16
H ABARI Zeitung der Freunde der Serengeti Schweiz (FSS) • 21. Jahrgang Nr. 3/06 Fr. 5.– Stippvisite bei den sanften Pelzriesen Volkszählung im Reich der Berggorillas «Die Antilopen sind nicht unsere Sklaven»

2006 - 3 Habari

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Stippvisite bei den sanften Pelzriesen Volkszählung im Reich der Berggorillas «Die Antilopen sind nicht unsere Sklaven» Zeitung der Freunde der Serengeti Schweiz (FSS) • 21. Jahrgang Nr. 3/06 Fr. 5.– Editorial 2 HABARI 3/06 V ON D ANIEL B. P ETERLUNGER Fotos: Daniel B. Peterlunger

Citation preview

Page 1: 2006 - 3 Habari

HABARIZeitung der Freunde der Serengeti Schweiz (FSS) • 21. Jahrgang Nr. 3/06 Fr. 5.–

Stippvisite bei den sanften PelzriesenVolkszählung im Reich der Berggorillas

«Die Antilopen sind nicht unsere Sklaven»

Page 2: 2006 - 3 Habari

2 HABARI 3/06

Habari-ImpressumAusgabe: 21. Jahrgang, Nr. 3/06, September 2006Auflage: 3000 ExemplareHerausgeber: Verein Freunde der Serengeti Schweiz (FSS)Sekretariat FSS: Silvia Arnet, Postfach, CH-8952 Schlieren. Tel.: ++41 044 730 75 77,

Fax: …78, Web: www.serengeti.ch, E-Mail: [email protected], PC: 84-3006-4Redaktion: Ruedi Suter, Pressebüro MediaSpace, Postfach, CH-4012 Basel,

Tel.: 061 321 01 16, E-Mail: [email protected]; Monica BornerTitelbild: Ein San mit gefangenem Perlhuhn. Foto: Rolf FreiLeserbriefe: Bitte an die Redaktion. Kürzungen vorbehaltenAnzeigen: Schellenberg Media, André Bolliger, Postfach 130, CH-8330 Pfäffikon ZH

Tel. 044 953 11 80, Fax 044 953 11 54, E-Mail: a.bolliger©schellenbergdruck.chWissenschaftlicher Beirat: Die Zoologen Monica Borner, Zürich, und

Dr. Christian R. Schmidt, Frankfurt am Main.Layout: provista – concept • prepress • publishing • design, Urs Widmer,

Lettenweg 118, CH-4123 Allschwil, Tel.: 061 485 90 70, E-Mail: [email protected]: Schellenberg Druck AG, CH-8330 Pfäffikon, Tel. 044 953 11 80Habari-Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen.Habari heisst «Nachricht» auf Kisuaheli. Es erscheint 4x im Jahr.

Später Respekt für die kleinen JägerDas Titelbild dieser Ausgabe hat uns länger beschäftigt. Können wir diesen Buschmann, dersachte seine Beute aus der Schlinge löst, auf die Front setzen? Ist die Szene mit dem erdros-selten Perlhuhn nicht missverständlich, anstössig? Gerade für die Leserinnen und Leser desHABARI, mit dem sich der FSS regelmässig gegen das Schlingenlegen wehrt? Alles Fragen,die sich uns aufdrängten. Unser Fazit: Sie wissen zu differenzieren: Ein Wildbeuter, der soseit Menschengedenken seine Nahrung jagt, ist weder ein Tierquäler noch ein Wilderer. Erist ein Mensch, der überleben will. Nicht mehr, nicht weniger.Zudem hat dieses Heft einen besonderen Schwerpunkt: die «kleinen Jäger» im südlichenAfrika – die Buschmänner, die San. Sie gehören, wie die Hadzabe in Tansania oder diePygmäen im Kongobecken, zu den ältesten Völkern Afrikas. Auch sie sind Jäger und Samm-ler, die seit Jahrtausenden in kleinen Gruppen durchs Land ziehen. Die San sprechen mitihren Klicklauten eine der kompliziertesten Sprachen dieser Welt, und sie kennen keineHierarchien. Mehr noch: Sie sind vorbildliche Überlebenskünstler, deren gesamter Besitznicht mehr als 12 Kilos wiegt und die mit einem absoluten Minimum an Wasser und Nah-rung auskommen. Die Wildtiere sind für sie Mitwesen, Verwandte, und deshalb jagen sienur, was sie gerade brauchen. Mit Giftpfeilen, Speeren oder eben Schlingen, die sie regel-mässig überprüfen. Das ist etwas ganz anderes als das Morden jener Wildererbanden, dieHunderte von Schlingen auslegen und sie oft erst nach Tagen kontrollieren, um rasch Geldzu machen und die illegalen Fleischmärkte der Städte zu versorgen.Wie die Berggorillas – unser zweites Hauptthema in diesem Heft – sind die San existenziellbedroht. Einst wurden sie von den Buren und Hottentotten wie Affen gejagt. Heute könnenvon den rund 60 000 San nur noch wenige hundert als Jäger und Sammler überleben,sofern sie nicht als «Wilderer» verfolgt werden. Die anderen leiden vielfach unter Diskrimi-nierungen, Entwurzelung, Anpassungsdruck, Alkohol, Geschlechtskrankheiten und Depres-sionen. Aber das Urvolk hat neuerdings auch endlich das erhalten, was die Berggorillasschon lange haben: mehr Aufmerksamkeit, mehr Sympathien. Der späte Respekt für diekleinen Jäger erfuhr kürzlich in Europa einen ersten Höhepunkt: Ende 2005 erhielt TobeeTcori, ihr wichtigster Sprecher, den Alternativen Nobelpreis. Seine Dankesrede zeugt vonder tiefen Naturverbundenheit der San. Wir geben ab Seite 10 die Worte dieses Urafrika-ners wieder – im Wissen, dass seine Ausdruckskraft nicht zu überbieten ist. Ruedi Suter

Fot

os: D

anie

l B. P

eter

lung

er

InhaltsverzeichnisErlebnis: Stippvisite bei den sanften Pelzriesen 3

Suchaktion: Bevölkerungserhebung bei den ugandischen Berggorillas 5

Verhalten: Die Selous-Nashörner wagen sich wieder aus dem Dickicht 7

Verfolgung: Botswanas Entwurzelungspolik gegen die San 8

Nobelpreisrede: «Die Antilopen sind nicht unsere Sklaven» 10

Verbrechen: Boomender Elfenbeinmarkt im Sudan 12

Editorial

VON DANIEL B. PETERLUNGER

Trotz dem dichten Dschungel nimmt sie einpaar Schritte Anlauf – ehe sie abrupt stopptund sich schwungvoll und elegant auf dieHinterbeine stellt, gross wie ein Mensch.Nur eine doppelte Armlänge entfernt stehtsie nun also vor uns, die Gorilladame. Hin-ter ihr, auf einer Lichtung, schwarze Woll-knäuel: ihre Jungen. Das Gorillaweibchenmustert uns aufmerksam. Doch was bedeu-tet seine Mimik? Unser Puls steigt. Wirverharren mucksmäuschenstill. «So wirddie Begegnung mit den Berggorillas füralle Beteiligten am besten gelingen», hatteMoses, der uns begleitende Ranger des

Page 3: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 3

B E R G G O R I L L A S

Dschungel-Trekking zum Gorilla beringei beringei

Stippvisite beiden sanften Pelzriesen

Parks, bereits zu Beginn des Trekkingsgeraten. Der Dschungel im DreiländereckUganda – Kongo – Ruanda ist der Lebens-raum der letzten Berggorillas (Gorilla berin-gei beringei). Allein im «Bwindi Impenetra-ble Forest» in Uganda, einem 331 Quadrat-kilometer grossen Nationalpark, der fürMenschen tatsächlich so schwierig zu durch-dringen ist, wie sein Name andeutet, lebt dieHälfte der gesamten Weltpopulation vonetwa 700 Berggorillas: Sie sind scheu, ge-fährdet und geschützt. Die Tiere zu suchenund zu treffen – das so genannte Gorilla-Tracking –, ist ein besonderes Erlebnis unddas Aushängeschild von Ugandas wiederer-wachendem Tourismus.

Genussvoller Silberrücken

Deshalb sind wir hier, mitten im feuchtenDschungel. Das Gorillaweibchen rührt sichnicht, grunzt nur sanft. Es dreht sich um undzieht sich zurück, um gleich nochmals mitSchwung auf uns loszugehen. «Ein Schein-angriff», meint Moses leise und lächelnd.Wieder steht sie vor uns, diesmal mit ausge-strecktem Arm. Wir weichen nicht zurück,gehen aber langsam in die Knie und machenuns klein.

Das Signal kommt an: Das Weibchenwendet sich beruhigt ab und gibt uns denBlick frei auf die 21-köpfige Familie. DieGorillas frühstücken gerade. Der Herr der

Ein Fussmarsch durch den dichten Urwald des ugandischenBwindi-Nationalparks zu den Familien der Berggorillashinterlässt Spuren fürs Leben: Die Begegnung mit denbedrohten Menschenaffen bleibt unvergesslich.

Herde, ein zirka 220 Kilogramm schwerer,so genannter Silberrücken mit silbergrauschimmerndem Fell, guckt ruhig herüber,schält geschickt einen saftigen Stengel undkaut ihn genussvoll.

Daneben necken sich zwei kleine Goril-las: Sie umkreisen einander, haken sich dieArme unter, ringen und purzeln ins Unter-holz – um Sekunden später blitzschnell einenBaum zu erklimmen. Pure Lebensfreude.

Plötzlich erhebt sich der Silberrücken undverschwindet in der Tiefe des dunklen Regen-waldes. Und die Sippe folgt sofort. Wir ho-len sie langsam ein, schweigend, staunend,fotografierend. Die Verwendung des Blitz-lichtes ist verboten. Die Tiere sollen nicht

Page 4: 2006 - 3 Habari

4 HABARI 3/06

erschreckt werden. Maximal eine Stunde lang– eine weitere Regel – dürfen Besucher mitden Gorillas in Kontakt treten. Dann geht’szurück.

Steile Hügel, sumpfige Täler

Der anstrengende Rückweg führt durch pri-mären Regenwald: sumpfige Täler, steileHügel. Dazu lauwarmer Regen. Dennoch:Der Marsch zum Ausgangspunkt ist einfa-cher als der Hinweg. Diesen hatten lokaleHelfer mit grossen Buschmessern zuerst ein-mal frei schlagen müssen. Über Funk gelei-tet, waren wir zwei Spurenlesern gefolgt, dieschon frühmorgens im Dschungel die Zei-chen des Nachtlagers der Gorillafamilie ent-deckten.

Ein Gorilla-Tracking ist ein Dschungel-Erlebnis, das bis zu acht Stunden dauernkann: je nachdem, wie tief im Innern deshügeligen und stellenweise bergigen, steilenRegenwaldes sich die Tiere aufhalten. Ge-tränke und Essen für den langen Tag bringtman im Rucksack mit. Oder einer der Trä-ger, die am Eingang des Nationalparkes aufKunden warten, trägt für zehn Dollar dieLast. Dort, im Besucherzentrum unweit desDorfes Buhoma, findet jeweils vor Beginndes Dschungel-Abenteuers eine Instruktionstatt: Dabei werden die strengen Verhaltens-und Sicherheitsregeln ausführlich erklärtund begründet.

Ausserdem erfährt der Gast, dass er An-spruch auf eine Rückerstattung von 75 Pro-zent des 360 Dollar teuren Gorilla-Permits

grenzen. Die Uganda Wildlife Authority,welche den Park betreut, rekrutiert Dorfbe-wohner als Spurenleser, Ranger oder be-waffnetes Sicherheitspersonal. Ein Beitrag,um die Wilderei zu verhindern und bei denEinheimischen die Akzeptanz dafür zu för-dern, dass sie diesen Teil des Waldes nichtmehr nutzen. Dies, obschon hier wertvolleRessourcen wie Gold, Wolfram, Hartholzund seltene Medizinalpflanzen zu findensind. Entlang der ugandischen Landesgren-ze stehen zudem drei Militärbataillone be-reit, um Übergriffe auf Touristen und Ein-heimische aus den Nachbarländern zu ver-hindern. Der letzte schwere Vorfall liegt sie-ben Jahre zurück.

Die Dorfbewohner haben erkannt, dasslebendige Gorillas wertvoll sind, den Tou-rismus erst möglich machen und dass siedavon auch profitieren können – und sei esauch nur durch den Verkauf geschnitzterund mit schwarzer Schuhwichse bemalterSouvenir-Gorillas.

hat, falls es nicht gelingt, die Tiere inner-halb des gebuchten Tages zu finden. Dasallerdings komme nur ein- oder zweimal imJahr vor. Jeden Tag dürfen nur gerade dreiGruppen mit je maximal acht Touristen eineder drei verschiedenen Gorillafamilien be-suchen, die von den Rangern im Laufe vonMonaten behutsam an die kurze Anwesen-heit von Menschen gewöhnt worden sind.

Gorillas als Geldquelle

Vom für ugandische Verhältnisse hohenPermit-Preis fliessen allerdings nur etwa 20Prozent in den Bau von Strassen und Schu-len in den Dörfern, die an den Bwindi-Park

Tierbegegnungenin Uganda

dbp. Gorilla-Trackings sind in Uganda sowohlim Bwindi- als auch im kleineren Mgahinga-Nationalpark möglich. Schimpansen-Trackingund Safaris zu Löwen, Flusspferden, Elefan-ten und Krokodilen werden im Queen-Eliza-beth-Nationalpark angeboten. Die beste Rei-sezeit sind die Trockenperioden Juni bis Sep-tember und Dezember bis Februar. In derSchweiz bietet u.a. Globotrek & BackgroundTours in Bern Uganda-Reisen inklusive Goril-la-Tracking an (Tel. 031 313 00 10, Internet:www.globotrek.ch). Wir reisten mit Globotrekund KLM.

Foto

: Dan

iel B

. Pet

erlu

nger

Glück beimAnmarsch:

Elefanten-Begegnung

Foto

: Mar

iebe

rthe

Hof

fman

n-Fa

lk

Page 5: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 5

«Volkszählung» im Reich derugandischen Berggorillas

Wie viele Berggorillas leben wirklich noch im schwer zu-gänglichen Bwindi-Impenetrable-Nationalpark? Eine neueZählung soll Aufschluss über den Gorillabestand und zu-künftige Rettungsstrategien geben.

VON MARIEBERTHE HOFFMANN-FALK

Der Bwindi Impenetrable Forest ist tiefstesAfrika. Der Name «Impenetrable» kommtvom dichten Unterholz des Waldes, Schling-pflanzen und andere Gewächse bilden einefast undurchdringliche Vegetation. Mistelnund Orchideen winden sich um Baumriesen,und wo das Sonnenlicht durchdringt, erblü-hen die farbigen Blätter der Heliconia. Nie-derschläge an rund 300 Tagen im Jahr sor-gen für eine dampfige Atmosphäre. DieStimmung ist märchenhaft und Ehrfurchtgebietend.

In Bwindi im südwestlichen Uganda lebtetwa die Hälfte der vom Aussterben bedroh-ten Berggorillas. Es gibt davon weltweit nurnoch zwei Populationen: eine auf den Vi-runga-Vulkanen und die andere im Bwindi-Wald. Beide haben zwischen 300 und 400Tiere und gelten als stark bedroht. Zählun-gen in Bwindi werden etwa alle fünf Jahredurchgeführt. Bei einer Zählung 1997 wur-den 300 Tiere erfasst, was ungefähr der Zeitentspricht, als der Bwindi-Wald zum Natio-nalpark wurde. 2002 konnte dann eine leich-te Steigerung auf 320 Tiere beobachtet wer-den. Im April wurde mit einer neuen Zäh-lung begonnen.

Jeder Kothaufen, jedesSchlafnest wird erforscht

Am frühen Morgen machen sich Spurenle-ser und Gruppenleiter für die Zählung aufden Weg. Systematisch durchkämmen sieden Park von Südost nach Nordwest. Alas-tair McNeilage, Leiter des Institute of Tro-pical Forest Conservation in Bwindi, be-schreibt das genaue Vorgehen bei der Zäh-lung: «Wir haben den Park in einzelne Sek-toren von jeweils etwa zehn Quadratkilo-metern aufgeteilt. In deren Zentren liegenZeltplätze, die die Ausgangspunkte für dieBestandszählung sind. Die einzelnen Teams

durchsuchen jeden Sektor kreuz und quer.Die Fährtenleser achten darauf, dass dieAbstände ihrer Routen durch den jeweili-gen Sektor nicht weiter als 500 bis 700 Me-ter voneinander entfernt sind. So schliessenwir aus, dass sich eine Gorillagruppe dazwi-schen unbemerkt aufhält.»

Sobald die Fährtenleser eine frische, dasheisst eine weniger als eine Woche alte Go-rillaspur entdeckt haben, folgen sie ihr, bissie die Schlafnester der Gorillagruppe vondrei aufeinander folgenden Nächten lokali-siert haben. Sie halten dann die Anzahl derNester fest, die Grösse der darin gefunde-nen Kothaufen und den Fund von Silberhaa-ren, so dass sich ein genaues Bild der Zu-sammensetzung der Gruppe nach Alter undGeschlecht ergibt. McNeilage: «Wir wollen

möglichst präzise Ergebnisse. Die Spuren-leser überprüfen daher jeweils drei Über-nachtungsplätze einer einzelnen Gorilla-gruppe, denn es passiert leicht, dass einzel-ne Schlafnester oder Kothaufen übersehenwerden. Die Teams angrenzender Sektorentreffen sich am Abend auf den Zeltplätzen,so dass die Bewegungen der Teams koordi-niert und die Ergebnisse der Suche vergli-chen werden können. Auf diese Weise kön-nen wir Doppelterfassungen vermeiden.»

GPS hilft bei der Affensuche

Jeder Berggorilla errichtet seine eigeneSchlafstelle, Säuglinge schlafen im Nest ih-rer Mütter. Erst im Alter von vier oder fünfJahren bauen sich die Gorillakinder ein ei-genes Nest. Jeden Abend wird ein neues Nesterstellt, auch wenn der Schlafplatz nur we-nige Meter von dem der vorigen Nacht ent-fernt liegt. Die Nester gruppieren sich zen-tral um das Nest des anführenden Silberrük-kens. So bilden die Schlafnester eine äusserstzuverlässige Quelle für die Zählung derMitglieder einer Gruppe. Anhand der zu-

Foto

: Dan

iel B

. Pet

erlu

nger

B E S T A N D E S A U F N A H M E

Page 6: 2006 - 3 Habari

6 HABARI 3/06

B E S T A N D E S A U F N A H M E

Maiko-NationalparkDer DianFossey Gorilla FundInternational unterstützt die

kongolesische Nationalparkbe-hörde ICCN beim Schutz

dieses Parks.

Kahuzi-Biega-NationalparkTrotz wiederholten Rückschlä-

gen sind die Gorillas imHochlandteil des Parks recht

gut geschützt. Im Flachlandteilfindet derzeit die Bestandsauf-

nahme der Menschenaffenstatt. Wildhüter und Bevölke-

rung im Parkumfeld leidenimmer noch stark unter den

Übergriffen von Armeen undMilizen.

rückgelassenen Kothaufen in den Nesternlässt sich feststellen, ob Jungtiere zusammenmit ihren Müttern im Nest lagen. Die Durch-messer des Dungs erlauben erfahrenen Fähr-tenlesern Rückschlüsse auf das Alter derTiere.

Jeder Bereich des Parks wird von derZählung erfasst. Für jeden Sektor sind ma-ximal drei Tage für die Erfassung reserviert.Im nördlichen Parkareal werden in der Re-gel keine Berggorillas beobachtet, ausser ein-mal, als sich die Habinyanja-Gruppe kurz-zeitig dort aufhielt. Trotzdem wird auchdieser Teil des Parks durchkämmt, denn manerhofft sich auch von dort Daten über an-dere Säugetiere, über die Vegetation undüber den Einfluss des Menschen.

McNeilage präzisiert: «Die Ranger sindmit topografischem Kartenmaterial ausge-stattet, verfügen über GPS und Höhenmes-ser. So können sie ihre Bewegungen, dieaufgefundenen Gorillaspuren und die Posi-tionen der Schlafnester akribisch aufzeich-nen. Aufgefundene Nester werden mit ab-geschnittenen Zweigen markiert, so dass wireine Gruppe nicht zweimal erfassen undzwei annähernd gleich grosse Gruppen von-einander unterscheiden können.»

Zusammenhänge sind wichtig

Nach Angaben des deutschen Artenschutz-vereins Berggorilla & Regenwald (B&RD),der sich im Bwindi-Impenetrable-National-park einsetzt, wurden bei der letzten Zäh-lung 320 Gorillas geortet – zu wenig, umvon einem sicheren Fortbestehen der Artausgehen zu können. In den 15 Jahren seitBestehen des Nationalparks gelangen ersteSchritte zur Einbeziehung der umliegendenländlichen Bevölkerung in den Natur- undArtenschutz.

Ob allerdings schon ein dauerhaftesGleichgewicht erzielt ist, bleibe fraglich,meint Angela Meder, Vorsitzende desB&RD. Sollte die neue Bestandsaufnahmeder Berggorillas wiederum einen Zuwachsergeben, wäre das ein wichtiges Argument,die einmal eingeschlagene Strategie für dasZusammenleben von Mensch und Tier fort-zusetzen, erklärt Meder: «Wenn der Goril-laschutz erfolgreich sein soll, müssen dieForscher das Zusammenleben aller Lebewe-

Bwindi, der«Undurchdringliche»

Bwindi wurde ursprünglich als Waldreservat ge-schützt (1932). 1991 erhielt die Region denStatus eines Nationalparks. Seit 1994 gehörtBwindi mit seiner aussergewöhnlichen Arten-vielfalt und verschiedenen endemischen undteilweise bedrohten Tierarten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der Nationalpark am ostafri-kanischen Grabenbruch mit den steilen Berg-hängen und engen Tälern dehnt sich auf einerFläche von 331 km2 und liegt in einer Höhezwischen 1160 und 2607 Metern.

sen der Region besser verstehen und in ei-nem Kompromiss alle Interessen zusammen-führen. Nur dann werden nachfolgende Ge-nerationen den sanften Riesen in ihrenangestammten Lebensräumen, den majestä-tischen Regenwälder Bwindis, begegnenkönnen.»

(Quelle: Gorilla Journal)

Mt. Tshiaberimu (Kyavirimu)In Kikyo wurde ein Patrouillen-Posten

gebaut, um den Schutz des SilberrückensKanindo zu verstärken. Er trennte sich 2005von der Lusenge-Gruppe: Heute wandert erim Süden des Mt. Tshiaberimu allein umher

und verlässt oft den Park.

ItombweDiverse Bestandsaufnahmen bestätigten, dass hier noch

mehrere Gorillapopulationen leben. Kürzlich meldete dieUN, dass Flüchtlinge in die Region zurückkehren. Herrscht

wieder Frieden, sollen Schutzmassnahmen ergriffen werden.

Sarambwe-Gorilla-SpezialreservatSein Gebiet liegt in der DemokratischenRepublik Kongo und ist 9 km2 gross. Beobachtetwurde eine Gorillagruppe aus Bwindi.

Bwindi-Impenetrable-NationalparkZurzeit findet eine Bestandsaufnahme derBerggorillas im Bwindi-Wald statt.

Mgahinga-Gorilla-NationalparkDie Nyakagezi-Gruppe hält sich immer noch inRuanda auf. Es gibt Überlegungen, von dort ausTouristengruppen zu den Tieren zu führen.

Vulkan-NationalparkAus dem Karisoke-Projekt wird berichtet, dass diePablo-Gruppe, die grösste jemals beobachteteBerggorilla-Gruppe, jetzt stolze 60 Mitglieder hat.

Virunga-Nationalpark, SüdteilWegen der unsicheren Situation ist es nichtungefährlich, die Gorillas zu besuchen. Daherfehlen dem Park die wichtigen Einnahmen ausdem Tourismus.

Tayna-GorillareservatDas Schutzgebiet ist jetzt von der kongolesi-

schen Nationalparkbehörde anerkannt. DieWildhüter aus den Dörfern der Umgebung

dürfen neuerdings auch Waffen tragen, umsich gegen Wilderer zu wehren.

Page 7: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 7

VON ROSMARIE WALDNER

Im Selous Game Reserve im südlichen Tan-sania hat eine kleine, aber überlebensfähigePopulation des Spitzmaulnashorns das gros-se Abschlachten der Achtzigerjahre des ver-gangenen Jahrhunderts überlebt. Seit zehnJahren bemüht sich das Selous Rhino Pro-ject um den Schutz dieser Tiere, die eine ei-gene Rasse des Spitzmaulnashorns bilden.Im vergangenen Jubiläumsjahr wurde dieArbeit des engagierten Wildhüterteams vomRangerposten Kidai (am Ufer des Rufiji-Flusses etwas unterhalb der Stiegler-Schluchtgelegen) gebührend belohnt:

Eine Patrouille konnte eine Nashornkuhmit einem etwa halbjährigen Kalb beobach-ten – sichtbarer Beweis dafür, dass sich dieTiere im Nordsektor des Wildschutzgebie-tes fortpflanzen. Schon zuvor warenFussspuren von ein bis zwei weiteren Käl-bern gefunden worden.

Seit Ende Oktober 2005 hat das SelousRhino Project mit dem Südafrikaner FraserSmith einen neuen wissenschaftlichen Lei-

ter. Smith verfügt über 30 Jahre Erfahrungim Naturschutz und im Management vonSchutzgebieten in Afrika. Davon verbrach-te er 22 Jahre im Garamba-Nationalpark imNorden der Demokratischen Republik Kon-go. Dort war es ihm trotz Bürgerkriegswir-ren gelungen, eine kleine Population deshöchst gefährdeten nördlichen Breitmaul-nashorns zu erhalten – tragischerweise istdiese vor Jahresfrist durch wildernde suda-nesische Reiterhorden schwer dezimiertworden. Ob der Rest der Population über-leben wird, ist höchst ungewiss.

Mehr als 20 Nashörnerwurden identifiziert

Fraser Smith trat die Nachfolge des Ökolo-gen Friedrich Alpers an, der nach fünf Jah-ren intensiver Arbeit im Selous Rhino Pro-ject in seine Heimat Namibia zurückgekehrtist. Nach den langwierigen Projektaufbau-jahren gelang es Alpers und seinem Team,über zwanzig Nashörner im Nordsektor desSelous individuell zu identifizieren und zu

Jetzt wagen sich die Selous-Nashörner aus dem DickichtWas man lange nicht mehr zu denken wagte, ist jetzt ein-getreten: Im tansanischen Selous-Wildreservat gibt eswieder Nashornnachwuchs. Doch die aufflackernde Elefan-tenwilderei stellt ihr Überleben bereits wieder in Frage.

lokalisieren – unter anderem dank der eigensfür dieses Projekt an der Universität Kap-stadt entwickelten Methode zur Analyse desErbgutes aus Nashornkot. Auch im Ostsek-tor des Wildschutzgebietes hat Alpers Hin-weise auf überlebende Nashörner ausge-macht. Diesen soll nun nachgegangen wer-den. Da kommt die Wahl durch die Regie-rung von Lucas Goroi zum neuen Selous-Rhino-Koordinator gerade gelegen, hat dochGoroi lange im Team von Alpers gearbeitet.

Neue Wildereiwelle könntedie Erfolge zunichte machen

Über die Suche nach weiteren überlebendenNashörnern hinaus will sich Fraser Smithbesonders mit der Verbesserung des Schut-zes und des Managements des Reservatsbefassen. Diese Aufgabe hat durch den auf-blühenden Tourismus in der Region an Be-deutung gewonnen.

Wichtig aber ist sie vor allem wegen derwieder aufgekeimten Buschfleisch- und Ele-fantenwilderei. Letztere, so vermuten Exper-ten, hat mit dem gelockerten Artenschutz-abkommen CITES zu tun, das einigen süd-afrikanischen Ländern den beschränktenVerkauf von Elfenbein erlaubt hat. Werdennun wieder Elefanten gewildert, so befürch-tet auch Fraser Smith, sind auch die Nas-hörner wieder verstärkt bedroht.

So exponiert wie diesesNashorn im Ngorongoro-Krater, wird kaum je ein

Rhino im Dickicht desSelous zu sehen sein.

Foto: Ruedi Suter

HABARI 3/06 7

S C H U T Z E R F O L GR E G E N E R A T I O N

Page 8: 2006 - 3 Habari

8 HABARI 3/06

I N D I G E N E

Botswanas Entwurzelungs-politik gegen die San

Botswana vertreibt die San aus ihrer Heimat,der Kalahari. Der Protest gegen Deportation undEntwurzelung eines der ältesten Völker Afrikashat internationale Dimensionen erreicht.

VON RUEDI SUTER

Die letzten Jäger und Sammler der San-Völ-ker (Buschmänner) in der Kalahari Botswa-nas beklagen sich seit langem über Men-schenrechtsverletzungen durch die Regie-rung. Seit 1986 betreibt die Regierung ge-zielt die Vertreibung der Buschleute. Diemeisten der insgesamt vielleicht noch 60 000San, stellt die Gesellschaft für bedrohte Völ-ker fest, wurden bereits in 63 Umsiedlerdör-fern ausserhalb ihres Stammgebietes, desheutigen Kalahari-Wildparkreservats, ange-siedelt. Ihre traditionelle Lebensweise habendie San bereits aufgeben müssen.

Die Vertreibung der San ist kürzlichdurch das UNO-Komitee zur Eliminierungvon Rassendiskriminierung mit einem schar-fen Verweis gerügt worden, wie die Men-schenrechtsorganisation Survival Internatio-nal in London berichtet. In ihrem Berichtzeigt sich das Komitee über die fortgesetzteVertreibung und Bedrohung der Gana- undGwi-San durch die Regierung Botswanas«tief besorgt». Nach und nach würden denSan in ihrer letzten Zufluchtsstätte, demZentral-Kalahari-Reservat, die Lebens-grundlagen entzogen. Die Regierung hatteden Gana und Gwi befohlen, das Wildre-servat zu räumen. Hinter dem Umsiedlungs-befehl ständen die Interessen von Minen-

und Touristenkonzernen, geben sich dieMenschenrechtler von Survival Internatio-nal überzeugt.

Als viele San den Aufforderungen nichtfolgten, wurden ihnen im Reservat Wasserund Strom abgestellt, das Vieh konfisziertund das Herumstreifen und Jagen im Re-servat untersagt. Sie, die sich seit Menschen-gedenken mit Jagen und Sammeln am Le-ben erhielten, werden nun von Polizei undWildhütern als «Wilderer» verfolgt, verhaf-tet und gebüsst.

Mitspracherecht gefordert

Das UNO-Komitee fordert die botswanischeRegierung auf, «der engen kulturellen Ver-bindung zwischen den San und ihrem ange-stammten Land besondere Beachtung zuschenken.» Zudem müssten Alternativen zurUmsiedlung gesucht und vor allem vorherbei den Betroffenen deren «freie und sach-kundige» Zustimmung eingeholt werden.Überdies verurteilte das Komitee die Strei-chung von San-Rechten aus der botswani-schen Verfassung, mit denen sich ein paarSan-Vertreter erfolgreich gegen die Vertrei-bung aus dem Reservat zu wehren hofften.Die San-Völker des südlichen Afrikas dürf-ten gemäss Schätzungen einst gegen 400000Menschen umfasst haben.

8 HABARI 3/06

Page 9: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 9

Meister der Wahrnehmung

Es ist ein ruhiger, fast besinnlich wirkender Bildband: «Buschmänner – eine Reise zur Urbe-völkerung Namibias». Die Fotos des Schweizer Fotografen Rolf Frei zeigen die San bei ihremtraditionellen Leben, beim Jagen, beim Sammeln, beim Anfertigen von Kultobjekten undGebrauchsgegenständen. Und sie zeigen die Wildtiere, Pflanzen, Felszeichnungen und diegrossartigen, oft sehr kargen Landschaften, die diesem Urvolk als Lebensraum dienen. DerBetrachter erhält so eine Ahnung davon, wie die San als Überlebenskünstler mit fast nichtsdurchs Leben kommen und dennoch «glücklich» zu sein scheinen. Doch der Fotoband willnicht verklären – er will aufklären. So fotografierte Rolf Frei ebenfalls die Kehrseite des Le-bens der zwangsmodernisierten San in Namibia und Botswana. Damit erhalten wir aucheinen Eindruck von den existenziellen Problemen der heutigen San und von ihren Versu-chen, sich in die nomadenfeindliche Neuzeit zu retten. Leserinnen und Leser werden mitden Fotos aber nicht allein gelassen. Ihre Aussagekraft wird verstärkt durch die grosszügigeGestaltung von Oliver Mayerle und die einfühlsamen Texte des deutschen Autors Tonio Pass-lick, der wie Rolf Frei in Weil am Rhein bei Basel lebt. Tonio Passlick informiert uns bei seiner«Suche nach den Meistern der Wahrnehmung» mit seinen kurz gehaltenen und spannen-den Beschreibungen über Geschichte, Sitten, Techniken und Veränderungen der San-Völ-ker. Zum Schluss fühlen wir uns gut informiert, was nicht zuletzt mit dem in Namibia leben-den Rinderzüchter Reinhard Friederich zu tun hat, der Frei und Passlick mit seinen segensrei-chen Beziehungen zu Buschmännern vertiefte Einblicke ermöglichte. Entstanden ist ein so

gescheiter wie ehrlicher Reiseband, den man immer wieder gerne aufschlägt. rs

«Buschmänner – eine Reise zur Urbevölkerung Namibias»Bildband vom Klaus Hess Verlag, Göttingen. 144 Seiten, ISBN 3-933117-21-6Preis: 66.10 CHF / 38,50 Euro

Links: San-Land, Regierungsdorf. Oben: Jagdszene. Rechts: San-Generationen.

Die europäischen Kolonisatoren brach-ten Abertausende von San um, versklavtensie oder verjagten sie in unwirtliche Gebietewie die riesige Kalahari, wo die Indigenenausgeklügelte Überlebenstechniken entwi-ckelten. Die San sind über weite Teile dessüdlichen Afrika verteilt, wobei Botswanamit etwa 49000 Angehörigen das Land mitder grössten Gruppe darstellt, gefolgt vonNamibia, Südafrika, Angola und Simbab-we. Die meisten San fristen als Arbeitsloseoder Farm- und Minenarbeiter ein zumeistjämmerliches Dasein. In Botswana setzensich nun die San mit ausländischer Hilfe vor

Gericht gegen ihre Vertreibung aus der Ka-lahari zur Wehr. Bei Redaktionsschlusswurde die Anhörung abgeschlossen. Am 13.Dezember will das Gericht seinen Entscheidverkünden. Weltweit bekannt gewordensind das Los der San und ihre triste LageEnde letzten Jahres. Und zwar in Stockholmmit der Aufsehen erregenden Verleihung desAlternativen Nobelpreises (Right LivelihoodAward) an den San-Sprecher Tobee Tcorialias Roy Sesana (zirka 76 Jahre alt). DieDankesrede des Mitbegründers der Organi-sation First People of the Kalahari ist aufden folgenden Seiten abgedruckt.

Foto: Ruedi Suter

Alle

Fot

os: R

olf F

rei

Page 10: 2006 - 3 Habari

10 HABARI 3/06

A L T E R N A T I V E R N O B E L P R E I S

können. Beides ist wichtig. Wir sind nichtzurückgeblieben oder weniger intelligent:Wir leben exakt im gleichen Zeitalter wieihr. Ich pflegte zu sagen: Wir leben alle un-ter den gleichen Sternen. Aber nein, sie sindverschieden, und es gibt viel mehr über derKalahari. Sonne und Mond aber sind diegleichen.

Ich wuchs als Jäger auf. Alle unsere Jun-gens und Männer waren Jäger. Jagen heisst:zu den Tieren gehen und mit ihnen sprechen.Du stiehlst nicht ihr Leben. Du gehst hinund fragst. Du stellst eine Falle auf oderziehst mit Bogen und Speer los. Das kannTage dauern. Du spürst der Antilope nach.Sie weiss, dass du da bist, sie weiss, dass siedir ihre Stärke geben muss. Aber sie rennt –und du rennst ihr nach.

Im Rennen wirst du wie sie. Es kannStunden dauern und uns beide erschöpfen.Du sprichst zu ihr und schaust ihr in dieAugen. Und dann weiss sie, dass sie dir ihreKraft geben muss, damit deine Kinder wei-terleben können.

Als ich zum ersten Mal jagte, war es mirnicht erlaubt, zu essen. Stücke des Steenboks(Steinböckchen, die Red.) wurden verbrannt

und zusammen mit einigen Wurzeln übermeinen Körper verteilt. So lernte ich. Es istnicht eure Lernmethode, aber unsere funk-tioniert gut.

Der Farmer sagt, er sei fortschrittlicherals der zurückgebliebene Jäger, aber ichglaube das nicht. Seine Herden geben nichtmehr Nahrung als die unserigen.

«Die Antilope hilft mir, mit denAhnen zu sprechen»

Die Antilopen sind nicht unsere Sklaven, sietragen keine Glocken um den Hals, und sierennen schneller als die trägen Kühe desHirten. Wir rennen gemeinsam durchs Le-ben. Wenn ich die Hörner der Antilope tra-ge, hilft mir das, zu meinen Ahnen zu spre-chen, und sie helfen mir. Die Ahnen sind sowichtig! Ohne sie wären wir nicht am Le-ben. Jeder weiss das in seinem Herzen, abereinige haben es vergessen.

Ich wurde zum Heiler ausgebildet. Dumusst die Pflanzen lesen und den Sand. Dumusst die Wurzeln ausgraben und dich gutauskennen. Dann tust du einen Teil derWurzel wieder zurück für morgen, damiteines Tages auch deine Enkel sie finden undessen können. Du lernst, was das Land direrzählt. Wenn die Alten sterben, verbren-nen wir sie und sie werden zu Ahnen. Wennuns Krankheiten beherrschen, tanzen wir undsprechen zu ihnen. Sie sprechen durch meinBlut. Ich berühre die kranke Person und kannso die Erkrankung finden und sie heilen. Wirsind die Vorfahren unserer Kindeskinder.Wie tragen ihnen Sorge, wie unsere Vorfah-ren uns Sorge trugen. Wir sind nicht für unsallein hier. Wir sind füreinander da, für dieKinder und für unsere Kindeskinder.

«Mein Name ist Roy Sesana. Ich bin einGana-Buschmann aus der Kalahari, das heu-te Botswana genannt wird. In meiner Spra-che heisse ich Tobee Tcori und unser Landheisst T//amm. Wir leben dort länger als ir-gendein Volk sonst wo. Als junger Mannarbeitete ich in einer Mine. Ich zog meineTierhäute aus und trug Kleider. Doch es zogmich wieder heimwärts. Bin ich jetzt weni-ger Buschmann? Ich glaube nicht.

«Als ich noch Bub war, brauch-ten wir keine Führer»

Ich bin ein Führer. Als ich noch Bub war,brauchten wir keine Führer und wir lebtengut. Heute brauchen wir Führer, weil unserLand gestohlen wird und wir ums Überle-ben kämpfen müssen. Das bedeutet nicht,dass ich anderen Leute Befehle erteile: Siesagen mir, was ich für sie tun kann. Ich kannWorte nicht lesen – das tut mir leid. Dochich kann das Land lesen und die Tiere. Alleunsere Kindern könne dies. Könnten sie esnicht, wären alle längstens schon tot.

Ich kenne viele, die Worte lesen können,und viele, wie ich, die nur das Land lesen

«Die Antilopen sindnicht unsere Sklaven»

Der Kalahari-Buschmann Tobee Tcori alias Roy Sesanaerhielt im Dezember den Alternativen Nobelpreis.Die in Stockholm gehaltene Rede des afrikanischenUreinwohners löste ein weltweites Echo aus.

Alle Farbfotos zum Thema San wurden vomSchweizer Fotografen Rolf Frei gemacht.Er hat auch das Buch «Buschmänner – eineReise zur Urbevölkerung Namibias» bebildert.

10 HABARI 3/06

Tobee Tcori

Mitwesen Oryx-Antilope

Page 11: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 11

Warum bin ich hier? Weil mein Volksein Land liebt und wir ohne es sterben wür-den. Viele Jahre sind es her, da erklärte unsder Präsident von Botswana, wir könntenauf unserem angestammten Land so langeleben, wie wir wollten. Wir brauchten niejemand, der uns dies gestattete. Selbstver-ständlich können wir dort leben, wo unsGott geschaffen hat! Doch der nächste Prä-sident befahl uns wegzuziehen und begann,uns mit Gewalt zu vertreiben.

«Sie töten, indem sie uns vonunserem Land vertreiben»

Man erklärte uns, wir müssten unsere Hei-mat wegen der Diamanten verlassen. Dannsagten sie, wir würden zu viele Wildtiereumbringen. Aber das war eine Lüge. Sie sa-gen viele Sachen, die nicht wahr sind. Siesagten, wir müssten umsiedeln, damit uns

die Regierung entwickeln könne. Der Präsi-dent sagt, wenn wir nicht gehen, würden wirwie der Dodo verschwinden. Ich wusste

Weites San-Land

«Die Schweiz muss die Urvölker besser schützen»

Jetzt gehe es aber darum, «den Worten Ta-ten folgen zu lassen und innen- wie aussen-politisch zusammenhängende Menschen-rechtsarbeit zu leisten». Derweil die Deklara-tion des Menschenrechtsrates in erster Linieein politisches Zugeständnis darstellt, ist dieILO-Konvention 169 ein rechtsverbindlichesInstrument: das bisher einzige zum Schutzvon indigenen und tribalen Völkern. «Es wärenur konsequent, wenn die Schweiz als inter-nationale Drehscheibe der UNO-Menschen-rechtspolitik und als Gastland für zahlreicheindigene Delegierte mit der Ratifizierung derILO-Konvention 169 international eine kohä-rente Position in der Menschenrechtspolitikeinnehmen würde», folgert die Koalition. DieEidgenossenschaft – und vor allem das Staats-sekretariat für Wirtschaft (SECO) – zögert mitder Ratifizierung der ILO 169, weil sie zusätz-liche Leistungsansprüche für Fahrende be-fürchtet: Sinti und Roma definieren sich alstribale Völker und könnten so in den Anwen-dungsbereich der Konvention fallen. Auf demSpiel steht aber letztlich der Schutz der welt-weit rund 350 Millionen indigenen Men-schen. mm/fss

BERN – Die Eidgenossenschaft drückt sich seitJahrzehnten um eine entschiedene Unterstüt-zung der überall bedrohten Urvölker. DiesenEindruck haben alle wichtigen SchweizerNichtregierungsorganisationen (NGOs), diesich in irgendeiner Form für das Überlebender Indigenen einsetzen. Nun wollen an die20 NGOs der offiziellen Schweiz mit einer neugegründeten Koalition Beine machen und siezu einem verstärkten Engagement ermutigen,das in Afrika Völkern wie den Hadzabe, San,Tuareg und Pygmäen zugute käme.Die neue Koalition nennt sich etwas technischswisspro-ILO169. Sie umfasst Menschen-rechtsorganisationen, entwicklungspolitischeNGOs und Hilfswerke. Diese wollen das Par-lament und die Öffentlichkeit auf die Wich-tigkeit der ILO-Konvention 169 hinweisenund auf eine Ratifizierung durch die Schweizhinarbeiten. «Mit der Ratifizierung kann dieSchweiz international eine wichtige Signal-wirkung erzeugen: einerseits für den Schutzder indigenen Völker, andererseits als Bekräf-tigung der bestehenden Rechte der Fahren-den», erklärten die Mitglieder des neuen Zu-sammenschlusses im Juli.Exakt auf den internationalen Tag der indi-genen Völker (9. August) rief die NGO-Koali-tion swisspro-ILO169 den Bund auf, ehrliche«Menschenrechtsarbeit zu leisten und end-lich die Konvention 169 der InternationalenArbeitsorganisation (ILO) zum Schutz der in-digenen Völker zu ratifizieren». Die Schweizhabe mit der expliziten Unterstützung derDeklaration zum Schutz der indigenen Völ-ker in der Menschenrechtsratssitzung vom29. Juni 2006 bereits einen wichtigen Schrittgetan, lobt die Koalition.

Der swisspro-ILO169 gehören folgende Organisationenund Institutionen an: DoCip – Indigenous Peoples’ Cen-ter for Documentation, Research and Information, Gesell-schaft für bedrohte Völker (GfbV), Internationales Komi-tee für die Indianer Amerikas (Incomindios Schweiz), In-ternational Work Group for Indigenous Affairs (IWGIASchweiz), Institut für Ökologie und Aktions-EthnologieSchweiz (infoe Schweiz), PROPAZ Suiza-Chiapas (Gemein-sames Friedensprogramm für Südmexiko von Caritas, Fas-tenopfer, HEKS, Traditions pour Demain. Unterstützt wirddie Koalition von: Alliance Sud, arbeitskreis tourismus &entwicklung, Bruno Manser Fonds, Caritas Schweiz, Fas-tenopfer, Fédération vaudoise de coopération (FEDEVA-CO), Fédération genevoise de coopération (FGC), Green-peace Schweiz, humanrithgs.ch/MERS, MCI Genéve,Swissaid und WWF Schweiz. mm/fss

nicht, was ein Dodo war. Aber ich fand esheraus: Der Dodo war ein grosser Vogel, dervon den Siedlern ausgerottet wurde. DerPräsident hat Recht. Sie töten uns, indemsie uns von unserem Land vertreiben. Wirwurden gefoltert, und man schoss auf uns.Mich hat man verhaftet und geschlagen.

Ich danke für die Auszeichnung desRight Livelihood Award. Er ist eine globaleAnerkennung unseres Kampfes und wirdunsere Stimme weltweit bekannt machen.Als ich erfuhr, dass ich den Preis erhalte,war ich eben aus dem Gefängnis entlassenworden. Sie sagten, ich sei ein Krimineller,so, wie ich heute hier stehe.

Ich frage, was ist das für eine Entwick-lung, wenn die Menschen weniger lang le-ben als vorher? Sie stecken sich mit HIV/AIDS an. Unsere Kinder werden in den Schu-len geschlagen, sie wollen nicht mehr hin.Einige werden Prostituierte. Sie dürfen nichtjagen. Sie kämpfen, weil es ihnen langwei-lig ist, und sie betrinken sich. Sie beginnendamit, sich umzubringen. Es tut weh, dieszu erzählen. Ist das Entwicklung?

Wir sind keine Primitiven. Wir leben an-ders als ihr. Aber wir leben nicht mehr ge-nau so, wie unsere Grosseltern gelebt ha-ben. Waren ihre Vorfahren «primitiv»? Ichdenke nicht. Wir respektieren unsere Ahnen.Wir lieben unsere Kinder. Das ist bei allenMenschen so.

Wir müssen die Regierung stoppen, un-ser Land zu stehlen. Denn ohne unser Landwerden wir sterben. Wenn irgendjemand,der viele Bücher gelesen hat, mich für pri-mitiv hält, weil ich nicht einmal eines gele-sen habe, dann sollte er alle seine Bücherwegwerfen und sich eines besorgen, in demsteht, dass wir vor Gott alle Brüder undSchwestern sind – und dass auch wir einRecht zu leben haben. Das ist alles, was ichzu sagen habe. Ich danke.»

Page 12: 2006 - 3 Habari

12 HABARI 3/06

B U S C H T R O M M E L

ELEFANTEN

Boomender Elfenbein-markt im Sudan

Der nördliche Sudan (Khartum-Omdurman)ist einer der grössten Elfenbeinmärkte derWelt. Eine Studie im Januar/Februar 2005berichte über 11300 Elfenbeingegenständein 50 Geschäften, meldet die Zeitschrift«Oryx». Sudan hat seine Elefantenbeständein den letzten 30 Jahren durch Wilderei grös-stenteils verloren. Das jetzt gehandelte Elfen-bein stammt aus dem zentralen Afrika, zumBeispiel der Demokratischen Republik Kongo.Im Garamba-Nationalpark im Nordosten desLandes wildern gut ausgerüstete Rebellen undReiter aus dem Darfur und dem Südsudan.Das Elfenbein transportieren sie nach Khar-tum. Sudan verbietet zwar den Verkauf vonElfenbein von Elefanten, die nach 1990 getö-tet wurden, vollzieht aber die Gesetze nicht.Praktisch alle Gegenstände in Khartum-Om-durman werden aber illegal geschnitzt undverkauft: Kontrolle und Konfiskationen fehlen.Die Haupteinkäufer (75 Prozent) stammen ausChina (Schmuck, kleine Figuren, Essstäbchen),aber auch aus Südkorea und Saudi-Arabien.Wegen der wachsenden Zahl von Chinesen,die im Sudan in der Ölindustrie und im Berg-bau arbeiten, sind rund 150 Elfenbeinschnit-zer voll beschäftigt, die wachsende Nachfra-ge zu decken. Um dem Treiben ein Ende zusetzen, müsste auf die Regierungen Sudansund Chinas massiv internationaler Druck aus-geübt werden.

BUSCHTROMMEL

Tiefschläge für TiefseeNEW YORK – Die Tiefsee ist bedroht, sie mussweiträumig geschützt werden. Diese Forde-rung stellte das UN-Umweltprogramm UNEPgemeinsam mit der World Conservation Union(IUCN) bei der Präsentation einer Studie über«Ökosysteme und Biodiversität der Tiefsee undOzeane». Das Argument der Umweltgruppen

ist unmissverständlich: Würden nicht sofortneue Schutzregionen eingerichtet, drohe denOzeanen der Tod. Überfischung, globale Er-wärmung und Umweltverschmutzung setzendem Leben in den Weltmeeren stark zu. Wennnicht bald wirksame Schritte gemacht wür-den, drohe der Kollaps, warnen die Experten.«Die Fähigkeiten der Menschen, die Ozeaneund die Ressourcen der Meere zu nutzen, istin den vergangenen Jahren stark gestiegen»,erklärt UNEP-Direktor Achim Steiner. Dahermüssten nicht nur die Küstengewässer, son-dern auch die Tiefsee und die Ozeane ge-schützt werden. «Mehr als 60 Prozent allerMeereslebewesen leben in den Regionen, dienach Seerecht ausserhalb der Jurisdiktion ei-nes einzelnen Staates liegen», sagte Steinerund erinnerte daran, dass 90 Prozent der aufder Erde lebenden Biomasse in den Ozeanenlebt. Das masslose Überfischen der Meere seiexistenzbedrohend.Wie Wissenschaftler schätzen, sind bis heuteerst knapp zehn Prozent der Meere erforschtworden. Besonders in der Tiefsee gebe es nochviele Geheimnisse zu entdecken: Erst ein Mil-lionstel des gesamten Tiefseebodens ist un-tersucht worden. Rund 50 Prozent aller Tiere,die in Tiefen ab 3000 Metern gefangen wer-den, sind immer noch unbeschriebene Spezi-es. Kaltwasser-Korallenriffe können bis zu 8000Jahre alt werden, 35 Meter Hoch aufragen und40 Kilometer lang werden. Bisher wurden sol-che Riffe vor der Küste von mehr als 40 Län-dern entdeckt – von den Polen bis zu den Tro-pen. Wie stark die Ausbeutung der Meere tat-sächlich ist, wird an einer Berechnung desUNEP deutlich: Weltweit sind 3,5 MillionenFischerboote im Einsatz. Ein Prozent dieserSchiffe werden als industrielle Grossschiffeklassifiziert. Sie haben die Kapazität, 60 Pro-zent aller weltweit gefangenen Fische zu fi-schen. Allein der weltweite Beifang, der nichtgenutzt wird, beträgt jährlich 20 MillionenTonnen. Das ist ein Viertel aller gefangenenFische weltweit. Mehr als 52 Prozent der glo-balen Fischbestände sind bereits ausge-schöpft. Wegen ihrer Schädlichkeit kritisiertwurden aber auch seismische Untersuchun-gen oder militärische Operationen. pte

DAMM

Viktoriasee verliert WasserDer zweitgrösste Süsswassersee der Welt, derViktoriasee, hat seit 2003 75 km3 Wasser oderetwa 3 Prozent seines Volumens wegen einesneuen Wasserkraftwerks in Uganda verloren.Dies schreibt das Magazin «New Scientist».Bereits seit 1954 gibt es dort einen Damm,die Wasserentnahme hielt sich aber in be-grenztem Umfang dank einem Abkommenmit Ägypten, dem Hauptnutzer der gewon-nenen Energie. Nachdem 2002 ein zweiterKomplex gebaut worden war, begann derWasserspiegel zu fallen. Beide Elektrizitäts-

werke gehören der Uganda Electricity Genera-ting Company, die behauptet, der tiefsteStand seit 80 Jahren sei auf die regenschwa-chen letzten Jahre zurückzuführen. UN-Spe-zialisten haben aber berechnet, dass trotz derTrockenheit der Wasserspiegel 45 Zentime-ter höher sein müsste. Die Fachleute glauben,dass den Dämmen in den letzten zwei Jahren55 Prozent mehr Wasser entnommen wurde,als im Abkommen von 1954 erlaubt ist.

WALDGIRAFFE

«Okapi gesichtet»Es tönt sensationell: Nach beinahe einem hal-ben Jahrhundert wurde im kongolesischen Vi-runga-Nationalpark erstmals wieder ein Oka-pi (Bild) gesichtet. Dies meldete der WWF imJuni. Die seltene Waldgiraffe soll sich bei ei-

ner Begutachtung des Gebiets durch WWF-Mitarbeiter und Angehörige des Institut Con-golais pour la Conservation de la Nature ge-zeigt haben. Der weltweit einzige Lebensraumder Okapis ist der Ituri-Wald im Osten der De-mokratischen Republik Kongo (DRC), wo siesich vor allem im Okapi-Wildreservat aufhal-ten. Die «Entdeckung» des Okapis anno 1901durch den Briten Harry Johnston galt als eineder grössten wissenschaftlichen Sensationender Jahrhundertwende. Die Gründe der sehrspäten Sichtung dieser kastanienbraunenWaldgiraffe mit den weissen Streifenzeichnun-gen an Hinterteil und Beinen waren die glei-chen, die es bis heute unmöglich machten,frei lebende Okapis längere Zeit zu beobach-ten: Das «Okapia johnstoni» ist ausserordent-lich scheu, und es ist mit seinem samtartigenFell ausgezeichnet getarnt. Sein Lebensraumist auch jener der Pygmäen, die allerdings nieden Anspruch erhoben, das ihnen gut bekann-te Okapi «entdeckt» zu haben. So ist auch an-zunehmen, dass ihren Angehörigen in denletzten 50 Dekaden hin und wieder Okapisbegegnet sind.

Unerforschte,doch gefährdete Tiefsee

Foto

: Rue

di S

uter

Page 13: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 13

STREIFLICHT■ Billiger Naturschutz. BirdLife Internationalund African Protected Areas Initiative haben be-rechnet, dass der Schutz der afrikanischenParks nur einen Bruchteil der Ausgaben aus-macht, die Regierungen und Konsument-(inn)en anderswo ausgeben. Mit 300 Millio-nen Dollar jährlich könnten die Basiskosten desUnterhalts der 1200 Nationalparks und Reser-vate Afrikas gedeckt werden. Im Vergleichdazu gibt die EU zum Beispiel für landwirt-schaftliche Subventionen 51 Milliarden Dol-lar aus, Grossbritannien stützt seine Waffen-industrie mit 450 Millionen Dollar. Weltweitgeben Konsument(inn)en 26 Milliarden Dol-lar für Hunde- und Katzenfutter aus. Und: InEuropa kaufen sie für 11 Milliarden Dollar Eisoder Glace. bl �

■ Löwenattacken. Tansania hat den gröss-ten Löwenbestand in Afrika. Da die menschli-che Bevölkerung stark angewachsen ist,kommt es immer häufiger zu (oft tödlichen)Konflikten. Seit 1990 wurden über 563 Per-sonen von Löwen getötet und mindestens 308verletzt, meldet die Zeitschrift «Nature». DieAttacken häufen sich während der Erntezeitin den Monaten März bis Mai. Ausserhalb derSchutzgebiete finden Löwen nicht mehr vielnatürliche Beute. So bilden Wildschweine(Bushpigs) wohl die Hauptbeute und Nah-rungsgrundlage der Löwen in landwirtschaft-lichen Gegenden. Um die Löwen aus diesenGebieten fernzuhalten, sollte eine Strategiezur starken Verminderung der Wildschweineverfolgt werden, meint «Nature». fss �

■ Stress im Hirn. Das Gefühl, sich vollkom-men in einer Tätigkeit zu verlieren und allesum sich herum zu vergessen, sei nun lokali-siert worden, versichern Forscher des Weiz-mann Institute of Science. Mit Experimentenhaben sie herausgefunden, dass die oberefrontale Gehirnwindung (gyrus frontalis supe-rior) die Hirnregion für Selbstwahrnehmungist. Diese schaltet sich ab, wenn das Gehirnmit einer besonders anspruchsvollen Tätigkeitbeschäftigt ist. Menschen funktionieren dannwie Roboter. Erst wenn der Stress nachlässt,werden sie wieder «menschlich». Die Fähig-keit, das «Ich» auszuschalten, könnte einSchutzmechanismus gewesen sein, um in ge-fährlichen Situationen schneller zu reagieren,meinen die Forscher. Ihre Erkenntnisse sollennun für ein besseres Verständnis von Krank-heiten wie Autismus oder Schizophrenie ver-wendet werden. pte �

■ Tourismusboom trotz Katastrophen.Trotz Tsunami, Hurrikanen und Terrorgefahrverbuchte die internationale Reisetätigkeit2005 neue Rekorde, wie die Welttourismus-

organisation (UNWTO) 2006 stolz vermelde-te: Weltweit wurden 808 Millionen interna-tionale Reisen unternommen. Das bedeutetnochmals eine Steigerung von 5,5 Prozent aufdas Vorjahr 2004, das bereits mit 10 ProzentWachstum die höchste Zuwachsrate seit 20Jahren ausgewiesen hatte. 2004 wurden fürdiese Reisen insgesamt 500 Milliarden US-Dollar ausgegeben, das sind an die 1,4 Milli-arden US-Dollar täglich. Für 2006 prognosti-ziert die UNWTO einen weiteren Zuwachs derReisenden um vier bis fünf Prozent. Bis 2020sollen sich die internationalen Ankünfte noch-mals verdoppeln und die Erlöse daraus sichgar vervierfachen. Positiv stimmte UNWTO-Generalsekretär Francesco Frangialli vor allem,dass sich der Tourismus so schnell von Kata-strophen erhole. Für sämtliche Regionen derWelt seien Zuwächse zu vermelden, selbst fürdie vom Tsunami betroffenen Länder, mit Aus-nahme der Malediven. Die Tourismusbranchehabe in den vergangenen Jahren enorm an«Widerstandskraft» gewonnen, kommentier-te Frangialli das Glanzergebnis. plus �

■ Afrikas Energiehunger. Trotz zahlreichenRisiken wird dem afrikanischen Energiesektorfür die kommenden Jahre ein kräftiges Wachs-tum vorhergesagt. Laut den Unternehmens-beratern von Frost & Sullivan soll etwa derUmsatz des afrikanischen Dampf- und Gas-turbinenmarkts bis 2012 von derzeit 982,2Mio. auf 1,24 Mrd. Dollar anschwellen. Vondem Aufschwung könnten insbesondere Ni-geria, Südafrika und einige weitere LänderNord-, Zentral- und Ostafrikas profitieren. Ei-nen Grund für den Boom sehen die Analys-ten in der zunehmend globalisierten Wirt-schaft, die sich in Afrika engagiert. Europäi-sche Investoren müssen sich aber zunehmendmit amerikanischen und asiatischen Rivalenauseinandersetzen. «Derzeit zielen vor allemchinesische Unternehmen auf die riesigen Res-

sourcen des afrikanischen Kontinents – undihre Risikobereitschaft erscheint höher», erklä-ren die Experten. pte �

■ Einsichtige Wilderer. Auch das gibt es: InUganda haben im Juni 245 Wilderer unter derFührung von Patrick Odongo offiziell der Wil-derei abgesagt. Sie übergaben dem SeniorConservation Officer des Murchison-National-parks, Stonewall Kato, ihre Speere, Fallen undSchlingen mit dem Versprechen, nicht mehrim Park Tiere umzubringen und das Fleischan Hotels und im Markt von Kampala zu ver-kaufen. Dies berichtete in der ugandischenHauptstadt die Zeitung The Monitor. Stone-wall Kato dankte den Reuigen und fordertesie auf, inskünftig die Wildtiere für die nächs-ten Generationen schützen zu helfen. Über-dies sicherte er den Gebieten entlang denParkgrenzen bei Gulu, Masindi, Apac undNebbi Entwicklungsgelder zu. Der Berichtschliesst mit einem Hinweis auf vier aus demMurchison-Park ausgebüchste Elefanten. Siewürden im Dorf Abutadiya die Felder zertram-peln. fss �

■ Schutz der Küstenwälder. Der «CriticalEcosystem Partnership Fund» (CEPF) und vierostafrikanische Organisationen haben zusam-men ein Programm mit 64 Projekten lanciert,um 46 wichtige Waldgebiete in den Usamba-ra/Udzungwa-Bergen im Osten Tansanias undin den Küstenwäldern Kenias und Tansaniaszu schützen. Laut Birdlife International be-deckten diese Wälder einst 23000 Quadrat-kilometer, sind heute aber wegen der Um-wandlung in Landwirtschaftsland, wegenHolzschlag und Buschfeuern auf 5340 Qua-dratkilometer zusammengeschmolzen. Dietansanische Regierung hat ein Abkommen un-terzeichnet, um sicherzustellen, dass die Ar-beit von CEPF ins Management der vielenWaldreservate integriert werden kann. �

■ Flugtickets gegen Armut. Seit Juli 2006erhebt Frankreich eine Sondersteuer auf Flug-tickets, mit der Entwicklungshilfeprojekte zurErreichung der Millenniumsziele finanziertwerden sollen. Die erhofften 200 MillionenEuro sind vorrangig für die Bekämpfung vonKrankheiten wie HIV/AIDS, Malaria und Tu-berkulose vorgesehen. Staatspräsident JacquesChirac hatte die Idee auf dem World Econo-mic Forum (WEF) 2005 in Davos lanciert. AmUN-Milleniumsgipfel im September 2005 fander Unterstützung bei UN-Generalsekretär KofiAnnan und Staatsoberhäuptern so verschie-dener Länder wie Algerien, Brasilien, Chile,Nigeria und Qatar. Brasilien und Chile wollennun ebenfalls die Einführung einer Solidari-tätsabgabe auf Flugtickets prüfen. Wenig Be-geisterung über den Vorstoss zeigte die Tou-rismusbranche – sie ächzt nur schon unter dengestiegenen Treibstoffkosten. plus �

Foto

: Rue

di S

uter

Page 14: 2006 - 3 Habari

14 HABARI 3/06

die Güte und Langlebigkeit der beiden Mo-delle weit auseinander gehen. Dem FSS bleibtdarum nichts anderes übrig, als die Anlagenzu testen und zu vergleichen. Der FSS möch-te später auch andere Rangerposten mit So-laranlagen aufrüsten. Der Sonnenstrom kannbeispielsweise für Funkgeräte, Licht, Akkusund Wasserpumpen verwendet werden.

� Mitgliederbeiträge. Seit Jahren überlegtsich der FSS-Vorstand, ob es nicht endlich Zeitwäre, die vergleichsweise bescheidenen Mit-glieder- und Gönnerbeiträge heraufzusetzen.Längst schon müsste die Teuerung ausgegli-chen werden, und in der Kasse braucht esebenfalls dringend mehr Geld, um den ge-stiegenen Kosten in Afrika gerecht zu werden.Denn auch dort wird alles teurer und kannmit dem FSS-Franken nicht mehr so viel er-reicht werden wie früher. Bislang hat der Vor-stand mit Rücksicht auf das Portemonnaie derMitglieder immer gezögert, die Beiträge zuerhöhen. Doch jetzt, da ein neuer Vorstandmit frischer Dynamik neuen Wind in die Ar-beit in Ostafrika bringen will, soll die Erhö-hung nicht mehr hinausgeschoben werden.Deshalb will der Vorstand an der Herbstver-

FSS-Kompass

� Neuer Serengeti-Chef. Der Serengeti-Na-tionalpark hat einen neuen Chief Park War-den. Er heisst Martin Loiboki und hat seineStelle im Juli angetreten. Martin Loiboki löstJustin Hando ab. Dieser pilotiert auch Klein-flugzeuge und ist vom FSS bereits einmal indie Schweiz eingeladen worden. Justin Han-do hat jetzt eine weitere Karrieresprosse er-klommen: Er ist nun Chief Park Warden HQ.Damit wurde er zum Chief aller Chief ParkWardens ernannt.

� Swiss Army Truck. Die Schweizer Armeeist längst schon im Ausland «engagiert» – wasihre ausrangierten Steyr-680-LKWs betrifft. DerFSS stellte die vom Afrikadelegierten DavidRechsteiner von der Armee ersteigerten SwissArmy Trucks den Parkverwaltungen von Se-rengeti und Tarangire zur Verfügung. Die ro-busten, von den Schweizer Chauffeuren kei-neswegs geliebten Fahrzeuge werden vorabfür den Wassertransport verwendet. Nunkonnten vier weitere Steyr-LKWs ersteigertwerden. Die FSS-Mitglieder David Rechsteinerund Günter Bolte schossen verdankenswerter-weise den Kaufpreis von insgesamt 19 200Franken vor. Dieser Vorschuss, abzüglich einerSchenkung von 3000 Franken durch GünterBolte, wird nun vom FSS an die beiden Her-ren zurückbezahlt. Zurzeit stehen die vier Ex-Armeelaster in Schlieren (ZH), zwei werden bisEnde Jahr nach Tansania verschifft. Auch derTransport kann zu einem erfreulichen Vorzugs-preis durchgeführt werden: 5000 Franken proWagen, die Hälfte des bislang bezahlten Be-trags. Mitgeschickt werden etliche Ersatzbol-zen für den Antriebsbereich, die im hartenBuscheinsatz gerne kaputtgehen.

� Falschmeldung. Die Meldung aus demWestkorridor der Serengeti tönte erschre-ckend: Die Unwetter im letzten Jahr hättendie frisch gebaute Brückenfurt von Dabaga un-terspült und weggerissen. Die Parkbehördebat den FSS-Vorstand um die Finanzierungeines neuen Flussübergangs. Kosten: happi-ge 20 000 Franken. Afrikadelegierter DavidRechsteiner beschloss, ein Auge auf das Desa-ster zu werfen, und nahm unverzüglich denbeschwerlichen Weg von Arusha an die Un-glücksstelle unter die Räder. Der Trip lohntesich: Die Brückenfurt war weit weniger hava-riert als gemeldet. Die Reparatur wurde unter-dessen durchgeführt – für rund 2000 Franken.

� Sonnensaft. Der Kirawira-Posten im Wes-ten der Serengeti wird jetzt vollumfänglich mitSolarzellen ausgerüstet. Auf einem vom FSSeingerichteten Doppelhaus, berichtet der FSS-Afrikadelegierte Alex Rechsteiner, wird eineAnlage mit Elementen aus der Schweiz instal-liert. Die anderen Dächer erhalten tansanischeFabrikate. Weshalb? Weil die Meinungen über

Vom Schock zur Handlung

Das Herbstpalaver

Bitte Agenden zücken, Handys und Palms ak-tivieren, Wandkalender ansteuern oder einenKnopf ins Taschentuch machen: Ende Okto-ber geht die FSS-Herbstversammlung überdie Bühne.

Datum: 27. Oktober 2006Zeit: 19 UhrOrt: Neu Klösterli (Zürichbergstrasse 231)

beim Zoo Zürich.Spezial-Attraktion:

«Ein Paradies für Tiere – Tarangire,der Fluss, der niemals austrocknet.»Ein Film des begnadeten TierfilmersHugo von Lawick.

Laden Sie auch Ihre Kinder, Ihre Freunde undFreundinnen, Ihre Verwandten und Bekann-ten ein. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!Ihr FSS-Vorstand.

sammlung vom 27. Oktober eine Erhöhungder Mitgliederbeiträge um 25 Franken beliebtmachen – in der Hoffnung, die Versammlungverstehe das zwar unbequeme, jedenfalls aberfür Afrika sinnvolle Ansinnen.

Es geschah im dichten Busch der Serengeti. Das Schweizer Ehepaar Beatrice und RobertBickel liess sich auf einer Safari unter der Führung von FSS-Präsident Beni Arnet und seinerFrau Silvia in die Schönheiten und Probleme des Parks einweihen. Als die beiden Touristenerfuhren, wie Wilderer schattige Bäume und Wasserzugänge mit Drahtschlingen zu tödli-chen Fallen umfunktionierten, liessen sie es nicht bloss bei verbaler Betroffenheit bewenden– sie beschlossen zu handeln. Kaum zurück in der Schweiz, machten sich die Bickels in derWelt der Spezialzangen kundig, mit denen in Schlingen verfangene Tiere rasch befreit oderentdeckte Drahtfallen leicht durchtrennt werden konnten. Bald wurden sie fündig und kauftenfür über 1300 Franken zehn hochwertige Swiss-made-Felco-Drahtschneider gegen hochlegierte Stahldrähte, die sie dem FSS für die Serengeti-Ranger schenkten. Natürlich liess essich Robert Bickel (links im Bild) nicht nehmen, vorgängig eine der Spezialdrahtscherengleich selbst zu testen. Mit Erfolg – der harte Reifendraht liess sich wie Butter schneiden.Das schöne Ende der Geschichte: Die Bickels sind auch gleich noch dem FSS beigetreten. fss

Fot o

s: A

rnet

Page 15: 2006 - 3 Habari

HABARI 3/06 15

Page 16: 2006 - 3 Habari