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Imageanalyse (1): Handel 22 prmagazin 2010 7 Best Krämer of the Web Eine gute Onlinereputation zu genießen, ist für Unternehmen und Marken nicht nur aus allgemeinen Imagegründen wichtig. Krisen wie die von Greenpeace initiierte Internetkampagne gegen Nestlé lassen sich bei guter Vernetzung zumindest abfedern. Wer hat in Deutschland den besten Ruf im Web? Das prmagazin nimmt sechs Branchen unter die Lupe. Los geht’s mit dem Handel. aren Sie heute schon einkaufen? Morgens um sieben oder abends um zehn? Im Discounter, SB- Warenhaus oder Supermarkt? Online oder offline? Fast nirgends ist die Handelslandschaft so heterogen wie in Deutschland. Vor allem im Lebensmittelhandel hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Restruk- turierungen, Übernahmen und Preissenkungsrunden ha- ben die Branche aufgemischt und neue Strukturen ge- schaffen. Auch im Textil-, Online- und Kaufhausbereich gibt es neue Mitspieler und Konzepte. Kuhn, Kammann & Kuhn, Hidden Images und das prmagazin haben diesen uneinheitlichen Wirtschaftszweig unter die Lupe genommen. Wie spricht man im Internet über die Unternehmen, deren Marken und Management? Das vorliegende Rating, das den Auftakt zu weite- ren Branchenratings bil- det, listet die größten und bekanntesten Marktteil- nehmer auf (zur Methode siehe „Das Rating“, Seite 24). Berücksichtigt wurden zudem die Handelsmarken der Unternehmen. Karstadt wurde aufgrund der aktuellen, unklaren Lage nicht einbezogen. Überraschendes Ergebnis der Analyse: Die Dis- counter steigern nicht nur Umsätze und Marktanteile, sondern haben einen insgesamt guten, häufig sogar bes- W seren Ruf als die traditionellen Einzelhandelsmarken. Vor allem Aldi Nord und Süd sowie mit Einschrän- kungen Pennymarkt weisen ein breites Spektrum an positiven („authentisch“, „ehrlich“, „offen“, „einmalig“, „empfehlenswert“) bei gleichzeitig sehr wenigen nega- tiven Bewertungen auf. Im Gegensatz zu Rewe, Ten- gelmann und Kaiser’s, die positive Eigenschaften, aber auch viele negative Begriffscluster auf sich ver- einen. Nur Edeka sticht hervor und heimst beim „Markenerlebnis“ mit „C“ eine insgesamt gute Note ein. Im Lebensmitteleinzelhandel, das legen die Ergeb- nisse nahe, geht es weniger um Marken als um niedrige Preise. Die Menschen freuen sich über eine angenehme Einkaufsatmosphäre, am Ende zählt aber der Geldbeutel. Eine weitere mögliche Ursache: Non- Food-Angebote von Aldi und Co werden von Schnäppchenjägern diskutiert und lösen eher Emotionen aus als die Lebensmittelangebote des Rewe- oder Spar-Händlers. Ob sich die recht neuen Eigenmarkenstrategien von Rewe und Co in Zukunft po- sitiv auf das Markenerlebnis auswirken, lässt sich noch nicht beantworten. Und im Non-Food-Bereich? Hier sahnen die beiden Onlineversandhäuser der Otto Group Bestnoten ab. Die Discounter jagen den etablierten Händlern nicht nur Marktanteile ab, auch ihr Image im Internet ist häufig besser.

Reputation Rating Handel - Best Krämer of the Web, KKundK

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Eine gute Onlinereputation zu genießen, ist für Unternehmen und Marken nicht nur aus allgemeinen Imagegründen wichtig. Krisen, wie die von Greenpeace initiierte Internetkampagne gegen Nestlé lassen sich bei guter Vernetzung zumindest abfedern. Wer hat in Deutschland den besten Ruf im Web?

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Imageanalyse (1): Handel

22 prmagazin 20107

Best Krämer of the WebEine gute Onlinereputation zu genießen, ist für Unternehmen und Marken nicht nur aus allgemeinen Imagegründen wichtig. Krisen wie die von Greenpeace initiierte Internetkampagne gegen Nestlé lassen sich bei guter Vernetzung zumindest abfedern. Wer hat in Deutschland den besten Ruf im Web? Das prmagazin nimmt sechs Branchen unter die Lupe. Los geht’s mit dem Handel.

aren Sie heute schon einkaufen? Morgens um sieben oder abends um zehn? Im Discounter, SB- Warenhaus oder Supermarkt? Online oder offline? Fast nirgends ist die Handelslandschaft so heterogen wie in Deutschland. Vor allem im Lebensmittelhandel hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Restruk-turierungen, Übernahmen und Preissenkungsrunden ha-ben die Branche aufgemischt und neue Strukturen ge-schaffen. Auch im Textil-, Online- und Kaufhausbereich gibt es neue Mitspieler und Konzepte.

Kuhn, Kammann & Kuhn, Hidden Images und das prmagazin haben diesen uneinheitlichen Wirtschaftszweig unter die Lupe genommen. Wie spricht man im Internet über die Un ternehmen, deren Marken und Management? Das vor liegende Rating, das den Auftakt zu weite-ren Branchenratings bil-det, lis tet die größten und bekanntesten Markt teil-neh mer auf (zur Methode siehe „Das Rating“, Seite 24). Berücksichtigt wurden zudem die Handelsmarken der Unternehmen. Karstadt wurde aufgrund der aktuellen, unklaren Lage nicht einbezogen.

Überraschendes Ergebnis der Analyse: Die Dis-counter steigern nicht nur Umsätze und Marktanteile, sondern haben einen insgesamt guten, häufig sogar bes-

W seren Ruf als die traditionellen Einzelhandelsmarken. Vor allem Aldi Nord und Süd sowie mit Einschrän-kungen Pennymarkt weisen ein breites Spektrum an positiven („authentisch“, „ehrlich“, „offen“, „einmalig“, „empfehlenswert“) bei gleichzeitig sehr wenigen nega-tiven Be wertungen auf. Im Gegensatz zu Rewe, Ten-gelmann und Kaiser’s, die positive Eigenschaften, aber auch viele negative Begriffscluster auf sich ver-einen. Nur Edeka sticht hervor und heimst beim „Markenerlebnis“ mit „C“ eine insgesamt gute Note ein.

Im Lebensmitteleinzelhandel, das legen die Ergeb-nisse nahe, geht es weniger um Marken als um niedrige Preise. Die Menschen freu en sich über eine angenehme

Einkaufsatmos phäre, am Ende zählt aber der Geldbeutel. Eine weitere mögliche Ursache: Non-Food-Angebote von Aldi

und Co werden von Schnäppchenjägern diskutiert und lösen eher Emotionen aus als die Lebensmittel angebote des Rewe- oder Spar-Händlers. Ob sich die recht neuen Eigenmarkenstrategien von Rewe und Co in Zukunft po-sitiv auf das Markenerlebnis auswirken, lässt sich noch nicht beantworten.

Und im Non-Food-Bereich? Hier sahnen die beiden Onlineversandhäuser der Otto Group Bestnoten ab.

Die Discounter jagen den etablierten Händlern nicht nur Marktanteile ab, auch ihr

Image im Internet ist häufig besser.

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Imageanalyse (1): Handel

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Einige faustdicke Überraschungen gibt es bei der Frage nach dem Image der Unternehmenslenker.

Zum Beispiel das Mysterium Aldi: Obwohl man fast nichts über die Albrecht-Brüder Theo und Karl weiß, findet rege Kommunikation über sie statt. Nur Metro-Chef

Eckhard Cordes und Hans-Otto Schrader von der Otto Group können ihnen in die-ser Kategorie das Wasser reichen. Cordes und Schrader erhalten darüber hinaus auch in den zwei anderen Reputationsdimensionen akzeptable Werte, die auf eine „gestandene Per-sönlichkeit“ mit hoher Managementleistung schließen lassen. Der Blick auf diese Kategorie macht jedoch auch klar: Performance eignet sich zumindest im Internet nicht zur Profilie-rung. Alle Firmenchefs bis auf eine Ausnahme bekommen die gleiche Note. Das bedeutet: Fachliche Kompetenz wird von Topmanagern schlicht erwartet. Da es zudem heute keine grundsätzlich unterschiedlichen Managementlehren mehr gibt, profiliert sich auch nie-mand von ihnen über spezifische Themen oder Eigenschaften. Nur der Geschäftsführer von Lekkerland Deutschland Stefan Punke sammelt in diesem Bereich überdurchschnitt-lich viele positive Nennungen im Bereich Führungsstärke und Zukunftsfähigkeit.Anders sieht es bei der Persönlichkeit aus. Hier zeigen sich durchaus unterschiedliche Muster, welche die Reputation der Führungsspitze beeinflussen. Am besten schneidet auch hier Stefan Punke ab, der gegenüber seinen Kollegen als ehrlichere, sympathischere Persönlichkeit er-scheint. Auch Eckhard Cordes weist mit „C“ eine noch gute Note auf, die sich allerdings weni-ger aus der Sympathie, sondern mehr aus den Bereichen Bildung, Überzeugung und Ent-schlossenheit speist. Dass man wiederum auch ohne starke Profilierung ein „C“ erreicht, zeigt das Beispiel Markus Mosa. Der Edeka-Chef wird nicht überdurchschnittlich positiv bewer-tet, erreicht seine Note aber aufgrund sehr weniger schlechter Beurteilungen und erscheint in diesem Licht insgesamt etwas blasser als Cordes und Punke. ■

Fachkompetenz spielt keine Rolle! Punke punktet mit Persönlichkeit

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Imageanalyse (1): Handel

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Ein Blick auf die Daten zeigt: Baur und Alba Moda entzünden zwar kein emotionales Feuerwerk im Netz, punkten dafür aber mit soliden, positiven Werten wie „korrekt“, „gradlinig“, „empfehlenswert“ und „sozial“. Darüber hinaus weisen beide nur sehr wenige negative Profilierungen auf, was ihnen einen vorderen Platz in dieser Reputationsdimension einbringt. Der Mutterkon-zern sollte in Zukunft versuchen, vom Image seiner Töchter zu profitieren, schließlich scheint die geringere Präsenz und die generell schlechtere Einstufung in allen Bereichen dafür zu sprechen, dass Otto noch stark als reiner Katalogversender und weniger als innovativer Online händler wahrgenommen wird.

Die wirtschaftliche Performance der Otto Group wird wohlwollend bewertet und schneidet daher im Ra-ting gut ab. Sowohl Holding als auch Marken des Ver-sandhauses stehen gut da, während Metro Group, Tengelmann und Schwarz-Gruppe im unteren Mit-telfeld landen. Die unsichere Zukunft von Kaufhof (Metro Group), der Verkauf der Plus-Sparte und die Ausweitung des Portfolios mit den Kik-Märkten (Ten-gelmann) sowie der Reputationsschaden durch den Überwachungsskandal bei Lidl (Schwarz-Gruppe) schei-nen ihre Spuren hinter lassen zu haben.

Das intransparente Aldi-Reich beurteilen die Nutzer im Hinblick auf Zukunftsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung positiv, wobei der innovativeren Aldi-Süd-Strategie mehr Vertrauen entgegengebracht wird als der eher traditionell ausgerichteten von Aldi Nord. Und Edeka? Die Übernahme von Plus und die Integration der Netto-Märkte schmälern das Vertrauen in die Zu-kunftsfähigkeit der genossenschaftlichen Edeka offenbar nicht. Edeka verfügt im Netz über ein breit angelegtes, sehr positives Profil bei gleichzeitig sehr wenigen nega-tiven Profilierungen. Carsten Rossi/Frank Sanders ■

F ABeste Wertung:

Aldi NordAldi SüdEdekaNettoPlusSparLekkerlandMetro GroupKaufhofMedia MarktMetro Cash & CarryRealSaturnOtto GroupAlba ModaBaur VersandBon PrixmanufactumRewenahkaufPennymarktSchwarz-GruppeHandelshofKauflandKaufMarktLidlTengelmannKaiser´sKik

Reputation-Rating 2010Handel / UnternehmenUnternehmen Markenerlebnis

F E D C B A

Unternehmen Präsenz

Unternehmen und CEOs unter der Lupe – Markenerlebnis/Persönlichkeit, Performance und Präsenz.

Das Rating

Für die Ermittlung der Ratingeinstufung werden hunderttausende Meinungsäu-

ßerungen in Social Media, Blogs, Foren und Onlineportalen der Printmedien aus-gewertet. Tabu sind nur die Homepages der untersuchten Unternehmen. Diese Netz-analyse hat gegenüber klassischen Metho-den wie Umfragen den Vorteil, die unbe-einflusste Meinung der Stakeholder eines Unternehmens abbilden zu können.Zunächst trägt ein so genannter Metacraw-ler mithilfe von Suchmaschinen sämtliche

online verfügbaren Texte zusammen, in denen die untersuchten Firmen im Zusam-menhang mit bestimmten, vorab definier-ten positiven und negativen Begriffen er-wähnt werden. Beispielsweise enthält die mehrere hundert Wörter umfassende Liste zur Reputationsdimension „Markenerleb-nis“ Begriffe wie Qualität, Ehrlichkeit und Sortiment. Hat der Metacrawler die Fundstellen zu-sammengetragen, werden zunächst abso-lute Trefferzahlen ermittelt. Diese geben

Aufschluss über die Sichtbarkeit des Un-ternehmens, aber noch nicht darüber, ob die Begriffe auch profilierend und somit Reputa tionstreiber (positiv wie negativ) sind. Erst nach einer Gegenüberstellung der Anzahl positiver und negativer Nen-nungen ergibt sich dieses Bild.Ob und wie bestimmte Begriffe profilieren beziehungsweise die Reputation beeinflus-sen (positiv wie negativ), zeigen die ande-ren Kategorien. Unter „Markenerlebnis“ sind sämtliche Begriffscluster subsumiert,

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Imageanalyse (1): Handel

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Aldi NordAldi SüdEdekaNettoPlusSparLekkerlandMetro GroupKaufhofMedia MarktMetro Cash & CarryRealSaturnOtto GroupAlba ModaBaur VersandBon PrixmanufactumRewenahkaufPennymarktSchwarz-GruppeHandelshofKauflandKaufMarktLidlTengelmannKaiser´sKik

F E D C B A

Unternehmen Markenerlebnis

Aldi NordAldi SüdEdekaNettoPlusSparLekkerlandMetro GroupKaufhofMedia MarktMetro Cash & CarryRealSaturnOtto GroupAlba ModaBaur VersandBon PrixmanufactumRewenahkaufPennymarktSchwarz-GruppeHandelshofKauflandKaufMarktLidlTengelmannKaiser´sKik

Unternehmen Markenerlebnis

F E D C B A

Unternehmen Performance

die sich aus Erfahrungen mit dem Unter-nehmen ergeben (Unternehmen, Marke, Produkt, Service), unter „Performance“ wird ausschließlich wirtschaftliche Seman-tik gefasst, also etwa Cluster zur Aktien-, Umsatz- und Gewinnentwicklung sowie zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Die gleiche Methode gilt für die Firmen-chefs. Während in der Rubrik „Persönlich-keit“ ihre Charaktereigenschaften analy-siert werden, bildet die Thesaurusliste „Management-Performance“ die fachliche Kompetenz und Führungsstärke des Unter-nehmenslenkers ab.

Die Ratingstufen „A“ bis „F“ geben das Verhältnis der positiven zu den negativen Assoziationen an. Je mehr positive und je weniger negative Verbindungen ein Unter-nehmen auf sich vereint, desto besser ist die Ratingeinstufung in Richtung A. Die Abstufung erfolgt in sechs Stufen, wobei jede Stufe für eine spezifische Wertband-breite steht, von A gleich 1 bis 1,5 bis F gleich 3,5 bis 4.Eine gute Onlinereputation ist indes kein einmal erworbenes, statisches Gut, son-dern Endprodukt verschiedener, perma-nent laufender Prozesse. Welches Unter-

nehmen, welche Marke und welcher CEO erfreuen sich wachsender Beliebtheit im Netz? Wer stürzt in der Gunst der User ab? Um die Dynamik abbilden zu können, nahm Hidden Images Mitte Juni 2010 eine Nullmessung über alle untersuchten Bran-chen vor und wird die Daten kommendes Jahr mit denen aus einer neuen Untersu-chung vergleichen.Insgesamt sechs Branchen stehen im Fokus der Internetanalyse: Handel, Automobil, Telekommunikation, Finanzen, Luftfahrt und Energie. Die nächste Untersuchung erscheint im Oktober. ■