1 No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013
Riskante Lebenslagenund Risikoverhalten
junger Menschen
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1. Definition und Beispiele
2. Risikoverhalten als „normales“ Verhalten in der Adoleszenz
3. Risikoverhalten und Geschlecht (Gender)
4. Riskante Lebenslagen und psycho-soziale Dynamik
5. Prävention als Beratung
Vortragsaufbau
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Definition
Risikoverhalten weicht von allgemein anerkannten sozialen und/oder
gesetzlichen Normen ab, wird von gesellschaftlichen Autoritäten überwiegend
missbilligt, wirkt auf Dauer selbst - und/oder fremdschädigend und ist mit
sozialen Sanktionen bis hin zu ordnungs- und strafrechtlicher Verfolgung
belegt.
Riskante Lebenslagen erhöhen aufgrund Ressourcenmangel die
Wahrscheinlichkeit, dass die individuelle Entwicklung zu
Gemeinschaftsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein beeinträchtigt ist
(Krankheit, Ausgrenzung, Abhängigkeit, Sucht, Delinquenz).
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aus: „Gleichheit ist Glück“-Warum gerechte Gesellschaftenfür alle besser sindRichard Wilkinson und Kate Pickett
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Beispiele
Rauchen
(regelmäßiger) Alkoholkonsum
riskantes Essverhalten
tendenziell selbst- bzw. fremdgefährdende Aktionen wie Mutproben/Sensation
Seeking (Parcours, U-Bahnsurfen etc.)
frühzeitiges und/oder riskantes Sexualverhalten
Konsum von (illegalen) Drogen
Glücksspiel
riskantes Fahren (unter psychoaktiven Substanzen)
gewalttätige Handlungen gegen andere oder sich selbst (Ritzen, Schlägereien,
Suizidversuche)
Delinquenz und Kriminalität (Drogenhandel)
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Sensation seeking
Viele Jugendliche haben ein hohes Bedürfnis nach Nervenkitzel und
stimulierende Abwechslung. Besonders im Schutz der Peergruppe werden
solche Bedürfnisse ausgelebt, bis zur Gesetzesübertretung als Nervenkitzel.
Neurobiologisch ist das Kontrollzentrum im Hirn (präfrontaler Kortex) erst zu
Beginn des Erwachsenenalters voll abgeschlossen.
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Risikoverhalten ist ein Teil adoleszenter Entwicklung aber nicht ungefährlich.Die Sterberate steigt zwischen 11 und 20 Jahren steil an, Ursache dafür sind Unfälle, Mord und Suizid
MortalitätskurveNach dem Geburtsrisiko sinkt die Sterberate auf ihren Minimalwert für Acht- bis Zehnjährige mit ca. 20 Todesfällen pro 100.000 Personen der Altersklasse pro Jahr; siehe Diagramm.Mit fast 50 % sind Unfälle die Todesursache.Für 15- bis 20-Jährige bilden ebenfalls Unfälledas Hauptrisiko, gefolgt von Mord (ca. 18 tpj für USA, 40 tpj für Südafrika, 5 tpj für Deutschland) und Selbstmord
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Riskantes Verhalten als meist vorübergehendes alters- und entwicklungsangemessenes Erproben hat Bedeutung für:
Beziehungsaufbau und Erhalt sowie Stabilisierung der Position in einer
Peergruppe. Zeichen von Identifikation mit einer spezifischen, jugendlichen
Subkultur. Anerkennung erreichen!
Demonstration unkonventioneller Haltung, Abweichung von Normen und als
ermüdend oder überlebt empfundene Gewohnheiten
Autonomiegefühle schaffen, Erwachsenenstatus demonstrieren
Spaß an Improvisation, Neuem und Austesten von Grenzen
Das andere und das eigene Geschlecht beeindrucken
Ausgleichen von Ängsten, Panik, Frustration, Unsicherheit und Schüchternheit
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Häufigkeit von Gebrauch psychoaktiver Substanzen: Psychische MerkmaleLängsschnittuntersuchung: Keller und Block 1990
übermäßig kontrolliert
sozial isoliertgeringe soziale
Kompetenzals Kinder ängstlich
und gehemmt
sozial kompetenter, fröhlicher,
tatkräftiger, höhere Selbstzufriedenheit
als Kinder, stressresistenter
und wärmer
zurückgezogen, antisoziales Verhaltenunsicher
unglücklichproblembelastet
29 % Abstinente 36 % Experimentieren 20 % häufige Anwender
Interpretation: Eine moderate Risikobereitschaft im Jugendalter ist normativ und mit einigen positiven, psychischen Merkmalen verbunden
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Gesundheitsriskantes Verhalten und Geschlechterverhältnisse
Auch wenn sich in einigen Bereichen wie Rauchen und Alkoholkonsum in den
letzten Jahren Annäherungen zeigen, bleiben erhebliche Unterschiede
bestehen:
Beim Konsum illegaler Drogen unterscheiden sich Jungen und Mädchen sowohl bei der
Lebenszeitprävalenz, der 12-Monats-Prävalenz als auch dem regelmäßigen Konsum zu
Ungunsten der Jungen
Je härter der Konsum, desto höher der Jungenanteil
Ernährungsbedingtes Problemverhalten ist eindeutig eine weibliche Domäne, obwohl
Mädchen sich gesundheitsbewusster ernähren, insbesondere durch Bulimie, Anorexie
und wohl auch Adipositas
Insgesamt wählen Jungen eher externalisierendes gesundheitliches Risikoverhalten
(Schlägereien, riskantes Autofahren, Mutproben, harte Drogen), während Mädchen
internalisierende Formen wählen (selbstverletzendes Verhalten)
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Person – Umwelt – „Droge“
Kein Jugendlicher wird durch gelegentliches Probierverhalten süchtig.
Phasen des Konsums
Kennen lernen (Neugier, sensation seeking)
Experimentieren (Grenzen testen, Kick)
Sozialer Konsum (Feiern, entspannen,
Gewohnheitsbildung)
Problematischer Konsum
Süchtiger Konsum (Abhängigkeit, Beschaffung)
„Ko-Abhängigkeiten“ (Familie, Partnerschaft, Peers,
Stadtteile)
IndividuumUmwelt
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Familiäre Risikofaktoren
keine sichere frühe Bindung und stabile Versorgung
Dysfunktionales Erziehungsverhalten
chronisch negative familiäre Kommunikationsmuster
Psychische Störungen/Erkrankungen der Eltern
Kriminalität und Drogenabhängigkeit der Eltern
Geringe Kopplung mit den pädagogisch-kulturellen Kontextsystemen
Geringer Ausbildungsstand der Eltern, wenig schulische
Unterstützung
Mangelnde außerfamiliäre soziale Bindungen (soziale Isolation)
Geringer sozio-ökonomischer Status
Gewalt als Erziehungsmittel
Ort, Datum, Thema der Präsentation13
Risikofaktoren im System Schule
Hohe Bedeutung des Sprachniveaus und korrekter Rechtschreibung
Auslesedruck durch Sitzenbleiben und verschieben im dreigliedrigen
Schulsystem
Geringe spezifische Kulturkompetenz und muttersprachliche Lehrkräfte
Geringer Körper-, Handlungs- und Praxisbezug
Dominanz traditioneller Kulturtechniken, geringe Bedeutung alternativer
Kompetenzen (Musik und Rhytmus, Theater, Tanz, Medien, Mode, Sport,
Kreativität etc.)
Risikofaktoren im System Schule
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Teufelskreisdynamik
Schulversagen/keine realistische Berufsperspektive
Ausgrenzung/Abwertung/Perspektivlosigkeit
Reaktionsbildung als gegenkultureller Schutz (subkulturelle Werte)
Glücksspiel als potentieller Ausweg
Beschaffungskriminalität
Wagenburgmentalität (wir und die )
Schulverweigerung
Mißlingender Übergang
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• Interventionsebene (Einzelperson, Gruppe, Familie, Organisation)• Ebene Zielgruppe (Risikoverhalten, Risikostoff, Altersgruppe,
Geschlecht, ethnisch-sozialer Hintergrund etc.)• Ebene der Methode (Infovermittlung, Ressourcenstärkung,
Erlebensparcours, Selbstkontrolltrainings, Selbsterfahrung,
Achtsamkeitstraining, social skill-Training, Soziales
Kompetenztraining, Multifamilientraining etc.)
Prävention und Früherkennung als Beratungsgeschehen(für bestehende und künftige Probleme)
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Allgemeine Prinzipien von Prävention und Lösungsentwicklung
Aktives Handeln statt Konsum
Information und Medieneinsatz
Kreative Gestaltung in der Gruppe / Zugehörigkeit und Anerkennung
Negative Gefühle wahrnehmen und aushalten
Genuss lernen
Kohärenzerfahrungen ermöglichen
Den Dialog ermöglichen
Wissen + Selbsterfahrung statt Laissez-faire oder rigide Verbote
gelingende Übergänge Schule / Beruf
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