3. Juni 2015 1
VCI-Position zur
Revision der Emissionshandelsrichtlinie und der Carbon-Leakage-Maßnahmen
Hintergrund:
Zur Umsetzung des EU-Klimaziels für das Jahr 2030 wird die EU-Emissionshandels-
richtlinie überarbeitet. Im Oktober 2014 hat der Europäische Rat das Klimaziel der EU
für 2030 beschlossen (-40% CO2 im Vergleich zu 1990) sowie Leitplanken für die
Umsetzung in der EU-Emissionshandelsrichtlinie erstellt. So soll der europäische
Emissionshandelssektor (ETS-Sektor) seine Emissionen um 43% mindern und der
Nicht-Emissionshandelssektor um 30% im Vergleich zu 2005. Beide Minderungs-
leistungen zusammen ergeben das EU-Ziel von -40%. Im EU-ETS-Sektor sollen dazu
die jährliche, lineare Verknappung der Zertifikatemenge von derzeit 1,74% ab 2021
(Beginn der 4. Handelsperiode) auf 2,2 % gesteigert werden. Außerdem fordert der Rat
eine Beibehaltung der kostenlosen Zuteilung und Änderungen im Zuteilungssystem.
Kurzfassung VCI-Position:
Die mit dem linearen Reduktionsfaktor von 2,2 % vorgesehene stetige Verknappung
der Gesamtzertifikatemenge zusammen mit den durch die aktuell beschlossene
Marktstabilitätsreserve und die insgesamt damit einhergehenden Preissteigerungen
der Zertifikate machen eine grundlegende Verbesserung des Carbon Leakage
Schutzes bei direkten und indirekten Kosten dringend nötig. Die deutsche chemische
Industrie rechnet mit Belastungen in Höhe von 2.4 Mrd. Euro pro Jahr. Zur Sicherung
der Wettbewerbsfähigkeit und zur Wahrung der Wachstumschancen in Europa sind
folgende Kernpunkte zu berücksichtigen:
Zur Entlastung von zusätzlichen CO2-Kosten im Strom ist ein Ausbau der
Strompreiskompensation erforderlich.
Das System der kostenlosen Zuteilung muss auskömmlich ausgestaltet werden.
Dazu ist es erforderlich, den sektorübergreifenden Kürzungsfaktor zu streichen und
die kostenlose Zuteilung an die aktuellen Produktionsmengen anzupassen
(= dynamische Zuteilung). Das Gesamtcap an Emissionen wird dabei nicht ange-
tastet und damit das politisch gesetzte Klimaziel auf jeden Fall erreicht.
Die Verwendung internationaler Gutschriften muss möglich sein.
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VCI-Position im Detail:
Für ausreichenden Carbon-Leakage-Schutz müssen (I.) die Maßnahmen zur Entlas-
tung bei indirekten Kosten über den Strompreis und (II.) die Maßnahmen zur Entlas-
tung bei Kosten durch Zertifikatezukauf für direkte Emissionen erheblich verbessert
werden.
Bei der vom Europäischen Rat beschlossenen jährlichen, linearen Zertifikateverknap-
pung von 2,2 % im Emissionshandelssektor geht die EU-Kommission in ihrem eigenen
Impact Assessment vom Januar 2014 von einem Zertifikatepreis von 40 Euro in der
4. Handelsperiode aus. Zudem wird erwartet, dass die aktuell beschlossene Markt-
stabilitätsreserve ebenfalls deutlich preissteigernd wirken soll.
Für die deutsche Chemie bedeutet ein Zertifikatepreis von 40€/Tonne CO2 eine
Kostenbelastung von 2,2 Mrd. Euro jährlich alleine durch CO2-Kosten im Strom.
Zusätzlich entstehen für die deutsche Chemie durch den Zukauf von Zertifikaten
Kosten von 240 Mio. Euro/Jahr*.
Zur Reduktion der Kostenbelastung durch die CO2-Kosten im Strom (indirekte Kosten)
wie auch bei den direkten Kosten (Zertifikatezukauf) sind verbesserte Carbon-
Leakage-Maßnahmen in beiden Bereichen notwendig.
1. Indirekte Kosten:
Ausbau einer verlässlichen Strompreiskompensation nötig:
Der EU-Emissionshandel wirkt sich bei der stromintensiven Chemie v.a. durch die
CO2-Kosten im Strom aus. Die Energieerzeuger reichen ihre CO2-Kosten zur Stromer-
zeugung an die Kunden voll weiter. Daher sieht die EU-Emissionshandelsrichtlinie eine
Strompreiskompensation für ETS-bedingte Strompreissteigerungen vor. Diese Strom-
preiskompensation muss zukunftsfähig ausgebaut werden. Dazu sollten folgende
Verbesserungen der europäischen Leitlinien zur Strompreiskompensation (Guidelines
on certain state aid measures in the context of the greenhouse gas emissions
allowance trading sheme post 2012; C (2012) 3230/3) erfolgen:
Erweiterung des Begünstigtenkreises:
Gemäß dieser europäischen Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusam-
menhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach
2012 (C(2012) 3230/3) sind derzeit nur 15 Wirtschaftszweige kompensationsberech-
tigt. Die chemische Industrie schlägt vor, im Rahmen der Strompreiskompensation
künftig auch alle Wirtschaftszweige zu berücksichtigen, deren Wettbewerbsfähigkeit
nach Maßgabe der EEAG (Guidelines on State aid for environmental protection and
energy 2014-2020 (2014/C 200/01), Anhang 3 UND Anhang 5) als gefährdet gelten.
Die Bedürftigkeit der gelisteten Sektoren wurde von der EU-Kommission im Hinblick
auf Strom- und Handelsintensität analysiert und mit Verabschiedung der EEAG
bestätigt. Daher sollten diese Sektorenlisten ebenfalls bei der Strompreiskompensation
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Anwendung finden.
Strompreiskompensation muss vollumfänglich gewährt werden:
Eine Reihe pauschaler Kürzungen führt dazu, dass die Strompreiskompensation nicht
in der notwendigen Höhe gewährt wird. Daher wird vorgeschlagen, folgende Kürzun-
gen zu streichen:
Jährlichen Degressionsfaktor streichen
Die europäischen Leitlinien sehen eine stufenweise degressive Beihilfehöhe vor (Im
Abrechnungsjahr 2013 und 2015 wird die Beihilfe mit Faktor 0,85 multipliziert, 2016
bis 2018 mit Faktor 0,80 und 2019 und 2020 mit Faktor 0,75). Diese Faktoren soll-
ten gestrichen werden. Ein solcher Faktor hat keine zusätzlichen Einspar- oder
Effizienzsteigerungseffekte, sondern belastet lediglich die Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie.
Produkte ohne Benchmark dürfen nicht pauschal „bestraft“ werden
In die Berechnung der Höhe der Beihilfe fließt der jeweilige Stromeffizienzbench-
mark des betroffenen Produktes ein. Allerdings wurden nur für wenige Produkte der
Chemie solche Benchmarks erstellt, so dass beihilfefähige Produkte ohne Bench-
mark überwiegen. Bei diesen wird zusätzlich zu dem zuvor beschriebenen
Degressionsfaktor ein pauschaler Abschlag von 20% ihres Stromverbrauchs
vorgenommen, der damit nicht beihilfefähig ist. Damit die Strompreiskompensation
ihre Carbon-Leakage-Wirkung entfalten kann, muss dieser pauschale Abschlags-
faktor gestrichen werden.
Berücksichtigung von Infrastrukturstrom nötig
Derzeit sind in Deutschland Stromverbräuche zentraler Infrastruktureinrichtungen
(z.B. zentrale Kälte- oder Wärmeerzeugungsanlagen) nicht strompreiskompen-
sationsberechtigt, da der Stromverbrauch oft außerhalb der Anlagengrenzen der
genehmigten Anlage, die das strompreiskompensationsfähige Produkt herstellt,
anfällt. Dies führt dazu, dass relevante Stromanteile eines beihilfefähigen Produktes
unberücksichtigt bleiben und die Entlastung nicht greift. Außerdem führt es je nach
Anlagendefinition in den EU-Mitgliedstaaten zu einer Ungleichbehandlung identi-
scher Produkte. Daher ist in der europäischen Regelung deutlich zu machen, dass
unabhängig von Anlagengrenzen Infrastrukturstrom beihilfefähig ist.
2. Direkte Kosten
Die deutsche Chemische Industrie geht von einer direkten Kostenbelastung von
240 Mio. Euro jährlich durch notwendigen Zertifikatezukauf in der 4. Handelsperiode
aus, die sich bei weiteren linearen Kürzungen weiter erhöhen. Die jährliche lineare
Verringerung der Gesamtzertifikatemenge von 2,2% liegt weit über den technisch
machbaren und wirtschaftlich realisierbaren Reduktionspotentialen der Chemie, die bei
unter 1% pro Jahr liegen (Quelle: European Chemistry for Growth, Cefic, 2013). Damit
könnten Emissionsminderungen nur noch durch Produktionsminderungen begleitet
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werden, da die zur Treibhausgasminderung in diesem Maßstab notwendigen Techno-
logien nicht vor 2030 zur Verfügung stehen werden.
Damit aber Industriewachstum in der EU möglich bleibt, werden nachfolgende zentrale
Merkmale einer zukünftigen kostenlosen Zuteilung vorgeschlagen. Diese Merkmale
ergeben nur GEMEINSAM das Potenzial für Wachstum sowie einen ausreichenden
Carbon-Leakage-Schutz bei gleichzeitigem Anreiz zur CO2-Minderung.
Abschaffung des sektorübergreifenden Korrekturfaktors:
Um Wachstum in der produzierenden Industrie zu ermöglichen, benötigt die Chemie
ausreichend kostenlose Zertifikate, die ihrem Produktionslevel entsprechen. Ein stetig
ansteigender sektorübergreifender Korrekturfaktor, wie er derzeit in der 3. Handels-
periode angewendet wird, wirkt Wachstum entgegen. Dieser pauschale Abschlags-
faktor berücksichtigt nicht die technologischen Besonderheiten und Minderungs-
potenziale der verschiedenen Produkte und Verfahren und wird somit der individuellen
Betrachtung und Ausgestaltung von Carbon-Leakage-Schutz nicht gerecht.
Technologisch machbare Benchmarks auf Grundlage der 10% besten Anlagen in
Europa sollen das alleinige Anreizinstrument im Emissionshandel sein.
Einführung einer dynamischen Zuteilung:
Die bisherige Zuteilung auf Basis fester historischer Produktionswerte sollte durch eine
dynamische Zuteilung der kostenlosen Zertifikate ersetzt werden. Im derzeitigen
System wird die jährliche kostenlose Zertifikatemenge anhand alter Produktions-
mengen (2005-08 oder 2009-10) berechnet. Mit diesem starren System wird die vom
Anlagenbetreiber wirklich benötigte Zertifikatemenge nicht korrekt abgebildet. Es ist
damit im System strukturell angelegt, dass es zu Unter- oder Über-zuteilungen kommt.
Das Problem lässt sich mit Hilfe der dynamischen Zuteilung deutlich verringern. Bei
der Berechnung der aktuellen Zuteilungsmenge sollten nicht historische Produktions-
mengen, sondern jeweils die vom Vorvorjahr (n-2) zu Grunde gelegt werden. Es könn-
te auch eine rollierende Basisperiode, die sich über 2-3 Jahre erstreckt, angewendet
werden.
Kombiniert man dieses System mit ambitionierten, realistischen und technisch mach-
baren Benchmarks, verringern sich z.B. krisenbedingte Überschüsse im Markt und
nachträgliche Markteingriffe wie Backloading oder die Marktstabilitätsreserve werden
überflüssig. Durch die Benchmarks bleibt der Anreiz zu stetiger CO2-Verringerung.
Zudem sollten die Zertifikate in der aktuell beschlossenen Marktstabilitätsreserve als
Industriereserve für Wachstum zur Realisierung der dynamischen Zuteilung verwendet
werden. Da die Chemieindustrie mit ihren Produkten Klimaschutz in vielen Lebens-
bereichen ermöglicht und die zukünftigen Klimaziele nur mit bahnbrechenden Innova-
tionen und Technologiesprüngen zu erreichen sind, wird die Chemie weltweit wachsen
und auch die Chemie in Europa sollte ihren Anteil an diesem Wachstum haben. Um je-
doch die wachsende Produktion aufgrund der damit verbundenen Mehremissionen an
Treibhausgasen nicht zu bestrafen, sollte der wachstumsbedingte Mehrbedarf der
Teilnehmer im ETS, die bereits kostenlose Zuteilung erhalten, zunächst aus der
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Marktstabilitätsreserve bedient werden.
Gemäß der jetzigen Regelung kann ein Anlagenbetreiber nur dann mehr kostenlose
Zertifikate erhalten als seine historischen Produktionsmengen ergeben, wenn er
physische Änderungen an der Anlage vornimmt. Es gibt aber auch nicht-physische
Änderungen an Anlagen (z.B. Veränderung der Produktionsparameter Druck, Tempe-
ratur oder ein Katalysatorwechsel), die zu wesentlichen Produktions- und damit auch
Emissionssteigerungen von z.B. mehr als 10% führen, die aber gemäß geltender
Regelung nicht zu einer Aufstockung der kostenlosen Zertifikate führten. Eine dynami-
sche Zuteilung würde hier helfen.
Entwicklung technologisch machbarer Benchmarks, die eine Handelsperiode lang
gelten
Im Emissionshandel berechnet sich die Höhe der kostenlosen Zuteilung i.d.R. auf
Grundlage der historischen Produktionsdaten und festgelegter Produktbenchmarks.
Diese Benchmarks sollen die CO2-Emissionen pro Tonne Produkt darstellen, die die
10% besten Anlagen in Europa für die Produktion einer Tonne dieses Produktes
emittieren. D.h. 90 % aller Anlagen, die dieses Produkt herstellen, schaffen den
Benchmark nicht und emittieren somit mehr als ihnen an Zertifikaten zugeteilt wird.
Dadurch entstehen Kosten, die einen Anreiz geben, die Emissionen mindestens auf
den Benchmark-Wert zu senken.
Die Benchmarks auf Grundlage der 10% effizientesten Anlagen Europas sollten auch
weiterhin jeweils eine gesamte Handelsperiode lang gelten. Sie sollten jedoch bereits
lange vor Beginn der Handelsperiode bekannt gemacht werden, damit die Anlagen-
betreiber sie bei ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen können. Nur so
kann der Benchmark seine Anreizwirkung auch entfalten: Nur bei frühzeitiger Kenntnis
über den Benchmark bleibt während der Handelsperiode ausreichend Zeit, dass sich
z.B. die mit technologischer Effizienzsteigerung verbundenen Investitionskosten wieder
amortisieren. Bei später Kenntnis über einen Benchmark oder bei technologisch nicht
erreichbaren Benchmarks bleibt dem Anlagenbetreiber nur die Option der Produktions-
absenkung oder -verlagerung, da er in der Regel die andernfalls mit einem Zukauf von
Zertifikaten verbundenen Kosten nicht über die Produkte weitergeben kann. Bei Stand-
ortvergleichen für Investitionsentscheidungen wird Europa dann schlechter abschnei-
den als Regionen, in denen diese Kosten nicht anfallen.
Die Benchmarks müssen daher realistisch und technologisch machbar sein. Sie müs-
sen sich an der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit orientieren. Bei ihrer Erstellung müssen
sie statistischen Relevanzkriterien (z.B. ausreichende Zahl von Anlagen) genügen.
Statistische Ausreißer, die in der Regel durch Sondersituationen von Unternehmen
entstehen, dürfen nicht herangezogen werden. Generell gilt, dass Benchmarks nur
dann anzupassen sind, wenn technischer Fortschritt stattgefunden hat.
Kriterien zur Erstellung der Carbon-Leakage-Liste belassen
Gemäß geltender Emissionshandelsrichtlinie gibt es drei verschiedene Kriterien, die
ein Wirtschaftszweig erfüllen kann, um als Carbon-Leakage-Sektor eingestuft zu
werden.
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Handelsintensität > 30%
Emissionskosten pro Euro Bruttowertschöpfung > 30%
Handelsintensität > 10% UND Emissionskosten > 5%
Die Einstufung als Carbon–Leakage-Sektor ist von größter Bedeutung für die chemi-
sche Industrie, da Sektoren, die keinen Carbon-Leakage-Status genießen, linear
abschmelzende Zertifikatemengen erhalten (von 80% in 2013 auf 30% in 2020).
Carbon-Leakage-Sektoren erhalten bis Ende 2020 100% der Zertifikate auf Grundlage
von Benchmarks (mit der daraus resultierenden Unterdeckung für 90% der Anlagen,
siehe oben) kostenlos. Die oben genannten Kriterien sind sachgerecht und sollten aus
Sicht des VCI auch für die 4. Handelsperiode beibehalten werden. Als CO2-Preis sollte
das aktuelle Impact Assessment der Kommission zum Klimaziel der EU für 2030
herangezogen werden, in dem die EU-Kommission in ihrem Szenario von einem Zerti-
fikatepreis von 40 Euro ausgeht (Quelle: Impact Assessment EU-KOM, SWD(2014)
15 final, S. 81, Tabelle 15, Spalte „Carbon val.“). Dieses Szenario berücksichtigt die
vom Europäischen Rat beschlossene Steigerung der jährlichen Minderung der
Zertifikatemenge von 1,74% auf 2,2 % im ETS-Sektor und ist daher sachgerecht.
Anrechnung zertifizierter internationaler Emissionsminderungen ermöglichen
Der Europäische Rat hat im Oktober 2014 beschlossen, die EU-Treibhausgas-
emissionen um mindestens 40 % gegenüber 1990 intern („domestic“) zu senken. Um
der Industrie, die bereits überproportional zu den Treibhausgas-Reduktionszielen
beigetragen hat, die dringend notwendige Flexibilität beim Erreichen weiterer
Reduktionen zu ermöglichen, muss auch in der vierten Handelsperiode die inter-
nationale Dimension von Klimaschutz stärker berücksichtigt werden. Wenn das Paris-
Abkommen zu neuen internationalen Marktmechanismen führt und die bestehenden
Kyoto-Mechanismen auch nach 2020 erhalten bleiben, sollte die Verwendung solcher
Zertifikate zumindest für die Carbon Leakage gefährdete Industrie uneingeschränkt
möglich sein. Ein isoliertes und auf die EU beschränktes ETS widerspräche grund-
legend der ursprünglichen Intention zur Einführung eines Emissionshandels in Europa.
Denn dieses sollte gerade der Erfüllung der internationalen THG-Reduktionsver-
pflichtungen der EU dienen (vgl. Erwägungsgrund 2 - 6 der Emissionshandels-
Richtlinie) und diese so kostengünstig wie möglich erreichen.
Die Nutzbarkeit internationaler Emissionszertifikate zur Erreichung von Klimazielen
kann nicht nur diesen Zielen dienen, sondern leistet zudem wichtige Beiträge zum
Technologietransfer in Partnerländern und zur internationalen Klimaschutzfinanzie-
rung. Als Zeichen der Bereitschaft zu einer globalen Lösung der weltweit notwendigen
Treibhaugasreduktionen ist die Berücksichtigung internationaler Mechanismen auch im
EU-ETS unverzichtbar.
Fazit:
Generell gilt: Solange es kein internationales Klimaschutzabkommen mit vergleich-
baren Belastungen in anderen Ländern gibt, ist die Beibehaltung von Maßnahmen zur
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Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie dringend notwendig.
Das bedeutet, dass Carbon-Leakage-Maßnahmen für direkte und indirekte Kosten
solange aufrechterhalten bleiben müssen, bis durch ein internationales Klimaschutzab-
kommen mit vergleichbaren Belastungen in allen anderen Ländern ein weltweites
level-playing field erreicht ist. Ob tatsächlich vergleichbare Belastungen vorliegen,
muss geprüft und evaluiert werden. Es darf keinen Automatismus zur Abschaffung von
Carbon-Leakage-Maßnahmen geben.
_________________
*:
Annahmen zur Berechnung des Business Impact der deutschen Chemischen Industrie
durch die Umsetzung des Klimaziels 2030:
Zertifikatepreis:
40 Euro/t CO2 (Szenarioannahme der EU-Kommission. Quelle: Impact Assess-
ment EU-KOM, SWD(2014)15 final, S. 81, Tabelle 15, Spalte „Carbon val. “)
52 Mio. MWh Stromverbrauch in der deutschen Chemie/Jahr, davon
40 Mio. MWh Fremdstrom mit Emissionsfaktor 1,2 t CO2/MWh
12 Mio. MWh Eigenerzeugung mit Emissionsfaktor 0,5 t CO2/MWh,
30 Mio. kostenlos zuzuteilende Zertifikate in Chemieindustrie gemäß DEHSt-Bericht
2013
18 Mio. t aus Chemieanlagen, 12 Mio. t aus Wärmeerzeugung
20% Unterdeckung bei kostenlosen Zertifikaten
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