Thomas Eilmansberger Günter Herzig Soziale Dienstleistung und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts...

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Thomas EilmansbergerGünter Herzig

Soziale Dienstleistung und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts

Enquête bmsk: Soziales und KonsumentenschutzWien

10. Oktober 2008

© Eilmansberger/Herzig 2008

Eilmansberger/HerzigSoziale Dienste und Gemeinschaftsrecht

Was sind soziale Dienste.. ? ..social services of general interest (SSGI) ua..

Jugendwohlfahrt, Jugendförderung, Jugendschutz Zivil- und Katastrophenschutz Feuer- und Rettungswesen Sozialer Wohnbau Betreuung in Wohn- und Pflegeheimen Sozialmedizinischer Dienst (Abgrenzung zu Gesundheitsleistungen)

zB Betreuung psychisch Kranker und Abhängigkeitserkrankten Wohnungslosenhilfe Kinderbetreuungseinrichtungen Leistungen zur Integration von Menschen mit besonderen

Bedürfnissen Leistungen der Bewährungshilfe

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Soziale Dienste und Gemeinschaftrecht

SSGI

Binnenmarkt Wettbewerb

VergabeBeihilfen

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Wettbewerbsregeln Beihilfenrecht

Grundfreiheiten

Unternehmensbegriff

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Nicht relevant:Gewinnerzielungsabsicht

stdRsp, ua EuGH C-67/98 Albany, Rn 85Rechtsform

stdRsp, ua EuGH C-41/90, Höfner und Elser

unmittelbarer entgeltlicher Leistungsaustausch

zB Krankenanstalten sind Unternehmen

Unternehmensbegriff

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Relevant:wirtschaftliche oder nicht-wirtschaftliche Tätigkeit der betroffenen Einrichtung

Unternehmensbegriff

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GA Jacobs, SA C-218/00, Cisal di Battistello„jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten und die zumindest im Grundsatz von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt werden könnte.“

Wirtschaftliche vs. nichtwirtschaftliche Tätigkeit ?

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Hoheitliche Aufgaben ist eng auszulegen Relevanz für soziale Dienste ?

Strafvollzug ?

Wirtschaftliche vs. nichtwirtschaftliche Tätigkeit ? (1/3)

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Nationale BildungssystemeRs Humbel, Wirthnicht wirtschaftlich?

Wirtschaftliche vs. nichtwirtschaftliche Tätigkeit ? (2/3)

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Gesetzliche PflichtversicherungssystemeRs Poucet und Pistrenicht wirtschaftlichauch nachfrageseitig:

Rs C-264/01, AOK Bundesverband; Rs C-205/03 P, FENIN

wichtig für öffentl. Einrichtungen, die nur Nachfrage der öffHand vermitteln

Wirtschaftliche vs. nichtwirtschaftliche Tätigkeit ? (3/3)

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ausgenommen sind diverse nichtwirtschaftliche Tätigkeiten von

Gewerkschaften Parteien Kirchen und religiösen Gemeinschaften Verbraucherverbänden Wissenschaftliche Gesellschaften Wohlfahrtseinrichtungen Schutz- und Hilfsorganisationen

Kommission(Mitteilung zu Leistungen der Daseinsvorsorge ABl 2001 C 17/4 Rn 30)

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Wichtige Einschränkung:„sobald eine derartige Einrichtung jedoch bei der Erfüllung eines Gemeinwohlauftrags wirtschaftliche Tätigkeiten aufnimmt sind hierauf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften .. unter Berücksichtigung des besonderen sozialen und kulturellen Umfelds, in dem die betreffenden Tätigkeiten ausgeübt werden, anzuwenden.“

Kommission(Mitteilung zu Leistungen der Daseinsvorsorge ABl 2001 C 17/4 Rn 30)

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Rechtfertigung (Art 86 Abs 2)

„Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind .. gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.“

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Wettbewerbsrecht Beeinträchtigung des Handels und des Wettbewerbs

zwischen den Mitgliedstaaten (Art 81) wesentlicher Teil des gemeinsamen Markts (Art 82)

Beihilfenrecht spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen

den Mitgliedstaaten Primärrechtliches Vergaberecht

grenzüberschreitendes Interesse für potentielle Bieter

Grenzüberschreitender Bezug ?

Soziale Dienste und Grundfreiheiten

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Soziale Dienste und Grundfreiheitem

Rechtsformvorbehalte zu Gunsten von gemeinnützigen Einrichtungen EuGH: C-70/95, Sodemare

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Soziale Dienste und Grundfreiheitem

Rs C‑169/07 , Hartlauer, SA GA Bot v 9.9.08 Zur Rechtfertigung der Bedarfsprüfung im

Gesundheitssektor

Soziale Dienste und Wettbewerbsrecht

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Soziale Dienste und Wettbewerbsrecht

Einräumung besonderer Rechte Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen

Interesse (DAWI) Staat unterstützt diese Leistungen

durch Erteilung ausschließlicher oder besonderer Rechte

zB ein (Teil-)Markt wird der sozialen Einrichtung zwecks Quersubventionierung vorbehalten

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Soziale Dienste und Wettbewerbsrecht

EuGH C-475/99, Ambulanz Glöckner Art 86 Abs 2: Ausschluss des Wettbewerbs gerechtfertigt,

wenn ansonsten das wirtschaftliche Gleichgewicht der vom Inhaber des ausschließlichen Rechts übernommenen DAWI in Frage gestellt würde

Test: Wird Nachfrage bedeckt?

(vgl auch Rs Höfer und Elser) Werden Überschüsse generiert?

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Beihilfenrecht Soziale Dienste = Leistungen von

allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI)

Staat unterstützt diese Leistungen durch finanzielle Zuwendungen oder Verzicht auf

finanzielle Belastungen

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Neue vs bestehende Beihilfen Notifizierungspflicht und

Durchführungsverbot nur für Neubeihilfen

Stichtag für Österreich 1.1.1994 aber:

eine wesentliche, den Kern der Beihilferegelung betreffende Änderung kann eine bestehenden Beihilfe in eine Neubeihilfe umwandeln (zB EuGH, C-44/93, Namur)

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Zwischenstaatsbezug „Kommission möchte sich auf Fälle

konzentrieren, die sich in wirklich spürbarer Weise auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken“(Kommission „Non paper“ zu DAWI und staatliche Beihilfen v 12.11.02)

E Freibad Dorsten E Irische Krankenhäuser

Krankenanstalten mit lokalem Versorgungsauftrag

de-minimis-VO: 200.000 EUR

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Beihilfe auch ohne Ausschreibung ausgeschlossen, wenn das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung

gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut ist, und diese Verpflichtungen klar definiert sind

die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet werde, zuvor objektiv und transparent aufgestellt wurden

der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns ganz oder teilweise zu decken.

Die Höhe des Ausgleichs ist im Vergleich mit den Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches Verkehrsunternehmen zu tragen hätte (unter Berücksichtigung der Einnahmen und des angemessenen Gewinns aus der Erfüllung seiner Verpflichtungen)

EuGH 24.07.03, C-280/00, Altmark Trans

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Maßnahmenpaket der Kommission „post Altmark“ (http://europa.eu.int/comm/competition/state_aid/others/#compensation)

„Freistellungs-“ Entscheidung nach Art 86 EG Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen,

die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden

für soziale Dienste: vgl „F.A.Q.“ der Kommissionsdienststellen SEC 2007(1516)

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Was ist gemeinwirtschaftliche Leistung ? breites Ermessen der Mitgliedstaaten

Festmacherdienst in Hafengewässern Versorgungssicherheit in der E-Wirtschaft Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Wasserversorgung

Kommission: Kontrolle offenkundiger Fehlbeurteilung

BeauftragungDurch öffentlichen Rechtsakt (Gesetz,

Verordnung, Vertrag)

(1) Beauftragung mit gemeinwirtschaftlicher Leistung

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Berechnungsparameter des Ausgleichs müssen aufgestellt werden: ex ante (!) objektiv transparent

Für gemischtwirtschaftliche Unternehmen: getrennte Rechnungslegung Transparenz-RL 80/727/EWG idgF

(2) Transparenzgebot

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Ausgleich darf nicht über die entstehenden Kosten hinausgehen FDC (Fully distributed costs)

vgl dazu EuGH 03.06.03 C-81/01 P, Chronopost

alle variablen Kosten + angemessener Beitrag an den Fixkosten + Gewinn + angemessene Rendite

(3) Überdeckungsverbot

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Zwei Alternativen tatsächlich entstehende Kosten des

beauftragten Unternehmensoder

Kosten eines im Wettbewerb stehenden (privaten) Mitbewerber ermittelt durch Vergabeverfahren hypothetisch

(4) Vergleichsmaßstab

Kom

EuGH

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keine Notifzierung Kein Durchführungsverbot „Selbstveranlagung“

Anmeldeverpflichtung

Prüfung und Genehmigung durch die Kommission

Entscheidung Gemeinschafts-rahmen

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Entscheidung

Anwendungsbereich ohne Umsatzgrenze: Krankenhäuser mit öffentlichem

Versorgungsauftrag Alle anderen Unternehmern unterhalb gewisser

Aufgriffsschwellen Gesamtumsatz < 100 Mio € Höhe der Ausgleichsleistung < 30 Mio €

Sonderregelung Sozialwohnungswesen und Verkehr

Soz. Dienste und Vergaberecht

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Soziale Einrichtungen als öAuftragG§ 3 BVergG 2006 : Persönlicher Anwendungsbereich (Abs 1 Z 2) Einrichtungen, die

zumindest teilrechtsfähig sind Leitungs- und Aufsichtsorgane mehrheitlich aus

Mitgliedern bestehen, die von Gebietskörperschaften oder ihren Einrichtungen ernannt werden, der Aufsicht dieser unterliegen oder überwiegend von diesen finanziert werden

zu dem Zweck gegründet sind im Allgemeininteresse liegende Tätigkeiten nicht gewerblicher Art zu erfüllen

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Soziale Einrichtungen als öAuftragG Tätigkeit im Allgemeininteresse

Gemeinwohlorientierte Zielsetzung „nicht gewerblicher Art“

Keine grundsätzliche Gewinnerzielungsabsicht Kein Wettbewerb auf dem Markt Kein unternehmerisches Risiko, Finanzierung aus

öffentlichen Mitteln Beispiele

Sozialversicherungsträger, WKÖ, Schloss Schönbrunn BetriebsGmbH, Internationales Studentenhaus Innsbruck Gemeinnützige GmbH, etc

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Soz. Dienste als Auftragnehmer Nicht-prioritäre Dienstleistungen iSv Anh IV

„Gesundheits, Veterinär-, und Sozialwesen“ „Erholung, Kultur und Sport

grs. alle Verfahrensarten einschl. Direktvergabe (bis 40.000 EUR) angemessener Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen

Dienstleistungskonzession (§ 8 BVergG) Kein Vergabeverfahren (§ 11 BVergG) Transparenzgebot, Nichtdiskriminierung kein vergabespezifischer Rechtschutz

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Soz. Dienste als Auftragnehmer Ausgenommen ist … … In-house-Vergabe (§ 10 Z 7 BVergG 2006)

ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststellen („Beherrschung“)

Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft(en)

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Soz. Dienste als Auftragnehmer Berücksichtigung sozialer Belange? § 21 BVergG:

vorbehaltene Aufträge für geschütze Werkstätte Mitteilung der Kommission ..

. betreffend die Berücksichtigung sozialer Belange bei öffentlichen Aufträgen (KOM (2001) 566)

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Soz. Dienste als Auftragnehmer Subventionierung eines BietersEuGH Arge Gewässerschutz

Preisunterbietung aufgrund Subventionsempfang verstößt nicht gegen Gleichbehandlungsgrundsatz

AG muss oder darf aber uU im Einzelfall wegen unzulässiger Beihilfen Bieter ausschließen (Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit wegen Rückzahlungsverpflichtung)

Art 55 Abs 3 RL 2004/18/EG (§ 125 Abs 6 BVergG) Ablehnung Angebot möglich, wenn Bieter nicht nachweisen

kann, dass die betreffende Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde Erforderlich aber wohl: Verfälschung des Angebotswettbewerbs

durch Beihilfe

Ein allgemeiner Rechtsakt für soziale Dienste ?

Blick in die Zukunft

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Vv Lissabon Art 14 (ex Art 16)

Neue Kompetenzgrundlage zur Rechtsetzung

Festlegung der Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren von DAWI

ordentliches Gesetzgebungsverfahren

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Mögliche Inhalte eines Rechtsakts Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und

nichtwirtschaftlichen Leistungen Festlegung von de-minimis Schwellen Binnenmarktrelevante Regelungen Wettbewerbs- und beihilfenrelevante

Regelungen Vergaberechtliche Fragen Festlegung von

Universaldienstverpflichtungen

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