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Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH www.ages.at
Biologie der Varroa-Milbe Aussehen, Vermehrung, Lebensweise,
Schadwirkung
Rudolf Moosbeckhofer
© Abt. Bienenkunde und Bienenschutz
Inst. Saat- und Pflanzgut, Pflanzenschutzdienst und Bienen
Bienenseuchengesetz BGBl.Nr. 290/1988 idgF. 2005
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 2
Text § 3. (1) Anzuzeigen ist:
jede der folgenden Krankheiten:
a) Bösartige Faulbrut (Amerikanische Faulbrut: Paenibacillus larvae),
b) Befall mit dem Kleinen Bienenstockkäfer (Aethina tumida),
c) Befall mit der Tropilaelapsmilbe (Tropilaelaps spp.),
d) Varroose bei seuchenhaftem Auftreten;
2. jeder Verdacht auf derartige Krankheiten;
3. jedes drohende oder erfolgte Absterben von mindestens 30 vH der Völker eines Bienenstandes.
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 3
Varroose
• Parasitenerkrankung der Bienenvölker
• Verursacher: Milbe Varroa destructor (frühere Bezeichnung: V. jacobsoni OUDEMANNS)
Varroa-Weibchen
Bauchansicht Rückenansicht
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 4
Aussehen
• queroval, flach
• 1,1 x 1,6 mm groß
• erwachsene Milben rotbraun gefärbt, Larven weißlich
• Körperoberfläche hart, mit Borsten besetzt
• Beine mit Haftborsten zur Verankerung an Biene
• auf Bienen, Larven und Waben
Varroa-Weibchen:
Varroa-Weibchen – Bauchansicht
im Rasterelektronenmikroskop
REM-Photo: Dr. Susanne Richter,
AGES
Varroa läuft frei auf verdeckelter Brut umher
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 5
Aussehen
• ca. 0,8 mm groß
• gelblichweiß gefärbt
• Körperform rundlich
• nur in der verdeckelten Zelle auf den Entwick-lungsstadien der Biene lebend anzutreffen.
Varroa-Männchen
REM-Photo: Dr. Susanne Richter, AGES
Varroa-Männchen:
Varroa-Männchen auf Bienenpuppe
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 6
Varroa Herkunft und Verbreitung
• 1904 erstmals aus Völkern der Indischen Honigbiene (Apis cerana) von der Insel Java beschrieben als Varroa jacobsoni OUDEMANNS
• neuere genetische Untersuchungen: bisherige V. jacobsoni besteht aus zahlreichen genetisch verschiedenen Typen, die in 2 Hauptgruppen zerfallen:
a) Varroamilben der malayisch-indonesischen Region (=V. jacobsoni )
b) Varroamilben des asiatischen Festlandes (= Varroa destructor ) mit 2 Subtypen:
– Korea Typ: schädigt besonders stark die Westliche Honigbiene
– Japan/Thailand Typ: Schäden geringer
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 7
Varroa destructor Verbreitung verschiedener Typen • Korea Typ (= russischer Typ [R Typ] oder GER Typ)
Vorkommen: Europa, mittlerer Osten, Südafrika, Nordamerika, Südamerika
Österreich: Varroa 1983 erstmals gefunden – Erstinfektion vermutlich 2 – 3 Jahre früher; seit 1989 Varroa auf jedem Bienenstand anzutreffen
• Japan/Thailand Typ (= J Typ)
Vorkommen: Ostasien, Nord- und Südamerika
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 8
Quelle: Navajas et al. (2010; Apidologie 41) 181–193
Ursprüngliche Verbreitungsgebiete: Varroa destructor (ausgezogene Linie)
V. jacobsoni (punktierte Linie)
Varroa destructor – Globaler Siegeszug durch Wirtswechsel von A. cerana A. mellifera
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz
Quelle: Univ. Florida: http://entnemdept.ufl.edu/creatures/misc/bees/varroa_mite.htm
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Österreich: Varroa ca. seit 1980
Verbreitung2010
Varroa destructor – Verbreitung 2014
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 10
http://entnemdept.ufl.edu/creatures/misc/bees/varroa_mite.htm (17.2.2017)
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 11
Varroa Abwehrmechanismen der Bienen
• Indische Biene
– Vermehrung der Varroa nur in Drohnenbrut
– Aufspürung und Ausräumung von Milben aus verdeckelter Brut
– stark befallene Drohnenzellen werden erst nach Absterben von Puppen und Varroamilben ausgeräumt
– sehr wirksames Eigen- und Fremdputzverhalten
• Europäische Honigbiene
– Abwehrmechanismen nur in Ansätzen vorhanden, in Mitteleuropa nicht ausreichend wirksam
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 12
Lebensweise der Varroa
• Brut- und Bienenparasit: Erwachsene Milben und Nachkommen saugen an Bienenbrut in verdeckelten Zellen
• Nahrungsaufnahme: Milben + Entwicklunsstadien durchstechen Bienenhaut (Cutikula) an dünnen Zwischengelenkshäuten und saugen Haemolymphe (= das Blut der Biene)
Milbe mit Kothäufchen in Brutzelle
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 13
Fortpflanzung
• Erfolgt nur in verdeckelten Brutzellen
– Fortpflanzungswillige Varroa-Weibchen schlüpfen kurz vor Verdeckeln in die Brutzellen, lassen sich einschließen, beginnen an der Bienenmade zu saugen und ihre Eier abzulegen
– Komplette Entwicklung von Eiablage bis Begattung vollzieht sich in geschlossener Brutzelle
– Aus dem ersten Ei entsteht ein Männchen, aus allen weiteren Eiern entstehen Weibchen.
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 14
Entwicklungsdauer…
• Milbenmännchen 6,9 Tage
• Milbenweibchen 6,2 Tage
• Begattung erfolgt noch in der gedeckelten Brutzelle.
• Männchen sterben meist bis zum Schlüpftermin der Jungbiene ab.
Varroa-Muttermilben auf Bienenmade
… Ei bis erwachsene Milbe:
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 15
Reifungsfraß
• Nach dem Schlüpfen der Jungbienen wechseln Milbenweibchen auf andere Bienen über.
• Ammenbienen werden vor älteren Stock- und Flugbienen bevorzugt.
• Varroaweibchen saugen mehrfach Bienenblut, ehe sie zur Fortpflanzung wieder in Brutzellen eindringen.
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 16
Nachkommenzahl…
• Drohnenbrut:
- 2 bis 4 Tochtermilben + 1 Männchen (wegen längerer Verdeckelungsdauer)
- Drohnenbrut ist zirka achtmal stärker befallen als Arbeiterinnenbrut.
• Arbeiterinnenbrut: 1 bis 2 erwachsene Tochtermilben + 1 Männchen pro Varroa-Weibchen und Fortpflanzungszyklus
• Nach Ende der Drohnenaufzucht erfolgt Vermehrung ausschließlich in Arbeiterinnenbrut.
• Auch Weiselzellen können befallen werden.
• Ein Teil der Milben durchläuft mehrere Fortpflanzungszyklen.
… und Vermehrung
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 17
Lebensdauer der…
• Sommer: 2 - 3 Monate
• Winter: 6 - 8 Monate
• ohne Bienen und Brut: max. 7 Tage
• im Gemülle mit toten Bienen: 2 Wochen
• Tote Milben fallen zu Boden und finden sich im Gemülle des Bienenvolkes.
• Zahl der „Gemüllemilben“ steht in Beziehung zum Gesamtbefall eines Volkes.
„Gemüllemilben“
… Varroaweibchen:
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 18
Varroa Schadwirkung jede Biene, die als Puppe oder erwachsenes Tier befallen ist, wird geschädigt.
Schaden an Einzelbiene
• Verkürzung der Lebensdauer
• Verkrüppelung
• Gewichtsreduktion
• Übertragung von Krankheitserregern (Viren, Bakterien)
• Leistungsabfall
• Unruhe
• Drohnen werden unfruchtbar
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 19
Varroa Schaden am Bienenvolk
• Bienenvolk kann gewisse Anzahl von Varroamilben tolerieren, ohne dass Krankheitssymptome primärer oder sekundärer Art auftreten.
• Toleranzschwelle abhängig vom Gesundheitszustand (Viren, Bakterienbefall) des Volkes und Außeneinflüssen.
• starker Befall stört Sozialstruktur des Volkes
• Ertrags- und Volksverlust
Ende eines starken Bienenvolkes
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Befallsentwicklung…
• Ausgangsbefall
• Dauer der Brutperiode (Wetterabhängigkeit)
• Milbenfruchtbarkeit/Milbensterblichkeit
• Verhältnis Milbeneintrag/Milbenaustrag
• imkerliche Eingriffe, die sich auf die Bruttätigkeit auswirken
• durchgeführte Bekämpfungsmaßnahmen und deren Wirksamkeit
• Abwehrmaßnahmen der Bienen
• Milbeneintrag von außen
… im Lauf des Jahres beeinflusst durch:
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 21
Milbenvermehrung
Faustregel: Varroa-Zahl verdoppelt sich mit jedem Monat, in dem Brut gepflegt wird.
Praxisbeobachtungen: Varroa-Befall kann sich vom Frühjahr bis zum Herbst unter optimalen Bedingungen um mehr als den Faktor 100 erhöhen.
starke Zunahme der Milbenzahl durch
– natürliche Varroa-Vermehrung
– Milbeneintrag von anderen Ständen und Bienenvölkern
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 22
Varroa Befallsschwelle
• In Gebieten mit langer Brutperiode (früher Brutbeginn, spätes Ende) wird kritische Befallsschwelle deutlich früher erreicht als in Regionen mit kurzer Brutperiode (später Brutbeginn, frühes Brutende).
• 1 Monat verfrühter Brutbeginn bewirkt bis zum Herbst die doppelte Milbenzahl in den Völkern. Auch kritische Befallsschwelle wird 1 Monat früher erreicht.
• in stark brütenden Völkern steigt der Befallsgrad schneller an als in schwach brütenden.
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5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
40000
45000
12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Monat
Varroa-50 Varroa-100 Bienen Brut
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 23
Volksentwicklung und Milbenvermehrung
Winterbienen-
produktion
Drohnenbrut-
entnahme
Varroa 50/100 = 50/100 Milben Startpopulation im Frühjahr
Brutfreie Phase (Nov.-Dez)
Restent-milbung
Hauptent-milbung
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 24
Schadensschwelle...
• Dauer der Brutperiode: lange Brutperiode (früher Brutbeginn, spätes Ende) Schadensschwelle deutlich früher erreicht als in Regionen mit kurzer Brutperiode.
Brutbeginn: 1 Monat früher
- bis zum Herbst die doppelte Milbenzahl in den Völkern.
- kritische Schadensschwelle 1 Monat früher erreicht.
• Brutmenge: in stark brütenden Völkern steigt Befallsgrad schneller
... ist abhängig von
Anstieg des Varroabefalles bei unterschiedlichen Startpopulationen
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Start-Varroa
Monat 10 20 50 100 200
1 20 40 100 200 400
2 40 80 200 400 800
3 80 160 400 800 1600
4 160 320 800 1600 3200
5 320 640 1600 3200 6400
6 640 1280 3200 6400 12800
7 1280 2560 6400 12800 X
8 2560 5120 12800 X X
9 5120 10240 X
10 10240 X
11 X
12
Anstieg des Varroabefalles bei unterschiedlichen Startpopulationen
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 26
Zunahme nach Überlebende Varroa
Start-Varroa 2 x AS -
Annahme:
Nov/Dez: Restentmilbung
Brutfreiheit
Monat 10 20 50 100 200 80 %ige Wirkung 90% 95% 99%
1 20 40 100 200 400
2 40 80 200 400 800
3 80 160 400 800 1600
4 160 320 800 1600 3200
5 320 640 1600 3200 6400
6 640 1280 3200 6400 12800
7 1280 2560 6400 12800 X
8 2560 5120 12800 X X 256 512 1280
9 5120 10240 X 512 1024 2560
10 10240 X 1024 2048 5120
11 X 2048 X X 205 102 20
12 X X X
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 27
Rechtzeitig handeln!
Volks-Zusammen-
bruch
Tolerierbarer Befall
Tolerierbarer Befall
Schadens- Schwelle überschritten
Biologie der Varroa - Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Abt. Bienenkunde und Bienenschutz 28
Zusammenfassung
• Ohne Bekämpfungsmaßnahmen brechen die Völker zusammen.
• Die Entwicklung des Bienenvolkes und der Varroa-Population hängen zusammen.
• Um erfolgreich zu bekämpfen, muss man zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen treffen.
• Unterlassene oder falsche Maßnahmen kann man nicht (oder nur sehr schwer) korrigieren.
• Jeder Imker muss was tun! Jeder Imker kann was tun – aber das Richtige!