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R. Petri/J.-S. Kreutz · Der Kettensteg in Nürnberg – die älteste erhaltene eiserne Hängebrücke Kontinentaleuropas

Stahlbau 73 (2004), Heft 5

Kottjé, J.: Wohnhäuser aus Stahl. Zeit-gemäße Architektur für lichtdurchflu-tete Räume. München: Deutsche Ver-lags-Anstalt 2003. 130 S. mit zahlr. Bil-dern. ISBN 3-421-03453-2. 49,90 €

Glas, Holz, Ziegel – an aktuellen Publika-tionen zu materialgebundenem Bauen istkein Mangel. Wohnhäuser in Stahlkon-struktion sind dabei bisher wenig berück-sichtigt. Mit Blick auf die Entstehung desGenres „Chareaus Maison De Verre“, dasim Spannungsfeld zwischen Serienproto-typ und maßgeschneidertem Kunstpro-dukt entstand, auf Mies´ „Villa Tugend-hat“ und Scharouns „Haus Schminke“:Wie erfolgreich waren die Ansätze derModerne, die Trennung von Skelett undHaut anhand von Stahl und Glas imWohnbau zu formulieren und zu etablie-ren? Eine Breitenwirkung bei Wohnhäu-sern hat zumindest der reine Stahlbaukaum entfaltet, trotz seiner Potentiale hin-sichtlich rationalisierter Vorfertigung undauch seines möglichen Ausdrucks vonPräzision, Klarheit und Leichtigkeit. AlsArchitekturavantgarde hat der stählerneWohnbau andernorts durchaus größereBedeutung erlangt, denkt man an das ka-lifornische „Case Study Program“, japani-sche Finesse bei Ito und Ban und geradeauch an Australien, wo Glenn Murcuttdas kühle Material sorgfältigst zu sehr of-fenen Häusern zusammenfügt.

In Johannes Kottjés Buch wird eineheutige Auswahl von 20 Stahlhäusernaus dem deutschsprachigen Raum vorge-stellt; einführend gibt es Kapitel zur Ge-schichte des Stahl-Wohnungsbaus, zuKonstruktion und Bauphysik sowie zuökonomischen Aspekten von Stahlhäu-sern. Das Buch will laut Vorwort ermuti-gen, „architektonische Lösungen abseitsüblicher Konventionen zu wagen“. DerUntertitel „Zeitgemäße Architektur fürlichtdurchflutete Räume“ mag allerdingsbeim Leser die Frage aufwerfen, ob licht-durchflutete Räume heute eine großeAufgabe seien und ob zeitgemäße Wohn-häuser nach Stahlkonstruktionen verlan-gen – könnte ein zeitgemäßer Wohnbaudoch vielmehr brennenden Fragen wieder stets fortschreitenden Zersiedelungund Energiebilanzen nachgehen.

Die Besprechung der einzelnenProjekte gelingt recht durchmischt;neben den Hinweisen zur Konstruktionist die Kommentierung bisweilen kli-scheehaft, fast ein Prospekt gefälligerBeispiele. Das abgebildete Planmaterialentspricht dem Vorentwurf. Man ver-mißt durchgehende Detaildarstellungen,geht es Kottjé doch um den Zusammen-hang zwischen konstruktiver Logik undarchitektonischem Ausdruck. Da bleibtdie Durchdringung der Bauten gering.Auch folgt die Auswahl nicht einer typo-logischen Einordnung, sondern wirkt

eher zufällig. Einige der Beispiele zeigenindessen gut jene Schlankheit undTransparenz, die Kottjé für die Bauweisereklamiert. In Einzelheiten genauer un-tersucht wird schließlich das ohnehinvielbesprochene Stuttgarter Wohnhausvon Werner Sobek.

Lohnender sind die beiden Kapitelzu Historie und Konstruktion. Im Ge-gensatz zu den blassen Architektur-kommentaren aus dem Hauptteilkommt die Einführung zur Konstruk-tion von Stahlhäusern straff und kennt-nisreich daher. Wünschte man sich imvorangehenden Geschichtsteil die Ein-ordnung der Firmen-Typenhäuser ge-genüber den beschriebenen Architek-tenschöpfungen noch differenzierter, sozeigt besonders die Darstellung desStahlbaus mit seinen bauphysikali-schen Implikationen die Versiertheitdes Autors auf diesem Gebiet.

Insgesamt bleibt ein uneinheitli-cher Eindruck. Der instruktiven Über-sicht zu Geschichte und Technik derStahlhäuser steht im Buch ein undiffe-renziertes Bild vom „schönen Wohnen“in Stahlhäusern gegenüber. So werdensich Studenten, Professionelle und Ama-teure jeweils nur in Teilbereichen ange-sprochen fühlen.

Dipl.-Ing. David Fischer, Aachen

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