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SEITE 32 MIT T WOC H, 8. DEZEMBER 2010 NR. 286 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFilme auf DVD
Fanfare! Auftritt Alberto Sordi als Mar-chese del Grillo! Wei man heutenoch, was ein Volksschauspieler ist?Sordi war einer vom ganz alten Schrotund Korn, pointensicher, alle Humor-facetten und Faxen beherrschend, vonalbern bis tief zynisch. Hier spielt er1981 die italienische Legendenfigur desGrafen Grillo im TV-Sptwerk von Ma-rio Monicelli, der vergangene Woche95-jhrig gestorben ist.
Italien unter Napoleonischer Besat-zung, Papst und Kirchenstaat noch un-abhngig, aber schon schwer in Not.Der Papst holt die Getreuesten desHochadels zusammen, die ihm Kampfund Treue bis in den Tod schwren:Zwerge, gebrechliche Greise und dar-unter eben der Marchese del Grillo, einScherzkeks besonderer Sorte. Seine f-fentlichen Streiche sind berhmt: vomEinmauern eines Ladens (Ladentrber Nacht mit einer Pissrinne austau-schen) bis zum scheinbar bsartigenRechnungsbetrug an einem jdischenSchreiner, den er bis in die oberste In-stanz durchzieht aber dies nur um zubeweisen, dass die Justiz korrupt ist.Daraufhin lsst er alle TotenglockenRoms luten. Und als der zu allerberraschung quicklebendige Papstihn dafr zur Rede stellt, antwortet er:Jemand Hherer als Ihr ist gestorben,Exzellenz die Gerechtigkeit!
Der Papst liebt ihn. Als er aber dieNachtwache des Vatikans verlsst woer sich die Zeit berwiegend mitFrosch-Rennen vertrieben hat, nur umfestzustellen, ob seine barocke jugendli-che Geliebte Faustina (die gern ohneUnterhosen herumluft) tatschlichvon ihm schwanger ist oder nicht viel-leicht doch eher von einem jungen Ne-benbuhler , da hat er Pech: Prompt
strmt in seiner Abwesenheit das fran-zsische Heer den Vatikan und sperrtden obersten Hter ein. Sie haben denPapst geklaut!, schreit das Volk vonRom. Fr diese historische Fehlleis-tung, die zum Sacco di Roma fhrt,soll Grillo sofort nach Waterloo auf dieGuillotine. Aber als er vllig betrunkenden Kopf unter das Fallbeil steckt Wenn ich einschlafen sollte, wecktmich auf, ich wrde mich gerne ohneKopf sehen, bevor ich sterbe, lallt ernoch , da wird er doch begnadigt. Undman stellt fest, der Betrunkene ist gar
nicht Grillo, sondern ein Doppelgn-ger, ein Kohlenhndler aus Trastevere,der an seiner Statt verhaftet wurde. Gril-lo selbst war unter den Zuschauern undkurzzeitig ehrlich entsetzt, dass seingroer Gnner ihn doch tatschlich hin-richten lassen wollte.
Die Episode mit dem Doppelgngernimmt ber ein Viertel des 150 Minu-ten langen Films ein. Entdeckt hat Gril-lo sein Alter Ego, als er mit einer franz-sischen Opernsngerin auf dem nchtli-chen Forum Liebe machen wollte unddie junge Frau verwirrt beim Pinkelnden zweiten Grillo schnarchend an ei-ner Sule entdeckt hatte. Kurz zuvor,am gleichen Abend hatte der Marchesebereits komplett verstndnislos in ei-ner Kleinen-Leute-Kneipe von der w-tenden Ehefrau des KohlenhndlersPrgel einstecken mssen. Er machtsich nun die hnlichkeit zunutze und er-laubt sich vor allem mit seiner Familieeinen besonderen Scherz. berhauptseine altaristokratische Familie: DieMutter hasst die Franzosen und ohr-feigt dauernd ihre junge Gesellschafter-dame, weil sie ihr unzchtige Phanta-sien unterstellt, und die Schwester hatMundgeruch, als htte sie eine toteRatte verschluckt. Da hlts den Mar-chese nicht oft zu Hause im Palast. AmEnde will er seiner geliebten SngerinOlympia nach Paris folgen, aber die ge-schlagene napoleonische Armee stiehltihm unterwegs die Pferde seiner Kut-sche und isst sie auf. Der ganze Doppel-gnger-Spuk ist natrlich ein grandio-ser Parcours fr Sordi, er holt sprach-lich und mimisch alles aus seinem Ko-mdiantenrucksack heraus, indem erKlamauk und Tiefsinn dabei immerganz dicht nebeneinander prsentiert.
Il Marchese del Grillo die Figur,von der Regisseur Monicelli in derDVD-Prsentation zu Beginn (uralt,beinahe todkrank aussehend, beinaheso verwirrt wirkend wie die hochadli-gen Getreuen des Papstes) sagt, manwei nicht, ob er gelebt hat war undist eine Kultfigur des italienischen Wi-derstands, ein adliger Eulenspiegel.Heute wre er so etwas wie Europa-Ab-geordneter und wrde die Regierendenmit seinen practical jokes das Frchtenlehren. Aber hier sehen wir noch maldas alte Europa in aller Pracht: In einerfast dreiigmintigen Sequenz zu Be-ginn zeigt Grillo einem jungen franzsi-schen Leutnant seine geliebte Roma-gna, das Kernland des spteren Ita-liens. Wir begegnen sowohl einem ver-rckten selbsternannten Briganten-priester (der spter in einer groen Sze-ne guillotiniert wird) als auch in ei-nem verlassenen Gut der Grillos ei-ner sehr unheimlichen Kinderhexe. Deraufgeklrte Franzose staunt und Moni-celli fhrt uns durch ein exotisches ka-tholisch-heidnisches Italien.
Grillo ist ein vergleichsweise ver-shnlicher Film, wenn man an die ultra-boshaften Giftpfeile von Monicelli undseinesgleichen in Filmen wie Viva Ita-lia denkt. Er erinnert an Puppenthea-ter und Comedia dellarte und ist in sei-ner Bescheidenheit und dabei unbeirrr-ten Erzhlfreude ungeheuer erholsam.Die Frechheit Monicellis blitzt dennochstndig auf, am schnsten in einer schal-lenden Ohrfeige, die Grillo der franzsi-schen Sngerin verpasst, weil sie imHinrichtungspublikum ber das abge-schlagene Haupt des Brigantenpriesterslacht. So beginnt ihrer beider Liebesge-schichte. Die Dame nimmt die Ohrfeigenmlich als sexuelle Bewerbung.
Ein kluger alter Regisseur schliet,damals 65 Jahre alt, in diesem Filmkurzfristig Frieden mit seiner Heimat,indem er ihre Vergangenheit auf seineArt besingt. Mit der Gegenwart Italiensgab es fr Mario Monicelli keine Versh-nung.
Die berwltigende Zustimmung der Euro-pean Film Academy zu seinem jngstenFilm The Ghost Writer, der am vergange-nen Wochenende mit sechs Auszeichnun-gen haushoher Gewinner bei den Europi-schen Filmpreisen war, konnte und solltevielleicht auch als nochmalige groe Soli-darittsgeste dem Regisseur Roman Po-lanski gegenber verstanden werden. Be-kanntlich war er im vergangenen Jahr aufdem Zrcher Flughafen aufgrund eines 31Jahre alten amerikanischen Haftbefehlsfestgenommen und in seinem SchweizerChalet unter Hausarrest gestellt worden.Er musste frchten, an die VereinigtenStaaten ausgeliefert zu werden. Was, wieebenfalls bekannt ist, dann doch nicht ge-schah. Polanski lebt weiterhin in Paris undhat nicht vor, jemals wieder einen Fu aufamerikanischen Boden zu setzen.
Htten die Schweizer vor seiner Fest-nahme den Film Roman Polanski: Wan-ted and Desired von Marina Zenovich ge-sehen, wre ihnen bei der Verhaftung mg-licherweise unwohl gewesen. Zumindesthtten sie gesehen, dass die Sache im FallPolanski nicht so einfach ist, wie sie aus-sieht, wenn man das ihm im Jahr 1977 vor-geworfene, von ihm zugegebene und da-mit zweifelsfreie Delikt vor Augen hat: un-gesetzmiger sexueller Verkehr mit einerMinderjhrigen. Dreizehn war sie, als dasgeschah, Alkohol und Drogen waren imSpiel, Polanski war 43. Durch Flucht nachEuropa entzog er sich einem Urteil.
So sah das aus, aber so kann man esnicht mehr sehen, wenn man die Recher-chen zur Kenntnis genommen hat, diedem Film von Marina Zenovich zugrundeliegen. Denn Frau Zenovich lsst zahlrei-che bisher ungehrte Stimmen zu Polan-skis Fall zu Wort kommen und deckt einenveritablen Justizskandal auf und zwar sounzweifelhaft, dass ihr Film Polanski imJuli 2008 veranlasste, mit seinem AnwaltDouglas Dalton bei der Staatsanwalt-schaft von Los Angeles auf der Grundlageneuen Beweismaterials um eine Wieder-aufnahme des Verfahrens nachzusuchen.
Es geht in diesem Film also nicht um Po-lanskis Vorlieben fr kleine Mdchen. Esgeht auch nicht um die tragischen Ereig-
nisse in seinem Leben davor, um den Ver-lust seiner Eltern in deutschen Konzentra-tionslagern, um den Mord an seiner Ehe-frau Sharon Tate, es geht nicht um seinebesten und weniger gelungenen Filme,auch wenn das alles vorkommt. Es geht
darum, wie das Justizsystem in Los Ange-les sich in Abhngigkeit von den Medienbegab. Wie ein Richter seinen Ruf zu ret-ten suchte, nachdem er in der Presse her-untergemacht wurde. Wie die Presse Po-lanski jagte und wie sie, auch das wird
deutlich, eine Rache vollzog fr seine frag-lose Brillanz, sein Anderssein als Europ-er mit hartem Akzent, der enorm erfolg-reich war, und dafr, wie er als kleinerMann so viel Spa haben und so berhmtwerden konnte. Da begreift man pltzlich,wie Polanski innerhalb krzester Zeit vomWunderkind, das den amerikanischenTraum lebt, zum perfekten Objekt fr alleVorurteile, Sensationsgeilheit und Bigotte-rie wurde. Und dass auch Richter Lau-rence J. Rittenband das begriff und seinenKurs nderte und die Abmachungen mitdem Anklger wie dem Verteidiger brach und zwar, weil er selbst scharf war aufCelebrity-Flle und besorgt um sein Me-dien-Image.
Marina Zenovich hat mit allen gespro-chen, die noch leben (Rittenband starb1994), und ihr Material, manchmal mitwitzigen Schnipseln aus Polanskis Fil-men, zu einem spannenden Justiz- undMedienthriller verwoben. Auch mit Sa-mantha Geimer, dem missbrauchtenMdchen von damals, inzwischen eine ge-bildete erwachsene Frau, hat sie gespro-chen. Der wiederholte Wortbruch desRichters und die darauf folgende Fluchtvon Polanski verhinderten nicht nur einfaires Verfahren. Sie verhinderten auch,dass Samantha Geimer Gerechtigkeit wi-derfuhr. VERENA LUEKEN
D ass Anthony Zimmer in diesenTagen unter dem deutschen TitelFluchtpunkt Nizza (FilmConfectHome Entertainment) als Vorlage zuFlorian Henckel von Donnersmarcksneuem Film The Tourist Interesseweckt, ist ein spter, doch verdienterTriumph. Denn bei Jrme Salles Filmvon 2005 handelt es sich um einen die-ser eleganten, souffl-leichten Krimis,die von Hitchcock gelernt haben, dassmit einer schnen, geheimnisvollenFrau im Zentrum an den Rndern aller-hand passieren kann, was der Zuschau-er nicht richtig mitkriegt, weil dieserimmerzu die schne Frau anschaut undzu ergrnden sucht womit er unfrei-willig die Rolle ihres geblendeten Ge-genbers einnimmt. Wenn er am Endeaus seiner Trance erwacht, ist die Aufl-sung eine gelungene berraschung auch wenn der Weg dahin vielleicht lo-gisch nicht ganz gerade war. Die sch-ne Frau ist in diesem Fall Sophie Mar-ceau, die mit den Jahren immer noch in-teressanter wird. Als Chiara Manzoniist sie im Wettlauf mit der franzsi-schen Polizei auf der Suche nach Antho-ny Zimmer, einem smarten Geldw-scher der Spitzenverdienstklasse, dersich mittels Gesichts- und Stimmband-operation zwar unsichtbar gemachthat, seiner Geliebten Chiara aber wei-ter Anweisungen erteilt. Die erste lau-tet: Nimm den Zug nach Nizza und an-gle dir einen Durchschnittstypenzwecks Ablenkung der Polizei wie desZuschauers. Chiaras williges Opferwird ein Akademiker (Yvan Attal), denseine Frau vor einigen Monaten verlas-sen hat. Als das Teufelsweib Chiara ihnerst ins Gesprch verwickelt und amEnde des Tages mit in ihr Hotelzimmernimmt, ist er zu verdutzt, um Fragen zustellen. Ein Kuss, was sonst, erwecktden Langweiler zu feurigem Leben,und er beschliet, trotz mehrerer uner-klrlicher Anschlge auf sein Lebenund einiger wilder Verfolgungsjagden,die schne Fremde nicht einfach aufzu-geben. Am Ende hat sich Anthony Zim-mer mglicherweise nie versteckt, unddas so genial, dass keiner etwas be-merkt hat. Wie auch? Wir waren ja acht-zig Minuten ganz mit der schnen Fraubeschftigt. fvl
Marina Zenovich:Roman Polan-ski: Wanted andDesired
Arthaus, 96 Minuten.Englisch mit deut-schen Untertiteln. Ex-tras: Audiokommen-tar, Kurzdokus.
Manchmal, wenn Bruce Springsteen oderein anderer aus seiner Band durchs Bildgeht, im Studio, auf einer Farm in New Jer-sey, 1976, 77 oder 78, dann wrde man so-fort glauben, dass die Typen in ihrenJeans und Bartgesichtern aus dieser histo-rischen Dokumentation The Promiseeinfach weiterlaufen knnten in eine ame-rikanische Serie hinein: in Petrocellizum Beispiel, oder Hill Street Blues.The Promise erzhlt die Geschichte vonSpringsteens Album Darkness at theEdge of Town. Solche Alben werden heu-te nicht mehr gemacht. Aber auch keineGesichter mehr wie das von Springsteen,von Danny Federici, dem Organisten,oder dem Bassisten Garry Tallent: Essind Nebenrollengesichter, amerikani-sche Mnnervisagen der Siebziger, ohnedie aber kein Plot und Drama stimmenwrde. Trickser, ehrliche Hute, New Yor-ker Lino Venturas: Es ist bestimmt keinZufall, dass Springsteens Gitarrist Stevenvan Zandt spter als Mafia-Consiglierebei den Sopranos mitspielte. Seine Pr-senz sprt man in diesen neunzig Minu-ten am strksten: Man muss aussehen wieein groer Gitarrist, um einer zu sein (da-bei ist van Zandt eher klein, deswegennennt man ihn ja auch Little Steven).
Natrlich handelt Thom Zimmys Doku-mentation vor allem von Musik. Vom Ge-rusch, das ein Schlagzeugstock macht,wenn er auf das Fell trifft, was den Perfek-tionisten Springsteen am Mischpult wahn-sinnig machte, Stick!, schrie er dann im-
mer wieder, Stick!, denn er wollte dasFell hren und nicht den Stock. The Pro-mise handelt auch davon, dass Spring-steen fnf Lieder schrieb, um eins fr dieneue Platte berleben zu lassen, was wie-derum seine Mitspieler wahnsinnig mach-te. Und es handelt von dem entscheiden-den Moment in Springsteens Karriere, alser sich, nach dem Riesenerfolg seines Al-bums Born to Run, Mitte der Siebzigervon seinem Manager und Freund MikeAppel trennte, um allein ber seine Mu-sik bestimmen zu knnen. Er war sieben-undzwanzig Jahre alt. Er fhlte, wie erjetzt erwachsen wurde, und wollte Liederdarber schreiben.
The Promise wechselt elegant zwi-schen den Studioaufnahmen, den Inter-views von heute, Konzerten von damalsund Kamerafahrten durch die amerikani-sche Landschaft, die Springsteen wiekaum ein Zweiter kartographierte, undist zuallererst etwas fr Fans: Die DVD-Box kommt daher mit Zimmys Dokumen-tation, zwei weiteren DVDs mit histori-schen und aktuellen Liveauftritten, demberarbeiteten Darkness at the Edge ofTown und all den Liedern, die es nichtauf die Platte schafften, verteilt auf dreiCDs. Das Ganze steckt in einem Schuberund einem Notizbuch wie dem, in dasSpringsteen damals seine Ideen hinein-schrieb: hier ein paar Zeilen Strophe, dortein halber Refrain. Im Film blttertSpringsteen, heute ist er einundsechzigJahre alt, durch sein altes Buch und fin-det, zum Beispiel, die erste Zeile vonBadlands, dem berhmtesten Lied desAlbums: Lights out tonight / Trouble inthe Heartland. Ein Album vorher wreSpringsteen von dort noch geflohen, inder Nacht, Baby, auf meiner Maschine,halt dich fest. Jetzt bleibt er da und schuf-tet wie sein Vater in der Welt der Eltern.
Er habe damals film noir und B-Moviesgeliebt, erzhlt Springsteen in einem Es-say fr die Box, Robert Mitchum in Thun-der Road beispielsweise den Titel hater sogar fr ein Lied auf Born to Run ge-
klaut. Aber Springsteen hatte damals gera-de auch John Fords Frchte des Zornsgesehen, mit Henry Fonda in der Haupt-rolle, was ihn so mitnahm, dass er nochJahre spter ber diesen Tom Joad einkompliziertes Album schrieb. Spring-steen sprte wohl eine Seelenverwandt-schaft zwischen seinen motorisierten Ar-chetypen aus New Jersey und den ewigenAufbrechern und Zugvgeln aus Stein-becks Buch und Fords Film und er dach-te seine Platte in Bildern, was ihre Auf-nahmen so schwer machte.
Wo wirst du stehen, sinniert der lte-re Springsteen, der auf den jngeren zu-rckschaut, woran hltst du fest? In die-sen Augenblicken des Films geht es nichtmehr um Rock n Roll, sondern um einenKnstler, der sich in anderen Knstlernwiedererkannte und aus ihren Fragen sei-ne heraushrte. Mehr noch als berhmtund mehr noch als glcklich wollte ich be-deutend sein, sagt Springsteen und lachtdabei sein Springsteen-Lachen, kurz undtrocken und so, als wrde gar nicht mer-ken, dass er es tut.
The Promise ist kein Film, der eineHeldengeschichte erzhlen kann, weildas Ende bekannt ist: Die gequlten Ge-sichter der Band verraten noch dreiigJahre spter, was fr eine Wahnsinnsner-vensge dieser Springsteen gewesen seinmuss. Es gibt, zum Schluss, ein paar stum-me Portrtaufnahmen dieser Mnner,von Little Steven und Garry Tallent, vominzwischen verstorbenen Danny Federici,von Max Weinberg, der heute in DavidLettermans Show Schlagzeug spielt, na-trlich von Bruce Springsteen selbst, undman liest aus ihren Falten viel strker dieKosten der Arbeit ab als den Triumph,dass Darkness at the Edge of Town viel-leicht die beste Platte ist, die sie je zusam-men gemacht haben. Dann Schnitt, undwir sind wieder im Studio, ein paar dn-ne, brtige Mnner laufen zu ihren Instru-menten, entschlossen zu etwas, das ber-haupt erst etwas wird, wenn sie damit an-fangen. TOBIAS RTHER
Schneller Vorlauf
Gelegenheit schafft Filme, sagten sichzwanzig Autoren und drehten im Auf-trag des Rundfunks Berlin-Branden-burg je einen Fnfzehnminter. 20 Brandenburg, nonstop zum Landesju-bilum im rbb gesendet, nimmt die Re-gion zwischen Uckermark und Lausitzin verschiedener, aber immer persnli-cher Weise in Augenschein. Unter derStabfhrung von Andreas Dresen whl-te jeder Regisseur den Ort, wohin ihndie Erinnerungen fhrten, wie Hans-Dieter Grabe nach Cottbus, der Stadtseiner Kindheit. Volker Koepps Sinnfr Landschaft ernchterte vor demBrummen des Windparks beim DorfTrampe. Wie sich dagegen die Wendeim industriegeschrumpften Wittenber-ge abspielte, Geschichten von vorherund nachher, war das richtige Kneipen-thema fr Alice Agneskirchner.
Der Zufall fgte die Dokumentatio-nen und Reflexionen zu einem Mosaikeines nicht blo vom Wind heftig be-wegten Landes, bei dem auch das imWald versteckte Asylbewerberheimnicht bersehen wird. Das weite, dnn-besiedelte, von Abwanderung bedrohteLand um Berlin herum (das historischauch Teil Brandenburgs ist) bietetRaum fr viele Phantasien, sogar die,einmal einen echten Panzer ber denmrkischen Sand zu steuern, wie UliGaulkes origineller Beitrag bestrzendmiterleben lsst.
Normalerweise beugen sich Doku-mentarfilmer nicht gern einem vorgege-benen Format. Hier haben sie es frStichworte, ein kurzes Protokoll oderein Bndel Metaphern, eine hervorra-gende Miniaturenarbeit zumeist, gut ge-nutzt. Unter die Haut geht vor allemThomas Heises Collage aus einer Pots-damer Gartenkolonie, wo die Baum-und Rasenpflege rhriger Mnner ge-gen das Gefhl angeht, nicht mehr ge-braucht zu werden, whrend das Radiovon Rettungsschirmen und dem not-wendigen Kampf um Handelswegespricht. Es ist ein Augenblick, und al-les wird vergehen, zitiert eine ltereGartenfreundin zwei Rilke-Zeilen ausdem Gedchtnis. Wer wissen will, wiedie nachfolgende RegiegenerationLand und Leute ins Auge fasst (und da-bei einer erstaunlichen Selbstdarstel-lungslust an Serien geschulter Protago-nisten begegnet), wird auf der drittenDVD bei den Versuchen PotsdamerFilmhochschler fndig. hjr.
Mario Monicel-li: Il Marchesedel Grillo
Eagle Pictures. Nuraus Italien. 2 DVDs.Italienisch mit engli-schen Untertiteln.Extras: Interviews,Kommentar.
Dass die groen Zeiten des italieni-schen Kinos vorbei sind und deswe-gen selbst von einem seiner Groenbei uns auf DVD nichts verfgbarist, verwundert kaum. Um so sch-ner, dass S.A.D. Home Entertain-ment gerade Mario Monicellis Casa-nova 70 auf DVD verffentlicht hat(und gleichzeitig sogar auf Blu-ray).Marcello Mastroianni spielt in dieserKomdie von 1965 einen Nato-Offi-zier, dessen Libido nur auf Lebens-gefahr reagiert, worunter unter an-derem Marisa Mell, Virna Lisi undMichle Mercier zu leiden haben.Ansonsten gibt es in Italien nochzwei Boxen, aber ohne Untertitel.
Bruce Spring-steen: ThePromise: TheDarkness at theEdge of TownStory.
Sony Music, 3 DVDs(360 Minuten) und3 CDs.
Der eigentlicheTourist
20Branden-burg Men-schen, Orte,Geschichten
rbb Media.3 DVDs, 420 Minu-ten. Extras:Interviews mitden Regisseuren.
Ein Scherzkeksder besonderen SorteEin Sptwerk von Mario Monicelli / Von Dominik Graf
Mario Monicelli auf DVD
Ein Richter spielt Katz und MausBei uns nie im Kino, dafr endlich als DVD: Marina Zenovichs Dokumentarfilm Roman Polanski: Wanted and Desired rollt den Fall auf
Wo wirst du stehen, woran hltst du fest?Die Dokumentation The Promise zeigt Bruce Springsteen als Wahnsinnsnervensge
In der KneipeUnterm Rettungsschirm:Zwanzigmal Brandenburg
In den eigenen vier Wnden gefangen: Roman Polanski in Der Mieter Foto Arthaus
Der Boss: Die 1960er Chevrolet Corvette hatte sich Springsteen gekauft, um den Erfolg von Born to Run zu feiern. Foto Sony