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Die Studie befasst sich mit allen Themen, die die Bewertung von Arztpraxen tangieren und stellt den IST-Zustand dar. Besonders interessant ist diese Arbeit für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Unternehmensberater, Bank- und Versicherungsangestellte, (niedergelassene) Ärzte und Wissenschaftler.
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[BEWERTUNG VON ARZTPRAXEN ‐ REPORT 2010] 8. August 2010
www.bewertungspilot.de
Die praktische Anwendung der verschiedenen Praxisbewertungsverfahren
Branchenübergreifende empirische Untersuchung
von Till Ohrmann
Mit der empirischen Untersuchung wurde erfasst, wie innerhalb der unterschiedlichen Branchen mit
den zentralen Problem der Praxisbewertung umgegangen wird. Bei der Auswertung wurde
differenziert in (außer‐)ordentliche Mitglieder des IDW, Nichtmitglieder sowie öffentlich bestellte
und vereidigte Sachverständige zur Bewertung von (Zahn‐)Arztpraxen (IHK). Die Untersuchung zeigte,
dass das Ertragswertverfahren eine dominierende Stellung unter allen Bewertungsverfahren
einnimmt. Allerdings benutzen knapp die Hälfte aller Praxisbewerter die neue
Bundesärztekammermethode, welche in der Fachliteratur kontrovers diskutiert und
betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar ist. An dritter Stelle folgen die Gewinn‐ &
Umsatzmultiplikatoren, welche von knapp einem Drittel aller Bewerter benutzt werden. Etwas
geringer war die Beliebtheit der DCF‐Verfahren, die mit den Mittelwertverfahren und der alten
Bundesärztekammermethode auf einem Platz liegen.
I. Einleitung
1. Ziele der vorliegenden empirischen Untersuchung
Theorie und Praxis sind mitunter verschiedene Bereiche und gerade bei der
Unternehmensbewertung bereitet die praktische Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen
größere Probleme und macht die Unternehmensbewertung zu einem der komplexesten Bereiche der
Betriebswirtschaftslehre. Dies gilt analog für die Bewertung von freiberuflichen Praxen jeder Art. In
den folgenden Kapiteln wird jedoch nur auf die Problematik der Bewertung von Arztpraxen
eingegangen.
Während die Bewertung von Unternehmen i. d. R. auf den zukunftsorientierten Verfahren beruht, ist
die Anwendung von vergangenheitsorientierten Verfahren1 bei den Praxisbewertern nach wie vor
weit verbreitet. Anders als bei der originären Unternehmensbewertung ist der IDW S 1 nicht allen
Praxisbewertern bekannt. So existieren momentan drei mehr oder weniger (wissenschaftlich)
richtige Handlungsanweisungen.2
Aus diesem Grund ist es von großem Interesse, zu erfahren, wie der Bewertungsstandard des IDW in
der Praxis zur Anwendung kommt und welche Bewertungsverfahren von den Praxisbewertern am
häufigsten angewandt werden. Ein weiterer Augenmerk soll auf die Auswahl der Parameter des
Bewertungskalküls und deren Gewinnung gelegt werden.
Darüber hinaus kann der Praktiker die Ergebnisse der Erhebung unmittelbar für die eigenen
Gutachten benutzen und mögliche Erkenntnisgewinne in sein bestehendes Bewertungskalkül
einarbeiten. 1 wie etwa die neue Bundesärztekammermethode 2 IDW S 1, BÄK/KBV‐Hinweise, § 199 ff. BewG; Vier, wenn man die alten BÄK‐Hinweise (1987) hinzuzählt
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2. Design der empirischen Untersuchung
2.1 Aufbau des Fragebogens
Konzipiert wurde der Fragebogen in Hinblick auf die Zielsetzung der Studie, der Wiedergabe einer
Bestandsaufnahme der Bewertungspraxis. Das Design der Umfrage sowie einige Fragen hat der Autor
aus den Studien von Fischer‐Winkelmann/Busch (2009)3 und Henselmann/Barth (2007)4
übernommen. Zudem möchte der Autor eventuell vorhandene Parallelen zur „normalen“
Unternehmensbewertung aufzeigen und die Studien in den wichtigsten Fragestellungen vergleichbar
machen.
2.2 Durchführung der Studie
2.2.1 Auswahl der Probanden
Die Auswahl der im Rahmen der Befragung zu kontaktierenden Unternehmen wurde vom Verfasser
mit Hilfe des sozialen Netzwerks XING, der Online‐Suchmaschine Google sowie dem Berufsverband
der Unternehmensbewerter (IACVA) getroffen. Gesucht wurden Unternehmen, die im Rahmen von
Praxisbewertungen als direkte Beteiligte auftreten. Die Anzahl der befragten Personen hat im
Vergleich zur Vorjahresstudie5 (221 befragte Personen) mit insgesamt 298 Befragten um knapp 30 %
zugenommen.
2.2.2 Erstellung und Versendung der Fragebögen
Die Befragung erfolgte über einen standardisierten Fragebogen, der webbasiert auf einem
Internet‐Server abgelegt war. Der Umsetzung der Fragen in den elektronischen Fragebogen und der
Einsatz der von Auswahlfiltern erfolgten über die Befragungssoftware "EFS Survey" der Firma
Globalpark Enterprise, die für Hochschulen und Studenten einen preiswerten Zugang über das
Unipark‐Programm ermöglichte.6 Jeder der 298 per E‐Mail eingeladenen Befragungsteilnehmer
erhielt einen personalisierten Link mit dem er Zugang zum Fragebogen erhielt.
In der E‐Mail zur Einladung wurden die potentiellen Teilnehmer am 26.2.2010 über das Projekt
informiert. Damit sollte einerseits Interesse geweckt anderseits auch zur Mitarbeit bei der
empirischen Untersuchung ermutigt werden. Durch eine personalisierte Ansprache sollte ein
gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Fragestellern und Befragten hergestellt werden. Auch
tendieren Befragte bei einer persönlichen Ansprache eher dazu, den Fragebogen auszufüllen.
Jeder der per E‐Mail verschickten Zugangslinks war individuell verschieden und verhinderte so das
mehrfache Ausfüllen des Fragebogens durch einen Probanden. Die Beantwortung des Fragebogens
konnte jederzeit unterbrochen und während des Befragungszeitraums (26.2.2010 ‐ 1.4.2010) wieder
aufgenommen werden.
3 vgl. Fischer‐Winkelmann, W. F./Busch, K. (2009) FB S.635 ‐ 655 (Teil 1) und S. 715 ‐ 726 4 vgl. Henselmann, K./Barth, T. (2009) 5 vgl. Ohrmann, T. (2010) S. 5 6 vgl. http://ww3.unipark.de
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2.2.3 Beteiligung an der Studie
134 Probanden haben mit der Beantwortung der Fragen begonnen (47,02 % der Stichprobe) und 91
Teilnehmer haben den Fragebogen komplett ausgefüllt. Die vollständige Rücklaufquote beträgt
damit 30,54 %. Von den 91 vollständigen Rückläufern wurden 11 nach Unterbrechung beendet.
Im Vergleich zur Vorjahresumfrage hat die Teilnehmerzahl abgenommen (122 Teilnehmer in 2009),
was auf den größeren Umfang der Umfrage zurückgeführt werden könnte. Im Vorjahr hat der
Teilnehmer im Durchschnitt drei Minuten für das Ausfüllen des Fragebogens gebraucht, in diesem
Jahr lag der Schnitt bei etwa zehn Minuten. In der Mitte des Befragungszeitraums (11.3.2010)
wurden alle Befragungsteilnehmer, die den Fragebogen bis dahin nicht (vollständig) ausgefüllt
hatten, per E‐Mail nochmals gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Dadurch konnte die Anzahl
der Rückläufer von 29 auf 51 gesteigert werden. Am 29.3.2010 erfolgte analog zum vorherigen
Hinweise eine weitere Erinnerung an das Umfrageende. Daraufhin stieg die Anzahl der Teilnehmer
auf insgesamt 91 an.
II. Darstellung der Ergebnisse der Befragung
1. Zusammensetzung des Teilnehmersamples
a) Ausbildung und beruflicher Hintergrund
Die erste Frage betraf die Erfassung der beruflichen Qualifikation der Befragungsteilnehmer. Bei
dieser Frage waren mehrere Antworten möglich.
Es zeigte sich, dass der wirtschaftswissenschaftliche Hochschulabschluss mit 59,34 % das
Antwortsample dominiert. Da an die WP und Sachverständigen (SV) die höchsten beruflichen
Voraussetzungen gestellt werden, ist es bei späteren Fragestellungen durchaus interessant, einen
Vergleich zwischen WP/SV und Nicht WP/SV (alle anderen Qualifikationen) anzustellen, sofern dies
für die jeweilige Fragestellung von Relevanz zu sein scheint. Unter dem Punkt „sonstige Ausbildung“
wurde überwiegend auf weitere wissenschaftliche Ausbildungen, wie etwa einen Doktortitel, bzw.
Master, hingewiesen. Zudem wurde die Qualifikation „Bankkaufmann“ von fünf Probanden genannt.
Antwort zur Ausbildung und des beruflichen Hintergrunds
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
Steuerberater (StB) 23 25,27 %
Wirtschaftsprüfer (WP) 11 12,09 %
Rechtsanwalt (RA) 9 9,89 %
einen (Fach‐)Hochschulabschluss auf wirtschafts‐wissenschaftlichem Gebiet (z.B. Dipl.‐Kfm., Dipl.Vw.)
54 59,34 %
vereidigter Buchprüfer 1 1,10 %
öffentlich bestellter und vereidigter Sach‐verständiger zur Bewertung von Arztpraxen (IHK)
8 8,79 %
Certified Valuation Analyst (CVA) 5 5,49 %
sonstige Ausbildung 22 24,18 %
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b) Stellung des Bewerters
Hier ging es darum zu erfassen, ob sich der Proband in einer abhängigen Position als Angestellter
oder als (Mit‐) Inhaber einer StB‐/WP‐/RA‐Kanzlei bzw. Unternehmensberatungsgesellschaft o.ä.
befand. Es war nur eine Antwort zulässig.
Die Positionen der Probanden innerhalb der Firmen/Kanzleien ist relativ gleichmäßig verteilt, einzig
der Anteil der eigenen Firmen‐ bzw. Kanzleibesitzer ist mit 46 % ein wenig höher. Diese gleichmäßige
Verteilung ist positiv zu beurteilen, da die Teilnehmerstruktur alle Hierarchieebenen umfangreich
berücksichtigt.
c) Branche
Bei dieser Frage sollte erfasst werden, in welcher Branche der Befragte schwerpunktmäßig tätig ist.
Diese Unterteilung ist wichtig, da mit den folgenden Fragestellungen untersucht werden soll, ob eine
Abhängigkeit von Branche und Bewertungsmethode zu erkennen ist.
Mit etwa 34 % ist die Branche der Unternehmens‐ bzw. Praxisberater am häufigsten vertreten. Mit
einigem Abstand folgen die Branchen Steuerberatung (16,48 %) und Corporate Finance (9,89 %).
Branchenzugehörigkeit Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
Steuerberatung 15 16,48 %
Wirtschaftsprüfung 3 3,30 %
Corporate Finance 9 9,89 %
Rechtsberatung 5 5,49 %
Unternehmensberatung 31 34,07 %
Bank 5 5,49 %
Versicherung 4 4,40 %
andere 17 18,68 %
Inhaber einer eigenen Firma/Kanzlei (z. B. Einzel‐StB, Einzel‐WP, Einzel‐UB) (42/46%)
Partner in einer Gesellschaft (z. B. StBG, UBG) (26/29%)
Angestellter in einer Firma/Kanzlei (23/25%)
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Weiter folgen zu fast gleichen Anteilen die Wirtschaftsprüfung, Rechtsberatung, Bank und
Versicherung. Unter der Angabe „andere“ wurde zudem die Tätigkeit als Sachverständiger (2x),
Universitätsprofessor (2x) sowie als Vertreter eines Berufsverbandes (WP/StB) und der
Kassenärztlichen Vereinigungen genannt.
d) Anzahl Mitarbeiter
Mit dieser Frage sollte erfasst werden, wie viele Mitarbeiter in dem Unternehmen tätig sind, welches
die Bewertung durchführt. Zugleich ist die Verteilung der Mitarbeiterzahlen ein Indiz dafür, wie
repräsentativ das Antwortsample ist. Hier gab es auch nur eine Antwortmöglichkeit.
Aufgrund der gleichmäßigen Verteilung in den festgelegten Mitarbeiterklassen kann von einer hohen
Repräsentativität der Antworten ausgegangen werden.
e) Interessens/ Tätigkeitsschwerpunkte des Bewerters
Mit dieser Frage sollten die beruflichen Schwerpunkte des Antwortenden erfasst werden. Es zeigt
sich folgendes Antwortspektrum:
Die Auswertung des Antwortsamples ergab, dass die Befragten mit knapp 70 % hauptsächlich im
Bereich der Praxisbewertung tätig sind. Dies untermauert die Güte der Umfrage in Bezug auf die
kommenden fachlichen Fragen.
Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrem Unternehmen tätig?
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
1 7 7,69 %
2 ‐ 5 23 25,27 %
6 ‐ 10 16 17,58 %
11 ‐ 15 7 7,69 %
Mehr als 15 38 41,76 %
Antwort zu beruflichen Erfahrungen und Interessensschwerpunkten:
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
Ich habe keine speziellen Interessensschwerpunkte, bearbeite alle Aufgabengebiete je nach Arbeitsanfall
15 16,48 %
Ich habe mich auf bestimmte Arbeitsgebiete spezialisiert, Praxisbewertung gehört mit zu meinen Interessensschwerpunkten
63 69,23 %
Praxisbewertung gehört nicht zu meinen speziellen Interessensschwerpunkten
13 14,29 %
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f) Anzahl der durchgeführten Praxisbewertungen
Mit dieser Frage sollte die qualitative Güte der Probanden unterstrichen werden. Die Teilnehmer
hatten nur eine Antwortmöglichkeit.
Es zeigt sich eine breit gestreute Teilnehmerstruktur. Von den bisher unerfahrenen, bzw. nur passiv
Beteiligten (z. B. Bankangestellte, die Empfänger des Gutachtens sind) Teilnehmern hin zu
Bewertungsexperten mit mehr als 20 erstellen Gutachten (knapp 55 %).
2. Themenfeld Praxisbewertung Verwendung welcher Bewertungsverfahren und Gewinnung der jeweiligen Kalkülparameter
a) Durchführung einer Praxisbewertung
Mit dieser Frage wurden die praktischen Erfahrungen im Bereich der Praxisbewertung erfasst. Es
wurde gefragt, ob der Proband eine Bewertung vollständig alleine durchgeführt, nur mit
Einzelbeiträgen an einer solchen teilgenommen hat oder noch nie an einer Bewertung teilgenommen
hatte. Es war nur eine Antwort zugelassen.
83,52 % haben demnach praktische Erfahrungen im Bereich der Praxisbewertung sammeln können.
Dies steigert damit die Aussagekraft Studienergebnisse und ist ein Indiz für einen hohen
„Wahrheitsgehalt“ der abgegebenen Antworten für die Praxis der Praxisbewertung.
Alle Sachverständigen und Mitglieder des IDW hatten bereits selbstständig eine Bewertung
durchgeführt (16 Antworten) bzw. im Rahmen einer Teilbewertung am Gesamtbewertungsergebnis
mitgewirkt (1 Antwort).
Wie viele Bewertungen haben Sie bereits durchgeführt?
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
0 8 8,79 %
1‐5 18 19,78 %
6‐20 15 16,48 %
21‐50 21 23,08 %
mehr als 50 29 31,87 %
Antwort: „Eine Praxisbewertung habe ich..“ Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
Schon einmal selbstständig durchgeführt und über das Ergebnis ein Bewertungsgutachten erstellt.
76 83,52 %
Bisher alleine nicht durchgeführt, aber an einer solchen teilgenommen (z. B. im Rahmen einer Teilbewertung) und Beiträge zum Bewertungsgutachten erstellt.
7 7,69 %
Weder selbstständig durchgeführt noch an einer solchen teilgenommen
8 8,79 %
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b) Kenntnis der Bewertungsstandards des IDW
Weil die genaue Kenntnis aller Verlautbarungen des IDW insbesondere nicht von Steuerberatern und
Unternehmensberatern erwartet werden konnte, wurden alle Verlautbarungen des IDW zur
Unternehmensbewertung (Bewertungsstandards) abgefragt, die seit 1983 erschienen sind. Die
Antwortenden konnten beliebig viele Antworten als zutreffend auswählen.
Antwort: „Ich kenne folgende Bewertungsstandards…“
Anzahl der Nennungen
‐ n
relative Anzahl (N = 91)
Anzahl Nennung Nicht‐IDW‐Mitglieder
relative Anzahl Nicht‐IDW‐Mitglieder (N = 73)
Anzahl Nennung IDW‐
Mitglieder
relative Anzahl IDW‐Mitglieder (N = 12)
Anzahl Nennung Sachverständige
relative Anzahl Sachverständige (N = 8)
HFA 2/ 1983 43 47,25% 32 43,84% 11 91,67% 6 75,00%
HFA 2/ 1995 25 27,47% 16 21,92% 9 75,00% 3 37,50%
HFA 6/ 1997 31 34,07% 28 38,36% 10 83,33% 5 62,50%
IDW S 1 6/ 2000 42 46,15% 28 38,36% 11 91,67% 6 75,00%
IDW S 1 10/2005 46 50,55% 31 42,47% 12 100,00% 8 100,00%
IDW ES 1 i. d. F. 12/2007 43 47,25% 28 38,36% 11 91,67% 6 75,00%
IDW S 1 i. d. F. 6/2008 55 60,44% 38 52,05% 12 100,00% 7 87,50%
keinen 24 26,37% 23 31,51% 0 0,00% 0 0,00%
Es stellte sich heraus, dass die Bewertungsstandards des IDW jeweils nur etwa 50 % der
Befragungsteilnehmer bekannt waren. Von den 12 Befragten, die eine IDW‐Mitgliedschaft bejaht
hatten, waren die verschiedenen Bewertungsstandards erwartungsgemäß einer relativ größeren
Prozentzahl bekannt. Eine vollständige Kenntnis des nunmehr gültigen Bewertungsstandards (IDW S
1 i. d. F. 2008) wurde bei den Mitglieder des IDW erreicht. 31,51 % aller befragten IDW‐Nicht‐
Mitglieder kannten keinen einzigen der Bewertungsstandards des IDW.
c) Jahr der Durchführung der letzten Bewertung
An dieser Stellte wurde erfasst, in welchem
Jahr die letzte Praxisbewertung des Befragten
stattfand, weshalb nur eine Antwort möglich
war. Die Mehrzahl der Antwortenden gaben
eine Durchführung in 2008 und später an.
In der Fragestellung war eine versteckte
Kontrollfrage (mit der letzten Antwort‐
möglichkeit) mit enthalten. Bei dieser Frage
gaben 9 Teilnehmer die Antwort, an noch
keiner Praxisbewertung teilgenommen zu
haben. Bei der vorhergehenden Frage zur
Durchführung von Praxisbewertungen hatten
nur 8 Teilnehmer diese Antwort ausgewählt.
Bei genauerer Untersuchung kann sich diese
Abweichung nur durch eine falsche Angabe
Die letzte Unternehmensbewertung die ich durchgeführt habe bzw. an der ich teilgenommen habe, fand statt
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
1996 1 1,10 %
1997 0 0,00 %
1998 0 0,00 %
1999 1 1,10 %
2000 1 1,10 %
2001 1 1,10 %
2002 0 0,00 %
2003 1 1,10 %
2004 0 0,00 %
2005 0 0,00 %
2006 0 0,00 %
2007 0 0,00 %
2008 6 6,60 %
2009 27 29,67 %
2010 44 48,35 %
habe an keiner teilgenommen 9 9,89 %
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oder eine Praxisbewertung vor 1996 erklären. Alle Sachverständigen und Wirtschaftsprüfern (bis auf
einen Sachverständigen: 2003) haben innerhalb der letzten 2 Jahre eine Bewertung durchgeführt.
d) Häufigkeit der Durchführung einer Bewertung pro Jahr
Mit dieser Frage wurde ermittelt, wie viele Bewertungen die Firma (das bewertende Unternehmen)
durchschnittlich pro Jahr durchführt. Deshalb war nur eine Antwort möglich.
Es zeigte sich, dass 18 Probanden (19,78 %) angaben, im Durchschnitt 0 bis 3 Bewertungen pro Jahr
durchzuführen.
Weitere 21 (23,08 %) führten 4 ‐ 6; 10 (10,99 %) führten 7 ‐10; 7 (7,69 %) führten 11 ‐ 15; 10 (10,99
%) führten 16 ‐ 20 und 25 (27,47 %) führten mehr als 20 Praxisbewertungen pro Jahr durch.
Untersucht man den Zusammenhang zwischen der Anzahl der durchgeführten Bewertungen und der
Größe der Firma dann ergibt sich folgende Verteilung:
So entfällt bspw. auf die Nennung mit mehr als 20 Bewertungen pro Jahr auf 19 Firmen mit mehr 15
Mitarbeitern. Bei gleicher Größe der Unternehmen gibt es dann noch folgende Nennungen: 2 x 16 ‐
20 Bewertungen; 3 x 11 ‐ 15 Bewertungen; 1 x 7 ‐ 10 Bewertungen; 10 x 4 ‐ 6 Bewertungen und 4 x 0
‐ 3 Bewertungen.
Die restliche Verteilung kann aus der folgenden Tabelle entnommen werden. Es zeigt sich das schon
zu erwartende Gesamtbild, dass mit der zunehmenden (sinkenden) Größe der Anzahl der Mitarbeiter
im Unternehmen, in dem der Bewerter tätig ist, auch die Anzahl der durchschnittlich durchgeführten
Praxisbewertungen pro Jahr steigt (sinkt).
e) Anlässe der Praxisbewertung
Es wurde bei Fragestellung bewusst nicht der Untergliederung des IDW S 1 gefolgt, da dessen
Kenntnis nicht von allen Befragungsteilnehmern erwartet werden konnte. Ferner ist in der Literatur
(zwischen Theorie und Praxis) umstritten, ob insbesondere die Bestimmung eines objektivierten
Unternehmenswertes (in der Funktion des neutralen Gutachters) widerspruchsfrei überhaupt
möglich ist. Die Befragten hatten die Möglichkeit eine oder mehrere der in der Abb. 1 aufgezählten
Bewertungsanlässe auszuwählen. Die Ergebnisse dieser Frage sind folgendermaßen zu verstehen:
Beispiel: Praxisabgabe mit ca. 88 %
Dieses Resultat besagt, dass bereits 88 % der Praxisbewerter eine Arztpraxis im Rahmen einer
Praxisabgabe bewertet haben.
Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen in dem der Befragte tätig ist
Anzahl der Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
0‐3 Bewertungen
pro Jahr
4‐6 Bewertungen
pro Jahr
7‐10 Bewertungen
pro Jahr
11‐15 Bewertungen
pro Jahr
16‐20 Bewertungen
pro Jahr
mehr als 20 Bewertungen
pro Jahr
1 7 7,69 % 3 2 1 0 1 0
2 ‐ 5 23 25,27 % 4 5 3 3 3 4
6 ‐ 10 16 17,58 % 3 3 5 1 1 3
11 ‐ 15 7 7,69 % 4 1 0 0 1 1
mehr als 15 38 41,76 % 4 10 1 3 2 19
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Das Ergebnis gibt also nicht Aufschluss darüber, wie hoch der relative Anteil der Praxisbewertungen
aufgrund einer Praxisabgabe tatsächlich ist, sondern lediglich über das Vorhandensein dieses
Bewertungsanlasses. Möglicherweise lassen sich aber aufgrund der Ergebnisse und der Anzahl der
Umfrageteilnehmer gewisse Rückschlüsse auf die Häufigkeit der jeweiligen Bewertungsanlässe im
operativen Bewertungsgeschäft ziehen.
Es zeigte sich, dass bei der Wertermittlung der komplette Praxisverkauf, bzw. ‐kauf mit 94,67 % bzw.
90,67 % der häufigste Bewertungsanlass ist. In beiden Fällen lässt sich eine geringe Steigerung zum
Vorjahr erkennen, so dass mittlerweile fast alle Befragten aus diesen Anlässen bereits eine Praxis
bewertet haben. Danach folgt mit knapp 44 % die Bewertung anlässlich einer MVZ‐Gründung.
Sinngemäß sollte der Prozentsatz bei den verschiedenen Anlässen jährlich steigen, allerdings lässt
sich hier ein massiver Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (70,49 %) feststellen. Dies kann der Autor
sich nur über die Dynamik der Teilnehmerstruktur erklären, da möglicherweise einige Teilnehmer,
die bei dieser Frage im Vorjahr eine Stimme abgegeben haben, in diesem Jahr nicht mehr
teilgenommen haben. Die Bewertung aufgrund einer Ehescheidung steht unverändert zum Vorjahr
auf Platz vier der häufigsten Bewertungsanlässe. Knapp 47 % aller Bewerter haben eine Praxis bereits
im Rahmen eines Zugewinnausgleichs bewertet. Der Bewertungsanlass „Abfindung/Entschädigung“
wurde von knapp 42 % aller Teilnehmer angegeben, gefolgt von Bewertung aufgrund
„privatrechtlicher Vereinbarungen“ (25 %), „steuerrechtlichen Gründen“ mit etwa 15 % und
„Insolvenz“ mit 12 %.
Bei gesetzlichen und den sog. (überwiegend) dominierten Bewertungsanlässen wie Abfindungs‐ und
Zugewinnausgleichsberechnung, Nachlassbewertung sowie Insolvenzen zeigt sich, dass die
Bewertung sowie rechtliche Betreuung überwiegend von WP/StB oder RA angeboten wird. Selbiges
gilt für die Bewertung aus steuerrechtlichen Gründen.
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
2009 rel.
2010 rel.
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f) Festlegung Bewertungsverfahren subjektiver Entscheidungswert
Die nächste Frage erfasste das Verhalten der Bewerter bei der Auswahl des bzw. der
anzuwendenden Bewertungsverfahren. Auf die Frage: „Bei Ermittlung eines subjektiven
Entscheidungswertes ‐ Beratungsfunktion/Entscheidungsfunktion bei einem Kauf oder Verkauf einer
Praxis ‐ legt das anzuwendende Bewertungsverfahren für die Unternehmensbewertung fest oder
würde dieses festlegen“, gab es folgende Antworten (bei nur einer Antwortmöglichkeit):
In 51,65 % der Fälle sprachen die Bewerter mit den Kunden (Adressaten des Bewertungsergebnisses)
das Bewertungsverfahren ab, welches sie für die Bestimmung eines subjektiven Entscheidungswertes
verwendeten. In 32,97 % (15,38 %) entschied der Bewerter (Kunde) alleine über das oder die
angewandten Bewertungsverfahren.
Eine weitere Ausdifferenzierung zwischen IDW‐Mitglied und Nicht‐Mitglied, bzw. Sachverständigen
liefert keine gravierenden Unterschiede bei den jeweiligen Antworten, so dass an dieser Stelle darauf
verzichtet werden kann.
f) Festlegung Bewertungsverfahren objektiver Entscheidungswert
Die nachfolgende Frage erfasste das Verhalten der Bewerter bei der Auswahl des bzw. der
anzuwendenden Bewertungsverfahren in allen rechtlich geprägten Anlässen der Praxisbewertung. Es
ergab sich folgendes Antwortenspektrum:
Interessant ist, dass lediglich knapp 50 % der Befragten die „Lehrmeinung“ des IDW7 wiedergaben,
dass unter Beachtung der Neutralität und Unabhängigkeit der (neutrale) Gutachter alleine über die
Auswahl des Bewertungsverfahrens entscheidet.
Immerhin 36,26 % aller Antwortenden sprachen das Bewertungsverfahren mit dem Auftraggeber des
Gutachtens ab. In 14,29 % aller Fälle legte der Auftraggeber das Verfahren alleine fest.
7 Vermutet werden könnte, dass sich der Kunde bspw. über das Internet darüber informiert, nach welchem Bewertungsverfahren ähnliche Unternehmen wie das seine bewertet wurden und dieses Verfahren dann auch für das eigene Unternehmen beansprucht.
Bei subjektiven Entscheidungswerten
Anzahl aller Nennungen ‐ n
relative Anzahl (N=91)
der Kunde 14 15,38 %
der Bewerter 30 32,97 %
Absprache Bewerter/Kunde 47 51,65 %
Bei objektiven Entscheidungswerten
Anzahl aller Nennungen ‐ n
relative Anzahl (N=91)
der Kunde 13 14,29 %
der Bewerter 45 49,45 %
Absprache Bewerter/Kunde 33 36,26 %
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Das gezeigte Antwortverhalten könnte ein Indiz dafür sein, dass die Bedeutung des „objektivierten
Unternehmenswertes“ gem. IDW S 1 bei den IDW‐Nicht‐Mitgliedern nicht vollständig bekannt ist.
g) Persönliche Kenntnis der Bewertungsverfahren und Fähigkeiten zur praktischen Anwendung
Es wurde gefragt, welche Bewertungsverfahren8 im Detail bekannt waren bzw. eingesetzt wurden. Es
wurden mehrere Antworten zugelassen.
Insgesamt zeigt sich folgendes Ergebnis (die drei am häufigsten genannten Methoden sind dick
hervorgehoben):
Antwort: Anwendungsbereite Kenntnisse über folgende Bewertungsverfahren
alle Nennungen
n
relative Anzahl (N = 91)
(modifiziertes) Ertragswertverfahren 83 91,21 %
Discounted Cash Flow‐Verfahren 55 60,44 %
Substanzwertverfahren (mit Wiederbeschaffungswerten) 55 60,44 %
Liquidationswertverfahren 33 36,26 %
Stuttgarter Verfahren 44 48,35 %
Bundesärztekammer‐Methode (1987) 59 64,84 %
Bundesärztekammer‐Methode (2008) 71 78,02 %
vereinf. Ertragswertverfahren nach §§ 199 ff. BewG 43 47,25 %
IBT‐Methode 21 23,08 %
Mittelwertverfahren 42 46,15 %
Gewinn‐ oder Umsatzmultiplikatoren 57 62,64 %
sonstige nicht genannte Verfahren 13 14,29 %
Als weitere Verfahren wurden genannt: Übergewinnverrentung, Gemischte Umsatz‐
/Gewinnmethode, eigene Weiterentwicklungen, Goodwill‐Methode, UEC‐Methode, Stamm‐
wertmethode, Quartalsumsatzmethode.
8 Einen Überblick über alle genannten Verfahren, die Möglichkeiten der Kalkülparametergewinnung und das jeweilige Bewertungskalkül (mathematische Bewertungsformel) findet sich bei Ohrmann, Bewertung von Arztpraxen ‐ Analyse des Ist‐Zustands, 2010, S. 24 ff. sowie Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung: Funktionen ‐ Methoden ‐ Grundsätze, 3. Aufl. 2007, S. 135 ff.
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h) Anwendung der jeweiligen Bewertungsverfahren
Wurde in der vorherigen Frage auf die Kenntnisse der jeweiligen Bewertungsverfahren Bezug
genommen, sollte mit dieser Frage dargestellt werden, welche Methoden tatsächlich in der
Bewertungspraxis zur Anwendung kommen.
2009 2010
abs. rel. abs. rel.
mod. Ertragswertverfahren 91 74,59 % 73 80,22 %
Bundesärztekammer 2008 43 47,25 %
Gewinn‐/Umsatzmultiplikatoren 2 1,64 % 27 29,67 %
Discounted‐Cash‐Flow 28 22,95 % 20 21,98 %
Bundesärztekammer 1987 47 38,52 % 18 19,78 %
Mittelwertverfahren 17 18,68 %
Praktikerverfahren 23 18,85 %
Substanzwertverfahren 15 16,48 %
vereinfachtes Ertragswertverfahren 12 13,19 %
IBT‐Methode 12 9,84 % 6 6,59 %
Kölner Schule 2 1,64 %
IDW S1 ‐ Methode 4 3,28 %
Liquidationswertverfahren 3 3,30 %
Stuttgarter Verfahren 3 3,30 %
Teilnehmerzahl 122 91
Verfahren/Bewerter 1,71 2,60
Die Jahre 2009 und 2010 sind nur eingeschränkt vergleichbar, da unterschiedliche
Bewertungsverfahren abgefragt wurden. Die kommenden Umfragen werden auf der Datenbasis der
Umfrage 2010 aufgebaut, so dass künftige Ergebnisse einfacher zu vergleichen sind.
0,00%10,00%20,00%30,00%40,00%50,00%60,00%70,00%80,00%90,00%
2009 rel.
2010 rel.
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Interessant ist die Betrachtung der angewandten Verfahren pro Bewerter. Hier wird nur das
Umfrageergebnis 2010 betrachtet. Das Ergebnis von 2,6 Verfahren/Bewerter ist so zu verstehen, dass
die Unternehmensbewerter pro Praxisbewertung zwischen zwei und drei Verfahren verwenden,
welche sich aus dem Basisbewertungsverfahren (lt. Umfrage am häufigsten das modifizierte
Ertragswertverfahren) und den Plausibilitätsbewertungsverfahren (nächstes Kapitel)
zusammensetzen. Denkbar ist auch, dass die Bewertung nach dem Substanzwertverfahren aus
Gründen der Mindestwertermittlung eine regelmäßige Rolle spielt.
i) Welche Bewertungsmethoden werden zur Plausibilisierung der ermittelten Werte benutzt?
In der nächsten Frage wurden die Umfrageteilnehmer gebeten, eine Angabe zu den favorisierten
Plausibilisierungsverfahren zu machen. Unter der Plausibilitätskontrolle ist ein oder mehrere
Verfahren gemeint, die parallel zur Basisbewertung ablaufen und eine Aussage über die "Richtigkeit"
der angewandten Methode liefern sollen. Die Notwendigkeit der Plausibilisierung kann in Frage
gestellt werden, da mit großer Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Werte aufgrund der
unterschiedlichen Ausgangsbasis ermittelt werden (z. B. modifiziertes Ertragswertverfahren (Basis =
Jahresüberschuss) und Umsatzmultiplikatoren (Basis = Umsatz). Gleiche Ergebnisse sind i. d. R.
zufallsbedingt.
Interessant ist Nennung des modifizierten Ertragswertverfahrens als häufigstes Plausibilitäts‐
verfahren. Dies lässt darauf schließen, dass fast alle Teilnehmer das modifizierte Ertrags‐
wertverfahren in irgendeiner Weise in die Bewertung mit einfließen lassen.
Darüber hinaus werden im Schnitt knapp 2 Verfahren pro Bewertung als Plausibilisierung angewandt.
2010
abs. rel.
mod. Ertragswertverfahren 37 40,66 %
Bundesärztekammer 2008 29 31,87 %
Gewinn‐/Umsatzmultiplikatoren 35 38,46 %
Discounted‐Cash‐Flow 18 19,78 %
Bundesärztekammer 1987 10 10,99 %
Mittelwertverfahren 12 13,19 %
Substanzwertverfahren 11 12,09 %
vereinfachtes Ertragswertverfahren 10 10,99 %
IBT‐Methode 6 6,59 %
Liquidationswertverfahren 5 5,49 %
Stuttgarter Verfahren 0 0,00 %
andere Verfahren 11 12,09 %
Teilnehmerzahl 91
Verfahren/Bewerter 2,02
keine Plausibilitätskontrollen 11 12,09 %
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Des Weiteren haben 11 Probanden angegeben, keine Plausibilitätsbewertungen vorzunehmen.
Daraus lässt sich schließen, dass diese lediglich ein Verfahren zur Bewertung benutzen.
j) Verwendete Gewinngröße für die Bewertung
In der nächsten Frage war die Kennzahl gefragt, welche die Basis der Bewertungsmethode darstellt.
Es war nur eine Antwort möglich:
Verwendete Gewinngröße für die Bewertung abs. rel.
Jahresüberschuss 7 7,69 %
mod. Jahresüberschuss 41 45,05 %
Cash‐Flow 19 20,88 %
Einnahmeüberschuss 17 18,68 %
andere Erfolgsgröße 7 7,69 %
Summe 91 100,00 %
k) Probleme bei der Praxisbewertung
Das Ertragswertverfahren ist von der Rechtsprechung anerkannt,9 pflichtet diesem allerdings keine
Allgemeingültigkeit bei. Aus theoretischer Sicht heraus gilt das Ertragswertverfahren als das einzig
richtige Verfahren zur Ermittlung des Gesamtwertes eines Unternehmens.10 Auch in der
wissenschaftlichen Literatur, die sich mit der Bewertung von Arztpraxen beschäftigt, kommt man zu
diesem Ergebnis.11 Allerdings ist die Umsetzung der theoretischen Vorgaben in der Praxis teilweise
recht schwierig. Die Problempunkte bei der Bewertung mit dem Ertragswertverfahren sind generell
die Abgrenzung der Erfolgsgröße, Prognose der Zukunftserfolge sowie die Bestimmung des
Kapitalisierungszinssatzes.
Speziell bei der Bewertung von Arztpraxen sind folgende Bereiche besonders problematisch:
9 Vgl. BVerfG‐Urteil vom 27.4.1999 ‐ 1 BvR 1613/94, WPg 1999 S. 780; BGH‐Urteil vom 10.10.1979 ‐ IV ZR 79/78, BB 1980 S. 63; BGH‐Urteil vom 16.12.1991 ‐ II ZR 58/91, GmbHR 1992 S. 257; BGH‐Urteil vom 24.5.1993 ‐ II ZR 36/92, NJW 1993 S. 2101; 10 Vgl. Helbling, C. (1997) S. 158 11 Vgl. Behringer, S. (2009) S. 276; Winter, T. (2009) S.60 f.; Kühnl, M. (1998) S. 55 f; Englert, J. (1996) S. 292 f.
Probleme bei Praxisbewertung in folgenden Bereichen: abs. rel.
Erfassung und Quantifizierung der personenbezogenen Erfolgsfaktoren 65 71,43 %
Festlegung kalk. Unternehmerlohn 31 34,07 %
quantitative Bewertung personenabhängiger Beziehungen von Arzt zu Patient 52 57,14 %
Prognose der Unternehmensentwicklung in der Zukunft (z. B. Wachstum, Dauer, Überlebensfähigkeit) 54 59,34 %
Festlegung der Investitionsquote 9 9,89 %
Bewertung der möglichen Innenfinanzierung 2 2,20 %
Ermittlung der zukünftigen finanziellen Überschüsse 22 24,18 %
in weiteren Bereichen 11 12,09 %
keine Probleme 7 7,69 %
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Zusätzlich zu der Problematik der Bewertung der Arzt zu Patienten‐Bindung, die sich in der
Ertragsprognose niederschlägt, und der Ertragsprognose an sich, stellt der kalkulatorische
Unternehmerlohn einen wichtigen Diskussionspunkt bei der Praxisbewertung dar. Dieser stellt auch
vielfach den Grund dar, warum das Ertragswertverfahren bei der Bewertung von Arztpraxen
abgelehnt wird und auf die Verlautbarungen der Bundesärztekammer zurückgegriffen werden.12 Der
Ansatz des kalkulatorischen Unternehmerlohns ist heute dem Grunde nach geklärt, allerdings der
Höhe nach strittig, da sich bereits kleine Veränderungen des Unternehmerlohns proportional auf den
Wert der freiberuflichen Praxis auswirken. Hier bleibt die Rechtsprechung abzuwarten, die eine
Bandbreite der akzeptierten kalkulatorischen Unternehmerlöhne, z. B. bei der Bewertung für
erbschaftsteuerliche Zwecke, vorgeben muss.
l) Ermittlung des Basiszinssatzes
Eine entscheidende Komponente für die Bestimmung des Ertragswertes ist neben dem zukünftigen
Erfolg die Ermittlung des heranzuziehenden Kapitalisierungszinssatzes.13 Der Kapitalisierungszinssatz
hat die Aufgabe, die für die verschiedenen Perioden ermittelten Zukunftserfolge auf einen
gemeinsamen Betrachtungszeitpunkt abzuzinsen und somit die Periodenerfolge untereinander
vergleichbar zu machen.14
In diesem Zusammenhang wurden die Teilnehmer befragt, welcher Zinssatz dem
Ertragswertverfahren zu Grunde gelegt wird. Am häufigsten wird der Zinssatz auf Basis von
risikolosen Staatspapieren (Bundesobligationen; laufzeitäquivalent) ermittelt. Außerdem werden
häufig eigene Erfahrungswerte und IDW‐Vorgaben genutzt.
Der nachfolgenden Tabelle lassen sich die Umfrageergebnisse entnehmen:
Wie wird der Zinssatz ermittelt abs. rel.
Zinssatz risikoloser Staatspapiere + indiv. Risikozuschlag 26 28,57 %
Zinssatz risikoloser Staatspapiere 7 7,69 %
Zinsstruktur nach Svensson, unter Parametern der Bundesbank am Bewertungsstichtag 1 1,10 %
durchschnittliche Zinsstrukturkurve Svensson (Zeitraum Bundesbankdaten 3 Monate) 6 6,59 %
Anwendung CAPM 7 7,69 %
Anwendung des Tax‐CAPM 4 4,40 %
langjährige eigene Erfahrungswerte 19 20,88 %
geforderte Mindestverzinsung des Investors 1 1,10 %
Empirische Untersuchung (z.B. Stehle) 1 1,10 %
Empfehlungen des FAUB des IDW 11 12,09 %andere Berechnungssätze 8 8,79 %
Summe 91 100 %
12 Vgl. Kühnl, M. (1998) S. 56 13 Vgl. Piltz, D. (1989) S. 26 14 Vgl. Künnemann, M. (1985) S. 375
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Da bei Arztpraxen von einer verkürzten Kapitalisierungszeitraum ausgegangen wird, also einer
zeitlich begrenzten Lebensdauer, muss der Zinssatz einer laufzeitäquivalenten und quasi‐risikofreien
Kapitalanlage ermittelt werden.15
Es lässt sich allerdings keine klare Aussage darüber machen, welcher Kapitalisierungszinssatz i. R. d.
Praxisbewertung angewandt werden soll,16 da Zinssätze keine statischen, sondern dynamische
Größen sind,17 die im Zeitablauf deutlichen Schwankungen unterworfen werden. Die Festlegung auf
einen Zinssatz ist situationsabhängig, d. h. es kann durchaus sinnvoll sein, dass in einem Fall der
vereinfacht ermittelte, am Bewertungsstichtag geltende Kapitalzins für die Bewertung ausreicht.18
Zinssätze, die von der Rechtsprechung bestätigt wurden, liegen zwischen 5 und 19 %.19
m) Höhe des Basiszinssatzes
Außerdem wurden die Teilnehmer nach dem zuletzt angewandten Zinssatz gefragt. Die Fragestellung
war leider etwas schwammig, da eine Stichtagsvorgabe eine exaktere Aussage ermöglicht hätte.
Allerdings lässt sich eine Tendenz zur Höhe der angewandten Zinssätze erkennen:
Der durchschnittliche angewandte Zinssatz beträgt 4,04 %. Eine pauschale Anwendung dieses
Zinssatzes muss für den Einzelfall geprüft werden. Die Ermittlung dieses Mittelwertes ist
grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen, da keine Bereinigung um zu hoch bzw. niedrig angesetzte
Zinssätze vorgenommen wurde. Allerdings kann der Zinssatz als erste Orientierung dienen und für
weniger aufwendige Praxisbewertungen auch ohne weitere Prüfung übernommen werden.
15 Vgl. IDW (2008) Abschn. 7.2.4.1 Tz. 117 16 Vgl. Kühnl, M. (1998) S. 54 17 Vgl. Bauer, O. (2003) S. 111 18 Vgl. Kühnl, M. (1998) S. 54 19 Vgl. OLG Düsseldorf vom 17.2.1984 ‐ 19 W 1/81, DB 1984 S. 817; BayObLG vom 19.10.1995 ‐ 3Z BR 17/90, BB
1996 S. 259; BayObLG vom 11.12.1995 ‐ 3Z BR 36/91, BB 1996 S. 687
0,00%2,00%4,00%6,00%8,00%10,00%12,00%
0 5 10 15 20
Zinssatz
Anzahl Nennungen
Bandbreite Zinssätze
[BEWERTUNG VON ARZTPRAXEN ‐ REPORT 2010] 8. August 2010
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n) Modifikation des Basiszinssatzes (Risikozuschlag)
Das sich der Kapitalisierungszinssatz üblicherweise aus dem Basiszinssatz und verschiedenen Zu‐ und
Abschlägen zusammensetzt, hat die Rechtsprechung mittlerweile bestätigt.20 Um ein mögliches
Risiko,21 welches den Zukunftserfolgsverfahren im Vergleich zu den Zinserträgen anhaftet,
berücksichtigen zu können, greift man auf die sog. Risikozuschlagsmethode22, bei der der
Basiszinssatz um einen bestimmten Betrag modifiziert wird, zurück.
Der durchschnittlich akzeptierte Risikozuschlag beträgt bei gerichtlichen Entscheidungen 1,86 %,
während bei Unternehmenstransaktionen der Zuschlag zwischen 4 und 6 % beträgt.
Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmer nach dem aktuell angewandten Risikozuschlag gefragt.
Im Folgenden wird die Bandbreite der Risikozuschläge sowie der durchschnittlich angewandte
Risikozuschlag präsentiert:
Der durchschnittliche Risikozuschlag beträgt 5,26 %. In Kombination mit dem durchschnittlichen
Basiszinssatz aus dem vorherigen Kapitel ergibt sich ein „risikoäquivalenter“ Zinsfuß von 9,30 %.
Dieser pauschale Risikozuschlag von 5,26 % ist ein Produkt aus verschiedenen Risikoparametern.
20 Vgl. OLG Stuttgart vom 1.10.2003 ‐ 4 W 34/93, AG 2003 S. 43 21 Vgl. Siegel, T. (1992) WiSt S. 21 ff. 22 Vgl. IDW (1998) S. 60 f.; Mandl, G./Rabel, K. (1997) S. 226; Sieben/Schieldbach lehnen die Erhebung eine
Zuschlages ab: Vgl. Sieben, G./Schildbach, T. (1979) DStR S. 461
‐2,00%
3,00%
8,00%
13,00%
18,00%
23,00%
28,00%
0 2 4 6 8 10 12 14
Zinssätze
Anzahl Nennungen
Bandbreite Risikozuschläge
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III. Schlussbemerkung
Im Vergleich zur Umfrage 2010 zeigt der Praxisbewertungs‐Report 2010 eine Reihe von positiven Entwicklungen, von welchen insbesondere die Praxisinhaber profitieren. Beispiele für diese Entwicklung sind vor allem zu verzeichnen im Bereich der Auswahl der Bewertungsmethode (Anstieg des Ertragswertverfahrens, bzw. der zukunftsorientieren Verfahren) und der problemorientierten Betrachtung bei der Praxisbewertung. In der Gesamtschau deuten diese Ergebnisse allerdings auch darauf hin, dass der gesamte Bewertungsprozess zunehmend komplizierter wird und die Bewerter gezwungen sind, rechtliche und betriebswirtschaftliche Neuentwicklungen stets zu verfolgen und in den Bewertungsmechanismus einzubeziehen. Aus Sicht der zu bewertenden Arztpraxen ist diese Entwicklung jedoch positiv zu beurteilen, da von
der Wissenschaft in die Praxis transferierte Bewertungskalküle eine realistischere Einschätzung des
Praxiswertes ermöglichen.
[BEWERTUNG VON ARZTPRAXEN ‐ REPORT 2010] 8. August 2010
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Literaturverzeichnis
Fachliteratur
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2009
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Teil zur Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU), in: FB, 11. Jg. (2009) S. 715 ‐ 726
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ganzer Unternehmungen, in: DStR, 17. Jg. (1979) S. 455 ‐ 461
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Diese Studie ist kostenlos, und der Autor bittet ausdrücklich darum, diese weiterzugeben. Kritik, Anregungen o.ä. sind natürlich willkommen. Falls Sie Interesse an der Bachelorthesis des Autors haben (Titel: Bewertung von Arztpraxen nach dem Bewertungsgesetz - Unter Berücksichtigung einer empirischen Untersuchung) können Sie diese unter der E-Mailadresse: [email protected] anfordern. Die Studie wurde mit Unterstützung der Kanzlei Hawranek, Weippert, Simon & Partner erstellt.