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Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier Gesund und aktiv älter werden Heft 6 Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung

Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für Prävention ... · Dr. Frank Lehmann, Dr. Birgit Wolter Die Arbeitshilfen wurden entwickelt im Rahmen des bundesweiten Kooperationsverbundes

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Aktiv werden für Gesundheit –Arbeitshilfen für Prävention undGesundheitsförderung im Quartier

Gesund und aktiv älter werden Heft 6

Deutschlands Initiative für gesunde Ernährungund mehr Bewegung

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Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für Prävention und Gesundheitsförderung im QuartierHeft 6

Herausgeber:Gesundheit Berlin-BrandenburgFriedrichstraße 231, 10969 BerlinTel. 030 / 44 31 90 60E-Mail: [email protected]

Autorinnen und Autoren:Carola Gold (V.i.S.d.P.), Stefan Bräunling, Kerstin Kammerer, Dr. Monika Köster, Dr. Frank Lehmann, Dr. Birgit Wolter

Die Arbeitshilfen wurden entwickelt im Rahmen des bundesweiten Kooperationsverbundes„Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten“. Der Kooperationsverbund „Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten“ wurde 2003 aufInitiative der BZgA gegründet und wird maßgeblich durch die BZgA getragen. Ihm gehörenaktuell 53 Partnerorganisationen an.

Geschäftsführung des Kooperationsverbundes: Gesundheit Berlin-Brandenburg

Die Erstellung der 2. Auflage der Arbeitshilfen wurde von der Bundeszentrale für gesundheitli-che Aufklärung (BZgA) gefördert.

Wir danken allen Personen und Organisationen, die für die Arbeitshilfen Material zur Verfügunggestellt haben.

Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, Berlin

Umschlag- und Heftgestaltung: Connye Wolff, Berlin · www.connye.com

© 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2010 Gesundheit Berlin-BrandenburgDieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Genehmigungen fürdie Wiedergabe auch längerer Inhaltspassagen oder ganzer Kapitel werden gern gewährt. DerHerausgeber bittet dann um Zusendung eines Belegexemplares.ISBN 978-3-939012-11-5

Bildnachweise:S. 2, istockphoto.com, absolut_100S. 4, fotolia.com, manuS. 6, fotolia.com, liaurinkoS. 8, Anja WeberS. 14, istockphoto.com, absolut_100S. 16, fotolia.com, mkrberlinS. 17, fotolia.com, PiccoloS. 18, fotolia.com, Juriah MosinS. 19, pixelio.de, Rainer SturmS. 21, Anja WeberS. 23, fotolia.com, chris74S. 24, fotolia.com, Daniel EtzoldS. 26, fotolia.com, Alta.CS. 29, Anja WeberS. 30, fotolia.com, nyulS. 32, Anja WeberS. 39, fotolia.com, somenskiS. 45, fotolia.com, Bernd Leitner

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1Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

Selbstständigkeit und Wohlbefinden im Alter – das wünscht sich jeder. Undfür viele Menschen wird dieser Wunsch auch Wirklichkeit werden. Was ausder Sicht von Prävention und Gesundheitsförderung für ein langes Leben in

guter Gesundheit getan werden kann, wird in diesem Heft vorgestellt.

Besonderes Anliegen sind uns dabei jene Menschen, die auf Grund von Armut undmangelnder Teilhabe das hohe Risiko einer geringeren Lebenserwartung und einerschlechten Gesundheit im Alter haben. Sie können in besonders hohem Maß vonGesundheitsförderung profitieren.

Der Blick unserer Gesellschaft auf das Alterund die Potenziale älterer Menschen hat sichverändert. Für uns ist heute das Alter nichtmehr nur eine Phase zwangsläufigen gesund-heitlichen Abbaus. Gesunde Lebensstile,schon im Kindesalter, haben Einfluss auf dieGesundheit im Alter. In jedem Lebensalterbestehen hohe präventive Potentiale zurVerbesserung der Gesundheit.Neben körperlichen Aspekten haben in denvergangenen Jahren auch psychische und so-ziale Dimensionen des Alterns mehr Beach-tung gewonnen. Hier haben günstige Rah-menbedingungen, z.B. soziale Kontakte, guteBeziehungen in der Familie und zu Freundin-nen und Freunden, Engagement im Quartier,Hobbys etc. Einfluss auf die Gesundheit undLebensqualität im Alter.Unter günstigen Bedingungen können da-durch körperliche und mentale Leistungs-fähigkeit bis ins hohe Alter erhalten bleiben.Die präventiven Potentiale werden bislangbei weitem noch nicht ausgeschöpft. Dies be-tont der Sachverständigenrat in seinemGutachten 2009. Durch erfolgreiche Präven-tion steigt, neben der Chance auf ein längeresLeben, vor allem auch die Aussicht auf mög-lichst viele Jahre in guter Gesundheit.

Chronische Erkrankungen im Alter könnenverhindert oder ihr Ausbruch verzögert wer-den1. Die größten Präventionspotenziale ha-ben dabei Menschen, die auf Grund vonArmut und anderen Formen fehlenderTeilhabe höhere gesundheitliche Risiken tra-gen. Der Sachverständigenrat empfiehlt daherausdrücklich sie zu erreichen bzw. mit ein-zubeziehen und ergänzt: „Erfolgreiche Maß-nahmen in transsektoralen Bereichen, wieBildung, Umwelt, Verkehr, Wohnen, Arbeits-platz sowie Einkommens und Vermögens-politik können die Bemühungen der Gesund-heitspolitik wirksam unterstützen“ (SVR, 2009).Gesundheit ist in diesem Zusammenhangnicht ausschließlich auf „Freisein von Krank-heit“ zu beziehen, „sondern auch auf dieVerwirklichung individueller Bedürfnisse undWerte, auf Lebenszufriedenheit und Wohlbe-finden sowie auf Kompetenzüberzeugungenund Bewältigungsstrategien“. Auch wenn imAlter körperliche Kräfte abnehmen, so kann„im seelisch-geistigen Bereich … das höhereLebensalter sogar mit einem Zuwachs anWissen, Erfahrungen und Handlungskompe-tenz einhergehen“ (Kruse 2007).

1 So wird im Gutachten aufdie Kompressionstheorieverwiesen, nach dererfolgreiche Präventiondazu führt, dass nicht nurdem Leben mehr Jahre,sondern den Jahren auchmehr Gesundheitgegeben wird.

„Was sich jeder Menschwünscht: gesund bleibenund alt werden, dass mandas Leben genießen und amLeben teilhaben kann ...“(Sigrid, 65 Jahre)

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2 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

Was heißt hier ‚Alter’?

Alte Menschen lassen sich kaum in eineKategorie pressen und bilden eine sehr hete-rogene Gruppe mit verschiedensten Bedürf-nissen und Ansprüchen. Neben der Alters-gruppe sind beispielsweise auch Aspekte wieGeschlecht, soziale Lage, ethnische Hinter-gründe und Bildung von besonderer Bedeu-tung, um die Lebenssituation älterer Men-schen einschätzen zu können. Hinzu kommt,dass die Selbstwahrnehmungen und -ein-schätzungen in dieser Lebensphase sich sehrunterscheiden können. Möglichst lange zu le-ben ist für viele Menschen ein wichtigesLebensziel, aber alt zu sein oder so von au-ßen definiert zu werden, ist vielfach nichtleicht. Rein kalendarische und naturwissen-schaftliche Sichtweisen des Alters sind zu-meist defizitorientiert, indem sie dieAbnahme von körperlicher Leistungsfähigkeitin den Vordergrund stellen. Gesellschaftlich

und wissenschaftlich weniger durchgesetzthaben sich dagegen bislang psychologischeoder soziologische Kompetenzmodelle desAlter(n)s, in denen Reifungs- undKompetenzausbildungen sowie die Chanceneiner lebenslangen Entwicklung, auch imUmgang mit Verlusten, stärker aktzentuiertwerden.In diesem Heft geht es vorrangig um Ziel-gruppen, die sich in einer Lebenphase befin-den, in der sich die Gesundheit häufiger undnachhaltiger krankheitsbedingt verschlech-tern kann. Mit fortgeschrittenem Alter kommtes häufig auch vermehrt zu chronischen Er-krankungen, die ein beschwerdefreies Lebenunmöglich machen. Wir orientieren uns ander Definition aus der Gesundheitsbericht-erstattung und unterscheiden die „jungenAlten“ (65 Jahre bis unter 80 Jahre) und dieGruppe der „alten Alten“ (80 Jahre und äl-ter). Nicht zwangsläufig ist ihr Alltag vonKrankheit und Hilfsbedürftigkeit geprägt.Viele ältere Menschen sind gesund oder kön-nen ihren Alltag trotz gesundheitlicherEinschränkungen gut bewältigen.Eine gesellschaftliche Herausforderung, diehohes Gesundheitsförderungspotenzial hat,ist die Entwicklung positiver Altersbilder.Dies sind Altersbilder, welche die positivenAspekte betonen, wie z.B. im Lebenslauf ent-wickelte Kompetenzen. Negative Altersbilder,welche (gesundheitliche) Einschränkungenund Verluste in den Vordergrund stellen, kön-nen dazu führen, dass das Leben im Alter aufdiese negativen Aspekte fokussiert wird undobjektiv vorhandene Ressourcen undFähigkeiten nicht wahrgenommen werdenund ungenutzt bleiben(Sachverständigenkommission, 2001).

„Notwendig ist, mehr alsbislang in jedem Verlaufs-stadium eines Krankheits-geschehens präventivePotentiale alter Frauen undMänner auszuschöpfen“(Sachverständigenrat zurBegutachtung der Entwick-lung im Gesundheitswesen,2009, S. 609).

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3Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Demografische Entwick-lungen: Weniger, älter undbunter – Herausforderungenfür die Kommunen

Die Altersstruktur und Ausdifferenzierung un-serer Gesellschaft verändert sich. Die Gesamt-bevölkerung in Deutschland wird sich verrin-gern, dafür steigen relativ gesehen, dieAnteile älterer Menschen und von Menschenmit Migrationshintergrund innerhalb derBevölkerung. Sind heute die Anteile der Jün-geren (unter 20 Jahre) und der Älteren (65 Ja-hre und älter) noch ungefähr gleich, so erwar-ten Fachleute, dass der Anteil der Älteren sichim Jahr 2050 verdoppelt haben wird(Hoffmann; Menning; Schelhase, 2009, S. 26).Die Veränderungen in der Altersstruktur unse-rer Gesellschaft werden für viele Kommunendie Erhöhung von Ausgaben zur Folge haben.Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartungund des Alterns der geburtenstarkenJahrgänge wird sich insbesondere die erwar-tete relative Zunahme hochbetagterMenschen auswirken, die vielfach unter ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen leiden undUnterstützung durch Pflegeleistungen benöti-gen. Einen Überblick zum Wandel der Alters-struktur in Deutschland gibt die nachfolgendeGrafik. Hier zeigt sich deutlich ein Anstieg derAltersgruppe der über 84 Jährigen. Dies hatwahrscheinlich auch einen Anstieg der profes-sionell zu versorgenden Pflegefälle zur Folge.

Altersbilder in der Gesellschaft – Themen und Ziele des imHerbst 2010 erscheinenden sechsten Altenberichts des Bundes-ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

www.dza.de –> Politikberatung –> Geschäftsstelle Altenbericht–> Der Sechste Altenbericht

Abbildung 1: Entwicklung des Anteils der Altergruppen an derGesamtbevölkerung von 2006 bis 2050. (Quelle: Sachverständigenrat zurBegutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, 2009, S. 65)

Im Land Berlin wird für das Jahr 2030 mit einer Zunahme derpflegebedürftigen Personen um 80 Prozent gerechnet. In Folge vonArbeitslosigkeit oder geringfügiger Beschäftigung wird erwartet,dass dann 40.000 Pflegebedürftige Unterstützung im Rahmen desSGB XII (Sozialhilfe, Hilfe zur Pflege) benötigen. Dies entsprichteinem Anstieg um ca. 70 Prozent (Senatsverwaltung für Gesundheit,Umwelt und Verbraucherschutz, 2009).

Link zum Thema Altersbilder

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4 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

Weniger junge Menschen werden künftig mitimmer mehr älteren Menschen länger zusam-men leben. Diese Veränderungen der Bevöl-kerungsstruktur lassen sich relativ gut pro-gnostizieren. Das ermöglicht es, bereits heuteStrategien zu entwickeln, um diesen Heraus-forderungen gerecht werden zu können.Voraussetzungen dafür sind jedoch, dassGesundheit zu einem Thema in den Kommu-nen wird und die Verantwortlichen als Ver-bündete für dieses Thema gewonnen werden(Altgeld, 2009, S. 222). In den Arbeitshilfenwird das Beispiel einer kommunalen Planungfür und mit älteren Menschen ausführlichdargestellt.

Gemeinsames Ziel der Akteure im Quartiersollte es dabei sein, die Rahmenbedingungenfür Gesundheit im Alter und gesundeLebensstile zu verbessern.Dabei ist besonders die Situation armer undisolierter älterer Menschen zu beachten. Siehaben häufig eine schlechtere Gesundheit aufGrund früherer Belastungen. Teilt man dieBevölkerung nach ihrem Einkommen in fünfGruppen ein: Die Lebenserwartung nimmtüber alle Einkommensgruppen mit steigen-dem Einkommen zu (sozialer Schicht-gradient). Bei Männern der höchstenEinkommensgruppe treten gesundheitlicheBeeinträchtigungen im Schnitt 14,3 Jahre spä-ter ein (Lampert, 2009, S. 130 f.).

Unsere Gesellschaft erlebt heute schon einedeutlich längere Phase des Altwerdens undAltseins. Dies hat individuelle Auswirkungenauf die Arbeit, die Gesundheitsversorgung,die Familie, soziale Beziehungen und die fi-nanzielle Situation. Wichtig sind daher gutesoziale Netzwerke und Unterstützungs-

Allein die wohlwollende Zustimmung und allgemeine Zusage „wirhelfen, wo wir können“ ist nicht ausreichend! StädtischeBehörden arbeiten nach klaren Aufgabenprofilen mitvorgegebenen Prioritäten.Sie werden neue Aufgaben und Themen – wie auch neue Formender Zusammenarbeit – nur unterstützen, wenn sie dazu

aufgefordert oder gar verpflichtet werden. Um diese Unterstützung zu gewinnen, muss die Projektidee von einernachvollziehbaren „Kosten-Nutzen-Rechnung“ begleitet werden. Es mussverdeutlicht werden, welche negativen Folgen eine weitere Zunahmealtersbedingter Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit für die Stadt hat.Außerdem muss erläutert werden, warum das zur Rede stehende Projektnicht nur eine realistische, sondern aus Sicht der Stadt eine sinnvolle undeffiziente Lösung eröffnet.■ Beschreiben und begründen Sie den Nutzen des Konzepts aus der

Perspektive der Verwaltung/der Lokalpolitik.■ Formulieren und begründen Sie den zusätzlichen Bedarf an Ressourcen

und Personal.■ Pflegen Sie im Vorfeld die informelle Kommunikation mit Politikerinnen,

Politikern und Multiplikatoren, um so für Bekanntheit und Unterstützungzu sorgen.

■ Sorgen Sie dafür, dass vor Projektbeginn im Stadtteil auf derLeitungsebene der Stadtverwaltung belastbare Beschlüsse undVereinbarungen für einen reibungslosen Projektverlauf gefasst werden.

Aus: BKK 2009

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5Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Abbildung 2: Sterblichkeit von Männern und Frauen vor dem Alter von 65 Jahren nach Einkommensgruppen (Quelle: Lampert, 2009, S. 130 f.)

systeme, die helfen, eventuell entstehendeBenachteiligungen auszugleichen. Erfolge,die hier im Bereich der Gesundheitsförderungerreicht werden, verschaffen den Einzelneneinen Gewinn an Lebensqualität und zahlensich auch für die Kommunen und das Quar-tier aus.Vieles, was mit Blick auf die ältere Gene-ration auf den Weg gebracht wird, ist auchfür andere Bevölkerungsgruppen, z.B. Kinder,Eltern und Menschen mit Behinderungen vonNutzen.

Soziale Benachteiligungund Gesundheit im Alter

Wer materiell gesichert ist, über Bildung ver-fügt und ein gutes familiäres und sozialesUmfeld hat, kann den Herausforderungen,die das Alter mit sich bringt, zuversichtlichbegegnen. Unsichere Lebenslagen und man-gelnde Lebensperspektiven machen jedochAngst. Sie beeinträchtigen die Perspektivenälterer Menschen ebenso wie einschneidendeLebenskrisen (z.B. der Verlust des Partnersoder der Partnerin).

Regionalverbund Ruhr

Im Rahmen des WHO-Projektes „Age-friendly Cities“ wurden ältere Menschennach ihren Bedürfnissen befragt. Dabeiwurde deutlich, dass vieles, was eineKommune attraktiv und lebenswert macht,für alle Generationen von Gewinn ist:Barrierefreie öffentliche Gebäude, leichtzugängige öffentliche Verkehrsmittel undunmittelbar erreichbare öffentliche undprivate Dienstleistungen.

Dr. Rainer Fretschner, 2008

Bei sozial benachteiligten Menschen habensich die gesundheitlichen Belastungen inFolge von Armut, schwerer körperlicherArbeit und fehlender Teilhabe im Lebens-verlauf summiert. Kollektive Erlebnisse wieKriegstraumata, Vertreibung oder Einwan-derung können Lebenseinstellungen beein-trächtigen und ebenso prägen wie der kultu-relle Hintergrund, religiöse Gewohnheitenund Arbeitsbiografien (vgl. Heft 1 Kapitel 3zu Faktoren, die Gesundheit beeinflussen).Eine Untersuchung der Lebenszufriedenheittürkischer Migrantinnen und Migranten zeig-te z.B. , dass viele von ihnen auf Grund derMigration unter Einsamkeit und sozialerIsolation litten. Die Autorinnen und Autorender Studie vermuten, dass die „sozialeIntegration … bei Aufrechterhaltung ethni-scher und kultureller Identität“ ein hohesPotenzial für Gesundheitsförderung beiMigrantinnen und Migranten darstellt (RobertKoch-Institut, 2008, S. 98).

Vorzeitige Sterblichkeitvon Frauen und Männern nach Einkommen

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6 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

„Die Leute müssen Selbstbewusstsein bekommen. Wir haben Menschen, die seit 10 – 15 Jahrenin unsere Selbsthilfegruppen (türkische, griechische, spanische, ex-jugoslawische) für Seniorenkommen. Die haben Infoveranstaltungen, Feste gesehen und mitgemacht. Deren Ansprüche undAnsichten haben sich verändert. Es entsteht ein Selbstbewusstsein, ein Bewusstsein entwickeltsich, weil man auch mal nachdenkt über Themen, wie Hilfe im Alltag, und durch die Gruppegestützt wird. Das gibt auch Mut mit Konventionen zu brechen. Zum Beispiel wenn die Gruppesagt, „na das ist doch gut, wenn du dir einen Pflegedienst holst, der dir im Alltag hilft“.

Susanne Koch, AWO-Begegnungszentrum Adalbertstraße in Berlin-Kreuzberg

Sozial bedingt schlechtere Gesundheits-chancen bedeuten für ältere Menschen, dasschronische Erkrankungen und Behinderun-gen früher eintreten können und sie mögli-cherweise früher Einschränkungen in ihrerMobilität erfahren. Bereits im 5. Bericht zurLage der älteren Generation in Deutschlandwurde prognostiziert, dass sich die zukünfti-ge Einkommenslage älterer Menschen aufGrund der ökonomischen und politischenEntwicklungen deutlich verändern wird.„Sowohl das Risiko von Einkommensarmutals auch einer steigenden Einkommensun-gleichheit im Alter sind absehbare Folgen…“(Sachverständigenkommission, 2005, S.186).Viele gesundheitliche Beeinträchtigungenkönnen beeinflusst und durch gesundheits-

förderliche Maßnahmen gute Erfolge erzieltwerden. Gruppen mit besonders hohem Präventions-potenzial (Altgeld, 2009, S. 222) sind■ Beschäftigte in höherem Lebensalter mit

geringem Verdienst■ Ältere Arbeitslose■ Menschen im Rentenalter mit geringen

Rentenbezügen■ ältere Frauen und besonders auch ältere

Männer mit Migrationshintergrund■ alleinstehende ältere Menschen mit gerin-

ger sozialer Einbindung■ Pflegebedürftige und ältere Menschen mit

BehinderungDabei ist die Lage älterer armer alleinleben-der Frauen häufig besonders prekär. Sie sindhäufiger und schwerer krank als Männer(Sachverständigenrat zur Begutachtung derEntwicklung im Gesundheitswesen, 2007,Abschnitt 878) und bereits heute besondersstark von Altersarmut betroffen. Das wirdsich verschärfen, da zukünftig die Hälfte allerheute erwerbstätigen Frauen Rentenansprü-che unter 683 Euro erwarten (Richter-Korn-weitz, 2009, S. 8).Aber auch ältere Männer sind eine wichtigeZielgruppe mit oft zu gering ausgeschöpftemPräventionspotential. Angebote der Vorsorge,Früherkennung und Prävention werden vonMännern oft nur unzureichend genutzt.

„Niemand wird alt, weil ereine Anzahl von Jahren

hinter sich gebracht hat.Man wird nur alt, wenn man

seinen Idealen Ade sagt. Mitden Jahren runzelt die Haut,

mit dem Verzicht aufBegeisterung runzelt die

Seele. Du bist so jung wiedeine Zuversicht, so alt wie

deine Zweifel. So jung wiedein Selbstvertrauen, so alt

wie deine Furcht. So jungwie deine Hoffnungen, so

alt wie deine Verzagtheit.“Albert Schweitzer (Trommer,

2007 b, S. 17)

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7Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Im Folgenden werden Faktoren erläutert, dieden Alterungsprozess positiv beeinflussen(nach World Health Organization, 2002, S. 19-32): ■ objektive, d.h. medizinisch diagnostizierte

Gesundheit■ subjektives Gesundheitsempfinden■ Zufriedenheit■ Gesundheitsverhalten■ soziale Teilhabe

Objektive und subjektiveGesundheit

Ältere Menschen beurteilen ihre Gesundheitselbst oft positiver als es ihnen z.B. ein Arztbescheinigen würde (Tesch-Römer; Wurm,2009). Diese Selbstwahrnehmung (= subjek-tive Gesundheit) ist unter Präventionsaspek-ten von hoher Bedeutung. Studien zeigen,dass eine gute subjektive Gesundheit einenstarken Einfluss auf die Lebenserwartung hat(Wurm; Lampert; Menning, 2009). Leider herrscht, gerade im medizinischenAlltag, die körperliche Beurteilung desGesundheitszustandes vor. Hier werden nochviele emotionale und soziale Ressourcen ver-schenkt. So schildert eine ältere Frau, dasssie im Gespräch mit ihrem Hausarzt überEinschränkungen ihrer Befindlichkeit berich-tete und als Antwort erhielt: „Na, in ihremAlter …Was wollen Sie da noch erwarten?“(Trommer, 2007, S.13).Statt eines auf die Defizite gerichteten Blickssollten die subjektiven Wahrnehmungen res-pektiert, persönliche Leistungen anerkanntund Ressourcen und individuelle Stärkenwahrgenommen werden.

„Wie geht es Ihnen?“ Die Gesundheit im Alter

Gesundheit im Alter und die Geschwindigkeitdes Alterungsprozesses lassen sich beeinflus-sen. Vorhandene Gesundheitsrisiken werdendurch schwierige Lebenslagen verschärft undeine gesunde Lebensweise wird auch imAlter z.B. durch den Mangel an Einkommenund Vermögen erschwert. Unterstützende so-ziale Beziehungen können diese und andereDefizite teilweise ausgleichen.

Vom Umgang mit ihrer Erkrankung berichtet eine ältere Frau, „Esfällt mir manchmal etwas schwer, aber ich weiß mir immer besser zuhelfen. Wenn ich den Schraubverschluss mit meinen Rheumahändennicht öffnen kann, geht das jetzt mit dem Nussknacker.“

(Trommer, 2007, S.13).

Lebensqualität undZufriedenheit

Ein Ziel von präventiven Maßnahmen solltedarin bestehen, eine gute Lebensqualität undeine positive Einstellung zum Leben trotz ge-sundheitlicher Einschränkungen zu errei-chen. Eine wichtige Herausforderung ist da-bei, Lebensmut und Optimismus auch ange-sichts abnehmender körperlicherLeistungsfähigkeit zu wecken und zu fördern.Pläne werden für die nahe Zukunft gemacht.Wie sich diese Zukunftsperspektive gestaltet,hängt maßgeblich von einer aktiven Lebens-führung und einer positiven Lebenseinstel-lung ab (Kruse, 1999). Dadurch werdenAnregungen gegeben und neue Vorhaben inAngriff genommen.

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8 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

„Zu einem Gruppentreffen türkischer Senioren kam eine ganz verschüchtert aussehende Frau. Schon an der Körperhaltunghat man gesehen: depressiv, ganz in sich gekapselt. Sie hat sehr leise gesprochen. Man musste sich richtig bemühen um mitihr ins Gespräch zu kommen. Sie ist dann relativ schnell aufgetaut, nachdem sie die Filiz [Mitarbeiterin der AWO] und dieGruppe kennen gelernt hat. Jetzt ist sie nicht wieder zu erkennen. Diese Frau strahlt. Sie hat natürlich immer noch auchkörperliche Beschwerden. Aber es geht ihr einfach gut. Sie weiß wo ihr Platz ist. Sie ist vielen Menschen wichtig. Sie wirdgebraucht. Sie kann unheimlich viel, was sie vielleicht gar nicht gedacht hätte, dass sie es kann.“

Susanne Koch, AWO-Begegnungszentrum Adalbertstraße Berlin-Kreuzberg

Ein wichtiger Zeitpunkt, hier noch einmalWeichen zu stellen, ist der Wechsel in denRuhestand. Hier bietet sich in Bezug aufWahrung der Selbstbestimmung undUnabhängigkeit älterer Menschen noch ein-mal eine ganz wichtige Chance. Dann gilt esFreundschaften im Wohnumfeld zu pflegen.Der Kontakt mit unterschiedlichen Alters-gruppen und das Knüpfen von Beziehungenhalten körperlich und geistig fit. Ein intaktessoziales Netzwerk bietet eine wichtigeGrundlage zur aktiven Teilhabe und Unter-stützung im Falle späterer Hilfsbedürftigkeit.

Gesundheitsverhalten

Das eigene Verhalten kann gesundheitsför-derlich wirken und chronischen Erkran-kungen vorbeugen oder deren Fortschreitenund Folgen abmildern.

Soziale Teilhabe

Auch im Alter ist Teilhabe ein wichtigerFaktor, der Gesundheit fördert. Es wird unter-schieden zwischen kollektiven Aktivitäten(gemeinsamer Freizeitgestaltung), produkti-ven Aktivitäten (Tätigkeiten verbunden mitLeistungen für Andere) und politischenAktivitäten (Einfluss auf soziale Sachver-halte). Chancen der Teilhabe werden häufigdurch den sozialen und ökonomischen Statuseines Menschen bestimmt. So wurde festge-stellt, dass z.B. mit der Bildung auch dieKomplexität der tatsächlichen Teilhabe älte-ren Menschen steigt (Bukov zitiert nachKümpers, 2009, S. 10).Alle Formen der Teilhabe werden maßgeblichvon den Rahmenbedingungen beeinflusst, diein der Kommune herrschen. Sei es die Betei-ligung am (öffentlichen) Leben oder dieInanspruchnahme gesundheitsförderlicherAngebote bis hin zur aktiven Einflussnahmeauf die Gestaltung der Lebensbedingungenim Quartier. Diese Möglichkeiten können fürÄltere erleichtert oder erschwert werden. ImQuartier können die Chancen zur Teilhabe,

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9Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

BBeelleeggtt ssiinndd zz..BB.. ffoollggeennddee pprräävveennttiivveenn EEffffeekkttee

■ Regelmäßige Aktivitäten wie Radio hören,Zeitung lesen, Museen besuchen etc. habeneinen Einfluss auf die kognitive 2

Leistungsfähigkeit.

■ Körperliche Aktivität kann zu einer spontanenVerbesserung der Gedächtnisleistung um 35Prozent führen.

■ Das Gehen von täglich 2 Meilen (ca. 3,2 km)oder mehr bewirkt eine Steigerung derLebenserwartung von älteren gesundenMännern.

■ In einer Studie bewirkte zügiges Gehen(Walking) für mindestens drei Stunden proWoche eine Verringerung desHerzinfarktrisikos bei 40- bis 65-jährigenFrauen um 30 Prozent im Vergleich zu inakti-ven Frauen

■ Bei Patientinnen und Patienten mit einerKoronarerkrankung wurde die Mortalität3 um31 Prozent gesenkt.

■ Eine fettarme Ernährung verringerte in einerStudie mit 50- bis 60-Jährigen dieGesamtmortalität. Weitere Untersuchungenzeigten, dass eine fettarme Ernährung dieHäufigkeit von koronaren Herzerkrankungenverringert.

■ Bewegung und körperliche Aktivität zeigenauch im hohen Alter bei Depressionen positiveEffekte und senken das Sturzrisiko selbst bei80- Jährigen.

(Au, 2010, S. 9)

2 Funktionen, die mit Wahrnehmung, Lernen, Erinnernund Denken zu tun haben, also der Informationsverar-beitung dienen

3 Sterblichkeitsrate

auch wenn diese auf Grund fehlenden Ein-kommens, geringer Bildung und mangelndersozialer Unterstützung eher ungünstig sind,deutlich verbessert werden.

Beispiele für Partizipation

Teilhabe und die Aktivierung älterer Men-schen stellen sich als ein Prozess dar, der engmit der Befähigung der älteren Menschenverbunden sein kann, ihr Leben und dasAltern aktiv zu gestalten. In diesem Prozesswerden häufig erst einmal Vorstufen vonPartizipation realisiert, die in eine direktereBeteiligung münden sollten. Allerdings bietenviele Maßnahmen, die sich als partizipativbezeichnen, keine Möglichkeit für eineBeeinflussung der Entscheidungsprozessedurch die älteren Menschen.Ein Modell zur Beurteilung der Partizipationwurde in diesen Arbeitshilfen bereits vorge-stellt (Heft 2 Kapitel 5). Auf der nächstenSeite werden einige Stufen der Partizipationdurch Beispiele veranschaulicht.

„Je komplexer undeinflussreicher aber dieTeilhabe, umso größer sindauch die zu erwartendenpositiven Wirkungen aufLebensqualität, aufSelbstbewusstsein, letztlichauch auf Gesundheit.“(Kümpers, 2009, S. 10 – 11)

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10 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 1 – Gesundheit im Alter

SSttuuffee 99 ggeehhtt üübbeerr PPaarrttiizziippaattiioonn hhiinnaauuss

SSeellbbssttoorrggaanniissaattiioonn ((SSttuuffee 99))

PPaarrttiizziippaattiioonn ((SSttuuffeenn 66 bbiiss 88))

EEnnttsscchheeiidduunnggssmmaacchhtt ((SSttuuffee 88))

TTeeiillwweeiissee EEnnttsscchheeiidduunnggsskkoommppeetteennzz((SSttuuffee 77))

MMiittbbeessttiimmmmuunngg ((SSttuuffee 66))

VVoorrssttuuffeenn ddeerr PPaarrttiizziippaattiioonn ((SSttuuffeenn 33 bbiiss 55))

EEiinnbbeezziieehhuunngg ((SSttuuffee 55))

AAnnhhöörruunngg ((SSttuuffee 44))

IInnffoorrmmaattiioonn ((SSttuuffee 33))

KKeeiinnee PPaarrttiizziippaattiioonn ((SSttuuffeenn 11 uunndd 22))

AAnnwweeiissuunngg ((SSttuuffee 22))

IInnssttrruummeennttaalliissiieerruunngg ((SSttuuffee 11))

Seniorengenossenschaften, die als selbst organisierte Netzwerke arbeiten umMitgliedern durch wechselseitige Unterstützung zu ermöglichen, möglichst lange inihrer Wohnumgebung bleiben zu können. Für jede geleistete Arbeitsstunde wird diegleiche Zeit gutgeschrieben, welche bei Bedarf eingelöst werden können.Dienstleistungen der Genossenschaften sind z.B. Betreutes Wohnen, Pflege, Essens-und Fahrdienste. Die Genossenschaften finanzieren sich selbst.

Das Haus Herbstzeitlos in Siegen entstand durch das Engagement älterer Menschen.Mit der Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde aus einem ehemaligenSchulpavillon eine selbst verwaltete Seniorenfreizeitstätte. Die Weitergabe vonErfahrungswissen, Schaffung von sozialen Kontakten und Netzwerken steht imVordergrund, aber auch zahlreiche kreativ oder literarisch interessierte Gruppen nut-zen die Räume. Für die Verwaltung und Fortentwicklung des Hauses ist die öffentlicheRegiestelle „Leben im Alter“ zuständig. Quelle: www.siegen.de/standard/page.sys/560.htm?print

Ältere Menschen werden in Entscheidungen mit einbezogen, haben z.B. Stimmrechtin Gremien und einige Entscheidungen werden ausschließlich von ihnen getroffen.

Ältere Menschen werden befragt und haben ein Mitspracherecht. Sie haben jedochkeine Entscheidungsbefugnis.

Seniorenvertreterinnen und -vertreter, die die Interessen der Zielgruppe gegenüberRat und Verwaltung zum Ausdruck bringen oder mit beratender Stimme anAusschüssen teilnehmen.

Das Netzwerk Märkisches Viertel in Berlin arbeitet mit einem Beirat aus älterenMenschen zusammen. Das Netzwerk Märkisches Viertel besteht aus unterschied-lichen Akteuren (z.B. Dienstleistern wie Pflegediensten oder Handwerkern sowieöffentlichen Einrichtungen), die sich mit dem Ziel, das selbstständige Leben ältererMenschen im Quartier zu fördern, zusammengeschlossen haben. Um auf dieBedürfnisse älterer Menschen besser eingehen zu können, wurde ein Beirat aus Älte-ren eingerichtet, der sich in Gremien äußern kann und zusätzlich bei Bedarf befragtwird. Quelle: www.netzwerkmv.de

In einer Veranstaltung wird älteren Menschen mitgeteilt, welche Schwierigkeiten z.B.in Bezug auf Alterserkrankungen auftreten können und welche Möglichkeiten derGesundheitsförderung und Prävention bestehen.

Durch bestimmte Maßnahmen sollen Ältere zu einem gesünderen Verhalten „erzo-gen“ werden. Über Hintergründe und Umsetzung werden sie nicht informiert.

Die Belange älterer Menschen werden in Maßnahmen und Entscheidungsfindungennicht einbezogen.

Abbildung 3: Stufen der Partizipation

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Tipps zum Weiterlesen:Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2006) Alter neu denken – Empfehlungen der Expertenkommission „Zielein der Altenpolitik“ zu gesellschaftlichen Altersbildern. Gütersloh*Hollbach-Grömig, B.; Seidel-Schulze, A. (2009) Seniorenbezogene Gesundheitsförderung und Präventionauf kommunaler Ebene – eine Bestandsaufnahme. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung Heft33. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln.*Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. (Hrsg.) (2009).Armut, Alter und Gesundheit – Neue Herausforderungen für Armutsprävention undGesundheitsförderung. Hannover*Richter, Antje; Bunzendahl, Iris; Altgeld, Thomas Hrsg. (2008). Dünne Rente – Dicke Probleme. MabuseVerlag. Frankfurt/M.Robert Koch-Institut (2009). Gesundheit und Krankheit im Alter. Verfügbar unter: www.rki.de –>Gesund-heitsberichterstattung und Epidemiologie –> Gesundheitsberichte –> BeiträgeSachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2009). Koordination undIntegration _ Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens. Sondergutachten.Baden-Baden. Verfügbar unter: www.svr-gesundheit.de –> Gutachten.Seeberger, Bernd; Braun, Angelika Hrsg. (2003). Wie die anderen altern. Mabuse Verlag. Frankfurt/M.Walter, U., Flick, U., Neuber, A., Fischer, C., Schwartz, F. (2006). Alt und gesund? – Altersbilder undPräventionskonzepte in der ärztlichen und pflegerischen Praxis. VS Verlag für Sozialwissenschaftler.World Health Organization (2002) Active Ageing – A Policy Framework. WHO. Madrid. Verfügbar unter:http://whqlibdoc.who.int/hq/2002/WHO_NMH_NPH_02.8.pdf

* auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

Projektbeispiele für Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten älterenMenschen

Deutscher Präventionspreis 2005 des Bundesgesundheitsministeriums, derBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Bertelsmann-Stiftung: „Gesund in der zweiten Lebenshälfte (50plus)“

Gesundheitsberichterstattung des Bundes, z.B. Gesundheit und Krankheitim Alter; Migration und Gesundheit, sowie Themenhefte zu Altersdemenz;gesundheitsbedingter Frühberentung; Pflege u.v.m.

Aktivitäten der BZgA und Links zum Thema Gesundheit älterer Menschen

BZgA-Portal zu Themen der Gesundheit von Frauen, mit einem Modul„Gesund älter werden“

Das Portal ist der Internetauftritt der Bundesarbeitsgemeinschaft derSenioren-Organisationen mit zahlreichen Informationen, Kontakten undMaterialien.

Ansätze zur Förderung des Dialoges zwischen den Generationen

Daten und Zahlen zur demographischen Entwicklung aller Kommunen über10.000 Einwohner in verschiedenen animierten Grafiken

Die Bundeszentrale für politische Bildung stellt Auszüge aus demAlterssurvey zur Verfügung

www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

Die Preisträger und Nominierten:www.deutscher-praeventionspreis.de/index.php?id=46

www.rki.de

www.bzga.de –> Themen

www.frauengesundheitsportal.de

www.bagso.de

www.generationendialog.de/cms/

www.wegweiser-kommune.de

www.bpb.de/publikationen/NBE2F4,1,0

Links zum Thema „Gesundheit im Alter“

Aktuelle Darstellungenrund um das Themadieses Heftes bietetauch eine Ausgabe derZeitschrift zum Bund-Länder-ProgrammSoziale Stadt, die manals PDF-Dateiherunterladen kann:

Soziale Stadt – info 24(Juli 2010),Schwerpunkt: Ältere Menschen in derSozialen Stadt.Verfügbar unter:www.sozialestadt.de/veroeffentlichungen/newsletter

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Kapitel 2 – Probleme und Ressourcen für ältereMenschen im Quartier erkennen

Für ältere Menschen hat das Wohnumfeld eine große Bedeutung. Mit zuneh-mendem Alter und stärkeren gesundheitlichen Einschränkungen werden derindividuelle Aktionsradius enger und die zu bewältigenden Wege kürzer. Eine

wirkungsvolle Förderung der Gesundheit älterer Menschen und Unterstützung ihrerAlltagsbewältigung knüpft daher an ihre lebensweltlichen Bezüge im Quartier an.

Das Quartier als Ort fürGesundheitsförderung

Das Schaubild zeigt, wie vielfältig Kontaktenoch im hohen Alter sein können.Die Realität vieler armer und isoliert lebenderälterer Menschen sieht leider anders aus. WoGeld knapp ist oder die Mobilität einge-schränkt ist, entscheidet die Infrastruktur desQuartiers, wie vielfältig die Kontakte imAlltag sind.

Abbildung 4: Vielfalt der Kontakte im hohen Alter, (Quelle: Weeber, 2010, S. 3)

„Ausreichende Ernährung war … keindrängendes Problem für sie. IhreSchwierigkeiten lagen woanders, sie fühltesich isoliert und ausgegrenzt, da sie an denAktivitäten der anderen aus Geldmangelnicht partizipieren konnte. In ihrer ländlichenRegion existierte auch keine Infrastruktur, diedas hätte ausgleichen können. Die Verkehrs-verbindungen waren schlecht und sie warnicht motorisiert. Ihre Misere beschrieb sieso: „Der graue Alltag – das Problem ist dergraue Alltag. Es gibt keine Höhen und Tiefenund alles verläuft immer gleich. Das ganzeJahr und darüber hinaus auch. Ich könnte mirvielleicht sogar einmal eine Karte für einKonzert von meinen Kindern schenkenlassen, aber ich käme gar nicht dort hin.Vielleicht hätte ich noch das Geld für dieHinfahrt, aber ich käme nicht mehr zurück.Also bin ich immer hier.“

zitiert nach Richter-Kornweitz, 2009, S. 11

Ein wichtiger erster Schritt besteht in einerBestandsaufnahme der Angebote im Quartier.Hierzu werden Anbieter und Möglichkeitengesundheitsfördernder Maßnahmen für ältereMenschen recherchiert und in einer Liste zu-sammengestellt. Für Planungszwecke eignet es sich, dieVerteilung der Angebote auch räumlich-vi-suell mit Hilfe einer Karte und markiertenPinnnadeln dazustellen (nach Behörde fürSoziales, Familie, Gesundheit und Verbrau-cherschutz, 2009, Praxisbeispiel 9, S. 1).

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Standortanalyse des Gesundheitsamtes HamburgEimsbüttel

Oft sind in einer Kommune bereits Adresslisten mit verschiedenen Angeboten vorhanden. DasGesundheitsamt Eimsbüttel hat die Abbildung der Angebote auf einer Karte genutzt, sie sortiert undeine Analyse der Maßnahmenstruktur im Stadtteil vorgenommen.

Alle Adressen wurden in einer Liste zusammengefasst und nummeriert. Je nach Inhalt des Angebotserfolgte eine farbliche Zuordnung (z.B. rot für Bewegungsangebote, gelb für soziale und geistiganregende Aktivitäten, grün für Ernährungsangebote, blau für soziale Beratungsangebote). DieAngebote wurden mit farbigen Fähnchen in den Stadtplan eingetragen. Auf diesem wurde die laufendeNummer aus der Liste vermerkt, um so jeder farbigen Markierung das konkrete Angebot zuordnen zukönnen. Schließlich entstand ein Stadtplan, aus welchem sämtliche Angebote der Umgebungabgelesen werden konnten. Diese Erfassung bildete die Grundlage für weitere Analysen.

Lebensweltbezogene Prävention undGesundheitsförderung finden aufkommunaler Ebene statt. Die Bun-deszentrale für gesundheitliche Auf-klärung hat daher 2006 das Deutsche

Institut für Urbanistik (Difu) beauftragt, einerepräsentative Befragung der Kommunen undLandkreise durchzuführen, um den „Ist-Zustand“der Gesundheitsförderung und Prävention für dieZielgruppe Seniorinnen und Senioren aufkommunaler Ebene zu erheben.

Der größte Anteil der Städte und Gemeindenmisst der Gesundheitsförderung und Präventionfür ältere Menschen eine große Bedeutung zu.Erste Schlussfolgerungen für die Seniorenpolitikund die Gesundheitsförderung und Präventionbei älteren Menschen sind in diesem Berichtzusammengefasst und auf den Seiten 60 bis 62zu finden.

Online Verfügbar unter:www.bzga.de/botmed_60633000.html

Ein gesundheitsförderliches Quartier macht esden Menschen leichter, einen gesundenLebensstil zu verfolgen. Belastungen imQuartier (z.B. Verkehr, Barrieren, Konflikte)können gesenkt werden. Die Mitwirkung ander Gestaltung des Quartiers und dieEinbindung in soziale Netzwerke steigernSelbstwertgefühl und Sinnhaftigkeit und ha-ben damit gesundheitsfördernde Wirkungen. In Heft 2 der Arbeitshilfen „Probleme erken-nen – Lösungen finden“ und Heft 3 „EinProjekt entwickeln“ wurde bereits vorgestellt,in welchen Schritten die gesundheitsförderli-che Entwicklung eines Quartiers angegangenwerden kann und wer als Partner bei derUnterstützung dieser Prozesse in Betrachtkommt.Im Folgenden werden Erfahrungen aus derBedarfsanalyse mit älteren Menschen inQuartieren der Sozialen Stadt vorgestellt.Neben Belastungen werden auch Ressourcenvorgestellt, die für diesen Prozess fruchtbargemacht werden können.

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14 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 2 – Probleme und Ressourcen für ältereMenschen im Quartier erkennen

Das Quartier durch die BrilleÄlterer sehen

Um das Quartier gesundheitsförderlich fürÄltere zu gestalten, ist es sinnvoll, den Stadt-teil aus der Perspektive der Betroffenen zu be-trachten. Die Identifizierung von Versorgungs-lücken und Barrieren wird erheblich erleich-tert, wenn ältere Menschen direkt nach ihrenWünschen und Vorstellungen gefragt werden(siehe Partizipation, Heft 1, S. 15). Auch diedann folgende Gestaltung von hilfreichen undunterstützenden Alltagsbedingungen im Quar-tier wird durch die Beteiligung der Bewohnerund Bewohnerinnen wirkungsvoller undnachhaltiger.Die Teilhabe älterer Menschen an der Ent-wicklung und Gestaltung von Angeboten er-möglicht „passgenaue“ Projekte und schafftso eine höhere Motivation und Identifikation.Die Teilnehmendenzahlen steigen und einegrößere Wirksamkeit von gesundheitlichenMaßnahmen kann erreicht werden.Es gibt viele Möglichkeiten, eine Bestands-aufnahme zu machen, Sozialraumanalysen,Begehungen, Berollung. Ein guter Einstieg istdie Frage „Wie sieht mein Quartier eigentlichaus Sicht von älteren Menschen aus?“. Dazuist es sinnvoll, eine Bestandsanalyse mitihnen zu machen. Aber wie finden sich dieÄlteren, mit denen man sich das Quartier an-sehen kann?

„Bei Partizipation, dieimmer nur auf Probleme

hinweist, aber nicht zuLösungen führt – da

verlieren die Alten genausoschnell die Lust wie alle

anderen.“

Dr. Josefine Heusinger,Institut für gerontologische

Forschung e.V.

Gehen Sie in ein Altenheim oder zueinem Seniorentreff und fragen Siedie Betreuenden, welche zwei Älterenmit Ihnen einen Spaziergang machenwürden, um Barrieren und Hindernis-se zu identifizieren.

Gerade arme, vereinsamte oder ausgegrenzteGruppen geraten leicht aus dem Blick. Da siebesondere gesundheitliche Risiken tragen,müssen ihre Belange ausdrücklich Beachtungfinden.Grundsätzlich sollte man an einer Quartiers-begehung möglichst alle im Quartier woh-nenden Gruppen älterer (und auch jüngerer)Menschen beteiligen. Die Auswahl hängt da-her von der Bewohnerschaft ab. Sind es älte-re Menschen mit unterschiedlichen Migra-tionshintergründen, sollte man versuchen,möglichst viele Nationalitäten zu beteiligen.Gibt es große Einkommens- oder Bildungs-unterschiede, sollte auch das bei der Auswahlder Teilnehmenden berücksichtigt werden.Dabei muss auch auf schwer erreichbareZielgruppen zugegangen und ihnen dieWichtigkeit ihrer Meinung verdeutlicht wer-den. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sichvor allem die ohnehin schon engagierten undmit guten Ressourcen ausgestattetenBewohnerinnen und Bewohner beteiligen.

Beispiele für Belastungenim QuartierVor allem in sozial benachteiligten Stadtquartierenkann es auf Grund von mangelhafter Infrastruktur,physischen und psychischen Barrieren, Nachbar-schaftskonflikten und Umweltbelastungen zu zusätz-lichen Erschwernissen für die Bewältigung des Alltagskommen. Dies kann negative Auswirkungen auf dieGesundheit älterer Menschen haben.

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Mangelhafte InfrastrukturReine Wohnquartiere (z.B. Wohngebiete ohne Geschäf-te, Gesundheitseinrichtungen, Beratungsstellen, Kul-tureinrichtungen) zwingen ihre Bewohner und Bewoh-nerinnen dazu, ihre täglichen Erledigungen in anderenGegenden zu tätigen. Ältere Menschen, die selbst nichtmehr Auto fahren, sind abhängig von Bus, Bahn undTaxi oder von privaten Fahrdiensten durch Bekannteund Verwandte, bzw. von Bringdiensten. Damit steigenökonomische und soziale Belastungen sowie die Ge-fahr, dass Ältere auf die Fahrten ganz verzichten undsich in die eigene Wohnung zurückziehen. Darüberhinaus sind die öffentlichen Räume in reinen Wohnge-bieten im Allgemeinen weniger belebt als die Straßenund Plätze in gemischten Quartieren. ÖffentlichesLeben nimmt ab, das Gefühl von Unsicherheit steigtund die Angst vor Übergriffen nimmt zu.

Barrieren imWohnumfeld/VerkehrÖffentliche Einrichtungen, die nicht schwellenfreizugänglich sind, Bordsteine, die nicht abgesenkt sindund Über- oder Unterführungen, die nur über Treppenzu nutzen sind, stellen für ältere Menschen mit Geh-hilfe, Rollator oder Rollstuhl kaum zu bewältigendeHindernisse dar. Auch stark befahrene Straßen ohnesichere Fußgängerüberquerung, zu kurze Ampelpha-sen, geparkte Autos auf Gehwegen und Übergängensowie die Ausweisung von Radwegen auf Bürgerstei-gen steigern die Unsicherheit älterer Menschen imöffentlichen Raum und bilden Barrieren bei täglichenWegen. Eine schwellenarme Gestaltung und die Steue-rung des ruhenden und fahrenden Verkehrs erleichternnicht nur älteren Menschen, sondern auch Kindern oderEltern die Nutzung des öffentlichen Raumes.

UmweltbelastungenNicht nur für ältere Menschen, sondern für Menschenaller Altersgruppen bilden Lärm, Luftverschmutzungoder Müll im öffentlichen Raum eine Belastung in ihremWohnalltag. Wie auch bei Nachbarschaftskonfliktensind ältere Menschen wegen ihrer teilweise engen Ak-tionsräume den Belastungen stärker ausgesetzt undverfügen im Allgemeinen über weniger Ausweichmög-lichkeiten. Unangenehme Veränderungen in der Nach-barschaft werden von langjährigen älteren Bewohnernund Bewohnerinnen häufig als Zeichen des Niedergan-ges eines Quartiers interpretiert. Solchen negativ wahr-genommenen Veränderungen hilflos ausgeliefert zusein, verstärkt das Gefühl, dem Leben nicht mehr ge-wachsen zu sein und entmutigt bei der Alltagsbewäl-tigung.

NachbarschaftskonflikteKonflikte im Wohnhaus und im Quartier stellen für ältere Menschen eine immenseBelastung dar. Da sie im Allgemeinen einen großen Teil ihrer Zeit in der eigenenWohnung und ihrem Wohnumfeld verbringen, sind sie den Konflikten unmittelbar undandauernd ausgesetzt. Die psychische Belastung durch nachbarschaftlichen Streit,das Bewusstsein, durch die Nachbarn und Nachbarinnen im Notfall keine Hilfe zuerhalten, bis hin zur Angst vor Bedrohung und Gewalt durch andere Bewohner undBewohnerinnen im Quartier beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich.Unsicherheit durch häufigen Bewohnerwechsel und Angst vor den Veränderungen, dieneue Nachbarn und Nachbarinnen mit sich bringen, können zu Rückzug führen oderStreit fördern.

Bürgerbeteiligung Lindau-Zech

Die Bürgerbeteiligung Lindau-Zech ist eine Stadtteilinitiative inBayern. Sie arbeitet in einem sozial benachteiligten Viertel derKleinstadt Lindau (24.000 Einwohner), welches ursprünglich auchbaulich in einem desolaten Zustand war. Zech hat ca. 1.650Einwohner, davon ca. 30 Prozent mit Migrationshintergrund (we-nig Ältere in dieser Gruppe) und einem sehr hohen Anteil ältererdeutschstämmiger Bewohner (31 Prozent der Bewohnerinnen undBewohner sind über 60-Jährige). Eine Polarisierung zwischen Ausländerfamilien und den älterenDeutschen war u.a. Anlass für die Initiierung des Projektes. DieAuftaktveranstaltung des Bürgertreffs wurde von rund 150 Be-wohnerinnen und Bewohnern besucht. Unter Beteiligung aller in-volvierten Akteure (Wohnungsunternehmen, Oberbürgermeis-terin, Stadtverwaltung usw.) konnten die Anliegen und Projek-tideen der Bewohnerinnen und Bewohner mit diesen erörtert wer-den. So wurde zweimal wöchentlich von Migrantinnen einMittagstisch für 60-70 Personen organisiert, der stark von Kindernund Älteren genutzt wurde. Ein Sonntagskaffee für Alt und Jungwurde abwechselnd durch die älteren Deutschen und durch dieMigranten organisiert. Ältere übernahmen Hausaufgabenbetreuung für Kinder. Ein Bür-gerrat zur Vernetzung der Institutionen und Bürgerbeteiligungwurde gegründet. Für Ältere und ihre Gesundheit bedeutsam waren die ThemenVersorgung und neue Wohnformen. Die Schule beteiligte sich mitAnti-Gewalt- und Konflikttraining und stellte die Turnhalle für an-dere Gruppen zur Verfügung. Eine selbst organisierte GruppeSeniorengymnastik entstand.Weitere Informationen hierzu unter www.sozialestadt.de

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16 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 2 – Probleme und Ressourcen für ältereMenschen im Quartier erkennen

Ressourcen erschließen

Das Ziel quartiersbezogener Aktivitäten derGesundheitsförderung und Prävention solltedarin bestehen, vorhandene Fähigkeiten undMöglichkeiten zu nutzen und dabei auch denälteren Menschen bewusst zu machen, überwelche Potenziale sie verfügen. Schließlichkönnen gerade ältere Menschen, die schonlange in einem Quartier wohnen, Erinnerun-gen bewahren, Traditionen überliefern und sodie lokale Identität stärken. Die Erfahrungenaus ihrem Berufsleben, ihrem Alltagslebenund durchlebten Krisen bilden ein Potenzial,das nicht nur ihnen, sondern auch ihren

(jüngeren) Nachbarn und Nachbarinnen beider Alltagsbewältigung helfen kann. Lebens-erfahrung ist, ebenso wie verfügbare Zeit, ei-ne wichtige Ressource älterer Menschen. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen so-wie die lokalen oder individuellen Defiziteunterscheiden sich von Quartier zu Quartier,bzw. von Person zu Person erheblich. Ausdiesem Grund ist eine enge Vernetzung derAkteure vor Ort, das Gespräch mit den altenMenschen im Quartier und die Offenheit fürdie Weiterentwicklung des Bestehendengrundlegend für eine nachhaltige Gesund-heitsförderung. Im nächsten Kapitel wird imAbschnitt „Infrastruktur und Netzwerke“ aufdiesen Aspekt eingegangen.

Schlüsselpersonen imQuartier

Besonders wichtig sind Schlüsselpersonen,d.h. Menschen aus der Nachbarschaft, die imQuartier gut vernetzt und anerkannt sind. Siekennen die Probleme vor Ort und sind bereit,sich für die Weiterentwicklung des Quartierseinzusetzen. Im Allgemeinen verfügen sieüber bessere oder andere Ressourcen als ihreNachbarn und Nachbarinnen und nehmendeshalb eine einflussreiche Stellung imWohnumfeld ein. Zu den Ressourcen zählen

Der türkische Inhaber eines kleinen Copy-Shops hat für die älteren Leute im Haus dieFunktion einer kleinen Sozialberatungsstelle.Er hilft, wenn es mal mit Einkäufen schwierigist oder vermittelt Kontakt zu Beratungs-stellen. So vermittelte er den Hausbesucheiner Beraterin, als es darum ging, für einenälteren krebskranken Mann eine neuegeeignete Wohnung zu finden.

Susanne Koch, AWO-Begegnungszentrum Adalbertstraße

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17Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

„Als Gesellschaft verschätzt man sichschnell in den Potenzialen und Ressourceneines Menschen. Eine ältere Migrantin istAnalphabetin und hat schlechte Deutsch-kenntnisse. Aber sie ist es eben gewohntsich mit Leuten, egal welcher Nationalität,zu verständigen. In der Seniorenstätte istsie immer zuständig für die Gästebe-grüßung. Da muss man nicht fließendDeutsch sprechen. Das ist mehr eine Frageder Persönlichkeit.“

Filiz Müller-Lenhartz, AWO-Begegnungszentrum Adalbertstraße

Ehrenamt als lokaleRessource

Ehrenämter können helfen, Potenziale undRessourcen älterer Menschen zur Gestaltungihres Quartiers zu erschließen. Zugehörigkeitzu erleben, eine gesellschaftlich anerkannteTätigkeit auszuführen, das Erleben vonKompetenz, Teilhabe und Anerkennung ist injedem Lebensalter von großer Bedeutung fürdie psychische Gesundheit. Die Möglichkeit,lebenslang erworbenes Wissen einbringen zukönnen und Anerkennung zu erhalten,schafft zivilgesellschaftliches Engagement. Invielen Quartieren gibt es zahlreiche spannen-de Aufgaben und Möglichkeiten für Ältere,sich einzubringen. Ehrenamtliche Tätigkeitenwerden häufig mit Menschen aus Mittel- oderOberschicht in Verbindung gebracht.

Entscheidend für ehrenamtliche Tätigkeitensind jedoch nicht formale Bildung undKompetenzen, sondern das Zusammenpassenvon Aufgabe und Person. Sozial benachteilig-

„Die Tätigkeit im Ehrenamtist für mich wichtig. Aber einsolches muss man sichleisten können, z.B. dieteuren Fahrtkosten.“

(zitiert nach KuratoriumDeutsche Altenhilfe.4/2009. S. 28)

zum Beispiel Erfahrungen in der Beantragungvon Leistungen, bessere Sprachkenntnisseoder schriftliche Ausdrucksmöglichkeiten, ei-ne bessere Mobilität, handwerkliche Fähig-keiten oder eine hohe soziale Kompetenz.Diese Personen zu identifizieren und sie ander Planung und Durchführung von Ange-boten zu beteiligen, sollte ein grundlegendesAnliegen von Anbietern gesundheitsförder-licher Maßnahmen sein.

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18 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Motive fürs Ehrenamt

Frau Lange ist 82 Jahre alt und wohnt in einem ehemaligen Seniorenwohnhaus, in dem immernoch viele Ältere leben. Sie organisiert seit zwei Jahren in den dortigen Gemeinschaftsräumeneinmal wöchentlich ehrenamtlich eine Bingo-Veranstaltung. Für Frau Lange ist es wichtig, durchihr Ehrenamt soziale Kontakte zu pflegen und eine sinnvolle Beschäftigung zu haben.

Herr Ahmad, 66 Jahre alt, stammt aus einem arabischen Land. Er lebt seit vielen Jahren inDeutschland und ist aufgrund eines Nierenschadens auf besondere medizinische Versorgungangewiesen. Er ist dankbar für die medizinische Unterstützung, der er sein Leben verdankt. Durchsein ehrenamtliches Engagement hat er das Gefühl, anderen Menschen, die weniger gut versorgtsind, zu helfen: Er hat einen Verein mit Ehrenamtlichen gegründet, um medizinische Hilfe in Formvon Hilfsmitteln wie Brillen, Rollstühlen etc. zu sammeln, die an bedürftige Menschen inaußereuropäische Länder geschickt werden.

Zitiert nach Kerstin Kammerer, Institut für Gerontologische Forschung e.V.

te Ältere bringen wie ältere Menschen aus ge-hobenen Milieus Kompetenzen und milieu-spezifisches Expertenwissen in vielenBereichen mit. In bestimmten Kontexten sindsie erfolgreicher als Ehrenamtliche andererSchichten, z.B. weil sie auf Augenhöhe kom-munizieren können, weniger Berührungs-ängste haben und/oder ein größeres Ver-ständnis für die Lebenssituation anderersozial Benachteiligter mitbringen.

Die verschiedensten Gründe können für eh-renamtliche Tätigkeiten motivieren, wie einBedürfnis nach sozialer Anbindung und An-erkennung, Sinnerfüllung durch das Gefühl„gebraucht zu werden“, soziales und politi-sches Selbstverständnis und eine Hilfemoti-vation. Auch der Kompetenzerwerb und/oderdie Anwendung von vorhandenem Fach-wissen können von Bedeutung sein.

Ehrenamt braucht guteRahmenbedingungen

Bei der Ansprache von (älteren) Menschen,die man fürs Ehrenamt gewinnen möchte,sind folgende Aspekte wichtig:Die Aufgabe und die gewünschte Qualifika-tion müssen deutlich werden, dementspre-chend ist eine genaue Aufgabenbeschreibungzu erstellen: Dort sollten die Tätigkeiten derEhrenamtlichen ausführlich beschrieben wer-den und die Rahmenbedingungen innerhalbder Organisation oder Einrichtung berück-sichtigt werden. Dies begünstigt eine eindeu-tige Festlegung des Zuständigkeitsbereichsder Ehrenamtlichen. Die Abgrenzung zuhauptamtlich Tätigen sollte deutlich definiertsein.

Kapitel 2 – Probleme und Ressourcen für ältereMenschen im Quartier erkennen

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19Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Checkliste: AufgabenbeschreibungEhrenamt

✓ Beschreibung der Aufgabe undBezeichnung, z.B. „Spaziergangs-paten“, „Netzwerkkoordinatoren“.

✓ Die Arbeitszeit festlegen.

✓ Den Arbeitsort festlegen (Ressourcen,die zur Verfügung stehen, z.B. eige-ner Schreibtisch).

✓ Kooperation mit Beschäftigten undKoordination der EinarbeitungEhrenamtlicher: Es sollte ein Ein-verständnis hinsichtlich der Zusam-menarbeit mit Ehrenamtlichen gebenund sie sollten als Bereicherung wert-geschätzt werden. Das Ehrenamt kos-tet Zeit und Geld und ist keinSelbstläufer. Es sollte eine kontinuier-liche Ansprechperson geben und eineKommunikation auf Augenhöhe statt-finden.

✓ Qualifizierung: Supervision, Feed-back, Aus- und Weiterbildung: DieMöglichkeit zur Weiterbildung kannein wichtiger Anreiz für Ehrenamt-liche sein und eine Bereicherung fürdie Einrichtung.

✓ Spesenentschädigung: Auslagen (z.B. Fahrtkosten) sollten den Ehren-amtlichen erstattet werden.

✓ Den Versicherungsschutz klären.Hinweise dazu gibt z.B. www.freiwillig.info oder www.bagso.de

✓ Berücksichtigung individueller Inte-ressen und Bedürfnisse der Ehren-amtlichen. Freiwillige sollten an derGestaltung ihrer Arbeitsbedingungenteilhaben können.

Wichtig für die Zusammenarbeit mit Ehren-amtlichen sind zudem offene Kommunika-tionsstrukturen, Orientierung am Dialog, Bür-gernähe und Barrierefreiheit. Die Qualifizie-rung von Engagierten erhöht ihre Wirkungs-möglichkeit und ist Form gesellschaftlicherAnerkennung (vgl. www.bagso.de).

Wichtig ist auch, dass eine Anerkennungs-kultur für ehrenamtliches Engagement be-steht. Es gibt viele Unterstützungsleistungenauch von Älteren, z.B. für den Nachbarnoder die Nachbarin einkaufen zu gehen oderder alten Frau morgens die Zeitung mitzu-bringen. Hier sollte man sich Gedanken ma-chen, wie so etwas öffentlich gemacht unddamit auch „beworben“ werden kann.

Checkliste: Ehrenamtliche werdengewonnen über

✓ Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Artikel über das Projekt mit Aufrufin lokalen Medien

✓ Freiwilligenagenturen

✓ „Soziales Netzwerk“ einer Einrichtung

✓ Aufrufe auf Veranstaltungen, die sich mit dem Ehrenamtoder dem Arbeitsgebiet befassen

✓ Anzeigen und lokale Aushänge z.B. bei Einrichtungen fürSeniorinnen und Senioren

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20 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Im Rahmendes Modell-projekts„Erfah-rungswis-

sen für Initiativen“ EFIwurden in zehn Bun-desländern ältereMenschen für ehren-amtliches Engage-ment qualifiziert.Lokale Einrichtungenfür bürgerschaftlichesEngagement, z.B.Seniorenbüros,Freiwilligenagenturenund Selbsthilfekon-taktstellen unter-stützen diese seniorTrainerinnen und -Trainer in ihremEngagement.

Weitere Informatio-nen und die Broschü-re „seniorTrainerinengagiert im Gemein-wesen“ finden Sieunter www.efi-d.de.

Tipps zum Weiterlesen:

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2007) Das vielfältige Engagement älterer Menschen als gesellschaftliche

Ressource erkennen – Empfehlungen der Expertenkommission „Ziele in der Altenpolitik. Gütersloh*

BKK Bundesverband (Hrsg.) (2009). Handlungshilfe. Gesund älter werden im Stadtteil. Verfügbar unter:

www.bkk-nrw.de/pressecenter/publikationen/download/gesund_aelter_werden.pdf *

Gesundheit Berlin (Hrsg.) (2007). Gesund alt werden in Berlin – Potentiale und Strategien. Berlin,

Gesundheit Berlin. Verfügbar unter: www.gesundheitberlin.de/download/07-11-

08_Druckvorlage_Altern_und_Gesundheit_an_TK.pdf *

Hollbach-Grömig, B.; Seidel-Schulze, A. (2009) Seniorenbezogene Gesundheitsförderung und Prävention

auf kommunaler Ebene – eine Bestandsaufnahme. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung Heft

33. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.Köln.*

Richter, A.; Wächter, M. (2009). Zum Zusammenhang von Nachbarschaft und Gesundheit. Forschung

und Praxis der Gesundheitsförderung Heft 36. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln.*

* auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

Kooperationsverbund„Gesundheitsförderung bei sozialBenachteiligten“

Das Gesunde Städte-NetzwerkAktionsprogramm

Die Expertenkommission der BertelsmannStiftung stellt ihre Ziele in der Altenpolitikvor

Schwerpunkte und Links zum ThemaSeniorenpolitik

Das Deutsche Institut für Urbanistik stelltzahlreiche Publikationen zum Thema Alterzur Verfügung

www.gesundheitliche-chancengleichheit.de

www.berlin.de/imperia/md/content/sen-gesundheit/gsn/links_downloads/aktionsprogramm_2004.pdf?start&ts=1242653068&file=aktionsprogramm_2004.pdf

www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-971E50B5-5CEE779D/bst/hs.xsl/prj_72920.htm

www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-19DEF5A5-642E093F/bst/hs.xsl/95073.htm

www.difu.de/themenfelder/bevoelkerung-soziales/alte-menschen.html

Links zum Thema Probleme und Ressourcen für ältereMenschen im Quartier erkennen

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21Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

Der durchschnittliche Aktionsradius ist im Alter, wenn z.B. das Geld für denBus nicht reicht oder öffentliche Verkehrsmittel schlecht erreichbar sind, häu-fig auf den Stadtteil begrenzt. Gesundheitsförderung im Quartier, die

Aufrechterhaltung von Selbstständigkeit und Autonomie im Alter ist dann davon ab-hängig, ob im Quartier ausreichend viele und unterschiedliche Einrichtungen zurDeckung von Alltagsbedürfnissen vorhanden sind. Eine kleinräumige, vielfältigeNutzungsmischung sollte ein vorrangiges Ziel und Interesse bei der Quartiersplanungsein. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure erleichtert das Kompensierenvon Bedarfslagen und Versorgungslücken. In gut funktionierenden Netzwerken kön-nen Angebote besser aufeinander abgestimmt und die Adressaten von gesundheitsför-derlichen Maßnahmen leichter erreicht werden.

Infrastruktur und Netzwerke

Einschränkungen in Bezug auf finanzielleMittel, Bildung, Kultur und soziale Netz-werke verstärken sich oft gegenseitig undführen dazu, dass sozial benachteiligte alteMenschen von den Angeboten in ihrer direk-ten Nachbarschaft abhängig sind. Einschlechter Zugang zu Informationsquellenwie z.B. Internet oder Zeitung und eine gerin-ge Mobilität schränken den Aktionsradiusstark ein. Da sozial benachteiligte ältereMenschen geringe Wahlmöglichkeiten haben,

teurere oder entferntere Alternativangebotezu nutzen und so die Angebotspalette desQuartiers gemäß ihrer individuellen Be-dürfnisse zu ergänzen, verstärkt ein schlechtausgestattetes Quartier soziale Benachteili-gung noch zusätzlich. Die erfolgreiche Ent-wicklung und Umsetzung der Angebote sollteunter Einbeziehung der Betroffenen erfolgen,da nur dies die passgerechte Gestaltung undspätere Annahme garantiert (vgl. Arbeits-hilfen Heft 2 Kapitel 5 und Beispiele für Par-tizipation in diesem Heft am Ende vonKapitel 1).

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22 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

QuartierszentrumHirschberg

Nach vielen Monaten umfangreicher Planun-gen und zäher Verhandlungen mit Betreibernvon Versorgungseinrichtungen ist es derstädtischen Wohnungsbaugesellschaft inZusammenarbeit mit den Projektverantwort-lichen der Sozialen Stadt gelungen, ein Projektauf die Beine zu stellen, welches neben derVerbesserung der Versorgungssituation auchmehrere sozialstrukturelle und städtebaulicheMängel nachhaltig kompensieren soll.

Auf zwei bisher bebauten Grundstücken derWohnungsbau Ludwigsburg GmbH wird nunein Quartierszentrum mit einer leistungs-fähigen Nahversorgungseinrichtung (Voll-sortimenter), Eigentumswohnungen (z.T. be-hindertengerecht, bzw. orientiert am Wohn-bedarf von Senioren und Seniorinnen) undweiteren Dienstleistungen (z.B. Arztpraxen)neu gebaut.

Die mit der Ansiedlung des Vollsortimentersangestrebte Verbesserung und Stabilisierungder Nahversorgungsfunktion in der Hirschberg-siedlung spielt hierbei eine herausragendeRolle. Die weiteren geplanten Dienstleistungs-angebote unterstreichen die Zentrumsfunktionund runden das Versorgungsangebot für dieBevölkerung ab.

Weitere Informationen hierzu unterwww.sozialestadt.de

Lichtenberger Spaziergangspaten

Spazierengehen in der Gruppe ist eine kostenlose Möglichkeit zurGesundheitsförderung, Sturzprophylaxe und eine Gelegenheit sozialeKontakte zu pflegen. Das Bezirksamt Berlin-Lichtenberg hat gemeinsammit örtlichen Krankenhäusern und der WohnungsbaugesellschaftHohenschönhausen ein Spaziergangspatenprogramm entwickelt.

Ziel des Projekts ist die Bewegungsförderung durch ehrenamtlichbegleitete Spaziergänge in kleinen Gruppen. Dazu wurden inverschiedenen Zeitungen über Anzeigen ältere Menschen als Patengesucht, die regelmäßig mit Gruppen von maximal 10 älteren Personenspazieren gehen. Außerdem wurde ein vierstündiger kostenfreierBasiskurs angeboten, um die Freiwilligen zu unterstützen, Ältere zuaktivieren und in Kontakt miteinander zu bringen. Zahlreiche Ältere habensich daraufhin gemeldet und Erwartungen und Anforderungeneingebracht. Nach den Qualifizierungsmaßnahmen sind mehrereSpaziergangsgruppen für unterschiedliche Zielgruppen entstanden.

Weitere Informationen überZentrum für Bewegungsförderung Berlin www.in-form.de

Ausbau der lokalenAngebotsstruktur

Der Ausbau einer lokalen Angebotsstruktur,die Gestaltung eines komfortablen, sicherenund anregenden Wohnumfeldes, der Abbauvon Barrieren und die Förderung des nach-barschaftlichen Zusammenlebens zählen zuden wichtigen Handlungsfeldern für Gesund-heitsförderung im Quartier. Die Ausstattungim Bezug auf Einzelhandel, Ärzte, Beratungs-stellen, Begegnungsstätten, Kultur- undBildungsangeboten wirkt sich unmittelbar aufdie Lebensqualität im Alltag aus.

Unterschiedliche Geschäfte mit Waren destäglichen Bedarfs, Freizeit- und Kulturange-bote sowie Arztpraxen und medizinischeVersorgungseinrichtungen in fußläufigerNähe zur Wohnung sind grundlegendeAnforderungen an ein gut ausgestattetesQuartier. Entsprechende Angebote sollten in

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23Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Geht es umdie Ermitt-lung derPflegeinfra-struktur im

Quartier, sindPflegedienste einegute Informations-quelle.

strukturschwachen Wohnsiedlungen durcheine gezielte Ansiedelungspolitik vonWohnungsbaugesellschaften oder Kommunenunterstützt werden. Es sollte im Stadtteil viele Angebote geben,die direkt und indirekt gesundheitsförderlicheWirkung haben, z.B. Seniorengymnastik, ge-meinsames Wandern oder Radfahren,Kochgruppen für Männer, Witwen- oderTrauergruppen, Chöre, Ausflüge etc. EinSchlüsselthema ist jedoch der Aufbau sozia-ler Netzwerke in der Nachbarschaft. Sie ver-mitteln Zugang zu unterstützendenAngeboten und (fast allen) anderen Themenund Informationen.

Netzwerk MärkischesViertel

In diesem Netzwerk haben sich unterschied-liche Dienstleistungsanbieter zusammengefun-den, um ältere Bewohnerinnen und Bewohnerin der Bewältigung des Alltags, der Freizeit-gestaltung, der (Weiter-)Bildung bis hin zurPflege zu unterstützen.

Durch die Kooperation von Wohnungsbau-gesellschaft, Initiativen, Vereinen, Unternehmenund Gewerbetreibenden sollen die Lebens-situation der älteren Menschen und die Qualitätder Angebote verbessert, Angebotslückengeschlossen und ein Zugang zu Angebotenerleichtert werden. Ein Beirat der älterenBewohnerinnen und Bewohner wurde einge-richtet, um deren Erfahrungen und Erwartungenaufnehmen zu können.

Weitere Informationen hierzu unterwww.netzwerkmv.de

Das SeniorenNetzwerk in Köln

In Köln haben sich SeniorenNetzwerke etabliert. Dies sind offene Zusammenschlüsse,mehrheitlich bestehend aus Seniorinnen und Senioren aus einem Stadtteil, die aber auch fürInstitutionen (wie Wohnungsbaugesellschaften) und Akteure der Seniorenarbeit offen sind.

Ziel dieser Zusammenschlüsse ist, dass Menschen sich im Stadtteil begegnen und für sich undandere aktiv werden. Dies kann im Rahmen von Nachbarschaftscafés, Wandergruppen,Heimwerkerdiensten, Vortragsreihen etc. geschehen. Zum Teil arbeiten die Netzwerke mithauptamtlichen Netzwerkkoordinatoren, die vom Amt für Soziales und Senioren finanziertwerden, zum Teil sind sie auch selbstorganisiert oder entstanden aus einer Altentagesstätte odereinem Begegnungszentrum heraus.

Weitere Informationen hierzu unter: www.seniorennetzwerke-koeln.de

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24 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

Ältere Menschen nehmen präventive Ange-bote am besten an, wenn sie in ihrem ver-trauten Wohnumfeld direkt angesprochenwerden. Die Maßnahmen sollten möglichstan bestehende Strukturen im Quartier an-knüpfen, die örtliche Angebotspalette sinn-voll ergänzen und durch niedrigschwellige,barrierefreie Informationen bekannt gemachtwerden.

Präventionsangebote, über die der Stadtteilverfügen sollte:■ Aktivierung zu Mobilität

(Spaziergangsgruppen, Schwimmtreff,Gartenarbeit, Tanzgruppen)

■ Geistige Aktivierung (Kultur, Musik,Weiterbildung, Sprache)

■ zielgruppengenaue Präventionsangebote(z.B. für Männer, Migranten undMigrantinnen)

■ Angebote für Selbstversorgung,Alltagshilfen, Beratung (Kochkurse,Haushaltshilfen, Lebenshilfe,Rechtsberatung)

■ Angebote für Hochaltrige undGebrechliche, stationäre und ambulanteVersorgung, temporäre Unterstützung,Bringdienste im Quartier (Essens- undMedikamente- Bringdienste,Besuchsdienste), Mobilitäts- undBegleitdienste, Hospizdienste

Checkliste:GesundheitsförderlicheMaßnahmen initiieren

✓ Welche gesundheitsbezogenen oder–relevanten Angebote existieren be-reits vor Ort?

✓ Welche Zielgruppen werden darübererreicht? Welche nicht?

✓ Welche Präventionsbedarfe und -potenziale bestehen?

✓ Wer muss einbezogen werden inner-halb der Kommunalverwaltung?

✓ Wie wird die Beteiligung derZielgruppen (Partizipation) sicher ge-stellt?

✓ Was sind geeignete Maßnahmen fürden Einstieg?

✓ Wie werden Erfolge und Misserfolgewann festgestellt und gemessen?

Quelle: Altgeld, 2009

Das Bundesministerium fürGesundheit hat im Rahmen

des nationalen AktionsplansIN FORM am 26. Februar

2009 in Berlin gemeinsammit dem Institut für Geron-tologie an der Technischen

Universität Dortmund dieFachtagung „Gesundheits-förderung und Prävention

für ältere Menschen imSetting Kommune“ veran-

staltet. Dort wurdenErfahrungen aus Modellpro-

jekten vorgestellt sowieProbleme und Lösungsan-sätze bei der praktischenUmsetzung von Gesund-

heitsförderung und Präven-tion bei älteren Menschen

im Setting Kommuneaufgezeigt.

Die Dokumentation derTagung ist im Internet unter:

www.tagung-gesundheitsfoerderung.de

verfügbar.

Darüber hinaus hat dasInstitut für Gerontologieeine Expertise „Gesund-

heitsförderung und Präven-tion für ältere Menschen imSetting Kommune“ erstellt.

Im Rahmen dieser Expertisewerden Präventionspoten-

ziale älterer Menschen, derSettingansatz, die gegen-

wärtige Praxis gesundheits-fördernder Interventionen

sowie die Gesundheits-förderung älterer Menschen

auf kommunaler Ebenevorgestellt.

Die Ergebnisse einerbundesweiten Befragung

von Städten und Gemeinden2007 bieten außerdem

einen Überblick darüber,was aus Sicht der Städte

und Gemeinden bereitsgetan und für wichtig

erachtet wird. Die Expertisewird vom Bundesministe-

rium für Gesundheitveröffentlicht unter:www.bmg.bund.de/

nn_1168248/SharedDocs/Publikationen/DE/

Praevention/F-10002-gesundheitsfoerderung-

aeltere-menschen-setting-kommune.html

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25Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Checkliste: Mögliche Projekt- oderNetzwerkpartner

✓ Öffentlicher Gesundheitsdienst

✓ Krankenkassen (z.B.Präventionsangebote), Pflegekassenund MDK (z.B. Pflegestützpunkte)

✓ Hausarztpraxen und sonstige für älte-re Menschen bedeutsame fachärztli-che Gruppen

✓ Apotheken, Krankenhäuser undRehabilitationseinrichtungen (ambu-lant, teil- und -stationär)

✓ Träger der ambulanten, teilstationärenund stationären Pflege (öffentlich,kirchlich, privat)

✓ Private Anbieter von gesundheitsbezo-genen Maßnahmen(Gesundheitszentren, Fitness- undSportstudios, Tanzschulen und andereAnbieter von Kursen zu bestimmtenThemenfeldern)

✓ Ernährungsberatung für ältereMenschen, Veranstalter vonKochkursen

✓ Altenhilfe und sonstigeBeratungsstellen für ältere Menschen

✓ Senioren- undBehindertenorganisationen

✓ Vereine, insbesondere Sport- undBewegungsvereine

✓ Freizeit- und Kultureinrichtungen,Migrantenorganisationen

✓ Bildungseinrichtungen für ältereMenschen, Volkshochschulen

✓ Seniorentreffs, Bürgertreffs,Nachbarschaftszentren

✓ Zusammenschlüsse von Betroffenenund Angehörigen, Selbsthilfegruppen

✓ Seniorenbeiräte, Organisatoren vonAktionskreisen, Aktionswochen

✓ ehrenamtlich aktive Personen undOrganisationen im Stadtteil

✓ Quartiersmanagement

✓ städtische bzw. stadtteilbezogeneBehörden und öffentlicheEinrichtungen

✓ Kirchengemeinden und andereReligionsgemeinschaften

✓ Polizei (z.B. Sicherheitstraining fürältere Menschen)

✓ Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften (z.B. Nachbar-schaftstreffs)

✓ Verkehrsverbund (z.B.Mobilitätstraining für ältereMenschen)

✓ Einzelhändler und Dienstleister mit lo-kaler Verwurzelung, Gewerkschaftenund Wirtschaft

✓ sonstige Organisationen,Arbeitsgruppen und Verbände

(nach Behörde für Soziales, Familie, Gesundheitund Verbraucherschutz Hamburg, 2009, S. 39)

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26 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Öffentlicher Raum undlebendige Nachbarschaften

Nahe gelegene und barrierefreie Versorgungs-strukturen ermöglichen nicht nur den selbst-ständigen Einkauf, sondern sind auch eineMöglichkeit zur Teilnahme am öffentlichenLeben. Auch niedrigschwellige Treffpunkteim öffentlichen Raum, z.B. gut erreichbarePlätze oder Grünanlagen mit Bänken, sind ei-ne Möglichkeit, soziale Kontakte herzustellenund aufrecht zu erhalten.Versorgungsangebote wie z.B. Mittagstischeund öffentliche Kantinen bieten nicht nurpreisgünstige Mahlzeiten für Ältere, sondernauch Gelegenheiten, andere Menschen zutreffen. Solche vielfältigen Angebote, die sich an dieunterschiedlichen Bedürfnisse nicht nur älte-rer Menschen richten und eine kleinteilige,an den Besonderheiten des Quartiers orien-tierte Mischnutzung bieten, erhöhenGenerationen übergreifend die Attraktivitäteines Wohngebietes für alle Bewohner undBewohnerinnen.

Abbau von Barrieren

Viele Anforderungen an die Barrierefreiheitöffentlicher Räume sind generationenüber-greifend. Andererseits erleichtert die barriere-arme Gestaltung öffentlicher Räume oftmalsdie Nutzung bestimmter Bereiche für die eineGruppe, erschwert aber gleichzeitig eineNutzung durch andere Menschen (z.B. dieAnforderungen an die Barrierearmut seitensMenschen mit Mobilitäts- und Menschen mitSehbeeinträchtigungen). Insofern istBarrierearmut immer auch ein Abwägenunterschiedlicher Interessen. Neben den üb-lichen Aspekten, die im barrierearmen Bauenberücksichtigt werden, sollten spezifischeEinschränkungen älterer Menschen bei der

Gestaltung öffentlicher Räume beachtet wer-den, z.B. langsamere Bewegungsabläufe, ver-zögerte Reaktionen, ein eingeschränktesWahrnehmungsvermögen (Sehen, Hören),Orientierungsschwierigkeiten, eine geringerephysische Belastbarkeit, Blasenschwächeoder Demenz.Daraus ergeben sich über die üblichenKriterien der Barrierearmut hinaus folgendeAnforderungen an ein barrierearmesWohnquartier:■ ausreichend lange Ampelphasen■ eindeutige optische und akustische Signale■ klare Beschilderungen mit großer Schrift

und verständlichen Aussagen■ Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum■ öffentliche Toiletten■ Qualifizierung von öffentlichen Akteuren

(Polizei, ÖPNV-Bedienstete, Einzelhandel)im Umgang mit Demenzkranken

Vielfältige und niedrigschwellige Angeboteim Quartier unterstützen die geistige und kör-perliche Mobilität, indem z.B. zu außerhäus-licher Aktivität und sozialer Teilhabe ermun-tert wird.

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

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27Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Rundgänge mit Tiefgang

Die Stadt Köln hat in verschiedenen Stadtteilen Rundgänge geplant, die zu Sehenswürdigkeiten undBesonderheiten in den jeweiligen Stadtteilen führen. Das Angebot ist auf die Bedürfnisse ältererMenschen abgestimmt. So werden öffentliche Toiletten, Sitzgelegenheiten etc. in den kleinenStadtplänen ausgewiesen. Die Rundgänge sollen Geist und Körper anregen und für Bewegung undneue Kontakte Anreize schaffen.

Weitere Informationen hierzu unterwww.stadt-koeln.de/3/gesundheit/gesund-im-alter/bewegung/00276/#ziel_0_21

So sollte ein komfortables, sicheres und anregendes Wohnumfeld gestaltet sein:

Vermeidung von Angsträumen:

■ übersichtliche, einsehbare öffentliche Plätze undStraßen

■ gute Beleuchtung

■ regelmäßige Pflege und Instandhaltung öffentlicherBereiche

■ öffentliche Nutzung der Erdgeschosszonen derHäuser

Verständliche und leicht erkennbare Orientierungs-systeme und Gestaltung:

■ klare Wegführung

■ eindeutige, gut lesbare Orientierungssysteme(Schilder, Farbleitsysteme)

■ kleinteilige, unterschiedliche Gestaltung derErdgeschosszonen (vor allem in Großwohnsiedlungensind die Erdgeschosszonen der Wohnhäuser häufigeinheitlich gestaltet. Dadurch ist die Orientierung fürmanche ältere Menschen erheblich erschwert.)

■ deutlich voneinander getrennte Flächen im öffent-lichen Raum, z.B. Bereiche der verschiedenenVerkehrsteilnehmer, Grünfläche vs. Stellplätze etc.

Anpassung des ÖPNV an die Bedürfnisse ältererMenschen:■ Niederflurbusse, Ein- und Ausstiegshilfen■ ausreichend lange Türöffnungszeiten■ genügend Haltegriffe■ deutliche Stationsansagen■ barrierefreie und überdachte Haltestellen mit

Sitzgelegenheiten

Komfortable Ausstattung des öffentlichen Raumes:■ Ruhebänke■ witterungsgeschützte Verweilmöglichkeiten ■ öffentliche Toiletten■ Stellplätze für Rollatoren

Attraktive Angebote im Wohnumfeld:■ Spazierwege■ Bewegungsangebote (z.B. Sportplätze,

Schwimmbäder)■ Kulturelle Angebote■ Märkte■ Nachbarschaftstreffpunkte

Förderung des nachbarschaftlichenZusammenlebens:■ Anlässe und Orte der Begegnung schaffen■ aktives Mietermanagement

– Generationen übergreifende Belegungspolitik beiNeuvermietung– Schlichtungsangebote bei Konflikten

■ nachbarschaftliches Engagement unterstützen

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28 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Öffentlicher Raum – Ort fürsoziale Kontakte

Ein lebendiges Quartier braucht öffentlichenRaum, der als Treffpunkt dient, zurBeschäftigung und zur Bewegung einlädt.

Tenever Fonds

Ein Verfügungsfonds (vgl. Heft 3, Kapitel 4 – Finanzierung) im QuartierBremen-Osterholz-Tenever ermöglicht gemeinschaftlich organisierteAktivitäten und Aktionen in der Nachbarschaft und im Wohngebiet.

Die geförderten Aktivitäten sollen das öffentliche Erscheinungsbild desQuartiers, öffentliche Grün- und Freiflächen und öffentlich genutztesWohnumfeld verbessern, die Aneignungs- und Nutzungsmöglichkeitendurch Bewohnerinnen und Bewohner erhöhen und durchgemeinschaftliche Aktivitäten das soziale Klima positiv beeinflussen.

Voraussetzungen sind eine selbstorganisierte und partnerschaftlicheVorgehensweise, die Generationen übergreifend beteiligt. Die Übernahmeder gemeinsamen Verantwortung für die Durchführung der Aktionen istunabdingbare Voraussetzung der Förderung.

ZZiieell iisstt

■ die Bereitschaft zum selbstverantwortlichen Handeln von engagiertenGruppen im Gebiet zu unterstützen

■ die Entscheidung zur Vergabe von aktionsbezogenen Zuschüssen aufdie lokale Ebene (Delegationsprinzip) zu verlagern und

■ die Arbeitsebenen der Verwaltung in der Umsetzung des Programms„Wohnen in Nachbarschaften (WiN) Stadtteile für die Zukunftentwickeln“ durch Verabschiedung einer „Bagatell-Regelung“ zuentlasten.

So konnten z.B. die „Aneignung“ und bessere Nutzung von öffentlichenFlächen, Plätzen und an „sozialen Orten“ durch Aufstellung einzelnerGeräte, Bänke, „Möblierung“ usw. gefördert undNachbarschaftsaktivitäten, Straßenfeste, „Stadtausflüge“ vonBewohnerinnen und Bewohnern unterstützt werden.

Weitere Informationen hierzu unter: www.sozialestadt.de

Ludwigsburg, Eglosheim II

Mit integrierten Konzepten kann mehr aus öf-fentlichen Einrichtungen gemacht werden. Sowurde im Quartier Eglosheim II im Rahmen derModernisierung einer Sporthalle ein Anbau alszusätzlicher Mehrzweckraum realisiert. Damitwurde ein öffentlicher Raum als Ort der sozialenBegegnung verschiedener Alters- und Bewoh-nergruppen geschaffen. Es ist eine Anlaufstellefür die Eglosheimer Bürgerschaft und ein Kristal-lisationspunkt für bürgerschaftliches Engage-ment entstanden.

ZZuu ddeenn AAnnggeebbootteenn ggeehhöörreenn

■ ein Mittagstisch, der dreimal in der Wochegünstige warme Mahlzeiten bietet und einenTreffpunkt für ehrenamtlich Aktive darstellt

■ Maßnahmen zur Qualifikation und Arbeits-förderung für Frauen im Bereich Service undBewirtschaftung

■ Kulturelles und soziales Programm – Bera-tung, genutzt durch soziale Organisationenund ehrenamtliche Aktivitäten

■ ein Runder Tisch, als organisatorischer Rah-men zur Koordination und Verstetigung desProjektes

Gerade der Mittagstisch hat sich zu einem wich-tigen Kommunikations- und Kontaktort ent-wickelt und ist für viele Menschen – insbeson-dere für ältere alleinlebende Menschen mit we-nig Geld und ohne Familie – zu einer wichtigenAnlaufstelle geworden. Für die Besucherinnenund Besucher ist es eine Möglichkeit, Kontaktezu knüpfen und nachbarschaftliche Beziehungenaufzubauen. Ein solcher generationen- undkulturübergreifender Treffpunkt und das darumbisher entstandene Netz an Kontakten undBeziehungen hatten im Stadtteil bisher gefehlt.

Weitere Informationen hierzu unterwww.sozialestadt.de

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

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29Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Wie entstehen lebendigeNachbarschaften?

Wenn die persönlichen Ressourcen einge-schränkt sind, gewinnt die Nachbarschaft ei-ne besondere Bedeutung. Sie kann fehlendesoziale Kontakte und Einbindung ausgleichenund Hilfe bei fehlender Infrastruktur imLebensumfeld geben.

Der Senioren-Einkaufs-Service RosenheimDer Senioren-Einkaufs-Service (SES) wird von Bewohnern und Bewohnerinnen für die Nachbarschaftorganisiert. Alle 14 Tage wird diese Fahrt von ihnen ehrenamtlich organisiert, um Senioren undSeniorinnen die notwendigen Einkäufe zu ermöglichen. Gerade im städtischen Planbezirk 251, demGebiet rund um die Lessingstraße, Sepp-Sebald-Siedlung, Herderstraße, Burgfriedstraße, AmBreitenfeld etc., aber auch in anderen Straßen des Stadtteils leben viele ältere Mitbürger undMitbürgerinnen. Es gibt keine wohnortnahen Einkaufsmöglichkeiten. Aufgrund der schlechtenEinkaufsmöglichkeiten im Stadtteil können ältere Bewohnerinnen und Bewohner ihren Lebensbedarfnicht decken. Der Mini-Laden bietet zwar eine Auswahlmöglichkeit an Lebensmitteln, jedoch ist dasAngebot begrenzt. Da auch die Fahrt mit dem Linienbus oftmals zu teuer für die Senioren undSeniorinnen ist, bietet der SES eine Alternative für sie. Sie werden mit ihren Einkäufen bis vor dieHaustüre gebracht, damit sie die schweren Taschen nicht tragen müssen.

Der SES ist für die Senioren und Seniorinnen eine willkommene Abwechslung, da die „Truppe“ immerwieder gerne auch einen Abstecher in ein nettes Café macht. Somit können sie sich austauschen undmal wieder etwas anderes sehen.

Eine Fahrt mit dem SES kostet für die Mitfahrenden 0,75 Euro pro Einkaufsfahrt (Hin- und Rückfahrt).Einen entsprechenden Gutschein-Ausweis mit 5 Einkaufsfahrten kann man im Bürgertreff oder imBürgermobil direkt beim Fahrer kaufen. Der Beitrag wird für den Unterhalt des Kleinbussesverwendet.

Weitere Informationen hierzu unter www.sozialestadt.de

Im Fachheft „Zum Zusammenhang vonNachbarschaft und Gesundheit“ der BZgA(Richter, Wächter, 2009) wird die Bedeutungnachbarschaftlicher Netzwerke für dieGesundheit sowie die Chancen aber auchVerfahren ihrer Initiierung von außen darge-stellt.Nachbarschaftliche Netzwerke fördern dieTeilhabe am gesellschaftlichen Leben unddienen der Integration. Sie können tragfähigesoziale Bindungen vermitteln, die sich positivauf die psychische Gesundheit auswirken.Das eigene Engagement kann eine gesund-

heitsförderliche Wirkung entfalten. Für ande-re wichtig zu sein und Sinn und Erfüllung inder Tätigkeit zu finden, ist gerade für Ältereein großer Gewinn. Alte Menschen profitieren in besonderemMaße von der Unterstützung im Alltag.Besonders in (gesundheitlichen) Krisen-situationen hat nachbarschaftliche Hilfe einegroße Bedeutung. Nachbarschaftliche Netzwerke entstehenüber Gemeinsamkeiten wie räumliche Nähe,ein gemeinsames Interesse oder Problem.„Überforderte“ und heterogene Nachbar-

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30 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

„Wir haben geradefestgestellt, dass es ganzwichtig ist, dass die Hilfe

sehr schnell greift, weil dieLeute in solchen Krisen ihre

Bezüge oft verlieren undauch die Familien dazu

neigen, wenn die denn inRestbeständen noch da

sind, in Panik eineSchnelllösung zu finden.

Das bedeutet bei sehr alten,kranken Menschen auch oft

die unnötige, zu schnelleEinweisung in ein

Pflegeheim, meistens auchgegen den Wunsch der

Betroffenen. Sind sie aber ineinem solchen sozialen Netz

eben drin, gelingt esdeutlich besser, auch bei

schweren Krankheiten denMenschen in seinem Bezug

zu lassen.“

(zitiert nach Richter,

Wächter, 2009, S. 55)

schaften sind durch soziale Konflikte undProblemlagen gekennzeichnet. Die Bereit-schaft, sich zusammen zu finden, kann auchbei einer heterogenen Zusammensetzung zupositiven Anlässen (z.B. Sommerfest, Floh-markt) größer sein, als wenn es allein z.B.um einen Konflikt geht (Richter, Wächter,2009, S. 23).Gerade die heterogene Zusammensetzungkann in Netzwerken einen besonderenGewinn darstellen. Es werden Erfahrungenund Lernprozesse ermöglicht, die neuePerspektiven und Zugänge eröffnen und sichals ein wichtiger Erfahrungsschatz, auch zurÜberwindung herkömmlicher Vorstellungen,darstellen können.

■ Nachbarschaftliche Netzwerke haben denstärksten Effekt für das Wohlbefinden derEinzelnen und für das Klima im Quartier,wenn sie von einer „Ebenbürtigkeit in dersozialen Beziehung“ geprägt sind. DasEngagement für die hilfebedürftigenNachbarn kann für die Unterstützendenauch gleichzeitig die eigene sozialeIntegration in das Umfeld verbessern undihnen einen Zuwachs an sozialenBeziehungen oder einen persönlichenGewinn beispielsweise in Form eines„Bedeutungszuwachses“ bringen.

■ Gut gemeinte Aktionen von engagiertenHelfern und Helferinnen können bei de-nen, die auf die Hilfeleistungen angewie-sen sind, jedoch auch „Schamgefühle überdie eigene Hilfsbedürftigkeit“ erzeugen(Richter, Wächter, 2009, S. 23).

Manchmal besteht bei den Nachbarn auch Scheu, sich „einzumischen“und Grenzen zu überschreiten. Hier können im Quartier Anlässe zu einerersten Kontaktaufnahme geschaffen werden. So übernimmt keinPflegedienst die Bepflanzung des Balkonkastens. Für viele Leute, die nichtmehr raus können, ist das jedoch wichtig. Wenn es durch dieNachbarschaftshilfe gelingt, hier eine Unterstützung zu geben, dann istdas ein großer Gewinn für die Betroffenen und öffnet Türen für einenersten Kontakt.

Die sozialen Netzwerke von Menschen inschwierigen Lebenslagen sind oft lokal be-grenzt und in der Regel klein. Um tragfähigeBeziehungen und neue Informationen undImpulse zu unterstützen, braucht es nebenAktiven aus der Bewohnerschaft häufig auchprofessionelle Unterstützung oder externePartner und Partnerinnen, die das Vertrauender Bewohnerinnen und Bewohner erwerben.Ein Treffpunkt an einem öffentlichen Ort oderin einer etablierten Einrichtung dient dannder weiteren Umsetzung und schafft ersteIdentität.Besonders wichtig ist es, die Ergebnisse desNachbarschaftsnetzwerks nach innen undaußen darzustellen. Der gemeinsame Erfolgstärkt die Gruppe und macht die Aktivitätender Gruppe auch für andere attraktiv(Richter, Wächter, 2009, S. 42 ff.).Dem gegenüber stellt es ein großes Hemmnisfür erfolgreiche Netzwerkarbeit dar, wenn ne-gative soziale Kontrolle, Anpassungsdruck aneine Gruppe und Ausgrenzung einzelner oderMinderheiten die Nachbarschaft prägen. Diesbaut psychischen Druck auf, der eine gesund-heitliche Belastung sein kann. Für denAufbau von nachbarschaftlichen Netzwerkensind solche Einflüsse ebenso schädlich wiehierarchische Strukturen und selbsternannteExpertinnen und Experten, welche die part-nerschaftliche Kommunikationsebene gefähr-den (Richter, Wächter, 2009, S. 51 f.).

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31Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Checkliste: LebendigeNachbarschaft gestalten

✓ Bewohnerstruktur auswerten

✓ bestehende und fehlende Angeboteermitteln und Lücken schließen

✓ Barrieren erkennen und abbauen

✓ Bedürfnisse erfragen (z.B. mit aktivie-render Befragung)

✓ Potenziale identifizieren undSchlüsselpersonen entdecken

✓ Anbieter vernetzen (möglichst ver-bindliche Formen derZusammenarbeit)

✓ „gute Orte“ schaffen (schön, sauber,interessant, geschützt, öffentlich)

✓ Synergieeffekte (positive Wirkungendie aus der Zusammenarbeit entstan-den sind) nutzen

✓ Anlässe für Teilhabe und nachbar-schaftliche Begegnung schaffen

„Zugang“ heißt Abholen

Der Zugang zu sozial benachteiligten älterenMenschen ist häufig schwierig. Dies kannverschiedene Gründe haben. NegativeErfahrungen mit Institutionen und Angst vorder Dominanz oder Herablassung Andererkönnen Misstrauen aufbauen. Auch fehlendeInformationen, die Angst vor unseriösenAngeboten oder die mangelnde Überzeugungder eigenen Wirkungskraft können eineAnsprache erschweren. Der Zugang über Infobroschüren, Aushängeoder Anschreiben ist in diesen Fällen wenig

erfolgversprechend. Sie werden in der alltäg-lichen Informationsflut häufig nicht beachtetoder es ist schwierig, deren Seriosität einzu-schätzen. Auch die Ansprache im öffent-lichen Raum bringt diese Probleme mit sich. In der Befragung des Deutschen Instituts fürUrbanistik (DiFu2007) im Auftrag der Bun-deszentrale für gesundheitliche Aufklärung(BZgA) gaben Kommunen auf die Frage, wel-che Gruppen von gesundheitsförderlichenMaßnahmen schlecht erreicht werden folgen-de Rückmeldung (Angaben in Prozent):

Abbildung 5: DurchMaßnahmen der Ge-sundheitsförderungschwer erreichbareGruppen (Quelle: Bundes-zentrale für gesund-heitliche Aufklärung,S. 38, 2007)

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32 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

Die Rückmeldungen zeigen, dass ältereFrauen besser erreicht werden als ältereMänner. Gesundheitsförderungsangebote sindbislang auch mehr auf den Bedarf vonFrauen abgestellt. Angebote für Männer soll-ten deren Interessen besser Rechnung tragenund z.B. an Fähigkeiten anknüpfen, diedurch deren berufliche Biografie geprägt sind.

Nachbarschaftsheim St. Pauli

Die Altentagesstätte des Nachbarschaftsheim St. Pauli bietet im sozialenBrennpunkt St. Pauli-Süd eine große Bandbreite von Kommunikations- undUnterstützungsangeboten (Mittagstisch, Sport und Musikangebote, Haus-und Krankenbesuche, Begleitung zu Ärzten und Behörden), aber auch Hilfein existenziellen Situationen, z.B. Sozialberatungen.

Durch die niedrigschwellige und bedürfnisorientierte Arbeit werdenverhältnismäßig viele Männer angesprochen (ca. 30 Prozent der Klientel).

Weitere Informationen hierzu unterwww.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

Präventiver Hausbesuch

In einem Modellvorhaben der AOK wurden inHannover präventive Hausbesuche erprobt und1.300 ältere Menschen (68-79-jährig) aufge-sucht. Präventive Hausbesuche sind besondersgut geeignet, Lücken in der präventiven undmedizinischen Versorgung älterer Menschen zuermitteln. Neben Risikofaktoren im Wohn-umfeld (z.B. Unfall- und Sturzgefahr) werdenauch körperliche und psychisch-mentaleFähigkeiten ermittelt. Ziel ist es, eine aus-reichende medizinische Versorgung sicher zustellen und soziale Isolation zu verhindern.

Weitere Informationen zum Projekt „Gesund älter werden“: www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

Migrantinnen und Migranten müssen beimZugang zu gesundheitlicher Versorgung oftsprachliche Hürden überwinden. Hinzu kom-men „kulturelle Barrieren“ in der gesell-schaftlichen Kommunikation (was ist höflich,aufdringlich, unverschämt). Auch kulturelleUnterschiede hinsichtlich der Einstellung zuGesundheit oder Geselligkeit sind Hinder-nisse. So sind z.B. viele ältere Frauen aus is-lamisch geprägten Kulturen weniger bereit,Gesundheitsförderungsangebote wahrzuneh-

men, wenn sie sich nicht ausschließlich anFrauen richten. Weiter kann die Teilnahme-bereitschaft an solchen Angeboten erhöhtwerden, wenn der Großteil der Teilnehmen-den aus der eigenen Gemeinschaft der Ziel-gruppe stammt.

Eine stärkere Partizipation von Migrantenund Migrantinnen bei Gesundheitsförde-rungsmaßnahmen kann dazu beitragen, ge-meinsam bedarfsgerechtere Angebote zu ent-wickeln. Letztendlich sollten Gesundheits-förderungsmaßnahmen nicht zu einerVerstärkung „kultureller Ghettobildung“ bei-tragen, sondern Integration und Sprach-erwerb fördern bei gleichzeitiger Wahrungder kulturellen Identität.

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Sportkurse für deutsche und tür-kischstämmige Frauen imNachbarschaftsheim WuppertalDie Anlaufphase des geplanten Kurses erwies sich als schwie-rig: „Wir mussten viel lernen“. … „Allein schon der Gruppen-rhythmus der Türkinnen ist ganz anders als bei den Deut-schen.“ Aufgrund der langen Sommerurlaube in der Türkei unddes Ramadan sei für die Türkinnen nur eine Kursphase vonOktober bis April sinnvoll.Hinzu kommen Sprachprobleme: „Im Ruhestand geht auch daswenige Deutsch der Frauen verloren“, berichtet die Sozialpäda-gogin. Deshalb wird der vor drei Jahren gegründete Gym-nastikkurs, an dem inzwischen zehn Frauen teilnehmen, vonder Türkin Rukiye Temel geleitet. Die Übungsleiterin kennt dieUnterschiede zwischen deutschen und türkischen Teilnehme-rinnen: „Sie haben ein komplett anderes Zeitgefühl.“ Die deut-schen Seniorinnen kämen regelmäßig, seien stets pünktlichund legten gleich mit den Übungen los. Die türkischen Frauenkämen hingegen meist eine halbe Stunde zu spät oder erschie-nen gar nicht.„Wir mussten unsere ganze Planung umwerfen“, lacht sie.Statt straffer Zeitplanung bestimmt nun der Rhythmus der

Teilnehmerinnen den Ablauf. Der Kurs beginnt deshalb mit ei-nem gemütlichen Zusammensitzen. Erst wenn alle eingetroffensind, geht es richtig los. Das „langsame Anfangen“ steht dabeinicht für geringes Interesse, denn auch an einer kürzlich einge-führten Ergänzung des Kurses nehmen die Frauen aktiv teil: Andie Gymnastik schließt Temel neuerdings ein Gedächtnis-training an.Dankbar angenommen wurde auch die Möglichkeit zu Gesprä-chen mit einer Ärztin: Im letzten Jahr wurden zehn so genannteGesundheitsgespräche organisiert, bei denen die Frauen sichmit einer türkischen Ärztin über ihre Sorgen und gesundheitli-chen Fragen austauschen konnten. Ziel der Gespräche war es,den Frauen mehr Wissen über und Eigenverantwortlichkeit fürihre Gesundheit zu vermitteln: „Viele denken, durch eineSpritze und Medikamente lassen sich alle Gesundheitsproble-me lösen“. Begriffe wie Vorsorge oder Gesundheitsförderungund die damit verbundenen Möglichkeiten sind für die Türkin-nen buchstäblich Fremdworte. Deshalb will Rukiye Temel denFrauen demnächst zeigen, wie man über das Internet an medi-zinische Informationen gelangt (zitiert nach BKK, 2009).Weitere Informationen hierzu unterwww.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank und www.nachbarschaftsheim-wuppertal.de

AWO-BegegnungszentrumAdalbertstraße

Das Begegnungszentrum in Berlin-Kreuzberg hat einenwichtigen Platz im Alltag vieler älterer Migrantinnen undMigranten. Es kommen Menschen türkischer, deutscher,polnischer, arabischer, griechischer, kroatischer, serbischer,bosnischer, iranischer, italienischer und spanischer Herkunft.Die Mitarbeiterinnen sagen, „im Vergleich zu der jungenGeneration hatte die erste Einwanderergeneration wirklichmultinationale Kontakte und hat die Arbeitsplätze mitItalienern und Spaniern geteilt.“ Über ihre Arbeit berichten sie: „Es ist ein bisschen schwierig,kontinuierlich Kurse anzubieten. … wenn es um einregelmäßiges Angebot geht, dann bröckelt es. … Aber, dannmuss man was anderes machen. Wenn es eineInfoveranstaltung gibt, dann wird da eingeschoben: Und jetzt

machen wir mal zur Entspannung eine Übung“. Und „wirbringen die am Sonnabend ganz schön in Bewegung. Wennhier das Akkordeon gespielt wird, dann fangen sie sowieso anzu tanzen. … gerade Menschen aus dem ehemaligenJugoslawien, aus der Türkei, Frauen, die Männer nicht, aber dieFrauen bekommst du sofort zum Tanzen.“Um z.B. türkische Männer für Angebote zu gewinnen, reicht esnicht, sich vorzustellen, was würden deutsche Ältere machen.Die Mitarbeiterinnen haben gelernt, „dass wir offen seinmüssen, … da hatten wir türkische Männer, die unheimlichkünstlerisch tätig waren, von denen hätten wir nieangenommen, dass sie irgendetwas Künstlerisches tun odermal Theater spielen oder malen oder kochen … wir habenwunderbare Sachen erlebt.“

Weitere Informationen hierzu unter www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

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34 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 3 – Das Quartier für Ältere gesundheits-förderlich gestalten

Multiplikatorinnen undMultiplikatoren

Der Zugang gelingt dort, wo eine Vertrauens-basis geschaffen werden kann und Absichtenverständlich formuliert werden. Dies gelingtam besten bei der Ansprache durch Multi-plikatorinnen und Multiplikatoren, da diesePersonen zur Zielgruppe gehören oder engenKontakt zu dieser haben und ihr Vertrauengenießen. Auch über die religiöse Identität undInstitutionen wie Kirchen und Moscheen,über Wohlfahrtseinrichtungen, Arztpraxen

und Apotheken, die bereits das Vertrauen derZielgruppe gewonnen haben, lässt sich einZugang zu sozial benachteiligten Älteren her-stellen. Über diesen Weg kann dann auchschriftliches Informationsmaterial zielgerich-tet verteilt werden. Für den Zugang zuMigrantinnen und Migranten ist die Zusam-menarbeit mit Sprach- und Kulturmittlernund -mittlerinnen für die Überwindung vonVerständigungsbarrieren von großerBedeutung. Sehr hilfreich ist der Einsatz vonMitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ausder Zielgruppe stammen.

Beispiele für eine gelungene Ansprache■ Kontakt zu Multiplikatoren und Multiplikatorinnen bzw. Vertrauenspersonen herstellen. Dies können

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einrichtungen sein oder Menschen, die schon lange im Stadtteil wohnen undeinen großen Bekanntenkreis haben.

BBeeiissppiieell:: In einem Stadtteil mit vielen albanisch-kosovarischen Familien ist der Friseurladen ein wichtiger Treffpunkt von älte-ren Männern. Hier werden auch Informationen und Nachrichten weitergegeben.

■ Zusammenarbeit mit bereits vorhandenen, akzeptierten und niedrigschwelligen Angeboten: Eine Anknüpfung anandere, vertraute Angebote (z.B. Kinder- und Jugendarbeit, Stadtteilläden). Die Zusammenarbeit kann sich auf denZugang zu Älteren beziehen oder auf die Nutzung gemeinsamer Räume.

BBeeiissppiieell:: Zugang zu älteren Migranten kann auch über Strukturen gelingen, die mit den Familien zu tun haben. Z.B. in einerKita, die von vielen türkischen Kindern besucht wird, lohnt es sich, auf Angebote für ältere türkischstämmige Leutehinzuweisen.

■ Umgang mit der Zielgruppe auf Augenhöhe: Ein respektvoller Umgang, die Anerkennung der Älteren als Expertenund Expertinnen ihrer Lebenssituation sowie ein Interesse an deren Erfahrungen, Bedürfnissen und Wissen sindunumgänglich.

BBeeiissppiieell:: Ältere Menschen mit Migrationserfahrung kennen die Probleme und das Potenzial anderer Migrantinnen undMigranten, verfügen über einen ähnlichen Hintergrund und sprechen – in mehrerer Hinsicht – die gleiche Sprache.

■ Wiederholtes Ansprechen und Informieren über die laufende Entwicklung: Selbst wenn sich manche ältereMenschen erst einmal nicht an einem Projekt beteiligen wollen, kann kontinuierliche Ansprache Vertrauen schaf-fen und Neugier wecken.

BBeeiissppiieell::Im Verein Miteinander wohnen e.V. wird der Nachbar auch schon mal ein fünftes Mal gefragt, „Willst du nicht dochmal mitkommen?“. Und irgendwann ist es soweit und er kommt mit zur Hockergymnastik.

■ Zusammenkünfte in der vertrauten nahräumlichen Umgebung sollten bekannt und barrierefrei oder -arm sein.Auch hinsichtlich der Termine sollten die besonderen Bedürfnisse berücksichtigt werden, so sind viele Ältere nurungern im Dunkeln unterwegs (z.B. im Winter).

BBeeiissppiieell:: Günstige Mittagsessensangebote in öffentlichen Kantinen, welche gern von älteren Menschen besucht werden, bie-ten Gelegenheiten, mit finanziell schwächeren und möglicherweise auch einsamen Älteren Kontakt aufzunehmen.

■ Anlässe schaffen bei denen Kontakte geknüpft und Informationen verbreitet werden können.

BBeeiissppiieell:: Veranstaltungen und Stadtteilfeste

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Checkliste: Zugang zu älteren Menschen finden

✓ Bezug zur Lebenswelt und zu den Interessen der Ansprech-partner herstellen, Menschen dort abholen, wo sie leben undsind, sowohl räumlich also auch thematisch, Präsenz zeigen

✓ Vertrauenspersonen aus der Lebenswelt mit einbeziehen, dasAnliegen deutlich formulieren

✓ mit Akteuren und niedrigschwelligen Institutionen zusam-menarbeiten, die bereits Kontakte haben, z.B. zu Stadtteil-läden, Beratungsstellen, Mittagstischen oder runden Tischen

✓ auch mit Institutionen zusammen arbeiten, die nicht vorran-gig Ältere ansprechen

✓ Anlässe der Begegnung schaffen, z.B. Feste, Flohmärkte oderTauschbörsen

✓ ein respektvoller Umgang, Wertschätzung

Insbesondere für den Zugang zu Menschen mitMigrationshintergrund gilt:

✓ Zusammenarbeit mit Dolmetschern und Dolmetscherinnen,Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit Migrationserfahrung

✓ Kontakte über spezifische Orte und Angebote, z.B. Moscheenoder Vereine

✓ Einbeziehung der Familie

Checkliste: Merkmale eines zielgruppen-orientierten Angebots

✓ Angebote (Zeiten, Orte) passen sich an die Bedürfnisse derZielgruppe an und nicht umgekehrt (Beachtung vonAngsträumen und Zeitfenstern)

✓ Es gibt verlässliche und namentlich benannte Ansprech-personen

✓ Physische Barrieren sind soweit abgebaut, dass auch ältereMenschen mit Mobilitätseinschränkungen die Angebotewahrnehmen können

✓ Psychische Barrieren sind soweit abgebaut, dass auch wenigintegrierte ältere Menschen Angebote wahrnehmen können(z.B. ältere Männer ohne Sozialkontakte im Quartier)

✓ Es gibt die Möglichkeit der Einflussnahme und Partizipation

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Tipps zum Weiterlesen:

Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2006). Demographie konkret – Seniorenpolitikin den Kommunen. Gütersloh: Verlag Bertelsmann-Stiftung. (Eine Rezensionhierzu von Dr. Heinz Trommer ist verfügbar unter: www.gesundheitberlin.de/index.php4?request=themen&topic=2176&type=infotext)

Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2010). Initiieren – Planen – Umsetzten –Handbuch kommunale Seniorenpolitik. Gütersloh: Verlag Bertelsmann-Stiftung. Verfügbar unter: www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/publikationen_94711.htm

Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. (Hrsg.) (2007).Memorandum. Mitgestalten und Mitentscheiden – Ältere Menschen inKommunen. Bonn*

Forum Seniorenarbeit NRW (Hrsg.) (2008). Gelebte Nachbarschaft inWehringhausen. In: Älter werden im Wohnquartier. Lebendige Nachbarschaft– wie gelingt das? Themenschwerpunkt 5/2008. Verfügbar unter:www.forum-seniorenarbeit.de/Schwerpunkte/

Gesunde Städte-Netzwerk der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2007).Berliner Appell „Gesund älter werden in Städten und Regionen“. Berlin*

Loss, Julika (2008). „Gesundheitsförderung in der Kommune“ 1.Wissenschaftliche Tagung der Österreichischen Gesellschaft für PublicHealth. Präsentation. Verfügbar unter: www.oeph.at/docs/Linz2008/Loss.pdf

Richter, A.; Wächter, M. (2009). Zum Zusammenhang von Nachbarschaftund Gesundheit. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung Heft 36.Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln.*

* auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

Kooperationsverbund „Gesundheitsförderung beisozial Benachteiligten“

Informations- und Kontaktstelle für die Arbeit mitälteren MigrantInnen

www.gesundheitliche-chancengleichheit.de

www.ikom-bund.de

Hier können Sie den interessanten „IKoM-Newsletter“ bestellen.

Links zum Thema Das Quartier für Ältere gesundheitsförderlich gestalten

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Prävention und Gesundheitsförderung sind auch bei schon vorhandenenEinschränkungen enorm wichtig. Das Ringen um jeden zu erreichendenFortschritt ist lohnend und von großem Wert. So können Mobilität erhalten,

Selbständigkeit und Teilhabe im Alltag unterstützt und die Entstehung vonPflegebedürftigkeit hinausgezögert werden.

37Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Alte Menschen leiden häufig an mehrerenKrankheiten gleichzeitig und sind altersbe-dingten physischen und psychischenEinschränkungen ausgesetzt. GesundheitlicheProbleme verstärken sich gegenseitig, z.B.können Seheinschränkungen oderKreislaufprobleme zu Stürzen führen und ei-ne eingeschränkte Mobilität nach einemSturz kann wiederum Depressivität oderIsolation erzeugen. Das Ziel von Präventionim Alter ist nicht die völlige Vermeidung vonErkrankungen, vielmehr besteht es darin,krankheitsbedingte Auswirkungen zu lin-dern, den Ausbruch neuer Erkrankungen zu

Der Sachverständigenratempfiehlt, „Prävention vonPflegebedürftigkeit zueinem herausgehobenenGesundheitsziel deraltersgewandeltenGesellschaft zu erklären“(Sachverständigenrat, 2009,S. 649).

Nahezu alle epidemiolo-gisch wichtigen Erkran-kungen im Alter weisenpräventive Potenziale auf. …Die Vielzahl von Ansätzenund Handlungsfeldern, diefür Gesundheitsförderungund Krankheitsverhütungbei älteren Menschenbestehen, werden bislang inder Öffentlichkeit, in denärztlichen und pflegerischenBerufen wie auch in derPolitik unterschätzt“ (Saß; Wurm; Ziese, 2009 a,

S. 153).

Sondergutachten 2009 „Koordination undIntegration – Gesundheitsversorgung in einerGesellschaft des längeren Lebens“ desSachverständigenrats zur Begutachtung derEntwicklung im Gesundheitswesen

Empfehlungen der Bundesvereinigung Präventionund Gesundheitsförderung: „Präventionsziele für diezweite Lebenshälfte“ (2008)

www.svr-gesundheit.de

www.bvpraevention.de/bvpg/images/Positionen/praevzielegesamt_BVPG.pdf und auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

Arbeitshilfen Kapitel 4 „Gesundheitsrisikendurch Stress“. Für Menschen ab 65 Jahren ist nachgewie-sen, dass körperliche Aktivitäten, insbeson-dere Ausdauersport, den Abbau altersbeding-ter, kognitiver und sensomotorischer (= Kör-perkontrolle) Fähigkeiten abmildern (Hux-hold, 2009).Bei der Planung und für die Durchführungvon präventiven Maßnahmen hat sich einVorgehen nach dem Public Health-Aktions-zyklus bewährt, der gleichzeitig eine Über-

vermeiden und ein Leben mit Krankheiten zuerlernen.

Die Ziele von Prävention bei älteren undalten Menschen sind daher:■ altersbedingte Einschränkungen und

Erkrankungen vorbeugen bzw. ihrenEintritt verzögern

■ krankheitsbedingte Belastungen verringern ■ der Verschlechterung des Allgemein-

zustandes, bzw. der gegenseitigenVerstärkung von Krankheiten vorbeugen

Präventionsmaßnahmen können an verschie-denen Aspekten der körperlichen, psychi-schen und sozialen Gesundheit ansetzen. DieGesundheit von Körper, Geist und Seele sindeng miteinander verbunden und stehen inWechselwirkung zueinander. Das psychischeBefinden wirkt sich auf die körperlicheGesundheit aus und erhöht die Bereitschaftzu Aktivitäten und Bewegung. Eine gesundeErnährung und ausreichende Bewegung ha-ben wiederum einen positiven Einfluss aufdas psychische Wohlbefinden. Mehr zu denWechselwirkungen zwischen Ernährung,Bewegung und Stress findet sich in Heft 4 der

Links zum Thema Prävention bei älteren Menschen

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Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Abbildung 6: Aktionszyklus zur Initiative und Koordination von Projekten(Quelle: Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg, 2009)

prüfung der Maßnahmeneffekte beinhaltetund kontinuierliche Verbesserung derMaßnahmen erlaubt (vgl. Arbeitshilfen Heft 5Kapitel 2).Die Förderung der Gesundheit ältererMenschen umfasst eine ganze Reihe konkre-ter Themenbereiche, das reicht von derSuizidprävention, über gesunde Ernährungund Bewegungsförderung bis hin zuSuchtprävention. Nachfolgend sollen nur ei-nige Bereiche beispielhaft vorgestellt werden.Wichtig ist jedoch für alle vorgestelltenBereiche, die Maßnahmenplanung mit einerkonkreten Bedarfsabschätzung unterBeteiligung möglicher Zielgruppen zu begin-nen, wie es der erste Schritt des PublicHealth Action Cycle vorsieht.

Psychische Gesundheit

Seelische Belastungen, wie Verlusterlebnisse(z.B. des Ehepartners oder der Ehepartnerin),Isolation und Angst vor der Zukunft und dem

Sterben können psychische Erkrankungenwie Depressionen erzeugen oder verstärken.Einsamkeit und Rollenverluste gefährden diepsychische Gesundheit und stellen eine be-sondere Herausforderung für die Gesund-heitsförderung im Alter dar. Es wird ge-schätzt, dass ein Viertel der über 65-Jährigenan psychischen Störungen leidet (Saß, Wurm,Ziese, 2009 b, S. 31).„Neben psychischen Ressourcen haben auchdie Einbindung in ein soziales Netzwerk, dieMöglichkeit, in sozialen Rollen aktiv zu seinsowie die soziale Unterstützung durch andereMenschen in der Regel einen positivenEinfluss auf den Gesundheitsstatus älter wer-dender Menschen.“ (Tesch-Römer; Wurm,2009, S. 16). Eine aktive Förderung derNachbarschaft und ein hartnäckiges Zugehenauch auf zurückgezogen lebende ältereMenschen bilden zentrale Bestandteile einerGesundheitsförderung im Quartier und er-möglichen zugleich die Aktivierung für weite-re, präventive Angebote.

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Ein wichtiges Element der Gesundheitsförd-erung im Alter bildet das Gefühl der Selbst-wirksamkeit. „Selbstwirksamkeitserwartun-gen stellen eine (…) bis ins hohe Alter be-deutsame psychische Ressource dar. DieseErwartungen umfassen die Überzeugung,neue oder schwierige Anforderungen auf-grund eigener Kompetenz bewältigen zu kön-nen.“ (Tesch-Römer; Wurm, 2009, S.16). DieÜberzeugung von der eigenen Selbstwirk-samkeit muss trainiert werden. Die Erfahrungzeigt, dass Isolation und Untätigkeit dazuführen, die Welt und ihre Anforderungen alsnicht bewältigbar wahrzunehmen. Das Zu-trauen in die eigenen Fähigkeiten schwindet,wenn diese nicht genutzt werden. Deshalb istes im Rahmen der Gesundheitsförderung un-verzichtbar, die soziale Teilhabe von älterenMenschen zu stärken und zu fördern.Zahlreiche Beispiele der Teilhabe und Akti-vierung älterer Menschen finden Sie in die-sem Heft.

Demenz

Demenz stellt für die Erkrankten, ihr persön-liches Umfeld und besonders ihre Ange-hörigen eine große Belastung dar.„Demenzen gehören zu den häufigsten undfolgenreichsten psychiatrischen Erkrankun-gen im höheren Alter. In Deutschland leidenderzeit – bezogen auf die 65-Jährigen undÄlteren – nahezu eine Million Menschen aneiner Demenz. Die Anzahl der Neuerkran-kungen beträgt im Laufe eines Jahres fast200.000“ (Weyerer 2005). Die fortschreitendeErkrankung des Gehirns führt zu Funktions-beeinträchtigungen von „Gedächtnis, Den-ken, Orientierung, Lernfähigkeit, Spracheund Urteilsvermögen.“ Damit gehen Verän-derungen der emotionalen Kontrolle, desSozialverhaltens oder der Motivation einher(Weyerer 2005). Gerade die psychosozialenBeeinträchtigungen stellen für die Betreuen-den eine große Belastung dar. Im späteren

Krankheitsverlauf werden zunehmend selbstalltägliche Aktivitäten wie Essen, Anziehenund Hygiene beeinträchtigt.Zu den Risikofaktoren, welche die Entste-hung einer demenziellen Erkrankung begün-stigen, gehören Alter, Bluthochdruck,Rauchen, Alkoholmissbrauch und fettreicheErnährung. Vorbeugend wirken körperlicheAktivität, gesunde Ernährung, geistigeAktivität, soziale Kontakte und dieBehandlung von Risikofaktoren.Das Bundesministerium für Gesundheit hatim Rahmen der Initiative IN FORM einenRatgeber zur Prävention der Demenz veröf-fentlicht, der sich an Männer und Frauen abdem mittleren Erwachsenenalter richtet. Erinformiert über Maßnahmen zur Präventionder Demenzerkrankungen und soll zu einergesünderen Lebensweise motivieren.Erarbeitet wurde er von Herrn Prof. Dr. Maierund Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derKlinik für Psychiatrie und Psychotherapie derUniversität Bonn. Online zu finden unter:www.bmg.bund.de/publikationen.Insgesamt gibt es nur begrenzte Therapie-möglichkeiten. Das Wissen auf diesem Gebiethat in den vergangenen Jahren aber stark zu-genommen. Dazu zählen neben medikamen-tösen Behandlungen auch psychologischeTherapiemethoden und soziale Maßnahmen(z.B. Raumgestaltungen, die den Erkranktendie Orientierung erleichtern).

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Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Café für Demenzerkrankte undAngehörige

Unterstützung und Hilfe im Krankheits- und Pflegefall bietet das Café fürDemenzerkrankte und Angehörige in Regensburg.

Um etwas Abwechslung in den Alltag pflegender Angehöriger zu bringenund ihnen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch zu geben, betreibtder Treffpunkt Seniorenbüro ein regelmäßiges Café. Das Angebot richtetsich an Familienmitglieder Demenzkranker und soll dazu beitragen, dassdie Betroffenen sich nicht alleine fühlen, sondern ein Gefühl vonGemeinschaftlichkeit entwickeln.

Weitere Informationen hierzu in„Selbstorganisation älterer Menschen: Beispiele guter Praxis“ S. 21www.bmfsfj.de

Projekt Demenz Arnsberg

Arnsberg ist eine Kommune mit 76.000 Ein-wohnerinnen und Einwohnern in Nordrhein-Westfalen. Seit dem 1. Januar 2008 wird ineinem von der Robert-Bosch-Stiftunggeförderten kommunalen Modellprojekt dasZiel verfolgt, die Lebenssituation von Men-schen mit Demenz und ihren Angehörigen zuverbessern. Professionelle Hilfs- undUnterstützungsangebote (Arztpraxen, Kliniken,Beratungsstellen u.a.) sollen mit bürger-schaftlichem Engagement auf Augenhöhezusammenarbeiten.

Dazu sollen■ Informationswege und die Vermittlung von

Hilfen verbessert werden

■ Vernetzung und Kooperation von Anbieternim Stadtgebiet unterstützt werden

■ bürgerschaftliche Tätigkeiten und intensiveAuseinandersetzung in der Öffentlichkeitgefördert werden

Weitere Informationen hierzu: www.projekt-demenz-arnsberg.de

Informationen zu demenzfreundlichenKommunen: www.aktion-demenz.de

Demenzfreundliche Kommunen haben sichzum Ziel gesetzt, geeignete Strategien zu ent-wickeln und Maßnahmen durchzuführen, umden Betroffenen und ihren Angehörigen diegrößtmögliche Hilfe zugänglich zu machen.

Depression im Alter

Von besonderer Bedeutung sind Depres-sionen, also „Störungen der Gemütslage, diemit Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Inte-ressenverlust sowie Energie- und Antriebs-losigkeit einhergehen“ (Saß, Wurm, Ziese2009). Die Häufigkeit schwerer Depressionennimmt im Alter nicht zu. Es gibt allerdingsGruppen, z.B. Heimbewohnerinnen und -be-wohner, die ein erhöhtes Risiko tragen, anDepression zu erkranken.

Problematisch ist zudem, dass leichte Formendepressiver Erkrankungen oft nicht rechtzei-tig erkannt und behandelt, sondern als nor-

male Erscheinungen des Alters angesehenwerden.Das Risiko einer depressiven Erkrankungkann sich durch Partnerverlust, subjektiv er-lebte Einsamkeit, Mangel an sozialenKontakten und sozialer Integration sowie(neu auftretende) körperliche Erkrankungenund Behinderungen erhöhen. Wichtige prä-ventive Wirkung haben daher die Stärkungdes Selbstkonzepts der Betroffenen, die Über-zeugung, Kontrolle über die eigenenGeschicke zu haben, die frühzeitige Entwick-lung von Bewältigungsstrategien, Erweite-rung eigener Aktivitäten (z.B. Hobbys), sozi-ale Kontakte und unterstützende Netzwerke(Saß, Wurm, Ziese 2009).

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Informationen zu Depressionen und Selbst-tötungen (Suizide) im Alter mit Materialienund Kontaktadressen; auf den Seiten findensich auch spezielle Materialien zur Ansprachevon Migrantinnen und Migranten

www.buendnis-depression.de

Bewegungsförderung,Sturzprävention undMobilität

Körperliche und geistige Beweglichkeit sindwichtige Vorraussetzungen für eine aktiveTeilhabe am öffentlichen Leben. KörperlicheAktivität, vor allem an der frischen Luft,stärkt das Immunsystem und die seelischeGesundheit. Darüber hinaus wirkt ausrei-chende Bewegung präventiv z.B. bei Osteo-porose, Diabetes, Bluthochdruck, Herz- Kreis-lauf- Erkrankungen sowie gegen biologischeAlterungsprozesse, z.B. Verlust an Muskel-kraft oder Lungenvolumen. Schließlich stärktausreichende Bewegung nicht nur die körper-liche Verfassung sondern auch das Zutrauenin die eigenen körperlichen Fähigkeiten.Die Förderung der Alltagsbewegung erweistsich gerade bei älteren Menschen, die wenigSport in ihrem Leben betrieben haben als na-he liegender Ansatz. Um in diesem Bereichstärkere Aktivitäten zu entfalten, wurden ausMitteln des nationalen Aktionsplans INFORM des Bundesministeriums fürGesundheit und des Bundesministeriums fürErnährung, Landwirtschaft und

Es werden unterschiedlicheSpaziergangsgruppen gebraucht.Einige mit eher sportlichem Charakterund andere, bei denen man z.B. mitdem Rollator gemeinsam noch bis

zum nächsten Geschäft geht.

Verbraucherschutz auf Landesebene Zentrenfür Bewegungsförderung eingerichtet, dieverschiedene Ansätze zur Stärkung derAlltagsbewegung entwickeln und fürKommunen zur Verfügung stellen.Spazierengehen ist eine der wichtigstenFreizeitaktivitäten älterer Menschen. Attrak-tive öffentliche Räume und Grünanlagen imdirekten Wohnumfeld verbessern daherLebensqualität und regen ältere Menschenzum Spaziergang, d.h. zur Mobilität und zurTeilhabe am öffentlichen Leben, an. Fast 70%aller Städte und Gemeinden in Deutschlandstufen Sport und Bewegungsförderung alswichtiges Handlungsfeld ein. WichtigsterAkteur für die Kommunen sind die Sport-vereine (BZgA und DifU, 2007, Senioren-bezogene Gesundheitsförderung undPrävention auf kommunaler Ebene – EineBestandsaufnahme).

Link zum Thema Depression

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42 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Zentrum für Bewegungsförderung

Das Berliner Zentrum hat mit sechzig älteren Bewohnerinnnen und Bewohnern sowie Menschenaus verschiedenen Einrichtungen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg ein World Café zurInitiierung von Spaziergangsgruppen durchgeführt. Bei dieser Methode werden zu denunterschiedlichen Themen Tische vorbereitet, an denen die Teilnehmenden im Verlauf derVeranstaltung reihum Platz nehmen und sich zu den einzelnen Themen austauschen. Beratenwurde z.B., was gute Treffpunkte sind, wer erreicht werden soll und wie die Schulung derSpaziergangspaten organisiert werden kann.

Weitere Informationen:Überblick über alle Zentren für Bewegungsförderung in Deutschland:www.in-form.de/bewegungsfoerderung

Die Entwicklung zielgruppenspezifischerSportangebote für ältere Menschen wird vonSportvereinen vorangetrieben. Denn rund dieHälfte der Älteren über 65 Jahre gibt an,sportlich nicht mehr aktiv zu sein (Quelle: RKI, 2005, S. 9).

Abbildung 7: Die beliebtesten Sportaktivitäten älterer Menschen ab 55Jahren (nach Prof. Dr. Hartmann-Tews, Deutsche Sport Hochschule, BZgAOktober 2009)

Gesundheitsförderungs-angebote des DRK-Landesverbandes

Der Landesverband des Deutschen RotenKreuzes in Baden-Württemberg organisiert inZusammenarbeit mit vielen Partnern ein brei-tes Bewegungs- und Gesundheitsförderungs-angebot für sozial benachteiligte ältere Men-schen, welches wöchentlich ca. 30.000 Men-schen erreicht. Es werden verschiedene Kurse(Tanzen, Gymnastik, Gedächtnistraining etc.)angeboten. Um Migrantinnen und Migrantenbesser ansprechen zu können, wurden 150 vonihnen zu Kursleitungen ausgebildet.

Weitere Informationen hierzu unterwww.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

SSppoorrttaakkttiivviittäätt FFrraauueenn MMäännnneerrRRaaddffaahhrreenn 30 % 36 %SScchhwwiimmmmeenn 20 % 19 %GGyymmnnaassttiikk 28 % 4 %WWaannddeerrnn//SSppaazziieerreenn 17 % 22 %JJooggggeenn//LLaauuffeenn 8 % 15 %FFiittnneessss 9 % 10 %TTeennnniiss 5 % 7 %((NNoorrddiicc)) WWaallkkiinngg 7 % 5 %

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43Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Das IN FORM- Projekt „Bewegt leben – mehr vom Leben“

Im Rahmen des Modellprojektes „Gesund im Alter“ des nationalen Aktionsplans IN FORM geht dieBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Bundesministeriums fürGesundheit im Rhein-Sieg-Kreis der Frage nach, wie im kommunalen Bereich nachhaltigegesundheitsförderliche Strukturen für ältere Menschen aufgebaut werden können. Die Erfahrungensollen über die ebenfalls im Rahmen des nationalen Aktionsplans IN FORM eingerichteten Zentrenfür Bewegungsförderung auf weitere Regionen übertragen werden.

Zu Beginn des Modellprojektes wurden bereits bestehende Angebote für ältere Menschenzusammengetragen. In einer Umfrage, an der etwa 1000 Menschen über 60 Jahre teilnahmen,wurden sportliche Aktivitäten, das Ernährungsverhalten, Angebotswünsche und Hindernisse einerTeilnahme erfragt. Dadurch sollten fehlende Bekanntheit und mögliche Teilnahmehindernisseerarbeitet und reduziert werden. Angebote sollen so auf die Zielgruppe der älteren Menschen unterEinbezug dieser angepasst werden. Aus diesen Erfahrungen sollen Handlungshilfen undArbeitsleitlinien erarbeitet werden, die auch in anderen Kommunen Anwendung finden können.

Weitere Informationen unter www.in-form.de und www.bewegtleben.net

Schätzungen gehen davon aus, dass 30 Pro-zent der in Deutschland lebenden Personenüber 65 Jahre mindestens einmal pro Jahrstürzen (BKK, 2006, S. 76). Ein besondershohes Risiko haben Pflegeheimbewohne-rinnen und -bewohner. Hier wird geschätzt,dass der Anteil bei 50 Prozent liegt. In Folgeder Stürze können sich Hüftfrakturen einstel-len, in besonders schweren Fällen mit derFolge von Pflegebedürftigkeit. Die unmittel-baren medizinischen Behandlungskostenwerden auf über eine Milliarde Euro ge-schätzt (BKK, 2006). Nur ca. ein Drittel der alten Menschen, diesich nach einem Sturz eine

Oberschenkelhalsfraktur zuzogen, erreichtdie ursprüngliche Alltagskompetenz fürgrundlegende Tätigkeiten (Essen, Körper-pflege) wieder, sogar nur ca. ein Fünftel derBetroffenen ist weiter in der Lage, die nötigenVerrichtungen für ein selbstständiges Lebendurchzuführen, wie Einkaufen oderHausarbeit. Ein wesentlicher Grund ist psy-chisch bedingt: die Angst vor einem erneutenSturz. Regelmäßiges Bewegungstraining ver-hilft dem Körper zu mehr Beweglichkeit undGeschicklichkeit und beugt dadurch nicht nurStürzen vor, sondern unterstützt auch denGenesungsprozess nach einem Sturz.

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44 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Medienset zur Sturzprävention des Hamburger ArbeitskreisesSturzpräventionIm Rahmen eines Kooperationsprojektes des Gesunde Städte-Netzwerkes und derBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wurde von der Behörde fürSoziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz der Stadt Hamburg einMedienset zur Sturzprävention entwickelt, das Kommunen des gesunden Städte-Netzwerks zur Planung und Durchführung kommunaler Projekte verschickt und zurNachahmung empfohlen wurde:

■ Arbeitshilfen „Mehr Gesundheit im Alter“ zur Bewegungsförderung undSturzpräventionExemplarisch wird an den Aktivitäten des Hamburger Arbeitskreises Sturzpräventionein strukturiertes Vorgehen dargestellt, um ein lokales Konzept zur Gesundheits-förderung für ältere Menschen zu planen, umzusetzen und zu evaluieren. DieVernetzung lokaler Organisationen und Akteure findet dabei besondereBerücksichtigung. Die Arbeitshilfen liegen als CD-Rom vor. Der modulare Aufbauermöglicht es, von einem Basismodul aus über entsprechende Verweise (Hyperlinks)Vertiefungsmodule mit weiterführenden Informationen, Praxisbeispielen, Anhängen,einem Glossar und einer Linksammlung direkt anzusteuern.

■ Der Ratgeber „Sicher gehen – weiter sehen: Bausteine für Ihre Mobilität“ wendetsich an die Zielgruppe der Seniorinnen und Senioren selbst, kann aber auch imKontext individualisierter Beratung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoreneingesetzt werden (z.B. Arztpraxen, Apotheken, Senioreneinrichtungen).

Download der Broschüre ist möglich unter: www.hamburg.de/contentblob/895024/data/sicher-gehen-broschuere-2008.pdf

■ Darüber hinaus wurden eine Plakatserie und ein Flyer „Bewegung lohnt sich“ mit Anleitungen für fünf einfachdurchzuführende Bewegungsübungen für die Zielgruppe „Ältere Menschen“ entwickelt. Sie sind für einen Einsatz aufkommunaler Ebene zur Unterstützung von Aktionen und Veranstaltungen zur Thematik Mobilitäts- und Bewegungsförderungim Alter gedacht. Die Vorlagen können interessierten Kommunen – unter Berücksichtung von Copyright-Aspekten – zurVerfügung gestellt werden.

Weitere Informationen und download unter: www.gesundheit.hamburg.de –> Prävention und Gesundheitsförderung

Abbildung 8: Medienset „MehrGesundheit im Alter!“(Quelle: Behörde für Soziales,Familie und Verbraucherschutz,2009)

Aktivitäten der Zentren für Bewegungsförderung in allen Bundesländernsowie die Broschüre „Fit im Alltag – Aktiv gegen Stürze“ des DeutschenTurnerbundes mit praktischen Beispielen zum Ausprobieren und Nach-machen.

Informationen des Deutschen Olympischen Sportbunds für Menschen ab50 Jahren (z.B. Freizeit- und Gesundheitssport), aber auch Fitnesstipps fürdas Alter und Informationen zu Generations- bzw. Seniorenspielplätzen

Übersicht über Angebote zur Sturzprophylaxe

World Health Organization (2009) Physical Activity and Older Adults

www.in-form.deBroschüre „Fit im Alltag – Aktiv gegen Stürze“ (–> Publikationen –> ältere Menschen)

Kontakt zu den Zentren überwww.in-form.de/bewegungsfoerderungwww.richtigfitab50.de

www.bvpraevention.de

www.who.int/dietphysicalactivity/factsheet_olderadults/en/print.html

Links zum Thema Bewegungsförderung und Sturzprävention

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Ernährung undMundgesundheit im Alter

ErnährungEine ausgewogene und dem Lebensstil ange-passte Ernährung wirkt gerade im Alter vor-beugend und gesundheitsfördernd. Nach ei-ner Umfrage von 2003 waren in der Alters-gruppe der 60- bis 69-Jährigen 85 Prozent derbefragten Männer und 79 Prozent der befrag-ten Frauen übergewichtig oder adipös. In derAltersgruppe 70+ waren es noch 81 Prozentder Männer bzw. 78 Prozent der Frauen (Saß;Wurm; Ziese, 2009 b, S. 40).

Neben der Bewegungsförderung beeinflussteine mäßige, kalorien- und fettarmeErnährung das Körpergewicht. Ab 50 Jahrensinkt der Energiebedarf eines Menschen, beigleich bleibendem Nährstoffbedarf. DieZusammensetzung der Mahlzeiten ist dahersehr wichtig, z.B. wirkt eine ausreichendeVersorgung mit Kalzium und Vitamin D prä-ventiv gegen Osteoporose.

Eine wirkungsvolle Ernährungsberatung soll-te über eine individuell angepasste, ausgewo-gene Ernährung informieren und darüberhinaus die richtigen Techniken des Einkau-fens, der Vorratshaltung und der Zubereitungvermitteln. Dabei sollten bestimmte Ziel-gruppen besonders beachtet werden, zumBeispiel alleinstehende ältere Männer.

Kochkurs für ältere Männer

Das Angebot wurde in Siedlungen mit älteren Bewohnernerprobt, die eine industriell geprägte Erwerbsbiographiehatten. Aufgrund der zumindest früher üblicheninnerfamiliären Arbeitsteilung fehlte es an notwendigemWissen und Erfahrungen zu einer ausgewogenen Ernährungsowie an Kraft und Motivation, das eigeneErnährungsverhalten nachhaltig zu ändern.

BBeessttaannddtteeiillee ddeess KKuurrsseess::■ Organisation eines regelmäßigen, gemeinsamen gesunden

Frühstücks

■ Kochkurs unter dem Motto: schnell, einfach, preiswert,lecker und gesund

■ Einkaufen im Viertel: Gemeinsame Einkaufstour mitfachlicher Beratung

■ „Von uns – für uns“ – „festliche“ Abendessen, bei denen dieTeilnehmer für den Rest der Gruppe Gerichte aus ihrerJugend bzw. aus ihrer Heimat kochen.

Akteure im Rahmen des Angebotes waren örtlicheGewerkschaftsbüros, Krankenkassen, Renten-beratungsstellen, Ärzte, Apotheken, Seniorentreffs und Ämter.

Das Angebot wurde mit Unterstützung von Ernäh-rungsberatung, Köchen und Köchinnen, Verbraucherberatung,Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Seniorentreffs undAltentagesstätten sowie dem Hausfrauenbund organisiert.

Orte: Räume in Krankenkassen, Tagesstätten, Stadtwerken(Kochkurs)

Materialien: Lebensmittel, Rezeptsammlung, Broschüren

Aus: BKK Bundesverband. 2009, S. 21 f.

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46 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Rahmenbedingungen im Quartier für eineausgewogene und gesunde Ernährung:

■ frische und vielfältige Lebensmittel müssenim Wohnumfeld erhältlich sein

■ die Zubereitung und Aufbewahrung vonSpeisen durch Mittagstische und Bring-dienste sollten qualitativ hochwertig imSinne einer gesunden Ernährung sein (z.B. kein stundenlanges Warmhalten derSpeisen)

MundgesundheitZahnverlust und schlecht sitzende Prothesenkönnen bei älteren Menschen Gründe fürRückzug und Isolation sein. Sie könnenaußerdem eine Ursache für Kaubeschwerden

werden. Etwa 20 Prozent der alten Menschensind davon betroffen. Das Kauen ist für dieZerkleinerung und Aufnahme der Nahrungwichtig, hat aber auch appetitanregendeFunktionen. Erst beim Kauen werdenGeschmacks- und Geruchsstoffe der Nahrungfreigesetzt. Mit dem Alter nimmt zudem dieSpeichelbildung ab. Dadurch kann es ver-mehrt zu Mundtrockenheit und entzünd-lichen Infektionen im Mundraum kommen.

Die Ursachen für Kaustörungen müssen er-kannt und behoben werden, z.B. durch Sa-nierung des Zahnapparates, verstärkte Mund-hygiene und Anregen des Speichelflusses (beiMundtrockenheit) z.B. durch ausreichendesTrinken.

Bis(s) ins hohe Alter

Der Rhein-Kreis Neuss hat mit zahlreichen Partnern das Projekt „Bis(s) ins hohe Alter“ initiiert. Ziel ist die Verbesserung derMundgesundheit pflegebedürftiger Menschen. Dazu kooperieren die Partner mit fünf Einrichtungen der Altenpflege.

Im Mittelpunkt des Projekts stehen Schulungen des Pflegepersonals in der Speziellen Mundpflege durch ehrenamtlich tätigeZahnärzte – so genannte Patenzahnärzte. Diese führen ferner halbjährlich eine zahnärztliche Untersuchung durch und bei Bedarfkönnen sie mit einer mobilen Behandlungseinheit direkt vor Ort kleinere zahnmedizinische Behandlungen durchführen. Dies istinsbesondere für nicht mobile Bewohner eine erhebliche Erleichterung. In regelmäßigen Abständen werden darüber hinausindividuelle Vorsorgemaßnahmen wie professionelle Zahn- und Prothesenreinigung durchgeführt.

Das Pflegepersonal kann die gewonnenen Kenntnisse in den Pflegealltag einbringen, wodurch sich in vielen Fällen die defizitäreMundhygiene der Heimbewohner verbessert. Hierdurch kann eine Steigerung der Lebensqualität der Bewohnerinnen undBewohner in den Einrichtungen erreicht werden.

Weitere Informationen hierzu: www.rhein-kreis-neuss.de –> Themen –> Gesundheit –> Seniorengesundheit

Für Fachkräfte stehen verschiedene Broschüren mit Ernährungstipps undanderen Informationen zum Herunterladen zur Verfügung, z.B.■ Essen und Trinken im Alter■ Kau- und Schluckbeschwerden■ Checklisten■ Rezepte■ Qualitätsstandards

www.fitimalter.de

Link zu Ernährung und Mundgesundheit

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47Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Pflegende AngehörigeDie Zahl der zu pflegenden Personen wird,wie in Kapitel 1. bereits erläutert wurde, wei-ter zunehmen. Diese Entwicklung veran-schaulicht die folgende Grafik. Der Hoch-rechnung des Status Quo, also den heutigenZahlen Pflegebedürftiger, wird der günstigeFall, also dass Präventionsmaßnahmen wir-ken und zukünftig der Eintritt chronischerErkrankungen und damit die Zahl der Pflege-bedürftigen verringert werden kann (sog.Kompressionsthese), gegenüber gestellt.Selbst wenn chronischen Erkrankungen vor-gebeugt und nachfolgende Generationen ge-sünder in die hohen Lebensjahre kommen,steigt die Zahl der hilfsbedürftigen Personenauf etwa 3,5 Millionen im Jahre 2050 an.

Soziale Netzwerke und die Unterstützungdurch Angehörige, Freunde und Nachbarn,werden damit zu wichtigen Faktoren, umvorübergehend zu unterstützen und stationä-re Pflege möglichst lange hinaus zu zögern.Dazu bedarf es jedoch auch tragfähigerEntlastungs- und Unterstützungsangebote fürpflegende Angehörige. Denn die Belastungder Pflegetätigkeit beeinträchtigt die Gesund-heit der meist selbst bereits älteren pflegen-

Abbildung 9: Entwicklung der Pflegebedürftigenim Vergleich, (Quelle: Sachverständigenrat zurBegutachtung der Entwicklung im Gesund-heitswesen, 2009, S. 511)

den Angehörigen und kann zu eigenenschweren Erkrankungen führen. Das Wissen um Unterstützungsmöglichkeitenund der Kontakt zu anderen Betroffenen kön-nen Belastungen verringern. Eine frühzeitigeSuche nach externer Unterstützung kannNotlagen vorbeugen oder verbessern undstellt eine wichtige präventive Hilfe für pfle-gende Angehörige dar.Für den Erfolg von Unterstützungsangebotenist es allerdings notwendig, dass diese sehrniedrigschwellig im Quartier verankert sindund die Inanspruchnahme von Hilfe alsSelbstverständlichkeit gilt. Oft bestehenVorbehalte gegenüber der Suche nachUnterstützung, da Hilfebedürftigkeit häufigmit individuellem Versagen gleichgesetzt

Broschüre „Pflegefall in der Familie –Was nun?“ des Kölner Bündnisses fürFamilie*

Das Kölner Bündnis für Familie hat2008 eine Informationsbroschüre für

pflegende Angehörige herausgebracht. DieseBroschüre „Pflegefall in der Familie – Was nun?“gibt nützliche Informationen und Tipps zuPflegestufen, Leistungen des Sozialamtes undrechtlichen Fragen der Betreuung sowie zurVereinbarkeit von Familie und Pflege. Außerdembietet sie Kontaktadressen zu Beratungs- undFortbildungsangeboten und enthält eineCheckliste, welche die Auswahl eines geeignetenambulanten Pflegedienstes erleichtern soll.

* Die Broschüre ist auf der CD dieserArbeitshilfen enthalten.

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48 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

wird. Diesem Image gilt es ebenso sensibelwie hartnäckig entgegen zu wirken, wennUnterstützung präventiv, d.h. frühzeitig wir-ken soll.

Inanspruchnahme vonmedizinischen Früh-erkennungsangeboten

Die Teilnahme älterer Menschen an Früh-erkennungsuntersuchungen der gesetzlichenKrankenkassen sowie an Therapien oderRehabilitationsmaßnahmen sind wichtigeBausteine für den Erhalt der Gesundheit.Eine frühzeitige Teilnahme an diesenAngeboten hilft, Erkrankungen früh erkennenund im Anfangsstadium behandeln zu kön-nen, Gesundheitsrisiken rechtzeitig zu identi-fizieren und individuell abgestimmte Behand-lungen zu entwickeln.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme dermedizinischen Versorgung ist die Bereit-schaft, an Früherkennungsuntersuchungenauch ohne akute gesundheitliche Problemeteilzunehmen. Empfohlene oder notwendigeKonsequenzen der Untersuchung wie Prä-ventionskurse oder Therapien und Reha-Maßnahmen müssen konsequent befolgt wer-den. Hierfür müssen präventive und gesund-heitsförderliche Angebote kostengünstig undniedrigschwellig im Quartier vorhanden undbekannt sein. Eine Vernetzung der einzelnenAnbieter zu lokalen Gesundheitsnetzen ist imSinne der ganzheitlichen Prävention bei älte-ren Menschen eine wichtige Zielvorgabe. DasWissen und Bewusstsein um die Wirksam-keit von Prävention und Gesundheitsförde-rung im Alter muss auch bei der Ärzteschafterweitert und verstärkt werden.

Regelmä-ßige Augen-untersu-chungendienen auch

der Sturzprävention;Hörtests sichern dieKommunikation undhaben damit auchpräventive Wirkunggegen Depressionen.

Informationen zu empfohlenen Früherkennungsuntersuchungen und Impfungen im Alter.Das Material „Alles im Blick – Meine Gesundheit“ der Bundesarbeitsgemeinschaft derSeniorenorganisationen BAGSO hilft auch dabei, sich einen Überblick über die eigenenGesundheitsunterlagen zu verschaffen und diese strukturiert abzulegen. Darüber hinauswerden Vorlagen z.B. für Betreuungs- und Patientenverfügungen an die Hand gegeben.

Einen Überblick über verschiedene Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen sowieLeistungen der gesetzlichen Krankenkassen bietet die Internetseite desBundesministeriums für Gesundheit.

www.bagso.de/allesimblick.html

www.bmg.bund.de

Arzneimittel im Alter

Der Sachverständigenrat zur Begutachtungder Entwicklung im Gesundheitswesen hatsich in seinem Sondergutachten 2009 aus-führlich mit den Problemen der Arzneimittel-verordnung bei alten Menschen mit mehrfa-chen Erkrankungen befasst. So wird an Handeiner imaginären 79-jährigen Patientin mitzahlreichen Erkrankungen wie Osteoporose(Knochenschwund), Osteoarthritis (entzünd-

liche Erkrankung von Knochen undGelenken), Diabetes mellitus Typ 2 (Zucker-krankheit), Hypertonie (Bluthochdruck) undchronisch obstruktiver Lungenerkrankung(dauerhaft entzündete und verengteAtemwege) dargestellt, dass diese Patientintäglich zwölf Medikamente in 19 Einzel-dosen, zu fünf verschiedenen Zeitpunkten,zwischen 7 Uhr und 23 Uhr einnehmen müs-ste (Sachverständigenrat, 2009, S. 458 f.). Äl-tere Menschen erhalten auf Grund von mehr-

Links zu Früherkennungsuntersuchungen

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49Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Abbildung 10: Arzneimittelverbrauch in definierten Tagesdosen (DDD) jeVersichertem in der GKV 2007. (Quelle: Sachverständigenrat, 2009, S.466)

Neben Anforderungen an die pharmazeuti-sche Forschung werden vor allem Verbes-serungen in der Versorgung älterer Menschengefordert.„Reserven für die Gesunderhaltung und dieHinauszögerung einer Pflegeabhängigkeitsind aber nicht nur im Verhalten der altenFrauen und Männer zu suchen. Ebenso lie-gen diese in den Verhältnissen des Gesund-heitssystems. So werden insbesondere weibli-che biografische Stationen im Alter imRahmen der medizinischen Versorgung alsKrankheit umdefiniert: Zeiten vonLebensveränderungen, wie die Empty Nest-Phase [die Kinder sind „ausgeflogen“] nachdem Auszug der Kinder oder die Meno- undPostmenopause sind heute anfällig für medi-zinische Interventionen. Ein verändertesVerordnungsverhalten der Ärzte zum Beispielkönnte Frauen im Alter helfen, ihre Gesund-heit positiv zu beeinflussen. Der hoheMedikamentenverbrauch vieler Frauen, ins-besondere der Verbrauch von Beruhigungs-mitteln und Psychopharmaka, hat letztend-lich auch mit den geschlechtsspezifischenZuschreibungen vieler Ärzte zu tun. Sie nei-gen bei Frauen eher dazu, Symptome wie

Älterwerden und Gesundheit – diePatientinnenschulung

Das Feministische Frauengesundheitszentrum Berlin hat eine Patientin-nenschulung entwickelt, die ältere Frauen zu gesundheitlichen Themeninformiert, um Erkrankungen vorzubeugen und ihr Selbsthilfepotenzial fürden Umgang mit Beschwerden, gesundheitlichen Einschränkungen oderErkrankungen zu verbessern. Das Projekt richtet sich besonders an sozialbenachteiligte Frauen. Durch die Sprach- und Kulturmittlung werden auchältere Migrantinnen gut erreicht.

Weitere Informationen hierzu www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:datenbank

„psychische Überforderung” oder „(Klimak-teriums-) Depressionen” zu diagnostizieren.Studien konnten zeigen, dass die häufigerenMedikamentenverordnungen für Frauen mitderen häufigeren Arztbesuchen zusammen-hängen. An diesem Punkt schließt sich einKreislauf: Frauen äußern mehr Beeinträch-tigungen des seelischen und körperlichenBefindens. Frauen gehen häufiger zum Arzt,Frauen bekommen häufiger Medikamenteverschrieben, besonders solche, die impsycho-vegetativen Bereich wirken“ (Sach-verständigenrat, 2009, S. 619).

fachen Erkrankungen (Multimorbidität) meistviele unterschiedliche Arzneimittelverord-nungen und haben dadurch auch eine erhöh-te Gefahr, an unerwünschten Arzneimittel-nebenwirkungen und -wechselwirkungen zuleiden (Sachverständigenrat, 2009, S. 471),wie die folgende Grafik zeigt.

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Kapitel 4 – Prävention lohnt sich in jedem Alter

Das Frauengesundheitsportal der BZgA bietet nebenvielen anderen Themen auch wichtige und interessanteInformationen rund um das Thema „Gesund älterwerden“.

www.frauengesundheitsportal.de

Tipps zum WeiterlesenCruz-Jentof, AJ et al (2008). European Silver Paper on theFuture of Health Promotion and Preventive Actions, BasicResearch and Clinical Aspects of Age-Related Disease. EuropeanSummit on Age-Related Disease. Wroclaw *

Demenz Support Stuttgart (Hrsg.) (2010): „Ich spreche für michselbst“. Menschen mit Demenz melden sich zu Wort. Frankfurta.M., Mabuse

Deutsches Forum Prävention und Gesundheitsförderung (Hrsg.)(2004). Botschaften für gesundes Älterwerden. Berlin *

European Network for Safety among Elderly (o.J.). Factsheet:Sturzprävention bei älteren Menschen. Verfügbar unter: www.eu-roipn.org/eunese/Documents/FS%20GE/FS_FALLS_GE.pdf

Kruse, Andreas (1999). Regeln für gesundes Älterwerden.Verfügbar unter: www.bvpraevention.de *

Kümpers, Susanne (2008). Alter und gesundheitlicheUngleichheit: Ausgangspunkte für sozialraumbezogenePrimärprävention. Berlin, Wissenschaftszentrum Berlin fürSozialforschung*

* auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

Das Modellprojekt „bewegt leben – mehr vom Leben“ desBMG und der BZgA

Dokumentation der Fachtagung „Mobilität und Alter inNiedersachsen“ (Sept. 2007)

Bundesministerium für Gesundheit: Prävention undGesundheitsförderung für ältere Menschen

Deutscher Präventionspreis 2005 für die Maßnahme„Aktive Gesundheitsförderung im Alter“

Dokumentation der Regionalkonferenz „Eine Zukunfts-aufgabe der Kommunen“ (Veranstaltung vom 15.10.2009)

www.bewegtleben.net

www.gesundheit-nds.de/dokumentationen/20072008/210907mobilitaetundalterinniedersachsen.htm

www.bmg.bund.de/nn_1168248/SharedDocs/Standardartikel/DE/AZ/P/Glossarbegriff-Praevention-im-Alter.html

www.deutscher-praeventionspreis.de/praeventionspreis/2005/preistraeger.php

www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/?id=main1&news=356

Links zum Thema „Prävention im Alter“

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51Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

Quellennachweise

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Au, C. (2010). Pflegebedürftigkeit im demografischen Wandel:Prävention und Gesundheitsförderung. In: informationsdienst altersfragen 01/2010. Hrsg. Deutsches Zentrum für Altersfragen.Berlin. S. 7-15. Verfügbar unter: www.dza.de –> Publikationen

Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und VerbraucherschutzHamburg. Hrsg. (2009). Mehr Gesundheit im Alter – Arbeitshilfenfür Bewegungsförderung und Sturzprävention im Alter amBeispiel des Hamburger Arbeitskreises Sturzprävention. CD

Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2009). Präventionund Gesundheitsförderung für ältere Menschen im SettingKommune (Kurz-Expertise). Rostock: Publikationsverbund derBundesregierung. Verfügbar unter:www.bmg.bund.de/nn_1168248/SharedDocs/Publikationen/DE/Praevention/F-10002-gesundheitsfoerderung-aeltere-menschen-setting-kommune.html

BKK Bundesverband (Hrsg.) (2009). Handlungshilfe. Gesund älterwerden im Stadtteil. Verfügbar unter: www.bkk-nordwest.de/presse-center/publikationen/download/gesund_aelter_werden.pdf *

Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2010). Geistig fit imAlter durch Ernährung, Bewegung und geistige Aktivität.Verfügbar unter: www.bmg.bund.de siehe Publikationen

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Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2010). Aktivsein – fürmich Auswirkungen von Bewegung auf die psychischeGesundheit von Frauen. Verfügbar unter: www.bmg.bund.de siehePublikationen

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52 Aktiv werden für Gesundheit · Heft 6

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Tesch-Römer, C.; Wurm, S. (2009). Wer sind die Alten?Theoretische Positionen zum Alter und Altern. In: Böhm, K.;Tesch-Römer, C.; Ziese, T. (Hrsg.) Beiträge zur Gesundheits-berichterstattung des Bundes. Gesundheit und Krankheit im Alter.Berlin, Robert Koch- Institut, S. 7-20 (Internetverweis siehe oben)

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Weeber, R. (2010). Möglichkeiten und Chancen gesundheitsorien-tierter Stadtentwicklung. Präsentation, Berlin. Verfügbar unter:www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:fachtagung-quartier

World Health Organization (2002). Aktiv Altern.Rahmenbedingungen und Vorschläge für politisches Handeln.Wien, Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationenund Konsumentenschutz, Kompetenzzentrum für Senioren- undBevölkerungspolitik

Wurm, S.; Lampert, T.; Menning, S. (2009). SubjektiveGesundheit. In: Böhm, K.; Tesch-Römer, C.; Ziese, T. (Hrsg.)Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes:Gesundheit und Krankheit im Alter. Berlin, Robert Koch-Institut,S. 79-91 (Internetverweis siehe oben)

* auf der CD zu diesen Arbeitshilfen vorhanden

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Aktiv werden für Gesundheit

Arbeitshilfen für Prävention undGesundheitsförderung im Quartier Heft 6

Gesund und aktiv älter werden

Gesundheit im AlterÄltere Menschen besitzen viele Ressourcen und präventive Potentiale, welchebislang nur in geringem Maße ausgeschöpft werden. Dieses Kapitel gibt einenEinblick in verschiede Altersbilder, die demographische Entwicklung und ihreBedeutung für die Kommunen, soziale Benachteiligung im Alter und dieGesundheit und Lebensqualität im Alter, die durch partizipative Projekte und so-ziale Teilhabe erheblich verbessert werden können.

Probleme und Ressourcen für ältere Menschen im Quartier erkennenDas direkte Wohnumfeld ist für ältere Menschen von besonderer Bedeutung, dasie meist nicht mehr die Möglichkeit haben, Angebote wahrzunehmen, für diesie weite Wege zurücklegen müssen. Wie eine Bestandsaufnahme bereits vorhandener Angebote für ältere Menschenim Quartier gemacht werden kann, welche Kriterien für ein gesundheitsförderli-ches Quartier für Ältere von Bedeutung sind und welche Belastungen undRessourcen ein Quartier bieten kann, wird in diesem Kapitel aufgezeigt.

Das Quartier für Ältere gesundheitsförderlich gestaltenDer Ausbau einer lokalen Angebotsstruktur, die Gestaltung eines komfortablen,sicheren und anregenden Wohnumfeldes, der Abbau von Barrieren und dieFörderung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens zählen zu den wichtigenHandlungsfeldern für Gesundheitsförderung für ältere Menschen im Quartier.Dieses Kapitel zeigt auf, wie diese Maßnahmen verwirklicht werden können,welche Projekt- und Netzwerkpartner angesprochen werden können und wie dieZielgruppe der benachteiligten älteren Menschen am effektivsten zu erreichenist.

Prävention lohnt sich in jedem AlterPrävention und Gesundheitsförderung sind für die Gruppe der älteren Menschenund gerade bei bereits bestehenden Einschränkungen besonders wichtig. Siekönnen dazu beitragen Mobilität, Selbstständigkeit und Teilhabe im Alltag zu er-halten und das Entstehen einer Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. DiesesKapitel geht auf Lebensbereiche wie Bewegung, Ernährung und Pflege, aber auchauf Krankheitsbilder wie Demenz und Depression ein, die im Alter vonBedeutung sind und ein hohes präventives Potential aufweisen. Die mit ihnenverbundenen Möglichkeiten, gesundheitsförderlich Einfluss nehmen zu könnenwerden erläutert ebenso wie Früherkennungsangebote und die Problematik derArzneimittelversorgung im Alter.

Tipps zum WeiterlesenSie dienen zur Vertiefung eines interessierenden Themas.

LinksHier finden sich nützliche Informationen, Adressen von Datenbanken, praktischeHinweise, Projektbeispiele und mögliche Partner.

ChecklistenSie helfen bei der praktischen Umsetzung von Gesundheitsförderung undPrävention im Quartier.