al. 2010) führt als Kriterium für korrigierende medizinische Interventi-

onen die verschärfte HbA1c-Grenze ≥ 6,5 % an.

5 Diskussion der Studie

70

unter der Prämisse der Manifestation einer PNP gegolten, bei der nach wie vor die

Optimierung der Stoffwechseleinstellung als alleiniger kausaltherapeutischer Ansatz

erscheint (Haslbeck et al. 2008; vgl. des Weiteren Haslbeck et al. 2004, Ziegler et al.

2010).

2. Aufgrund der Asymmetrie der geschilderten Symptomatik sowie von intendierten

Informationslücken zu zeitlichem Ablauf und den Umständen ihres Auftretens hat

sich die neuropathische Störung des fiktiven Patienten nicht mit Gewissheit auf des-

sen Diabetes zurückführen lassen. Zum Ausschluss einer anderweitigen Ätiologie

raten Leitlinien bei entsprechenden Anzeichen zwar inzwischen explizit zur Konsul-

tation eines Neurologen (ebd., Haslbeck et al. 2008), in den Jahren 2005 und 2006

allerdings sind die diesbezüglichen Formulierungen noch vage gewesen (Haslbeck

et al. 2004).

3. Zweifellos hat der videographierte Diabetiker trotz einer vermutlich positiven Fami-

lienanamnese für vaskuläre Erkrankungen mit einem Blutdruck von 145/98 mmHg

nicht das antihypertensive Mindesttherapieziel < 140/85 mmHg erreicht, geschwei-

ge das insbesondere nephroprotektiv bedeutsame Ideal < 130/80 mmHg (Bretzel et

al. 2007; vgl. auch BÄK et al. 2002). Jedoch bedürfte eine zuverlässige Evaluation

der medikamentösen Einstellung konsequenter Behandlungsadhärenz.

Außerdem hat die Beschreibung des Falls einige Aspekte ausgespart, die eine reguläre

(leitlinienkonforme) Routineuntersuchung enthält. Auf diesem Wege ist die ohnehin

aufgrund von „borderline indications“ (Grant et al. 2009: 513) und daraus resultierender

verstärkter klinischer Unsicherheit große Disparität der ärztlichen Entscheidungen aus-

gebaut worden. (S. Kap. 3) Schon die Listung der Antworten in insgesamt 102 ver-

schiedenen Kategorien gibt einen ersten Eindruck von der immensen Vielfalt, in der die

Probanden die ihnen präsentierte Praxissituation bewertet und auf diese reagiert haben.

Allein 74 Kategorien beziehen sich auf konkretes, in den Leitlinien als versorgungsrele-

vant angeführtes Tun (u.a. BÄK et al. 2002, Häring/Matthaei 2006, Haslbeck et al.

2004). Die drei Sammelkategorien „andere“ fassen überdies zahllose Untersuchungen

oder fachärztliche Disziplinen zusammen, die die Leitlinien nicht berücksichtigt haben.

Jeder einzelne Arzt aber hat nur Handlungen aus durchschnittlich 12,4 – rund 16 % –

dieser insgesamt 77 Kategorien zu ergänzen gewünscht. In Hinblick auf zusätzliche

apparative und labortechnische Tests lassen sich immerhin 36 der von den Interviewten

genannten Aspekte unter die Bezeichnung „andere“ subsumieren. Wenngleich hinsicht-

lich (1) der beiden Anliegen, weitere Fragen zu stellen und körperlich zu untersuchen,

5 Diskussion der Studie

71

sowie (2) des Verzichts, sofort medikamentös zu intervenieren, bei den Studienteilneh-

mern überwiegend bejahende Einigkeit bestanden hat, offenbaren zudem gerade die

etwa 70-prozentige Zustimmung zu apparategestützter Diagnostik und das zu rund 40 %

geäußerte Bestreben, den Patienten an mindestens einen fachärztlichen Kollegen zu

überweisen, wie unterschiedlich die in der Vignette geschilderte Symptom- und Werte-

konstellation teilweise wahrgenommen bzw. beurteilt worden ist.

Keineswegs zielt die Studie darauf ab, die Qualität diagnostischer und therapeutischer

Entscheidungen in Deutschland praktizierender Primärärzte zu beurteilen (s. Kap.1); das

gewählte Forschungsdesign würde eine solche Bestimmung gar nicht zulassen. Für eine

seriöse Auseinandersetzung mit der Forschungsfrage und die Diskussion des Untersu-

chungskonzepts erscheint eine groborientierende Kenntnis der Empfehlungen zur Be-

handlung gemäß dem State of the Art (im Untersuchungszeitraum zwischen Oktober

2005 und April 2006) aber dennoch vonnöten, sofern diese die substanziellen Ergebnis-

se aus Kapitel 4 inhaltlich tangieren:

1. Redelmeier et al. (2001) attestieren Ärzten ein „verführerisches“ Bedürfnis nach

immer extensiverer nicht priorisierender Informationssammlung im Vorfeld medizi-

nischer Entscheidungen. Diesem haben die Interviewten offenbar nachgegeben. Sie

haben sich zum Einen nach Themen erkundigt, die im Rahmen jeder diabetes-

bezogenen Kontrollvisite gewöhnlich angesprochen werden, wie z.B. Ernährung

und körperliche Aktivität, und zum Anderen haben sie Fragen gestellt, die (in ihrer

zu beobachtenden Häufung) eher der speziellen Fallkonstellation geschuldet sind,

u.a. der verschreibungsadhärenten Arzneimitteleinnahme und Rückenbeschwerden.

Bei Anamnese und Beratung ist neben der Regelmäßigkeit der Medikation in be-

sonderem Maße den zwei ebenso bereits erwähnten Punkten Ernährung und körper-

liche Aktivität Beachtung geschenkt worden. Beide zählen wie die Anpassung des

Körpergewichts zur über alle Stufen des Behandlungsplans fortzusetzenden Basis-

therapie bei Typ-2-Diabetes, die viele Jahre lang kaum verändert worden ist.37

37 Sofern eine sofortige medikamentöse Behandlung (erforderlich u.a. bei normgewichtigen Patienten <

40 Jahren, ausgeprägter Entgleisung der Blutglukose oder schon vorhandenen schweren Komplikationen)

nicht indiziert erschien, wurde in Deutschland vom Gros der Autoren über lange Zeit propagiert, zunächst

drei Monate zu versuchen, die metabolische Einstellung mithilfe besagter allein auf Ernährungs-, Bewe-

gungs- und Gewichtsanpassung rekurrierenden Basistherapie zu normalisieren. Eine Patientenschulung

sollte den Diabetiker in seiner Lebensstilmodifikation bestärken. Dabei hat nicht etwa das Erzielen von

Normal- oder gar Idealmaßen gestanden im Mittelpunkt, sondern die auf einer sukzessiven mäßigen Ge-

wichtsabnahme um insgesamt fünf bis zehn Prozent basierende langfristige Stabilisierung des Gewichts.

(AkdÄ 2009, BÄK et al. 2002, Häring/Matthaei 2006, Hauner et al. 2009, Fachkommission Diabetes

Sachsen 2002, Matthaei/Häring 2008) Mittlerweile empfiehlt die aktuelle DDG-Praxis-Leitlinie zur Be-

5 Diskussion der Studie

72

(Vgl. AkdÄ 2009, BÄK et al. 2002, Fachkommission Diabetes Sachsen 2002, Halle

et al. 2008, Häring/Matthaei 2006, Hauner et al. 2009, Herold 2009, Kemmer et al.

2009, Matthaei/Häring 2008, Toeller 2005)

Ferner sind sowohl für die Handhabung des Typ-2-Diabetes selbst als auch für Ent-

wicklung, Prävention und das Management von Bluthochdruck und PNP ein Rauch-

verzicht sowie die Reduktion des Alkoholkonsums essenziell (Bretzel et al. 2007,

Matthaei et al. 2010, Toeller 2005, Tschöpe et al. 2006). Trotz des mitunter immen-

sen verhaltensbildenden Einflussnahmepotentials von Primärärzten (vgl. Schipf et

al. 2009) hat allerdings nur eine Minderheit der Studienteilnehmer (jeweils < 10 %)

die Absicht erklärt, etwaigen Nikotinabusus und die Trinkgewohnheiten betreffend

zu anamnestizieren oder zu beraten. In Bezug auf die Erweiterung der diagnosti-

schen Schritte sticht der exorbitante Anteil von Probanden hervor, die eine Blut-

drucknachmessung und Fußuntersuchungen diverser Fassons angestrebt haben und

auf diese Art mutmaßlich mit erhöhter Aufmerksamkeit der Problematik von arteri-

ellem Hypertonus und PNP nachgehen wollten. (S. Kap. 4.1)

2. Insgesamt frappiert die v.a. im Vergleich zum amerikanischen Studienpendant ekla-

tante Zurückhaltung der deutschen Mediziner, zusätzliche Fragen zu stellen, ergän-

zende Untersuchungen zu initiieren und therapeutische Maßnahmen zu ergreifen

(vgl. kompakt Knesebeck et al. 2010b). Manche in Leitlinien und Fachliteratur als

wesentlich aufgelisteten Aspekte ärztlicher Abklärung sind von keinem einzigen In-

terviewten vorgebracht worden, so z.B. die Inspektion des Schuhwerks (Haslbeck et

al. 2004, Mertes et al. 2007b) oder die Erhebung von Anzeichen einer Depression

(BÄK et al. 2002, Grande 2008, Häring/Matthaei 2006, Kulzer et al. 2010, Matthaei

et al. 2010). Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die Probanden eine Wiedervorstel-

lung des Patienten nach durchschnittlich bereits 20,1 Tagen veranschlagt haben,

einer Zeitspanne, die sogar den normalerweise empfohlenen drei- bis sechsmonati-

gen Abstand zwischen zwei hausärztlichen Regelkonsultationen zu Typ-2-Diabetes

ausschließlich mit Messungen des HbA1c, von Blutzucker, Blutdruck und Körper-

gewicht klar unterschreitet (exemplarisch 20. RSA-ÄndV 2009, BÄK et al. 2002,

DDG/diabetesDE 2010). (S. Kap. 4.1)

Neben den engmaschigen Überprüfungen dieser vier Werte soll der Primärarzt laut

der seit 2002 nur partiell überarbeiteten Nationalen Versorgungs-Leitlinie zu Diabe-

handlung von Typ-2-Diabetes bei jedem Patienten ergänzend dazu direkt nach Diagnosestellung mit der

Gabe eines oralen Antidiabetikums (OAD), bevorzugt Metformin, zu beginnen (Matthaei et al. 2010).

5 Diskussion der Studie

73

tes mellitus Typ 2 (BÄK et al. 2002), den Leitlinien der DDG sowie dem aus ihnen

abgeleiteten Gesundheits-Pass Diabetes (DDG/diabetesDE 2010) routinemäßig

einmal pro Jahr, bei pathologischem Befund öfter weitere Tests durchführen (lassen)

(vgl. dazu außerdem 20. RSA-ÄndV 2009 & die zur jeweiligen Untersuchung zitier-

ten Quellen). So dienen die jährlichen Bestimmungen der Blutlipide und des Gefäß-

status, EKG und Tests zum Nachweis von Albumin im Urin der Abschätzung des

makro- und mikrovaskulären Gesamtrisikos (BÄK et al. 2002, Hasslacher et al.

2010, Tschöpe et al. 2006). Zur Früherkennung einer diabetischen Nephropathie ist

zusätzlich wünschenswert, die Clearance zu messen (Hasslacher et al. 2010) bzw.

die glomeruläre Filtrationsrate zu schätzen (BÄK et al. 2010). Gründliche, neurolo-

gische Aspekte berücksichtigende Untersuchungen der unteren Extremitäten, im Be-

sonderen der Füße, helfen, Anhaltspunkte für eine diabetische Neuropathie (s. Kap.

2.1.1) und das diabetische Fußsyndrom zu entdecken. Fragliche Befunde, ein Hoch-

risikofuß oder diabetisches Fußsyndrom erfordern die Überweisung zu einem ent-

sprechend qualifizierten Kollegen. Für die Diagnostik der sehr häufigen ophthalmo-

logischen Komplikationen werden augenärztliche Checks von Sehschärfe, vorderem

Augenabschnitt, -druck und -hintergrund angeraten (Hammes et al. 2010).

(20. RSA-ÄndV 2009, BÄK et al. 2010b & 2011, Haslbeck et al. 2008, Mertes et al.

2007, Morbach et al. 2008)

Aufgrund der angeregten Ein-Jahres-Periodizität dieser Maßnahmen kann es

schwerlich verwundern, dass die Mehrzahl der Interviewten z.B. auf Blutfett- und

Urinanalysen sowie eine Überweisung zum Ophthalmologen verzichtet hat. Dies

kongruiert mit den Gründen für die (sehr seltene) Ablehnung, unverzüglich kom-

plettierend körperlich zu untersuchen. Danach seien der Patient bekannt und die oh-

nedem laufenden Diabetes-Kontrollen hinreichend gewesen.

3. 50 der 64 Probanden wollten den Erkrankten prompt zu einer mit Diabetes kompa-

tiblen Lebensführung beraten. Zugleich waren nur neun Mediziner bereit, noch am

Vorstellungstag die Medikation zu modifizieren. Dieser Fakt dürfte zum Einen auf

das Phänomen der klinischen Unsicherheit als einem zentralen Moment ärztlicher

Entscheidungsprozesse (Kerr et al. 2008, Lutfey et al. 2008) zurückgehen, die durch

die stets vorhandene, mal mehr, mal minder ausgeprägte Unvollständigkeit der ver-

fügbaren Informationen verursacht und von hier berechtigten Zweifeln an der Be-

handlungsadhärenz des Patienten potenziert wird (vgl. ebd., Phillips/Twombly

2008). Zum Anderen spiegelt das Zögern hinsichtlich einer Intensivierung der

5 Diskussion der Studie

74

Pharmakotherapie wahrscheinlich unentbehrliche risikostratifizierende Überlegun-

gen wider. Unter Berücksichtigung diverser individueller Faktoren, wie der familiä-

ren Disposition, von Komorbiditäten, Kontraindikationen und Interferenzen mit an-

deren Arzneien, sollten die persönlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Diabetikers

möglichst präzise ermittelt werden, um auf der einen Seite den Versorgungserfolg

zu maximieren und auf der anderen Seite die Gefahren unerwünschter Nebenwir-

kungen zu minimieren (vgl. u.a. Barthel et al. 2011, Mertes et al. 2007b, Schern-

thaner et al. 2010, Schütt/Klein 2011, Wahle 2007).

Vor dem Hintergrund der allgemeinen Erläuterungen zur Einordnung der Studienergeb-

nisse schließt sich in den jeweils einem der drei untersuchten Patientenmerkmale ge-

widmeten Unterkapiteln 5.2.2 bis 5.2.4 die detaillierte Diskussion der Erhebungsresulta-

te an.

5.2.2 Diskussion zum Einfluss des Patientengeschlechts auf primärärztliches

Entscheiden

Im Kontext der konkreten Fallkonstellation (s. Kap. 3) nimmt das Geschlecht des Pati-

enten de facto insgesamt wenig Einfluss auf ärztliche Entscheidungen – wie im Übrigen

ebenso bei der deutschen Vignette zum noch undiagnostizierten Typ-2-Diabetes (vgl.

Cruppé et al. 2011) und bei älteren experimentellen Studien zur hausärztlichen Versor-

gung in Australien, über die Scott et al. (1996) referieren. Signifikant differiert das Vor-

gehen der Mediziner zwischen Diabetikerinnen und Diabetikern weder hinsichtlich der

Anamnese und Diagnostik noch – entgegen dem in Kapitel 2.3.1 durch den Forschungs-

Status-quo (vage) erweckten Anschein – bei der Bereitschaft, allein aufgrund der bishe-

rigen Informationen ein Medikament zu verordnen, dem Ausstellen von Überweisungen

oder dem Vorschlag eines Wiedervorstellungstermins.

Ein ganz anderes Bild zeichnet sich in Bezug auf das Beratungsverhalten der Primärärz-

te ab. An männliche Patienten werden Empfehlungen zu einem diabetesgerechten Le-

bensstil sowohl erkennbar häufiger als auch in weit größerer thematischer Breite gerich-

tet – ein Eindruck, der erstmals so detailliert und nachdrücklich vertreten über die Ein-

schätzung von Flocke/Gilchrist (2005), Männer seien in Hinblick auf Beratungsangebo-

te geringfügig besser versorgt als Frauen, hinausgeht. Zur Deutung dieser Beobachtung

eignet sich möglicherweise ein von Grande (2008) explizierter Sachverhalt. Danach

sieht es so aus, als würden asymmetrische Interaktionsformen zwischen Arzt und Pati-

5 Diskussion der Studie

75

ent, wie beispielsweise gesundheitsbezogene Edukation oder auch ein offensives Rat-

schlagen, bei Frauen oft ein Gefühl der Aversion auslösen, schlichtes Zuhören und Be-

stätigen scheinen dementgegen ihr Wohlbefinden zu verbessern (ebd.). Einige Themen

werden bei ihnen nennenswert seltener angesprochen als bei Männern, allen voran das

Rauchen. Das passt zum Einen zu aktuellen Daten, die unverändert eine überproportio-

nal hohe Prävalenz des Tabakkonsums unter männlichen Diabetikern konstatieren

(Schipf et al. 2009). Zum Anderen hat bereits Fuchs (2005) im Zusammenhang mit der

Sekundärprävention bei KHK angemerkt, den Nikotinabusus betreffend würden männ-

liche Betroffene deutlich mehr beraten als weibliche. Genauso verhalte es sich mit An-

regungen zu sportlicher Aktivität, konträr jedoch bei solchen, die Ernährung und Ge-

wicht tangieren (ebd.). Bezüglich dieser Themen erteilten die an der Studie partizipie-

renden Ärzte ebenfalls tendenziell häufiger Ratschläge an Patienten als an Patientinnen.

Dabei berichten in sämtlichen Altersgruppen sowieso schon etwa doppelt so viele Män-

ner wie Frauen, täglich wenigstens 30 Minuten körperlich in Bewegung zu sein, so zi-

tiert Grande (2008) Angaben des Statistischen Bundesamtes. Außerdem profitieren die-

se keineswegs weniger davon, sich regelmäßig physisch zu betätigen, als jene (Legato et

al. 2006).

In Einklang mit den Beratungsunterschieden sind bei der Anamnese immerhin zwei,

obgleich weniger ausgeprägte Unterschiede zu entdecken. Anders als bei Guthrie et al.

(2009) angeklungen (s. Kap. 2.3.1), werden Patientinnen seltener als männliche Betrof-

fene zu Rauchen und adhärentem Essverhalten befragt. Außerdem ermuntern die Medi-

ziner Diabetiker häufiger zu Compliance bei Untersuchungen und dem Führen eines

Symptomtagebuchs, während Diabetikerinnen öfter nahegelegt wird, zu entspannen.

Eventuell steht diese Diskrepanz damit in Verbindung, dass den Geschlechtern gemein-

hin ein abweichendes Erleben von und Umgehen mit Krankheit (vgl. Legato et al. 2006,

Miksch et al. 2008) sowie verschiedene Strategien für Emotionsregulation und Coping

(vgl. Grande 2008) zugeordnet werden. Frauen neigen einerseits stärker als Männer

dazu, Möglichkeiten der diabetesbezogenen Selbstwirksamkeit zu negieren und sich für

prekär zu erachtende, eher emotions- als problemorientierte Bewältigungsstrategien, wie

z.B. Resignation, Protest oder Isolation, anzueignen (ebd.). Andererseits scheint es, als

seien Frauen von Vorneherein eher bereit, sich intensiv mit ihrem gesundheitlichen De-

fizit auseinanderzusetzen, sich aktiv in den Behandlungsprozess einzubringen (vgl. z.B.

Miksch et al. 2008, Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2009; speziell zu

geschlechtsabhängig divergierenden Kommunikationspräferenzen s. Kap. 5.1.2) und

5 Diskussion der Studie

76

Therapiepläne einzuhalten (Nilsson et al. 2004). Ungeachtet all dessen bleiben zumin-

dest vorerst in Bezug auf das heterogene Wahrnehmen, Empfinden und Beantworten

einer Diabetes-Erkrankung seitens Frauen und Männern etliche Bereiche von Kontro-

versen und Unsicherheit (Legato et al. 2006).

Das Phänomen des ärztlichen Unsicherheitsgefühls, das in Kapitel 5.2.1 bereits als ein

zentraler Faktor medizinischen Entscheidens erörtert worden ist, zu nennen, schafft eine

gute Überleitung zur Beschäftigung mit den Gründen für bzw. gegen das sofortige Ver-

schreiben eines Pharmazeutikums. Diese variieren dezent in Abhängigkeit vom Ge-

schlecht des Patienten. Bei Diabetikern verweisen die Mediziner im Fall der Ablehnung

einer Medikationsmodifikation häufiger darauf, über keine definitive Diagnose zu ver-

fügen, bei Diabetikerinnen hingegen berufen sie sich sowohl in Hinblick auf das Ver-

ordnen als auch das Nicht-Verordnen tendenziell öfter auf entsprechende Leitlinienin-

halte. Vorsichtig ließe sich mutmaßen, Ärzte seien schneller davon überzeugt zu wissen,

wie die Problematik des Patienten einzuschätzen und zu handhaben ist, wenn es sich bei

der Person um eine Frau handelt. Der Augenschein, dass Ärzte offenbar eher dazu ten-

dieren, für Männer als für Frauen apparative bzw. labortechnische Testungen zu veran-

lassen, stützt diese Vermutung. Der sich abzeichnende Hang der Mediziner, bei Frauen

mehr Cholesterinkontrollen durchzuführen, könnte mit der Annahme korrespondieren,

diese seien in höherem Maße von Dyslipidämie betroffen. Er konfligiert jedoch mit ver-

einzelten früheren Arbeiten, die von reduzierten Kontrollen des Cholesterins bei weibli-

chen im Vergleich zu männlichen Patienten berichten (s. Kap. 2.3.1).

Ersichtlich wurden die Ärzte in ihren anamnestischen, diagnostischen und therapeuti-

schen Entscheidungen weder von der höheren Prävalenz der arteriellen Hypertonie bei

Frauen noch derjenigen der PNP bei Männern beeinflusst. Resümieren lässt sich die

Analyse von Kapitel 5.2.2 wie folgt: Deutsche Primärärzte fällen ihre Entscheidungen

in einer der Videographie ähnlichen Situation weitgehend ungeachtet des Geschlechts

ihres Patienten. Die einzige Ausnahme bilden Beschlüsse zu inhaltlicher Gestaltung und

Ausgiebigkeit der Beratung, die zwischen Diabetikerinnen und Diabetikern deutlich

variiert. Alles in allem scheinen diese Beobachtungen mit den Kernaussagen zu konver-

gieren, die Lutfey et al. (2008) in ihrem Artikel zur qualitativen Auswertung des US-

amerikanischen und britischen Projektparts hinsichtlich dieses Merkmals der Erkrank-

ten treffen. Erstens erwähnen nur wenige der dortigen Mediziner das Geschlecht isoliert

5 Diskussion der Studie

77

als einen Faktor ihrer diagnostischen oder therapeutischen Überlegungen, und zweitens

trauen sie Frauen oft eher als Männern zu, für sich selbst Sorge tragen zu können (ebd.).

5.2.3 Diskussion zum Einfluss des Patientenalters auf primärärztliches

Entscheiden

Das Alter des Patienten nimmt bei der dieser Arbeit zugrundegelegten Fallkonstellation

(s. Kap. 3.1) weder auf das ärztliche Therapie- und Beratungsverhalten noch auf den

Zeitpunkt, zu dem der Mediziner den Diabetiker wieder einbestellt, bedeutenden Ein-

fluss. Auch die anvisierten körperlichen Untersuchungen differieren kaum zwischen

älteren und jüngeren Diabetikern. Signifikante altersbedingte Unterschiede finden sich

lediglich in Bezug auf die Anamnese, das Überweisen des Kranken zu Vertretern ande-

rer Fachdisziplinen sowie – besonders ausgeprägt und zahlreich – das Anordnen von

apparativen und labortechnischen Tests. So erheben diejenigen Ärzte, die noch am Vor-

stellungstag auf diese Art zu weiteren Informationen gelangen möchten, Werte zu signi-

fikant mehr Parametern, wenn der betreffende Patient erst 35 Jahre alt ist. Unter dieser

Voraussetzung kontrollieren sie deutlich häufiger Indikatoren der Nierenfunktion, für

eine Dyslipidämie und die (chronische) Hyperglykämie. Bei keinem einzigen 65-

Jährigen untersuchen die Mediziner im Übrigen das Blut bzw. den Harn überhaupt auf

dessen Gehalt an Mikroalbumin oder (Gesamt-)Cholesterin.

Diese altersbedingte Diskrepanz im diagnostischen Vorgehen mag damit zusammen-

hängen, dass junge Typ-2-Diabetiker verglichen mit älteren offensichtlich in der Regel

gerade antihyperglykämisch schlechter eingestellt (s. Kap. 2.3.2) und daher für die Ent-

wicklung mikrovaskulärer Komplikationen sowie zusätzlicher kardialer Risikofaktoren

außerordentlich gefährdet sind (Alberti et al. 2004). Dazu passt auch, dass die an den

amerikanischen und britischen Projektteilen partizipierenden Mediziner das Entwickeln

einer PNP im Alter von gerade einmal 35 Jahren für ungewöhnlich erachten, als Aus-

druck einer ungünstigen Prognose begreifen und – obgleich von der Vignette nicht vor-

gesehen – mit Typ-1-Diabetes assoziieren (Lutfey et al. 2008). Tritt hingegen eine dia-

betische Nephropathie beispielsweise jenseits des 60. Lebensjahres auf, überrascht ihre

Manifestation weniger; und die Gefahr, die in ihrer Folge mittelfristig drohende eigene

Dialysepflichtigkeit noch zu erleben, ist minimal (vgl. Mertes et al. 2007). Dementspre-

chend dürften die Kosten-Nutzen-Kalkulationen im Zuge der Planung des ärztlichen

Vorgehens durchaus in Abhängigkeit vom Patientenalter divergieren.

5 Diskussion der Studie

78

Ähnliche Erwägungen könnten auch zu den meisten der in den anderweitigen Katego-

rien entdeckten Unterschieden beitragen, wie (1) der signifikant ausführlicheren Anam-

nese für jüngere Diabetiker, (2) den bei diesem Personenkreis tendenziell häufiger ange-

strebten vollständigen körperlichen Untersuchungen und Ratschlägen die Ernährung

betreffend sowie (3) der Tendenz, die 35-Jährigen eher zum Kardiologen oder generell

zu einer größeren Zahl von Kollegen aus anderen Fachrichtungen zu überweisen. Im

Kontext der bei älteren Personen offenkundig grundsätzlich komprimierteren Anamnese

sowie der Beratung zu einem der Erkrankung angemessenen Essverhalten mag überdies

der Gedanke eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben, für jüngere Menschen sei es

schwieriger, den Ernst der Diagnose eines Diabetes nachzuvollziehen und die Empfeh-

lungen zur Veränderung des Lebensstils, v.a. der Ernährung umzusetzen (Lutfey et al.

2008).

Hinsichtlich der Frage zu einem opportunen Rauchverzicht, die die interviewten Medi-

ziner signifikant häufiger an die jüngeren Kranken richten, bleiben darüber hinaus noch

zwei Aspekte anzumerken:

1. Die gegenwärtigen Zahlen zur Prävalenz des Nikotinabusus hierzulande signalisie-

ren, dass überproportional viele 20- bis 39-jährige Diabetiker zu den Betroffenen

gehören (Schipf et al. 2009; vgl. zudem Schäfer et al. 2010).

2. Es kann als nachgewiesen gelten, dass zumindest Menschen bis 75 Jahre in der Ab-

sicht, das eigene kardiale Risiko zu senken, von der Aufgabe des Rauchens profitie-

ren (Maguire et al. 2000).

Eine Analyse des qualitativen Studienabschnitts in Deutschland könnte helfen, die

komplexen Zusammenhänge zwischen Patientenalter und ärztlichen Entscheidungspro-

zessen zukünftig besser zu verstehen.

Im Wesentlichen kongruieren die hiesigen Ergebnisse mit Daten von Scott et al. (1996),

die darauf hindeuten, dass weiterführende diagnostische Tests für jüngere nicht speziell

bei Diabetes, sondern generell häufiger als für ältere Menschen angeordnet werden.

Gleichzeitig widersprechen sie in gewisser Weise Guthrie et al. (2009), die Diabetiker

unter 55 Jahren medizinisch per se schlechter betreut sehen (s. auch Kap. 2.3.2; zur Ver-

sorgungslage bei Personen jünger als 31 Jahre vgl. ähnlich Asch et al. 2006). Trotz der

diversen Betreuungsdifferenzen zwischen 35- und 65-jährigen Patienten liefert die vor-

liegende Studie resümierend betrachtet keine Anhaltspunkte für Ageism (Palmore 2004;

vgl. ferner Bowling 2007, Luker/Grimmer-Somers 2008, Pritchard 2007 & s. Kap. 1)

5 Diskussion der Studie

79

als einer strukturellen, nicht medizinischen Überlegungen geschuldeten Diskriminie-

rung älterer Menschen im Kontext der primärärztlichen Versorgung bei fortgeschritte-

nem Typ-2-Diabetes.

Völlig losgelöst davon sollte dennoch kurz reflektiert werden, ob die Resultate tatsäch-

lich genauso ausgefallen wären, wenn die Projektverantwortlichen für die Simulations-

patienten andere Altersangaben gewählt hätten – wie z.B. bei der methodisch beinahe

identischen Untersuchung zur KHK mit 55- bzw. 75-jährigen Herzkranken (vgl. exemp-

larisch Bönte 2008). Gewisse Zweifel daran existieren, denn:

1. ist ein 35-jähriger augenscheinlich übergewichtiger Typ-2-Diabetiker mit sich mani-

festierender Spätkomplikation, die sich normalerweise über viele Jahre entwickelt,

und medikamentös behandeltem Bluthochdruck – wie oben dokumentiert (s. des

Weiteren Kap. 2.1 & 2.2) – eine Rarität, die sich als Mahnung zu außerordentlicher

Sorgfalt und Umsicht seitens des betreuenden Arztes verstehen lässt.

2. haben geriatrische Patienten oft spezielle Bedürfnisse und benötigen, u.a. wegen der

häufigen Multimorbidität und -medikation, mehrheitlich eine sehr stark individuali-

sierte Versorgung. Zu dieser Gruppe zählen in der Regel v.a. hochbetagte Men-

schen. (Vgl. anschaulich Hader et al. 2004, Hader/Gräf-Gruß 2008) 65-Jährige wir-

ken diesbezüglich – und für Typ-2-Diabetiker, bei denen sich eine beginnende Fol-

geerkrankung abzeichnet – vergleichsweise jung (s. Kap. 2.1). Die in der Videogra-

phie zu sehenden Senioren treten obendrein agil, als „mitten im Leben stehend“ und

wenig dem gängigen Klischee des „alten Menschen“ entsprechend auf (vgl. zum

Wandel der Bedeutung von Alter pointiert Pritchard 2007).

Ähnlich wie bereits bei den Überlegungen zum Einfluss des Geschlechts der Patienten

kann bei denjenigen zu den Effekten des Alters von Betroffenen der Faktor (klinische)

Unsicherheit nicht außer Acht gelassen werden.

5.2.4 Diskussion zum Einfluss des sozialen Status eines Patienten auf

primärärztliches Entscheiden

Der soziale Status eines Patienten beeinflusst das primärärztliche Vorgehen bei Anam-

nese, Diagnose und Therapie im Rahmen der konkreten audiovisuell aufbereiteten Fall-

konstellation (s. Kap. 3.1) kaum. Dieser Eindruck deckt sich mit den Aussagen u.a. von

Guthrie et al. (2009). Danach sind einst identifizierte sozioökonomisch bedingte Unter-

schiede bei der Diabetes-Versorgung (wenigstens in UK) mittlerweile größtenteils ver-

schwunden (ebd.; s. Kap. 2.3.3). Auch das bereits mehrmals angesprochene, ähnlich

5 Diskussion der Studie

80

konzipierte Vorgängerprojekt zu KHK hat für Deutschland keine signifikanten sozial-

statusbedingten Differenzen bei Diagnostik oder Therapie eruieren können (vgl. detail-

liert v.a. Bönte 2008). Anders, wenngleich ebenfalls nicht exklusiv auf Diabetes ge-

münzt, haben das noch Scott et al. (1996) einige Jahre zuvor (für Australien) beschrie-

ben. Ihre Darlegungen geben Hinweis darauf, dass unter bestimmten Bedingungen der

SES eines Patienten als unabhängiger Faktor mit dem hausärztlichen Decision Making

assoziiert ist (ebd.).

Lediglich den Gelegenheitsblutzucker prüfen Mediziner – im Zuge der vorliegenden

Studie jedenfalls – bei sozial besser gestellten Stoffwechselkranken signifikant häufiger

als bei den anderen. Ebenfalls signifikante, interessanterweise einander gegenläufige

Unterschiede zeigen sich außerdem für das Überweisungsverhalten und den vorgeschla-

genen Termin einer Wiedervorstellung des Patienten. Während Patienten mit höherem

sozialen Status häufiger eine Überweisung zum Neurologen erhalten, werden die sozial

schwächeren Diabetiker gebeten, deutlich früher die Hausarztpraxis erneut aufzusuchen.

Eine unmittelbare Erklärung dafür findet sich in der Literatur nicht. In der Zusammen-

schau darf davon ausgegangen werden, dass der prinzipielle, für die Outcome-Optimie-

rung des Diabetes-Managements essenzielle Zugang zu weiterer ärztlicher Versorgung

beiden Gruppen gleichermaßen offensteht (vgl. auch Brown et al. 2004).

Für weitere Bereiche des Gesamtprozesses primärärztlicher Diabetes-Handhabung

zeichnen sich neben den angeführten Signifikanzen nur einzelne Tendenzen ab – meist

im Sinne eines gehäuften Vorkommens bei Menschen, denen ein höherer sozialer Status

zugeordnet wird. Bei diesen erkundigen sich Ärzte beispielsweise zahlreicher nach dem

Alkoholkonsum und einem Gefühl der Schwäche in Beinen oder Füßen. In Bezug auf

den ersten Punkt könnten persönliche Erfahrungen des Anamnestizierenden Relevanz

besitzen, denn die Daten zu einem denkbaren Konnex von SES und Trinkgewohnheiten

sind inkonsistent (vgl. Mackenbach/Howden-Chapman 2003). Regelmäßig aber lassen

sich in sozioökonomisch schwächeren Bevölkerungsgruppen sowohl höhere Raten kon-

sequenter Abstinenz als auch solche eines exzessiven Alkoholverzehrs beobachten

(ebd.). Ob die vermehrten Blutanalysen auf nicht näher eingegrenztes Cholesterin und

Triglyzeride damit in Verbindung stehen, bleibt nur auf die quantitative Auswertung

rekurrierend reine Spekulation. Generell neigen die interviewten Mediziner eher dazu,

bei sozial besser situierten Personen apparative bzw. labortechnische Untersuchungen

überhaupt anzuordnen, die Körpergröße nachzumessen und das kardiovaskuläre System

5 Diskussion der Studie

81

zu begutachten. Gleichwohl sind gerade sozial Schwächere häufiger von Störungen aus

dem zuletzt genannten Bereich betroffen (vgl. Brown et al. 2004).

Genauso verhält es sich (v.a. in jüngerem Alter) mit der Prävalenz des Nikotinabusus

(vgl. Alter et al. 1999, Karter et al. 2007, Williams et al. 2010). Deshalb überrascht es

wohl wenig, dass die Ärzte insbesondere die Diabetiker mit niedrigerem sozialem Sta-

tus hinsichtlich des Rauchens beraten – ein Ergebnis, das mit den Angaben von Guthrie

et al. (2009) kongruiert. Ein Symptomtagebuch anzulegen, wird hingegen vorwiegend

Patienten empfohlen, die über einen höheren sozialen Status verfügen. Worin dies be-

gründet ist, könnte eine Aufbereitung des qualitativen Erhebungsteils – vergleichbar der

von Lutfey et al. (2008) – u.U. zu klären helfen.

Wie für die Variable Alter eingeräumt (s. Kap. 5.2.3), muss ebenso über den Beruf als

Operationalisierung des Patientencharakteristikums sozialer Status nachgedacht werden.

Dieser ist – anders als Geschlecht oder Alter – keine biologische Eigenschaft, vielmehr

eine willkürliche Komprehension diverser sozialer Merkmale. Warum die Wahl ausge-

rechnet auf den Beruf des Erkrankten als Indikator gefallen ist, illustrieren die folgen-

den drei Argumente in aller gebotenen Kürze:

1. Der Beruf eines Diabetikers scheint unter allen den sozialen Status formierenden

Komponenten diejenige zu sein, die bei bestimmten Krankheitskonstellationen am

ehesten Belang für das therapeutische Vorgehen hat. Man denke beispielsweise an

das Schuhwerk eines an PNP leidenden Bauarbeiters oder die Busfahrerin, der auf-

grund extensiv blutzuckersenkender Medikation permanent eine akute Hypoglykä-

mie droht.

2. Mit kommunikativen Fertigkeiten, Gesundheitswissen und -verhalten sowie der

Prävalenz von Typ-2-Diabetes korreliert zwar z.B. der Bildungsgrad einer Person

höher als der Beruf, doch ein Arzt erkundigt sich allein aus praktischen Erwägungen

(s. Argument 1) in der Regel mit größerer Wahrscheinlichkeit nach der momentanen

beruflichen Tätigkeit seines Patienten als nach dessen (schulischem) Werdegang

oder der Einkommenshöhe. Deshalb wird die Einblendung der Bezeichnungen An-

walt oder Hausmeister den Probanden am ehesten beiläufig vorkommen und vermag

sie weniger zu irritieren als mögliche Alternativen, wie u.a. Schulabschluss oder

Gehalt. Dadurch sollte es gelingen, das Phänomen der sozialen Erwünschtheit effek-

tiver einzudämmen.

5 Diskussion der Studie

82

3. Der Beruf eines Betroffenen lässt nicht zwangsläufig dessen Bildungsniveau erken-

nen. Die Ergebnisse einer die Nennung des Berufs instrumentalisierenden Studie

spiegeln daher am ehesten die Vorurteile des Interviewten wider, die auf diesem

einem Arzt im Praxisalltag oft bekannten Merkmal des Patienten basieren. Aus ih-

nen resultieren Erwartungen die Kommunikationsfähigkeit und Sprache des Patien-

ten sowie sein Vorwissen betreffend.

Alles in allem wirkt das anamnestische, diagnostische und therapeutische Entscheiden

deutscher Hausärzte im Rahmen der Routineuntersuchung eines vorbekannten Typ-2-

Diabetikers, der Symptome einer PNP äußert und dessen Blutdruck bei unsicherer Me-

dikationsadhärenz überhöht gemessen wird, nahezu unabhängig vom sozialen Status des

Betroffenen. Nichtsdestoweniger bedingt der Umstand, dass zumindest die „Patienten-

variante“ Anwalt nicht zwingend den Versichertenstatus des Kranken verrät, bei der

Beantwortung von Fragen nach der weithin befürchteten Existenz einer Zwei-Klassen-

Medizin (s. Kap. 1) – im Sinne der Ungleichbehandlung von privat und gesetzlich Ver-

sicherten – gewisse Einbußen (zum diesbezüglichen Vorteil einer Gegenüberstellung

Hausmeister versus Lehrer vgl. Bönte 2008).

6 Fazit und Ausblick

Die vorliegende Studie hat sich außergewöhnlich dezidiert mit einem gerade gesund-

heitspolitisch relevanten, durchaus brisanten und dennoch bisher bei Weitem nicht aus-

reichend (konsistent) erforschten Thema befasst (s. Kap. 1 & 2): dem Entscheidungs-

verhalten in Deutschland approbierter Primärärzte bei der Betreuung von Typ-2-

Diabetikern, die Anzeichen für Folge- bzw. Begleiterkrankungen zeigen. Auf einem

zuvor bereits mehrfach erfolgreich erprobten und sich durch sehr gute interne Validität

auszeichnenden Design basierend (s. Kap. 5.1) konnte sie veranschaulichen, dass die

Patientenmerkmale Geschlecht und Alter in der beschriebenen Fallkonstellation – ähn-

lich wie bei der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes (vgl. Cruppé et al. 2011) – einen

insgesamt lediglich geringen, nichtsdestominder durchaus beachtenswerten Einfluss auf

einzelne Gesichtspunkte des Decision Making der Mediziner nehmen. Dabei darf dieser

nicht als Diskriminierung im Sinne einer systematischen, ungerechtfertigten Ungleich-

behandlung missverstanden werden. Noch klarer widersprechen die erhobenen Daten

aber Hypothesen zu etwaigen Effekten des sozialen Status eines Betroffenen auf das

83

6 Fazit und Ausblick

hausärztliche Vorgehen hierzulande. Für die angesichts von weiterhin existierenden

Unterschieden beim Versorgungsoutcome (s. Kap. 2.3) oft geargwöhnten Phänomene

Ageism und Zwei-Klassen-Medizin haben sich keinerlei Hinweise ergeben. (S. Kap.

5.2.2 bis 5.2.4) Ungeachtet dessen kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass in

Ausnahmen die persönlichen Vorurteile eines Arztes ihn zu nicht medizinisch begrün-

deten Differenzierungen zwischen einzelnen Personen(gruppen) bewegen.

Keineswegs verwechselt werden sollten allerdings die nicht selten fälschlicherweise

synonym verwendeten Begriffe Vorurteil und Stereotyp. Im Gegensatz zu Vorurteilen

dienen Stereotype offenbar als für sich genommen wertneutrale heuristische Instrumen-

te zur obligatorischen, möglichst objektiven Einordnung von Informationen in vertraute

Kategorien und Denksystematiken (Lutfey/Ketcham 2005). Sie helfen, die stets vorhan-

dene, mehr oder weniger ausgeprägte (klinische) Unsicherheit der Entscheidung tref-

fenden Mediziner zu reduzieren (s. Kap. 5.2.1 bis 5.2.3). Erste Ergebnisse aus dem

diesbezüglichen Forschungsbereich suggerieren jedenfalls den Eindruck, dass Men-

schen generell dazu neigen, extremere Ansichten (im Positiven wie im Negativen) über

andere zu vertreten, die einem Bevölkerungsteil angehören, der dem Beurteilenden

fremd ist. Ihnen gegenüber hat er naturgemäß ein weniger komplexes kognitives Ver-

ständnis. (Lutfey/Ketcham 2005) In diesem Kontext sei zudem auf das mutmaßliche

Prinzip der so genannten statistischen Diskriminierung hingewiesen, wonach Ärzte da-

zu tendieren, Orientierung suchend insbesondere Angehörige von Minderheiten auf Ba-

sis des statistischen Durchschnitts von zuvor mit Patienten aus dieser Bevölkerungs-

gruppe gemachten Erfahrungen zu beurteilen (Lutfey et al. 2008).

In Anbetracht alldessen und vor dem Hintergrund der fortbestehenden interindividuellen

Divergenzen bei den Therapieresultaten (s. Kap. 2.3) erscheint die Notwendigkeit er-

gänzender Forschung zur Dynamik von Arzt-Patienten-Beziehungen sowie den ver-

schiedenen Komponenten und Mechanismen kognitiver Prozesse bei Ärzten in Ent-

scheidungssituationen unstrittig (vgl. Lutfey/Ketcham 2005, Stewart et al. 2004). Ein

Schritt in Richtung eines verbesserten dies betreffenden Verständnisses wäre die Aufbe-

reitung der qualitativen Erhebungspassagen, ähnlich der, die Lutfey et al. (2008) für die

Studienanteile aus Großbritannien und den USA leisten. Die Autoren sind bei ihrer

Analyse auf Mediziner gestoßen, die im Zuge klinischer Entscheidungen zwar durchaus

auf perzipierte Merkmale der Erkrankten rekurrierten, doch handelte es sich bei diesen

um vielschichtige kognitive, psychologische und soziale Eigenschaften, die den Patien-

84

6 Fazit und Ausblick

ten unabhängig von den drei getesteten demographischen Variablen Geschlecht, Alter

und sozialer Status unterstellt worden sind. Zu ihnen zählen intellektuelle Fähigkeiten,

Motivation, das Maß sozialer Unterstützung, Lebens- und Interaktionsstile sowie Ängst-

lichkeit. (Ebd.)

Darüber hinaus könnte auch die Betrachtung eventueller Interaktionseffekte zwischen

den einzelnen untersuchten Patientencharakteristika einerseits sowie zwischen diesen

und den Arzteigenschaften Geschlecht und Berufserfahrung andererseits zur weiteren

inhaltlichen Erhellung beitragen (vgl. im Kontext anderer Studien z.B. Bönte 2008,

Boulis/Long 2004 & Schmittdiel et al. 2009). Um die Aussagekraft der erhobenen Da-

ten präziser abschätzen zu können und die Interpretation weiter zu fundieren, wäre au-

ßerdem zu erwägen, zusätzlich zur durchschnittlichen Summe genannter Kategorien

zukünftig deren Streuung, beispielsweise in Form eines Boxplots anzugeben. Ferner

dürfte eine Erhöhung der Studienteilnehmerzahl N die Wahrscheinlichkeit steigern, bei

gleichbleibend detaillierter Aufschlüsselung der Antworten signifikante Unterschiede

im ärztlichen Verhalten entlang der fraglich beeinflussenden Patientencharakteristika zu

detektieren.

Neben den vorgeschlagenen Forschungsfortschreibungen und -modifikationen, die alle

darauf zielen, Differenzen in ärztlichem Verhalten aufzudecken, kristallisiert sich im

Zuge des Bemühens um die Beantwortung der Frage, was bei gleichem medizinischem

Vorgehen die teils drastisch voneinander abweichenden Therapieerfolge (mit)verur-

sacht, ein lange vernachlässigtes Erfordernis deutlich heraus. Es gilt zu ergründen, in-

wiefern Patienten aufgrund persönlicher wie auch gruppenspezifischer Dispositionen

und Bedürfnisse gerade von einer verstärkten Diversifizierung der Behandlungsregime

profitieren (vgl. exemplarisch Hader/Gräf-Gruß 2008, Mertes et al. 2007b, Pritchard

2007, Schifferdecker 2006, Schütt/Klein 2011; speziell im Zusammenhang mit dem

Postulat eines Gender Mainstreaming vgl. z.B. Fuchs 2005, Grande 2008, Legato et al.

2006, Nilsson et al. 2004, konkret am Beispiel der Erforderlichkeit einer das Geschlecht

berücksichtigenden Lebensstilberatung s. Kap. 5.2.2). Diverse Faktoren, wie die

Komorbiditäten eines Patienten, seine mentale Gesundheit, sein Stresserleben, das

Ausmaß seines gesundheitsrelevanten Wissens und Präventivverhaltens sowie der Grad

sozialer Unterstützung, der ihm widerfährt, wirken sich auf die Wahrscheinlichkeit aus,

bei identischem Procedere die anvisierten Therapieresultate zu erreichen. Das Vorliegen

und die Ausprägung solcher Einflussgrößen sind durchaus mit den im Rahmen der Stu-

6 Fazit und Ausblick

85

die überprüften Patientenvariablen assoziiert. (Vgl. Alter et al. 1999, Brown et al. 2004

& 2005, Elkeles et al. 2009, GVG 2003, Mackenbach/Howden-Chapman 2003, Selby

2010, Wright et al. 2005 u.v.a.m.)

Insbesondere jüngere Veröffentlichungen mahnen daher zur streng risikostratifizierten

Individualisierung der Behandlung und warnen zudem eindringlich vor den Gefahren

einer in der Regel gut gemeinten Überversorgung (vgl. u.a. Augstein et al. 2010, Barthel

et al. 2011, Nolan 2010, Wahle 2007). Noch fehlen allerdings größtenteils die Orientie-

rung vermittelnden Konzepte und entsprechende, allen voran geschlechtersensible Leit-

linien (vgl. v.a. Grande 2008, Legato et al. 2006). Medizinische Wissenschaft und Pra-

xis erscheinen auch diesbezüglich gefordert.

Insgesamt haben sich seit den Erhebungen zur Studie etliche Veränderungen im Bereich

der Versorgung von Typ-2-Diabetikern ergeben. Der Nutzen einiger neuer Medikamen-

te konnte inzwischen wissenschaftlich gesichert werden (Schütt/Klein 2011). Empfeh-

lungen sind aktualisiert worden (u.a. BÄK et al. 2010 & 2011, Matthaei et al. 2009 &

2010; vgl. ferner Nawroth et al. 2010), und nicht nur Individualisierung und Risikoab-

schätzung, sondern auch das so genannte (Self-)Empowerment des Patienten und ein

partizipatorischer Entscheidungsstil haben laut des Publikationstenors im therapeuti-

schen Miteinander von Arzt und Erkranktem an zentraler Bedeutung gewonnen (vgl.

z.B. GVG 2003, Heisler et al. 2009, Müller et al. 2007, Plöckinger et al. 2010, Sturm et

al. 2007, Kulzer/Hermanns 2011). Aktuellere Untersuchungen zeichnen trotz aller un-

leugbaren, anhaltenden Defizite ein weit weniger prekäres Bild der Betreuungssituation

hierzulande als häufig befürchtet (vgl. Huppertz et al. 2009, Nordrheinische Gemeinsa-

me Einrichtung DMPs 2009, Pittrow et al. 2006, Ott et al. 2009; s. außerdem Kap. 1).

Überdies scheint gerade die Installierung und Verbreitung der DMPs die Situation pri-

märärztlicher Versorgung in Deutschland generell zu modulieren (Pittrow et al. 2006,

Szecsenyi et al. 2008). Große Erwartungen sind an ihre Implementierung geknüpft

(exemplarisch GVG 2003, Gerlach et al. 2006, Scherbaum/Hauner 2003). Ob sich diese

durch eine Optimierung des therapeutischen Outcome rechtfertigen lassen, bleibt zwar

zunächst weiterhin umstritten und lohnender Gegenstand zukünftiger Evaluierung

(Altenhofen et al. 2006, Linder et al. 2011, Mangione et al. 2006, Miksch et al. 2010,

Schäfer et al. 2010). Erste vergleichende Arbeiten signalisieren aber zumindest, dass

DMP-Teilnehmer in der Tat eine patientenzentriertere, strukturiertere Betreuung als

andere Chroniker erfahren (Szecsenyi et al. 2008). Bemerkenswerterweise wirkt es, als

6 Fazit und Ausblick

86

würden Frauen von solchen Management-Care-Konzepten in Hinblick auf ihre (subjek-

tive) Lebensqualität profitieren, während dieselben Maßnahmen Männer eher zusätzlich

zu beeinträchtigen scheinen (Miksch et al. 2010). Offenbar zeichnet sich mit den DMPs

ein Trend zur Angleichung der Versorgungs- und Gesundheitslage weiblicher und

männlicher Diabetiker ab (Nordrheinische Gemeinsame Einrichtung DMPs 2008b &

2009), der sich mit den Daten der vorliegenden Studie vollends decken würde. Für ihre

Auswertung ist angesichts dieser Informationen zum reformierenden Potential alternati-

ver Betreuungsmodelle der selbst für gegenwärtige Verhältnisse im gesamten Bundes-

gebiet überproportional hohe Prozentsatz von in DMPs inskribierten Medizinern unter

den Probanden bedeutsam. Zum Einen darf davon ausgegangen werden, dass aufgrund

dieser besonderen Konstellation die Untersuchungsergebnisse bis heute kaum etwas von

ihrer Gültigkeit eingebüßt haben. Zum Anderen besteht deshalb bis zum jetzigen Zeit-

punkt mancher Zweifel daran, dass in DMPs nicht engagierte Primärärzte ihre Patienten

ähnlich egalitär behandeln.

Resümierend lässt sich demnach festhalten: Bei der vorgestellten Studie handelt es sich

um ein sehr sinnvolles und gelungenes Projekt, das demonstrieren konnte, dass deutsche

Primärmediziner ihre Behandlungsentscheidungen zwar partiell durchaus an Alter und

Geschlecht des Patienten sowie nachgeordnet auch dessen sozialem Status orientieren,

die Variationen des Vorgehens jedoch keineswegs als Ausdruck von Diskriminierung

zu interpretieren sind. Die Untersuchung stellt damit einen wichtigen, in seinem umfas-

senden Charakter bis dato einzigartigen, allein aber längst nicht ausreichenden Schritt

zur Erkundung der hausärztlichen Versorgungssituation von Typ-2-Diabetikern in

Deutschland dar. (S. Kap. 5.2) Weitere diesbezügliche Forschung ist, wie in den voran-

gegangenen Passagen aufgezeigt, ganz und gar nicht nur wegen der zahlreichen, a priori

erschöpfend berücksichtigten Limitationen (s. Kap. 5.1) vonnöten.

87

7 Zusammenfassung

7 Zusammenfassung

Zahlreiche Forschungsarbeiten demonstrieren, dass neben „harten“ medizinischen Da-

ten auch diverse Patienten- und Arztcharakteristika, die Implikationen des jeweiligen

Gesundheitssystems und die konkrete Praxisorganisation als „weiche“ nicht-

medizinische Faktoren Einfluss auf ärztliches Entscheidungsverhalten nehmen. Die von

der vorliegenden Arbeit thematisierte Studie befasst sich mit der Frage, ob und in wel-

cher Form das Vorgehen in Deutschland approbierter Primärärzte bei Diagnostik und

Therapie abhängig von Geschlecht, Alter und sozialem Status eines vorbekannten

Typ-2-Diabetikers variiert, wenn dieser Symptome einer möglichen Folge- und Begleit-

erkrankung zeigt.

Für die Untersuchung sind ein im Rahmen der Versorgungsforschung noch relativ neu-

artiges, hohe interne Validität sicherndes Experimentaldesign gewählt und acht im

Wortlaut identische Versionen eines fiktiven Arzt-Patienten-Gesprächs zu Typ-2-

Diabetes videographiert worden. Die Filme unterscheiden sich ausschließlich in Ge-

schlecht, Alter (35 vs. 65 Jahre) und dem sozialen Status (operationalisiert anhand des

Berufs: Anwalt vs. Hausmeister) der ausnahmslos von professionellen Schauspielern

verkörperten Erkrankten. Diese berichteten über Symptome einer fraglich beginnenden

diabetischen PNP und eines u.U. verbesserungsbedürftig eingestellten arteriellen Hyper-

tonus. Vorgespielt wurden die Aufnahmen einer randomisierten Auswahl von 64 nie-

dergelassenen Allgemeinmedizinern sowie hausärztlich tätigen Internisten. Im An-

schluss an die Rezeption fand ein Interview mit den Probanden zu verschiedenen diag-

nostischen und therapeutischen Aspekten statt.

Vereinzelt lassen sich durchaus signifikante Unterschiede im Entscheidungsvorgehen

der Studienteilnehmer konstatieren. Beispielsweise werden Männer häufiger und inhalt-

lich umfassender zu einem diabetesadäquaten Lebensstil beraten als Frauen. Darüber

hinaus anamnestizieren die Mediziner 35-jährigen verglichen mit 65-jährigen Patienten

zu einem insgesamt breiteren thematischen Spektrum und in größerer Zahl speziell das

Rauchen betreffend. Ferner sollen die Jüngeren weit intensiver apparativ und/oder la-

bortechnisch untersucht werden. Bei ihnen streben die Probanden zudem die Konsulta-

tion von Kollegen „anderer“ Fachdisziplinen vermehrt an. Das Agieren der Ärzte ge-

genüber Diabetikern mit einem niedrigeren sozialen Status divergiert statistisch relevant

nur sehr sporadisch von demjenigen gegenüber sozial besser positionierten Betroffenen.

88

7 Zusammenfassung

So werden Letztere öfter zu einem Neurologen überwiesen, während Erstere einen frü-

heren Termin zur Wiedervorstellung erhalten.

Alles in allem jedoch werden ärztliche Entscheidungen in Bezug auf die diagnostische

und therapeutische Betreuung von Typ-2-Diabetikern, bei denen sich Hinweise für Fol-

ge- bzw. Komorbidität manifestieren, in lediglich geringem Maße von den untersuchten

Patientenmerkmalen beeinflusst. Keineswegs sind diese marginalen Handhabungsdiffe-

renzen dabei als Anzeichen für eine Diskriminierung im Sinne der systematischen, me-

dizinisch nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung bestimmter Personen(gruppen)

zu interpretieren.

89

Anhang

Anhang

90

Anhang – Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis38

20. RSA-ÄndV Zwanzigste Verordnung zur Änderung der

Risikostruktur-Ausgleichsverordnung

ACE Angiotensin-konvertierendes Enzym

ADA American Diabetes Association

ADN autonome diabetische Neuropathie

AkdÄ Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

BÄK Bundesärztekammer

BGS98 Bundes-Gesundheitssurvey 1998

BMI Body-Mass-Index

DDG Deutsche Diabetes-Gesellschaft e.V.

DEGS Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland

DETECT Diabetes Cardiovascular Risk Evaluation: Targets and

Essential Data for Commitment of Treatment

DMP/DMPs Disease-Management-Programm(e)

GVG Gesellschaft für Versicherungswissenschaft

und -gestaltung e.V.

HbA1c glykosyliertes Hämoglobin

HDL High-Density-Lipoprotein (= Lipoprotein hoher Dichte)

IDF International Diabetes Federation

IMSG Institut für Medizinische Soziologie, Sozialmedizin und

Gesundheitsökonomie

KHK Koronare Herzkrankheit

LADA Late-onset Autoimmune Diabetes of the Adult

LDL Low-Density-Lipoprotein (= Lipoprotein niederer Dichte)

NERI New England Research Institutes

NIDDK National Institute of Diabetes, Digestive, and Kidney

Diseases

NIH National Institutes of Health

OAD orales Antidiabetikum (auch im Plural)

oGTT oraler Glukosetoleranztest

pAVK periphere arterielle Verschlusskrankheit

PNP Polyneuropathie

RKI Robert Koch-Institut

SES sozioökonomischer Status

38 Verzeichnet werden alle in den Kapiteln 1 bis 7 der Arbeit verwendeten Abkürzungen mit Ausnahme

derjenigen, die aufgrund ihrer verbreiteten Gebräuchlichkeit in der aktuellen Auflage des DUDEN – Die

deutsche Rechtschreibung gelistet sind (Duden 2009).

91

Anhang – Abkürzungsverzeichnis

Tab. Tabelle (auch im Plural)

TRIAD Translating Research Into Action for Diabetes

92

Anhang – Literaturverzeichnis

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Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009.

110

Anhang – Danksagung

Danksagung

Mein Dank gilt zunächst den für die vorgestellte Studie verantwortlichen Wissenschaft-

lern am IMSG des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Institute für Medizi-

nische Soziologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und für Gesundheitssys-

temforschung der Universität Witten/Herdecke, des Institute of Public Health der Uni-

versity of Cambridge (UK) und des National Primary Care Research and Development

Centre der University of Manchester (UK) sowie der US-amerikanischen NERI in

Watertown (Massachusetts), die mir ermöglicht haben, diese Arbeit zu schreiben.

Im Besonderen danke ich Herrn Prof. Dr. phil. Olaf von dem Knesebeck für den meine

Interessen treffenden Themenvorschlag, seine jederzeit vertrauensvolle Betreuung und

hilfreichen Anregungen. Des Weiteren gebührt ein ganz herzlicher Dank der NERI-

Mitarbeiterin Frau Carol Link für ihre zahlreichen stets verlässlichen und prompt ausge-

führten statistischen Berechnungen sowie Herrn Dr. med. Werner de Cruppé allem vo-

ran für unser sehr angenehmes Telefonat, in dessen Rahmen er mir erhellend und mit

großer Geduld seine persönlichen Eindrücke von Studienablauf und Interviews geschil-

dert hat.

Ferner bedanke ich mich sehr bei Frau Dr. med. Hanna Kaduszkiewicz, die mir nützli-

che Literaturempfehlungen gegeben und sich freundlicherweise viel Zeit genommen

hat, mit mir Fragen zu medizinischen Prinzipien und Details der primärärztlichen Ver-

sorgung von Typ-2-Diabetikern in Deutschland zu erörtern. Den Kontakt zu ihr vermit-

telte freundlichst Herr Prof. Dr. med. Hendrik van den Bussche. Ich bin ihm dafür sehr

dankbar.

Zu guter Letzt bleibt mir, mich von Herzen bei meiner Familie und meinen Freunden zu

bedanken, deren großartiger mentaler Unterstützung ich mir immer gewiss sein konnte.

112

Anhang – Eidesstattliche Versicherung

Eidesstattliche Versicherung

Ich versichere ausdrücklich, dass ich die Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe ver-

fasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die

aus den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen einzeln nach

Ausgabe (Auflage und Jahr des Erscheinens), Band und Seite des benutzten Werkes

kenntlich gemacht habe.

Ferner versichere ich, dass ich die Dissertation bisher nicht einem Fachvertreter an einer

anderen Hochschule zur Überprüfung vorgelegt oder mich anderweitig um Zulassung

zur Promotion beworben habe.

Unterschrift: ......................................................................

113

Anhang – Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI)

Das Votum der Ethikkommission der New England Research Institutes (NERI)

114

Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie

Das Skript zur deutschsprachigen Videographie

Diagnosed Diabetes with Complications Revised March 5, 2005

Script draft 5-Final GERMAN

Arzt: Guten Tag! Wie geht’s Ihnen heute?

Patient: Mir geht’s recht gut. Kann nicht klagen.

Arzt: Sehr erfreulich. Und wie geht’s Ihrem Mann/Ihrer Frau?

Patient: Oh, ganz gut. Dauernd hinter mir her, den Blutzucker zu testen. Aber ich kann

das verstehen.

Arzt: Oh, vergessen Sie manchmal zu testen?

Patient: Eigentlich nicht. Ich bin wirklich fleißig hinterher, aber ich denke, es gibt

ihr/ihm das Gefühl, daran teilzunehmen, wissen Sie?

Arzt: Er/sie ist eine große Stütze für Sie, ich weiß.

Patient: Ja.

Arzt: So wie geht’s denn so allgemein, wie fühlen Sie sich?

Patient: Gut. Gut, ich habe die Diät eingehalten, und das Messen, natürlich. Fühle mich

generell recht gut.

Arzt: Und wie sind Ihre Blutzuckerspiegel?

Patient: O.K..

Arzt: Sehr gut. Was bringt Sie dann heute zu mir?

Patient: Meist nur die normale Kontrolle.

Arzt: O.K.. Dann wollen wir uns in paar Dinge ansehen, o.k.? Die Blutuntersuchung

zeigt, dass Ihr letzter HbA1c-Wert bei 6,9 liegt; und das ist sehr gut.

Patient: Das ist erfreulich.

Arzt: Ja, das stimmt. O.K., mal sehen…

Patient: [unterbricht] Herr Doktor, ich bin sicher, es ist gar nichts. Aber ich wollte es nur

erwähnen. Die Schwester meinte, mein Blutdruck sei etwas hoch, dieses Mal.

Das sorgt mich.

Arzt: Ja, ich sah das auch – 145 zu 98. Wenn ich mir Ihre Vorwerte anschaue, dann

ist es nur dieses eine Mal hoch. Das beunruhigt mich nicht.

Patient: Ja, aber ich mache mir trotzdem Sorgen. Ich versuche wirklich darauf zu achten,

dass alles in Ordnung ist.

Arzt: O.K.. Wir werden Ihren Blutdruck in etwa einem Monat wieder messen, und

sehen dann, ob es etwas Ernstes ist. Beruhigt Sie das?

Patient: Ich glaube ja.

Arzt: Wenden wir uns jetzt ein paar anderen Dingen zu. Wie steht’s mit Ihren Augen?

115

Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie

Patient: Gut.

Arzt: O.K.. Es sieht so aus, als ob Sie Ihr Gewicht gut halten. Keine Veränderung seit

Ihrem letzten Besuch.

Patient: Tue mein Bestes! Aber die Diät hilft sehr, das zu erleichtern, so schwer es auch

manchmal ist.

Arzt: Das machen Sie gut! Nun, was ist mit Ihren Füßen?

Patient: Gut. Kein richtiges Problem. Nicht wirklich, jedenfalls.

Arzt: Was meinen Sie damit – „nicht wirklich“?

Patient: Nun, ich glaube es ist keine große Sache, aber ich habe ein komisches Gefühl in

den Füßen, ab und zu mal.

Arzt: Komisch? Inwiefern?

Patient: Ich glaube nicht, dass es etwas Ernstes ist. Ich finde es fast etwas albern, es zu

erwähnen, aber manchmal habe ich eine Art... Brennen… so würde ich es

nennen.

Arzt: Können Sie mir genauer sagen, wo Sie dieses Gefühl verspüren?

Patient: Meistens an meinen Fußsohlen. Aber manchmal scheint es den Knöchel hinauf

zu wandern.

Arzt: Den Knöchel hinauf, an beiden Füßen?

Patient: Nein, nur an diesem. Aber nicht immer.

Arzt: Wie lange haben Sie das schon?

Patient: Bin mir nicht sicher. Es kommt und geht.

Arzt: Tritt es nur auf, wenn Sie gehen, oder auch in Ruhe?

Patient: Habe nicht darauf geachtet, bin mir nicht sicher.

Arzt: Irgendwoanders noch Schmerzen, in den Waden oder Beinen?

Patient: Da sie es erwähnen – ein bisschen. Manchmal etwas nach oben auf meine Hüfte

zu. Aber es sind meistens die Füße.

Arzt: Sorgen Sie sich deswegen?

Patient: Es ist nicht so schlimm, wirklich. Ich kann’s ertragen. Ich sorge mich ehrlich

gesagt mehr um meinen Blutdruck. Ich habe gesehen, was passieren kann.

Mein Onkel litt sehr darunter, hatte sogar einen Schlaganfall.

Arzt: Ich verstehe. Nun, Sie nehmen doch Tabletten gegen hohen Blutdruck?

Patient: Ja.

Arzt: Haben Sie sie regelmäßig eingenommen?

Patient: So ziemlich. Manchmal vergesse ich eine oder zwei…

Arzt: Und wie kommt das?

Patient: Weiß ich nicht, manchmal vergesse ich es halt…

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Anhang – Das Skript zur deutschsprachigen Videographie

Arzt: Hm. Sie müssen Ihre Medikamente einnehmen, wie vereinbart. Damit

auszusetzen kann Ihren Blutdruck erhöhen. Das könnte der Grund dafür sein.

Patient: O.K.. Aber inzwischen… meinen Sie, ich sollte mir einen Blutdruckmesser

besorgen?

Arzt: Ich glaube nicht, dass das schon nötig ist, aber wenn Sie sich damit sicherer

fühlen, kann Ihnen die Sprechstundenhilfe zeigen, wie das funktioniert, und Sie

können es mal ausprobieren.

Patient: Ich würde mich damit besser fühlen.

Arzt: Also gut. Beunruhigt Sie sonst noch etwas? Irgendetwas was Sie erwähnen oder

fragen möchten?

Patient: Ich glaube nicht. Generell fühle ich mich wirklich gut. So – war’s das?

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Anhang – Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte

Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte

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Anhang – Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte

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Anhang – Für die vorgestellte Studie verwendete Vignettenabschnitte