28 Kultur in der RegionSÜDKURIER NR. 160 | RSDONNERSTAG ... · James Taylor (rechts) ein...

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„Was tun mit Farbe“ war eine vielbeach-tete Ausstellung Thomas Bechingers imKunstmuseum Singen und im Kunstver-ein Reutlingen überschrieben. NeueAntworten auf diese Frage sind jetzt inder Galerie Grashey in Konstanz zu fin-den. In den Bildern des 1960 in Konstanzgeborenen Künstlers, der heute in Mün-chen lebt und Malerei und Grafik an derUniversität Siegen lehrt, steht die Farbeim Mittelpunkt. Die Farbe dient dabeinicht als Mittel, etwas darzustellen, son-dern ist selbst der Gegenstand. Bechin-gers Gemälde konzentrieren sich aus-schließlich auf die Struktur des Farbauf-trags. In diesem Sinne kann man sie alsMeta-Malerei bezeichnen. Es sind Bil-der, die den Prozess des Malvorgangszum Thema machen.

Die Galerie zeigt Bilder, die zwi-schen 2006 und 2010 entstanden.Bevorzugt arbeitet Bechinger mitbreitem Pinselstrich mit Acrylfar-ben auf Nessel. Das Farbspektrumist äußerst begrenzt. Türkis, Beige,Schwarz. Nur selten ein kräftigesRot. Das fertige Bild lässt deutlichdie Spuren des Malakts erkennen.Zwei Arbeiten im Eingangsbereich,die Bechinger exklusiv für dieseAusstellung realisiert hat, beein-drucken zunächst durch ihre Grö-ße. Doch die eigentliche Wirkungseiner Kunst hängt nicht von derBildgröße ab. Denn auch in denGroßformaten, die der Künstler be-vorzugt, spielt der Farbauftrag diezentrale Rolle. Bechinger gelingt eseinmal mehr, Farbe zum Erlebniswerden zu lassen.

Bechinger spielt sehr bewusst mit derWirkung der Farben. Es entstehen helle-re und dunklere Partien der gleichenFarbe, gezielt werden auch Farbkon-traste eingesetzt. Am markantesten in

den Arbeiten, in denen Rot verwendetwird. Der Farbauftrag variiert zwischenkontrollierter und freier Geste, ist maltransparent, mal verdichtet. Gerade Li-nien durchziehen viele Bilder, zerteilensie in einzelne Segmente, schließen sie

hermetisch ab – und doch sollteman nicht recht von Farbfeldmale-rei sprechen. Bechingers Malereikennt nur Pinselspuren. Der Künst-ler wehrt sich gegen jeden Versuch,seine Malflächen mit Bedeutung,die über die Farbfläche selbst hi-nausgeht, aufzuladen. Die meistender gezeigten Bilder haben keinenTitel. Es gibt drei Ausnahmen: „Cu-kur“, „Hüseyinaga“ und „Bülbül“.Karge Landschaften in Vorderasien,die Bechinger auf seinen Reisen ge-sehen hat. Diese Kargheit spiegeltsich in den reduzierten Komposi-tionen wieder. Einen ganz eigenenCharakter haben die Tuschearbei-ten Bechingers. Noch stärker alsdie farbigen Gemälde konzentrie-ren sie sich auf den Pinselstrich.

Der Begriff der Farbe, bemängelt derKunstwissenschaftler Thomas Bechin-ger, ist im Deutschen unscharf. Das Eng-lische ist präziser und unterscheidetzwischen der materiellen, tastbarenSubstanz („paint“) und der Erschei-

nung, bzw. dem Farbton („colour“).Durch das Anrühren der Farbe, das Zu-sammenmischen von Pigmenten sowieBinde- und Lösungsmitteln in unter-schiedlichen Verhältnissen, durch dieArt des Pinselauftrags, die Wahl des Un-tergrunds und dessen Sättigung, kurz,durch die Art und Weise der Verwen-dung von „paint“ verändert sich auch„colour“. Genau das ist in den Arbeitendes Künstlers Thomas Bechinger zu se-hen. Der Vorgang des Farbauftrags wirdoffengelegt und lässt den Betrachter dieHandhabung des Malwerkzeugs bei derEntstehung des Bildes nachvollziehen.Korrekturen werden nicht kaschiert, siehinterlassen vielmehr Spuren und ver-weisen auf das Prozesshafte der Malerei.Schnell wird deutlich: Farbe lebt.

Galerie Grashey, Schützenstr. 14, Konstanz.Bis 31. Juli. Mi und Do 15-18.30 Uhr sowienach Vereinbarung. Tel. 0172-6272-224.

Weitere Informationen:www.galeriebesuch.de

Lebendige Farbe

Der Malprozess bleibt in Thomas Bechingers Bildernimmer sichtbar. B I L D : F LO RI A N W E I L A N D

Neue Arbeiten von Thomas Bechinger in der KonstanzerGalerie Grashey

V O N F L O R I A N W E I L A N D................................................

KONSTANZ

Sommerakademie Jazzmit Bernd KonradSaxofonist Bernd Konrad bietetmit acht Jazz-Profis die 16.Konstanzer SommerakademieJazz an. Vom 29. Juli bis 1.August jazzen Lehrer undSchüler – Anfänger und Ama-teure jeglichen Alters – in derMusikschule Konstanz. Höhe-punkt ist das öffentliche Ab-schlusskonzert am 1. Augustum 20 Uhr im Wolkenstein-Saal des Kulturzentrums. An-meldung unter sommeraka-demie.jazz@mskn.org. Kurs-gebühr 120 Euro, Schüler/Studenten 90 Euro. (reh)

ALLENSBACH

Deutsch-brasilianischeMusik von Sängerin BêSängerin Bê präsentiert einefeine Mischung aus Loungeund Pop mit Einflüssen vonSamba, Bossa Nova, Funk undJazz. Begleitet wird sie vonMusikerfreunden aus Brasilienund Deutschland. Sie spielenin Allensbach im Rahmen derReihe „umsonst & draußen“Eigenkompositionen undVersionen brasilianischer unddeutscher Klassiker. 21. Juli, 20Uhr, Seegarten, Bühne am See.Eintritt frei. (reh)

ÜBERLINGEN

Literarischer Vormittagfür Peter Hebel In Überlingen lesen drei Preis-träger des Hebelpreises Baden-Württemberg ihre Lieblings-geschichten von Johann PeterHebel, geboren vor 250 Jahren,sowie eigene Texte: ManfredBosch, Markus Werner (OswaldBurger leiht ihm die Stimme)und Michael Köhlmeier. Pia-nist Jakob Siecke begleitet dieliterarische Matinee mit Stü-cken von Beethoven und Schu-mann. Wann? Sonntag, 18. Juli,11 Uhr, Kursaal am See, Chris-topherstraße 2. Der Eintritt istfrei. (reh)

KONSTANZ

Tobias Bücklein lädt zurBückleinkunsttalkshow Der Entertainer Tobias Bück-lein präsentiert die 5. Ausgabeder Bückleinkunstalkshow am20. Juli um 20 Uhr im Quar-tierszentrum Konstanz (Lui-senstraße 9). Zu Gast sind dreietablierte lokale Musiker:Jazzmusiker Patrick Man-zecchi, Dirigent Peter Bauerund Rockmusiker Klaus Wils-recht-Zahn. Das Publikumerwartet Musik, Showbeiträgeund spannende Gesprächerund um die Konstanzer„Hoch- und Subkultur“. Karten(11 bis 17 Euro) an der Thea-terkasse, Tel. 07531/900150,Internet www.bkkts.de (reh)

GALERIE

Es gibt ein Foto von Ihnen, darauf sindSie mit Barack Obama zu sehen und essieht aus, als würden Sie alle zusammensingen.So war es auch. Das Bild entstand an TedKennedys Geburtstagsfeier und wirsangen alle zusammen „Happy Birth-day“.

Und wie singt Präsident Obama?(lacht) Ich glaube, er fühlte sich ein we-nig befangen in der Gegenwart einerOpernsängerin. Viele Leute werden jaein bisschen schüchtern, wenn ein Pro-fisänger dabei ist. Aber trotzdem, ersang mit großer Begeisterung. Und da-rauf kommt es ja an.

Es gibt noch zwei andere US-Präsiden-ten, die Sie schon ins Weiße Haus zuKonzerten eingeladen haben, Bill Clin-ton und George W. Bush.Es waren mehr als nur diese beiden.Schon als ich Studentin an der HighSchool war, hat mich Präsident JimmyCarter zusammen mit einigen Kommi-litoninnen eingeladen, im Weißen Hauszu singen. Das muss Ende der 70er Jahregewesen sein.

Dann sind Sie also so etwas wie dieAbgeordnete für Operngesang im Wei-ßen Haus?(lacht) Tatsächlich habe ich sehr vielwährend der Ära von George Bush imWeißen Haus gesungen, am meistenaber in der Zeit von Bill Clinton, da warich sicherlich acht Mal zu verschiede-nen Gelegenheiten. Und dann wiederwährend der Regierungszeit vonGeorge W. Bush.

Ich habe gehört, dass Bill Clinton eingroßer Opernfan ist. Stimmt das?Ja, er liebt Musik. Und er hat sogarschon das National Symphony Orches-tra dirigiert. Ich glaube, es war bei ei-nem Konzert im Weißen Haus. LeonardSlatkin, damals Chefdirigent des Or-chesters, gab den Dirigentenstab an BillClinton. Und so dirigierte Clinton. Aberer hat es genossen, er war sehr cool undhielt auch das Tempo.

Sie sind ein Mezzosopran, und die wohlberühmteste Rolle für einen Mezzo istGeorge Bizets Carmen. Es ist auch IhreParaderolle. Was fasziniert Sie andieser Figur besonders?Carmen ist ein wunderbarer Charakter,aber vom sängerischen Standpunkt ausgesehen ist sie für meine Stimme nichtunbedingt die befriedigendste Rolle.Aber ich genieße es, sie zu spielen undsie zu sein. In meinem Leben war sie mireine große Lehrerin.

Sind Sie also auch eine Carmen, einegroße Verführerin?Nein, überhaupt nicht. Aber im Hin-blick auf ihren Mut und darauf, dass sieihr Leben auf ihre Weise führt, war sie

für mich schon ein großes Vorbild. Ichbin zwar auch sehr temperamentvoll,aber dennoch weit entfernt von derFrau, die sie ist. Aber ich mag die Frau,die sie ist.

Und welches ist dann die musikalischbefriedigendste Rolle für Sie?Das ist die Charlotte in Jules Massenets„Werther“. Diese Partie singe ich gerne,sie ist eine Herausforderung und dieMusik ist wunderschön.

Sie mögen also besonders das französi-sche Repertoire?Ich glaube, das französische Repertoiremag mich. Die französischen Kompo-nisten haben einfach die Musik ge-schrieben, die am besten zu meinerStimme passt.

Sie sind eine schwarze Sängerin. HabenSie den Eindruck, dass es für eineschwarze Sängerin nach wie vor schwie-riger ist, in der Welt der Oper Fuß zufassen, als für eine weiße Sängerin?Auf jeden Fall. Ich für meinen Teil ver-wende meine ganze Energie auf meineArbeit und auf die Musik und hoffe da-rauf, dass das zählt. Natürlich wünscheich mir, dass wir eines Tages mal zu demPunkt kommen, wo die Hautfarbe keineRolle mehr spielt. Andererseits spielt al-les eine Rolle – ob man groß ist oderklein, ob man dick ist oder dünn undeben auch, ob man weiß ist oderschwarz. Für mich selbst spielt es keineRolle, ich fühle mich wohl in meiner

Haut, aber ich weiß mit ziemlicher Si-cherheit, dass es eine Rolle spielt fürmanche Manager oder Theaterinten-danten. Und natürlich ist der Wettbe-werb inzwischen so groß, dass sich dieTheater- und Opernhäuser herauspi-cken können, wen sie wollen. Zwar soll-te eigentlich das pure künstlerischeKönnen den Ausschlag geben, aber soläuft es eben nicht immer.

In dem Konzert nächste Woche singenSie auch einige typisch amerikanischeTitel wie „Summertime“ oder Stückeaus Bernsteins „Westside Story“. Wofühlen Sie sich musikalisch mehr zuHause – im französischen Repertoire,von dem Sie sagen, dass es Sie mag,oder im amerikanischen Repertoire,weil Sie Amerikanerin sind?Musik ist eine internationale Sprache,die Sprache der Seele. Ich wurde zwar inAmerika geboren, und natürlich ist mirdie amerikanische Musik sehr vertraut.Aber eine „Carmen“ ist mir eben auchsehr vertraut. Genauso Giuseppe Verdi– ich werde nächste Woche auf dem Ho-hentwiel ja auch Verdi-Arien singen. Alldiese Musik ist mir vertraut, ich lebe mitihr, sie ist mir in Fleisch und Blut über-gegangen. Daher sage ich: Ich bin zuerstSängerin, erst dann Amerikanerin. DieMusik kommt vor der Nationalität.

F R A G E N : E L I S A B E T H S C H W I N D

Onlinedossier zum Hohentwielfest:www.suedkurier.de/hohentwiel2010

„Musik ist die Sprache der Seele“

Denyce Graves (Mitte) gibt gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama (links) und SängerJames Taylor (rechts) ein Geburtstagsständchen für Ted Kennedy. B I L D : A S S O C I AT E D P RE S S

Heute startet das Hohent-wielfestival. Wir sprachen mitder amerikanischen Sopra-nistin Denyce Graves, die amDienstag dort gastiert

➤ 15. Juli, 19 Uhr: Crosby, Stills &Nash.

➤ 16. Juli, 19 Uhr: Toto. Support: SiggiSchwarz feat. Pete Haycock

➤ 17. Juli, 19 Uhr: Culcha Candela.Support: Keule, Chefket

➤ 18. Juli, ab 9 Uhr: Burgfest

➤ 20. Juli, 20 Uhr: Klassik mit DenyceGraves und der SüdwestdeutschenPhilharmonie.

Außer für das Konzert mit CulchaCandela gibt es noch Restkarten für alleVeranstaltungen unter Tel. 07531/908844 bzw. unter www.koko.de. Dasim Vorverkauf erworbene Ticket berech-tigt – frühestens drei Stunden vorBeginn – zur freien Fahrt mit den an denVHB angeschlossenen Verkehrsunter-nehmen. Wer mit dem Zug kommt,steigt am Haltepunkt „Landesgarten-schau“ aus. Kostenlose Shuttle-Busseverkehren auf halbe Bergeshöhe. (sk)

Hohentwielfestival

Die Mezzosopranistin Denyce Graveswurde in Washington geboren. Ihr Debütan der Metropolitan Opera in New Yorkgab sie 1995/96 mit der Titelrolle der„Carmen“. Sie verkörperte Bizets Zigeu-nerin auch in mehreren Inszenierungenan der Seite von Placido Domingo. Eineandere ihrer Paraderollen ist die Dalilain Camille Saint-Saens „Samson undDalila“. In Deutschland gastierte siehäufig an der Münchner Staatsoper.Denyce Graves ist aber auch einegefragte Kultubotschafterin: MehrereUS-Präsidenten, darunter Bill Clintonund George W. Bush, luden sie zuAuftritten ins Weiße Haus ein. Auf demHohentwiel singt sie Arien und Stückevon Bizet und Verdi, George Gershwin,Leonard Bernstein und anderen. (sk)

Denyce Graves

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