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T O U R I S M U S M A G A Z I N | A U S G A B E 0 6 / 1 7 | W I N T E R 2 0 1 7
ANALYSE EINER KOMPLEXEN BEZIEHUNG
TOURISMUS
TIROL
3 SAISON
STICHWORTSAISON
STICHWORT
DAS BILD DES TOURISMUS
WAS DER DUDEN SAGT
Meinung: persönliche Ansicht, Über-
zeugung, Einstellung oder Ähnliches,
die jemand in Bezug auf jemanden,
etwas hat (und sein Urteil bestimmt)
Einstellung: Meinung, Ansicht, inneres
Verhältnis, das jemand besonders zu
einer Sache, einem Sachverhalt hat
„ Ohne Tourismus wäre Abwanderung ein massives Thema. Man müsste die Landwirtschaft erhalten, auch die Freizeitinfrastruktur müsste von der
öffentlichen Hand finanziert werden.“
Franz Tschiderer, Vorsitzender des Tyrol Tourism Board und Obmann des TVB Serfaus-Fiss-Ladis
„ Quantitative Steigerungen sind vor allem im Sommer möglich – bei der Auslastung, aber auch bei
der Preisbildung.“
Theresa Leitner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, MCI Tourismus
„ Will man tourismusferne Menschen – und von denen wird es in nächster Zeit immer mehr geben – erreichen, dann wird man auf sie zugehen
müssen.“
Helene Forcher, Agentur Forcher
„ Es gilt, das allgemeine Interesse am Tourismus wiederzubeleben, über das gesamte Land auszudehnen und dergestalt zu einer kompakten Gesinnungsgemeinschaft zu finden.“
Gerhard Föger, Leiter der Tourismusabteilung Land Tirol
ZITIERT
WAS ANDERE SAGEN
„ Leider sind es öfter die Meinungen über die Dinge als die Dinge selbst, wodurch die Menschen getrennt werden.“
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), deutscher Dichter
„ Es wäre nicht gut, wenn alle dasselbe dächten; nur weil es verschiedene Meinungen gibt, gibt es Pferderennen.“
Mark Twain (1835 – 1910), amerikanischer Autor und Satiriker
„ Wo Informationen fehlen, wachsen die Gerüchte.“
Alberto Moravia (1907 – 1990), italienischer Schriftsteller
DUDEN
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J O S EF M A R G R EI T ER , D I R EK TO R T I R O L W ER B U N G
Wenn Erfolg kein Erfolg ist
D
ie Olympiaabstimmung in diesem Jahr
hat nach Analyse der geografischen
Verteilung von mehrheitlicher Zustim-
mung und Ablehnung ein deutliches
Gefälle zwischen Land und Stadt offenbart. Auch wenn
bei dieser Entscheidung viele Aspekte bis hin zu einer
grundsätzlichen Ablehnung von Megaevents und der
IOC-Politik mitschwangen sowie eine allzu eindimen-
sionale Schlussfolgerung für die tatsächlich existierende
Tourismusgesinnung im Land nicht zulässig ist – eines
ist klar geworden: Unser Tiroler Tourismus hat dringen-
den Handlungsbedarf, will er nicht die Mehrheit im Land
verlieren, die für seine erfolgreiche Weiterentwicklung
notwendig bleibt!
Wer viel reist und unser Land mit seiner Ausstrahlung
folgerichtig auch immer wieder von außen wahrnimmt,
der weiß, dass es über den Tourismus hinaus nicht sehr
viel gibt, was international mit Tirol in Verbindung
gebracht wird. Diese touristischen Erfolge, die Anzie-
hungskraft auf Gäste aus aller Welt haben Wohlstand
und Perspektiven für Generationen gebracht – gerade
auch in den Tälern, die ohne das Jahrhundertglück
Tourismus von Abwanderung betroffen und damit zu
volkswirtschaftlichen Problemfällen verkommen wären.
Tatsächlich aber sind viele Landstriche zu international
erfolgreichsten Destinationen aufgestiegen – durch Pi-
onier- und Unternehmergeist und getragen von einer
fleißigen Landbevölkerung, die den direkten Nutzen
erfolgreichen touristischen Handelns jeden Tag spürt.
Rückhalt in Gefahr. Genau dieser Rückhalt ist jetzt
spürbar in Gefahr. Das starke Anwachsen städtischer
Strukturen und einer damit einhergehenden Distanz
zum Tourismus mag ein stimmiges Mosaik im gegen-
wärtigen Konzert vieler Analysen sein. Natürlich wird
in einer immer stärker urban geprägten Gesellschaft
der große Nutzen unserer Dienstleistungbranche indi-
viduell immer schwächer wahrgenommen. Und diese
– pointiert apostrophierte – „Bewusstlosigkeit“ wird
durch allgemeine Konsumsättigung, viele Wohlstands-
effekte, generelle Gesellschafts- und spezielle Klima-
entwicklungen weiter angeheizt. In dieser Atmosphäre
kann ein Graben schnell tiefer und der Tourismus mit
Schlagworten wie „steigende Preisentwicklungen“ oder
„Verkehrs- und Umweltbelastungen“ zum Sündenbock
für allgemeines Unbehagen abgestempelt werden. Was
aber, wenn die Skepsis der Bevölkerung gegen die
Branche weiter wächst? Wenn einerseits viele Gäste
Tirol für seine Qualitäten lieben, die Bereisten aber sich
zunehmend verschließen. Dann ist unser Erfolg kein
Erfolg mehr.
Die Auswirkungen dieser Entwicklung wären fatal.
Es wäre so, als würde ein Unternehmen sein weltweit
erfolgreichstes Produkt nicht mehr von Herzen anbie-
ten wollen. Gerade der Tiroler Tourismus aber, der aus
vielen kleinstrukturierten Familienbetrieben besteht,
ist ohne den Rückhalt aus dem ganzen Land nicht
denkbar. Deshalb braucht es jetzt den Dialog und die
Partizipation. Brückenbauer und Verbinder. Ehrliche
Bestandsaufnahmen, gesamthafte Lösungen und vor
allem: konkrete Maßnahmen und Produkte, die gerade
den Einheimischen den Nutzen und Freizeitwert des
Tourismuslandes Tirol wieder direkt und persönlich
vermitteln. Gute regionale Integrationsansätze wie am
Wilden Kaiser, dem Kufsteinerland oder in Reutte gilt es
jetzt landesweit zu verstärken.
Gesellschaftlicher Konsens. Das rechte Maß
und Miteinander auf Basis eines mehrheitlich getrage-
nen gesellschaftlichen Konsenses war von jeher unsere
Erfolgsgrundlage – in einer Region, die geprägt von
ihrer Naturschönheit und in enger Zusammenarbeit
mit der Landwirtschaft immer schon für Tiroler und
ihre Gäste beides war: wertvoller und unverzichtbarer
Lebens- und Erholungsraum. Der Tiroler Weg kann auch
künftig nur erfolgreich sein, wenn er auch weiterhin als
nachhaltiges Integrationsmodell verstanden wird. Und
wenn die hier lebenden Menschen diese Vorteile und
Werte wirklich auch schätzen: hohe Lebensqualität in
einer wirtschaftlich gesunden Region, die Sicherung von
einem Viertel aller Arbeitsplätze, eine perfekte Sport-
und Freizeitinfrastruktur direkt vor der Haustür. Unser
Credo im starken Land ist klar: Kein von auswärtigen
Investoren gelenktes Massengeschäft, sondern eine von
den einheimischen Familien weiterhin selbstbestimmte
erfolgreiche Tourismuswirtschaft mit steigender regio-
naler Wertschöpfung. Gelingen wird das auch weiterhin
nur gemeinsam! ×
EDITORIAL
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Was, wenn die Skepsis der Bevölkerung gegen die Branche weiter wächst? Wenn einerseits viele Gäste Tirol für seine Qualitäten lieben, die Bereisten aber sich zunehmend verschließen. Dann ist unser Erfolg kein Erfolg mehr.
Das rechte Maß und Miteinander auf Basis eines mehrheitlich getragenen gesellschaftlichen Konsenses war von jeher unsere Erfolgs grundlage – in einer Region, die immer schon für Tiroler und ihre Gäste beides war: wertvoller und unverzichtbarer Lebens und Erholungsraum.
Unser Credo im starken Land ist klar: Kein von auswärtigen Investoren gelenktes Massengeschäft, sondern eine von den einheimischen Familien weiterhin selbstbestimmte erfolgreiche Tourismuswirtschaft mit steigender regionaler Wertschöpfung.
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SA ISON
EDITORIAL
7 SAISON
INHALT
10
DER GEGENSATZ VON STADT UND LAND46
VOM MYTHOS
ZUM MENSCHEN
8 Der Tourismus und die TirolerEssay von Alois Schöpf
10Der Gegensatz von Stadt und LandFranz Tschiderer, Vorsitzender des Tyrol Tourism Board und Obmann des TVB Serfaus-Fiss-Ladis, im Interview
13Tourismus ist kein selbster-klärender Wert an sichEssay von Gerhard Föger
16„Es braucht mehr Loyalität“Bauernkiste- und Tiroler-Edle-Erfinderin Therese Fiegl im Interview
20
„Mit Wachstumszahlen löst man keine Euphorie mehr aus“Theresa Leitner, wissenschaft-liche Mitarbeiterin am MCI Tourismus, im Interview.
22Der latente Verdacht gegenüber dem TourismusEssay von Helene Forcher
24
„Es wird zu wenig über den Tellerrand geschaut“Der Zillertaler Manager Paul Richter, mittlerweile in Russland erfolgreich, im Interview
MAGAZIN
30„Gute Theorie hat der Praxis noch nie geschadet“ Die generalüberholte Informations-plattform Tirol Tourism Research (TTR)
32Das 1x1 der Privatvermieter Seit fünf Jahren wird an der Vermieter-akademie praxisnah unterricht.
34Digitale Zukunft, analoge BedürfnisseEine Studie der Uni Innsbruck hat die Trends untersucht, die den Tourismus 2025 prägen werden.
36Schnee von morgenGastkommentar von Michael Rothleitner
38Wenn Alexa Urlaub buchtZwei Tiroler Entwickler wollen das Tourismus-Potenzial von Sprachassistenten ausloten.
40Theorie und PraxisDie Snow & Alpine Awareness Camps (SAAC) feiern heuer ihr zwanzigjähriges Bestehen.
42Auf den Spuren der „Stillen Nacht“Kommendes Jahr jährt sich zum 200. Mal die Erstaufführung des berühmtesten aller Weihnachtslieder.
46Vom Mythos zum MenschenDas Tiroler Landestheater spielt Franz Kranewitters Schauspiel „Andre Hofer“.
49 Kommentare
50 Nachgefragt
DAS BILD DES TOURISMUS
IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 06/2017 (69. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20 oder [email protected]
HERAUSGEBER, MEDIENINHABER UND VERLEGER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MIT DER PRODUKTION BEAUFTRAGT: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf REDAKTION: Daniel Feichtner, Mag. Susanne Gurschler, Rebecca Müller, BA, Esther Pirchner, Hannah Pixner, Dr. Antje Plaikner, Dr. Markus Stegmayr • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Franz Oss, Axel Springer • GRAFIK: Christina Wulfert, Sebastian Platzer ILLUSTRATIONEN: Monika Cichoń • ANZEIGENVERKAUF: Walter Mair, [email protected] • ANSCHRIFT VERLAG: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -2820, [email protected] GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner, Matthias Krapf • DRUCK: NP Druck Gesellschaft m.b.H., St. Pölten. Die Informationen zur Offenlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL www.target-group.at/offenlegungen abgerufen werden.
DIGITALE ZUKUNFT, ANALOGE BEDÜRFNISSE
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WENN ALEXA URLAUB BUCHT
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DER TOURISMUS UND DIE TIROLER
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Wetscher WohngalerienZillertalstraße 30, Fügen / Tirol
[email protected] www.wetscher.com
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2 3 4
1 ElisabethHotel Premium Private Retreat Mayrhofen 2 Severin*s The Alpine Retreat Lech am Arlberg3 Hotel zur Pfeffermühle St. Anton am Arlberg 4 Hotel Zürserhof Zürs (CH) 5 Das Posthotel – ZillerSeasons Zell 6 Elizabeth Arthotel Ischgl 7 Hotel Hirzer Hafling (I)
5 6 7
Tischlerei &Topmarken
Österreichs erste Adresse für Wohnkultur: Mit internationaler Erfahrung aus hunderten Hotelprojekten sorgen die hauseigene Innenarchitektur undTischlerei für Perfektion vom Plan bis zur Umsetzung.
9
Der Tourismus und die Tiroler
Selten bietet sich eine günstigere Gelegenheit, über die Einstellung der Tirolerinnen und Tiroler zum Tourismus nachzudenken, als unmittelbar
nach einer Abstimmung darüber, ob das Land sich für eine neuerliche Ausrichtung olympischer Winterspiele bewerben soll.
VON ALOIS SCHÖPF
Z
ur Erinnerung sei nochmals die Frage-
stellung wiederholt, die zur Abstimmung
vorgelegt wurde: „Soll das Land Tirol ein
selbstbewusstes Angebot für nachhaltige,
regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökolo-
gisch vertretbare Olympische und Paraolympische
Winterspiele Innsbruck-Tirol 2026 legen?“
Das Ergebnis ist bekannt: 46,75 % befürworteten
eine neuerliche Bewerbung, 53,25 % lehnten sie ab.
Besonders interessant ist dabei das Verhältnis zwischen
Urbanisierungsgrad und Ablehnung. So entschieden
sich in Innsbruck, das von Olympischen Spielen image-
mäßig neben der Dachmarke Tirol am meisten profitiert
hätte, 67,4 % gegen eine Bewerbung, ebenso lehnten
im Speckgürtel der Landeshauptstadt 58,6 % das Ange-
bot ab, dem heimischen Tourismus durch Olympische
Winterspiele neue Impulse zu geben.
Suggestive Fragestellung. Im Vorfeld der Ab-
stimmung wurde viel darüber diskutiert, ob die Fra-
gestellung in einer Weise suggestiv sei, dass sie vom
Obersten Gerichtshof aufgrund unzulässiger Beein-
flussung der Wählerschaft abgelehnt und mit einem
anderen Abstimmungstext wiederholt werden müsse.
Wie auch immer ein solches Gerichtsverfahren, das
sich zuletzt durch das eindeutige Ergebnis erübrigte,
ausgegangen wäre, Tatsache bleibt, dass sich bereits in
der Fragestellung ein intensives Bemühen ablesen lässt,
durch vorauseilendes Entgegenkommen Bedenken
etwaiger Gegner auszuräumen.
So enthält der Abstimmungstext mittelbar das Ver-
sprechen der ökologischen, regionalen und finanziel-
len Verträglichkeit, aber auch die Zusicherung, sich von
noch so mächtigen Weltsportverbänden und medialen
Giganten nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Dass
ein solches Versprechen mehrheitlich nicht geglaubt
wurde, legt die Vermutung nahe, dass das Vertrauens-
verhältnis zwischen den führenden Eliten und der vor
allem urbanen Bevölkerung nicht mehr gegeben ist.
Speziell die eher gebildeten und höher qualifizier-
ten Bevölkerungsschichten in den Ballungsräumen
scheinen der Ansicht zu sein, dass die Zukunftsper-
spektiven ihrer gewählten Repräsentanten aus Politik
und Tourismus weder große Erfolgsaussichten haben,
noch eine positive Auswirkung auf ihr Leben als Einhei-
mische zeitigen würden. Im Gegenteil: Die Befürchtung
weiterhin steigender Preise bei Mietwohnungen, in der
Gastronomie und bei den Lebenshaltungskosten ins-
gesamt waren die klandestinen Killerargumente einer
Debatte, die in einem obrigkeitsstaatlichen Land wie
Tirol gerade deshalb den gegenteiligen Effekt bewirk-
te, weil sie in flächendeckendem Einverständnis aller
Mächtigen nicht offen geführt wurde. Wer sich gegen
eine neuerliche Bewerbung aussprach, lief Gefahr, als
Landesverräter abgestempelt zu werden, weshalb sich
kaum jemand außer den Abgeordneten der „Liste Fritz“
aus der Deckung wagte.
Debatte nachholen. Schön wäre es, wenn die
Debatte zumindest nun nach der Abstimmung nach-
geholt würde. Dabei sollte meines Erachtens eine der
zentralen Fragen lauten: Welche Maßnahmen sind zu
setzen, um das Misstrauen zwischen jenen politisch
und wirtschaftlich Verantwortlichen, welche sich um
eine gedeihliche Zukunft des Tourismus bemühen, und
jenen, die glauben, dass diese Bemühungen in die fal-
sche Richtung laufen, zu überbrücken? Als Anregung
möchte ich zwei Gedanken skizzieren:
1. Der Text der Volksbefragung versprach lediglich,
dass Olympische Spiele keinen Schaden hinterlassen
würden. Das war offenbar zu wenig. Besonders, wenn
man an die Anfänge des Nachkriegstourismus in Tirol
denkt, als nicht nur die professionellen Touristiker, von
denen es damals noch relativ wenige gab, sondern vor
allem der gemeine Mann und die gemeine Frau durch
den Tourismus massiv profitierten.
Durch die Privatzimmervermietung kam plötzlich
Bargeld ins Haus. Durch den Kontakt mit den Gästen
fegten plötzlich Aufklärung und moralische Befreiung
durch die Täler. Den Frauen wurde durch die Möglich-
keit, selbst Geld zu verdienen, eine ländliche Form der
Emanzipation eröffnet. Volksmusikanten, Schuhplattler,
aber auch Skilehrer, Bergführer und Musikkapelle wur-
den engagiert, um die Fremden zu betreuen und sich
in Gestalt urigen Tirolertums als edle Wilde bewundern
zu lassen. Und nicht zuletzt wurde die ortsansässige
Bevölkerung für ihre kollektiven Anstrengungen, den
Fremden freundlich gegenüber zu stehen, mit Rabatten
für Einheimische belohnt.
Touristische Zukunftsperspektiven, die nicht in glei-
cher Weise wie damals Vorteile für die Lebenspraxis
jedes einzelnen versprechen, werden auch in Zukunft
die Mehrheit der Bevölkerung nicht auf ihrer Seite haben.
2. Wen wundert es, wenn in einer Gesellschaft,
deren intellektuelle Eliten zu einem Großteil einem
kaum durchdachten Vulgärmarxismus anhängen,
dessen Kampfrhetorik um die Begriffe „Kapitalismus“
und „Neoliberalismus“ kreist, um zuletzt im Aufschrei
„multinationaler Konzerne“ zu gipfeln, die Meinung
vorherrscht, man könne, wie im Falle Innsbruck, eine
Weltstadt sein und zugleich sportliche Großveranstal-
tungen als zu anstrengend und als Lärmbelästigung
empfinden. Das Ergebnis der Abstimmung und die
Einstellung zum Tourismus würden anders aussehen,
wenn in den Schulen endlich mehr über Wirtschaft
unterrichtet und in der öffentlichen Debatte mehr über
die Frage nachgedacht würde, wie Wohlstand entsteht.
So jedoch stießen die Sonderinteressen eines immer
mehr vom Rest der übrigen Bevölkerung abgegrenzten
Wirtschaftsbereichs auf ökonomische Unbildung und
eine daraus resultierende generelle Wirtschaftsfeind-
lichkeit, ein Sachverhalt, der im Übrigen weder auf die
Bewerbung für die Ausrichtung Olympischer Spiele
noch auf den Tourismus beschränkt ist, sondern das
gesellschaftliche Klima des zeitgeistigen hedonisti-
schen Spießertums insgesamt kennzeichnet. ×
Schön wäre es, wenn die Debatte zumindest nun
nach der Abstimmung nachgeholt würde.
Touristische Zukunfts perspektiven, die nicht Vorteile für die Lebenspraxis jedes einzelnen versprechen, werden auch in Zukunft die Mehrheit der Bevölkerung nicht auf ihrer Seite haben.
Alois Schöpf lebt als Jour-nalist und Schrift steller in Lans. Regelmäßig kommen-tiert er das Zeitgeschehen in der Tiroler Tageszeitung und in der SAISON. Vom Buchautor Schöpf ist zuletzt erschienen: „Tirol für Fortgeschrittene“, ein Essay mit „diagnostischen Bemer-kungen über das Herz der Alpen“ (Limbus Verlag, 184 Seiten).
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D er Ausgang der Olympia-Befragung hat bei nicht wenigen
Touristikern Unverständnis und das Gefühl ausgelöst, nicht
einfach zur Tagesordnung übergehen zu können – ist doch deut-
lich geworden, dass eine offenbar wachsende Zahl von Tirolern
dem Tourismus zunehmend kritisch gegenübersteht. Hinweise auf
dessen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wert werden mit
einem simplen „Was bringt mir das?“ beantwortet.
Die SAISON hat Persönlichkeiten aus dem heimischen Tou-
rismus, aber auch außerhalb der Branche eingeladen, in dieser
Ausgabe über ihre Eindrücke zu sprechen und zu schreiben. ×
WAS PASSIERT HIER?
8 SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
11
Der Gegensatz von Stadt und LandWenn es um den Tourismus geht, driften Zentrum und Peripherie in Tirol immer weiter auseinander, sagt Franz Tschiderer, Vorsitzender des Tyrol Tourism Board und Obmann des TVB Serfaus-Fiss-Ladis. Einer zunehmend kritischen Masse in den Ballungszentren, die sich emotional vom Tourismus entfernt, stehen wirtschaftlich erfolgreiche Destinationen mit hochzufriedenen Kunden gegenüber. Daher braucht es einen umfassenden Dialog. Ein Land ohne funktionierenden Tourismus, der von einem gemeinsamen Verständnis getragen wird, kann sich Tirol nicht leisten – vor allem nicht finanziell.
DA S G ESPR ÄCH FÜHRTEN S TEFAN KRÖLL UND FLORIAN NEUNER .
S
aison: Herr Tschiderer, das negative Ergebnis der Olym-piabefragung hat einmal mehr die Frage aufgeworfen,
wie die heimische Bevölkerung zum Tourismus steht. Zeigt sich beim Thema Tourismusgesinnung eine Spaltung in-nerhalb der Gesellschaft? FRANZ TSCHI-
DERER: Das Ergebnis selbst schmerzt,
aber langfristig ist die tiefer liegende
Analyse von Bedeutung. Diese dreht sich
um die Frage: Was spielt der Tourismus
für eine Rolle in diesem Land? Hier zeigt
sich tatsächlich eine Gefahr, dass sich
eine Spaltung zwischen Stadt und Land,
zwischen Agglomeration und Tälern
entwickelt. Ein Graben, der sich politisch
und wirtschaftlich durchzieht, größer wird
und Sorgen verursacht. In der Agglome-
ration behaupte ich, haben die Leute eine
schwindende emotionale Beziehung zum
Tourismus.
Warum schwindet diese Bindung? Weil
der Tourismus im Aufmerksamkeitsbild der
Bevölkerung in den Ballungszentren keine
Rolle mehr spielt. Da dominieren Fragen
wie: Wo ist mein Arbeitsplatz, was ist mein
Einkommen, wie kann ich meine Familie
erhalten, was habe ich für Freizeitmöglich-
keiten, wie sieht mein Land aus, wie sicher
bin ich unterwegs? Das prägt die Lebens-
realitäten. Dazu kommt eine ambivalente
Darstellung in der Öffentlichkeit. Denn das
Interesse der medialen Öffentlichkeit ist,
Diskussion zu provozieren. Und das kann
man durch die pointierte Aufarbeitung von
Themen am besten erreichen.
Wird also die zunehmende Verstäd-terung für die positive Wahrnehmung der Tourismusbranche zum Problem?
In erster Linie sind das strukturelle Ent-
wicklungen. Zum einen war das Verhältnis
zwischen Stadt und Land vor 30 Jahren
ein anderes. Die städtischen Strukturen
sind auch bei uns inzwischen gewachsen,
ich schätze um mindestens ein Drittel. Die
Verhältnisse haben sich massiv verscho-
ben und damit die Wahrnehmung des
Tourismus hinsichtlich seiner Rolle im
Bereich der Arbeit, des Wohlstands und
der Beschäftigung. Längst sind alternative
Arbeitsplätze entstanden – in der Indus-
trie, im Gewerbe, in der industrienahen
Dienstleistung. Diese strukturellen Ef-
fekte werden rasant weitergehen und die
relative Wertigkeit des Tourismus weiter
verringern. Und das obwohl der Touris-
mus im ländlichen Raum nach wie vor von
zentraler Bedeutung bleibt, weil es in den
Tälern dazu keine Alternative gibt.
Und zum anderen? Der Tourismus hat
auch in einer zweiten Hinsicht Struktur-
nachteile: Die Potenziale im Bereich der
Rationalisierung sind endlich. Mit der tech-
SAISON
XXXX
„ Fürchten muss man sich im Land nicht vor dem Tourismus, sondern wenn der Tourismus in gewissen Bereichen nicht mehr funktionieren würde.“
nischen Entwicklung und Automatisierung
der Arbeitsplätze sind billige Dienstleis-
tungen am Fließband verschwunden und
dafür die Lohnniveaus gut ausgebildeter
Facharbeiter gestiegen. Im Gegensatz
dazu wird im Tourismus nach wie vor auch
der wenig ausgebildete Mitarbeiter für
Dienstleistungen wie Reinigungsarbeiten
benötigt. Das kann durch Technik nicht
ersetzt werden. Gleichzeitig gibt es keine
überdurchschnittlichen Preissteigerun-
gen, keine Steigerung der Wertigkeit. Das
ist unser Problem: ein Strukturdilemma.
Also einerseits die Verstädterung und an-
dererseits die Nicht-Rationalisierbarkeit
des touristischen Produktes.
Inwieweit wird die möglicherweise weiter abnehmende Identifikation der heimischen Bevölkerung mit dem Tou-rismus das erfolgreiche Geschäftsmodell beeinflussen? Wenn man den Bereich
Wintertourismus heranzieht, dann ist Tirol
weltweit unbestritten ein Erfolgsmodell.
Und unabhängig von Stimmungs- und
Meinungsschwankungen der Einheimi-
schen wird das auch so bleiben. Weil der
wirtschaftliche Erfolg weniger von der
Öffentlichkeit beeinflusst wird, sondern
vielmehr der Kunde bestimmt. Einerseits
gibt es also die Ebene der veröffentlichten
Meinung im Land, den Mainstream. Der
mag gewisse Dinge verteufeln. Und an-
dererseits ist da der Konsument. Und der
ist hochzufrieden.
Wie lässt sich diese Zufriedenheit des Kunden auch in einen Nutzen für die Bevölkerung übersetzen? Wenn man
sich die Kundenbefragungen ansieht,
den Zufriedenheitsgrad – und zwar
von allen Top-Wintersportregionen im
Land –, dann haben wir ein unglaublich
erfolgreiches Produkt. Unsere zehn bis
15 Top-Skigebiete prägen erfolgreiche
Unternehmen und daraus resultieren
ebenso erfolgreiche Destinationen. Ein
Blick in die Region Serfaus-Fiss-Ladis
genügt: Wir machen 300 Millionen Euro
Umsatz und könnten eine Jahresbilanz
vorlegen mit Investitionen von 80 bis 100
Millionen Euro jedes Jahr. Davon leben
tausende Familien, bis zu 5.000 Men-
schen werden pro Saison beschäftigt.
Fürchten muss man sich im Land nicht
vor dem Tourismus, sondern wenn der
Tourismus in gewissen Bereichen nicht
mehr funktionieren würde. Und es gibt
Gegenden, wo in zehn bis 20 Jahren kein
Tourismus mehr existieren wird – also je-
denfalls keiner, der nachhaltig Ein- und
Auskommen generiert.
Noch einmal konkret nachgefragt: Ist es ein Problem, wenn der Tourismusbran-che die Gefolgschaft abhandenkommt?
Selbstverständlich, weil wir ja in unserer
Entwicklung davon abhängig sind. Das
betrifft Fragen der Raumordnung, die
Zulassung von weiteren Projekten oder
den Naturschutz. Diese Bereiche sind
Landesagenden – und sind wiederum
abhängig davon, was die Bevölkerung
und damit die Politik für Meinungen ent-
wickelt. Das Verständnis für den Touris-
mus und seine Rolle im Land ist aktuell in
der Tiroler Politik sehr wohl vorhanden.
Dieses Verständnis korreliert allerdings
mit der Stimmungslage der Bevölkerung.
Nimmt diese ab, dann hat das Auswirkun-
gen. Wenn sich die Meinung zementieren
würde, dass die Touristiker in der Mehrzahl
Betonierer sind und den Entwicklungen
im Tourismus Einhalt zu gebieten ist,
dann haben wir das Problem, dass dieses
erfolgreiche Produkt nicht mehr weiter-
entwickelt werden kann.
Braucht es also einen Dialog zwischen Stadt und Land, einen Austausch zwi-schen unterschiedlichen Perspektiven, aber auch Persönlichkeiten? Ja, natürlich,
diesen Dialog müssen wir führen. Das
muss ein Auftreten mit Gefühl, Verstand
und vor allem Verständnis sein und nicht
mit der Brechstange. Man muss in der
Branche nicht mit einer Stimme sprechen,
aber mit ähnlichen Argumenten kommu-
nizieren. Derzeit meldet sich jeder aus sei-
ner Gefühlslage heraus zu Wort, und das
ist nicht gut. Da braucht es selbstkritische
Reflexion. Dieser Gegensatz von Stadt und
Land, der wird uns intensiv beschäftigen.
Nächtliche Idylle. Die Region Serfaus-Fiss-Ladis erwirtschaftet im Jahr 300 Millionen Euro Umsatz.
„Davon leben tausende Familien“, sagt Franz Tschiderer.
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DAS BILD DES TOURISMUS
12 13
Das klingt nach einer großen Herausforderung. Ich bin tat-
sächlich nicht sehr optimistisch,
dass es einfache Lösungen
gibt. Die Entfremdung wird
weitergehen. Und es wird in
den Agglomerationen der Wert
erfolgreichen touristischen
Handelns vielleicht erst dann
bewusst sein, wenn in einzel-
nen Regionen die Krise ausbricht. Wenn
einzelne Destinationen nach Innsbruck
pilgern und nach Geld fragen, um nicht
zusperren zu müssen. Dann kommt viel-
leicht die Einsicht im Land, weil dann die
Diskussion losgeht: Was macht man mit
den Menschen? Gibt man Regionen auf?
Was passiert nach der Abwanderung und
der Verkarstung ganzer Landstriche?
Es gibt in Tirol Gott sei Dank viele
Regionen, wo sich das touristische Ge-
schäftsmodell sehr gut rechnet. Mit der
Zuspitzung der Professionalität wird es
aber definitiv Gegenden geben, die unter
den gegebenen Rahmenbedingungen
touristisch nicht mehr erfolgreich exis-
tieren werden können. Und wenn dann
die Politik sagt: „Wir helfen euch nicht“,
dann geht es um zig Existenzen. In der
Schweiz ist dieses Problem bereits sehr
aktuell. Auch bei uns wird es zu diesen
Szenarien kommen.
Müsste in diesem Sinne nicht das Förder-wesen kritisch hinterfragt werden? Von
der Mentalität des „Handaufhaltens“ muss
sich eine funktionierende Gesellschaft
definitiv abwenden. Das gilt natürlich auch
für den Tourismus, weil das auf Dauer für
die gesamte Branche imageschädigend
wäre. Bei der städtischen Bevölkerung
würde die Meinung verstärkt: „Die kom-
men aus den Tälern heraus und
wollen nur unser Geld haben.“
Tatsache ist aber, dass die Täler
stark genug sind, um sich selbst
weiterzubringen – wenn man
sie nur lässt. Und genau das ist
ein zentraler Punkt: Dass die
erfolgreichen Regionen, die wir
in Tirol haben, als Motoren für
Wohlstand und Beschäftigung
anerkannt werden. Denn die Menschen
am Land, die dort derzeit eine Existenz-
grundlage vorfinden, würden ohne den
Tourismus ja alle in die Stadt drängen. Das
muss man der Bevölkerung klar machen.
Diesen konkreten Nutzen muss man
den Menschen wieder spür- und be-
greifbar machen. Ohne Tourismus wäre
Abwanderung ein massives Thema. Man
müsste die Landwirtschaft erhalten, auch
die Freizeitinfrastruktur müsste von der
öffentlichen Hand finanziert werden. Und
das wäre viel teurer, als die Situation, die
wir jetzt haben.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Zur Person. Franz Tschiderer ist Vorsit-zender des Tyrol Tourism Board und seit bald drei Jahr-zehnten Obmann des TVB Serfaus-Fiss-Ladis. Unter seiner Führung hat sich die Region höchst erfolgreich dem Familientouris-mus verschrieben.
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„Die Verhältnisse haben sich massiv verschoben und damit die Wahrnehmung des Tourismus hinsichtlich seiner
Rolle im Bereich der Arbeit, des Wohlstands und der
Beschäftigung.“
Tourismus ist kein selbsterklärender
Wert an sichDie Dichterin Mascha Kaléko sucht uns glauben zu machen:
„Die Andern sind das weite Meer, du aber bist der Hafen. So glaube mir, kannst ruhig schlafen, ich steure immer wieder her.“ Mit dieser Versicherung
alleine ist es aber für den Tiroler Tourismus nicht (mehr) getan.
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hanties spornten die Schiffsbesatzungen an
und manche davon gehen auch heute noch
zu Herzen. Diese Drill-Seemannslieder
künden von maritimen Haudegen und Welt-
eroberern, von Ruhm und Gefahr, aber – nach Monaten
auf rauen Wellen – auch von der Suche nach emoti-
onalem Halt beim Gedanken an die Lieben im fernen
Zuhause, an das treu harrende Mädchen im Hafen. Und
dort wurde die Rückkehr der Mannschaften ja tatsäch-
lich sehnsüchtig erwartet, um ihrer selbst, aber auch
der hoffentlich mitgeführten Schätze willen. Endlich:
Unsere Helden sind wieder heil zurück und sie haben
uns etwas mitgebracht! Kollektiver Stolz schwingt mit.
Über den heimischen Tourismus ist in diesem Sinne
deutlich weniger Liedgut überliefert. Offenbar waren
und sind die Gefühlsbande zwischen ihm und der ei-
genen Bevölkerung nicht eng und belastbar genug, um
in elegische Gassenhauer gegossen zu werden. Reiche
Beute in Form von Urlaubsgästen wird zwar auch hier
gemacht, jedoch gilt diese Errungenschaft immer
weniger als durchschlagender Erfolg für das gesamte
Land denn als mittlerweile selbstverständliche Übung
von Profiteuren. Ein Nächtigungsrekord schlägt den
nächsten, die Jubelmeldungen nützen sich ab. Was
habe ich davon? Von kollektivem Stolz keine Spur.
Widerstände. Dass anno dazumal Gold aus Übersee
oder feine Samte des Osmanischen Reiches als Belastung
empfunden worden wären, darf ausgeschlossen werden.
Heute allerdings droht angesichts der Heerscharen an
erfolgreich angelockten Besuchern die Stimmung im
hochfrequentierten Alpenland zu kippen. Die tüchtige
Tourismusbranche erobert mit Bravour die Märkte, sieht
sich daheim jedoch zunehmend mit Ressentiments kon-
frontiert. Ein insgesamt starker Rückhalt im Heimatha-
fen ist nicht mehr ausreichend gegeben. Widerstände
tun sich auf.
Eine Tourismus destination darf sich nur dann als nach-
haltig bezeichnen, wenn sie in einem vitalen Wir-Gefühl der
Einheimischen wurzelt.
SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
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14 15
Die professionellen Menschenfischer sind darob
ziemlich perplex. Hervorragende Zahlen, Daten und
Fakten sprechen doch eindeutig für die Exzellenz
unserer gelebten, bisweilen hochprofessionell insze-
nierten Gastfreundschaft und unserer reichhaltigen
Angebotskulisse sowie für die immense Wohlstands-
wirkung, welche dieser florierende und stabilisierende
Wirtschaftssektor im Land der Berge generiert. Kein
entsprechender Dank dafür und keine breite Unterstüt-
zung bei veritablen Anliegen? Verständnislosigkeit, dass
die Heilsbotschaft bzw. -wirkung nicht von alleine in
die Köpfe sickert.
Lieber nicht. Statt anerkennender Verbrüderung
in Summe doch eher teilnahmsloses Schulterzucken
des Volkes, neutrales Abwinken, gar Kritik. Kein Wort
der Verteidigung für den Tourismus, wenn etwa ein
leergelaufener Provokateur unter dem Mäntelchen der
Kunst schon wieder schlechte, moralisierende Schat-
tenseitenbilder affichiert – so what? Und möchte sich
ein Unternehmer mit hohem persönlichem Risiko zum
nächsten Pionierprojekt aufschwingen – lieber nicht,
eh schon genug, läuft doch ohnehin. Und Olympia
erst recht nicht, muss auch mal gut sein, bringt mir eh
nichts. Immer häufiger wird der Tourismus zuallererst
als persönliche Einschränkung empfunden.
Und es schleicht sich die beklemmende Neigung
ein, einem angeblich eigennützigen Tourismus das
Stigma des Prügelknaben aufzudrücken. Einfache und
undifferenzierte Schuldzuweisungen werden en vogue:
beim Umgang mit Beschäftigten („Ausbeuter“), beim
Verkehr („Urlauberlawine“), bei ökologischen The-
menfeldern („Sargnagel der letzten Ressourcen“) oder
etwa in der Kultur („Volksverblödung“). Selbst öffent-
liche Institutionen reiten auf der Mär eines Tourismus
zu Lasten der einheimischen Bevölkerung. Dies birgt
die Gefahr, dass auch bislang neutrale Schichten in das
Lager offener Ablehnung wechseln und dem Tourismus
bei Problemstellungen aller Art die Vaterschaft zuspre-
chen – einschließlich der Einladung, hiefür gefälligst
Alimente zu zahlen.
Die eigentliche Herausforderung ist hier nicht die
nüchterne Debatte, in deren Rahmen falsche Schluss-
folgerungen meist unschwer relativiert werden können,
sondern vielmehr der Umstand, dass Verschwörungs-
theorien gleichsam vorauseilende Zustimmung bei den
Leuten erfahren. Dass es im Sog dieser Entwicklung
natürlich schwieriger wird, junge Menschen für eine
Tätigkeit im Tourismus zu begeistern, liegt auf der
Hand. Es ist nachvollziehbar, dass unsere Familien
daran interessiert sind, ihren Nachwuchs in ein besser
beleumundetes Berufsfeld zu lenken.
Die Tiroler Marketingflotte besegelt die Nah- und
Fernmärkte unablässig und höchst effektiv, aber die so
bedeutsame Innenwerbung wurde über Jahrzehnte
sträflich vernachlässigt. Dies erweist sich zunehmend
als Achillesferse, die Diskrepanz in der Wahrnehmung
wird offenbar. Mangels direkterer Teilhabe auch touris-
musferner Kreise am touristischen Erfolgsgeschehen
sind bedrohliche Entfremdungserscheinungen zu dia-
gnostizieren.
Und diese sind wohl nicht alleine mit dem Vorweisen
von Bestnoten im Fremdenverkehrszeugnis zu kurieren,
sondern letztendlich nur durch eine strategisch auf-
Gerhard Föger ist Leiter der Abteilung Tourismus im Amt der Tiroler Landes-regierung.
Ein insgesamt starker Rückhalt im Heimathafen ist nicht mehr aus-reichend gegeben.
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bereitete und ehrliche Partizipation aller, begleitet von
konkreten, individuell erfahrbaren Bonuserfahrungen
aus dem Kreislauf des Fremdenverkehrs. Die Frage
„Habe auch ich selbst etwas vom Tourismus?“ muss in
Tirol unisono mit einem herzhaften „Ja!“ beantwor-
tet werden können, wofür ein abstrakter Verweis auf
mittelbare volkswirtschaftliche Impulse nicht mehr
ausreicht. Es mangelt an offenen Szenarien, an der
Einbindung des humanen Umfeldes, an der Berück-
sichtigung persönlicher Lebensstile. Es geht weniger
um biedere, oftmals komplexe Information, sondern
um das Entfachen von Leidenschaft.
Interesse wieder beleben. Eine derartige Leucht-
kraft nach innen zu entwickeln, wird die touristischen
Akteure – die ohnedies unter starkem Druck stehen, ist
die Branche doch weitgehend vom Könnenwollen zum
Könnenmüssen mutiert – fordern sowie ohne Zweifel
anspruchsvoll und teuer. Es gilt, das allgemeine Interes-
se am Tourismus wiederzubeleben, über das gesamte
Land auszudehnen und dergestalt zu einer kompakten
Gesinnungsgemeinschaft zu finden. Denk- und Ver-
haltensmuster können positiv stimuliert werden, nicht
im Wege einer Volk-bei-Fuß-Philosophie, sondern im
Rahmen einer wertschätzenden Begegnung. Diese
Aufgabe scheint auf neudeutsch alternativlos. Die Ge-
schichte lehrt uns, dass selbst siegreiche Streitkräfte
zurückbeordert werden mussten, sobald zuhause die
Akzeptanz für ihr Tun geschwunden war.
Der heimische Tourismus sollte sich also wieder
festen Grund erarbeiten, einen stabilen und freund-
lich gesinnten Heimathafen mit vielen schmachtenden
Mädchen. Konkret: Ein Teil der Marketingkraft ist nach
innen zu lenken und jeder direkt im und vom Tourismus
Lebende ist aufgerufen, sich als Botschafter einzubrin-
gen. Andernfalls droht jener Anteil der Bevölkerung
(= Wähler), welcher sich vom Tourismus bzw. dem
Gast selbst (= Nichtwähler) abwendet, anzuwachsen.
Eine derartige Verschiebung des Magnetfeldes wür-
de zuletzt und auf lange Sicht womöglich auch die
Kompassnadel der traditionell unerschütterlich hinter
dem Tourismus stehenden Landespolitik beeinflussen
können. Die Branche muss einer derartigen negativen
Neujustierung proaktiv und mit aller Entschlossenheit
vorbauen.
Kurskorrektur. Eine Tourismusdestination darf sich
nur dann als nachhaltig bezeichnen, wenn sie in einem
vitalen Wir-Gefühl der Einheimischen wurzelt. Der Tou-
rismus muss sich also selbst wieder in Wert setzen und
die erforderliche Kurskorrektur einleiten. Der Bürger
soll den touristischen Mehrwert wieder erkennen und
konkret erfahren können. Das ist mühsame Basis- und
Aufbauarbeit, ein steiniger Evolutionsprozess, keine
Frage. Versäumtes ist nachzuholen. Und die Erfolge
werden in den urbanen Zonen weniger rasch zu erzie-
len sein als in klassischen Tourismusdestinationen mit
noch vorhandenem touristischem Grundverständnis.
Womöglich leiden wir an unserer inneren Befind-
lichkeit mehr als an unserer Konkurrenz. Der Tourismus
durchleuchtet permanent die Märkte und weiß relativ
viel über den Kunden der Zukunft, offenbar aber zu
wenig über das eigene Basislager. Gefragt sind nun
Führungsfiguren, die den Prozess anstoßen. Ziel: ein
selbstbewusster Tourismus, der die Agenda selbst be-
stimmt und die Seinen hinter sich versammelt – ein
Tourismus, dessen eigener Hafen kein Hemmschuh,
sondern Motivation und Unterstützung ist. ×
Gefragt sind nun Führungsfiguren, die den Prozess anstoßen. Ziel: ein selbstbewusster Tourismus, der die Agenda selbst bestimmt und die Seinen hinter sich versammelt.
SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
16 1716
„Es braucht mehr Loyalität“
Therese Fiegl, Bauernkiste- und Tiroler-Edle-Erfinderin, über ihre Sicht auf den Tiroler Tourismus: Welche derzeitigen Entwicklungen positiv
verlaufen, wie Regionalität und Nachhaltigkeit neue Wege weisen und wofür der Tourismus Mut aufbringen sollte.
DA S INTERVIEW FÜHRTE JULIA TAPFER .
S
AISON: Frau Fiegl, welchen Bezug haben Sie selbst zum Tourismus in Tirol – abge-sehen davon, dass Sie seit
November 2016 im Aufsichtsrat des Innsbrucker Tourismusverbandes sitzen? THERESE FIEGL: In den Aufsichtsrat bin ich
durch mein Geschäft in der Innsbrucker
Altstadt hineingekommen. Dadurch habe
ich natürlich mit dem Tourismus zu tun,
ich profitiere durch mein Geschäft ja direkt
davon. Ich glaube, dass der Tourismus eine
ganz große Bedeutung für unser Land hat
– von der Wertschöpfung und auch vom
Wohlstand her. In der Altstadt in Innsbruck,
aber auch in vielen ländlichen Gebieten ist
der Tourismus allgegenwärtig.
Mit Ihren Produkten Tiroler Bauernkiste, Tiroler Edle und Tiroler Reine setzen Sie voll auf Regionalität. Warum? Ich habe
meine Diplomarbeit über die Landschafts-
pflegeleistung der alpinen Landwirtschaft
am Beispiel des Tuxertales geschrieben.
Würde man dort diese steilen Hänge nicht
bewirtschaften und mähen, würde der
Hang in kürzester Zeit rutschen und Ver-
murungen verursachen. Im Tuxertal gibt
es ja auch intensiven Tourismus mit vielen
Beherbergungsbetrieben. Man trägt dem,
was die Bauern machen, eigentlich nicht
wirklich Rechnung. Es ist mir ein ganz
großes Anliegen, den Leuten zu kom-
munizieren, was das für einen Wert hat.
Dass es eine andere Wertigkeit hat, wenn
es hier in den Bergen produziert wird als
irgendwo industriell im Flachland.
Wir kann Ihrer Meinung nach der Tou-rismus Regionalität als Marketingmittel umsetzen? Was kann er zur Stärkung der Marke Tirol beitragen? Für mich liegt
es auf der Hand, dass auch die Hoteliers
und Gastronomen die Kulturlandschafts-
leistung der Bauern belohnen, indem sie
die Sachen aus der Umgebung kaufen. Ich
glaube, hier ist viel mehr möglich, als bis-
her geschieht. Jedes Jahr kehren in Tirol
Bauern der Landwirtschaft den Rücken,
zum Beispiel wegen des niedrigen Milch-
preises. Da hat die Gastronomie absolute
Verantwortung! Es geht darum, den hei-
es gut schmeckt. Der Qualitätsanspruch
ist dem Regionalitätsanspruch also min-
destens gleichwertig.
Als Agrarökonomin haben Sie die Bedürfnisse und Veränderungen der Landwirtschaft in Tirol im Blick. Welche Beziehung haben Landwirtschaft und Tourismus? Einerseits hat sich die Klein-
strukturiertheit hier nur erhalten können,
weil die Bauern im Tourismus Möglich-
keiten hatten, Geld dazuzuverdienen.
Das ist schon sehr früh passiert. Deshalb
sind unsere Täler auch alle noch besiedelt
und landwirtschaftlich bewirtschaftet.
Das ist etwas Positives. Auf der anderen
Seite besteht immer ein Spannungsfeld
zwischen Tourismus und Landwirtschaft.
Stichwort: Landschaftsverbrauch, Hotel-
bauten, Liftbauten. Das geschieht immer
in Konkurrenz zu landwirtschaftlich ge-
nutzter Fläche.
Wie kann eine Kooperation zwischen den beiden Bereichen aussehen? Man
muss aufeinander zugehen. Mit gutem
Willen von beiden Seiten. Oft ist es so:
Die Hoteliers sagen, die Bauern könnten
uns nicht bedarfsgerecht beliefern. Die
Bauern sagen, die Hoteliers wollten uns
nicht den Preis zahlen, der ein nachhal-
tiges Wirtschaften ermöglicht. So kommt
man nicht weiter. Da muss man in ganz
konkrete Beziehungen treten.
Viele Hoteliers machen das ja auch
schon. Es geht um ein Aufeinander-Zuge-
hen, damit ein Miteinander möglich ist – so
war es auch bei mir bei der Bauernkiste.
Welche Entwicklungen im Tiroler Touris-mus nehmen Sie derzeit wahr? Welche sehen Sie mit Wohlgefallen, welche mit Sorge? Positiv ist, dass man zunehmend
auf den Sommertourismus setzt. Ich bin
totale Verfechterin des Ganzjahrestou-
rismus, so kann man alles ein bisschen
entzerren. Das hat ganz viele Vorteile. Es
ist auch positiv, dass viele Tourismusver-
antwortliche den Wert der Regionalität
erkennen. Da tut sich schon viel, das will
ich positiv hervorheben. Viele kleine Pro-
jekte sind sehr wertvoll. Der Kugelwald am
Glungezer zum Beispiel, das Ötzidorf in
Umhausen oder das Angebot für Radfah-
rer in Osttirol.
Natürlich bedient man damit nicht
unbedingt die Massen. Aber in den Mas-
sentourismus kann ich mich nicht hinein-
denken. Das unglaubliche Austricksen der
Klimaerwärmung, indem man Gletscher
abdeckt, neue Speicherseen anlegt und
Pisten beschneit, finde ich bedenklich.
Ich bin der Meinung, dass wir mit dem
Schatz der Natur ganz sorgfältig umgehen
müssen, denn nach dieser Erholungsland-
schaft sehnen sich viele Leute.
Welchen Tourismus wünschen Sie sich?
Die Kultur ist mir im Tourismus ein ganz
großes Anliegen. Da bin ich auch im
Aufsichtsrat ganz lästig, ich frage immer:
Und wo kommt die Kultur vor? Das ganz
Besondere an Innsbruck beschreibt der
Slogan „Natur trifft Kultur“ perfekt. Die
Tourismusverantwortlichen sollten das
Kulturthema noch weiter fokussieren. Ich
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ER
misches Bauern ihre Produkte abzukaufen
und nicht zu sagen, das kauf ich wegen ein
paar Cent Einsparung irgendwo anders.
Da braucht es mehr Loyalität. Das kann
man aber auch marketingtechnisch sehr
gut kommunizieren, so dass die Kunden
auch ein gutes Gefühl dabei haben. Und
gute Qualität bekommen.
Was bedeutet Qualität aus Tirol für Sie? Steht die Marke Tirol für Qualität? Ich
glaube schon, dass die Kleinstrukturiert-
heit ein gewisser Garant für Qualität ist.
Aber nur weil etwas aus der Region ist,
heißt das noch nicht automatisch, dass
das gute Qualität hat. Für mich ist bei
meinen Produkten am wichtigsten, dass
glaube, dass das Kulturpublikum schon
eine sehr angenehme Zielgruppe ist, die
auch Geld ausgeben will für Qualität. Mir
ist schon bewusst, dass klassische Kultur-
touristen bei uns im Vergleich zu Salzburg
oder Bregenz noch nicht so zahlreich
sind. Das ist schade, da Innsbruck seit
Kaiser Maximilian eines der europäischen
Kulturzentren war. Die Festwochen der Al-
ten Musik haben dies gut aufgenommen,
aber es wäre noch viel Luft nach oben.
„Qualität darf ihren Preis haben“, sag-ten Sie einmal in einem Interview über Ihre Produkte. Glauben Sie, dass auch der Tirol-Urlauber dieser Meinung ist?
Dass diese Aussage nicht falsch verstan-
den wird: Ich mag es nicht, wenn etwas
total überteuert ist, aber ich zahle gerne,
wenn ich finde, es hat seinen Wert. Da
gibt es bei den Urlaubern natürlich die
„ Ich bin sehr für Vielfalt, da steht man auf mehreren Beinen. Ich glaube, das tut auch dem Tourismus gut.“
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SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
18 19 SAISON
RUBRIK
ZUR PERSON Therese Fiegl ist der Kopf hinter drei Marken: Vor 20 Jahren gründe-te sie die Tiroler Bauernkiste, im Jahr 2001 kam mit der Tiroler Edlen Schokolade dazu und seit 2010 ist die Seife Tiroler Reine Nummer drei im Bunde. Dass Tirol in all ihren Erzeugnissen – nicht nur im Na-men – einen so wichtigen Stellenwert hat, kommt nicht von unge-fähr: Therese Fiegl bezeichnet sich selbst als sehr verwurzelt in Nord-, Ost- und Südtirol, wehrt sich aber gegen die „Mir-san-mir-Mentalität“. Wurzeln und Flügel brauche es, sagt die studierte Agrarökonomin, die in der Innsbrucker Altstadt den Shop Tiroler Edles betreibt. Sich selbst als Firma nennt sie „fiegl vermittelt“, seit November 2016 sitzt die Ti-roler Unternehmerin zudem im Aufsichtsrat von Innsbruck Tourismus.
ganze Bandbreite. Jeder Gastronom
muss für sich entscheiden, wen er an-
sprechen will. Es gibt Leute, die gerne
viele ansprechen, und andere, die es lie-
ber überschaubar halten. Ich glaube aber
schon, dass beides nebeneinander Platz
hat. So wie in der Innsbrucker Altstadt
zum Beispiel – in die Hofgasse passen
die Souvenirläden, die ja sehr viele Tou-
risten anlocken. In der Seilergasse, wo
auch ich mein Geschäft habe, finden
dann eben jene Urlauber etwas, die auf
Handwerk und Regionalität setzen. Man
kann durchaus alle bedienen – aber es
geht immer ums Profil.
Wie beurteilen Sie den Umgang von Tourismus und Unternehmertum in Be-
zug auf globale Entwicklungen wie etwa Convenience-Bedürfnisse? Manche ha-
ben eben den Bedarf, dass sie schnell ihre
Pommes und ihr Würstel bekommen. Für
viele Anbieter ist es wahrscheinlich bei
den Massen gar nicht anders lösbar, und
so hat das auch eine gewisse Berechti-
gung. Aber das Gehobene, Regionale,
das ist die Zukunft! Ich glaube, der Kun-
„Ich glaube, der Kundenstock, der Sehnsucht nach Authentischem hat, wird größer.
Den muss man auch bedienen können.”
In ihrem Shop Tiroler Edles in Innsbruck verkauft Therese Fiegl nicht nur ihre eigenen Produkte, sondern auch ausgesuchte Handwerks-arbeiten und kulinarische Spezialitäten von heimischen Produzenten. Auf Regionalität setzt Therese Fiegl auch bei der Tiroler Bauernkiste – mittler-weile seit 20 Jahren.
denstock, der Sehnsucht nach Authenti-
schem hat, wird größer. Den muss man
auch bedienen können.
Wofür sollte der Tiroler Tourismus Mut aufbringen? Für das Verkehrsthema. Da
müsste man geschlossen dahinterste-
hen und sich auf die Hinterbeine stel-
len. Öffentliche Verkehrsmittel dürften
nichts mehr kosten. Ich glaube, es geht
gar nicht anders, als massiv auf den öf-
fentlichen Verkehr zu setzen und den
wirklich komfortabel zu gestalten. Oder
etwa Car-Sharing – es muss alles in diese
Richtung gehen. Da gäbe es viel Poten-
zial, aber da muss man mutig sein. Das
wären Win-win-Geschichten, auch für die
Bevölkerung.
Wie sollte sich unser Land zukünftig positionieren? Ich habe kürzlich in einer
Predigt von einem Jesuiten gehört: Wir
müssen TOP sein. Wir brauchen Tiefgang,
Offenheit für Neues und ein Profil. Ich
glaube, das kann man auch im Tourismus
anwenden. Ich bin sehr für Vielfalt, da steht
man auf mehreren Beinen. Ich glaube, das
tut auch dem Tourismus gut. Ich war vor
Kurzem zum Beispiel das erste Mal am Stu-
baier Gletscher. Abgesehen davon, dass mir
persönlich dort zu viel Trubel ist, hat mich
beeindruckt, dass man mit dem Snowboar-
den und Freestylen junge Leute aus ganz
Europa anspricht – das ist toll, was denen
dort geboten wird! Ich glaube, es ist auch
wichtig, solche spezifischen Angebote zu
haben. Es ist gut, wenn sich Tiroler Orte in
den Profilen unterscheiden und sich durch
das breite Angebot auch gut ergänzen.
Insgesamt sollten wir vor allem die
Auseinandersetzung nicht scheuen, sie ist
oft notwendig, damit man sich gemeinsam
wiederfinden kann. Man kann im Kleinen
schon viel bewirken. Es muss nicht alles
von oben herab angestoßen werden.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
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2120
„Mit Wachstumszahlen löst man keine Euphorie
mehr aus“Theresa Leitner forscht als wissenschaftliche
Mitarbeiterin am MCI Tourismus in Innsbruck. Dabei setzt sie sich nicht zuletzt mit dem Verhältnis der Tiroler
zum Tourismus in ihrer Heimat auseinander.
DA S INTERVIEW FÜHRTE DANIEL FEICHTNER .
S
AISON: Frau Leitner, wie stehen die Tiroler dem Tou-rismus im eigenen Land ge-nerell gegenüber? THERESA
LEITNER: Das ist schwer zu sagen, da uns
dazu aktuelle Zahlen fehlen. Die letzte
Tirol-Studie darüber fand 1997 statt, eine
österreichweite 2012. Eine neue Erhebung
zu diesem Thema wird es im kommenden
Jahr geben. Generell muss man zwischen
Gesinnung und Bewusstsein unterschei-
den. Das Bewusstsein, also faktisches
Wissen, um die Wichtigkeit und den
wirtschaftlichen Wert der Branche ist si-
cherlich hoch. Die Wahrnehmung der „se-
kundären Werte“, wie Infrastruktur oder
Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, die
auch Einheimische nutzen, ist allerdings
weniger gegeben. Bei der Gesinnung geht
es im Gegensatz dazu eher darum, wie
die Menschen dem Tourismus gegenüber
emotional eingestellt sind.
Und wie sind die Tiroler dem Tourismus gegenüber eingestellt? Das variiert re-
lativ stark. Der Hauptfaktor ist die Nähe
zur Branche. Menschen, die in tourismus-
intensiven Orten leben, im Tourismus
arbeiten und häufiger direkten Kontakt
mit Gästen haben, sind ihm gegenüber
generell positiver eingestellt. Je mehr Dis-
tanz herrscht, desto größer ist die Skepsis.
Das zeigt sich zum Beispiel im städtischen
Raum, wo es mehr berufliche Alternativen
gibt. Zugleich merkt man auch, dass Be-
denken zunehmen, je höher eine Desti-
nation entwickelt ist – wohl ganz einfach,
weil der Tourismus dann sichtbarer wird,
während man sich an positive wirtschaft-
liche Effekte gewöhnt hat.
Die Bevölkerung am Land nimmt gerade in den Tälern zusehends ab. Wirkt sich das auf den Tourismus aus? Es verhält
sich eher andersherum: Gerade in Tirol
hält der Tourismus die Landbevölkerung in
den Tälern. Er bietet Karrierechancen und
schafft eine hohe Lebensqualität abseits
der Ballungsräume. Aber natürlich ist es
so, dass mit mehr Menschen, die in die
Stadt ziehen, auch die Skepsis größer wird.
Der Tourismus hat hierzulande sowohl
als Arbeitgeber als auch in der Umwelt-
thematik nicht das beste Image. Das ist
objektiv betrachtet nicht ganz gerecht-
fertigt, weil er etwa im internationalen
Vergleich durchaus eine starke Rolle in
sozial und ökologisch nachhaltiger Tou-
rismusentwicklung einnimmt. Hier fehlt
es wohl noch am Selbstverständnis und
dementsprechend an der Kommunikation
nach innen.
Und wie würde eine solche Kommuni-kation aussehen? Es besteht offenbar
Druck, Wachstumszahlen vorzuweisen.
Steigerungen, Einbußen und Bauprojekte
gefragt. Um das alles zu erreichen, muss
es aber auch qualitatives Wachstum ge-
ben. Das betrifft nicht nur Infrastruktur,
sondern muss auch Angebotsentwick-
lung, Imagebildung und nicht zuletzt eine
wertorientierte Positionierung beinhalten.
Die Fragen, auf die es dabei immer an-
kommen muss, sind: „Wie wollen wir uns
langfristig sehen und gesehen werden?
Und welche Gäste wollen wir erreichen,
die diese Werte auch teilen?“
Gibt es besonders im urbanen Raum in Tirol Potenziale, die es noch auszu-schöpfen gilt? Gerade Innsbruck bietet
eine einzigartige Kombination aus alpi-
nem und urbanem Lebensgefühl, das
wird in der Kommunikation und der An-
gebotsentwicklung sehr gut umgesetzt.
Die Verbindung von Kultur, Natur und
Sport kommt gut an und wird von Gästen
auch wahr- und angenommen. Innsbruck
ist nicht umsonst eine der erfolgreichsten
Tourismusdestinationen des Landes. Tirol
wird natürlich nie eine Stadtdestination
sein, aber das ist auch nicht das Ziel. Wir
haben es geschafft, ebenso das alpine
Flair in der Stadt zu erhalten, wie am Land
Komfort zu bieten, den man mit Städten
verbindet. Damit vereinen wir das Beste
aus beiden Welten, und das sollten wir
weiter forcieren.
Tirol genießt nicht nur einen hervorra-genden Ruf als Tourismusland, sondern auch als Marke. Identifizieren sich die Tiroler noch mit dem Bild Tirols, wie die Welt es kennt? Der Marke Tirol steht
die Bevölkerung sehr positiv gegenüber
– besonders die junge Generation. Die
Tirol-Mützen werden auch gerade von
Einheimischen gerne getragen, und es
gibt kaum eine Studenten-WG, in der
kein Tirol-Werbung-Poster hängt. Das
„Menschen, die in tourismusintensiven Orten leben, im Tourismus arbeiten und
häufiger direkten Kontakt mit Gästen haben, sind ihm gegenüber generell positiver eingestellt. Je mehr Distanz herrscht,
desto größer ist die Skepsis.“werden jährlich stark thematisiert. In einer
Zeit, in der hoher Wohlstand, aber auch
hohes Umweltbewusstsein herrschen,
löst man damit aber keine Euphorie aus.
Über viele andere positive Effekte wird
hingegen wenig gesprochen. Es ist bei-
spielsweise erstaunlich, dass es über so
lange Zeit gelungen ist, die Branche in
den Händen der Einheimischen und da-
mit die Wertschöpfung im eigenen Land
zu behalten. Die Familienbetriebe leisten
hier beeindruckende Arbeit. Die gebotene
Kombination aus Qualität, Professionalität
und Nähe zum Gast ist ein Alleinstellungs-
merkmal, das viele andere Länder, die sich
zur Tourismusdestination entwickeln wol-
len, anstreben.
Der Tiroler Tourismus hat bereits Spit-zenniveau erreicht. Gibt es denn noch Raum für Wachstum? Und wie kann das erreicht werden? Quantitative Steigerun-
gen sind vor allem im Sommer möglich
– bei der Auslastung, aber auch bei der
Preisbildung. Im Winter wären vor allem
Optimierung und Glättung von Spitzen
„Alpine“ wird auch von den Einheimischen
geschätzt und authentisch gelebt. Die im
Tiroler Weg formulierte Vision, sich als
Tourismusland weiter zum „Inbegriff des
alpinen Lebensgefühls“ zu entwickeln,
baut bewusst auf dieser gemeinsamen
alpinen Identität auf. Das ist auch eine
wichtige Funktion des Tourismus: die
DNA, das Besondere des Landes zu för-
dern, zu verstärken und zu kultivieren. Das
kann Tradition generell ebenso sein wie
Kultur, Landwirtschaft, Handwerk oder
regionale Spezialitäten. Diese Rolle muss
der Tourismus sicher noch stärker und
bewusster einnehmen, um auch seine
Wertschätzung im Land zu erhöhen.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Update auf gut österreichisch.
„ Es ist erstaunlich, dass es über so lange Zeit gelungen ist, die Branche in den Händen der Einheimischen und damit die Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten.“
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ZUR PERSON Theresa Leitner hat Entrepreneurship und Tourismus am Innsbrucker MCI studiert und ist dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. 2011 wurde ihre Arbeit, in der sie das Arbeitgeberimage im Gastgewerbe und dessen Potenziale untersucht hat, mit dem Wissen-schaftspreis ausgezeichnet. Zu ihren aktuellen Forschungsschwerpunkten gehören Touris-musgesinnung, Place Attachment sowie Tou-rismus und Landwirtschaft.
SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
22 23
W
ie viele Tou
risten verträgt
Island?“ „Wi
derstand an
der Rigi“. „Italien im Würgegriff des
Massentourismus“. Die Internetsu
che spuckt beim Stichwort „Tou
rismuskritik“ unzählige Schlag
zeilen durchaus renommierter
Medien aus. „Tourismuslob“ wird
als Schreibfehler erkannt, es muss
„Tourismusjob“ heißen – so meint
jedenfalls Google. Ist aber auch
zu verständlich. Wer sollte den Tourismus auch loben?
Wohl nur jene, die ihn „machen“, das wäre dann auch
eine fade Lektüre.
Barcelona, Dubrovnik, Amsterdam, Venedig ... Die
aktuelle Tourismuskritik erfasst vor allem die Städte.
Urbane Räume, die in den letzten 20 Jahren mit ful
minanten Kulturzentren, spannenden Museen, einla
denden Plätzen ihr Äußeres aufpolierten. Gleichzeitig
blühten die alten gewachsenen Strukturen der kleinen
Läden, Bars, Cafés und des Lebens mit Hinterhof
charme auf, so sie nicht der Modernisierung wichen.
Eine attraktive Einladung an Menschen jeden Alters,
sich auf einer Kurzreise schnell eine Prise Frischluft für
die Seele in den Alltag zu holen. Wer sich noch wie ich
erinnern kann, wie etwa Wien in
den 1970erJahren ausgesehen
hat, der weiß, dass die Attraktivität
von Städtetrips auf keinen Fall aus
jener Zeit stammen kann.
Selbstbewusste Branche. Nun also der Aufstand der (Städ
te)Bereisten. Die Alpen waren
schon dran. Als in den 1980er
und 1990erJahren der Alpen
tourismus, also auch jener in
Tirol, vor den Bruchstücken seiner
(Macher)Vergangenheit stand. Als fließend Kalt und
Warmwasser nicht mehr fürs Urlaubserlebnis reichten.
Als sich eine junge Generation von Gastgebern nicht
mehr zufrieden geben wollte mit „Bett gegen Geld“. Als
der Begriff „Dienstleistung“ mit neuen Inhalten gefüllt
werden musste.
Seitdem hat sich viel getan in puncto Selbstbe
wusstsein einer Branche, die sich nicht mehr länger
als Kulissenschieber für Gäste oder als katzbuckelndes
dienstbares Personal für die, die bezahlen, versteht. Im
Tourismus arbeiten heute viele Menschen, die über In
novationsgeist, Fantasie und eine exzellente Ausbildung
verfügen. Die Freude an der Begegnung mit anderen
Menschen haben und gleichzeitig so viel professionelle
Distanz zum eigenen Tun, dass sie selbstkritisch und
offen für Neues bleiben.
Und doch – die Tourismuskritik verstummt auch
hierzulande nicht. Und wenn schon nicht Kritik, dann
ist es zumindest ein latenter Verdacht, der vor allem in
der städtischen Bevölkerung gegenüber einem Wirt
schaftszweig herrscht, der mittlerweile sehr selbst
bewusst auftritt. Einer der Fallstricke am touristischen
Wirtschaften ist seine Sichtbarkeit, vor allem wenn es
um infrastrukturelle Erweiterungen geht. Nicht Indust
rie und Gewerbezonen sind davon betroffen, sondern
die schönsten Plätze, die „uns allen“ gehören.
Begrenzte Ressourcen. Die Lippenbekenntnisse
vom „Wirtschaften mit der Natur“ führen sich spätestens
dann ad absurdum, wenn es um die Natur selbst geht.
Wirtschaften bedeutet bestmögliche Bedürfnisbefrie
digung mit vorhandenen Ressourcen. Man kann davon
ausgehen, dass menschliche Bedürfnisse prinzipiell
grenzenlos, Ressourcen aber immer begrenzt sind.
„Wir haben schon genug Tourismus“ ist die landläufige
Meinung derjenigen, die nicht direkt davon leben.
Denn Touristen sind immer die anderen, „wir“ sind
AntiTouristen. Sind vielleicht Sportler, Wanderer,
Kulturinteressierte. Wir machen gerne Ausflüge nach
Südtirol, fahren individuell auf Urlaub. Und wir reisen
vorzugsweise dorthin, wo noch nicht alle sind, meiden
Gruppenreisen, überfüllte Strände. Dabei rümpfen wir
die Nase über chinesische, indische oder japanische
Reisende, die in Bussen durch Europa gekarrt werden.
Die schlechte Nachricht: Wir alle sind Reisende. So
bald wir in unserer Freizeit von A nach B fahren, gehören
wir dazu. Wir tun uns schwer mit dem Gedanken, dass
wir auch die Bereisten sind. Und als solche gehören wir
zu den Gastgebern, ob wir nun im Tourismus tätig sind
oder nicht.
Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklun-gen. Gehen wir einmal davon aus, dass wir weder
Österreich noch Europa ab, zu und einsperren wol
len und können, dann verläuft die Tourismusdebatte
haarscharf an der Trennlinie der derzeitigen politischen
und gesellschaftlichen Debatte. Der Tourismus ist wie
keine andere Branche ein Spiegelbild gesellschaftlicher
Entwicklungen.
Deshalb ist dieses „Wir haben genug an ...“ beliebig
zu ergänzen mit „Menschen, Migranten, Autos, Pisten,
Großevents ...“. Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon
in irgendeinem Kontext so gedacht? Dieser Kontext
definiert sich aus dem Ausschnitt der jeweils eige
nen Wirklichkeit. Familien mit Kleinkindern, Pendler,
Pensionisten, Radfahrer, Bewohner eines städtischen
Hochhauses und solche am Bergbauernhof – sie alle
haben ihre speziellen Bedürfnisse. Sie alle haben ihre
Wirklichkeit, die wahr ist.
Deshalb ist es zu kurz gegriffen, wenn angesichts
einer verlorenen Olympiaabstimmung mit Verurteilun
gen gearbeitet wird. Die Gegner des „Brückenschlags“
LizumSchlick sind keine Bornierten, die zu blöd sind,
um die Grundzüge des Wirtschaftens zu erkennen.
Genauso wenig wie sich Touristiker, die sich für neue
Erschließungen aussprechen, in die Schublade von
gierigen Umweltzerstörern packen lassen.
Touristische Zusammenhänge. Der Irrtum
auf Seiten jener, die etwas bewegen wollen und da
bei die Holschuld der Überzeugungsarbeit einlösen
müssen, ist jedoch zu glauben, Information alleine sei
Argument genug. Zahlen, Tabellen, Hochrechnungen
... sie mögen wichtig sein. Aber nicht für all jene, die
„genug haben“. Hier geht es um Emotionen, es geht um
das Durchbrechen der Wahrnehmungsschranken beim
jeweils anderen. Dabei ist es nicht ganz unwichtig, den
gesellschaftlichen Wandel zu sehen. Die Menschen in
den Städten oder jene aus anderen Kulturkreisen haben
kein traditionelles Verhältnis zu und Verständnis von
touristischen Zusammenhängen.
Die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen,
ist für jeden Touristiker in der Außenwerbung selbst
verständlich. In der Innenkommunikation setzt man
bei vielen Themen auf Lobbying und erreicht damit
meist die „Sympathisanten“. Will man tourismusferne
Menschen – und von denen wird es in nächster Zeit
immer mehr geben – erreichen, dann wird man auf sie
zugehen müssen. Bewegung ist schließlich der Impuls
fürs Reisen. Das bringt Robert Gernhardt so treffend
auf den Punkt, wenn er den Satz „Der Weg ist das Ziel“
auf seine Art fortsetzt: „... und wenn sich keiner mehr
bewegt, ist das Ziel auch weg.“ ×
Der latente Verdacht gegenüber dem Tourismus
Will man tourismusferne Menschen im eigenen Land erreichen, wird man auf sie zugehen müssen – und sich dabei nicht nur auf Zahlen und Fakten beschränken können.
VON HELENE FORCHER
Wir alle sind Reisende. Wir tun uns schwer mit
dem Gedanken, dass wir auch die Bereisten
sind. Und als solche gehören wir zu den
Gastgebern, ob wir nun im Tourismus tätig sind
oder nicht.
Die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen, ist für jeden Touristiker in der Außenwerbung selbstverständlich. In der Innen kommunikation setzt man bei vielen Themen auf Lobbying und er-reicht damit meist die „Sympathisanten“.
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ZUR PERSONNach ihrem Übersetzerstudium arbeitete Helene Forcher im Kommunikationsbereich als Redakteurin, Leiterin der Kommunikationsabteilung der Tirol Werbung (1989–1993), Pressesprecherin. 1995: Gründung der Agentur Forcher mit Tourismusprojekten (AlpNet, Berg.Welten, ENTER usw.). Schwerpunkt seit 2017: Logotherapeutin und Unternehmenstrainerin.
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DAS BILD DES TOURISMUS
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„Es wird zu wenig über den Tellerrand geschaut“
Der Zillertaler Paul Richter hat in Russland eine steile Manager-Karriere hingelegt. Nach Tirol kommt er immer wieder gern. Die Potenziale im Tourismus sieht
er allerdings zu wenig ausgeschöpft – kein Verständnis hat er für das Olympia-Nein.
DA S INTERVIEW FÜHRTE SUSANNE GURSCHLER .
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RIV
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AISON: Herr Richter, Sie le-ben und arbeiten seit über zehn Jahren in Russland, hat sich Ihr Blick auf Tirol ver-
ändert beziehungsweise wie nehmen Sie das Land aus der Ferne wahr? PAUL
RICHTER: Mein Blick hat sich insofern ver-
ändert, als dass mein Tiroler Nationalstolz
kräftig gewachsen ist. Der Abstand macht
alles wieder interessanter. Der Gegensatz
Megapolis Moskau und Tirol – am Beispiel
Innsbrucks – ist unheimlich groß und ich
habe dadurch gelernt, nicht zu verglei-
chen, sondern vielmehr im Sowohl-als-
auch zu leben. Die Schönheit Tirols und
die Vorteile dieses Landes sehe ich jetzt,
aus der Ferne, viel besser und ich nehme
alles intensiver wahr, wenn ich daheim bin.
Welche Bilder gibt es international über Tirol und wofür steht Tirol abseits des Tourismus? Die Natur steht an erster
Stelle. Dann aber steht Tirol für Sicher-
heit, Wohlstand und Lebensqualität! Das
weiß schon fast jeder Taxifahrer, ob aus
Russland, Armenien, Georgien oder von
woanders. Über den Tourismus hinaus
gibt es nichts, was international mit Tirol
in Verbindung gebracht wird. Das muss
man ganz klar sagen – und ich komme viel
herum. Die Menschen fahren nach Tirol,
um Urlaub zu machen. Es ist ein wirklich
schönes Land, es bietet viel: Wintersport,
Kultur, Geschichte – Innsbruck bietet hier
einen großen Mehrwert zusätzlich zum
sportlichen Angebot. Die Marke Tirol ist
hervorragend unterfüttert. Das Land hat
kein Silicon Valley. Es hat Natur, auf die
man schauen muss. Das Ambiente ist
super, man fühlt sich sicher in diesem
Land, und im Vergleich etwa zu Städten
wie Moskau sind die Verkehrsprobleme in
Tirol geradezu verschwindend. In Moskau
stehst du drei Stunden im Stau für fünf
Kilometer.
Sehen Sie eine Diskrepanz zwischen dem Land Tirol und der Tourismus-marke Tirol? Nein. Die Tourismusmarke
Tirol hat Tirol über die Grenzen hinaus
„modern“ gemacht, das heißt, für mich
ist Tirol am Puls der Zeit, gleichzeitig
sind die Traditionen sehr lebendig. Diese
wunderbare Kombination aus WLAN und
Almhütte, Sportsgeist und Ausspannen –
ich denke, die Marke Tirol zieht die Leute
an, weil Erwartungshaltung und Realität
übereinstimmen. Die Bildsprache der Tirol
Werbung geht mit der Zeit. Tirol ist nicht
alt, sondern jung, das sieht man auch im
Tirol Shop. Wenn ich in Innsbruck bin,
kaufe ich dort ein. Der Abstand macht
einem klar, wie viel Tolles es in Tirol gibt.
Als alter Zillertaler zum Beispiel kann ich
nur sagen, dass das Gauderfest wirklich
perfekt gemacht wird.
Wie stehen die Tirolerinnen und Ti-roler aus Ihrer Sicht dem Tourismus grundsätzlich gegenüber? Gibt es da Unterschiede im Land? Ich denke, dass
die Tiroler schon viel dazugelernt haben,
von der Masse hin zur Klasse. Wenn auch
vielfach das Wort noch mehr zählt als die
Realität. Was ich einfach nicht verstehen
kann, ist, dass die Tiroler sich diese ein-
malige – eigentlich dreimalige – Chance
einer Winter-Olympiade entgehen lassen.
Ein Riesenfehler in meinen Augen! Da
mangelt es an Weitblick.
Womit hat das Ihrer Ansicht nach zu tun? Es wird einfach zu wenig über den
Tellerrand geschaut. Es mag auch Selbst-
zufriedenheit eine Rolle spielen, vielleicht
auch Kleingeistigkeit. Wenn ich mir an-
schaue, welche Aufbruchsstimmung in
Wolgograd im Zusammenhang mit der
Fußball-WM 2018 herrscht, wie die Leute
dem Ereignis entgegenfiebern, wie viel sie
investieren. Sie erkennen die Chance und
nutzen sie. Der Effekt ist jetzt schon riesig:
Die Menschen sind total stolz, dass sie die
WM umsetzen können, das gibt Energie.
Offensichtlich gibt es in der Wahrneh-mung der touristischen Chancen ein starkes Stadt-Land-Gefälle. Besonders deutlich fiel bei der Befragung zur Olympia-Bewerbung 2026 das Nein in Innsbruck und den Bezirksstädten aus. Worauf würden Sie das zurückführen?
Das Problem ist wohl, dass die Einheimi-
schen das Land nicht als Ganzes sehen,
also nicht sehen, dass der Effekt nicht nur
für die Austragungsorte groß ist, sondern
für das ganze Land. Es scheint ein biss-
„Aus Tiroler Sicht kann ich nur sagen: Achtung,
Russland ist technologisch mehr up to date als Tirol
im Ganzen!“
SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
SAISON
RUBRIK26 27
chen das Motto zu herrschen: Uns geht
es gut, wir brauchen das nicht. Das ist für
mich zu kurz gedacht. Die Konkurrenz
ist international riesig. Man kann heute
überall hinfliegen. Wintersportorte – auch
in Russland – werden zu einer echten
Konkurrenz für Tirol. Die Gefahr ist also
groß, dass Tirol eine Patina kriegt. In der
Wirtschaft ist es so: Ich muss jeden Tag
darüber nachdenken, was ich besser
machen kann. Im Tourismus ist es nicht
anders, und wenn sich eine Chance ergibt,
muss ich sie nutzen.
Russland ist mit 0,8 Prozent Marktanteil bei den Nächtigungen derzeit in Tirol auf Rang 12 der Herkunftsmärkte (2016/17), wobei der Winter die bevorzugte Saison ist. Sowohl Winter als auch Sommer verzeichnen kontinuierlich Zuwächse. Was macht Tirol für russische Touristen interessant? Was mögen sie an Tirol? Der
Gegensatz zieht an. Tirol ist einfach der
krasse Gegensatz zu allem in Russland!
Und die Marke zieht an. Tirol heißt Sport,
sich ausleben oder sich erholen, das Land
ist preislich attraktiv und für junge Russen
ein Lifestyle-Gelände mit Traditionen, die
man gerne nach Hause mitnimmt. Das
Flair der Skihütte, die Nähe zu den in-
ternationalen Flughäfen, die gleichzeitig
auch Ausflugsziele sind. Ich habe viele
Freunde, die Tirol jährlich besuchen, und
mich macht es stolz, dass meine Tipps
positive Wirkung zeigen.
Was unterscheidet Ihrer Ansicht nach den russischen Gast von anderen, was erwartet er sich und sehen Sie das erfüllt?
Gottseidank ist das Image des „Wodka in
der Sauna“- und Krachmacher-Russen im
Vergehen. Aus Tiroler Sicht kann ich nur
Beliebteste Urlaubsdestinationen sind das Ötztal, Mayrhofen-Hippach, Paznaun-Ischgl – was macht diese Regionen Ihrer Ansicht nach besonders attraktiv? Die
Werbung hat hier die Finger im Spiel. Aber
mehr und mehr Russen sehen sich nach
Alternativen um, da einige Regionen schon
zu sehr massentouristisch geworden sind
und der Qualitätstourist anders denkt.
Nehmen Sie Tendenzen im Reiseverhal-ten wahr und wo sehen Sie Tirol diesbe-züglich in der Zukunft? Mit dem Olympia-
Nein wurde eine riesen Chance vertan.
Somit heißt es halt: hart arbeiten, das
beste Service bieten und die Natur nicht
ruinieren. Tirol bietet viel, aber noch nicht
genug – da gibt‘s noch viel zu tun. Gerade
was Zukunftsideen anbelangt, muss man
die Kräfte, die kreativen Köpfe im Land viel
mehr einbinden und fördern. Da braucht
es Mut, Neues anzudenken. Nur ein Bei-
spiel im Bereich Mobilität, weil ich mich
jedes Mal ärgere, wenn ich nach Innsbruck
fahre. Die technologischen Möglichkeiten
werden hier noch viel zu wenig genutzt.
In Moskau informiert mich eine App über
Parkmöglichkeiten, zeigt mir aktuell alle
an. Neue Technologien sind dazu da, den
Menschen das Leben zu erleichtern. Sie
sollen sich wohler fühlen, weniger Stress
haben – man muss diese Technologien
halt auch nutzen.
Zum Abschluss ein Gedankenspiel: Wäre Tirol ein Unternehmen und Sie dessen Leiter, was würden Sie anstreben, was verändern? Ich würde betriebswirt-
schaftlich vorgehen und alle Läden
schließen, die nicht rentabel sind, und
sagen: Achtung, Russland ist technolo-
gisch mehr up to date als Tirol im Ganzen!
Das heißt, Tiroler müssen die Russen mehr
ernst nehmen als noch vor zehn Jahren.
Die Wirtschaft geht aufwärts, Geld ist da
und die Russen sind gewöhnt, Geld aus-
zugeben und das Leben weit mehr zu ge-
nießen, als wir „gsparigen Tiroler“ es uns
überhaupt vorstellen können. Der Russe
liebt Kultur, gutes Essen. Trinken ist weit
weniger angesagt, als wir denken. Der
Charakter der Russen ist unserem nicht
unähnlich: Einmal Freunde gewonnen,
also richtig gewonnen, heißt für Russen
„durch dick und dünn gehen“ und das heißt
im Tourismusjargon: Stammgast! Hier tun
sich große Chancen auf. Gleichzeitig gilt
es zu bedenken, die Welt ist klein. Meine
russischen Freunde fliegen überall hin,
Distanzen spielen keine Rolle. Ich selbst
fliege jede Woche circa drei, vier Stunden
und spüre die Distanz nicht mehr. Das
heißt, wer den Russen nicht ehrt, der wird
ihn nicht wiedersehen. Alternativen gibt‘s
genug – und Sotschi steht den Zillertaler
Skibetrieben um nichts nach. Für mich
sind die Pisten dort sogar anspruchsvoller.
ZUR PERSONPaul Richter, aufgewachsen in Fügen im Ziller-tal, Master of Business Administration (MBA), ausgebildet in St. Gallen und Wien, war lange als Prokurist für das Möbelhaus Wetscher tätig, dann Verkaufsleiter bei Kika Möbel in Österreich. Seit 2006 arbeitet Richter in Russland für verschiedene Handelsbetriebe – bis 2013 für M.video, die Nummer eins in der Unterhaltungselektronik. 2013 wurde er Chief Operations Officer (COO) der russischen Kinderwarenkette Korablik und seit 2017 leitet und expandiert er als COO die Modekette Modis. Derzeit arbei-tet er am „Fashionstore der Zukunft“: Der erste interaktive und ganz am Kunden ausgerichtete Store wird im Sommer 2018 eröffnet.
auf der anderen Seite alles daransetzen,
die Zukunft mit der Tradition zu verbin-
den. Den Taxidienst Uber gibt‘s fast in
ganz Russland, das Internet regelt das
tägliche Leben im Verbund mit 24 Stun-
den Öffnungszeiten, sieben Tage die
„Über den Tourismus hinaus gibt es nichts, was international mit Tirol
in Verbindung gebracht wird. Das muss man ganz klar sagen.“
Woche. In Russland ist das alles längst
selbstverständlich. Das heißt, ich würde
die neue Welt massiv integrieren – die
Wünsche der zukünftigen Besucher mit
Konsequenz umsetzen, um immer den
nötigen Schritt voraus zu sein. Investi-
tionen tätigen, wo die Ertragsrechnung
stimmt und der Kundennutzen einen
Wettbewerbsvorteil verspricht. Dynamik
und Weltoffenheit sind wichtig – es gibt
ja nicht nur Russland, denken wir an
China, Indien. Einmal nach Dubai reisen,
die ganze Welt sehen und sie nach Tirol
einladen – das wäre innovativ und in die
Zukunft gedacht.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Verkehrsinfarkt in Moskau. Tirol punk-
tet bei russischen Urlaubern mit Natur,
Sicherheit und der Möglichkeit, sich
zu entspannen. Die Verkehrsprobleme
hierzulande sind im Vergleich zur Metro-
pole Moskau „gerade-zu verschwindend“.
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I N N S B R U C K | Tel. 0 512 - 3336-0
V O M P | Tel. 0 52 42 - 642 00-0
W Ö R G L | Tel. 0 53 32 - 737 11-0
K I R C H D O R F | Tel. 0 53 52 - 645 50
SAISON
DAS BILD DES TOURISMUS
29
A utorin Stefanie Holzer, die Vor-
jahres-Siegerin in der Kategorie
Jungjournalist Tatjana Kerschbau-
mer, David Pfeifer (Süddeutsche Zeitung),
Michael Pause (Bayerischer Rundfunk) und
Bergwelten-Chefredakteur Markus Honsig
saßen in der Jury für den diesjährigen
Reise journalismuspreis Berg.Welten, den
die Tirol Werbung bereits zum zwölften
Mal ausgeschrieben hatte. Über 100 Ein-
sendungen waren in den unterschiedli-
chen Kategorien eingelangt.
Berg.Welten-Preisträger gekürtAuch in diesem Jahr hat die Tirol Werbung die besten Geschichten
und Bilder rund ums Thema Berg ausgezeichnet.
28 MAGAZIN
Branchentreff in der SchweizVom 9. bis 11. Jänner 2018 findet der European Travel Summit in Crans-Montana in der Schweiz statt. Die Anmeldung läuft.
D er European Travel Summit
findet im Jänner 2018 zum
zweiten Mal statt. Rund 150
internationale Führungskräfte kommen
hier zusammen, um sich auszutauschen
und um voneinander zu lernen. Auf dem
Programm stehen Themen wie Markt-
forschung, strategisches Marketing oder
Vorstand und Geschäftsleitung des Vereins mit Vertretern der Tirol Werbung: Josef Schirgi, Florian Phleps, Conny Friesenbichler, Ingrid Schneider, Marlies Erhard, Karl Atzinger und Günther Hauser (v. l.)
Das Siegerbild von Moritz Attenberger
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D ie Kernleistung des Vereins ist die
Sicherstellung einer qualitätsge-
prüften Kinderbetreuung in den
Mitgliedsregionen mit jährlich wechselnden
Mottos und einem Programm, das sich an
der Natur- und Freizeitpädagogik orientiert.
Das Credo von Geschäftsführerin Mar-
lies Erhard lautet: „Kinder müssen Natur
spielerisch erleben können, das garantieren
unsere geschulten Kinderbetreuerinnen
und -betreuer“. Über die verpflichtenden
Schulungen hinaus gelten für die Regionen
und Betriebe Qualitätskriterien, welche
die Entwicklung eines attraktiven Som-
merangebots für Familien unterstützen.
Aktuell sind 16 Tourismusverbände beim
Verein, 2018 kommt die Wildschönau neu
dazu. Durchschnittlich betreuen die Tiro-
ler Familiennester rund 30.000 Kinder pro
Sommersaison. ×
M it mehr als 700.000 Nächtigungen im Tourismusjahr 2016/17 ist Tschechien
bereits der neuntwichtigste Herkunftsmarkt für den Tiroler Tourismus. In den
vergangenen fünf Jahren konnten die Nächtigungen im Sommer um mehr als
50 Prozent und im Winter um zehn Prozent gesteigert werden.
Aus aktuellem Anlass reiste eine Tiroler Delegation vor Kurzem nach Prag. Dem Tiroler
Landesfürsten Ferdinand II., der eine Zeit lang Statthalter in Prag war, hatte das Schloss
Ambras eine Jubiläumsausstellung gewidmet, die nun in Prag zu sehen ist. Zusätzlich
standen für die Vertreter von Land Tirol, Stadt Innsbruck, der Tirol Werbung, der Wirt-
schaftskammer Tirol, der Tiroler Sparkasse, Feratel und von zehn Tourismusregionen
zahlreiche Treffen mit Reiseveranstaltern und Journalisten auf dem Programm. ×
Tschechische Gäste zieht es immer stärker nach Tirol Reisende aus der Tschechischen Republik entdecken Tirol
als attraktives Kultur- und Urlaubsland. Eine Tirol-Delegation präsentierte kürzlich in Prag die Vorzüge des Landes.
VERBANDSSPITZE IN KITZBÜHEL BESTÄTIGT
Das Führungsteam um Präsidentin Signe Reisch
und Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Burger wurde wiedergewählt. Eine Änderung gibt es in der Geschäftsführung: Direktorin Brigitte
Schlögl verlässt den Verband.
OBMANN IN REUTTE BESTÄTIGT
Hermann Ruepp wurde als Obmann des TVB Naturparkregion Reutte bestätigt, seine Stellvertreter sind Natalie Klotz und Markus
Saletz. Zum Aufsichtsratsvorsitzenden wurde Armin Walch gewählt.
NEUER OBMANN IN ST. ANTON
Der neue Obmann des TVB St. Anton heißt Josef Chodakowsky. Ihm zur Seite stehen
Markus Senn und Walter Thöny als seine Stellvertreter. Der bisherige Obmann Richard Walter ist nicht mehr als Obmann angetreten,
ist jetzt aber Aufsichtsratsvorsitzender.
PROFILE
20 Jahre FamiliennesterVor 20 Jahren wurde der Verein der Tiroler Familien-nester gegründet. Er setzt Qualitätsstandards für das Sommer-Familienangebot von Tourismusregionen und Betrieben. Das Jubiläum wurde im Rahmen der Vollversamm-lung des Vereins gefeiert.
auch Trends und Best-practice-Beispiele.
Neben einer Tiroler Delegation wird auch
Josef Margreiter – in doppelter Funktion
als Präsident von AlpNet und Geschäfts-
führer der Tirol Werbung – am European
Travel Summit als Referent teilnehmen.
Alle Infos und Anmeldung unter
www.europemts.com ×
Ausgezeichnet wurde in der Kategorie Wort
die Reportage „Der letzte Bolt“ von Günther
Kast, der über die Schönheit und den Verfall
Kubas eine unerwartete Geschichte erzählt.
Korbinian Eisenberger erhielt für seinen
Text „Tiefgründig“, der eine Höhlenrettung
schildert und dabei einen stillen Antihelden
porträtiert, den Jungjournalisten-Preis. Mo-
ritz Attenberger überzeugte in der Kategorie
Bild. In der Kategorie Multimedia wurde das
Preisgeld unter den drei Shortlist-Nominier-
ten aufgeteilt. ×
W ir freuen uns außerordentlich, von Gault&Millau Österreich zum Hotel des
Jahres 2018 gekürt worden zu sein. Das bestärkt unser Streben nach Luxus,
Qualität und Individualität auf höchstem Niveau“, sagen die Eigentümer
Judith Volker und Axel Bach zur Auszeichnung. Der Feinschmecker-Guide lobte unter
anderem das „äußerst charmante und zugleich höchst professionelle Tannenhof-Team“
und sagt auch: „Wir lieben jene kleinen Hotels, die einfach nur großartig sind.“
Seit 2015 ist James Baron Küchenchef im Tannenhof, der Gault&Millau vergab drei
Hauben oder 18 Punkte an den jungen Briten. Zum besten Restaurant in Tirol wurde
wieder das Restaurant Simon Taxacher in Kirchberg mit vier Hauben und 19 Punkten
gekürt. Das Alexander mit Küchenchef Alexander Fankhauser in Hochfügen, das Stüva
mit Benjamin Parth in Ischgl und die Paznaunerstube mit Martin Sieberer in Ischgl
erhielten jeweils drei Hauben und 18 Punkte. ×
Hotel des Jahres 2018Das Hotel Tannenhof***** Superior in St. Anton am Arlberg wurde von Gault&Millau Österreich als bestes Hotel 2018 ausgezeichnet.
Herausgeber Martina Hohenlohe (li.) und Karl Hohenlohe (re.) vergaben den Preis an die Eigentümer Axel Bach und Judith Volker.
BÄR UND BLOCHBeim Fisser Blochziehen spielt selbstverständlich der Bloch die tragende Rolle, 2018 genießt aber der Bär als Leitfigur besondere Aufmerksamkeit. Beim Fasnachtsumzug in Fiss sorgt er – neben vielen anderen Figuren – für das Fortkommen des Blochs.28. 1. 2018, 12.30 h, Fiss, Dorfzentrum
BAUKUNST UND MODERNEWilli Stigler (1903–1976) zählte mit Franz Baumann, Lois Welzenbacher und Siegfried Mazagg zu den führenden Vertretern der Tiroler Moderne. Ihm widmet das Archiv für Baukunst eine Personale, die in Pläne, Arbeitsweise und Bauten Einblick gibt.bis 16. 2. 2018, Archiv für Baukunst, Innsbruck
GEIST UND CEMBALOSelten hat ein Cembalist sein Instrument mit so viel Ideenreichtum, revolutionärer Kraft und Virtuosität gespielt wie der junge Musiker Mahan Esfahani. Nun kommt der Ausnahmecembalist auf Einladung der Jeunesse nach Innsbruck.19. 2. 2018, 20 h, Landeskonservatorium, Innsbruck
WEITERE VERANSTALTUNGENOrient Okzident Express, Konzert5. 1. 2018, 21 h, Kulturlabor Stromboli, Hall,www.stromboli.atZwei Männer ganz nackt, Komödiebis 6. 1. 2018, 20 h, Innsbrucker Kellertheater,Innsbruck, www.kellertheater.atMarkus Koschuh: Hochsaison. Der Letzte macht das Licht aus. Kabarett1. 2. 2017, Komma, Wörgl, www.komma.atPlamena Nikitassova spielt Bach-Violinsonaten25. 2. 2018, 20 h, Collegium Canisianum,Innsbruck, www.innsbrucker-abendmusik.at
KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER
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SIL
29
SAISON
MAGAZIN
N
ach mehreren Jahren Vorar-
beit ging 2009 Tirol Tourism
Research (TTR) online. Die
Grundidee hinter der Informationsplatt-
form war und ist, Wissen und Daten aus
der Tourismusforschung zu teilen bzw.
zugänglich zu machen und einfach auf-
zubereiten. Brauchte man vor TTR Zahlen
oder andere Informationen zum Thema
Tourismus, waren die Tirol Werbung und
die Statistikabteilung des Landes Tirol und
später das Management Center Innsbruck
(MCI) Anlaufstelle.
Da viel Zahlenmaterial bereits vor-
handen war und mit der Arbeit des MCI
Tourismus noch weiteres dazu kam,
entschlossen sich die Tirol Werbung und
MCI schließlich zur Kooperation, und die
31
tionen im Alpenraum. Mit dem TTR habe
Tirol damit laut Phleps wieder einmal eine
innovative Benchmark gesetzt.
Digitale Frischzellenkur. Vor rund
einem Jahr startete ein kleines Team
unter der Leitung von Florian Phleps
und Hubert Siller mit dem Relaunch der
Plattform TTR. Das erklärte Ziel: die In-
halte noch einfacher, noch übersichtlicher
und noch benutzerfreundlicher aufzu-
bereiten. Verstärkt sollen nun in Zukunft
kurze Zusammenfassungen von Studien
und Kongressen oder auch sogenannte
„Best-of“-Beiträge am TTR erscheinen.
Die überarbeitete Plattform ist in die vier
Hauptthemen „Statistik“, „Märkte und
Themen“, „Innovation und Inspiration“
sowie „Tourismusforschung“ unterteilt.
Klare Zielgruppen. Nach wie vor
wird es auch ausführlichere Inhalte und
Studien geben, diese rücken aber mehr
in den Hintergrund. Optisch ist man
klarer, strukturierter und auch freundli-
cher geworden – und hat auch Hürden
abgeschafft, die den einen oder anderen
vielleicht von der Nutzung der Plattform
abgehalten haben, wie Florian Phleps
schildert: „Man muss sich im neuen TTR
nicht mehr registrieren.“
In der ersten Version des TTR nutzte
man die Registrierung bewusst, um he-
rausfiltern zu können, ob man auch jene
Nutzer erreicht, auf die man es abgesehen
hatte. Was gelungen ist, bestätigt Hubert
Siller: „Touristische Leitbetriebe waren
schnell an Bord, ebenso wie zahlreiche
Idee zum TTR war geboren. „2009 war
die Plattform eine echte Innovation in der
Branche. Mittlerweile wurde sie vielfach
und erfolgreich kopiert“, erzählt Hubert
Siller, Leiter des MCI Tourismus.
Tirol Werbung und MCI vereinten auch
die Tatsache, dass sie ähnliche Partner
haben, die mit ähnlichen Anliegen an
sie herantreten, sowie der gemeinsame
Anspruch, Wissen einfach und praxisre-
levant zu vermitteln. „Fundiertes Wissen
der Markt- und Umfeld-Situation ist die
wichtigste Basis für strategische Entschei-
dungen“, erklärt Florian Phleps, Prokurist
in der Tirol Werbung. Nach dem Start 2009
zeigte sich bald, dass die Plattform nicht
nur von heimischen Touristikern genutzt
wird, sondern auch von anderen Destina-
„Gute Theorie hat der Praxis
noch nie geschadet“
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LER
„ 2009 war die Plattform eine echte Innovation in der Branche. Mittlerweile wurde sie vielfach und erfolgreich kopiert.“
HUBERT SILLER, LEITER DES MCI TOURISMUS
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„ Fundiertes Wissen der Markt- und Umfeld-Situation ist die wichtigste Basis für strategische Entscheidungen.“
FLORIAN PHLEPS, PROKURIST IN DER TIROL WERBUNG
Marketingverantwortliche in den Tiroler
Destinationen. Schwieriger ist es, auch
kleinere Betriebe für die Wissensplattform
zu gewinnen.“
Kleine Betriebe im Visier. Auch mit
der Überarbeitung der Plattform sind die
Zielgruppen letztlich dieselben geblieben.
Gezielt will man Anreize für die angespro-
chenen kleineren Betriebe schaffen. Das
soll einmal durch die neue Struktur und
Optik gelingen und andererseits auch
über die Einbindung einer weiteren touris-
tischen Institution: „Wir werden die Tiroler
Vermietercoaches verstärkt auf den TTR
als praktische Plattform für die Beratung
der heimischen Tourismusbetriebe hin-
weisen“, erklärt Prokurist Florian Phleps.
„Die Coaches, die in den Regionen vor
Ort sind und aktiv auf Vermieter zugehen,
nehmen auch Fachwissen in ihrer Arbeit
mit den Betrieben auf und genau dafür
kann das TTR sehr gut eingesetzt werden.“
Anreize, die Plattform TTR zu nutzen,
gebe es laut Hubert Siller genug: „Span-
nende Themen rund um innovative, pra-
xisnahe Beispiele, auch aus der Welt der
Forschung. Wie heißt es so schön? Eine
gute Theorie hat der Praxis noch nie ge-
schadet.“
Neben diesem verstärkten Fokus auf
Betriebe ist für die Informationsplatt-
form Tirol Tourism Research auch in den
kommenden Jahren eine Weiterentwick-
lung geplant. Im Zusammenhang mit
der Nutzung von Zahlen und Statistiken
sollen interaktive Elemente zum Einsatz
kommen. Die Plattform soll so nicht nur
dazu dienen, Wissen und Zahlen zu sam-
meln, sondern soll auch stets aktuell und
in Bewegung bleiben – wie die Branche,
die sie abbildet. ×
Neu präsentiert sich seit An-fang Dezember die Informa-tionsplattform Tirol Tourism
Research (TTR). Nach einer inhaltlichen wie optischen Überarbeitung ist das dort
gesammelte Wissen rund um das Thema Tourismus noch
einfacher verfügbar.
VON REBECC A MÜLLER
Auf einen Blick: Das neue TTR ist noch übersichtlicher, die vier Hauptthemen „Statistik“, „Märkte und Themen“, „Innovation und Inspiration“ sowie „Tourismusforschung“ bilden die Basis der Wissensplattform.
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SAISON
MAGAZIN
Das 1x1 der Vermieter
Die Vermieterakademie Tirol soll seine Mitglieder unterstützen, ihnen schnelle Hilfe bieten und sie an aktuelle Themen und Trends heranführen.
Seit fünf Jahren sorgen ihre Referenten für praxisorientierte Seminare, von denen nicht nur die Vermieter etwas mitnehmen können.
VON HANNAH PIXNER
K
leine Beherbergungsbetrie-
be zu unterstützen und den
heimischen Tourismus zu
stärken, das sind die Ziele der Vermie-
terakademie Tirol. Um diese zu errei-
chen, bietet sie zahlreiche Workshops
und Seminare an. Seit ihrer Gründung
2012 wurden 650 Veranstaltungen der
Akademie von über 6.000 Teilnehmern
besucht – und das in allen 34 Tiroler
Tourismus-Destinationen.
DIE VERMIETERAKADEMIE• Gegründet 2012• Bietet Privatvermietern, Hotels und
gewerblichen Betrieben Seminare über den ansässigen Tourismusverband
• Ab 2018 e-Vermieterakademie Tirol
32
Weitreichendes Programm. Die
Seminare decken weitflächig alle essen-
ziellen Inhalte für einen erfolgreichen
Beherbergungsbetrieb ab. Dabei werden
nicht nur Themen wie die klassische Pro-
dukt- und Angebotsgestaltung behandelt,
sondern auch Marketing, Webdesign und
Qualitätssicherung. Die aktuellen Trends
und Entwicklungen dürfen dabei natürlich
auch nicht fehlen. Die neuesten Partner
der Vermieterakademie, die Tiroler Raiff-
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„ Das anhaltende Interesse an der Ver-mieterakademie zeigt, dass mit dem Angebot eine der nachhaltigsten Bildungsoffensiven des heimischen Tourismus geschaffen wurde.“
LANDESHAUPTMANN GÜNTHER PLATTER, TOURISMUSREFERENT
eisenbanken, bringen den Teilnehmern
der Seminare alles rund um Investition,
Finanzierung und Betriebswirtschaft nä-
her. Raiffeisen stellt 47 Fachreferenten zur
Verfügung, die neben den 50 „Vermieter-
coaches“ die Touristiker bei der Umsetzung
des Erlernten unterstützen sollen.
Networking. Die Vermieterakademie
ist jedoch mehr als nur eine Bildungs-
plattform, wie Gerhard Föger, Vorstand der
Abteilung Tourismus des Landes, erklärt:
„Sie ist auch eine Vernetzungsplattform.
Neben der Schaffung von Synergien und
Aneignung von Know-how haben die
Teilnehmenden die Chance, Gleichge-
sinnte kennenzulernen und Erfahrungen
auszutauschen.“
Im Kreise anderer Vermieter kann man
sich Strategien zur Problembewältigung
ausdenken und innovative Ideen einbringen.
Doch nicht nur kleine Beherbergungs-
betriebe werden vom breit gefächerten
Angebot der Akademie angesprochen,
auch Zwei- bis Fünf-Sterne-Hotels sind
willkommene Teilnehmer der Akademie.
Ebenso erkennen gewerbliche Betriebe
ihre Chancen in der Akademie. „Das an-
haltende Interesse an der Vermieteraka-
demie zeigt, dass mit dem Angebot eine
der nachhaltigsten Bildungsoffensiven
des heimischen Tourismus geschaffen
wurde“, betont Landeshauptmann und
Tourismusreferent Günther Platter, der
Mitte November 24 engagierte Vermie-
ter, 20 Vermietercoaches sowie drei Re-
ferenten für die erfolgreiche Ausbildung
auszeichnete.
Insbesondere die Privatvermieter
können von den vermittelten Inhalten
immens profitieren. 65 Prozent der rund
22.000 heimischen Beherbergungsbetrie-
be werden von Privatvermietern geführt.
In einem Land wie Tirol, mit 47 Millionen
Nächtigungen jährlich, sei es von großer
Bedeutung, dieses Segment zu unterstüt-
zen, so LH Platter. Dadurch werde nicht
nur der Tourismus gestärkt, sondern es
würden auch Arbeitsplätze geschaffen.
„Die Beherbergungsbetriebe sind Aushän-
geschild des Tiroler Tourismus. Sie stehen
im direkten Kontakt mit den Gästen und
prägen damit das ‚Erlebnis Tirol’ im Sinne
von Tradition, Gemeinschaftlichkeit und
Gastfreundschaft maßgeblich“, erklärt
Günther Platter.
An Bedürfnisse angepasst. „Pri-
vatvermieter, die ihre Zimmer als Ne-
benerwerb vermieten, haben oft keine
Möglichkeit, große Seminare in Städten
zu besuchen“, erläutert Katrin Perktold,
Geschäftsführerin des Verbands der Tiroler
Tourismusverbände. Durch das vorhan-
dene technische Equipment können die
Seminare ortsungebunden in den eigenen
Räumen des lokalen Tourismusverbandes
veranstaltet werden. Die Themen werden
vom ansässigen Tourismusverband be-
stimmt: Dieser wählt aus 45 verschiedenen
Seminaren und richtet sich dabei nach den
Bedürfnissen der Vermieter. „Der Verband
steht im ständigen Kontakt mit den Ver-
mietern und tauscht sich mit ihnen aus“,
sagt Katrin Perktold: „Sie wissen am besten,
wo der Schuh drückt.“
Wem auch die Treffen des Tourismus-
verbands zu weit weg sind, der kann an den
Seminaren ab 2018 sogar vom heimischen
Sofa aus teilnehmen. „Zurzeit sind wir in
der Testphase der e-Vermieterakademie
Tirol. Wir testen den Onlineservice an
einer kleineren Gruppe,“ erklärt Perktold.
„Aber wir bekommen bereits eine Menge
positives Feedback.“ ×
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Landeshauptmann Günther Platter gratulierte den Seminarteilneh-merInnen der Vermieterakademie Tirol zum erfolgreichen Abschluss.
33
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34 SAISON
MAGAZIN
Digitale Zukunft, analoge Bedürfnisse
Eine aktuelle Studie hat nach jenen Trends und Rahmenbedingungen gesucht, die den Tourismus 2025
definieren werden. Digitales wird auf noch mehr Ebenen noch wichtiger, dafür ist das Bedürfnis nach Analogem größer,
als man vielleicht gedacht hat.
VON REBECC A MÜLLER
W
elche Trends kom-
men auf den heimi-
schen Tourismus zu?
Welche Veränderun-
gen bringen sie in Sachen Angebot und
Nachfrage mit sich? Wie kann und soll der
Tourismus darauf reagieren? Mit diesen
Fragen befasst sich eine aktuelle Studie
des Interfakultären Forschungszentrums
Tourismus und Freizeitwirtschaft der
Universität Innsbruck. Die Studie mit dem
Titel „Bleibt alles anders? Tourismus 2025“
wurde im Herbst 2016 vom Bundesminis-
terium für Wissenschaft, Forschung und
Wirtschaft (BMWFW) in Auftrag gegeben.
Digitalisierung und analoger Gegentrend. Für die meisten Verände-
rungen, die den Tourismus 2025 prägen
werden, wird die Digitalisierung verant-
wortlich sein. Weitere Trends, die die Stu-
die ausmachen konnte, sind veränderte
Rahmenbedingungen, Nachhaltigkeit,
Bildung im Tourismusbereich, Authenti-
zität und Konsumentenverhalten.
Dass die Digitalisierung ein entschei-
dender Faktor in der Entwicklung des
Tourismus sein wird bzw. bereits ist,
damit setzen sich sowohl Forschung als
auch Tourismus seit einiger Zeit ausei-
nander. Dennoch zeigt sich Studien-
Mitautor Mike Peters vom Institut für
Strategisches Management, Marketing
und Tourismus überrascht, denn der
Trend zur Digitalisierung bringt auch eine
analoge Gegenbewegung mit sich. „Das
Bedürfnis nach Entschleunigung ist da,
nach Authentizität und Emotionen. Und
das trifft besonders auf die jüngeren Ur-
lauber zu“, erzählt Peters. In den Bereich
Digitalisierung fallen aber auch Online-
informationen, professionelle Webauf-
tritte der touristischen Anbieter sowie
Buchungs- und Bewertungsplattformen.
Im Jahr 2025, glauben die Studienauto-
ren, wird die Mehrzahl der Buchungen
endgültig online eingehen. Auch via Web
verfügbare Informationen – von Anreise
und Buchung über Inhaltliches zur Region
mit Themenschwerpunkten, Echtzeitin-
fos wie Wetter, Wassertemperatur und
Schneehöhe bis hin zu virtuellen Zimmer-
besichtigungen und Hotelrundgängen –
sollten 2025 zum Standard gehören.
In Sachen professioneller Internetauf-
tritte, betont Peters, gehörten statische
Websites eigentlich schon jetzt der Ver-
gangenheit an. Gefragt seien multifunk-
tionale und dynamische Webangebote:
„Wenn ein Gast ein Hotel bucht, will er
sich auch gleich über die Region und
mögliche Aktivitäten informieren, und
das sollte mit nur wenigen Klicks mög-
lich sein. Beim Schnüren solcher Pake-
te, technisch wie inhaltlich, sind noch
Schwächen vorhanden.“
Regionale Buchungsoptionen. Ein großes Thema im Zusammenhang
mit der Digitalisierung sind und bleiben
Buchungsplattformen wie booking.com.
Über den Preis wird man den Internet-
Giganten nicht Herr werden können, regi-
onale Lösungen könnten aber der Schlüs-
sel zum Erfolg sein: „Tourismusverbände
könnten eine zentrale Buchungsplattform
für ihre Region initiieren. Kann der Gast
dort neben einem Zimmer auch gleich
einen Skikurs, einen Ausflug und mehr
mitbuchen, schlägt die lokale Expertise
den Preis.“
Das fehlende Wissen über die Region,
erklärt Peters weiter, könnten Buchungs-
plattformen nicht kompensieren. Die
Gäste hingegen würden großen Wert auf
Nachhaltigkeit und Authentizität legen.
Und gerade für Letzteres brauche es vor
allem eines: gut ausgebildete und lokal
verankerte Mitarbeiter.
In Mitarbeiter investieren. „Dass
der Tourismus gute Mitarbeiter braucht,
ist leicht gesagt und schwer getan“, ist sich
Mike Peters bewusst, dass sich die Bran-
che aktuell schwertut, ausreichend und
qualifiziertes Personal zu finden. Vorzei-
gebetriebe, die auf Personalentwicklung,
Weiterbildung und Mitarbeiterprogramme
samt moderner Unterkünfte setzen, zei-
gen aber, dass sich solche Investitionen
rentieren.
Eine Alternative für Betriebe, die sich
kein eigenes Programm leisten können,
könnten dezentralisierte Angebote wie das
Programm Navion im Ötztal sein. Betriebe
können dort ihre Mitarbeiter zu einzelnen
oder mehreren Weiterbildungen, Sport-
oder Sprachkursen sowie gemeinsame
Freizeitaktivitäten eines externen Anbieters
anmelden. Mike Peters könnte sich solche
Modelle auch für andere Regionen vorstel-
len und sieht in der gemeinsamen Freizeit
der Teilnehmer einen großen Vorteil: „So
lernen die Mitarbeiter die Region und auch
andere Betriebe kennen und können den
Gästen authentische Informationen wei-
tergeben.“
Am Ende geht es ums Teilen. Letztlich kommt die Studie zu folgendem
Schluss: Das Schlüsselwort für Österreichs
Tourismus 2025 lautet Konnektivität. Be-
triebe, Destinationen und Regionen müs-
sen kooperieren, um am Markt bestehen
zu können, und bei der Produktentwick-
lung analoge und digitale Erlebnisse mit-
einander verbinden. Nachhaltigkeit und
Authentizität wiederum finden im analo-
gen Lebensraum statt, wo sich Gäste und
Einheimische begegnen, um gemeinsam
und gleichwertig die Angebote des jewei-
ligen Lebensraums zu konsumieren – und
sie dann in vielen Fällen in der digitalen
Welt mit anderen zu teilen. ×
„Das Bedürfnis nach Entschleunigung ist da, nach Authentizität und Emotionen. Und das trifft
besonders auf die jüngeren Urlauber zu.“
MIKE PETERS
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FU
ZUM NACHLESEN:Die gesamte Studie findet man auf der Website des BMWFW bmwfw.gv.at unter dem Menüpunkt Tourismus & Historische Bauten bzw. Tourismus-studien und Publikationen.
ZUR METHODIK DER STUDIE:• Medienanalyse von Branchenmagazinen
(darunter auch die SAISON) und wissenschaftlichen Journalen
• 38 Interviews mit Experten aus Tourismus, Wirtschaft, Politik und Forschung
• Workshop mit ausgewählten Experten
Onlinebuchungen: Spätestens 2025 wird der Großteil der Buchungen online eingehen – lokale Plattformen könnten den heimischen Tourismus stärken.
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„ Tourismusverbände könnten eine zentrale Buchungsplattform für ihre Region initiieren.“
MIKE PETERS, STUDIENAUTOR
36 SAISON
MAGAZIN
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ann immer man in unseren Brei-
tengraden ein Gespräch zum
Thema Klimawandel führt, ist die
Schmelze der Gletscher und das
Aussterben des Wintersports nicht mehr weit. Je nach
eigener Grundhaltung wird in einer großen Bandbreite
zwischen Bedauern und Häme das Verschwinden von
beidem für gegeben erachtet. Nur eine Frage der Zeit.
Bei genauer Betrachtung ist aber das eine „nur“ und
das andere eher „nicht“ wahrscheinlich. Wenn wir von
Klimawandel sprechen, dann müssen wir Zeiträume von
mindestens 30 Jahren betrachten. Die jährliche eifrige
Diskussion um die jeweils bevorstehende Wintersaison ist
„Wetter-Kaffeesud-Lesen“ und nützt uns in keiner Weise.
Wenn man die letzten 30 Jahre ansieht, dann zeigt
sich zweifellos, dass es im Jahresdurchschnitt wärmer
geworden ist. Diese Erwärmung stellt sich jedoch über
das Jahr im Detail betrachtet sehr unterschiedlich dar,
zudem ist sie regional nicht gleich. Grob kann man sagen,
dass die Sommer in den Alpen überproportional stark
von der Erwärmung betroffen sind, die Winter hingegen
eher kaum. Das liegt unter anderem an der sogenannten
Albedo (v. lat. albus „weiß“), dem Rückstrahlvermögen
von Sonneneinstrahlung nicht selbst leuchtender Ober-
flächen – im Konkreten des Schnees. Wenn die Erde ge-
samt um z. B. 1° Celsius wärmer wird, dann ist das in den
Alpen auch so. Zudem schmelzen in den Alpen dadurch
die Gletscher stärker ab, was die sonnenenergie-reflek-
tierenden Flächen verringert und damit örtlich zu einer
zusätzlichen Erwärmung des freiwerdenden dunklen Un-
tergrundes führt. Daher in Summe die überproportionale
Erwärmung im Sommer. Im Winter hingegen ist der Effekt
genau umgekehrt. Die Flächen in den Alpen werden weiß
und können die Sonneneinstrahlung besser reflektieren,
weshalb die Erwärmung geringer ist als in schneefrei-
en Regionen. In Wahrheit sind die Zusammenhänge
hoch komplex und ich bin alles andere als ein Experte
auf diesem Gebiet, aber eines wird dabei sehr deutlich:
Gletscherschmelze im Sommer und Schneemangel im
Winter sind alles andere als 1:1 miteinander verknüpft.
Prognoseszenarien. Der Weltklimarat (IPCC) hat
unterschiedliche Szenarien erarbeitet, die von einer
globalen Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts
ausgehen. Mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten
zwischen +1 und dramatischen +4 Grad. Damit einher-
gehend wird in allen Prognoseszenarien aufgezeigt, dass
die Gletscher in den Alpen bis zum Jahr 2100 verschwun-
den sein werden. Da es sich dabei um Prognoseszenarien
handelt, ist deren Eintreffen nicht gewiss, aber aufgrund
der seriösen Datenlage sehr wahrscheinlich. Wie vor-
her aufgezeigt, bedeutet das aber keineswegs, dass die
Winter bis dahin aper sein werden. Ganz im Gegenteil!
Im Dezember 2015 wurde bei der Klimakonferenz in
Paris ein Abkommen beschlossen, das die Begrenzung
der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2° Celsius
vorsieht. Das heißt im Klartext, dass im Jahre 2100 die
Erderwärmung maximal 1,5° Celsius sein soll, dass dieser
Wert im Winter verständlicherweise unterschritten wird,
in den Alpen sogar überproportional. Wenn dieser Wert
nun auf die bekannte Abnahme der Lufttemperatur von
0,6° Celsius pro hundert Höhenmeter umgelegt wird,
dann wir eines ganz deutlich: 2100 fahren wir in den
Alpen Ski! Dazu kommt noch, dass einige Wissenschaf-
ter davon ausgehen,
dass die Niederschlags-
mengen im Winter eher
zunehmen werden – in
diesem Fall würden wir
besser Skifahren als je
zuvor.
Weniger Glaubenskriege. Würde die Medien-
landschaft diese Zusammenhänge besser verdeutlichen,
dann hätten wir zum einen weniger Glaubenskriege
zwischen Klimawandel-Leugnern und Klimawandel-
Hysterikern und zum anderen eine klare Vision vor
Augen: Nur wenn wir uns ernsthaft bemühen, die ge-
steckten Klimaziele zu erreichen, dann wird man in den
Alpen auch noch im nächsten Jahrhundert schneewei-
ßen Winterurlaub machen können. Diese Verknüpfung
müsste den Medien eigentlich sehr recht sein, weil ihnen
ja schon heute keine anderen Bilder zum Thema Klima-
wandel einfallen als die schmelzender Gletscher oder
grüner Pisten Anfang Dezember. Wenn sie das aufgreifen
würden, dann müssten sie sich allerdings auch andere
Feindbilder suchen als den Wintertourismus oder die
Seilbahnbranche. Mit dem sofortigen Verzicht auf (tech-
nische) Beschneiung könnte der Klimawandel nämlich
nicht aufgehalten werden.
Abgesehen vom eigenen Hausverstand beweist das
eine kürzlich veröffentlichte Studie zum Klimaeffekt der
Beschneiung. Das durchaus umstrittene Ergebnis zeigt
auf, dass der Energieaufwand für die Schneeerzeugung
geringer ist als die günstige Albedo. Weil diese Studie
aber vor allem ihrer Methoden wegen umstritten ist, sei
hier auf einen Nebenschauplatz der Expertendiskussion
hingewiesen. Die Kritiker meinen nämlich, dass selbst
wenn sich rechnerisch ein positives Vorzeichen im Sinne
einer Abkühlung durch technischen Schnee ergeben
würde, der Gesamtbetrag so gering wäre, dass er keine
Relevanz entfalten könne. Akzeptieren wir diese Aussa-
ge, dann gilt sie aber auch, falls sich an der Rechnung
in der Studie das Vorzeichen ändern sollte. Zudem sei
erwähnt, dass die Tiroler Skigebiete seit 2015 nur noch
zertifizierten Ökostrom beziehen, d. h. diese Form der
Energie ist klimaneutral.
Keine „Vogel-Strauß-Politik“. Jetzt höre ich
schon die Kritiker, die da meinen, ich würde die Skige-
biete aus ihrer Verantwortung nehmen: „Typisch Ex-Seil-
bahner!“ Irrtum, auch hier ist das Gegenteil der Fall. Die
Skigebietsbetreiber stehen tief in der Pflicht, nicht weil
sie bisher sorglos waren, sondern weil sie mit der Initiie-
rung des Schneezentrums Tirol aufgezeigt haben, dass
sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind; sie diese auch
ernst nehmen und sich nicht davonstehlen mit einer Art
GASTKOMMENTAR
ZUR PERSONMag. Michael Rothleitner leitet seit Mai 2016 das Schneezentrum Tirol, das direkt mit der Universität Innsbruck zusammenarbeitet. Zuvor war er Aufsichts-rat im Tourismusverband Mayrhofen und mehreren Seilbahnunternehmen in Tirol und Vorarlberg. Zuletzt führte er als Vorstand die Mayrhofner Bergbahnen Aktiengesellschaft.
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Schnee von morgenFast schon abgedroschen steht „Schnee von morgen“ für alles, was sich
kritisch mit der Zukunft des Wintertourismus auseinandersetzt. Es steht aber genauso, ebenso schon fast mit einem Bart versehen, für viele Bemühungen rund um das Thema
Schneeerzeugung und dessen technische Entwicklung. Sollte darin jemand einen Widerspruch sehen, dann irrt er gewaltig – es ist daher auch höchste Zeit, eine schärfende
Brille zu diesem Themenkomplex aufzusetzen.
VON MICHAEL ROTHLEITNER
„Vogel-Strauß-Politik“.
Die angestrebte ökono-
mische und ökologische
Optimierung z. B. des
Schneemanagements
stellt außer Zweifel, dass
Ressourceneinsparun-
gen das erklärte Ziel für die künftige Entwicklung des
Wirtschaftsraumes und der Branche sind. Für diese
Optimierung wird gezielt mit kräftiger Unterstützung
durch Wissenschafter und mehrere internationale
Universitäten geforscht und entwickelt. Dabei geht es
im Wesentlichen um zwei Handlungsfelder. Erstens:
Verbesserung der Klimadienste und Entwicklung einer
Beschneiungssoftware, die unter Berücksichtigung
der Wetterentwicklung und der Schneehöhendaten
den Ressourceneinsatz gezielt steuert. Zweitens: Ge-
meinsam entwickeln Schneeerzeugerfirmen in einem
Freiluftprüflabor im Kühtai mit Unterstützung durch die
Universität Innsbruck und die Fachhochschulen Tirols
Verbesserungen von Beschneiungstechnologien bzw.
neuer Produktionsmethoden.
Verhalten im Alltag. Schlussendlich sind wir aber
alle gefordert, nicht nur die Tiroler, nicht nur die Älpler,
sondern die gesamte Gesellschaft. Es kann sich nämlich
niemand dahinter verstecken, dass die Tourismusver-
antwortlichen etwas ändern müssen. Wir alle müssen
verändern. Uns ändern. Wir dürfen weiterhin Urlaubs-
träume haben, wir dürfen weiterhin Skifahren, Rodeln,
Schneemann bauen. Wir dürfen auch weiterhin die
Alpen nutzen. Dazu müssen wir nur die Verantwortung
für das Klima in unseren Alltag integrieren. Das Prob-
lem ist beispielsweise nicht die Anreise mit dem Auto
in die Feriendestination. Da sitzen wir ohnehin nicht
allein im Auto – aber im Alltag? Brauchen wir unsere
Standby-Schaltungen? Können wir unseren täglichen
Stromhunger nicht drosseln?
Schnee von morgen heißt daher, dass wir uns nicht
nur kritisch mit der Zukunft des Wintertourismus aus-
einandersetzen, sondern vor allem unser Verhalten
im Alltag kritisch überdenken müssen. Wenn uns das
gelingt, werden wir morgen Schnee haben. Sicher. ×
Wir dürfen weiterhin Urlaubsträume haben, wir dürfen weiter
hin Skifahren, Rodeln, Schneemann bauen. Wir dürfen auch
weiterhin die Alpen nutzen. Dazu müssen wir nur die
Verantwortung für das Klima in unseren Alltag integrieren.
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38
Wenn Alexa Urlaub buchtMit „Achensee Info“ haben sich zwei Tiroler Entwickler darangemacht, das Tourismus-Potenzial von Sprachassis-tenten auszuloten. Ihr Projekt soll Stein des Anstoßes sein und andere einladen, mitzuentwickeln. Denn der nächste digitale Umbruch kommt – mit oder ohne Tirol.
VON DANIEL FEICHTNER
B
egann der Weg in den Ur-
laub früher mit einem Be-
such im Reisebüro, greifen
die meisten Gäste in spe
heute zur Tastatur oder zum Smartpho-
ne. Aber auch die Buchung über den
Bildschirm hat inzwischen Konkurrenz.
Der erste Schritt zur Wahl der Urlaubs-
destination wird vermutlich bald eine in
den Raum gestellte Frage sein: „Alexa, wo
liegt in Tirol am meisten Schnee?“, oder
noch einfacher: „Alexa, wo kann ich am
Wochenende langlaufen?“ Der Name des
Sprachassistenten wird dabei wohl aus-
tauschbar sein – auch wenn Amazon mit
„Alexa“ und der dazugehörigen Hardware
„Echo“ aktuell die Nase vorne hat. Doch
die Mitbewerber – allen voran Google und
Apple – schlafen nicht.
Wachsendes Potenzial. Wer
schluss endlich die Sprachassistenz-Krone
erobern wird, ist aber nebensächlich.
Noch steht die Technik am Anfang ihrer
Marktreife und hält erst zögerlich Ein-
zug in die Haushalte der Konsumenten.
Während die Sprachassistenten selbst
stetig weiterentwickelt werden, ist die
Auswahl an Programmen – oder „Skills“,
wie Amazon seine Apps für Alexa nennt
– relativ überschaubar. Das schränkt die
Funktionen des Systems bislang ein. Seit
Oktober findet sich im Angebot der Skills
aber auch ein Produkt aus Tirol, „oder zu-
mindest ein Prototyp“, schränkt Christian
Fohrmann ein. Der IT-Unternehmer und
Online-Beauftragte der Tourismusregion
Achensee hat gemeinsam mit seinem
Kollegen Matthias Dengg den Achensee-
Info-Skill entwickelt, der gratis angebo-
ten wird.
Erste Schritte. Als Grundlage dafür
diente ihnen eine Wetterstation, die Da-
ten für die offizielle Website der Region
liefert. Im Winter misst sie im Zehn-
Minuten-Takt die Schneetemperatur im
Langlaufzentrum Pertisau, im Sommer
die Wassertemperatur des Achensees.
„Damit hatten wir eine Datenquelle zur
Verfügung, mit der wir experimentieren
konnten“, erklärt Fohrmann. Über den
nun entwickelten Skill kann via Alexa auf
die entsprechenden Informationen zu-
gegriffen werden, indem man das Gerät
nach der Schnee- beziehungsweise See-
Temperatur fragt. „Auf den ersten Blick ist
das keine weltbewegende Funktion. Aber
es ging uns auch nicht darum, ein fertiges
Produkt zu entwickeln, sondern uns mit
den Anforderungen vertraut zu machen“,
sagt Fohrmann. Denn welche Informa-
tionsquellen in einen Skill eingebunden
werden, ist beliebig – und die Möglich-
keiten sind groß. In einem ersten Update
wird der Skill vorerst um zumindest einen
Datensatz erweitert werden: Dann kann
Alexa auch die Wachsempfehlung weiter-
geben, die auf der Homepage des Lang-
laufzentrums Pertisau veröffentlicht wird.
Groß gedacht. Der punktuelle Wert ei-
ner solchen Anwendung hält sich vorerst
noch in Grenzen. Das war aber auch nicht
die Intention der Entwickler. „Worauf es
ankommt, ist der technologische Sprung,
der sich gerade anbahnt“, ist Fohrmann
überzeugt. „Touchscreens haben vor etwa
20 Jahren nicht nur die Bedienung von
Maschinen verändert, sondern auch die
Art, wie wir Information konsumieren.
Jetzt steht ein ähnlicher Umbruch bevor,
nur noch viel drastischer.“ Alexa bietet
bereits jetzt ein mächtiges Werkzeug, um
Informationen bereitzustellen – nicht als
ungewollte und aufdringlich empfundene
Werbung, sondern auf aktive Nachfrage.
Dadurch erhalten Konsumenten maßge-
schneidert genau das, wonach sie suchen.
Anstatt einer breiten Auswahl wird ihnen
genau eine Antwort auf ihre Frage gege-
ben. Woran es allerdings noch fehlt, sind
Verknüpfungen mit den entsprechenden
Daten. „Lokale Wetterinformationen sind
kleine Fische“, meint Fohrmann. „Auf kurz
oder lang werden Sprachassistenten von
der Auswahl des Urlaubsortes bis hin zur
Buchung des Hotels instrumental sein.“
Gerade im Tourismus sei es nur eine
Frage der Zeit, bis große Anbieter wie
booking.com und Tripadvisor auf den Zug
aufspringen. Solche Plattformen würden
aber mit fertigen Produkten auf den Markt
drängen, „die nicht nur nach ihren Regeln
operieren, sondern auch nur die Funktio-
nen bieten, die ihre Betreiber für wichtig
erachten“.
Kunde oder Anbieter. Hier sehen
die Entwickler sowohl Gefahr als auch
Chance: „Wir können darauf warten, dass
Unternehmen Lösungen entwickeln, mit
der sie unseren Markt anzapfen“, sagt
Fohrmann. „Damit wäre der Tiroler Tou-
rismus Kunde und kein Anbieter – so wie
bereits bei Buchungsplattformen. Oder
wir nutzen den Technologie-Sprung und
bieten selbst ein System an.“ Eine Lö-
sung, die nicht als fertiges Produkt nach
Tirol käme, sondern lokal gemeinsam
mit dem Tourismus entwickelt werden
würde, wäre flexibel und anpassbar. Fea-
tures und Funktionen könnten ergänzt
werden, ohne dabei von einem externen
Unternehmen, das einen globalen Markt
bedient, abhängig zu sein. Vor allem wür-
de sie auch einen Wertschöpfungsgewinn
innerhalb des Landes darstellen.
Der Achensee-Info-Skill ist dabei
maximal als „Proof of Concept“, eher
noch als Absichtserklärung zu verstehen.
Denn: „Ein Selbstläufer ist so ein Vorhaben
natürlich nicht“, ist sich auch Fohrmann
bewusst. Als Grundvoraussetzung dafür
sieht er einen Zusammenschluss von
Tourismustreibenden, nicht nur um ein
solches Projekt zu finanzieren und um-
zusetzen, sondern auch, um die dafür
nötigen Daten zur Verfügung zu stellen.
Zugleich gelte es, die nötigen Kompe-
tenzen in Tirol zu schaffen. „Unser Skill
war ein bescheidener Anfang. Wir sehen
Achensee Info als Einladung an alle, sich
zu beteiligen und mitzuentwickeln. Noch
sind wir nicht die einzigen, die bei der
Technologie noch ganz am Anfang ste-
hen. Das wird sich aber bald ändern.“ ×
„ Touchscreens haben nicht nur die Bedienung von Maschinen verändert, sondern auch die Art, wie wir Information konsumieren. Jetzt steht ein ähnlicher Umbruch bevor, nur noch viel drastischer.“
CHRISTIAN FOHRMANN, IT-UNTERNEHMER
Amazons „Echo“ ist nur eine
Schnittstelle. Das mit Mikrofonen
ausgestattete Gerät aktiviert sich,
sobald „Alexa“ an-gesprochen wird,
und lässt Benutzer mit der Software
interagieren.
ALEXA STELLT SICH VORAnders als bei reiner Spracheingabe kann „Alexa“, Amazons Sprachassistent, Sprache sinngemäß erfas-sen und entsprechend antworten. Um Funktionen zu nutzen, kommen „Skills“ zum Einsatz – ähnlich wie Apps auf einem Smartphone. Um eine Anweisung zu geben, spricht man Alexa beim Namen an. Als Grundfunktionen beantwortet sie Fragen über das Wetter, rechnet Maßeinheiten um oder sucht auf Google. Mit Skills wird das Gerät z. B. zur Musik-Box oder zur Schnittstelle in Smarthomes, die Lichter, Thermostate und mehr steuert. Ähnlich wie bei den ersten Apps sehen Experten großes Wachstumspotenzial. Viele heute als App angebotene Anwendungen könnten auch als Skill umgesetzt werden.
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3939 SAISON
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Theorie und PraxisVor 20 Jahren hat alles begonnen. Auslöser war unter anderem ein tragischer Unfall auf der Innsbrucker Nordkette. Die Snow & Alpine
Awareness Camps (SAAC) feiern heuer einen runden Geburtstag und möchten auch in Zukunft Alpinfreunden einen sicheren Aufenthalt in den Bergen ermöglichen.
VON M ARKUS S TEG M AYR
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rüher war nicht alles besser.
Ganz sicher jedenfalls war
die Sensibilität für alpine
Gefahren vor 20 Jahren ge-
ringer. Man wagte sich, auch im Kontext
des damaligen Snowboard-Booms, allzu
leichtfertig in den Tiefschnee oder in
Risikolagen, ohne die Risiken zu kennen
oder richtig abschätzen zu können. Diese
Leichtfertigkeit könnte womöglich einer
jungen Snowboarderin vor rund 20 Jahren
das Leben gekostet haben. Sie war alleine
unterwegs, brach in Latschen ein, wurde
verschüttet und erfror.
Diese „Gründungsgeschichte“ erzäh-
len Lucky Rauscher, Geschäftsführer des
dahinter stehenden Vereins zur Informa-
tion über alpine Gefahren, und Obmann
Thilo Bohatsch, wenn man sie nach den
Beweggründen dafür fragt, warum SAAC
ins Leben gerufen wurde. Die Snowboard-
Szene reagierte damals heftig auf den
Unfall. Ein Mitarbeiter des „Air & Style“
rief Bohatsch an und sprach mit ihm über
einige Ideen zur Sensibilisierung für alpine
Gefahren, die der Tiroler Snowboardver-
band hätte. Sich selbst traue man aber
die Umsetzung nicht zu, hörte Bohatsch
damals von Seiten der Snowboard-Szene.
So kamen die Dinge ins Rollen.
Rasches Wachstum. Und SAAC
wuchs rasch. „Im ersten Jahr gab es
zwei Camps mit 50 bis 60 Teilnehmern“,
erzählt Lucky Rauscher. Heute werden
pro Saison 25 kostenlose Wintercamps
angeboten. Seit rund zehn Jahren sind
zudem mehrtägige Camps Teil des SAAC-
Programms. Für diese Seminare, die auch
„Second-Step-Camps“ genannt werden
und der Wissensvertiefung dienen, werde
im Gegensatz zu den kostenlosen Camps
aber ein Unkostenbeitrag fällig.
Und auch abseits des Winters hat man
über die Jahre das Ausbildungsportfolio
erweitert. So werden vom Verein zur Infor-
mation über alpine Gefahren seit einigen
Jahren auch die Sicherheitsaspekte beim
Klettern und Biken vermittelt. Heuer wur-
de außerdem erstmals ein „Klettersteig-
Camp“ angeboten. „Kommendes Jahr
wird es aber kein neues Produkt geben“,
betont Rauscher. Für behutsames Wachs-
tum tritt auch Thilo Bohatsch ein: „Wenn
sich Entwicklungen ergeben, dann schau-
en wir, ob wir Handlungsbedarf haben.“
Auf „Teufel komm raus“ müsse man nicht
neue Kurse anbieten. „Dinge ergeben
sich aber und vor aktuellen Entwicklun-
gen verschließen wir nicht die Augen“, so
Bohatsch. So könnte in einem künftigen
Camps durchaus E-Biken Thema sein.
Praktische Umsetzung. Ganz egal
welches Camp man besucht, das Konzept
bei den kostenlosen Camps ist immer das-
selbe: Am ersten Tag gibt es Theorie, am
zweiten Tag geht es ins Gelände. Exemp-
larisch erklärt Rauscher den Ablauf bei ei-
nem kostenlosen Wintercamp: „Am ersten
Tag gibt es nachmittags einen Theorievor-
trag, etwa im Bereich Lawinenkunde oder
in Bezug auf den Lawinenlagebericht. Am
nächsten Tag geht es in der Früh mit fünf
Bergführern ins Gelände. Dann steht also
die praktische Umsetzung des am ersten
Tag Gelernten am Programm.“
Bevor man aber ein solches kosten-
loses Camp besuchen kann, gilt es sich
anzumelden – und zwar möglichst rasch,
denn die Plätze sind begehrt. Jahr für Jahr
können sich Interessierte ab 15. Oktober
um 0 Uhr anmelden. Dieses Mal hatte
man bereits um 8 Uhr morgens 1.400 An-
meldungen, 1.500 Plätze sind insgesamt
verfügbar. Doch nicht nur der oder die
Schnellste ergattert einen Platz. „Zuerst
kommen immer diejenigen, die noch nie
dabei waren“, nennt Lucky Rauscher das
Hauptkriterium. Aber auch eine gesunde
Mischung aus Gästen und Einheimischen
sei wichtig.
Von den Camps lässt sich über meh-
rere Kanäle und natürlich über Mund-
propaganda erfahren. Man setzt auf
seriöse Pressearbeit, und auch einer der
wichtigsten Partner, die Tirol Werbung,
kommuniziert eifrig. Mittlerweile spielen
auch bei SAAC soziale Netzwerke eine
wichtige Rolle.
Wissen und Gefahren. Wissen
ist ein zentraler Aspekt bei den SAAC-
Camps. Die Bergführer müssen natürlich
stets up to date bleiben. Bei der Zusam-
mensetzung des Teams wird darauf ge-
achtet, dass es sowohl alte Hasen als auch
jüngere Kollegen gibt. Befragungen der
Camp-Teilnehmer sollen außerdem dabei
helfen, die didaktischen und kommuni-
kativen Methoden der Bergführer stetig
zu verbessern. SAAC gibt sich jedenfalls
betont kundenorientiert und qualitätsbe-
wusst. Als die großen Mahner in Sachen
Sicherheit am Berg wolle man hingegen
nicht auftreten: „Wir laufen nicht mit er-
hobenem Zeigefinger herum, es geht viel-
mehr um Gefahrenbewusstsein“, skizziert
Bohatsch die Philosophie von SAAC.
Was man bei den Camps lernen soll,
ist für Lucky Rauscher klar: „Zumindest
die wichtigen Basics sollen vermittelt
sein. Die Teilnehmer sollen wissen, dass
es bestimmte alpine Gefahren gibt“, so
Rauscher. „Wenn ich gewisse Regeln ein-
halte, dann bin ich relativ sicher und si-
cherheitsoptimiert unterwegs.“ Vor allem
die Kenntnis des Lawinenwarnberichts
sei wichtig, außerdem solle man niemals
alleine unterwegs sein. „Und auch eine
Notfallausrüstung sollte immer dabei
sein“, fügt Bohatsch hinzu. Es gebe kein
Rezept, das zu 100 Prozent vor Unfällen
im Gelände schütze, aber man könne das
Risiko reduzieren.
Die Erfahrung der SAAC-Macher zeigt,
dass die Sensibilität für alpine Gefahren
in den letzten Jahren gestiegen ist. Daran
hat SAAC wohl einen nicht zu unterschät-
zenden Anteil. Das ist aber für Rauscher
und Bohatsch kein Grund, sich auf den
Lorbeeren auszuruhen. „Wir würden uns
durchaus freuen, wenn unsere Produkte
‚kopiert‘ werden würden“, sagt Thilo Bo-
hatsch. Verständlich, denn die Sensibilität
für alpine Gefahren kann gar nicht hoch
genug sein, und jeder Verletzte oder Tote,
der sich durch adäquates Wissen hätte
vermeiden lassen, ist einer zu viel.
www.saac.at ×
„ Wir laufen nicht mit erhobenem Zeigefinger herum, es geht vielmehr um Gefahrenbewusstsein.“
THILO BOHATSCH, VEREINSOBMANN
„ Wenn ich gewisse Regeln einhalte, dann bin ich relativ sicher und sicherheitsoptimiert unterwegs.“
LUCKY RAUSCHER, VEREINSGESCHÄFTSFÜHRER
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Veranschaulicht. Was am Tag eins
an theoretischem Wissen vermittelt
wurde, können die SAAC-Teilnehmer
tags darauf prak-tisch vertiefen.
41 SAISON
MAGAZIN
42 43
Auf den Spuren der „Stillen Nacht“
2018 jährt sich zum 200. Mal die Erstaufführung des berühmtesten aller Weihnachtslieder in Salzburg. Dass „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ aber ein
Welthit wurde, daran waren vor allem Tiroler maßgeblich beteiligt – und das wird ab Dezember 2017 auch hier ausgiebig gefeiert.
VON E S THER PIRCHNER
E
s war ein Dauerbrenner der
letzten drei Festivalsommer
in Tirol: Die Theaterauffüh-
rung „Die Stillen Nächte des
Ludwig Rainer“ von Hakon Hirzenberger
im Steudltenn erzählte vom abenteuer-
lustigen Zillertaler Ludwig Rainer, der mit
seiner Sängergruppe – der zweiten Ge-
neration der Nationalsänger Rainer – ab
den 1830er-Jahren die USA bereiste und
in Russland bis an den Zarenhof gelangte.
Gewürzt mit dem klangvollen Gesang von
Tiroler Liedern, ließ das Stück Tausende
Zuseher in eine Zeit eintauchen, in der die
Tiroler weitum als reisende Händler und
Sänger bekannt waren. Ludwig Rainer und
seine – nicht immer gänzlich tirolerische
– Truppe brachten „Stille Nacht! Heilige
Nacht!“ 1839 nach New York, so wie vor
ihnen die Geschwister Strasser und an-
dere Sänger aus dem Zillertal das Lied in
Europa verbreiteten.
Der Orgelbauer als Notenbote. Wie die Komposition aus Salzburg über-
haupt erst nach Tirol gelangte, erzählt
eine andere Geschichte, nämlich die
des in Oberndorf tätigen Hilfspriesters
Joseph Mohr und des Orgelbauers Karl
Mauracher aus Fügen im Zillertal. Joseph
Mohr, 1818 gemeinsam mit dem Lehrer
Franz Xaver Gruber Urheber des Liedes,
habe sich eine Aufführung mit Orgel
gewünscht und, weil diese defekt war,
den Orgelbauer Mauracher gebeten, die
Reparatur zu übernehmen. Dass zu Weih-
nachten 1818 das Lied nur mit Gitarrenbe-
gleitung gesungen wurde, ist hinlänglich
bekannt, die Orgelreparatur datiert also
auf ein späteres Jahr – und damit auch
die Möglichkeit, dass Mauracher das Lied
ins Zillertal mitnahm. Die Geschichte bot
Hirzenberger jedenfalls ausreichend Stoff
für den stimmungsvollen weihnachtlichen
Abend „Mauracher und Mohr“ mit Schau-
spielern, Sängern, Bläsern und Klöpflern,
in dem ein fiktiver Briefwechsel zwischen
den beiden Protagonisten den roten Fa-
den bildet. 2016 in Fügen erstmals aufge-
führt, wird „Mauracher und Mohr“ noch
bis 17. Dezember 2017 gespielt – nur einer
von vielen Programmpunkten, die das Ju-
biläumsjahr einleiten bzw. begleiten und
die auf die Verbreitung des Liedes durch
Tiroler fokussieren.
Wo „Mauracher und Mohr“ historische
Quellen mit dramaturgischer Fiktion
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mischt, hat die Kinderbuchautorin Brigit-
te Weninger die Geschichte um die „Stille
Nacht“ für ein Vorlesebuch aufgeschrie-
ben, das derzeit illustriert wird und im
Herbst 2018 erscheint. Damit knüpft sie
an ihr Weihnachtsbuch „Geschichten aus
dem Weihnachtswald“ an, in dem sich eine
der 24 Geschichten um die „Stille Nacht“
dreht. „Stille Nacht – die wahre Geschich-
te“ erzählt schließlich das gleichnamige
Singspiel kurz vor Weihnachten 2018 im
SZentrum Schwaz.
„Ächte“ Lieder, gesicherte Daten. Abseits der literarischen Aufbereitung
des Stoffes arbeiten (Musik-)Historiker
schon seit langem an einer gesicherten
Rekonstruktion der Ereignisse, denn um
die Verbreitung des Liedes rankt sich auch
manche Legende. Anhand von zeitgenös-
sischen Quellen nachzuweisen ist laut
Sandra Hupfauf vom Institut für Musik-
wissenschaft der Universität Innsbruck
etwa eine Aufführung von „Stille Nacht!
Heilige Nacht!“ durch die Familie Strasser
1832 in Leipzig. Ebenso gewiss ist, dass
das vierstimmige Lied als eines von vier
„Ächten Tyroler-Liedern“ 1833 gedruckt
wurde. Diese und andere Eckpunkte der
Verbreitungsgeschichte sind Thema der
Ausstellung „Stille Nacht und der Klang der
Alpen. Vom Tiroler Zillertal in alle Welt“
vom 30. Juni 2018 bis 2. Februar 2019 auf
Schloss Fügen.
Der Zar und die „Airs“. Geschichts-
trächtig ist schon der Ort, denn dort
brachten bereits 1822 die „Ur-Rainer“, de-
nen auch Ludwig Rainers Mutter angehör-
te, Zar Alexander I. ein Ständchen – dass
jedoch damals schon „Stille Nacht! Heilige
Nacht!“ auf dem Programmzettel stand, ist
nicht belegbar. Unter der Gesamtleitung
des Kultur- und Eventmanagers Hannes
Pramstaller und der wissenschaftlichen
Leitung von Sandra Hupfauf gestaltet ein
Team aus Historikern und Ausstattern die
Sonderschau auf Schloss Fügen. Mit da-
bei sind auch der „Stille-Nacht“-Spezialist
Martin Reiter und Peter Mader vom Mu-
seum in der Widumspfiste, wo ein reicher
Schatz an Objekten das ganze Jahr über
von den Nationalsängern und dem Weih-
nachtslied erzählt.
In der Sonderschau richten sie den Fokus
auch auf die „Airs Tiroliennes“, jene be-
liebten Lieder nach Tiroler Art, mit denen
„Stille Nacht! Heilige Nacht!“ berühmt
wurde, und auf die Rolle des Zillertals als
„Tal der (Volks-)Musik“, die es bis heute
einnimmt. So bildet der „Klang der Alpen“
einen der wesentlichen Programmpunk-
te der „dezentralen Landesausstellung“
rund um das Lied, die in Kooperation der
Länder Salzburg, Tirol und Oberösterreich
durchgeführt wird.
Auftakt zum Jubiläumsjahr. Ein
anderer zentraler Event ist der offizielle
Auftakt zum Jubiläumsjahr am 16. De-
zember 2017 in Schwaz. Wer in Tirol lebt,
kennt die Tradition der Weisenbläser,
die in der Vorweihnachtszeit von Haus
zu Haus ziehen und Weihnachtslieder
spielen. Vielleicht ist es diese Erinnerung
an abendliche Musik im leisen Schnee-
geriesel, die der Eröffnungsveranstaltung
ein großes Aufgebot an Blasmusikern
beschert. Mehr als 500 Tiroler Bläser aus
allen Landesteilen werden erwartet, wenn
das Land Tirol – allen voran Landeshaupt-
mann Günther Platter – die „Stille Nacht“
in Schwaz einläutet. Unter dem Motto
„Stille Nacht, ein Friedenslied“ soll der
Geist des Liedes einmal mehr von Tirol
aus in die Welt getragen werden.
Das gilt umso mehr für einen Welt-
rekordversuch, der im Dezember 2018
unternommen wird, wenn Blaskapel-
1 Die Geschwister Strasser, wie sie im Singspiel „Stille Nacht – die wahre Geschichte“ zu sehen sind.
2 In der Kirche von Hart im Zillertal ist noch eine Orgel von Karl Mauracher erhalten, der das Weihnachtslied aus Oberndorf ins Zillertal mitgebracht haben soll.
1 2
Das ganze Jahr über kann man sich im Museum in der Widumspfiste in Fügen über die besondere Verbindung des Zillertals mit „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ informieren.
SAISON
MAGAZIN
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44 45SAISON
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len auf den Bergen Tirols „Stille Nacht!
Heilige Nacht!“ spielen, wie die Koordi-
natorin der Projekte zum Jubiläumsjahr,
Birgit Oberhollenzer-Praschberger, er-
zählt. Denn insgesamt wollen Land Tirol
und Tirol Werbung als Initiatoren sowie
die künstlerische Leiterin Bernadette
Abendstein, die mit Hakon Hirzenberger
auch beim Steudltenn immer eine siche-
re Hand für das Mit- und Nebeneinander
von zeitgenössischen Strömungen und
gewachsener Kultur hat, einerseits an
Traditionen anknüpfen, andererseits die
Veranstaltungen in der heutigen Kultur
verankern.
Ein Jubiläum für alle. Dazu ge-
hören neben dem Weltrekordversuch
noch zwei weitere Programmpunkte,
die in vielen Orten und mit vielen Men-
schen umgesetzt werden sollen. In den
kommenden Monaten entsteht für die
Adventzeit 2018 ein „Lebender Advent-
kalender“, der an verschiedenen Orten
Platz finden kann und variabel gestaltbar
ist: Kleine Spielszenen, Lesungen oder
Gesang fügen sich zusammen. Interes-
sierte Gemeinden können diese für einen
oder mehrere Tage buchen und so die
„Stille Nacht“ zu sich nach Hause holen.
Die andere Tradition, die wieder stärker
in Tirol verankert werden soll, betrifft
das gemeinsame Singen im Wirtshaus.
Denn während man sich früher wie bei
Johann Gottlieb Seume überall „ruhig
niederlassen“ konnte, wird heute nur
mehr selten oder in einem festgelegten
Rahmen gemeinsam musiziert. Vor allem
mithilfe der Schulen und Musikschulen
soll das Wirtshaussingen wieder angeregt
werden, sodass im Herbst 2018 nicht nur
Advent- oder Weihnachtslieder, sondern
auch andere schöne Melodien in den
Gaststuben erklingen.
Nur für den Heiligen Abend. Freuen wird das unter anderem Johannes
Stecher, den Leiter der Wiltener Sänger-
knaben, der mit seinen Schützlingen die
Freude am Singen seit Jahren fördert.
Selbstverständlich sind die Wiltener rund
um Weihnachten immer besonders ge-
fordert, wenn es darum geht, Messen
musikalisch zu begleiten oder Weihnachts-
konzerte zu geben. Das Singen von „Stille
Nacht! Heilige Nacht!“ ist dabei immer
etwas Besonderes – ist es doch vor allem
dem Heiligen Abend vorbehalten und wird
daher von den Sängerknaben in ihren Kon-
zerten nur sparsam eingesetzt. Das Lied
im Advent 2018 aber auf ganz besondere
Art zu feiern, dazu schmieden Johannes
Stecher und die jungen Sänger des Chores
schon heute Pläne. ×
MAURACHER UND MOHR15., 16. und 17. Dezember 2017Festhalle Fügen
STILLE NACHT UND DER KLANG DER ALPEN. VOM TIROLER ZILLERTAL IN ALLE WELT30. Juni 2018 bis 2. Februar 2019Sonderschau auf Schloss Fügen
LEBENDER ADVENTKALENDER, WELTREKORDVERSUCH DER BLASKAPELLEN, WIRTSHAUSSINGENGemeinden, Blaskapellen und (Musik-)Schulen, die sich beteiligen möchten, melden sich bitte bei der Projektkoordinatorin Birgit Oberhollenzer-Praschberger: [email protected]
LÄNDERÜBERGREIFENDE LANDESAUSSTELLUNG29. September 2018 bis 2. Februar 2019In neun Museen und Orten in Salzburg, Oberöster-reich und Tirol – hier in der Widumspfiste in Fügen
INTERNATIONALE KAMPAGNE• Von Tirol Werbung, Salzburger Land, Oberöster-
reich und Österreich Werbung gemeinsam mit regionalen Partnern
• Läuft 2017 und 2018 auf neun Märkten zur nachhaltigen Belebung der Vorweihnachtszeit.
• U.a. PR- und Medienarbeit, Wirtschafts-kooperationen und Onlinemaßnahmen
Die erste Generation der RainerSänger sang 1822 für den russischen Zaren Tirolerlieder.
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Foto: © www.guentheregger.at
Beratung & InformationenWELLWASSER TECHNOLOGY GMBHStadlweg 23, A-6020 Innsbruck, Tel.: +43 664 100 77 46, offi [email protected], www.wellwasser.com
"Wasser ist das wertvollsteLebensmittel der Welt."
"Wellwasser ist Regionalität –Nachhaltigkeit und Umweltschutz.“
"Wellwasser lebt Gastfreundschaftund ist ein Stück Heimat."
Inserat Wellwasser / Bergweihnacht 210X280.indd 1 25.09.17 10:17
46
Vom Mythos zum MenschenSchauspieldirektor Thomas Krauß inszeniert am Tiroler Landestheater Franz Kranewitters
„Andre Hofer“: Ein Mensch zwischen Glaube, Mut und Verzweiflung.
VON ANTJE PL AIKNER
W
er war Hofer? Uner-
schrockener Freiheits-
kämpfer, Schütze,
Lan deskommandant,
Sandwirt – so kennen wir Andreas Hofer
von Kindesbeinen an. Noch heute, über
200 Jahre nach seinem Tod, impft der
Mythos-Mann aus dem Passeier jungen
Tirolerinnen und Tirolern den Stolz auf das
Heilige Land im Herzen der Alpen ein. Die
katholischen Herz-Jesu-Feiern wurzeln in
dieser Zeit der Bergisel-Schlachten gegen
den postrevolutionären und antikirchli-
chen Feind aus Frankreich und Bayern:
Andreas Hofer und der Tiroler Glaube
gegen die Ausläufer der Französischen
Revolution.
Der Oberländer Dramatiker Franz
Kranewitter widmete sich rund 100 Jah-
re nach den Bergisel-Schlachten dieser
prägenden Zeit und Figur. Kranewitters
Deutung Andreas Hofers sprengte die
Heldenversion und sorgte bei der Inns-
brucker Erstaufführung 1903 für Tumulte.
Kein Wunder, der Tiroler Dramatiker zeigt
den Helden als Menschen, der unter
hohem Druck agiert, den Kopf verliert,
als Getriebener in einem vielschichtigen
Spannungsfeld benutzt wird. Die Inter-
essen der Bayern, der Österreicher, der
Tiroler, seiner Familie und die Ansprü-
che der katholischen Kirche erdrücken
den Kommandanten. Diese Darstellung
begeisterte die einen, die anderen, das
konservativ-katholische Publikum, em-
pörten sich darüber. Die „Innsbrucker
Nachrichten“ vom 4. Dezember 1903
berichteten: „Schon seit mehreren Tagen
waren Gerüchte in der Stadt verbreitet,
die von Demonstrationen wissen woll-
ten, welche von klerikaler Seite anlässlich
der Andre Hofer-Aufführung in unserem
Stadttheater inszeniert werden sollten.
Und die Fama behielt diesmal Recht.“
Gott, Kaiser, Vaterland? 115 Jahre
nach der Erstaufführung wird es wohl kei-
ne Tumulte mehr geben, aber das Stück
reizt noch immer, und Schauspieldirektor
Thomas Krauß bringt das Kranewittersche
Drama auf den Punkt: „Andre Hofer ist das
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2)
wahnsinnig starke Porträt eines Menschen,
der sich in einem Entscheidungsnotstand
befindet und der versucht, in permanent
sich ändernden Situationen die bestmög-
liche Entscheidung zu treffen.“ Das Stück
setzt nach der dritten und gewonnenen
Bergisel-Schlacht ein. Alles scheint mög-
lich: Das Los von Bayern und Napoleons
Frankreich und damit die Heimkehr ins
österreichische Kaiserreich. Die Tiroler
rüsten sich unter ihrem Kommandanten
Andreas Hofer für die nächste Schlacht.
Doch da übermittelt ihnen ein Sonder-
beauftragter des Kaisers, dass Österreich
kapituliert und das kaisertreue Tirol im
Stich lässt. Hofer will sich zunächst fügen,
doch sein Mitstreiter, der Kapuzinerpater
Haspinger, appelliert mit allen Mitteln an
den Glauben des Sandwirts und verheißt
Gottes Hilfe gegen die aufrührerische Mo-
derne der Bayern und Franzosen. Thomas
Krauß: „Hofers Handlungen beruhen im
Wesentlichen auf drei Grundlagen. Diese
sind unbedingter Freiheitswille, totale Kai-
sertreue und ein tief verwurzelter Glaube.“
Aufgrund dieses Glaubens, der sich dem
Herzen Jesu verpflichtet, entscheiden
sich Hofer und seine Mitstreiter gegen
die Kaisertreue und erheben sich trotz
Friedensschlusses gegen die Bayern – und
verlieren die letzte Schlacht.
Franz Kranewitter zeigt kein Kriegsge-
tümmel, sondern was sich zwischen den
Handlungen entwickelt. Um diesen nahe-
zu privaten Entscheidungsprozessen und
inneren Kämpfen eine äußere, historische
Klammer zu geben und um Fragen aus
heutiger Sicht zu stellen, bezieht Thomas
Krauß ein anderes Stück ein: Marc Pom-
merenings „Gottes Guerilla“, Auftrags-
stück des Tiroler Landestheaters aus dem
Hofer-Gedenkjahr 2009. Wie wurde der
Tiroler Aufstand instrumentalisiert? Wie
werden Helden gemacht? Welche Rolle
spielt das Ego? Vor diesem Hintergrund
hebt der Regisseur Andreas Hofers innere
Kämpfe auf eine allgemeingültige Ebene.
Glaube und Wahrheit? Kranewitter
führt seinen Hofer in eine Abwärtsspirale
und zeigt, wie ihn der Glaube zu einem
blinden Krieger macht, der Frau und Ver-
traute verstößt bzw. in den Kerker wirft.
Hofer schlägt verzweifelt um sich. Wo ist
der Held? Dies sind Szenen, die wir nicht
als Kind aufsogen, dies sind Szenen, wie sie
auch heute Menschen täglich in Kriegen
erleben. Wie aktualisiert Thomas Krauß
diesen Andre Hofer? Werden wir Gottes-
Krieger sehen? Welche Rolle spielt die
Kirche? Thomas Krauß hat nichts gegen
brandaktuelle Assoziationen, verwehrt
sich jedoch gegen ein simples Vermischen:
„Wenn man das jetzt mit dem IS verglei-
chen will, liegt man komplett falsch, schon
deshalb, weil Kranewitters Tiroler eine Ver-
wurzelung, eine Identität besitzen. Die IS-
Leute versuchen, sich durch ihren Kampf
erst eine Identität zu schaffen; ich denke,
es wäre wenig zielführend, das einfach
unkritisch miteinander zu verbinden.“
Hofer und Raffl. Für effekthaschende
Aktualisierungen ist Krauß nicht zu haben,
dafür schätzt er Kranewitters Stück zu sehr.
Ein Stück, das Hofer eines simplen Helden-
tums entblößt und den scheinbaren Verrä-
ter Raffl zum Realisten formt, der Wahrhei-
ten aussprechen darf. Raffl sieht, wie der
Krieg Leid über Land und Leute bringt, nur
verbrannte Erde zurücklässt, und fordert
das Ende dieses Kriegs. Raffl übernimmt
eine undankbare Rolle. Doch Kranewitter
zeigt ihn als gedemütigten „Zuagroasten“,
dessen Sicht auf Hofers Kriegstreiben zum
Verrat am Kommandanten führt. Hofer
selbst erkennt in der wintereinsamen Zu-
flucht auf der Pfandleralm seine Schuld.
Eine Szene, die vor 115 Jahren für lauten
Unmut im und vor dem Theater führte.
Eine Deutung, die Kranewitter mit einem
märtyrerhaften Ende zu mildern suchte.
Ob Thomas Krauß‘ Stück-Version diesen
Schluss übernimmt, verrät er nicht.
Spatziers Verweise. Um das Hofer-
sche Drama zeitlos relevant zu gestalten
greift der Schauspieldirektor nicht nur zu
Textstreichung, Sprachanpassung und
zum Einbezug von Pommerenings „Gottes
Guerilla“. Auch Bühne, Kostüme und Musik
unterstützen den Ansatz des Regisseurs:
„Ort und Kleidung verweisen durchaus auf
die Historie, wir gehen dabei jedoch über
das rein Traditionelle hinaus. Durch den
ganz eigenen Blick auf das Thema ,Tracht‘
von Markus Spatzier, der die Kostüme für
Andre Hofer entwirft.“
Der ganz eigene Blick wird das ganze
Stück prägen. Als gebürtiger Deutscher, als
„Zuagroaster“ nähert sich Schauspieldirek-
tor Thomas Krauß ohne Scheu dem Drama
über den Tiroler Schützenkommandanten
in Not. Die Außensicht ermöglicht einen
frischen Zugang zu einem Urtiroler Thema.
Und vielleicht gehört die Inszenierung des
Andre Hofer zum Heimischwerden. Dazu
sagte Krauß in einem Interview anlässlich
seines Innsbruck-Einstandes im Jahr 2012:
„Fremd ankommen und heimisch werden –
heimisch werden im Sinne von Offenheit
erfahren, offene Diskussion erleben in dem
künstlerischen Rahmen, den wir versuchen
zu stecken.“ ×
„ Andre Hofer ist das wahnsinnig starke Porträt eines Menschen, der sich in einem Entscheidungsnotstand befin-det und der versucht, in permanent sich ändernden Situationen die best-mögliche Entscheidung zu treffen.“
THOMAS KRAUSS, REGISSEUR
Freiheit, Glaube, Treue – Stefan Riedl spielt den Andreas Hofer.
Eigener Blick – Markus Spatzier
kleidet „Andre Hofer“ ein.
SCHAUSPIEL VON FRANZ KRANEWITTERTiroler Landestheater, Großes Haus Premiere: 13. Jänner 2018, 19 UhrMatinee Andre Hofer: 7. Jänner, 11 Uhr, Foyer Großes HausRegie: Thomas KraußBühne: Ursula BeutlerKostüme: Markus SpatzierMusik: Hansjörg Sofka
47 SAISON
MAGAZIN
49
Volksfeste VON ERNS T MOLDEN
Ernst Molden, 50, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Plat-ten und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Am Wiener Rabenhof-Theater kam gerade sein Singspiel „Mayerling“ heraus.
M
eine Familie hat durchaus einen Sinn für Feste,
wobei die Geschmäcker betreffend deren Art
und Weise durchaus differieren, wahrscheinlich
altersbedingt. Meine Liebste und ich, wir ewigen Blumenkinder,
wir sind gern auf Wiesen, in Parks und
Hainen. Wir mögen es unter Bäumen und
an Feuern. Dann nicht zu spät nach Haus.
Die Kinder dagegen sind auch für
das Lautere, Ekstatischere zu haben. Sie
sind so etwas wie Kirtagstypen, wobei die
veranstaltende Kirche nicht so wichtig ist. Sie treiben sich gern auf
der Jesuitenwiese herum, wenn die Wiener Kommunisten, zärtlich
Kummerln genannt, ihr Volksstimmefest feiern. Aber sie streben
auch auf den Neustifter Kirtag, wo sich die konservativeren Wiener
so lange trinkend vernetzen, bis ihnen vor lauter Veltliner die Fäden
ihrer Netzwerke wieder aus den Fingern gleiten.
Überhaupt, der Rand der Stadt! Die Schatten des Wiener-
waldes! Eine entrische Gegend. Ästhetische Behauptung von
Tradition trifft hier auf das Ego der Großstadt, und das sind in-
stabile Gemengelagen. Mindestens so arg wie Neustift ist das
nahgelegene Klosterneuburg. Das befindet sich zwar schon in
Niederösterreich, aber wenn Wien und Niederösterreich etwas
gemeinsam haben, dann ist es der Landespatron. Dieser, Sankt
Leopold, sprich Herzog Leopold der III. aus dem Hause Baben-
berg, auch der Fromme genannt, residierte in Klosterneuburg
und gründete das dortige Chorherrenstift. In der Sage heißt es,
dass der steife Wiener Wind dereinst den kostbaren Schleier der
Herzogin über die Hügel vertrug. Leopold
gelobte, an der Stelle, wo er ihn fände, ein
Kloster zu erbauen. Also feiert man seinen
Namenstag, den 15. November, dort, wo
neben diesem Kloster in einem Stadl das
legendäre Tausend-Eimer-Fassl steht.
Von dem rutscht man in die Tiefe. Bei
meinem ersten und letzten Fasslrutschen
vor gut vierzig Jahren fand ich das Fassl
enttäuschend klein. Außerdem endete
die Rutschpartie in einer Art Polster, der bestialisch stank.
Aber der Kirtag drumherum muss seitdem gewonnen haben.
Klosterneuburg zu Leopoldi ist ein Sehnsuchtsort. Alle Jungen
wollen hin. Auch meine Söhne brachen heuer auf, fesch gesackelt
und wachsam, wie die Bonanzajungs, wenn es Tanz im Saloon
gibt. Ich beobachtete die Vorbereitungen nachdenklich, musste
aber auf eine kleine Tour nach Tirol (auch ein wildes Land!) und
telefonierte am Tag nach Leopoldi mit der Liebsten. Ich erreichte
sie im Spital. Die Buben waren mit dem Tagada gefahren. Dem
Größeren wurde vom Hinterkopf eines Mädels das Nasenbein
gebrochen, der Mittelhandknochen des Kleineren traf ein Ge-
länder, Gips, drei Wochen. Eh, wie bei Bonanza.
Wärts halt auf dem faden, stinkenden Fassl gerutscht, dachte
ich. Aber ich sprach es nicht aus. ×
Klosterneuburg zu Leopoldi ist ein Sehnsuchtsort. Alle
Jungen wollen hin.
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49 SAISON
KOMMENTAR
SAISON
NACHGEFRAGT
Jakob Falkner ist Unternehmer sowie
Chef und Miteigentümer der Bergbahnen Sölden, die
unter anderem am Aqua Dome in Längenfeld und an
der AREA 47 beteiligt sind. Seit 1993 ist Falkner auch
OK-Chef des jährlichen Weltcup-Auftakts
in Sölden.
DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): British Columbia, Sylt, New York
LETZTER URLAUB: Bagno Vignoni, Toskana
DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS SIND: Freundliche Gastgeber, Ideen, Mut und Ehrlichkeit
DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS SIND: Überheblichkeit, Ignoranz, Unprofessionalität
DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Natur, Familienbetriebe, hohe Standards
DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Kleinkariertheit, Neid, keine gemeinsame Schlagkraft
DIE BESTE IDEE IM TOURISMUS DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Für Sölden: 007 Elements
UNTER DEM STICHWORT „ERLEBNIS AM BERG“ VERSTEHE ICH: Natur, Genuss und Bewegung
IN DIE REGION IST DANN AM BESTEN INVESTIERT, WENN: Alle in der Region profitieren
DER TIROLER TOURISMUS BRAUCHT (MEHR) VERÄNDERUNG UND WANDEL, WEIL: Die Ansprüche größer und die Investitionszyklen immer kürzer werden.
Außerdem herrscht ein weltweiter Konkurrenzkampf.
DAS NEUE „007 ELEMENTS“ AM GAISACHKOGEL BRINGT (NEUE) GÄSTE NACH SÖLDEN, WEIL: Es einzigartig ist, was Lage, Architektur, Weltmarke und Inhalt anbelangt
EINMALIGE CHANCEN NUTZT MAN RICHTIG, WENN: Der Türspalt offen ist und man hineingeht
UND NACHHALTIGES SCHAFFT MAN NUR, WENN: Man in Generationen denkt
DER SKIGAST VON HEUTE ERWARTET: Modernsten Standard, Bequemlichkeit, Erlebnis (Natur!)
WENN ICH SELBST SKIGAST BIN, ERWARTE ICH: Komfort, Ambiente und Erlebnis
1 5 FR AG EN A N . . .
Jakob Falkner
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