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Aus der neurologischen Klinik mit Poliklinikder
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergDirektor: Prof. Dr. med. Stefan Schwab
Untersuchung des Geschmacksinns bei verschiedenen Formen des Parkinsonsyndroms
Inaugural-Dissertationzur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultätder
Friedrich-Alexander-UniversitätErlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Martin Krause
aus Erlangen
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. med. J. Schüttler
Referent: Prof. Dr. med. C. Lang
Korreferent: Prof. Dr. med. S. Schwab
Tag der mündlichen Prüfung: 14. April 2010
Inhaltsverzeichnis:
1. ZUSAMMENFASSUNG
2. EINLEITUNG
2.1. Physiologie und Pathophysiologie2.1.1. Morbus Parkinson und andere Parkinsonsyndrome2.1.2. Pathophysiologie des idiopathischen Parkinsonsyndroms2.1.3. Physiologie der Geschmackswahrnehmung
2.2. Aufgabenstellung und Zielsetzung2.2.1. Vorarbeiten2.2.2. Aufgabenstellung2.2.3. Hypothesenbildung
3. METHODE
3.1. Patientenkollektiv und Kontrollgruppe3.2. Datenerfassung
3.2.1. Personenbezogene Daten3.2.2. Syndrombezogene Daten3.2.3. Hoehn & Yahr-Skala 3.2.4. Webster-Skala3.2.5. Grunderkrankungen und Ausschlusskriterien3.2.6. Medikamentenanamnese3.2.7. Mini-Mental-Status-Test 3.2.8. Geschmackstreifentest
3.3.Auswertung der Ergebnisse
4. ERGEBNISSE4.1.Gruppenstatistiken
4.1.1. Versuchsgruppe gegen Kontrollgruppe4.1.2. Subgruppen gegen Kontrollgruppen
4.2.Ergebnisse des Geschmackstests4.2.1. Parkinsonsyndrom gegen Kontrollgruppe4.2.2. Versuchsgruppe gegen Kontrollgruppe4.2.3. direkter Vergleich der verschiedenen Diagnosen
4.3. Korrelation mit Schweregrad und Dauer4.4. Einfluss von Medikamenten und Noxen
4.4.1. Medikamente4.4.2. Alkohol und Nikotin
4.5. Einfluss des Mini-Mental-Status-Test4.6. Einfluss der Schulbildung4.7. Einfluss auf den Ernährungszustand4.8. Einfluss des Alters4.9. Einfluss des Geschlechts4.10. Auswertung der Seitenunterschiede
5. DISKUSSION 5.1.Hypothesenbezogene Zusammenfassung5.2.Methodik 5.3.Stör- und Einflussgrößen5.4.Mögliche Erklärungsmodelle 5.5.Klinische Relevanz
5.5.1. Der Geschmackstreifentest als diagnostischer Test5.5.2. Praktische Schlussfolgerungen
6. LITERATURVERZEICHNIS
7. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
8. VERZEICHNIS DER VORVERÖFFENTLICHUNGEN
9. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
10.TABELLENVERZEICHNIS
11. DANKSAGUNG
12.LEBENSLAUF
1
1. ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund und Ziele
Während Beeinträchtigungen des Geruchssinns beim Parkinsonsyndrom seit
längerem bekannt und gut untersucht sind, wurde dem Geschmackssinn
bislang nur wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht. Bisher liegen nur
wenige zum Teil widersprüchliche Daten zur gustatorischen Leistung von
Parkinsonpatienten vor. Ziel dieser Untersuchung ist daher einerseits eine
genaue Quantifizierung eventuell vorhandener Geschmacksstörungen beim
Parkinsonsyndrom, andererseits soll der Frage nachgegangen werden, ob
sich solche Störungen bei verschiedenen Syndromformen in unterschiedlicher
Weise darstellen.
Methoden
Zwischen September 2006 und März 2007 wurden insgesamt 49 Patienten,
16 Frauen und 33 Männer, mit einem Parkinsonsyndrom untersucht, davon 39
mit einem idiopathischen Parkinsonsyndrom und 10 mit nicht-idiopathischen
Syndromformen. Eine Kontrollgruppe wurde im Verfahren der Paarbildung
erstellt, wobei hinsichtlich des Geschlechts, des Alters sowie der Rauch- und
Trinkgewohnheiten angeglichen wurde. In der Kontrollgruppe wurden nur
neurologisch gesunde Personen untersucht.
Die Geschmackstestung wurde mittels imprägnierter Geschmackstreifen
durchgeführt, wobei nur die Qualitäten süß, sauer, salzig und bitter getestet
wurden. Neben personenbezogenen Informationen wurden Daten zum
Schweregrad der Erkrankung und zu eventuellen Einflussfaktoren
(Medikamente, Noxen, Demenzschweregrad) erhoben.
Ergebnisse und Beobachtungen
Die Untersuchungsreihe bestätigte eine Einschränkung der
Geschmackswahrnehmung bei Patienten mit einem Parkinsonsyndrom. Ein
Zusammenhang zwischen Erkrankungsdauer und dem gustatorischen Defizit
konnte nicht belegt werden, allerdings korreliert die Erkrankungsschwere
negativ mit der Geschmacksleistung. Beim Vergleich der Syndromformen
konnte zwar ein schlechteres Abschneiden der Patienten mit nicht-
2
idiopathischen Syndromformen gezeigt werden, jedoch ist dies nur für die
Geschmacksqualität sauer signifikant.
Ferner zeigten Probanden mit niedrigen MMST-Scores schlechtere
Leistungen in der Geschmackstestung.
Praktische Schlussfolgerungen
Das gehäufte Auftreten von Geschmacksstörungen bei Patienten mit einem
Parkinsonsyndrom kann als gesichert angesehen werden, allerdings ist die
Ausprägung dieses Symptoms nicht so deutlich wie etwa das olfaktorische
Defizit. Eine Differenzierung verschiedener Syndromformen über eine
Geschmackstestung dürfte sich aufgrund der geringen Unterschiede als
schwer erweisen, allerdings waren die Fallzahlen in dieser Untersuchung nicht
hinreichend groß, um sich diesbezüglich endgültig festzulegen. Zwar konnte
ein Zusammenhang zwischen Erkrankungsschwere und Ausmaß der
Hypogeusie gezeigt werden, es ist jedoch auch hier fraglich, ob dieser
Zusammenhang stark genug ist, um die Geschmackstestung im Sinne eines
State-Markers einzusetzen.
1. ABSTRACT
Background and objectives
While disturbances of smell in patients with Parkinson´s disease are well
established and investigated, there has been little attention given to the sense
of taste. So far only few, sometimes contradictory, data concerning the
gustatory performance of Parkinson patients are available. This examination
aims to an exact quantification of possibly existing disturbances of taste in
Parkinson´s disease on the one hand, and on the other hand it addresses the
issue of differences regarding the specificity of such disturbances.
Methods
Between september 2006 and march 2007 a total of 49 patients, 16 women
and 33 men, with Parkinson syndrome, were examined, 39 with idiopathic
Parkinson´s disease and 10 with non-idiopathic syndromes. A control group
3
was matched with regard to gender, age, smoking and drinking habits. Only
neurologically healthy persons were included.
The assessment of taste was performed using the Taste Strip Test comprising
the qualities sweet, sour, salty and bitter.
Besides individual information, data about the severity of the disease and
potential influencing factors (drugs, harmful substances, dementia severity)
were collected.
Results
The examination confirms a reduction of taste perception in patients with
Parkinson syndrome. A correlation between disease duration and gustatory
deficit could not be documented, however the disease severity correlates with
taste performance. Patients with non-idiopathic syndromes showed worse
taste performance than those with idiopathic Parkinson syndrome, but the
difference was only significant for sour. Test persons with low MMSE scores
showed worse performance.
Conclusions
The cumulative incidence of taste disturbances in patients with Parkinson
syndrome can be regarded as statistically found, although they do not seem
to be as pronounced as olfactory deficits. A discrimination between different
syndromes via taste testing will probably not be feasible because the
differences are only mild. However, the sample size in this study was too
small to finally settle this question.
Although a correlation between disease severity and hypogeusia was shown,
it is questionable if this correlation is strong enough to be useful for
establishing taste testing as a state marker for Parkinson´s disease.
4
2. EINLEITUNG
2.1. Physiologie und Pathophysiologie
2.1.1. Morbus Parkinson und andere Parkinsonsyndrome
Der Morbus Parkinson wurde erstmals 1817 systematisch vom englischen
Arzt James Parkinson als shaking palsy oder paralysis agitans beschrieben
[17]. Er beschrieb die Erkrankung als einen langsam progredienten
neurologischen Prozess, wobei er sein Hauptaugenmerk auf die motorischen
Symptome wie Tremor, herabgesetzte willkürliche Kraft und eine unnatürlich
nach vorn gebeugte Rumpfhaltung legte.
Die Erkrankung ist heute eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen
(Prävalenz 100-200/100.000 in Deutschland), und dürfte aufgrund der
demografischen Entwicklung noch an Bedeutung zunehmen (Prävalenz bei
den über 65-jährigen 1.800/100.000) [6].
Um das klinische Vorliegen eines Parkinsonsyndroms zu diagnostizieren,
muss neben einer Akinese (Bewegungsunfähigkeit) mindestens eines der
Symptome Rigor (Muskelsteifigkeit), Tremor (Zittern) oder posturale Instabilität
(Haltungsinstabilität) vorliegen. Daneben können fakultativ Störungen im
sensorischen, vegetativen, psychischen und kognitiven Bereich auftreten [6].
Es zeigt sich, dass dieser Parkinson-Symptomkomplex keineswegs einer
einheitlichen Krankheitsentität zugeschrieben werden kann, sondern
ursächlich verschiedene Störungen vorliegen können. Die heutige
Klassifikation trennt daher den Begriff Parkinsonsyndrom (PS) als
syndromatischen klinisch-beschreibenden Oberbegriff von den ätiologisch
unterschiedlichen Unterformen: Der Begriff Morbus Parkinson wurde
weitestgehend durch den Begriff idiopathisches Parkinsonsyndrom (IPS)
ersetzt, der sich von den nicht-idiopathischen Parkinsonsyndromen (NIPS)
absetzt.
Einen Überblick über die Klassifikation der Parkinsonsyndrome gibt Tabelle 1.
Als problematisch stellt sich die Klassifikation der Demenz vom Lewy-
Körperchen-Typ (DLB) dar, da diese zwar meist zu den NIPS gezählt wird,
gleichzeitig jedoch davon ausgegangen wird, es handle sich lediglich um eine
Verlaufsform des IPS. In dieser Arbeit wird die DLB als NIPS-Unterform
behandelt.
5
Typ Ursachen FormenFamiliäres PS Genmutationen PARK 1 - PARK 8, PARK 10,
11; FTDP-17
Idiopathisches PS Neurodegeneration in der
pars compacta substantiae
nigrae
-Akinetisch-rigider Typ
-Äquivalenz-Typ
-Tremordominanz-Typ
-monosymptomatischer
Ruhetremor
symptomatisches
(sekundäres) PS
diverse -vaskulär
-medikamenteninduziert
-tumorbedingt
-posttraumatisch
-toxininduziert
-entzündlich
-metabolisch
nicht-idiopathisches PS andere neurodegenerative
Erkrankungen mit PS-
Symptomen
-Multisystematrophie (MSA)
-progressive supranukleäre
Blickparese (PSP)
-kortikobasale Degeneration
(CBG)
-spinozerebelläre Atrophien
- Demenz vom Lewy-Körper-
Typ (DLB)
Tabelle 1
2.1.2. Pathophysiologie des idiopathischen Parkinsonsyndroms
Die motorischen Symptome beim IPS lassen sich durch eine Degeneration
des extrapyramidalmotorischen Systems im Bereich der Basalganglien
erklären. Die dopaminproduzierenden Zellen der pars compacta substantiae
nigrae degenerieren und sterben schließlich ab. Aus der substantia nigra
projizieren sowohl hemmende (auf D2-Rezeptoren) als auch aktivierende (auf
D1-Rezeptoren) dopaminerge Nervenfasern ins Putamen [25].
6
Der Ausfall dieser beiden Systeme führt (bei den D2-Neuronen auf indirektem,
bei den D1-Neuronen auf direktem Weg) über eine weitere Verschaltung im
globus pallidus internus zu einer verstärkten Inhibition des Thalamus. Dies ist
hauptursächlich für das Symptom der Akinese, wobei der klinischen
Manifestation ein Untergang von etwa 70% der dopaminergen Neuronen der
substantia nigra vorausgeht. Die Auswirkungen des Dopaminmangels sind in
Abbildung 1 dargestellt.
Das Gleichgewicht der Neurotransmitter ist insgesamt verschoben:
inhibierende GABA-erge Neurone sind aktiver, exzitatorische glutamaterge
Neuronen hingegen gehemmt. Außerdem kommt es zu einem relativen
Acetylcholin-Überschuss in den Basalganglien, aber auch zu einem
Serotonin- und Noradrenalinmangel.
Abbildung 1
Die Ätiologie des Nervenuntergangs in der Substantia nigra ist letzlich nicht
geklärt, allerdings sind verschiedene Einflussfaktoren bekannt. So konnten
abnorme filamentäre Proteinablagerungen nachgewiesen werden, die je nach
Syndromtyp aus dem präsynaptischen α-Synuklein oder aus dem
mikrotubulusassoziierten Tau-Protein bestehen [23].
7
Auch ein Zusammenhang zwischen dem hohen Neuromelaningehalt bei
gleichzeitiger Anwesenheit zweiwertiger Übergangsmetalle in der substantia
nigra und dem Absterben der Nervenzellen wird postuliert [7] [22]. Die
Vorgänge in den Basalganglien erklären in erster Linie die motorischen
Symptome der Erkrankung, die morphologischen Veränderungen sind jedoch
nicht auf die Kerngebiete der Substantia nigra begrenzt, vielmehr zeigt sich
ein im zeitlichen Verlauf stadienartiger Befall verschiedener Hirngebiete und
selbst periphere Nerven, vor allem des autonomen Nervensystems, scheinen
betroffen zu sein. Somit hat sich ein Verständnis des Parkinsonsyndrom als
multisystemische Erkrankung mit stadienartigem Verlauf etabliert. Eine
Theorie von Braak [2] teilt den Befall entsprechend der zeitlichen Entwicklung
in 6 Stadien ein (Tabelle 6).
I Dorsale Vaguskerne und Bulbus/Tractus olfactoriusII Medulläre Raphekerne, Locus coeruleus, Teile der Formatio reticularisIII Amygdala, basales Vorderhirn, Pars compacta der Substantia nigraIV Temporaler Mesocortex, telencephaler CortexV Sekundäre sensorische Assoziationsfelder, präfrontale Anteile des NeocortexVI Primäre sensorische Assoziationsfelder, prämotorische Felder, primäre Areale des
NeocortexTabelle 2
Motorische Symptome, die meist zur Diagnosestellung führen, lassen sich erst
mit dem Stadium III erklären, ein Verlust des Geruchssinns (ab Stadium I)
kann somit erstes Zeichen der Erkrankung sein. Auch vegetative Störungen
können den motorischen vorauseilen. Eine solche phasenartig ablaufende
Ausbreitung der Erkrankung kann ein Erklärungsmodell für die verschiedenen
Erscheinungsformen des Parkinsonsyndroms sein, es lässt sich aber nur
schwer erklären, warum beispielsweise kognitive Beeinträchtigungen in sehr
unterschiedlicher Weise auftreten.
Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich mit einem möglichen
Zusammenhang neurotoxischer Umweltgifte und neurodegenerativen
Erkrankungen. Die Daten können zeigen, dass Personen, die Pestiziden
ausgesetzt waren ein deutlich höheres PS-Erkrankungsrisiko haben [3],
allerdings reichen sie nicht aus, um einzelne Substanzen zu identifizieren oder
den Pathomechanismus näher zu erläutern.
8
2.1.3. Physiologie der Geschmackswahrnehmung
Bei der Geschmackswahrnehmung handelt es sich um einen chemischen
Sinn, die verschiedenen Geschmacksqualitäten werden mittels
unterschiedlicher Sensoren wahrgenommen.
Neben den allgemein bekannten Qualitäten süß, sauer, salzig und bitter ist
auch die Sinnesmodalität umami beschrieben, die durch Glutamat auslösbar
ist und Auskunft über den Aminosäuregehalt von Lebensmitteln gibt. Vor
kurzem wurde berichtet, ein Rezeptormolekül (CD36) für Fett könne im
Bereich der Geschmacksknospen nachgewiesen werden [13], inwieweit
hierbei eine Geschmacksempfindung im eigentlichen Sinne ausgelöst werden
kann ist ungeklärt. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die verschiedenen
Rezeptortypen [9].Qualität Auslöser Rezeptor Signalvermittlungsalzig NaCl und
andere
Mineralien
epithelialer Natriumkanal (ENaC)
Na+-Diffusion,
Depolarisation, Freisetzung
von Transmittervesikeln
sauer Protonen Protonenkanäle,
unspezifische Ionenkanäle,
ASIC (acid-sensing ion
channel)
Depolarisation der basalen
Zellmembran nach
Protoneneinstrom,
Freisetzung von
Transmittervesikeln
süß Kohlenhydrate,
Süßstoffe
Verschiedene Rezeptoren, vor
allem aber GS-gekoppelte
Rezeptormoleküle
cAMP-Anstieg,
Depolarisation, Freisetzung
von Transmittervesikeln
bitter Bitterstoffe verschiedene Rezeptoren, vor
allem G-Protein gekoppelte
Aktivierung von
Phospholipase C, IP3-
Anstieg, Ca2+-Einstrom,
Depolarisation, Freisetzung
von Transmittervesikeln
umami Aminosäuren GS-gekoppelte
Rezeptormoleküle
cAMP-Anstieg,
Depolarisation, Freisetzung
von Transmittervesikeln
Tabelle 3
9
Die freigesetzten Transmittervesikel lösen Aktionspotentiale der afferenten
Neuronen aus. Das 1. Neuron der Geschmacksbahn liegt in den jeweiligen
Ganglien der Hirnnerven VII (N. facialis, Intermediusanteil), IX (N.
glossopharyngeus) und X (N. vagus). Der VII. Hirnnerv trägt die
Geschmacksinformation der vorderen 2/3 der Zunge über die chorda tympani
zum Ganglion geniculi. Die Hirnnerven IX und X übermitteln die
Geschmacksinformation des hinteren Drittels der Zunge und des Pharynx und
Larynx ins jeweilige Ganglion inferius (alternative Namen: Ganglion petrosum
(IX) und Ganglion nodosum (X)). Die zentralen Fortsätze der Nervenzellen
(axonale Axone) treten im Kleinhirnbrückenwinkel (N. VII, teilweise auch IX)
bzw. im Sulcus retroolivaris (N. IX und X) in den Hirnstamm ein und ziehen
zum Nucleus tractus solitarii in der Medulla oblongata, am Boden der
Rautengrube [9].
Der Nucleus tractus solitarii enthält das 2. Neuron der Geschmacksbahn,
welches seine Axone zum Thalamus ziehen lässt. Die gustatorischen Fasern
laufen hier überwiegend ipsilateral, eine Kreuzung findet wohl auf der Ebene
des Mittelhirns statt [11].
Im kaudalen Abschnitt des Nucleus ventralis posteromedialis thalami liegt das
3. Neuron der Geschmacksbahn. Es projiziert über die Radiatio thalami zur
primären Geschmacksrinde, zur dorsalen Inselrinde und zum Fuß des Gyrus
postcentralis. Im kaudalen orbitofrontalen Cortex konvergieren gustatorische
und olfaktorische Signale [5] [18]. Auch die Amygdala sind in die zentrale
Verarbeitung von Geschmacksreizen einbezogen. Die Mechanismen der
zentralen Interpretation von Geschmackseindrücken sind kompliziert und nicht
bis ins Letzte geklärt. Wenn man die Ableitung einer einzelnen Nervenfaser
z.B. der Chorda tympani betrachtet, lässt sich zeigen, dass diese nicht nur
durch eine Geschmacksqualität erregbar ist sondern bei verschiedenen
Stimuli Aktionspotentiale weiterleitet. Dies legt nahe, dass eine einzelne
Nervenfaser keine "fertigen" Geschmacksinformationen weiterleiten kann,
sondern erst durch die verschiedenen Muster der Vielzahl von Fasern, die
zentral interpretiert werden, ein Sinneseindruck entsteht. Diese
Sinneswahrnehmung betrifft sowohl Qualität als auch Intensität sowie eine Art
emotionaler Deutung der Empfindung [9].
10
Wie bei allen Sinnesmodalitäten erhöht sich im Lauf des Lebens die
Reizschwelle, eventuell hat dies mit einer Abnahme der Geschmackspapillen
auf der Zunge zu tun. Eine Einschränkung des Geschmackssinns tritt auch im
Zusammenhang mit dem Rauchen auf, ebenso sind bestimmte Medikamente
geeignet, den Geschmackssinn negativ zu beeinflussen [1] [19].
11
2.2. Aufgabenstellung und Zielsetzung
2.2.1. Vorarbeiten
Seit einiger Zeit ist eine fast obligatorisch auftretende Beeinträchtigung des
Geruchssinns bei Patienten mit Morbus Parkinson bekannt, und die Testung
des Geruchssinns konnte als diagnostisches Hilfsmittel etabliert werden [4].
Dem Geschmackssinn wurde dagegen relativ wenig Aufmerksamkeit
entgegengebracht, wohl weil dieser, trotz unbestrittener Alltagsbedeutung, als
weniger dominanter Sinn wahrgenommen wird und Geschmacksstörungen
vom Patienten kaum je selbst berichtet werden.
Eine Arbeit von Lang et al. [12] aus dem Jahr 2006, die sich mit der
Aufklärung von Geruchs- und Geschmackstörungen bei dementiellen
Erkrankungen beschäftigte, kam zu dem Ergebnis, dass bei einer
Gegenüberstellung von Patienten mit einem Parkinsonsyndrom und solchen
ohne Parkinsonsyndrom die Parkinsonpatienten nicht nur – wie erwartet – bei
der Geruchstestung schlechter abschnitten, sondern auch schlechtere
gustatorische Leistungen erbrachten. Die Testung der
Geschmackswahrnehmung wurde hier sowohl mittels Whole-Mouth-Test als
auch mittels Geschmacksstreifentest durchgeführt, und Parkinsonpatienten
schnitten in beiden Tests recht deutlich und signifikant schlechter ab.
Dahingegen kam eine Untersuchung von Sienkiewicz-Jarosz [21] zu dem
überraschenden Ergebnis, dass Parkinsonpatienten in der Elektrogustometrie
signifikant niedrigere Wahrnehmungsschwellen aufwiesen als eine
Kontrollgruppe, das heißt sie schmeckten besser. Bei der Testung mit mit
Geschmackslösungen getränktem Filterpapier unterschieden sich hier die
Gruppen hinsichtlich der wahrgenommenen Intensität, der persönlichen
Behaglichkeit und der Identifikation nicht wesentlich, nur eine Chinin-Lösung
wurde von Parkinsonpatienten als intensiver empfunden.
Diese widersprüchlichen Befunde verlangten nach weiterer Aufklärung.
2.2.2. Aufgabenstellung
Ziel dieser Arbeit ist anhand einer größeren Fallzahl von Parkinsonpatienten
verglichen mit einer geeigneten Vergleichsgruppe, eventuell vorhandene
Geschmacksstörungen genauer zu quantifizieren. Daneben soll der Frage
12
nachgegangen werden, ob das Ausmaß einer eventuell vorhandenen
Hypogeusie in einen Zusammenhang mit dem Schweregrad der Erkrankung
oder der Krankheitsdauer gebracht werden kann. Die seitengetrennte
Geschmackstestung soll eine Aussage darüber liefern, ob eventuelle
Störungen symmetrisch auftreten.
Insbesondere soll auch der Fragestellung nachgegangen werden, ob sich
hinsichtlich der Geschmackswahrnehmung relevante Unterschiede zwischen
Patienten mit einem idiopathischen Parkinsonsyndrom und solchen mit einer
anderen Syndromform zeigen.
2.2.3. Hypothesenbildung
Aufgrund der Ergebnisse oben erwähnter Vorarbeiten sowie aufgrund
allgemeiner Überlegungen wurden der Untersuchung folgende Hypothesen
zugrunde gelegt:
Hypothese I:
Eine Geschmacksstörung tritt bei Patienten mit einem Parkinsonsyndrom
gehäuft auf.
Hypothese II:
Es lassen sich Zusammenhänge zwischen Schweregrad und Dauer der
Erkrankung und dem Ausmaß einer bestehenden Geschmacksstörung
herstellen.
Hypothese III:
Die Störung der Geschmackswahrnehmung zeigt sich bei seitengetrennter
Untersuchung nicht auf beiden Seiten in gleicher Weise.
Hypothese IV:
Es bestehen hinsichtlich der Geschmackswahrnehmung Unterschiede
zwischen Patienten mit einem IPS und solchen mit einem NIPS.
13
3. METHODE
3.1. Patientenkollektiv und Kontrollgruppe
Zwischen September 2006 und März 2007 wurden insgesamt 49 Patienten,
16 Frauen und 33 Männer, mit einem Parkinsonsyndrom untersucht, davon 39
mit einem IPS und 10 mit NIPS (6 Patienten mit einer PSP, 2 Patienten mit
einer Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ und jeweils ein Patient mit einem
Hallervorden-Spatz-Syndrom bzw. einer MSA). Das Alter lag zwischen 53 und
85 Jahren (mittleres Alter 70 Jahre). Zur Alters- und Geschlechterverteilung
der einzelnen Gruppen siehe Abbildung 2.
Die Patientenrekrutierung erfolgte teilweise aus dem Patientengut der
neurologischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, zum
anderen Teil aus Teilnehmern der Parkinson-Selbsthilfegruppen aus Erlangen,
Nürnberg und Forchheim.
80
60
Alter
6 4 2 0
80
60
80
60
80
60
80
60
6 4 2 0
80
60
80
60
80
60
NIPSKONTROLLE
NIPS
IPSKONTROLLE
IPS
weiblich männlich Geschlecht
Abbildung 2
Die Kontrollgruppen wurden im Verfahren der Paarbildung erstellt, wobei
hinsichtlich des Geschlechts, des Alters sowie der Rauch- und
Trinkgewohnheiten angeglichen wurde. Das Alter lag hier zwischen 50 und 83
Jahren, das mittlere Alter lag bei 67 Jahren. In der Kontrollgruppe wurden nur
neurologisch gesunde Personen untersucht.
14
Gemeinsame Ausschlusskriterien für beide Gruppen waren akute Infektionen
des oberen Atemtraktes, Heuschnupfen im akuten Stadium, Demenzen mit
einem Mini-Mental-Status-Test (MMST) kleiner 20 Punkte, stattgehabte oder
akute Facialisparesen, chronische Speicheldrüsenentzündungen, Xerostomie,
Burning-mouth-syndrome, Kollagenosen, stattgehabte Unfälle mit
Schädelfraktur, starke Schluckstörungen (Unfähigkeit, Flüssigkeiten zu
schlucken), akute Zahnerkrankungen sowie bekannte Geschmacksstörungen.
Die relevanten epidemiologischen Daten sind in Tabelle 4 zusammengefasst.
Gruppe Alter
Dauer der Schulaus- bildung (Jahre)
Mini-Mental-State
Erkrankungs-dauer (Monate)
IPSn=39
Mittelwert 70,21 9,28 27,23 87,97Median 70,00 8,00 28,00 66,00Standard-abweichung 7,654 1,999 2,433 77,909
IPS-Kontrollgruppen=39
Mittelwert 68,00 10,10 28,44 Median 67,00 10,00 29,00 Standard-abweichung 7,448 2,087 1,744
NIPS n=10
Mittelwert 68,60 9,50 26,20 31,40Median 69,00 8,00 26,50 32,00Standard-abweichung 7,662 2,321 3,155 15,515
NIPS-Kontrollgruppen=10
Mittelwert 65,30 9,40 28,60 Median 66,00 8,00 28,50 Standard-abweichung 4,322 2,413 1,430
Totaln=98
Mittelwert 68,66 9,64 27,74 76,43
n=49Median 68,50 8,50 28,00 53,00Standardabweichung 7,360 2,112 2,290 73,36
Tabelle 4
3.2. Datenerfassung
Sämtliche Daten wurden bei einer einmaligen Sitzung erhoben und in einem
Protokoll erfasst. Die Untersuchung fand entweder bei den Probanden zu
Hause oder in einem Testraum in der Kopfklinik in Erlangen statt. Es wurde
darauf geachtet, dass die Räume, in denen die Untersuchungen stattfanden
stets gut gelüftet waren. Alle Probanden wurden mündlich und schriftlich über
die Ziele der Untersuchung, sowie über deren Umfang aufgeklärt. Sie wurden
ausdrücklich auf die Freiwilligkeit ihrer Teilnahme sowie auf die jederzeit
15
bestehende Möglichkeit, die Untersuchung abzubrechen, hingewiesen. Alle
Probanden haben ihr Einverständnis schriftlich erklärt.
3.2.1. Personenbezogene Daten
Folgende personenbezogenen Daten wurden erfasst: Name und
Geburtsdatum, Größe und Gewicht, die Händigkeit, Art und Dauer der
Schulausbildung, Schulabschluss und ausgeübter Beruf.
3.2.2. Syndrombezogene Daten
In der Patientengruppe wurde die genaue Diagnose dokumentiert, wobei zur
Sicherung der Diagnose auf Entlassbriefe von Krankenhausaufenthalten
zurückgegriffen wurde. Im Einzelfall wurde telefonische Rücksprache mit dem
behandelnden Arzt gehalten. Die Diagnosen wurden entsprechend Tabelle 5
nach ICD-10 klassifiziert.
Erfragt wurde auch der Termin der Erstdiagnose um die Erkrankungsdauer zu
bestimmen, sowie die vorwiegend betroffene Seite.G20.0 Primäres Parkinson-Syndrom mit fehlender oder geringer Beeinträchtigung
G20.1 Primäres Parkinson-Syndrom mit mäßiger bis schwerer Beeinträchtigung
G20.2 Primäres Parkinson-Syndrom mit schwerster Beeinträchtigung
G23.0 Hallervorden-Spatz-Syndrom
G23.1 Progressive supranukleäre Ophthalmoplegie
G31.88 Sonstige näher bezeichnete degenerative Krankheiten des Nervensystems inkl.
Lewy-Körperchen-Demenz
G90.3 Multisystem-Atrophie
Tabelle 5
3.2.3. Hoehn & Yahr Skala
Um die Schwere der Erkrankung zu quantifizieren wurde das Stadium nach
Hoehn & Yahr erhoben [10].
Bei der Hoehn & Yahr-Stadieneinteilung werden 5 Stadien unterschieden, die
in der Regel chronologisch im Krankheitsverlauf durchschritten werden: Im
16
Stadium I finden sich die Symptome der Erkrankung auf eine Körperhälfte
begrenzt, im Stadium II ist der Befall beidseitig. Bei gleichzeitigem Auftreten
von Haltungsinstabilität ist das Stadium III erreicht. Benötigt der Patient Hilfe
bei Verrichtungen des täglichen Lebens so wird ihm das Stadium IV
zugeschrieben, das Stadium V entspricht einer dauerhaften
Pflegebedürftigkeit. Diese Stadien sind auch Grundlage der ICD 10-
Klassifizierung des idiopathischen Parkinsonsyndroms. Die Stadien I und II
werden als G20.0 klassifiziert, III und IV entsprechen G20.1 und Stadium V
entspricht G20.2 .
3.2.4. Webster-Skala
Ein weiteres Instrument zur Ermittlung des Schweregrads der Erkrankung
stellt die Webster-Skala dar [24].
Die Websterskala wird erhoben, indem für 10 verschiedene Symptombereiche
(Tabelle 6) jeweils ein Schweregrad von 0 (normal) bis 3 (stark ausgeprägt)
ermittelt wird. Die Summe dieser Einzelscores ergibt den Webster-Score, der
zur Einschätzung des Schweregrads der Erkrankung dient (0 bis 10 Punkte =
leicht, 11-20 Punkte = mittelschwer, 21-30 = schwer). 0 Punkte 1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte
Bradykinesie
der Hände
normal angedeutete
Verlangsamung
mäßig,
Mikrographie
schwer, deutliche
FunktionsbeeinträchtigungRigor keiner angedeutet mäßig schwerHaltung normal Kopf bis 12,5 cm
nach vorne
Kopf bis 15 cm
nach vorne,
Armbeugung
Kopf mehr als 15 cm nach
vorne, Armbeugung über
die HüfteMitschwingen
der Arme
normal ein Arm
vermindert
ein Arm schwingt
nicht
beide Arme schwingen
nichtGangbild normal Schrittverkürzung
auf 30-45 cm
Schrittverkürzung
auf 15-30 cm
Schrittverkürzung auf
unter 10 cmTremor keiner Amplitude < 2,5
cm
Amplitude < 10
cm
Amplitude > 10 cm,
Schreiben und Essen sind
unmöglichGesicht normal ausgedehnte
Hypomimie
Hypomimie,
Mund zeitweise
offen
eingefrorenes Gesicht,
Speichelfluss
Seborrhoe keine vermehrt ölige Haut,
dünner Film
dicker Film gesamter Kopf
Sprechen normal heiser, schlecht
moduliert
heiser, monoton,
undeutlich
Palilalie
17
Selbständigkeit normal beeinträchtigt,
aber erhalten
teilweise auf Hilfe
angewiesen,
braucht viel Zeit
zu allem
vollständig abhängig
Tabelle 6
3.2.5.Grunderkrankungen und Ausschlusskriterien
In beiden Gruppen wurde nach Grunderkrankungen wie arterielle Hypertonie
und Diabetes mellitus gefragt. Es wurde zwischen Rauchern und
Nichtrauchern unterschieden, wobei Personen, bei denen das aktive Rauchen
schon länger als 10 Jahre zurückliegt, als Nichtraucher angesehen wurden.
Das Trinkverhalten wurde erfragt, und um dieses zu quantifizieren wurde der
tägliche Konsum in Gramm Alkohol pro Tag geschätzt. Hierbei wurde ein
halber Liter Bier ebenso wie ein Viertel Liter Wein mit 20g Alkohol taxiert, ein
Schnaps (2 cl) mit 10g.
Im folgenden wurden die Probanden hinsichtlich oben genannter
Ausschlusskriterien (3.1.) befragt.
3.2.6. Medikamentenanamnese
Es wurde eine ausführliche Medikamentenanamnese erhoben, inklusive
solcher Medikamente, die bis vor kurzem eingenommen wurden. Die
Medikamente wurden danach unterschieden, ob Beeinträchtigungen des
Geschmackssinns (Hypogeusie, Dysgeusie) beschrieben worden sind. Hierbei
wurden die Arbeiten von Schiffman [19] und Ackermann [1] zu Grunde gelegt.
Bei 57 der insgesamt 98 Probanden fanden sich solche Medikamente, die in
der Lage sind eine Störung des Geschmacksinns zu verursachen, 41
Probanden nahmen keine oder diesbezüglich unbedenkliche Medikamente.
Als weitere beschreibende Komponente wurde die Anzahl regelmäßig
eingenommener verschiedener Arzneistoffe ermittelt.
3.2.7. Mini-Mental-Status-Test
Um eine Demenz auszuschließen, wurden alle Probanden einem Mini-Mental-
Status-Test [8] unterzogen, bei dem anhand von 11 Fragen aus fünf Gebieten
ein Score von 0 bis 30 Punkten ermittelt wird. Er behandelt die Aufgabenfelder
18
Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Erinnerungsfähigkeit und
Sprache. Ein Score von 0-7 entspricht dabei einer schweren Demenz. Eine
mäßige Demenz liegt bei 8-15 Punkten vor, 16-23 Punkte lassen auf eine
leichte Demenz schließen. Ein MMST-Wert kleiner als 20 galt in dieser
Untersuchung als Ausschlusskriterium.
3.2.8. Geschmackstreifentest
Die Untersuchung des Geschmacksinns wurde mittels Geschmacksstreifen
durchgeführt, da sich dieses Verfahren durch eine hohe Reproduzierbarkeit
der Ergebnisse bei gleichzeitig unkomplizierter Handhabung auszeichnet [14].
Überdies ermöglicht das Verfahren die seitengetrennte Untersuchung des
Geschmacksinns.
Zum Einsatz kommen Filterpapierstreifen, die mit Lösungen unterschiedlicher
Konzentration imprägniert wurden. Der Test deckt die Geschmacksrichtungen
süß, sauer, salzig und bitter ab, präsentiert wurden diese Geschmäcke in vier
aufsteigenden Konzentrationen. Bei seitengetrennter Anwendung musste
jeder Proband somit 32 Teststreifen identifizieren.
Den Probanden wurden die Teststreifen in einer vorher festgelegten, immer
gleichen Reihenfolge auf die Zunge gelegt, wobei die Streifen entweder links
oder rechts deponiert wurden und der Proband aufgefordert wurde, die
Streifen nicht im Mund zu bewegen, beziehungsweise sie nicht mit der Zunge
abzufahren. Der Proband wurde anschließend aufgefordert, sich auf eine der
vier Geschmacksrichtungen festzulegen; zeigte der Proband sich unsicher, so
wurde er aufgefordert sich dennoch festzulegen. Die Summe der richtig
identifizierten Geschmackstreifen wurde als GST-Score festgehalten.
Die Untersuchungen fanden in gut gelüfteten Räumen statt, den Probanden
wurde die Möglichkeit eingeräumt zwischen den Testungen mit
Leitungswasser zu spülen.
3.3. Auswertung der Ergebnisse
Die erhobenen Daten wurden nach Abschluss der gesamten Datenerhebung
in eine EDV-Maske von SPSS 14.0 for Windows Student Version übertragen.
19
Alle statistischen Auswertungen, sowie die grafischen Darstellungen von
Ergebnissen wurden mit diesem Programm erstellt.
Folgende statistischen Verfahren kamen zum Einsatz: der T-Test für
Mittelwertgleichheit, der Levene-Test der Varianzgleichheit, der Mann-
Whitney-U-Test als Homogenitätstest, als Korrelationsanalysen wurden die
Spearman-Rangkorrelation sowie die Pearson-Korrelation für normalverteilte
Werte genutzt. In tabellarischen Darstellungen wurden signifikante (p<0,05)
Werte mit „*“, hochsignifikante (p<0,01) Werte mit „**“ gekennzeichnet.
Als Illustrationen für die Daten wurden folgende Darstellungen gewählt:
Boxplot-Grafiken mit Darstellung von Median, dem darüber- und
darunterliegenden Quartil, sowie mit Whisker-Strichen (maximal das 1,5-fache
des Interquartilsabstands). Die zwischen 1,5 und 3 Interquartilabständen
liegenden Ausreißer werden mit Kreisen markiert, extremere Ausreißer sind
als Sternchen dargestellt.
Scatterplotgrafiken mit zugehörigen Regressionsgeraden, die über die r2-
Methode berechnet wurden, dienen der Darstellung von Zusammenhängen
zwischen erhobenen Messwerten und Scores.
Vereinzelt kommen auch Balkendiagramme, Histogramme oder ROC-Kurven
zum Einsatz.
20
4. ERGEBNISSE
4.1.Gruppenstatistiken
Zunächst wurden die Gruppen auf ihre Vergleichbarkeit hinsichtlich
eventueller Störgrößen untersucht. Hierbei wurde einerseits die Gesamtheit
der Kranken (n=49) mit der Gesamtheit der neurologisch gesunden
Kontrollgruppe verglichen (n=49). In einem zweiten Schritt wurden 2
Subgruppenpaare untersucht. Das erste Gruppenpaar umfasst alle Patienten
mit einem idiopathischen Parkinsonsyndrom (n=39) und eine gleichgroße
Gruppe gesunder Probanden. Im zweiten Gruppenpaar werden Patienten mit
nicht-idiopathischem Parkinsonsyndrom (n=10) einer gleichgroßen
Kontrollgruppe entgegengestellt.
4.1.1. Versuchsgruppe gegen Kontrollgruppe
In beiden Gruppen findet sich eine homogene Geschlechterverteilung (m:w =
33:16), sowie eine ähnliche Verteilung von Grundleiden (Diabetes Typ II je 6
Erkrankte, arterielle Hypertonie PS:Kontrolle 23:25, Nikotinabusus 1:1).
Zur weiteren Vergleichbarkeit der Gruppen wurden die Varianzgleichheit (nach
Levene), sowie die Mittelwertgleichheit (T-Test) für die Variablen Größe,
Gewicht, Body Mass Index, Alter, Dauer der Schulausbildung, Alkoholkonsum
pro Tag und MMST-Score überprüft. Relevante Unterschiede ergaben sich
lediglich bezüglich Alkoholkonsum (PS 7,6 g/d, Kontrolle 13,67 g/d ;
Varianzgleichheit p=0,017, Mittelwertgleichheit p=0,033) und MMST-Score
(PS 27,0, Kontrolle 28,5; Varianzgleichheit p=0,002 , Mittelwertgleichheit
p=0,001).
Bezüglich der Anzahl der verschiedenen eingenommenen Arzneipräparate
wurde ein nicht-parametrischer Mann-Whitney-U-Test vorgenommen. Die
Unterschiede fielen erwartungsgemäß eindeutig aus (Mittlerer Rang: PS 66,5;
Kontrolle 32,6; p=0.000), und auch bei der Betrachtung von Medikamenten
mit eventueller Geschmacksbeeinträchtigung nehmen deutlich mehr PS-
Patienten (n=41) solche Präparate ein als Probanden aus der Kontrollgruppe
(n=16).
21
4.1.2. Subgruppen
Die Geschlechterverteilung und die Verteilung der Grundleiden stellt sich auch
in den Subgruppen als vergleichbar dar (Tabelle 7). männlich weiblich Raucher Hypertonie Diabetes
IPS 27 12 1 17 3IPS-Kontrolle 27 12 1 19 3NIPS 6 4 0 6 3NIPS-Kontrolle 6 4 0 6 3Tabelle 7
Bezüglich der anderen Variablen kamen die unter 4.1.1. erwähnten Verfahren
zum Einsatz. In den Varianz- und Mittelwertsanalysen unterschieden sich die
IPS-Gruppe von der Kontrolle nur bezüglich Alkoholkonsum (7,2 g/d :13,8 g/d;
Varianz p=0,003 ; Mittelwert p= 0,037) und MMST-Score (27,2 : 28,4: Varianz
p=0,039 ; Mittelwert p=0,014), die NIPS-Gruppe unterschied sich von ihrer
Kontrolle lediglich bezüglich des MMST (26,2 : 28,6; Varianz p=0,018;
Mittelwert p=0,042).
Bezüglich der Anzahl der verschiedenen eingenommenen Arzneipräparate
unterschied sich nur die IPS-Gruppe signifikant von ihrer Kontrolle (Mittlerer
Rang: IPS 54,0; Kontrolle 25,0; p=0.000), und auch bei der Betrachtung von
Medikamenten mit eventueller Geschmacksbeeinträchtigung sind die
Unterschiede zwischen IPS und Kontrolle größer als die zwischen NIPS und
Kontrolle (IPS-Probanden n=34 / Kontrolle n=12; NIPS n=7 / Kontrolle n=4).
4.2. Ergebnisse des Geschmacktests
Zum Vergleich der erreichten GST-Scores wurden Tests zur
Mittelwertgleichheit sowie ein Vergleich des mittleren Ranges durchgeführt.
Neben dem Gesamtergebnis wurden jeweils auch die Ergebnisse für die
einzelnen Geschmacksqualitäten untersucht.
4.2.1. Parkinsonsyndrom gegen Kontrollgruppe
Im ersten Schritt soll der Frage nachgegangen werden, ob Störungen des
Geschmackssinns beim Parkinsonsyndrom im allgemeinen nachzuweisen
sind. Die Ergebnisse der Geschmackstestung unabhängig von der
Syndromform sind in Tabelle 8 zusammengefasst. Die Kontrollgruppe
22
erreichte in allen Kategorien ein besseres Ergebnis als die Probanden der
Versuchsgruppe.
Diagnose n MittelwertStandard-abweichung
GST-Score
PS 49 16,14 6,432Kontrolle 49 20,59 4,218
süß
PS 49 4,92 2,326Kontrolle 49 6,53 1,430
sauer
PS 49 3,00 1,780Kontrolle 49 3,96 1,870
bitter
PS 49 4,31 2,191Kontrolle 49 4,80 1,645
salzig
PS 49 3,92 1,945Kontrolle 49 5,31 1,372
Tabelle 8
Mit Ausnahme der Geschmacksqualität bitter (T-Test p= 0,214, Mann-Whitney-
U p= 0,292) sind die Unterschiede signifikant:
GST-Score** p= 0,000 (T-Test) p= 0,000 (Mann-Whitney-U)
süss** p= 0,000 (T-Test) p= 0,001 (Mann-Whitney-U)
sauer* p= 0,011 (T-Test) p= 0,013 (Mann-Whitney-U)
salzig** p= 0,000 (T-Test) p= 0,000 (Mann-Whitney-U)
Kontrolle n=49PS n=49
Diagnose
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
Abbildung 3 stellt die
Ergebnisse grafisch
dar.
Neben deutlichen
Unterschieden fällt
auch eine breite
Streuung der Werte in
der Versuchsgruppe
auf.
Abbildung 3
4.2.2. Subgruppen gegen Kontrollgruppe
Auch bei der Betrachtung der Subgruppen erzielen die Teilnehmer der
Versuchsgruppen durchwegs schlechtere Ergebnisse als jene der
Vergleichsgruppen.
23
NIPS-Kontrolle n=10NIPS n=10IPS-Kontrolle n=39IPS n=39
Diagnose
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
Abbildung 4 zeigt die
GST-Score-Verteilung
in den verschiedenen
Gruppen.
Die NIPS-Gruppe
schneidet gegenüber
ihrer Vergleichsgruppe
etwas schlechter ab als
die IPS-Gruppe.
Abbildung 4
Tabelle 9 fasst die Ergebnisse der IPS-Gruppe und ihrer Kontrolle zusammen.
Diagnose n MittelwertStandard-abweichung
GST-Score
IPS 39 16,85 6,364IPS-Kontrolle 39 20,31 4,502
süß
IPS 39 5,05 2,373IPS-Kontrolle 39 6,46 1,411
sauer
IPS 39 3,28 1,669IPS-Kontrolle 39 3,85 1,927
bitter
IPS 39 4,51 2,151IPS-Kontrolle 39 4,69 1,704
salzig
IPS 39 4,00 2,013IPS-Kontrolle 39 5,31 1,417
Tabelle 9
Auch hier erreichten die gesunden Probanden in allen Kategorien ein
besseres Ergebnis als jene der Versuchsgruppe, für die
Geschmacksqualitäten sauer (T-Test p= 0,171 , Mann-Whitney-U p= 0,186)
und bitter (T-Test p= 0,684 , Mann-Whitney-U p= 0,780) sind diese
Unterschiede allerdings nicht signifikant, während sich im übrigen eindeutige
Ergebnisse zeigen:
GST-Score* p= 0,007 (T-Test) p= 0,014 (Mann-Whitney-U)
süß* p= 0,002 (T-Test) p= 0,013 (Mann-Whitney-U)
salzig** p= 0,001 (T-Test) p= 0,002 (Mann-Whitney-U)
24
Wie sich schon in der Boxplot-Grafik zeigte, fällt das Geschmacksdefizit in der
NIPS-Gruppe etwas deutlicher aus (Tabelle 10).
Diagnose n MittelwertStandard-abweichung
GST-Score
NIPS 10 13,40 6,257NIPS-Kontrolle 10 21,70 2,751
süß
NIPS 10 4,40 2,171NIPS-Kontrolle 10 6,80 1,549
sauer
NIPS 10 1,90 1,853NIPS-Kontrolle 10 4,40 1,647
bitter
NIPS 10 3,50 2,273NIPS-Kontrolle 10 5,20 1,398
salzig
NIPS 10 3,60 1,713NIPS-Kontrolle 10 5,30 1,252
Tabelle 10
Erneut fällt bitter etwas aus dem Rahmen (T-Test p= 0,059 , Mann-Whitney-U
p= 0,105), wohingegen alle anderen Werte deutlich ausfallen:
GST-Score** p= 0,002 (T-Test) p= 0,002 (Mann-Whitney-U)
süß** p= 0,011 (T-Test) p= 0,007 (Mann-Whitney-U)
sauer ** p= 0,005 (T-Test) p= 0,005 (Mann-Whitney-U)
salzig * p= 0,021 (T-Test) p= 0,029 (Mann-Whitney-U)
Im Vergleich mit gesunden Probanden schmecken somit sowohl Patienten mit
einem idiopathischen Parkinsonsyndrom als auch solche mit einem nicht-
idiopathischen Parkinsonsyndrom schlechter.
Die Frage ob es auch Unterschiede im direkten Vergleich zwischen der IPS-
und der NIPS-Gruppe gibt, lässt sich wie folgt beantworten: Zwar sind die
Einzelergebnisse in der NIPS-Gruppe durchwegs schlechter (Tabelle 11), aber
nur für die Geschmacksqualität sauer ist dieser Unterschied signifikant (T-Test
p= 0,027 , Mann-Whitney-U p= 0,022). Die übrigen Werte bewegen sich im
zufälligen Bereich:
GST-Score p= 0,132 (T-Test) p= 0,149 (Mann-Whitney-U)
süß p= 0,435 (T-Test) p= 0,426 (Mann-Whitney-U)
bitter p= 0,195 (T-Test) p= 0,264 (Mann-Whitney-U)
salzig p= 0,567 (T-Test) p= 0,634 (Mann-Whitney-U)
25
Diagnose n MittelwertStandard-abweichung
GST-Score
IPS 39 16,85 6,364NIPS 10 13,40 6,257
süß
IPS 39 5,05 2,373NIPS 10 4,40 2,171
sauer*
IPS 39 3,28 1,669NIPS 10 1,90 1,853
bitter
IPS 39 4,51 2,151NIPS 10 3,50 2,273
salzig
IPS 39 4,00 2,013NIPS 10 3,60 1,713
Tabelle 11
4.2.3. direkter Vergleich der verschiedenen Diagnosen
Da sich die NIPS-Gruppe aus verschiedenen Syndromformen zusammen
setzt, wurde überprüft, inwiefern sich Unterschiede zwischen diesen
Krankheitsbildern zeigen lassen. Aufgeschlüsselt nach Einzeldiagnosen ergibt
sich das Bild aus Abbildung 5.
Kontrolle n=49MSA n=1Lewy-Körperchen-Demenz n=2
PSP n=6Hallervorden-spatz n=1
IPS n=39
Diagnose
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
Alle Einzeldiagnosen
erreichen schlechtere
GST-Scores als die
Gruppe der gesunden
Probanden, allerdings
zeigt sich sowohl eine
breite Streuung der
Werte als auch eine
deutliche Überlappung
mit der Kontrollgruppe.
Abbildung 5
Aufgrund der zu geringen Fallzahlen für das Hallervorden-Spatz-Syndrom
(n=1), die Lewy-Körperchen-Demenz (n=2) und die Multisystematrophie (n=1)
scheint eine statistische Auswertung lediglich für die PSP (n=6) möglich. Da
augenscheinlich größere Unterschiede zwischen der PSP-Gruppe und der
IPS-Gruppe bestehen erscheint ein Vergleich dieser Gruppen (Tabelle 12) als
26
sinnvoll, wenngleich hier weder eine Paarbildung möglich ist noch eventuelle
Störgrößen in den beiden Gruppen als gleichverteilt angenommen werden
dürfen.
Diagnose n MittelwertStandard-abweichung
GST-Score
IPS 39 16,85 6,364PSP 6 11,33 7,118
süß
IPS 39 5,05 2,373PSP 6 4,17 2,483
sauer
IPS 39 3,28 1,669PSP 6 1,33 1,506
bitter
IPS 39 4,51 2,151PSP 6 2,67 2,422
salzig
IPS 39 4,00 2,013PSP 6 3,17 1,722
Tabelle 12
Die PSP-Patienten erreichen in allen Kategorien schlechtere Werte als die
IPS-Patienten, allerdings nur für die Geschmacksqualität sauer (T-Test p=
0,010 , Mann-Whitney-U p= 0,010) signifikant schlechtere Werte. Die anderen
Unterschiede sind zwar zum Teil deutlich, jedoch nicht statistisch signifikant:
GST-Score p= 0,058 (T-Test) p= 0,099 (Mann-Whitney-U)
süß p= 0,402 (T-Test) p= 0,368 (Mann-Whitney-U)
bitter p= 0,062 (T-Test) p= 0,107 (Mann-Whitney-U)
salzig p= 0,343 (T-Test) p= 0,386 (Mann-Whitney-U)
4.3. Korrelation mit Schweregrad und Dauer
Der Zusammenhang zwischen einem bestehenden Parkinsonsyndrom und
einer Hypogeusie scheint damit gesichert zu sein. Ob die Dauer und die
Schwere der Erkrankung einen Einfluss auf das Ausmaß der
Geschmacksstörung haben, wurde zunächst mittels Scatterplot-Grafiken
(Abbildung 6-8) überprüft.
Rechnerisch zeigen sich in der IPS-Gruppe starke Korrelationen zwischen
Stärke der Erkrankung und dem Abschneiden im Geschmackstest, während
sich keine signifikante Korrelation zwischen Erkrankungsdauer und GST-
Score herstellen lässt, obwohl Erkrankungsdauer und -schwere sehr wohl
miteinander korrelieren (Hoehn-Yahr-Skala/Dauer rho= 0,664 p= 0,000;
Webster-Scale/Dauer rho= 0,529 p= 0,001).
27
In der NIPS-Gruppe hingegen sind keine signifikanten Korrelationen bezüglich
Dauer und Schwere der Erkrankung nachweisbar. Die Ergebnisse der
nichtparametrischen Korrelationsanalysen sind in Tabelle 13
zusammengefasst.
2520151050
Webster-Scale
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
n=49
42
Hoehn-Yahr-Skala
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
n=49
Abbildung 6 Abbildung 7
300250200150100500
Erkrankungsdauer (Monate)
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
n=49
Die nach der r2-Regel berechneten
Regressionsgeraden legen einen
Einfluss der Erkrankungsschwere nahe,
während die Erkrankungsdauer keinen
Einfluss zu haben scheint.
Abbildung 8
Gruppe Wert Spearman-rho Signifikanz 2-seitigIPS (n=39) Webster-Skala** - 0,424 0,007
Hoehn-Yahr* - 0,351 0,029Erkrankungsdauer - 0,135 0,413
NIPS (n=10) Webster-Skala - 0,205 0,570Hoehn-Yahr - 0,411 0,238Erkrankungsdauer + 0,377 0,283
Tabelle 13
28
4.4. Einfluss von Medikamenten und Noxen
4.4.1. Medikamente
Bei der Erhebung der Medikamentenanamnese wurden zwei Aspekte
besonders berücksichtigt. Einerseits wie viele verschiedene Präparate der
Proband nimmt (dies erlaubt einen gewissen Rückschluss auf eventuelle
Multimorbiditäten), andererseits ob eines oder mehrere dieser Präparate
geeignet sind selbst Einfluss auf die Geschmackswahrnehmung zu nehmen.
Überdies wurde überprüft, ob die eingenommene L-Dopa-Menge mit dem
Ausmaß der Geschmacksstörung in Verbindung zu bringen ist. Abbildung 9
zeigt die Anzahl der eingenommenen Präparate in den verschiedenen
Gruppen.
NIPS-KontrolleNIPSIPS-KontrolleIPS
Diagnose
12
10
8
6
4
2
0
Anz
ahl v
ersc
hied
ener
Prä
para
te 47
46
48
79 Die Kontroll-Probanden
der nehmen jeweils
weniger Medikamente
als die der Versuchs-
gruppen, signifikant ist
dieser Unterschied
jedoch nur zwischen
IPS und Kontrolle (T-
Test und Mann-
Whitney-U-Test
p=0,000).
Abbildung 9
121086420
Anzahl verschiedener Präparate
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
n=98
Der Einfluss der Präparatezahl auf
den GST-Score ist nicht eindeutig
belegbar. Zwar besteht eine negative
Regression über die Gruppen hinweg
(Abbildung 10), allerdings sind die
Ergebnisse der Korrelationsanalyse
(Tabelle 14) widersprüchlich.
Abbildung 10
29
Es ergeben sich zum Teil signifikante Werte, aber die Korrelationskoeffizienten
sind überraschenderweise in der IPS-Kontrollgruppe sowie in der NIPS-
Gruppe positiv.Spearman-rho Signifikanz (2-seitig) n
IPS** - 0,412 0,009 39IPS-Kontrolle** +0,414 0,009 39NIPS +0,442 0,201 10NIPS-Kontrolle -0,33 0,355 10Tabelle 14
ja n=57nein n=41
Geschmacks-UAW
30
25
20
15
10
5
0
GS
T-S
core
84
Betrachtet man die
Medikamente, für die
Störungen des
Geschmackssinns
berichtet wurden
(Abbildung 11), so zeigt
sich, dass Probanden
mit solchen
Medikamenten
schlechtere GST-
Scores haben (16,7 SD
6,13) als solche ohne
(20,7 SD 4,57) (T-Test
p= 0,000, Mann-
Whitney-U p= 0,001).
Bei Betrachtung der
Subgruppen ist dieser
Effekt jedoch
ausschließlich in der
IPS-Gruppe
nachweisbar (T-Test p=
0,000, Mann-Whitney-
U p= 0,001).
Abbildung 11
ja
nein
3020100
ja
nein
ja
nein
ja
nein
IPSIPS-K
ontrolleN
IPSN
IPS-Kontrolle
12
27
7
3
34
5
4
6
Abbildung 12
30
Die Verteilung dieser geschmacksbeeinträchtigenden Medikamente in den
verschiedenen Gruppen ist, wie Abbildung 12 zeigt, sehr unterschiedlich.
Betrachtet man diese Verteilung, so kann man eine Mitbeeinflussung des
Ergebnisses durch Medikamentennebenwirkungen nicht ausschließen.
Die meisten Patienten der Versuchsgruppen nehmen größere L-Dopa-Dosen,
wobei für diese Substanz Störungen des Geschmacksinns beschrieben sind
[15] [20]. Daher wurde gesondert untersucht, ob die L-Dopa-Medikation in
besonderer Weise Einfluss auf das Ergebnis des Geschmackstreifentests hat.
Die Regressionsgeraden (Abbildung 13) legen einen solchen Zusammenhang
höchstens für die IPS-Gruppe nahe. Die Korrelationsanalyse bestätigt in
dieser Gruppe für alle Geschmacksqualitäten negative
Korrelationskoeffizienten, allerdings nur für bitter in signifikanter Weise (rho=
-0,328; p= 0,041).
10008006004002000
L-Dopa-Menge/Tag in mg
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
30
25
20
15
10
5
0
IPSN
IPS
n=10
n=39
Der GST-Score zeigt eine mäßig
hohe Korrelation und verfehlt das
Signifikanzniveau nur knapp (rho=
-0,298; p= 0,065). In der NIPS-
Gruppe finden sich keine auffälligen
Werte.
Abbildung 13
4.4.2. Alkohol und Nikotin
Ein negativer Einfluss von Alkohol und Nikotin auf die
Geschmackswahrnehmung ist vielfach beschrieben [1] [16] [19]. An dieser
Untersuchung haben insgesamt nur 2 Raucher mitgewirkt, was eine
Beeinflussung des Ergebnisses unwahrscheinlich und eine ausführliche
statistische Betrachtung unnötig macht (Abbildung 14).
Dennoch kann konstatiert werden, dass Raucher bei der Geschmackstestung
schlechter Abschneiden als Nichtraucher (GST 13,5/18,5 SD 6,36/5,84),
wenngleich dieses Ergebnis nicht signifikant ist (T-Test p= 0,237).
31
Raucher n=2Nichtraucher n=96
Rauchgewohnheit
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
13 873086
Abbildung 14
Das Trinkverhalten sollte intensiver betrachtet werden, da in diesem Punkt die
Gruppen relativ inhomogen sind und der Unterschied zwischen IPS- und
Kontrollgruppe signifikant ist (Tabelle 15).
Alkoholkonsum (g/d) SD T-Test (p)IPS 7,2 11,4 0,037*IPS-Kontrolle 13,7 15,5NIPS 9,0 16,6 0,541NIPS-Kontrolle 13,5 15,6Tabelle 15
40200
Alkoholkonsum (g/d)
30
25
20
15
10
5
0
GST
-Sco
re
n=98Betrachtet man über alle Gruppen
hinweg die Regressionsgerade
(Abbildung 15), so scheint kein
relevanter Zusammenhang zwischen
Alkoholkonsum und GST-Score zu
bestehen. Allerdings zeigt sich in den
Korrelationsberechnungen für die
einzelnen Gruppen zumindest in der
IPS-Kontrollgruppe eine deutliche und
signifikante Korrelation (Tabelle 16),Abbildung 15
was von Bedeutung sein könnte, da in dieser Gruppe auch insgesamt am
meisten Alkohol konsumiert wird:
32
Spearman-rho Signifikanz (2-seitig) nIPS 0,009 0,959 39IPS-Kontrolle** -0,409 0,010 39NIPS 0,162 0,656 10NIPS-Kontrolle -0,175 0,628 10Tabelle 16
4.5. Einfluss des Mini-Mental-Status-Tests
Wie unter 4.1.2. beschrieben sind die untersuchten Gruppen bezüglich des
MMST inhomogen (schlechteres Abschneiden der Versuchsgruppen). Für
Demenzerkrankungen ist ein Zusammenhang zwischen Schweregrad der
Demenz und einer Hypogeusie beschrieben [12]. Betrachtet man die
Ergebnisse des MMST gegen den GST-Score (Abbildung 16), so lässt sich
dieser Zusammenhang auch über die Gesamtheit der Untersuchten hinweg
zeigen.
302520151050
GST-Score
30
28
26
24
22
20
MM
ST
n=98Die Korrelationsanalyse ergibt
positive signifikante Korrelationen für
alle Werte mit Ausnahme von sauer
(rho= 0,135 p= 0,184):
GST** rho=0,309 p=0,002süß** rho=0,313 p=0,002bitter** rho=0,286 p=0,004salzig* rho=0,257 p=0,011
Abbildung 16Allerdings treten keine signifikanten Korrelationen in den Kontrollgruppen auf
und auch in der NIPS-Gruppe finden sich keine auffälligen Werte, so dass der
Effekt auf die IPS-Gruppe (Tabelle 17) beschränkt bleibt.IPS n=39 rho pGST-Score** 0,448 0,004süß** 0,464 0,003sauer 0,242 0,137salzig 0,222 0,174bitter* 0,362 0,024Tabelle17
4.6. Einfluss der Schulbildung
Hinsichtlich der Schulbildung wurde sowohl die Beschulungszeit als auch der
erreichte Abschluss betrachtet. Abbildung 17 zeigt die erreichten GST-Werte
33
in Abhängigkeit des Schulabschlusses, es zeigen sich keine größeren
Unterschiede zwischen den Gruppen.
Hochschule n=18Abitur n=5Mittlere Reife n=25Hauptschule n=46ohne Abschluss n=4
Schulabschluss
30
25
20
15
10
5
0
GS
T-S
core
1583
86
11
17
30
Auch eine Korrelation
zwischen Beschulungs-
zeit und GST-Score
konnte nicht
nachgewiesen werden
(rho= -0,061 p= 0,549
für alle Untersuchten).
In den verschiedenen
Subgruppen gab es
ebenfalls keine
auffälligen Werte.Abbildung 17
4.7. Einfluss auf den Ernährungszustand
Die Annahme, dass man eine Hypogeusie eventuell mit einem schlechteren
Ernährungszustand in Zusammenhang bringen kann, ist naheliegend und hat
eine gewisse klinische Relevanz. Die Korrelationsanalyse (GST-Score/BMI)
zeigte jedoch in keiner der Untergruppen ein signifikantes Ergebnis:rho p
IPS n=39 0,206 0,209IPS-Kontrolle n=39 0,102 0,537NIPS n=10 0,101 0,782NIPS-Kontrolle n=10 - 0,018 0,960Tabelle 18
302520151050
GST-Score
45,0
40,0
35,0
30,0
25,0
20,0
15,0
Bod
y M
ass
Inde
x
n=98
Auch die Regressionsgerade in
Abbildung 18 zeigt nur eine mäßige
Steigung, die Korrelationsanalyse
über alle Gruppen hinweg liefert
keinen Hinweis auf einen
gewichtigen Zusammenhang (rho=
0,178; p= 0,080).
Abbildung 18
34
4.8. Einfluss des Alters
Wie alle sensorischen Funktionen nimmt auch der Geschmackssinn mit dem
Alter ab. Dieser Zusammenhang bestätigt sich in dieser Untersuchung.
Abbildung 19 zeigt einen Scatterplot Alter/GST-Score mit deutlich negativer
Regressionsgerade. Rechnerisch zeigt sich eine signifikante Korrelation (rho=
-0,265; p=0,008), wenn man die Gesamtheit der Untersuchten betrachtet. In
den Subgruppen zeigen sich negative, allerdings nicht signifikante
Korrelationen (Tabelle 19).
302520151050
GST-Score
80
60
Alte
r
n=98
Abbildung 19
rho pIPS n=39 - 0,261 0,109IPS-Kontrolle n=39 - 0,081 0,624NIPS n=10 - 0,323 0,362NIPS-Kontrolle n=10 - 0,360 0,307Tabelle 19
4.9. Einfluss des Geschlechts
Beim Vergleich der gustatorischen Leistungen schneiden Frauen insgesamt
besser ab als Männer (Tabelle 20). Diese Unterschiede sind mit Ausnahme
der Geschmacksqualitäten süß und sauer signifikant:
GST-Score* p= 0,016 (T-Test) p= 0,035 (Mann-Whitney-U)
süß p= 0,224 (T-Test) p= 0,200 (Mann-Whitney-U)
sauer p= 0,851 (T-Test) p= 0,899 (Mann-Whitney-U)
bitter** p= 0,000 (T-Test) p= 0,002 (Mann-Whitney-U)
salzig(*) p= 0,027 (T-Test) p= 0,089 (Mann-Whitney-U)
35
weiblich n=32männlich n=66
Geschlecht
30
25
20
15
10
5
0
GS
T-S
core
15
83
Abbildung 20
Geschlecht n MittelwertStandard-abweichung
GST weiblich 32 20,19 4,410männlich 66 17,48 6,281
süß
weiblich 32 6,09 1,907männlich 66 5,55 2,157
sauer
weiblich 32 3,53 1,665männlich 66 3,45 1,986
bitter
weiblich 32 5,44 1,190männlich 66 4,12 2,094
salzig
weiblich 32 5,13 1,338männlich 66 4,36 1,966
Tabelle 20Betrachtet man die Untergruppen allerdings separat, so scheint dieser Effekt
auf die IPS-Gruppe beschränkt zu sein (signifikante Unterschiede für GST-
Score, bitter und salzig). In den anderen Gruppen finden sich keinerlei
signifikante Unterschiede, auch nicht für einzelne Geschmacksqualitäten.
4.10. Auswertung der Seitenunterschiede
Zur besseren Beurteilbarkeit eventuell vorhandener Seitenunterschiede wurde
eine Hilfsvariable, die Rechts-Links-Differenz (RLD), eingeführt. Sie berechnet
sich für jeden Probanden als Differenz der Summe der auf der rechten
Zungenseite korrekt identifizierten Geschmackstreifen, und der Summe der
links korrekt identifizierten Streifen.
Da der degenerative Prozess beim Parkinsonsyndrom in der Regel einseitig
einsetzt, sollte untersucht werden, ob Hinweise auf eine Unterschiedlichkeit
der Geschmackswahrnehmung zwischen vorwiegend betroffener Seite und
weniger stark betroffener Seite auszumachen sind. Schon die Boxplot-
36
Darstellung (Abbildung 21) lässt derartige Unterschiede unwahrscheinlich
erscheinen. Die Rechts-Links-Differenz ist unabhängig von der vorwiegend
betroffenen Seite im Mittelwert leicht negativ (-0,14 rechts / - 0,71 links) und
unterscheidet sich nicht signifikant (p= 0,446). Auch in den Subgruppen NIPS
und IPS finden sich keine auffälligen Werte. Die Händigkeit der Probanden
(Abbildung 22) scheint ebenso wenig einen Einfluss auf eine eventuell
bestehende Seitendifferenz im Geschmackstreifentest zu haben (RLD 0,11 für
Rechtshänder, -0,57 für Linkshänder; p=0,487). Aufgrund der geringen Zahl
von Linkshändern wurde hier auf eine Testung der Subgruppen verzichtet.
rechts n=28links n=21Kontrolle n=49
vorwiegend betroffene Seite
9,00
6,00
3,00
0,00
-3,00
-6,00
-9,00
Rec
hts-
Link
s-D
iffer
enz
7
90
14
Abbildung 21
rechts n=91links n=7
Händigkeit
9,00
6,00
3,00
0,00
-3,00
-6,00
-9,00
Rec
hts-
Link
s-D
iffer
enz
90
7
5
Abbildung 22
37
5. DISKUSSION
5.1. Hypothesenbezogene Zusammenfassung
Dieser Untersuchung wurden zu Beginn vier Hypothesen zu Grunde gelegt.
Zunächst sollen die Ergebnisse daraufhin überprüft werden, ob sie diese
Hypothesen stützen können.
ad Hypothese I:
“Eine Geschmacksstörung tritt bei Patienten mit einem Parkinsonsyndrom
gehäuft auf.“
Es konnten eindeutige Belege für eine gehäufte Hypogeusie bei Patienten mit
einem Parkinsonsyndrom gefunden werden. Die Ergebnisse der
Geschmackstestung lagen für alle Qualitäten unter denen der gesunden
Kontrollgruppe, mit Ausnahme von bitter waren diese Unterschiede signifikant.
Die Ausgangshypothese kann als bestätigt gelten.
ad Hypothese II:
„Es lassen sich Zusammenhänge zwischen Schweregrad und Dauer der
Erkrankung und dem Ausmaß einer bestehenden Geschmacksstörung
herstellen.“
Hier sind die Ergebnisse weniger eindeutig: Während sich in der Gruppe der
Patienten mit einem nicht-idiopathischen Parkinsonsyndrom weder bezüglich
Erkrankungsdauer noch -schwere ein Zusammenhang mit dem Ausmaß der
Geschmacksstörung belegen lässt, ist dies in der Gruppe der Patienten mit
idiopathischem Parkinsonsyndrom zumindest bezüglich Erkrankungsschwere
möglich. Die Korrelationen zwischen Geschmackstestung und Websterskala
sowie Hoehn-Yahr-Skala sind in dieser Gruppe recht deutlich und signifikant.
Die Hypothese muss jedoch, zumindest was die Erkrankungsdauer betrifft,
verworfen werden. Beim idiopathischen Parkinsonsyndrom scheint jedoch ein
Zusammenhang zwischen Ausmaß der Geschmacksbeeinträchtigung und
dem Schweregrad der Erkrankung zu bestehen.
38
ad Hypothese III:
„Die Störung der Geschmackswahrnehmung zeigt sich bei seitengetrennter
Untersuchung nicht auf beiden Seiten in gleicher Weise.“
Im Patientengut ergaben sich keinerlei Hinweise auf einen Zusammenhang
zwischen der vorwiegend betroffenen Seite und einer einseitig besseren
Geschmackswahrnehmung.
Die Hypothese muss verworfen werden.
ad Hypothese IV:
„Es bestehen hinsichtlich der Geschmackswahrnehmung Unterschiede
zwischen Patienten mit einem IPS und solchen mit einem NIPS.“
Diese Hypothese ist nicht so klar zu bewerten, da zwischen den IPS-Patienten
und den NIPS-Patienten keine Paarbildung stattgefunden hat und die
Gruppen daher nur schwer miteinander vergleichbar sind. Sieht man die
Gruppen jedoch jeweils im Vergleich zu ihren Kontrollen so liegen die NIPS-
Patienten in allen Kategorien weiter von den Werten der gesunden Probanden
entfernt als die IPS-Patienten. Auch im direkten Vergleich sind die
gustatorischen Leistungen der NIPS-Gruppe unabhängig von der getesteten
Geschmacksqualität schlechter als die der IPS-Gruppe, wenngleich der
Unterschied nur für die Qualität sauer signifikant ist.
Insgesamt stützen die Ergebnisse diese Hypothese, wenn auch nur schwach.
5.2. Methodik
Bei der Auswahl von Probanden der Vergleichsgruppe wurde von vornherein
hinsichtlich Geschlecht, Alter, Rauch- und Trinkgewohnheiten ein Abgleich
vorgenommen, was eine spätere Unterteilung in Subgruppen und jeweilige
Kontrollgruppen ermöglichte. Die Geschlechts- und Altersverteilung sowie der
Anteil an Rauchern war in den Gruppen gut vergleichbar, auch die
Nebendiagnosen Bluthochdruck, und Diabetes waren gleichverteilt. Lediglich
hinsichtlich des Alkoholkonsums und des MMST-Scores unterschieden sich
die Gruppen zum Teil signifikant.
Was die Gruppengröße betrifft, so ist die Gruppe der IPS-Patienten (n=39)
sicherlich ausreichend groß um belastbare Werte zu erhalten. Die NIPS-
39
Gruppe (n=10) liefert zwar ausreichende Fallzahlen, um statistische
Erhebungen durchzuführen, allerdings wären die Ergebnisse einer größeren
Gruppe hinsichtlich der Reliabilität höher einzuschätzen. Dieses Problem wird
durch die Zusammensetzung der Gruppe aus vier verschiedenen
Einzeldiagnosen noch verschärft.
Bei der Datenerfassung wurde auf ein einheitliches Setting (gut gelüftete
Räume, Leitungswasser zur Mundspülung, immer gleicher zeitlicher Ablauf)
geachtet, wobei die Testungen zum Großteil im privaten Umfeld der
Probanden stattfanden, woraus nicht vermeidbare Unterschiede der
Testsituation resultieren. Alle Untersuchungen wurden durch die selbe Person
durchgeführt, was eine Verzerrung durch unterschiedliche persönliche
Interpretationen ausschließt.
Die erhobenen Daten waren gut geeignet, um eventuelle Störgrößen wie
Medikamenteneinnahme, Nebenerkrankungen oder Demenzen zu erfassen,
allerdings wurden zur Erfassung des Erkrankungsstadiums beziehungsweise
der Erkrankungsschwere Skalen benutzt, die eigentlich nur für das
idiopathische Parkinsonsyndrom evaluiert sind (Hoehn-Yahr-Stadien und
Webster-Skala). Das so gewonnene Ergebnis, wonach es in der NIPS-Gruppe
keine auffälligen Korrelationen zwischen Schweregrad der Erkrankung und
GST-Score gebe, sollte daher kritisch hinterfragt werden.
Die Testung des Geschmackssinns mittels Schmeckstreifen erwies sich als
gut standardisiertes Verfahren, das sich durch eine unkomplizierte
Handhabung auszeichnet. Das Verfahren wurde von allen Probanden schnell
verstanden und gut akzeptiert. Allerdings konnten im Einzelfall keine
verwertbaren Antworten gewonnen werden, obwohl die Probanden in jedem
Fall aufgefordert wurden, sich auch im Zweifel für eine der vier vorgegebenen
Möglichkeiten zu entscheiden. Aufgrund der großen Zahl von
Einzelteststreifen (32) konnte bei einigen Probanden eine gewisse Ermüdung
und Abnahme der Motivation während des Tests festgestellt werden.
Die seitengetrennte Untersuchung des Geschmacksinns scheint mit dem
Verfahren gut möglich zu sein, wenngleich Diffusionsprozesse und die trotz
Aufforderung nicht ganz vermeidbaren transversalen Zungenbewegungen der
Probanden diese Möglichkeit etwas begrenzen.
40
5.3. Stör- und Einflussgrößen
Gravierende Homogenitätsunterschiede zwischen den Gruppen gab es
bezüglich dem Alkoholkonsum, dem MMST-Ergebnis und der
Medikamenteneinnahme.
Bei Alkoholikern wurde eine reduzierte Geschmackswahrnehmung
beschrieben [16]. Zwar befanden sich im untersuchten Kollektiv keine
Probanden mit exzessivem Alkoholmissbrauch, aber zumindest in den
Kontrollgruppen wurde Ethanol in nennenswerter Menge konsumiert (bis zu
50 g/d). Eine negative und signifikante Korrelation zwischen Alkoholkonsum
und Geschmackswahrnehmung zeigte sich in der IPS-Kontrollgruppe, in der
auch insgesamt am meisten getrunken wurde (Mittelwert 13,7 g/d; SD
15,5g/d). Eine Verzerrung des Ergebnisses durch diesen Umstand ist nicht
auszuschließen, könnte aber nur einen falsch-niedrig gemessenen
Unterschied im GST-Score erklären, so dass die Haupthypothese, wonach
Parkinsonpatienten schlechter schmecken, nicht belastet wird.
Erwartungsgemäß zeigten sich in den Versuchsgruppen niedrigere MMST-
Werte als in den Kontrollgruppen. Die Arbeit von Lang und anderen belegt ein
mäßig hohe aber signifikante Korrelation zwischen Demenzschweregrad und
Schmeckvermögen [12]. Dieses Ergebnis konnte bestätigt werden, allerdings
waren die Werte nur für das Gesamtkollektiv und die IPS-Gruppe signifikant.
Da der MMST in der IPS-Gruppe gleichzeitig mit dem Krankheitsstadium nach
Hoehn-Yahr korreliert (rho= -0,493; p= 0,001), bleibt die Frage offen, ob das
schlechtere Abschneiden im Geschmackstreifentest auf die fortgeschrittene
Parkinsonerkrankung zurückzuführen oder dementiell begründet ist. Eine allzu
starke Beeinflussung des Testergebnisses wurde durch den Ausschluss von
Patienten mit einem MMST<20 verhindert.
Großen Einfluss auf das Ergebnis dürften die eingenommenen Medikamente
haben. Die Zahl der verschiedenen Substanzen scheint jedoch keinen
eindeutigen Effekt zu haben, was durch unterschiedliche Vorzeichen bei den
Korrelationskoeffizienten belegt wird (IPS** - 0,412; IPS-Kontrolle** +0,414).
Dieser Befund bleibt interpretationswürdig, ist aber zum Teil dadurch zu
erklären, das IPS-Probanden deutlich häufiger mit potentiell
geschmacksbeeinflussenden Medikamenten behandelt werden. Während in
41
den Kontrollgruppen nur 12 (IPS-Kontrolle) beziehungsweise 4 (NIPS-
Kontrolle) solche Präparate nehmen, sind die Zahlen in den Versuchsgruppen
deutlich höher (IPS: 34; NIPS: 7). Ein negativer Einfluss dieser Medikamente
konnte nur für die IPS-Gruppe belegt werden, was eventuell aus einer
Beeinflussung des Geschmacks durch L-Dopa-Präparate resultiert. Die täglich
verordnete L-Dopa-Dosis zeigt aber nur eine mäßig hohe nicht signifikante
Korrelation mit dem GST-Ergebnis, lediglich mit der Geschmacksqualität bitter
besteht eine signifikante Korrelation. Insgesamt dürften Medikamente die
wichtigste Störgröße in dieser Untersuchung darstellen.
Andere Einflussgrößen spielen kaum eine Rolle. Zwar schmeckten Raucher
etwas schlechter als Nichtraucher, ein höheres Alter ist mit schlechteren GST-
Scores assoziiert und Frauen schmecken tendenziell besser als Männer, aber
Einflüsse auf das Gesamtergebnis sind durch die Abgleichung von Kontroll- zu
Versuchproband beziehungsweise durch die geringe Fallzahl von Rauchern
(n=2) nicht zu erwarten. Interessanterweise bleibt das bessere Abschneiden
weiblicher Probanden auf die IPS-Gruppe beschränkt.
Eine Beeinflussung durch die Dauer der Schulausbildung oder den erreichten
Bildungsabschluss war nicht zu beobachten.
5.4. Mögliche Erklärungsmodelle
Geht man davon aus, dass die beobachteten Unterschiede in der
Geschmackswahrnehmung sich nicht hinreichend durch außerhalb der
eigentlichen Erkrankung liegende Störfaktoren erklären lassen, so bieten
pathophysiologische Überlegungen verschiedene Erklärungsmodelle:
Es ließ sich bislang nicht zeigen, dass die gustatorischen Kerngebiete im
Hirnstamm direkt von den für das Parkinsonsyndrom typischen
pathophysiologischen Veränderungen (präsynaptisches α-Synuklein/
mikrotubulusassoziiertes Tau-Protein) betroffen sind. Ebenso gibt es keine
Hinweise auf Störungen der direkten Geschmacksrezeption im Bereich der
Zunge oder auf Leitungsstörungen im Bereich des 1. gustatorischen Neurons
und seiner Axone. Die Störung der sensorischen Verarbeitung dürfte am
ehesten von Strukturen oberhalb des Hirnstamms ausgehen, da periphere
Läsionen im Gegensatz zu zentralen weniger deutlich mit einer Hypogeusie
42
einhergehen, sondern eher mit qualitativen Geschmacksstörungen im Sinne
einer Dysgeusie verbunden sind [11].
Legt man der Überlegung die Stadieneinteilung nach Braak zugrunde, so
zeigen sich verschiedene Möglichkeiten einer Störung der Verarbeitung
gustatorischer Impulse (Tabelle 21)
I Dorsale Vaguskerne und Bulbus/Tractus olfactoriusII Medulläre Raphekerne, Locus coeruleus, Teile der Formatio reticularisIII Amygdala, basales Vorderhirn, Pars compacta der Substantia nigraIV Temporaler Mesocortex, telencephaler CortexV Sekundäre sensorische Assoziationsfelder, präfrontale Anteile des NeocortexVI Primäre sensorische Assoziationsfelder, prämotorische Felder, primäre Areale des
NeocortexTabelle 21
Zu Stadium I: Gustatorische und olfaktorische Erregungen konvergieren
im orbitofrontalen Kortex. Eine primäre Störung der
Geruchswahrnehmung, wie sie bereits im frühen
Krankheitsstadium typisch ist, könnte somit über Umwege
eine erhöhte Wahrnehmungsschwelle auch für
Geschmacksreize erklären.
Zu Stadium II: Die Beteiligung von Teilen der Formatio reticularis in
diesem Stadium könnte eine Störung der Weiterleitung
gustatorischer Impulse verursachen.
Zu Stadium III: Das gustatorische System verfügt über zahlreiche
Assoziationen zum limbischen System, überdies ist der
Geschmack ein stark emotional besetzter Reiz. Die
Mitbeteiligung der Amygdala kommt somit als Ursache für
eine gestörte Geschmackswahrnehmung ebenso in
Frage.
Auch eine Störung der Informationsverarbeitung im
Thalamus aufgrund der Inhibierung aus dem Globus
pallidus internus, die auf dem Untergang dopaminhaltiger
Fasern der Substantia nigra beruht, ist denkbar.
Zu Stadium IV-VI: Funktionsstörungen auf neokortikaler Ebene können
sowohl Störungen der weiteren Impulsverarbeitung als
43
auch der Interpretation der Reize erklären. Es kommen
auch Störungen des Geschmacksgedächtnisses als
Erklärung in Frage.
Überprüft man diese Ansätze hinsichtlich der in dieser Studie erfassten Daten,
so sind vor allem zwei Ergebnisse von Interesse:
Es konnte kein Zusammenhang zwischen Ausprägung der
Geschmacksstörung und der Dauer der Erkrankung hergestellt werden. Dies
legt nahe, dass die ursächliche pathophysiologische Komponente bereits in
frühen Krankheitsstadien zu suchen ist. Somit erscheinen Störungen im
Bereich des Riechhirns, der Formatio reticularis, des limbischen Systems
oder des Thalamus als wahrscheinlichste Ursachen.
Einen Befund, der Störungen auf höheren Ebenen zumindest als
mitverursachend wahrscheinlich macht, stellt der Zusammenhang von
Demenzschweregrad und Ausprägung der Geschmacksstörung dar.
Störungen höherer Hirnregionen dürften aber eher einen additiven Effekt auf
die Störung der Geschmackswahrnehmung haben, als die eigentlich Ursache
darzustellen.
Ein interessanter Nebenbefund der Untersuchung könnte jedoch auch auf
eine Störung im Bereich der Hirnnerven hinweisen: Die festgestellte
Hypogeusie der Versuchsprobanden war nur für die Geschmacksqualitäten
süß, sauer und salzig signifikant, nicht aber für Bitterstoffe. Der VII. Hirnnerv
trägt die Geschmacksinformation der vorderen 2/3 der Zunge über die chorda
tympani zum Ganglion geniculi. Die Hirnnerven IX und X übermitteln die
Geschmacksinformation des hinteren Drittels der Zunge und des Pharynx und
Larynx ins jeweilige Ganglion inferius. Da Bitterstoffe hauptsächlich im
Bereich des Zungengrunds wahrgenommen werden, könnte die Störung auf
den VII. Hirnnerven begrenzt sein, oder zumindest das Ausmaß der Störung
hier stärker ausgeprägt sein als im Bereich der Nerven IX und X.
44
5.5. Klinische Relevanz
5.5.1. Der Geschmackstreifentest als diagnostischer Test
Das gehäufte Auftreten von Geschmackstörungen bei Patienten mit einem
Parkinsonsyndrom kann als gesichert angesehen werden, jedoch ist die
Ausprägung dieses Symptoms nicht so deutlich wie etwa das olfaktorische
Defizit. Ob eine Geschmackstestung von diagnostischem Wert ist, muss
danach entschieden werden, wie gut sich Kranke von Gesunden
unterscheiden lassen. Abbildung 23 zeigt eine ROC Kurve zur Beurteilung der
Trennschärfe des Geschmackstreifentest bezüglich der Hauptdiagnose
Parkinsonsyndrom. Als bester Cut-off-Punkt wurde ein GST-Score von 17, 5
ermittelt, Probanden mit Werten von 17 und kleiner würden somit als krank
eingestuft.
Bei diesem Cut-off-Punkt erreicht der Test eine Sensitivität von 53% und eine
Spezifität von 84% (Youden-Index = 37%). Somit könnte sich der Test
zumindest in Einzelfällen als hilfreich erweisen.
Abbildung 23
Für den Test spricht seine einfache Handhabbarkeit, es ist zu erwarten, dass
der Test eine auf gute Akzeptanz beim Patienten trifft, der in der Regel nicht-
invasive und nicht-apparative Verfahren bevorzugt. Einschränkend muss
45
erwähnt werden, dass der Test zwar Geschmackstörungen gut identifizieren
kann, jedoch keinen Beitrag zur Differentialdiagnose möglicher Ursachen
leistet.
Eine Differenzierung verschiedener Syndromformen über eine
Geschmackstestung dürfte sich aufgrund der geringeren Unterschiede als
schwer erweisen. Zwar war festzustellen, dass Patienten mit nicht-
idiopathischen Syndromformen schlechtere Geschmacksleistungen erbringen,
allerdings war der Unterschied nur für sauer signifikant. Es ist bei der
Unterscheidung zwischen idiopathischem und nicht-idiopathischem
Parkinsonsyndrom also mit einer geringeren Trennschärfe zu rechnen.
Abbildung 24 zeigt eine dieser Fragestellung entsprechende ROC-Kurve, bei
der sich als Ausdruck der schlechteren Selektivität eine deutlich geringere
Fläche unter der Kurve abzeichnet.
Als bester Cut-off-Wert
ergibt sich auch hier 17,5.
Mit einer Sensitivität von
70% und einer Spezifität
von 51% (Youden-Index =
21%) kann man hier nicht
von einem geeigneten
Test sprechen. Allerdings
muss einschränkend
gesagt werden, dass die
Fallzahlen in der NIPS-
Gruppe zu klein waren,
um hier ein endgültiges
Urteil zu fällen.Abbildung 24Ein weiteres Feld für den Einsatz als diagnostischer Test wäre eine
Verlaufskontrolle eines eventuell mit der Krankheit fortschreitenden
Geschmackverlusts. Es konnte zwar ein Zusammenhang zwischen
Erkrankungsschwere und Ausmaß der Hypogeusie gezeigt werden, es ist
jedoch auch hier fraglich, ob dieser Zusammenhang stark genug ist, um die
Geschmackstestung im Sinne eines State-Markers einzusetzen. Für diese
46
Fragestellung wären prospektive Längsschnitt-Untersuchungen bei neu
diagnostizierten Parkinsonpatienten interessant.
5.5.2. Praktische Schlussfolgerungen
Das Wissen um eine deutlich reduzierte Geschmackswahrnehmung beim
Parkinsonsyndrom ist ein weiterer nützlicher Baustein im facettenreichen
Symptombild der Erkrankung. Auch wenn das reduzierte Schmeckvermögen
ein weniger dominantes Symptom der Erkrankung ist, kann es im Einzelfall
eventuell einen Beitrag zur Diagnosesicherung leisten. Für die Behandelnden
sollte es ferner von Interesse sein, ob sich im Einzelfall beispielsweise
Störungen des Appetits zeigen, zumal der häufig eingeschränkte
Geruchssinn zu ähnlichen Problemen führen kann.
Bei der Verschreibung von Medikamenten, sollte darauf geachtet werden, auf
solche - wo möglich - zu verzichten, die eine weitere Verschlechterung der
Geschmackswahrnehmung verursachen können (41 von 49 untersuchten
Patienten nahmen derartige Medikamente).
Erkenntnisse über die pathophysiologischen Hintergründe der
Geschmacksstörungen lassen sich bei vorliegender Versuchsanordnung nicht
erwarten, wenngleich einige Überlegungen zu möglichen Ursachen angestellt
werden können. Hier bestehen Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen.
47
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[21] Sienkiewicz-Jarosz H, Scinska A, Kuran W, Ryglewicz D, RogowskiA, Wrobel E, Korkosz A, Kukwa A, Kostowski W, Bienkowski P: Taste
responses in patients with Parkinson’s disease. J Neurol Neorosurg
Psychiatry 2005 Jan;76(1):40-6
[22] Tribl F, Gerlach M, Marcus K, Asan E, Tatschner T, Arzberger T, Meyer H
E., Bringmann G, Riederer P.: „Subcellular Proteomics“ of Neuromelanin
Granules Isolated from the Human Brain. Molecular & Cellular
Proteomics 2005; 4(7): 945-957
[23] Tolnay M: α-synuclein and tau: abnormal protein deposits characterise
the Parkinson-(plus)-syndrome. Schweiz Arch Neurol Psychiatr
2000;151: 136–45.
[24] Webster DD: Critical analysis of the disability in Parkinson’s disease
Mod Treatm 1968 Mar; 5 (2): 257-282
[25] Wiesendanger M: “Motorische Systeme” in Schmidt RF, Thews G, Lang
F (Hrsg.): Physiologie des Menschen, 28. Auflage – Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York; 2000 S. 91-127
50
7. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
BMI Body-Mass-Index
DLB Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ
GST Geschmackstreifentest
ICD-10 International Statistical Classification of Diseases and Related
Health Problems
IPS Idiopathisches Parkinsonsyndrom
MMSE Mini Mental State Examination
MMST Mini-Mental-Status-Test
MSA Multisystematrophie
n Fallzahl
NIPS Nicht-idiopathisches Parkinsonsyndrom
p Zufallswahrscheinlichkeit
PS Parkinsonsyndrom
PSP progressive supranukleäre Blickparese (progressive supranuclear
palsy/Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom)
RLD Rechts-Links-Differenz (bezogen auf Geschmackstreifentest)
ROC Receiver Operating Characteristic
SD Standardabweichung (standard deviation)
UAW Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
51
8. VERZEICHNIS DER VORVERÖFFENTLICHUNGEN
Wesentliche Teile der Arbeit konnten bereits im Dezember 2007 im
Posterformat auf einem internationalen Kongress (XVII. WFN World Congress
on Parkinson's Disease and Related Disorders) in Amsterdam einem größeren
Fachpublikum präsentiert werden.
52
9. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1 Dopaminerge Projektionen beim gesunden Menschen (links)
und beim Morbus Parkinson (rechts). Helle Pfeile stehen für
Hemmung und dunkle für Stimulation der Zielstruktur.
Freie GNU-Nutzungslizenz; Autor: Medicus of Borg
Abbildung 2 Grafik zur Geschlechts- und Altersverteilung in den
verschiedenen Gruppen. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 3 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen erkrankten und
gesunden Probanden. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 4 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen IPS-Patienten, NIPS-
Patienten und den jeweiligen Kontrollgruppen. Erstellt mit
SPSS 14.0.Abbildung 5 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen den einzelnen
Diagnosegruppen und den gesunden Probanden. Erstellt mit
SPSS 14.0.
Abbildung 6 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Webster-Score Erstellt mit SPSS
14.0.
Abbildung 7 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Stadium nach Hoehn&Yahr. Erstellt
mit SPSS 14.0.
Abbildung 8 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Erkrankungsdauer. Erstellt mit SPSS
14.0.
53
Abbildung 9 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Anzahl
verschiedener eingenommener Medikamente zwischen IPS-
Patienten, NIPS-Patienten und den jeweiligen
Kontrollgruppen. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 10 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Anzahl der verschiedenen
eingenommenen Medikamente. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 11 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen Probanden mit
potentiell geschmacksbeeinträchtigender Medikation und
Probanden ohne derartige Medikation. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 12 Balkendiagramm zur Darstellung der Häufigkeit der Einnahme
potentiell geschmacksbeeinträchtigender Medikamente in der
IPS-Gruppe, der NIPS-Gruppe, sowie den jeweiligen
Kontrollen. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 13 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen IPS-Patienten, NIPS-
Patienten und den jeweiligen Kontrollgruppen. Erstellt mit
SPSS 14.0.
Abbildung 14 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen Rauchern und
Nichtrauchern. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 15 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Menge des täglich konsumierten
Ethylalkohols. Erstellt mit SPSS 14.0.
54
Abbildung 16 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Ergebnis im Mini-Mental-Status-Test.
Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 17 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen Probanden mit
unterschiedlichen Bildungsabschlüssen. Erstellt mit SPSS
14.0.
Abbildung 18 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Body-Mass-Index als Ausdruck des
Ernährungszustands. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 19 Scatterplot-Grafik mit Regressionsgerade nach r2-Regel zur
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Ergebnis der
Geschmackstestung und Alter der Probanden. Erstellt mit
SPSS 14.0.
Abbildung 20 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des Geschmackstreifentests zwischen weiblichen und
männlichen Probanden. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 21 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des der seitengetrennten Geschmackstestung, ausgedrückt
als Links-Rechts-Differenz, zwischen Patienten mit
Linksbetonung der Symptome, Patienten mit Rechtsbetonung
der Symptome und gesunden Probanden. Erstellt mit SPSS
14.0.
Abbildung 22 Boxplot-Grafik zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse
des der seitengetrennten Geschmackstestung, ausgedrückt
als Links-Rechts-Differenz, zwischen Links- und
55
Rechtshändern. Erstellt mit SPSS 14.0.
Abbildung 23 ROC-Kurve zur Beurteilung der Trennschärfe des
Geschmackstreifentest bezüglich der Hauptdiagnose
Parkinsonsyndrom (IPS+NIPS vs. Kontrollen). Erstellt mit
SPSS 14.0.
Abbildung 24 ROC-Kurve zur Beurteilung der Trennschärfe des
Geschmackstreifentest bezüglich der unterschiedlichen
Syndromformen (IPS vs. NIPS). Erstellt mit SPSS 14.0.
56
10. TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1 Überblick über die Klassifikation der Parkinsonsyndrome
Tabelle 2 Stadieneinteilung des Befalls verschiedener Hirnregionen nach
Braak
Tabelle 3 Überblick über die verschiedenen Geschmacksrezeptortypen
nach Qualitäten
Tabelle 4 Epidemiologische Daten nach Einzelgruppen
Tabelle 5 ICD-10-Klassifikation der verschiedenen Parkinsonsyndrome
Tabelle 6 Bewertung des Schweregrads der Erkrankung mittels Webster-
Skala
Tabelle 7 Geschlechterverteilung und die Verteilung der Grundleiden in den
Subgruppen
Tabelle 8 Ergebnisse der Geschmacktestung im Vergleich aller Erkrankten
gegen gesunde Probanden
Tabelle 9 Ergebnisse der Geschmackstestung der IPS-Gruppe und ihrer
Kontrollgruppe im Vergleich
Tabelle 10 Ergebnisse der Geschmackstestung der NIPS-Gruppe und ihrer
Kontrollgruppe im Vergleich
Tabelle 11 Ergebnisse der Geschmackstestung der IPS-Gruppe und der
NIPS-Gruppe im direkten Vergleich
Tabelle 12 Ergebnisse der Geschmackstestung der IPS-Gruppe und
Patienten mit PSP im direkten Vergleich
Tabelle 13 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen GST-Score und
den Parametern Webster-Skala, Hoehn-Yahr-Stadium und
Erkrankungsdauer unterteilt nach den Diagnosegruppen IPS und
57
NIPS
Tabelle 14 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen GST-Score und
den Anzahl verschiedener eingenommener Medikamente
unterteilt nach den Diagnosegruppen IPS, NIPS sowie den
jeweiligen Kontrollgruppen
Tabelle 15 Darstellung der Alkoholkonsummengen in den Gruppen IPS,
NIPS und jeweiligen Kontrollgruppen; Ergebnisse der Tests auf
Mittelwertgleichheit zwischen den Test- und Kontrollgruppen
Tabelle 16 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen GST-Score und
den konsumierten Alkoholmengen unterteilt nach den
Diagnosegruppen IPS, NIPS sowie den jeweiligen
Kontrollgruppen
Tabelle 17 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen Ergebnissen der
Geschmackstestung und dem MMST-Score in der IPS-Gruppe
Tabelle 18 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen GST-Score und
Body-Mass-Index als Ausdruck des Ernährungszustands
unterteilt nach den Diagnosegruppen IPS, NIPS sowie den
jeweiligen Kontrollgruppen
Tabelle 19 Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen GST-Score und
Alter unterteilt nach den Diagnosegruppen IPS, NIPS sowie den
jeweiligen Kontrollgruppen
Tabelle 20 Ergebnisse der Geschmacktestung im Vergleich weiblicher gegen
männliche Probanden
Tabelle 21 Stadieneinteilung des Befalls verschiedener Hirnregionen nach
Braak mit Hervorhebung eventuell für eine Störung der
Geschmacksverarbeitung bedeutsamer Hirnregionen
58
11. DANKSAGUNG
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Christoph Lang für die Vergabe
dieses spannenden Themas. Ich habe mich nicht nur fachlich gut betreut,
sondern auch menschlich wohl gefühlt. Herrn Prof. Dr. Stefan Schwab möchte
ich für sein Korreferat danken.
Den vielen Probanden, die sich alle unentgeltlich zur Verfügung gestellt
haben, gilt ebenso mein Dank. Die Parkinson-Selbsthilfegruppen von
Forchheim und Erlangen seien hier besonders erwähnt.
Ohne die Unterstützung durch meine Familie wäre nicht nur diese
Dissertation, sondern mein gesamtes Studium und vieles mehr kaum möglich
gewesen. Dafür nicht nur heute meinen Dank.
Allen Menschen, denen ich mich in Liebe verbunden fühle, möchte ich dafür
danken, dass sie mein Leben begleitet und ihm Sinn und Richtung gegeben
haben.
59
12. LEBENSLAUF
Name: Martin Friedrich Krause
Geburt: 17. August 1976 in Erlangen
Eltern: Siegfried Krause †
Irmtraud Krause, geborene Hege
Geschwister: Jürgen Krause
Johannes Krause †
Lydia Polster, geborene Krause
Bildungsgang: 1983-87 Grundschule Ebermannstadt
1987-95 Gymnasium Fränkische Schweiz
1996-99 Berufsfachschule für Krankenpflege der
Schwesternschaft des BRK Nürnberg e.V.
2001-03 Städtische BOS für Sozialwesen Nürnberg
2003-09 Studium der Medizin an der Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Abschlüsse: 1993 Zeugnis der Mittleren Reife
1999 Krankenpflegeexamen
2002 Fachhochschulreife
2003 Allgemeine Hochschulreife
2005 Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2009 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Beschäftigung: 1995-96 Freiwilliges soziales Jahr beim Bayerischen
Roten Kreuz
1999-2001 Tätigkeit als Krankenpfleger im KfH-
Dialysezentrum Lauf
2001-2009 geringfügige Beschäftigung als
Krankenpfleger im Dialysezentrum am St.
Theresienkrankenhaus Nürnberg
seit 2010 Assistenzarzt Innere Medizin am Klinikum
Lichtenfels