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Jürgen Rüttgers über Bildung, Jugend und Politk. Seite 42 „Sex gegen Taschengeld”? StudiVZ mal anders. Seite 53 Die Finanzkrise: Wer, warum, wie lange? ab Seite 16 Dezember 2008 14 Die Finanzkrise.

BiTSLicht 14

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BiTSLicht 14, erschienen im Dezember 2008.

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Jürgen Rüttgers über Bildung, Jugend und Politk. Seite 42

„Sex gegen Taschengeld”? StudiVZ mal anders. Seite 53

Die Finanzkrise: Wer, warum, wie lange? ab Seite 16

Dezember 2008

14

Die Finanzkrise.

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Impressum

BiTSLicht Ausgabe 14, Dezember 2008

Herausgeber: BiTSLicht e.V.Reiterweg 26, 58636 IserlohnTelefon & Fax: 02371 / 776 - 301E-Mail: [email protected]: www.bitslicht.de

Auflage: 2000 Stück

Chefredakteure: Simon Engels und Julian Jaursch

Vorstand: Janni Deitenbach, Ronny Sachse und Gerrit Meißler

Anzeigen & Marketing: Ronny Sachse (Team-leiter), Carolin Becker, Sven Hagemeier, Benja-min Schmauss und Andrina Ziegeler

Layout: Gerrit Meißler (Teamleiter), Jan-Philipp Beck, Anna-Lena Daniels, Merete Eli-as, Sarah Gottschalk, Julian Jaursch, Philine Lietzmann, Timur Plaumann, Andrea Scheff-ler und Lena Wouters

Themenmanagement: Florian Hintze (Team-leiter) und Jan-Philipp Beck

Lektorat: Wolfgang André Schmitz (Teamlei-ter), Carolin Becker, Sonja Gurris und Philine Lietzmann

Redaktion: Jan-Philipp Beck, Carolin Becker, Julian Borchert, Jonas Grürmann, Sonja Gur-ris, Sven Hagemeier, Florian Hintze, Philine Lietzmann, Lars Lippenmeier, Lena Lüh-mann, Gerrit Meißler, Esther Sarach, Andrea Scheffler, Annika Sellmann, Wolfgang André Schmitz, Tim Schneider, Tom Steller und Mar-cel Walde

nicht nur die Aussichten auf un-serem Titelbild sind düster. Auch konjunkturell sehen momentan viele schwarz. „Bundesrepublik droht Rekord-Rezession“, heißt es bei Spie-gelOnline. Die Süddeutsche meldet fast resigniert: „Experten schreiben das Jahr 2009 komplett ab.“Das BiTSLicht erörtert in Inter-views, Umfragen und Hintergrund-geschichten, wo die Gründe für die Krise liegen und wie eine Rezession verhindert werden kann.

Die Finanzkrise und ihre Auslöser sind für viele Menschen ein Rätsel - da war von „asset backed securities“ die Rede, von Zentralbanken, die Leitzinsen senken, von Leerverkäu-fen und Hedgefonds. Irrungen und Wirrungen auf den globalen Finanz-märkten - und der Ursprung war die nicht standesgemäße Vergabe von zu hohen Krediten in den USA.Doch gerade diese Komplexität ist es, die dafür sorgt, dass jeder in ir-gendeiner Weise von dem Spiel auf den Finanzmärkten betroffen ist.Manche mussten sich kleinlaut aus diesem Spiel zurückziehen, andere sehen jetzt erst ihre Chance: Wenn ohnehin schon alles verloren ist, warum sollte ich dann nicht end-lich mal mehr Spielanteile bekom-men? Manche schimpfen, dass die Schiedsrichter gar nichts gepfiffen hätten, andere finden, sie waren viel zu streng. Manche beklagen, dass unfair gespielt wurde, andere winken

ab: Das sei eben so. Manche wollen mehr Geld zur Unterstützung des Sports, andere fragen sich, woher die Millionen auf einmal kommen. Manche stellen nun das gesamte Re-gelwerk des Spiels in Frage, andere hoffen auf den Siegtreffer in letzter Minute.

Wie immer das Spiel auch ausgeht, eins ist klar: Das Spielfeld ist erst ein-mal ziemlich verwüstet und die Auf-räumarbeiten werden etwas dauern. Daher auch die dunklen Prognosen

in den Wirtschaftsnachrichten.

Aber es gibt auch noch andere Ge-schichten neben denen aus der Wirt-schaft. Deshalb lesen Sie in dieser vierzehnten BiTSLicht-Ausgabe auch noch vom Herrn der Schilder, einem Tag als Schnorrer, von StudiVZ und Tattoos. Viel Spaß dabei wünschen Ihnen Simon Engels, Julian Jaursch und das gesamte Team des

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Julian Jaursch und Simon Engels.

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4 BiTSLicht 14

34 Massenmord im Internet

37 „Den Mutigen gehört die Welt!“

40 Der Herr der Schilder

42 „Politik soll Zukunftsperspektiven ermöglichen“

Inhaltsverzeichnis

Titelthema

Heimatkunde

Über Leben

16 Bildungsantwort statt Systemfrage

19 Stimmen zur Finanzkrise

20 „Panini-Bilder oder Aktien - das Prinzip ist ähnlich“

22 Survivaltrip trotz Finanzkrise

25 Dieses Auto zeigt Präsenz

27 „Die Krise ist auch Ergebnis von Staatsversagen!“

31 Zwischen Isolation und Öffnung

6 Ressortnews

8 Das Audimax als Sportarena

9 Triumph auf ganzer Linie

10 Globalisierung und Einheit

12 Die BiTS-Gerüchteküche

14 Und was kommt dann?

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Inhaltsverzeichnis

Ansichtssache

44 Wo ist der Gentleman?

44 Die Gebote des Ypsilantismus

45 Hilfe, ich bin Apple-User!

46 Schlechtes Gewissen oder schlechter Ruf?

58 Verhör: Prof. Dr. Thomas Rieger im Interview

Aufstieg

51 BiTS-Studenten stellen ihr Know-How zur Verfügung

53 Laura D: Mein teures Studium

56 Karriere im Export

47 Angehört: O.A.R.

47 Angehört: India Arie

48 Angelesen: Freakonomics

48 Angelesen: The Lost Continent

49 Angelesen: Der Moslem-TÜV

50 Angeschaut: Lord of War

Versuchsgebiet

6 BiTSLicht 14

Heimatkunde

Rubicon, der internationale Stu-dentencontest für BWL-Studenten, wird vom 9. bis 11. März 2009 an der BiTS ausgerichtet. 20 Teams von Universitäten aus der ganzen Welt werden sich drei Tage lange auf dem Campus Seilersee messen. Organisi-ert wird der Wettkampf von der stu-dentischen Unternehmensberatung b.one e.V..Das Motto des bereits zum dritten mal ausgerichteten Events ist dieses Jahr Green-Business Management. Mit Teamarbeit, unternehmerischen

Denkens und innovativen Lösung-sansätzen sollen die 20 studentisch-en Teams verschiedene Fallaufga-ben bearbeiten und ihr können vor einer Jury aus Wirtschaft und Wis-senschaft beweisen. Gewinnerteams winken hochkarätige Preise.Neben der Bearbeitung von Fallstudi-en erwartet die Teilnehmer auch ein ansprechendes Rahmenprogramm. Mehr Informationen zu Rubicon gibt es unter http://www.rubicon-contest.com/.

BiTS2Society übernimmt das erfol-greich eingeführte Projekt „Hori-zonte“ und setzt es fort. Bei „Hori-zonte“ (BiTSLicht berichtete) werden Vorlesungen für Senioren in den Bereichen Allgemeine Psychologie, Internet für Anfänger und Fortge-schrittene von Studenten angeboten. Im Wintersemester 08/09 wurden bereits drei Kurse erfolgreich durch-geführt.Für Kinder engagieren sich die Res-sortmitglieder durch die tatkräftige Unterstützung des Bethanien Kran-kenhaus in Iserlohn. Mittwochs

besuchen Studenten von BiTS2So-ciety die Kinderstation um mit den Kindern zu basteln und zu spielen. Zusammen mit dem Blutspendedi-enst des Deutschen Roten Kreuzes organisierte das Ressort den Blut-spende-Tag am 8. Dezember 2008. BiTS2Society sammelt darüber hinaus Geldspenden an der BiTS, un-ter anderem mit einem Pokerturnier, sowie in der Iserlohner Innenstadt für die AIDS-Hilfe MK, die Aktion „Lichtblicke“, das Tierheim Iserlohn und den Förderverein der Neuropäi-atrie des Bethanien Krankenhaus.

Ausgabe verpasst? Oder einfach neu-gierig, wie das allererste BiTSLicht aussah?Kein Problem, denn auf www.bitsli-cht.de könnt ihr jetzt alle Ausgaben eures Lieblingshochschulmagazins kostenfrei herunterladen.Die Internetpräsenz des Magazins wurde komplett überarbeitet. Neben des Ausgabenarchivs ist vor allem der Onlineshop für Anzeigenkunde

eine große Neuerung. Dort können Werbekunden sicher, einfach und schnell ihre Aufträge aufgeben.In Zukunft soll die BiTSLicht-Onlin-eausgabe einige Zeit nach der Druck-ausgabe erscheinen. Aber zur Feier der neuen Webpräsenz gibt es die Onlineversion der vierzehnten Aus-gabe zeitgleich mit der gedruckten Ausgabe zum Download.Schaut also vorbei auf BiTSLicht.de!

BWL-Teams aus aller Welt zu Gast an der BiTS

Von Kindern bis zu Senioren - BiTS2Society ist dabei

In eigener Sache: BiTSLicht.de geht wieder an den Start!

Neues aus den BiTS Ressorts

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Bachelor-Studiengänge• Business & Management Studies• Business Psychology• Business Journalism• Sport & Event Management• Communication & Media Management• Green Business Management (in Akkreditierung)

Studienberatung Sabrina Ramlow:02371 . 776 534 [email protected]

Master-Studiengang• Corporate Management

InternationalesUniversitäts-Netzwerk• Laureate International Universities

Studienbegleitend• Campus Symposium• BiTS Licht• BiTS TV• b.one • BiTS-2-Society• BiTS.fm (Campus Radio)• u.v.m.

www.bits-iserlohn.de

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Heimatkunde

Das Audimax als SportarenaDie ersten BiTS Sportmanagementtage starteten mit großem Erfolg

An der BiTS gibt es mittlerweile viele Events, die fest im Kalender stehen. Neu hinzugekommen sind die Sportmanagementtage, die am 13. und 14. November 2008 zum ersten Mal an der privaten Hochschule stattgefunden haben. Bekannte Persönlichkeiten wie die Ex-Fußballprofis Stefan Kuntz und Michael Rummenigge besuchten den Campus Seilersee.

Unter dem Kongressthema „Sport Facilities – Business and Emotions“ waren an beiden Tagen über 120 Teilnehmer auf dem Campus der BiTS Iserlohn zu Gast. Im Mittel-punkt stand vor allem die Frage, wie Emotionen in Sportstätten zu einem langfristigen wirtschaftlichen Erfolg führen und wie dieser Erfolg weiter ausgebaut werden kann.

„Mit Referenten wie Stefan Kuntz, dem Fußball-Europameister von 1996 und derzeitigen 1. Vorsitzen-den des 1. FC Kaiserslautern, ist es uns nicht nur gelungen, namentlich hochkarätige Referenten an die Hochschule zu holen, sondern auch eine inhaltlich hochwertige Verans-taltung abzuhalten“, freute sich Prof. Dr. Thomas Rieger, Dozent an der BiTS und Leiter der Sportmanage-menttage.

Besonderes Highlight neben vielen Fachvorträgen war vor allem die Po-diumsdiskussion am ersten Verans-taltungstag - Thema: „Der Bau des perfekten, zukunftsorientierten Sta-dions“.

Der Abend des Kongresses klang bei einem gemütlichen Dinner in der Campus Mensa aus. „Uns ist es wich-tig, eine Veranstaltung auf die Beine gestellt zu haben, die die Zuschauer nicht nur mit Informationen zug-

eschüttet hat. Wir haben vielmehr Wert darauf gelegt, dass die Teil-nehmer und Referenten auch abseits der Vorträge Meinungen austauschen

und Netzwerke pflegen konnten“, erklärte Ken Steger, Projektleiter des Kooperationspartners SportsA.

Highlight des zweiten Tages war der Vortrag des ehemaligen BVB-Profis Michael Rummenigge. Der Ge-schäftsführer der Sports & Business GmbH referierte über die „Maxim-ierung des wirtschaftlichen Erfolges anhand von emotionaler Fanbind-ung“.

Schon jetzt steht fest, dass die Sport-managementtage nach diesem Erfolg auch im nächsten Jahr in eine neue Runde gehen werden. „Wir freuen uns bereits jetzt auf die zweite Au-flage im nächsten Jahr“, so Thomas Pätzold, Marketingleiter des Haupt-sponsors Mendener Bank.

SIMON ENGELS

Michael Rummenigge referierte am zweiten Tag über „emotionale Fanbindung“. Fotos: SportsA

Teilnehmer nicht mit Infos „zugeschüttet“

Fußball-Europameister Stefan Kuntz (l.) mit Veranstaltungsleiter Prof. Dr. Thomas Rieger.

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Heimatkunde

Triumph auf ganzer LinieZwei Pokale für die BiTS-Teams beim ISM Soccer Masters.

Titelverteidigung hieß das Wort der Stunde. Die Studenten der „BiTS Männer I“ Fußballmannschaft konnten den Erfolg aus dem ver-gangenem Jahr bestätigen und si-cherten sich auch in diesem Jahr den Pokal für das Siegerteam des ISM Soccer Masters. Die zweite Mannschaft der Männer schlug sich beachtlich, schied aber im Vi-ertelfinale aus. Für eine weit-ere Überraschung sorgte das erstmalig angetre-tene Damen Team der „BiTS Ladies“, die ihrerseits den Pokal für die D a m e n w e r -tung erringen konnten.

Unterstützt von den 20 lautstarken BiTS-Sup-p o r t e r n s t a r t e t e n die drei Teams am 15. Novem-ber hoch mo-tiviert in das Turnier. Die Fangruppe, die sich aus Studenten, Dozenten und Mit-gliedern der Verwaltung zusammensetzte, war der Stimmungsgarant auf dem Dortmunder Soccer-Court.

Die Titelverteidiger sahen sich einem besonderen Druck ausgesetzt, den sie sich jedoch größtenteils selbst aufer-legt hatten. Ihre Devise lautete: „Der Pott muss am Seilersee bleiben!“ Es zeigte sich jedoch, dass dieser hohe Anspruch gerechtfertigt war: Das „BiTS Männer I“-Team konnte bere-its am ersten Turniertag seine Favor-itenrolle bestätigen und verzeichnete in allen sechs Partien keine einzige Niederlage. Auf der lupenreinen Ergebnisliste standen fünf Siege und

ein 0:0-Unentschieden gegen den späteren Finalgegner St. Gallen.Ebenso gut wie die Männer starteten auch die „BiTS Ladies“ in das Turni-er: Ein souveränes 7:0 gegen die einzige andere Damenmannschaft aus Bad Honnef zeigte einen deu-tlichen Klassenunterschied. Dieser

Erfolg war besonders beachtlich, da die Damen erst seit wenigen Wochen zusammen trainiert hatten.Am Nachmittag schauten sich Spiel-er und Supporter gemeinsam das Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt an, bei dem die Fans von Borussia Dortmund einen klaren 4:0-Sieg be-jubeln durften. Die BiTS-Studenten fuhren am Abend mit ihrem gechar-

terten Bus in die Dortmunder Dis-cothek „Nightrooms“ und feierten dort einige Stunden mit den anderen Spielern.

Am Sonntag hatten sich die Rei-hen der BiTS-Supporter gelichtet. Die Spielerinnen und Spieler zeig-ten sich davon unbeeindruckt und spielten gegen ihre müden Gegner

gute Partien. Das Team „BiTS Män-ner I“ bestätigte die Topleistung

vom Vortag und zog ins Fi-nale gegen St. Gallen ein.

Die mitgereisten Fans erlebten ein span-

nendes Finale. Tom Baumert brillierte mit drei Treffern und brachte der BiTS die Titel-v e r t e i d i g u n g ein. Die Da-men hatten genauso Grund zur Freude: Die „BiTS Ladies“ holten die Da-menwertung an

den Seilersee. Sie erkämpften sich

den Sieg nicht nur gegen die einzige

Damenmannschaf t des Turniers, nein – sie

besiegten sogar ein Män-nerteam und stellten damit

unter Beweis, dass auch Frauen Fußball spielen können.

Das Wochenende war für die drei BiTS-Teams ein voller Erfolg. Mit zwei Pokalen im Schlepptau und dem dritten Platz der Herren der Fachhochschule Iserlohn hat sich die Waldstadt mehr als ordentlich präsentiert. Eines blieb nach dem Turnier auf jeden Fall in Erinnerung: Iserlohner Studenten sind erfolg-reiche Fußballer.

SONJA GURRIS

BiTSLadies holen den Pokal

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Heimatkunde

Globalisierung und EinheitGerhard Schröder, Edmund Stoiber und Lech Walesa waren zu Gast beim Campus Symposium.

Die Finanzkrise hatte schon im September die Welt fest im Griff. Sie wurde in jeder Rede und fast al-len Diskussionen aufgegriffen. Der Stimmung der über 900 Gäste und Journalisten in der Zeltstadt, die wie in den Jahren zuvor von einem Heer aus 250 Freiwilligen, den so genannten Volunteers, betreut wur-den, tat dies keinen Abbruch. Denn das studentische Team des Campus Symposium lud zum vierten Mal an den Seilersee. Wenn vieles schon als eine alljährliche Routine vorkom-mt, so gab es auch in diesem Jahr einiges Neues.

Erstmals führten nicht nur Stu-denten als Moderatoren durch die Veranstaltung. Ebenso ein Novum waren neben einem bereits breiten Angebot an verschiedenen Themen im Hauptzelt die Fachvorträge im Gebäude der BiTS. Hier konnten die Gäste aus einer Vielzahl von Vorträ-gen zu verschiedenen Themen - vom Gesundheitswesen über Innovations-förderung bis hin zur Erbschaftss-teuer - wählen. In kleinerer Runde konnte mit dem Referenten intensiv diskutiert werden. Doch auch in den Zelten

hatten die Organisatoren in diesem Jahr einiges geändert: So wurde ein Wintergarten eingerichtet und das Galazelt aufwendig dekoriert.Neben der Finanzkrise verging auch keine Rede, in der nicht ein Seitenhieb auf die damals aktuellen Vorschläge von Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine ausgeteilt wurde. Das Publikum aus regionalen Un-ternehmern honorierte dies mit Beifall, ob beim Grußwort durch Christa Thoben, Wirtschaftsmin-

isterin des Landes Nordrhein-West-falen, oder bei der Rede von Gerhard Schröder am Abend des ersten Tages. Dieser griff seinen früheren Partei-genossen jedoch nur am Rande an. Seine Rede betonte vor allem den Grund für sein Engagement in Russ-land, beim EU-Beitritt der Türkei und für die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland in der Zukunft. Der gegenwärtigen Führungskrise in

der SPD schenkte er jedoch keinen Kommentar. Zum Abschluss seines Besuches nahm er für die Stiftung für Kinder-, Jugend- und Elterntele-fone eine Spende in Höhe von 10.000 Euro entgegen, die vom Campus Symposium gesammelt worden war.Am Freitagvormittag wurde das Symposium mit dem ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Ed-mund Stoiber fortgesetzt. Als Leiter der EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau konnte er dem Auditorium einen Einblick in die Arbeit der Europäischen Union und ihre Auswirkungen auf die nationale Gesetzgebung geben, die bereits zu

Gerhard Schröder mit BiTS-Präsident Dietrich Walther.

„Die Zunkunft unseres Lan-des wird geprägt durch Bil-dung.“ - Gerhard Schröder

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Edmund Stoiber beim Campus Symposium 2008.

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Heimatkunde

85,6% in Brüssel beschlossen wird. Die aktuelle Georgien-Krise nahm er als Anlass, die Wichtigkeit der europäischen Einheit auch auf dem diplomatischen Parkett neben den künftigen Aufgaben der Sozialpoli-tik zu demonstrieren.Auch weitere sehr europäische The-

men wurden in der letzten Rede des diesjährigen Symposiums beleuchtet. Wie bereits 2007 mit Kofi Annan fand das diesjährige Symposium seinen Abschluss mit dem Vortrag eines Friedensnobelpreisträgers.Der ehemalige polnische Staatsprä-sident Lech Walesa beleuchtete die

Vergangenheit Polens und die künft-igen Chancen für eine europäische Staatengemeinschaft. Dabei lobte er

die Rolle, die Deutschland in diesem Prozess einnehme.

Nach dem Erfolg des Symposiums 2008 ist eine Fortsetzung sicher. Das studentische Organisationsteam bereitet schon jetzt das nächste Campus Symposium vor. Wer beim fünften Symposium sprechen wird und welche Neuerungen es geben wird, steht noch nicht fest. Sicher ist, dass im Spätsommer 2009 wie-der zahlreiche Entscheider auf dem Campus Seilersee begrüßt werden dürfen.

FLORIAN HINTZE

Friedensnobelpreisträger Lech Walesa auf dem BiTS-Campus.

„Welche Strukturen sind die richtigen für unsere

Zeit?“ - Lech Walesa

RA-PRAXIS PIEPENSTOCK*

im Berater-zentrum

Friedrich-Ebert-Platz 2

58095 Hagen (Stadtmitte)

02331-52577

*Lehrbeauftragter an der Hochschule BiTS Iserlohn seit 2005

Zivilrecht | Mietrecht | IT-Medienrecht | Stiftungsrecht | Bankrecht

seit 1988

www.piepenstock-rechtsanwalt.de

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Heimatkunde

„Eine Nachricht, die meist mündlich verbreitet wird und sich dabei auf eine charakteristische Art und Weise verändert“ ist eine der vielen möglichen Definitionen für die in unserer sensationslusti-gen Gesellschaft so heiß geliebte Art einer Neuigkeit - das Gerücht.

Auch das Leben an der BiTS ist voll mit Geschichten und Halbwahrhe-iten, bei denen nur die Wenig-sten den Wahrheitsgehalt tatsächlich wissen oder ein-schätzen können. Da ei-nem speziell als Erstse-mester noch ein paar I n s ide r- I n fo r m a -tionen fehlen und weil sich manche Gerüchte inner-halb einer Woche bis zu acht mal ändern, wollen wir in dieser Aus-gabe einige hart-näckige Gerüchte auf ihren Wah-r h e i t s g e h a l t prüfen: Willkom-men in der BiTS-G e r ü c h t e k ü c h e ! Zwei Mitglieder der G e s c h ä f t s f ü h r u ng standen uns Rede und Antwort - und so zaubern unsere Sterneköche Volker Busch und Ulrich Freitag aus dem aktuellen Klatsch und Tratsch an der BiTS ein Fünf-Gänge-Menü der Wahrheit, das hoffentlich zur Erleuchtung bei so manchen Studierenden führen wird.

Gerücht Nr. 1

Beim Aufnahmetest werden auch Anwärter mit deutlich unter-durchschnittlichen Ergebnissen angenommen, weil Laureate eine Mindestanzahl von 250 Erstsemes-tern pro Semester wünscht.

„Komm, wir nehmen jetzt alle und jeden auf“, könnte man natürlich aus rein kaufmännischer Sicht sagen. Dass dies aber nicht der Fall ist, ver-sicherte uns Herr Freitag. Er meinte: „Das würde uns kurzfristig und mit-telfristig gar nichts bringen.“ Und ganz davon abgesehen „stellt Laure-ate gar keine Auflagen.“ Mit Laureate h a b e man

zwar ein Interesse daran die Hochschule zu vergrößern, aber nicht zu Lasten der Qualität. Also wird an den An-forderungen beim Aufnahmetest

nichts verändert. Das Ziel ist es, mit verbessertem Marketing national

bekannter zu werden - bei gleicher Qualität. Bereits im vergangenen Se-mester habe es doppelt so viele An-fragen gegeben, so Herr Busch.

Gerücht Nr.2

Laureate plant BiTS-Uniformen oder zumindest einen Dress-Code für Studenten durchzusetzen.

„Das Thema Dress-Code war nur in den Anfang-

stagen der BiTS kurz ein Diskussionsthema”,

verwirft Herr Busch das Gerücht. So

knapp, aber doch deutlich, war die Aussage von Herrn Busch auf diese Frage - damit ist das Thema eigentlich ab-geschlossen.Die BiTS möchte für K r e a t i v i t ä t , E ng a g e me nt

und Vielfalt stehen. Die Ein-

führung eines Dresscodes würde

das nicht zwingend fördern. Laureate

habe zu keinem Zeit-punkt einen Dresscode

thematisiert. Auch in Zukunft sei dies kein Thema für die Hoch-

schule, so Busch.

Gerücht Nr.3

Das B7 soll geschlossen werden, und der vorhandene Raum unter der Mensa wird zum Partyraum ausgebaut.

„Es wird immer eine Partyzone ge-ben“, ist die zumindest sehr beruhi-gende Antwort für alle Partyfreunde, die uns Herr Freitag gab. Dabei kann

Die BiTS-GerüchtekücheWas sagt die Geschäftsführung zu den Gerüchten an der BiTS? Wir klären euch auf!

„Es wird immer eine Par-tyzone geben!“

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Heimatkunde

man allerdings auch heraushören, dass das B7 eventuell tatsächlich irgendwann geschlossen wird.

„Wenn wir weiter so wachsen ist das B7 irgendwann zu klein“, wurde uns erklärt, dass die Idee, den vorhanden Raum unter der Mensa in den neuen Partybereich umzubauen, durchaus auch schon länger existiert. Die Pläne habe Herr Walther schon seit Jahren und das sei auch kein Geheimnis. Konkret sei davon aber noch nichts. Also kann es durchaus sein, dass dies irgendwann der Fall sein wird, aber die jetzigen Erstis würden es bis zum Ende ihres Studiums wahrscheinlich nicht mehr erleben – auch nicht mit einem Master.

Gerücht Nr.4

Campus Garden hat Interesse, das „zweite Wohnheim“ für das Hotel zu nutzen, und dementsprechend auszubauen.

„Ich freue mich sehr, dass auch ich noch Neues erfahre“, ist Herr Freit-

ags erste Reaktion. Für das „Gebäude Nr. 3“, so wie Herr Freitag es neutral nennt, gibt es viele Pläne. Herr Wal-ther hatte ursprünglich vor, es mit einer Investition in Millionenhöhe zu einem Wohnheim umzubauen, um das Campusleben zu vertiefen. Auch war mal angedacht, dort weit-ere Vorlesungsräume einzurichten und das „Gebäude Nr. 3“ eventuell gemischt zu nutzen. Wie es genau weiter geht, wisse man aber noch nicht. Dies sei noch völlig offen. „Am wahrscheinlichsten ist eine gemischte Nutzung aus Wohnheim und Vorlesungsräumen. Wann diese

Idee umgesetzt wird, ist jedoch fra-glich“, sagte Volker Busch.

Gerücht Nr.5

Es wird doch keinen zweiten BiTS Standort in Wittenberg geben.

Das stimmt. „Wittenberg ist verwor-fen“, so Herr Freitag. Ein solches Projekt wäre nur möglich gewesen mit großer finanzieller Unterstüt-zung des Landes und der örtlichen

Wirtschaft. Da diese aber wohl eher „überschaubar“ gewesen sei, wurde die Planung Mitte des Jahres ein-gestellt. In ferner Zukunft sei ein zweiter BiTS-Standort aber nicht auszuschließen. „Wenn die BiTS weiter wächst und sich ein zweiter geeigneter Standort findet, wäre dies durchaus denkbar“, sagte uns die Hochschulleitung.

JAN-PHILIPP BECK &

SVEN HAGEMEIER

Ein Dresscode steht nicht mehr zur Debatte.

„Eine Mischung aus Wohnheim und Vorlesungsräumen

ist wahrscheinlich.“

Die ewige Baustelle im „Gebäude Nr. 3“.

Foto: Sven Hagemeier

Ist hier bald das neue “B7”?

Foto: Sven Hagemeier

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Heimatkunde

Noch mehr Studenten, Partyverbote und Hospitality Management. Um die Pläne des Bildungskonzerns Laureate, der im Sommersemester 2008 die BiTS übernahm, ranken sich viele Gerüchte. Das ist Dr. Thorsten Bagschik, dem neuen Ge-schäftsführer der BiTS, auch schon aufgefallen: „Die Gerüchteküche brodelt hier gewaltig. Das scheint eine BiTS-Spezialität zu sein.“ Er hat auch schon eine Vermutung, woher die Vorliebe für Klatsch und Tratsch kommen könnte. „Das sind bestimmt die Medienstudiengän-ge.“

Es gefällt ihm trotzdem, oder viel-leicht gerade deswegen gut an seinem neuen Arbeitsplatz: „Die BiTS ist eine feine Hochschule. Ich mag diese Campusatmosphäre, die Studieren-den und die Professorenschaft und überhaupt das Arbeitsklima.“ Vor seinem Amtsantritt als Geschäfts-führer der BiTS arbeitete Thorsten Bagschik als Dozent für Internatio-nales Management an einer privaten Fachhochschule in Heidelberg - eine Tätigkeit, die er auch an der BiTS fortsetzen wird. Vorher war er in der Industrie und als Strategieberater bei einer amerikanischen Beratungsge-sellschaft tätig. Jetzt freut er sich auf die neuen Gestaltungsmöglichkeiten als Geschäftsführer.Die Gestaltungspläne und -wünsche von Laureate werden von vielen Stu-denten kritisch beäugt. Dabei betont Thorsten Bagschik, dass die Ge-

schäftsführung keine Strategien von dem amerikanischen Konzern dik-tiert bekomme, sondern ihre eigenen Pläne mache. Diese würden dann mit Laureate abgestimmt. Dazu gehörten auch neue Studienprogramme, die allerdings noch nicht spruchreif seien. Nur eines sei klar: Ein reines Hospitality Management wird es

nicht geben, die BiTS sei schließlich keine Hotelfachschule. Das Konzept der BiTS als Unternehmerhochschu-le sei der Anreiz zur Übernahme durch Laureate gewesen, erklärt Bag-schik. „Wir haben uns verschiedene Hochschulen angesehen. Aber die Ausrichtung als Unternehmerhoch-schule ist weltweit recht selten. Die Idee ist, den Studenten nicht nur

das Handwerkszeug zu vermitteln, sondern ihnen auch ein Fünkchen Entrepreneurship, ein Fünkchen Ak-tivismus ins Ohr zu setzen.“Welche Veränderungen werden sich nach der Übernahme noch erge-ben? Die BiTS ist nun Mitglied in einem Netzwerk mit über 400.000 Studenten. „So ein Netzwerk öffnet viele Türen“, erklärt der BiTS-Ge-schäftsführer. An der Möglichkeit, sein Auslandssemester an einer der Partnerhochschulen zu verbringen, werde gerade gearbeitet. Im nächsten Semester geht die erste Studentin der BiTS an eine Laureate-Hochschule nach Madrid. Vor allem Studien-möglichkeiten in Lateinamerika, wo Laureate unter anderem in Mexiko sehr große Hochschulen mit einem breit gefächerten Studienangebot unterhält, sollten möglichst bald er-schlossen werden. Ein anderes Gerücht, das im Mo-ment die Runde macht, ist die Aus-weitung der Studentenzahl. Dazu

Und was kommt dann?Laureates Pläne für die BiTS - ein Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer Thorsten Bagschik.

„Die Gerüchteküche brodelt gewaltig.”

Thorsten BagschikAlter: 39Ausbildung: Dipl.-Kfm (Universität Pa-derborn), MBA (University of Kansas), Dr. rer. pol. (TU Bergakademie Freiberg)Wohnort: Bad Harzburg, IserlohnSprachen: Deutsch, Englisch, Latein Lieblingsbuch: Thomas Morus: UtopiaLieblingsreiseziel: BiTS-CampusLieblingsmusik: Led Zeppelin

Thorsten Bagschik, der neue Geschäftsführer der BiTS, im Gespräch.

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Heimatkunde

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schule Südwestfalen und der BiTS Iserlohn entsteht die Uni-Seite des IKZ. Stu-

dIS-Treffen: jeden Dienstag, 18.30 Uhr, Wichelhovenhaus. Ansprechpartner in

der Redaktion sind Bülend Ürük (� 02371/822-232, [email protected])

und Torsten Lehmann (� 02371/822-239, [email protected]).

Nr. 251

Die Seite nicht nur für Studierende

Samstag, 28. Oktober 2006Virtuelles Uni-Lebenbeginnt bei studivz.de„Geborgte” Idee aus Amerika brachte Studenten immensen ErfolgVon Bülend Ürük

Iserlohn.Wer www.studivz.de an-surft, sollte außer einemkomplett überforderten Ser-ver derzeit nichts erwarten.Dabei versteckt sich hinterdem Studienverzeichnis diebelebteste und beliebtesteGemeinschaft von Studier-enden im Internet.

Das virtuelle Leben beginntwohl hier, anders ist die Viel-zahl der angemeldeten Besu-cher nicht zu erklären. Ob alteFreunde aus Schulzeit, Kolle-gen aus dem Urlaub oder Be-kannte, die man eine Ewigkeitnicht mehr gesehen hat - dasStudienverzeichnis hat es ge-schafft, die beliebteste Seitefür deutsche Studierende zuwerden und seinem Vorbild -dem amerikanischen „Face-book” - nachzueifern.Idee „geborgt”Die Idee selbst hat sich Grün-der Ehssan Dariani „ausgelie-hen”. Nach seinem Aufenthaltin den USA stand für ihn, denStudenten der Universität St.Gallen, fest, dassStudierenden in Deutschland,Österreich, in der Schweiz, inEuropa eine Webseite fehlt,auf der sie sich präsentieren,Freunde an anderen Universi-täten finden, mit ihnen leich-ter in Kontakt treten können.Nicht mehr und nicht wenigerverspricht die Internetplatt-form, die auf ständig wachsen-de Zahlen verweisen kann. Sohaben sich inzwischen über800 000 Studierende regist-

riert, täglich kommen tausen-de Interessierte dazu.Auf der Homepage habendie Studierenden die Gelegen-heit, sich mit ihrer Lieblings-freizeitbeschäftigung vorzu-stellen, den Verein zu benen-

wie www.openbc.com mög-lich ist - feststellt, über welcheEcken man mit wem bekanntzu sein scheint. Scheinbar gibtes kaum eine Person, die mannicht über ein, zwei, drei odervier Personen kennt.

„Hemer Rock City”Einen wichtigen Rahmennehmen zusätzlich die tausen-den Untergruppen ein, in de-nen sich Gleichgesinnte fin-den. Da sind beispielsweise„Abipunktur - Jeder Punktkostet Nerven”, „Hemer RockCity”, „Aloha-Party”, „Iser-lohner Pilsener”, „Tutoren-gruppe Chinesisch für Pferd”,

Der Gründer und das Team (v.l.n.r): Ehssan Dariani, Dennis Bem-mannundMichael Brehm.

StudIS-Foto: Agentur„Anti-Kellerkinder - Rettetdas Image der Informatiker”,„Bernd-Stromberg-AG” oder„Heterosexuelle Frauen diemiteinander schlafen”. Fast je-de Jahrgangsstufe, die in denvergangenen vier, fünf Jahrenihr Abitur erfolgreich bestan-

den hat, scheint über ein eige-nes, noch exklusiveres Netz-werk zu verfügen.Reichlich vertreten sindauch die Abiturienten des Jah-res 2006 vom Gymnasium Ander Stenner (Gruppe: „Aloha-Party”) oder aber Abiturien-ten des Woeste-GymnasiumsHemer. Der Jahrgang 2003hält da beispielsweise Kontaktüber „Abiscide Lutum”.„Man muss dabei sein”StudiVZ ist dabei längst anden beiden heimischen Fach-hochschulen angekommen;so gibt es fast keinen BiTS-Studierenden, der sich nichtfür eine Mitgliedschaft im Stu-dierendenverzeichnis ent-schieden hätte. Wie sagt es ei-ne Studierende treffend?„Man muss sich einfach beimStudienverzeichnis anmel-den. Nachher denken dieKommilitonen noch, man hät-te keine Freunde”.Vor dem Hintergrundscheint sich sogar noch eineneue Form von Gruppen-zwang aufzubauen: Ohne einevirtuelle Identität leidet dieWirklichkeit. Die größte Sor-ge: Wer sich im Netz nicht inüppiger Form präsentiert, ver-liert seine soziale Stellung.

nen, für den ihr Herz schlägtoder zu sagen, ob man oder sieschon in festen Händen durchdas Leben schreitet. Richtiginteressant wird es dabei je-doch, wenn man - was auchauf anderen Netzwerkseiten

216Mitglieder hat alleine der „FH-SWF Campus Iserlohn” auf der Plattformwww.studivz.de. „Cam-

pusCaptain” undGründer ist derHemeraner ChristianHansen. StudIS-Screenshot: BülendÜrük

Fröhlich und ausgelassen, aber nur für Studierende der privatenHochschule: die BiTS-Ersties-Party amSeilersee.

Partys für die„Frischlinge”Im StudIS-Vergleich: Ersties-FetenVon Andrea Scheffler

Iserlohn.Kürzlich zeigten die „Alten“der Business and Informati-on Technology School (BiTS)und der FachhochschuleSüdwestfalen (FH SWF) denErsties, dass Student seinauch unter der Woche feiernheißt. Zwei Ersties-Partys ineiner Stadt, zwei Gelegen-heiten, die neuen Kommili-tonen kennenzulernen. Dasschreit doch geradezu nacheinem StudIS-Vergleich.

Die MasseDie BiTS-Party fand in einemeigens für Partys renoviertenGebäude auf dem BiTS-Ge-lände statt. Türsteher ließenjeden Nicht-BiTS Studieren-den, der nicht auf der Listestand, eiskalt abblitzen. Mit300 weiblichen und männli-chen Studenten platzten diebeiden Räume dennoch fastaus allen Nähten. Demgegen-über standen rund zweihun-dert FH-SWF-Studierende,die das „Stay Wild“ an derArnsberger Straße rockten.Hier zahlte niemand Eintritt.Auf der BiTS-Party musstenalle Eintritt zahlen. Nur dieErsties waren eingeladen.

Männer - FrauenDie Party der FH SWF wareindeutig von Männern domi-niert. Mit einem Anteil von gut

70 Prozent machten sie denFrauen den Hof. Auf der BiTS-Party war das Verhältnis aus-geglichen.

Die MusikTechno und Rock Fans kamenauf der Party am Seilersee we-niger auf ihre Kosten. Die Par-ty der FH SWF wartete vor al-lem mit Rock und Stimmungs-musik auf. Gegen Mitternachtzog sich eine 50-Mann-langePolonäse durch die „Kneipen-bar“. Die Stimmung war amkochen. Auf dem BiTS-Gelän-de kochte es auch. Leider lagdas eher am fehlenden Belüf-tungssystem.

Getränke und PreiseEs gab nichts, was es nichtgab! Und das zu Studenten-preisen. Bier kostete auf bei-den Feten 1,50 Euro. Auf derBiTS-Party gönnte man sichaber auch schon mal ein GlasSekt. Die Idee wäre einem aufder FH SWF Party kaum ge-kommen. Macht sich ja auchnicht gut - Kicker spielen undSekt trinken.

Die KleidungAllen Vorurteilen zum Trotzkamen die BiTS Studentennicht mit Schlips und Kragen.Auf „Style“ wurde aber größ-tenteils geachtet. Die Erstiesder FH SWF machten es sichetwas leichter. Die Mehrheittrug T-Shirt und Jeans. Wa-rum auch nicht?

Ausgelassene Stimmung herrschte bei der Ersties-Party der FHSWF im„StayWild”.

StudIS-Fotos: Andrea Scheffler

Forschen, analysieren und verstehenBio- und Nanotechnologie bietet Studierenden an der Fachhochschule Südwestfalen zahlreiche Möglichkeiten

Von Andrea Schefflerund Christian Klisch

Iserlohn.Die Fachhochschule Süd-westfalen bietet mit großemErfolg einen Studiengang an,der in dieser Form fast ein-malig in ganz Deutschlandist: Bio- und Nanotechnolo-gie - jetzt sogar als Bachelor-Studiengang.

Was macht diesen Studien-gang mit der Kombination ausBiotechnologie und Nano-technologie so besonders inder deutschen Universitäts-Landschaft? „Die Bio-Tech-nologie ist mit einem großenphysikalischen Anteil kombi-niert. In der Forschung kannman in vielen Gebieten aufdas Wissen der Nanotechno-logie zurückgreifen, wennman beispielsweise Analysenbestimmter Stoffe braucht”,erklärt Sebastian Diebold, deran der Fachhochschule Süd-westfalen in Iserlohn studiert.Junger StudiengangDer relativ junge StudiengangBio- und Nanotechnologie ander Fachhochschule Südwest-falen bringt seit diesem Jahrdie ersten Absolventen her-vor. Was mit wenigen Studen-ten begonnen hat, löste dieletzten Jahre einen regen Zu-lauf aus, sodass nun die Kapa-zitäten der Fachhochschulekomplett ausgelastet sind.Seit dem Wintersemester

2006/07 wird der Diplom-Studiengang zudem als Ba-chelor-Studiengang angebo-ten. Im Grundstudium lernendie Studierenden nicht nur dieGrundlagen in den FächernBiologie, Chemie und Physik.Natürlich stehen auch Mathe-matik, Englisch und Grundla-gen in Informatik auf demVorlesungsplan, erzählen dieStudIS-Gesprächspartner.SchwerpunktAb dem vierten Semester kön-nen sich die Studierenden füreinen Schwerpunkt entschei-den und sich für einen der Be-reiche Biotechnologie, Tech-nischer Umweltschutz oderOberflächen- und Nanotech-nologie entscheiden. Weiter-hin hören die Studierendenim Hauptstudium unter ande-rem Industriebetriebslehre,Konstruktion und Patentwe-sen und können aus einemumfangreichen FächerkatalogWahlpflichtfächer belegen,welche beispielsweise auch inden Informatik- oderMechatronik-Studiengängenam Frauenstuhlweg angebo-ten werden. Wahlweise kannzusätzlich ein Praxissemestereingelegt werden.Diese Option wird von vie-len Iserlohner Studierendenwahrgenommen. Aber auchneben einem Praxissemesterlernen die Studierenden einenrecht hohen Anteil in den La-boren der Fachhochschule.„Wir sollen nicht immer dieKonstanzen hingehalten be-

Sebastian Diebold, 23 Jahre jung, studiert Bio- und Nanotechnologie an der Fachhochschule Süd-

westfalen in Iserlohn.Ursprünglich stammter ausHeilbronn. StudIS-Foto: Andrea Scheffler

kommen, sondern sie selbstermitteln oder auch forschen,welcher Stoff wie mit anderenStoffen reagiert. Im Prakti-kum zum Fach Werkstoffemachen wir beispielsweiseHärteprüfungen um die Kris-tallstruktur und weitere Ei-genschaften von Werkstoffenzu ermitteln”, verrät SebastianDiebold beim Interview.Der Diplomstudiengangschließt in der Regel bereitsnach sieben Semestern (acht

mit Praxissemester) mit derDiplomarbeit und dem Kollo-quium ab. Der Bachelor-Stu-diengang endet dann mit derBachelorarbeit.Und wenn die Studieren-den das Studium absolvierthaben, steht ihnen ein breitesSpektrum an Tätigkeitsfel-dern zur Auswahl. Mit ihrermaterial-/naturwissenschaft-lich-technischen Ausbildungkönnen sie in chemischen undbiotechnischen Labors, For-

schungsinstituten oder sogarbei Behörden arbeiten - dasArbeitsplatzangebot ist buntund vielfältig.Die Nachfrage an Inge-nieurinnen und Ingenieurenist in diesem Bereich momen-tan hoch. „Ich kann mir gutvorstellen an künstlichen Or-ganen oder neuen Prothesen-materialien forschen. Auf je-den Fall möchte ich im medi-zinischen Bereich tätig sein”,berichtet Sebastian Diebold.

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erklärt Thorsten Bagschik: „Wir können immer nur so planen, dass wir das Wachstum auch qualitativ gestemmt bekommen. Wir haben da keine festgelegte Zahl.“ Trotzdem wurde der Marketingbereich neu aufgestellt. Jan Untiedt, auch neu an der BiTS, kümmert sich um die Vermarktung der Hochschule. Das werde auch neue Studenten bringen, weiß Bagschik. „Aber wir müssen erst die Qualität liefern.“Laureate hat also nicht vor, eine ein-zige riesige Hochschule zu schaffen, an der alles zentral geregelt ist. Man will ein Netzwerk mit unabhängig agierenden Hochschulen aufbauen, die für ihre spezielle Sparte eigene Konzepte entwickeln.

PHILINE LIETZMANN

„Die BiTS ist eine feine Hochschule. Ich mag diese Campusatmosphäre.“, sagt Bagschik.

16 BiTSLicht 14

Titelthema

Vor rund 20 Jahren schien sich die Systemfrage wie von selbst zu beant-worten. Nun bestimmt sie scheinbar selbstverständlich die öffentliche Debatte. Nur eine Folge der Finanz-marktkrise und ihrer verheerenden Folgen - oder auch das Ergebnis eines schleichenden Prozesses? Um das Vertrauen zwischen Menschen und Wirtschaft wiederherzustellen, ist viel Aufbauarbeit gefordert…

Am 30. September 1989 war der Mo-ment gekommen, auf den 16 Mil-lionen Ostdeutsche jahrzehntelang gewartet hatten. 4.000 DDR-Bürger hatten sich in Prag vor dem Balkon der Botschaft der Bundesrepublik versammelt und schauten gebannt auf die Lippen Hans-Dietrich Gen-schers. „Wir sind zu Ihnen gekom-men, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise…“ Das Satzende des FDP-Politikers ging im Jubel der Menschenmassen unter. Nicht weniger als der Anfang vom Ende des sozialistischen Unrechtregimes der DDR war mit den Worten Gen-schers nun auch im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit eingeläu-tet. Der Zerfall von Sozialismus und Planwirtschaft schien mit der Wiedervereinigung von Ost und West nicht mehr aufzuhalten zu sein

- und mit ihm auch der Siegeszug des westlichen Wirtschaftssystems…

Versuche der Ostalgie erstickten in der Konsumlust der Wendezeit im Keim. Motor und Getriebe von der westdeutschen Ikone Volkswa-gen, Uralt-Karosserie und Fahrwerk vom DDR-Klassiker „VEB Sach-senring“: So sollte 1989 das aus der planwirtschaftlichen Not geborene Erfolgsrezept des vermeintlich neuen Trabant 1.1 lauten. Doch das fast schon liebenswert naiv zusam-mengewürfelte Gefährt nach Bauart „Honecker light“ wurde auch in der Gunst der ostdeutschen Käufer von

Golf und Co regelrecht überrollt. Der Kapitalismus hatte gesiegt! Oder sollte dies bloß ein Trugschluss sein? „Blühende Landschaften“ hatte Helmut Kohl trotz aller Warnun-gen des liberalen Koalitionspartners mithilfe des finanziellen Gießkan-nenprinzips angekündigt. Wenige Jahre später warn vor allem in ländli-

chen Regionen sowohl einstige „volk-seigene Betriebe“ als auch großzügig subventionierte gewerbliche Neuan-siedlungen in der Insolvenz vereint. Wer zuvor das sozialistische „Recht auf Arbeit“ genossen hatte, nun aber nach der Wiedervereinigung mit dem marktwirtschaftlichen Westen arbeit-slos geworden war, empfand verstän-dlichen Unmut. Und vergaß, dass die Wettbewerbsfähigkeit so mancher ostdeutscher Region nach 40 Jahren Planwirtschaft am Boden angelangt und nicht innerhalb kürzester Zeit aufzurichten war.

Weitere Jahre, durchaus gespickt mit Pleiten, Pech und Pannen rund um den Aufbau Ost, sind seither vergangen, ohne dass die Mark-twirtschaft ernsthaft zur Debatte stand. Doch der ein Jahr lang bed-rohlich schwelende Flächenbrand auf dem Hypothekenmarkt der USA, die plötzliche, explosionsartige Kettenreaktion auf den Weltfinan-zmärkten, die Kreditklemme und ihre Folgen für die Realwirtschaft haben vieles verändert: Kapitalismus vs. Sozialismus, Marktwirtschaft vs. Planwirtschaft: Stellt sich knapp 20 Jahren nach dem Fall von Mauer und Eisernem Vorhang tatsächlich wieder die Systemfrage? Oder lohnt es sich

Verblassende Erinnerungen: Planwirtschaft als Heilmittel?

Bildungsantwort statt Systemfrage Wirtschaft und Gesellschaft haben sich entfremdet.

Foto: Wolfgang André Schmitz

BiTSLicht 14 17

Titelthema

nicht vielmehr, die Ursachen zu er-gründen, warum die Systemfrage nach all den historischen Beispielen sozialistischer Misswirtschaft, stets auch verknüpft mit persönlicher und gesellschaftlicher Unfreiheit, überhaupt wieder aufgekommen ist? Gesellschaft und Wirtschaft haben

sich in den Köpfen der Menschen schleichend voneinander entfernt. Eine Kluft ist entstanden, deren bed-rohliche Größe erst jetzt in Zeiten der tiefen Krise offensichtlich gewor-den ist. Und die Kluft wird, glaubt man einer Studie mit politisch wie ökonomisch bedenklichen Ergebnis-sen, auch in Zukunft vorerst nicht kleiner werden.

So widersprechen laut Erhebungen der FU Berlin nur 38,5 Prozent der ostdeutschen Schüler der Behaup-tung „Die BRD vor 1989 war zwar anders, aber auch nicht besser als die DDR.“ 34,4 Prozent der Schüler in ganz Deutschland stimmen der

These zu, die Wirtschaft könne nur dann gut funktionieren, „wenn der Staat alles plant und lenkt“ - faktisch also eine Planwirtschaft besteht. Und nur 50,9 Prozent der ostdeutschen Schüler stimmen der historischen Wahrheit zu, dass „der Alltag in der DDR für viele durch Diktatur und Überwachung geprägt“ war. Wissens-vermittlung über die DDR taucht in deutschen Lehrplänen kaum auf - eb-enso wenig wie ökonomische Grun-dlagenvermittlung. Leidenschaftlich trimmen die Bildungsminister der Länder ihre Schulen auf ein besseres Leseverständnis der Schüler sowie bessere Ergebnisse in Mathematik und Naturwissenschaften - die in der Pisa-Studie abgefragten Kernkom-petenzen. Sie vergessen dabei, wie wichtig in Zeiten der Globalisierung auch und vor allem für eine funk-tionierende und stabile Demokratie ein Grundverständnis von sozialer Marktwirtschaft und internation-alem Handel ist. Ein Verständnis, das schon heute den mittleren und älteren Jahrgängen vielfach fehlt.

Wenn Bankberater und -kunden nur im Unwissen über versteckte Lehman-Zertifikate in der scheinbar harmlosen Sparanlage vereint sind,

kommt verständlicher Unmut auf. Wo die wild spekulierte Aktie eines tief in der Bevölkerung verwurzelten Unternehmens wie Volkswagen den Aktienindex DAX auf eine in allen Nachrichten präsente Achterbahn-fahrt führt, wird Unverständnis her-vorgerufen. Und wenn Porsche einen Gewinn bilanziert, der höher als der

Umsatz aus dem Fahrzeugabsatz ist, glauben auch ökonomisch Interessi-erte zunächst, sich verhört zu haben. Dass Ökonomie zuallererst für die Menschen da ist, scheint plötzlich nicht mehr selbstverständlich. Dass Marktwirtschaft breiten Wohlstand bringt, bleibt auch in diesen Zeiten eine unumstößliche Tatsache. Doch dass sie sich im Finanzsektor ebenso zu verselbstständigen scheint wie planwirtschaftliche Parolen in den Köpfen der Menschen, stimmt nach-denklich.

Bürgschaften und herkömmliche Kredite, Leasing, Factor-ing und Schuldscheindar-lehen: Noch vor nicht allzu langer Zeit waren die klassischen Finanzier-ungsinstrumente eines gewöhnlichen Unterneh-mens auch dem Laien in wenigen Minuten erklärt. Heute bestimmen Fach-begriffe die öffentliche Debatte, deren Bedeutung weit schwieriger erklärt ist - und die stattdessen zur Polemisierung à la Heus-chrecken- und Kasinokap-italismus einladen. Die Verbriefung gewährter Buchkredite und ihre Verschachtelung in han-delbaren Wertpapieren, von Oskar Lafontaine in gewohntem Populismus „Schrottpapiere“ genannt, haben mit fehlender Transparenz, fehlender Regulierung und in der Konsequenz falschen Rat-ings ihren Teil zur Finan-zmarktkrise beigetragen. Doch wem ist bewusst,

Finanzierungsinstrumente - ein Buch mit sieben Siegeln Was die Demokratie stabilisiert,

stabilisiert auch die Märkte.

Blühende Landschaften?

18 BiTSLicht 14

Titelthema

dass eben jene Verbriefung ein lange erfolgreiches Instrument der Risikostreuung und -diversifikation war?

Mit Renditeerwartungen von rund 20 Prozent und zu hohem eigenen Anteil an Fremdkapital sind auch Private-Equity-Unternehmen in die Schlagzeilen geraten. Und dennoch hat ihr Geschäftsmodell - seriös und richtig ausgeführt - dazu geführt, auch mittelständische Unternehmen nicht nur mit existenziell wichti-gem Eigenkapital, sondern auch mit

branchenübergreifendem personel-len Know-how zu versorgen. Die lange erfolgreiche Wohlstandsmeh-rung durch flexiblere, aber auch im-mer kompliziertere Instrumente der Finanzmärkte und das - verglichen mit dem sozialistischen Gegenmod-ell - durchaus freie Wirken der Markt-kräfte ist im Bewusstsein der Men-schen nicht angekommen. Ebenso spurlos ging die schleichende Gren-züberschreitung an der Öffentlich-keit vorüber, an deren Ende das Wetten auf zigfach verbriefte Pakete anonymer Subprime-Kredite stand.

Auswüchse, die oft selbst Branchen-kenner nicht mehr sicher erklären konnten.Wie können Wirtschaft und Gesell- schaft, der einzelne Bürger und das große Konstrukt der Marktwirtschaft

wieder zueinander finden? Zugestän- dnisse aus der Finanzwirtschaft sind für neues Vertrauen bitter nötig: Eine dezente, aber klare und funktionier-ende Regulierung der Finanzmärkte muss zugelassen und gefördert statt verteufelt werden, ein gesteigertes Verantwortungsbewusstsein an die Stelle des Risikorauschs treten. Doch Veränderungen sind auch von jedem Einzelnen gefragt: Die Demokratie als die freiheitliche Gesellschafts-form schlechthin lebt seit jeher von ihrer Kontrolle durch interessi-erte Bürger, ausgestattet mit einem Grundmaß an politischer Bildung. Die Marktwirtschaft als freiheitliche Wirtschaftsordnung würde von öko-nomischer Grundbildung und einem wachsamen Auge in der Bevölkerung mindestens genauso profitieren.

So würden nicht nur verantwor-tungsvolle Entscheidungen über die eigene private Geldanlage erleichtert. Auch der wirtschaftlichen Dema-gogie inklusive planwirtschaftlicher Heilsversprechen, wie sie von den politischen Rändern mit wach-sendem Erfolg propagiert werden, würde Einhalt geboten. Heute ist es erlaubt, offen über Versäumnisse und Fehlentwicklungen in Politik und Wirtschaft zu diskutieren. Vor nicht einmal 20 Jahren konnten die 4.000 DDR-Bürger in Prag und ihre vielen Leidensgenossen von dieser Freiheit nur träumen.

WOLFGANG ANDRÉ SCHMITZ

Ökonomische Grundbild-ung muss da sein

BiTSLicht 14 19

Titelthema

Maximilian Zeibig - 20 Jahre1.Semester - Business Jouralism

„Ich persönlich glaube, dass ich nicht wirklich davon betroffen bin. Das liegt einfach daran, dass ich kein Großinvestor an ir-gendwelchen Börsen bin. Ich denke auch, dass diese Erde schon schlimmere Krisen als die aktuelle Finanzkrise erlebt hat. Nach Ende des Studiums in drei Jahren redet niemand mehr über eine Finanzkrise.“

Stefanie Ziebolz - 21 Jahre1.Semester - Business Psychology

„Direkt betrifft mich die Finanzkrise nur im aktuellen Bör-senplanspiel. Aufgrund meiner guten Qualifikationen bin ich aber optimistisch, später einen Job zu finden.“

Stimmen zur FinanzkriseInwiefern seid ihr persönlich von der Finanzkrise betroffen?

Ann-Katrin Thiede - 21 Jahre1.Semester - Sport & Eventmanagement

„Ich habe einen ‚hausInvest‘-Fonds, der kaum an Wert verloren hat.Wer jedoch keine Ahnung von der Börse hat, der sollte lieber die Finger davon lassen.“

Christian Becker - 28 Jahre Masterstudiengang Corporate Management

„Ich denke, dass es eher so sein wird wie damals beim neuen Markt. Als der geplatzt ist, haben viele Unternehmen keine Leute mehr einstellen können. Es könnte somit einige Entlassungen geben. Dadurch wird es auf dem Ar-beitsmarkt generell für Absolventen, aber auch schon für Arbeitssuchende schwieriger werden.“

Phillip Heinrich - 20 Jahre1.Semester - Business Psychology

„In der Kreditsituation bin ich davon betroffen. Es wird in Zukunft schwieriger sein, einen Kredit bei der Bank zu bekommen. Auch steuerlich werden wir eini-

ge Nachteile haben.“ LARS LIPPENMEIER

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20 BiTSLicht 14

Titelthema

BiTS-Dozent Bernd Giezek (43) ist Gründer des Instituts für ökono-mische Bildung und Wissenstrans-fer (IöBW). Seit 2007 beschäftigt sich die Einrichtung mit der ökono-mischen Aufklärung von Kindern. Im BiTSLicht erklärt der Gießen-er, warum junge Menschen sich schon früh mit Aktien beschäftigen sollten und wie hilfreich Fußball-Klebebilder dafür sein können.

BiTSLicht: Herr Giezek, wieso gibt es in Bezug auf Wirtschaft immer wieder Verständnisprobleme in der Bevölkerung?

Giezek: Ein Hauptproblem, auch in der aktuellen Krise, ist sicherlich der generelle Umgang mit Zahlen. Häu-fig haben die Menschen den Bezug zu Zahlen völlig verloren. Sie können

kaum noch Dinge im Kopf rechnen, weil man häufig mit Hilfe von Tabel-lenkalkulationen und dem Taschen-rechner arbeitet. Früher habe ich als

Kind den Literpreis von Milch beim Einkaufen ausgerechnet. Heute muss der Händler diese Angabe ausweisen. Das kleine Einmaleins geht dabei komplett verloren. Der momentane Erfolg von Nintendo-Wissensspielen zeigt, dass die Leute dieses Gefühl teilen. Dies kann man schon mit ganz einfachen Rechenübungen schnell verändern. Wenn ich Mathe-Vorkurse an Universitäten gebe, fange ich immer mit Kopfrechnen an. So führe ich die Leute einfach zu bestimmten Rechenüberlegungen hin – damit das Gehirn überhaupt mal wieder lernt, richtig zu arbeiten.

BiTSLicht: Haben die Schulen an dieser Problematik auch großen Anteil?

Giezek: Dazu bin ich zu wenig im Schulalltag drin, als dass ich mich über die Qualität der Schulen auslas-sen könnte. Aber was mathematisch an den Hochschulen ankommt, ist nicht richtig prickelnd. Man kann das aber auch nicht verallgemeinern. Die Schulen erledigen mittlerweile auch sehr viele Erziehungsaufgaben, die früher noch zu Hause übernom-men wurden. Das ist eine lange Kette von Ursachen. Die beginnt zu

Hause, geht in den Schulen weiter und hört dann an den Universitäten auch noch nicht auf.

BiTSLicht: Kämpft man da nicht ein bisschen gegen Windmühlen?

Giezek: Man kämpft da schon gegen Windmühlen. Bei uns in Hessen ist es so, dass sich der amtierende Min-isterpräsident Roland Koch vor fünf Jahren das Ziel gesetzt hat, die Qual-

ität der Bildung zu erhöhen. Laut der jüngsten PISA-Studie ist Hes-sen beispielsweise immer noch im Mittelfeld. Das heißt schlicht und einfach, dass sich nichts verbessert hat. Hessen hat allerdings eine lange Tradition schlechter Bildungspolitik. Man fängt jetzt an, die Lehrpläne zu verschärfen. In der Grundschule wird mehr gearbeitet, statistische Methoden werden Kindern schon in der vierten und fünften Klasse beigebracht. Das ist zwar besser, es muss aber trotzdem immer kindgere-

„Viele Menschen haben den Bezug zu Zahlen verloren.“

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„Panini-Bilder oder Aktien – das Prinzip ist ähnlich“

BiTS-Dozent Bernd Giezek über die ökonomischeBildung in der Bevölkerung.

„Das kleine Einmaleins geht komplett verloren.“

BiTSLicht 14 21

Titelthema

cht bleiben. Nicht der Stoff darf das Ziel sein, sondern das Verständnis muss gewährleistet werden. Wenn ein Kind die Preise versteht und

Kopfrechnen kann, dann kann es zum Beispiel auch besser mit dem Taschengeld haushalten. Das muss man denen einfach klarmachen. Wenn man die Vorteile durch das Kopfrechnen sieht, dann ist das alles viel einfacher. Kein Kind würde nach der Schule behaupten, dass es nicht lesen kann, aber es „prahlt“ damit, dass es schlecht im Rechnen ist. Aber es heißt ja, dass man den Kindern in der Schule nicht noch mehr anspruchsvolle Aufgaben auf-halsen soll.

BiTSLicht: Was wäre denn Ihr Än-derungsvorschlag?

Giezek: Ich denke, dass vor allem mit spielerischen Elementen viel erreicht werden kann. Wenn man einen Euro hat, auf den man fünf Prozent Zinsen bekommt, dann kann man sich das durch Zeigen der jeweiligen Münzen viel besser vor-stellen. Das kann man dann auch am Beispiel des Taschengeldes am besten durchrechnen. Das Kind sollte sich fragen: Wie lange muss ich sparen, um mir das Computerspiel kaufen zu können – und was kann ich tun, um es eventuell schon früher zu bekom-men? Oder ist es nicht sinnvoll, ein bestimmtes Spiel nach Weihnachten zu kaufen, weil dann die Kaufhäuser immer mehr Rabatte geben?

BiTSLicht: Und das dann innerhalb des Mathematikunterrichtes?

Giezek: Nein, aber man könnte ja ein eigenes Fach einführen – so etwas wie früher die Gesellschaftskunde. Da kann man dann auch wirtschaftli-che Inhalte mit einbringen. Ein Fach Wirtschaft wäre zwar das Optimale, halte ich aber in Grundschulen für nicht praktikabel. Da hapert es dann auch an der Ausbildung. Die Grund-schulen tun sich momentan schon schwer genug, den Kindern in der

dritten und vierten Klasse Englisch beizubringen. Somit ist das bei der Wirtschaft letztendlich noch prob-lematischer. Am bestens lernen die Kinder mit den Eltern – zum Beispiel beim Einkaufen, da gibt es unglaub-lich spannende Themen.

BiTSLicht: Laufen wir auf diese Weise nicht langsam, aber sicher in eine Sackgasse?

Giezek: Ich denke schon, dass die junge Generation es noch ver-meintlich gut hat. Viele Kinder wach-sen ohne akute Not auf und verfügen teilweise über sehr viel Taschengeld. Der Anteil der Kinder, die in finanzi-eller Not aufwächst, steigt aber leider

auch. Und die Einkommenssitu-ationen sind bei weitem nicht mehr so stabil, wie sie früher waren. Die Generation unserer Eltern hatte ein sehr geregeltes Einkommen und da-her selten Probleme mit fehlenden Arbeitsplätzen. Für mich ist die neue Spaß-Gesellschaft daher mit-tlerweile eher über 60. Die können jetzt genießen, dass sie nie größere Probleme auf dem Arbeitsmarkt hatten und haben nun eine relativ sichere Rente. Hinzu kommt, dass viele in dieser Generation aus Vorsi-chtsmotiven viel gespart haben. Wir werden es vermutlich nicht mehr so leicht haben. Das liegt sicher auch an der Konsumfreude, aber leider auch an den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Bei uns war der Spaß in der Jugend – danach wird es im-mer schwieriger. Dafür ist es eben enorm wichtig, dass wir so früh wie möglich lernen, wirtschaftlich zu handeln.

BiTSLicht: Wo werden denn Kinder – wenn überhaupt – im Alltag mit der Wirtschaft konfrontiert?

Giezek: Die Kinder erleben derzeit meist nur die schlimmen Seiten der Wirtschaft. Da geht es um Fragen wie: Kann ich bei der Klassenfahrt mitfahren oder nicht? Das sind Dinge, die auch bei meinem Sohn in der Klasse diskutiert wurden. Von

Hartz-IV-Geldern kann so etwas eben nicht immer bezahlt werden. Kinder merken das auch, wenn die Eltern sagen, dass es keine Marken-Turnschuhe gibt, sondern nur die von Aldi. Kinder bekommen es mit, wenn ihre Eltern arbeitslos werden. Ich denke nicht, dass Eltern mit Kindern darüber sprechen, wie sie ihr Geld in der Altersvorsorge ange-legt haben oder was der Aktienmarkt macht. Ich glaube aber trotzdem, dass man Kindern erklären kann, wie der Handel von Aktien funktioniert.

BiTSLicht: Und wie geht das am besten?

Giezek: Spontan fallen mir da Panini-Bilder ein. Ob man Panini-Bilder sammelt oder Aktien – das Prinzip ist ähnlich. Wenn ich bei der Fußball-EM einen seltenen Panini-Sticker habe, kann ich den für mehr eintauschen als einen, der nicht so selten ist. Das ist bei Aktien ja wirklich ähnlich. So kann man das den Kindern leichter erklären. Die Turbulenzen mit der VW-Aktie war-en dafür geradezu perfekt geeignet, ein solches Thema mal zu beginnen.

BiTSLicht: Aus den Medien bekom-men die Kinder dann also weniger Informationen…

Giezek: Ja, eher weniger. Die ZDF-Sendung Logo behandelt das The-ma Wirtschaft ungefähr ein Mal in der Woche. Die erklären dann zum Beispiel, was der DAX ist. Es braucht aber mehr Zeit, um bestimmte Sa-chen zu erläutern. Man muss das immer und immer wieder machen. Nur so kann man es ihnen verstän-dlich machen. Selbst die Leute in den Entscheidungspositionen – und das zeigt ja die aktuelle Krise – wis-sen oft nicht, was sie tun. Die haben aber im Gegensatz zu Kindern viele Jahre studiert.

SIMON ENGELS

„Erklären, was der DAX ist.“

„Die Spaß-Gesell-schaft ist über 60.“

„Wie lange muss ich sparen, um mir das Computerspiel

kaufen zu können?”

22 BiTSLicht 14

Titelthema

Survivaltrip trotz FinanzkriseKein einziger Cent in der Tasche - und das einen ganzen Tag lang.

Welche Zeitung man auch in der Hand hält, welchen Sender man im Fernseher anstellt, überall funkelt es einen böse an: FINANZKRISE! 7,2 Prozent Arbeitslosigkeit in Deutschland - und die nächsten Jahre werden es voraussichtlich mehr. Und als Student merken auch die letzten unter uns, wie teuer das liebe Leben sein kann. Doch wie gut kann man ohne einen einzigen Cent in Deutsch-land durch-k o m m e n ? Z u m i n d e s t für einen Tag habe ich das am eigenen Leib ausprobiert. Egal wie, Hauptsache ich komme einen Tag durch, ohne auch nur irgen-detwas dafür zu bezahlen.

DER TAG

DAVOR

Eigentlich wollte ich mich einfach bei jemandem ein-laden zum Essen, so ganz unschuldig nach dem Motto „Hey, lass uns doch mal wie-der zusammen was bei dir ko-chen.“ Am besten auch noch bei einem männlichen Geschöpf, denn wenn man während des Kochens so ganz nebenbei mit den Glubschäuglein klimpert und fragt „Soll ich dir eigentlich Geld für den Einkauf wiedergeben?“ sind sie meistens so gönnerhaft und sagen „Ach, Quatsch“ - und gucken auch noch ganz wunderbar irritiert. Jungs, danke, dass ihr so durchschaubar seid. Aber ich brauche mich gar nicht anzustrengen. Als ob sie Gedan-ken lesen könnte, fragt mich meine Freundin heute, ob ich nicht mor-

gen bei ihr zu Mittag essen will. Ihr Freund ist gerade zu Besuch und hat zu viel eingekauft. Ich bin natürlich hellauf begeistert: „Klar, super.“ Danke, intuitiv-fürsorglich-zu-viel-kaufendes Wesen.

8:30 UHR

Es sei mir gegönnt, dass ich meine eigene Zahnbürste und mein eigenes Deo benutzt habe und meine ei-genen Klamotten trage. Wir wollen es ja nicht übertreiben.Mit dem traurigsten Hundeblick der Welt und verwuschelten Haaren ste-

he ich jetzt vor der Bäckerei Kamps. Ich gehe rein, schaue betreten

a u f d e n

Boden.Die Verkäuferin

kommt. „Ja, bitte?“ Ich komme einen Schritt näher auf sie zu und frage leise: „Entschuldigung, haben sie vielleicht noch ein Brötch-en aus der Produktion von gestern?“ Sie guckt mich total mitleidig an. Ich weiß nicht, ob ich wirklich so schäbig aussehe oder hier einfach ein schauspielerisches Meisterwerk abliefere. Der Müllmann neben mir schielt verschämt zu mir rüber. Die Verkäuferin kommt noch näher, weil ich so leise gesprochen habe, dass sie mich nicht verstanden hat. Ich frage noch einmal, sie sagt „Nein,

Fotos: Julian Borchert

BiTSLicht 14 23

Titelthema

von gestern nicht“, geht zur Theke und gibt mir ein Brötchen von heute. Frühstück abgehakt. Gülcan, du hast dir einen tollen Kerl geangelt. Dan-ke, Kamps.

8:45 UHR

Okay, das Brötchen war lecker. Aber ich muss ja auch noch irgendwie Flüs-sigkeit zu mir nehmen. „Entschul-

digung, ich weiß, das ist jetzt ein bisschen dreist, aber mir fehlen 20 Cent für die Busfahrkarte.“ Ich setzte einen Blick auf, als ob mir die Sache total peinlich wäre. Alle meine vier angeschnor-rten Opfer sind su-per hilfsbereit und geben mir jeweils 20 Cent. Ich bedanke mich brav, sie sagen „Kein Problem“. Na dann. Danke, Deutschland.

8:50 UHR

Ich schlendere durch Kaufland und bleibe vor der Käsetheke hängen. Dreist nehme ich mir gleich drei

große Käsestückchen auf einmal zum Probieren. Keiner sagt etwas. Dann hole ich mir eine 1,5-Liter-Flasche Apfelsaftschorle, damit ich schön in meinem 80-Cent-Budget bleibe, und noch ein normales Brötchen. An der Kasse sagt die freundliche Kas-siererin: „Das macht dann 83 Cent bitte.“ Ich: „Oh nein, ich habe aber nur 80 Cent.“ Hilfesuchender Blick nach hinten. Jemand zückt sein Por-

temonnaie und steuert die fehlen-

den drei Cent bei. Danke, mein Gönner. Auf dem Weg nach draußen komme ich an der Theke mit Spezialitäten und eingelegten Sachen vorbei. Ich bleibe stehen. „Hallo. Ich würde mal gerne die eingelegten Garnelen probieren.“ „Mit Soße?“ „Ja, bitte.“

Mmmh, lecker. Der Verkäufer spricht nur ein schlechtes Deutsch und ver-sucht, mir wegen meines zweifelnden Blicks - ich will ja nichts kaufen - zu erklären, was für andere tolle Dinge er noch hat. Er weiß nur leider die Wörter nicht. Macht nichts, bist trotzdem putzig. Danke, eingelegte-Sachen-Verkäufer.

9:00 UHR

In 20 Minuten treffe ich mich mit meiner Mitfahrgelegenheit

zur Uni. Zeit

g e n u g , um mich

bei einem D r o g e r i e -markt ein bisschen auf-

zuhübschen. Ich quetsche mich vor den

kleinen Spiegel und probiere L i ed s cha t t e n , Mascara, Puder,

Rouge und Lip-gloss. Wunderbar, keiner sagt was.

Danke, Drogerie-markt.

9:20 UHR

An der Apotheke holt mich meine Mitfahrgelegenheit ab. Es regnet und ich bin so froh, dass ich den Weg

24 BiTSLicht 14

Titelthema

nicht laufen muss! Danke, meine fahrende Superheldin.

11:30 UHR

Traumhaft. Ich treffe ihn auf der Treppe, wir reden kurz, er: „Wann kochen wir eigentlich mal wie-der zusammen?“ - Strike. „Heute Abend?“Gut gelaunt und nichts ahnend gehe ich auf die Frauentoilette – und sehe auf dem Boden zehn Cent liegen. Danke, liebe Klo-Vorbenutzerin.

13:20 UHR

Ein Freund holt mich ab und wir fahren zusammen zum Mittagessen. Meine Freundin und ihr Freund ha-ben schon alles vorbereitet und der Kartoffel-Zucchini-Auflauf muss nur noch in den Backofen. Ich bin voll fasziniert von der gelben Zuc-chini - die kannte ich noch gar nicht. Davor, dazwischen und danach gibt es Schokokuchen, Keks mit Marme-ladenklecksen, Cola und Wein. Das volle Programm. Ich bleibe fast den

ganzen Nachmittag. Danach werde ich freundlicherweise auch noch nach Hause gebracht. Danke, mein kochendes Chaoskind.

18:00 UHR

Auf dem Weg zu meinem Abendes-sen komme ich bei einer Parfümerie vorbei. Warum eigentlich nicht? Ich gehe rein, überfliege zwei Sekun-den die Regale und gehe zu einer Verkäuferin. Ich behaupte, dass ich jetzt schon so viele Düfte gerochen hätte, dass ich nichts mehr unters-cheiden könnte. Ich kann mich nicht zwischen zwei Düften entscheiden. Ich bitte sie, mir doch von beiden eine Probe abzufüllen. Sie schaut mich fast hasserfüllt an. „Kein Prob-lem, gerne.“ Ja nee, ist klar. Ich gehe mit meinen Pröbchen in der Hand wieder raus. Danke, parfümierte Todesblick-Verkäuferin.

18:30 UHR

Obwohl mein Abendessen-Spender eigentlich schon gegessen hat und

Leute zum Wii-Spieleabend erwartet, gehe ich einfach trotzdem hin und schnorre mir eine leckere Pizza und mehrere Gläser Wein. Irgendwann klingelt es an der Tür und die ersten Wii-Mitspieler kommen. Irgendwie bin ich immer noch da. Und irgend-wie habe ich auch nicht vor, das zu ändern. Also bleibe ich bis um zwei Uhr morgens, habe den ganzen Abend Wii gespielt, getrunken und gegessen und jede Menge Spaß ge-habt. Danke, Pizza spendender En-tertainer.

2:10 UHR

Todmüde falle ich in mein Bett. Alles hat gut geklappt. Sich einen Tag lang durchzuschnorren ist definitiv nicht schwer - wenn man keine Hemmun-gen hat, einfach mal dreist zu sein. Nächstes Mal stelle ich mich noch mit meiner Querflöte in der Hand und der Wollmütze vor den Füßen auf die Straße und tröte ein biss-chen.

LENA LÜHMANN

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BiTSLicht 14 25

Titelthema

Dieses Auto zeigt PräsenzDer Mercedes-Benz ML 320 CDI 4Matic im „Protz-Test”.

Einen Tag mal auf „ganz dicke Hose machen“ – dazu gehört auch das passende Gefährt. Kein Problem: Mit einem Mercedes-Benz ML 320 CDI von Iserlohn bis Düsseldorf die Gegend unsicher machen, sich für ein Mal wie kleine Prinzen füh-len – und ganz nach deren Devise leben: „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt.“ Oder: „Ich wär´ so gerne Millionär.“

10:11 UHR

Es geht los. Der 224 PS starke Sech-szylinder-Diesel beginnt sein Werk. Schnell noch um das Navigations-system gekümmert (Stadt: Düssel-dorf, Straße: Königsallee) und die Musik-CDs eingeworfen. Die Leder-Alcantara-Sessel sind verdammt be-quem – und die Bahn nach Düssel-dorf verdammt frei…

11:18 UHR

Wir erreichen Düsseldorf. Man sollte meinen, dass man mit so einem Ge-fährt in der Glamour–Metropole nicht so auffällt – doch weit gefe-hlt. Schnell ernten wir aufmerksame Blicke. Wie sagte der Autohändler doch so schön: „Na ja, dieses Auto zeigt auf jeden Fall Präsenz.“ Dem können wir nur zustimmen. Wie es sich für einen guten Yuppie gehört, wird die Pizza Rucola bei einer Flas-che San Pellegrino im Restaurant Va-piamo schnell in den Bauch gehauen und bei Peek & Cloppenburg noch ein schönes Winterjäckchen gekauft – es ist ja kalt außerhalb unserer mit Sitzheizung bestückten M-Klasse. Bei dem ganzen Dolce Vita fällt uns ein, dass das Parkticket bald abge-laufen ist. Natürlich stehen wir auf einem dem Wagen angemessenen Parkplatz: Vor dem Hotel InterCon-

tinental an der Königsallee.

12:49 UHR

Puh, kein Knöllchen am Wischer! Wir nehmen Platz und hauen das „D“ in den 7-Gang-Automaten. Das freundliche Fräulein im Navi lotst uns auf die Autobahn. Gegen Stau ist aber auch im ML 320 CDI kein Kraut gewachsen: Vor Essen geht gar nichts mehr! Wir schauen einfach eine DVD – denn diese Funktion bietet unser tolles Infotainment-Sys-tem namens COMAND natürlich auch.

14:06 UHR

Wir zeigen Flagge auf dem Real-Parkplatz. Noch schnell eine Pulle Schampus für den Abend gesichert. Einen solchen Anblick sind die Is-

Der Mercedes-Benz ML 320 CDI vor dem InterContinental in Düsseldorf.

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26 BiTSLicht 14

Titelthema

erlohner Schnell-Shopper nicht gewohnt: Zwei junge Herren im dicken Schlitten. Automatisch surrt die Heckklappe nach oben und die schnöden Plastiktüten sind fix ver-staut. Nun kann s weitergehen…

14:35 UHR

Tatort Tankstelle: Neben uns will ein tiefer gelegter Golf III mit vier jun-gen Männern parken. Eher schlecht, denn wir haben mit unserem Dick-schiff gleich einmal beide Zapfsäu-len belegt. Die negativen Reaktionen bleiben aus – einem solchen Benz zollt man eben Respekt. Respekta-bel fällt auch der Durchschnittsver-

brauch aus: 10,6 Liter stehen auf der Uhr. Bei so vielen Kick-Downs und Zwischenspurten geht das völlig in Ordnung und schont die goldene MasterCard.

14:46 UHR

Wir erreichen den BiTS-Parkplatz. Hier werden wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Mit einem 320er ML kann man hier schon lange nicht mehr hemmung-slos „posen“. Längst sind auch die

Vorzüge von „Papas Porsche“ zu den solventen Privatstudenten durchge-drungen. Uns ist s egal: Der ML ist und bleibt ein Traumauto – und eines, mit dem man mal für einen Tag einen richtig dicken Max marki-eren kann. Spaß gemacht hat es in jedem Fall…

SIMON ENGELS & TOM STELLER

Datenblatt ML 320 CDI 4Matic

Leistung: 165 kW / 224 PS0-100 km/h: 8,6 Sek.Höchstgeschw.: 215 km/hTestwagenpreis: 72.000 € Händler: Mercedes-Benz Jürgens GmbH, Iserlohn

Mit dem Mercedes-Benz ML 320 CDI ging es ab auf die Kö.

BiTSLicht 14 27

Titelthema

Prof. Dr. Peter Frielinghausen, Fachdozent für Volks-wirtschaftslehre an der BiTS, erläutert die Hintergrün-de zur Finanzkrise und Rezession. Wer war Schuld? Was sind die richtigen Maßnahmen? Wie lange könnte die Rezession noch andauern?

BiTSLicht: Das Thema Finanzkrise dominiert seit Wochen die Medien. Wann waren die ersten Anzeichen der Rezession für Sie sichtbar? Eigentlich auch erst, als sie alle mit dem einbrechenden Immobilien-markt in den USA gesehen haben.

BiTSLicht: Würden Sie sagen, dass die Finanzkrise als Indikator für die Rezession gedient hat, sie sogar früher eingeleitet hat? Die Finanzkrise war Indikator und Ursache zugleich. Zumindest für die Tiefe, sicher aber auch für das Timing. Was ohne die Finanzkrise Auslöser geworden wäre, ist nicht genau zu sagen. Es wäre ohnehin eine Rezession gekommen – das ist sicher. Nach jedem Aufschwung gibt es zumindest immer eine Phase ge-schwächten Wachstums.

BiTSLicht: Viele Menschen zeigen sich erbost darüber, dass sie als Steuerzahler nun für die Finanz-krise aufkommen müssen. Ist der Unmut der Menschen über die Ma-nager in der Privatwirtschaft unbe-rechtigt?Natürlich kann man in Einzelfäl-len Ärger empfinden, wenn man das Verhalten mancher Unterneh-mer sieht. Denken Sie zum Beispiel an Adolph Merckle: Da hat einer

der wohlhabendsten Männer Deutsch-lands mit VW-Aktien spekuliert, einen neunstelligen Betrag verloren und möch-te nun eine Staats-bürgschaft, weil sein Imperium in Schwie-rigkeiten ist. Wenn

sich die Menschen an dieser Stelle an den Kopf packen, kann ich das vollkommen nachvollziehen. Doch die Botschaft, die in den Medien immer wieder vermittelt wird, heißt: Die Marktwirtschaft taugt nichts, die Marktwirtschaft kann es nicht.

BiTSLicht: … und worin liegt die Gefahr solcher Botschaften?Von solchen Zitaten geht die Gefahr des Populismus aus. Die Leute den-ken: Staat, rette mich. Wir suchen nach dem starken Mann, früher war es der Führer, woanders die Partei. Die Deutschen sind – ich glaube gene-tisch – ein staatsgläubiges Völkchen! Wir haben einen Machbarkeitswahn:

Der Staat kann alles und er kann al-les besser. Das sitzt uns irgendwie im Fleisch. Und solche Sprüche dienen dazu, eine falsche Information noch weiter zu verstärken und eigentlich das, was uns Wohlstand beschert hat und was mit so einer Krise am besten fertig werden kann – nämlich Markt und Wettbewerb – zu schwächen.

BiTSLicht: Also ist ihrer Meinung nach nicht der Markt an der Krise schuld?Wenn heute von einigen wenigen ge-sagt wird, dass diese Krise auch das Ergebnis krassesten Staatsversagens ist – und zwar in keinem geringeren Maße als das Versagen des Marktes – dann sagen sie nur die Wahrheit. Wer hat von den deutschen Banken die größten Schwierigkeiten? Die staatlichen, die Landesbanken, KfW, IKW.

BiTSLicht: Aber gerade in den USA waren ja auch noch andere Banken an der Krise beteiligt …... zum Beispiel die Hypothekenfi-nanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. 50 Prozent des US-Subprime-Hypothekenmarktes entfielen auf di-ese zwei Unternehmen. Als der Staat für diese Unternehmen gerade stehen musste, hieß es sofort: Ohne Staat geht es nicht. In Wirklichkeit waren diese beiden Unternehmen staatliche Unternehmen. Nicht im juristischen Sinne, aber der Staat stand mit seiner Bonität hinter diesen Unternehmen. Die US-Politik hat sie ganz bewusst für Sozialpolitik genutzt, nämlich für den amerikanischen Traum vom Eigenheim für jedermann. Dort kon-zentrierten sich all die Ramschhypo-theken. Unreguliert? Nichts könnte ferner sein!

BiTSLicht: Die Medien vermitteln aber ein anderes Bild, nämlich das von einem unregulierten Markt, in dem „Turbokapitalismus“ herrscht und der Ursache der aktuellen Situ-ation ist.Damit wird impliziert: Wenn wir eine Planwirtschaft hätten, wäre alles

„Die Krise ist auch Ergebnis krassesten Staatsversagens!“

„Die Deutschen sind ein staatsgläubiges Völkchen.”

28 BiTSLicht 14

Titelthema

„Der Staat sollte nicht den Versorgungsonkel spielen.”

Hat die wirtschaftliche Lage im Blick: Prof. Dr. Frielinghausen.

viel besser, denn dann dürfte eine solche Krise ja gar nicht passieren. Das ist so dermaßen falsch, dass man sich fragen muss: Haben die Men-schen trotz all der Erfahrungen mit Planwirtschaft in der Vergangenheit wirklich ein so kurzes Gedächtnis? Der Begriff Turbokapitalismus ärgert mich ganz besonders. Es wird immer wieder so getan, als hätte es bisher tatsächlich eine freie, unregulierte Marktwirtschaft gegeben. Entschul-digung, bei einer Staatsquote von 50 Prozent, Regulierungsbehörden links und rechts, auf europäischer und na-tionaler Ebene, kann davon keine Rede sein. Die Finanzwirtschaft ist hier und in anderen Staaten stark re-guliert. Und die Krise geschieht im am stärksten regulierten Teil der Fi-nanzwirtschaft, den Banken.

BiTSLicht: Aber die Krise brach in Amerika aus und dort spricht man doch eigentlich gerade von einer freien Marktwirtschaft…Ein Beispiel: Es gibt ein Gesetz, den Community Reinvestment Act. Man hatte festgestellt, dass es Bezirke gibt, in denen sich viele Menschen Kredite leisten können – und die wa-ren hauptsächlich weiß. In anderen Bezirken wohnten Leute, die konn-ten sich keine Kredite leisten – und die waren überwiegend schwarz. Da hat man gesagt: ‘Das darf nicht sein, das ist Rassismus. Wenn ihr da überhaupt Geschäfte machen wollt, müsst ihr auch in dem Segment Kre-dite anbieten!‘ – Staatliche Auflage! Wo jeder normal unternehmerisch denkende Mensch gesagt hätte: ‘Ent-schuldigung, bei der Bonität... Wir

würden ja gerne, aber ihr habt keine Sicherheiten und ihr habt kein Ein-kommen, ich kann euch doch keinen Kredit geben.‘ – Mussten sie aber! Und jetzt wundern sich alle, dass die Kredite untergegangen sind.

BiTSLicht: Also sollte sich der Staat Ihrer Meinung nach komplett raus-halten?Prinzipiell sollte der Staat kein Un-ternehmen vor der Pleite schützen. Aber in Einzelfällen, wo die Auswir-kungen auf das ganze System drama-tisch sind – und jetzt bin ich wieder bei Banken – sollte er es tun! Doch nur so lange es nötig ist und dann sollte er einen vernünftigen ord-nungpolitischen Rahmen schaffen und sich wieder aus der Wirtschaft zurückziehen! Und nicht anfangen den Versorgungsonkel zu spielen. Der Staat als Unternehmer ist nicht gut. Das haben wir in der Bankenkri-se jetzt auch wieder gesehen. Die Po-litikerbänker waren die schlechtesten – mit am besten bezahlt – aber am schlechtesten.

BiTSLicht: ... aber was wäre die Konsequenz, wenn der Staat sich nicht zurückziehen würde?Dann haben sie wirklich Staatsun-ternehmen und wie gut die funkti-onieren, das haben wir im ganzen Ostblock gesehen, das sehen wir in China, wo die Staatsunternehmen eine enorme Ressourcenverschwen-dung betreiben. Und bei Volkswa-gen, wo der Staat viel zu sagen hat: Da denkt man noch mal an die Kor-ruptionsaffären, wo Betriebsräte sich ihre Lustreisen nach Rio gegönnt ha-

ben. Das wäre dann unvermeidbar.

BiTSLicht: Unterstützung für Ban-ken bedeutet aber nicht gleich Un-terstützung für große Unterneh-men, oder? Die Bundesregierung steht zum Beispiel einer Bürgschaft für Opel zumindest nicht abgeneigt gegenüber. Nein. Der Staat sollte eine Bank stüt-zen, wenn ihre Insolvenz eine Pleiten-welle auslösen könnte. In Fällen wie Opel, General Motors und anderen Unternehmen, die nun in wirtschaft-lichen Problemen Bürgschaften ein-fordern, muss man knallhart sagen: Auch wenn ein großes Unternehmen wie GM schließen muss, dann sind das viele verlorene Arbeitsplätze. Aber diese Pleite ist nicht systemre-levant.

BiTSLicht: Stimmt es Sie als über-zeugten Marktwirtschaftler nicht nachdenklich, dass staatliche Hilfe im Fall von einigen Banken so bit-ter nötig ist?Ja. Auch ich stand schon einmal vor dem Spiegel und fragte mich: ‘Bist du vielleicht zu marktgläubig?‘ Wenn eine Bank aus systemischen Gründen nicht Pleite gehen darf, funktioniert dann die Marktwirtschaft? Schließ-lich funktioniert sie normalerwei-se nur dann, wenn die Sanktion da ist, dass schlechtes Wirtschaften zur Pleite führt. Die Banken sollen auch nicht um ihrer selbst willen gerettet werden, sondern um ihre wirtschaft-liche Hauptfunktion zu erhalten: Konsum, der heute nicht stattfindet, steht als Investition zur Verfügung!

BiTSLicht: Und auf den Finanz-markt bezogen? Den einen Tag fällt eine Aktie und am nächsten steigt sie in ungeahnte Höhen… Die Finanzakrobatik hat sich in der Tat von der Realwirtschaft total los-gelöst. Da wurden Finanzprodukte gestrickt, da wussten die Stricker selber nicht mehr was drin ist. Und andere haben darauf gewettet. Das war dann wirklich nur noch Casino. Das hat mit der Urfunktion eines Finanzsystems nichts mehr zu tun. Wohlstand entsteht, wenn Leute Einkommen schaffen, wenn etwas

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Titelthema

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„Es gab immer Zeiten, in denen Spekulanten aus dem

Fenster gesprungen sind.”

produziert wird. Das können Gü-ter, Dienstleistungen, auch Finanz-dienstleistungen sein. Wenn es aber wirklich nur noch Spekulation ist … Und da merken wir jetzt die Gegen-bewegung nach unten und das große Problem ist, dass das auf die Real-wirtschaft durchschlägt. Wenn man das trennen könnte, hätte ich mit diesem Finanzcasino kein Problem. Leider kann man es nicht trennen und da ist in der Tat Änderungsbe-darf.

BiTSLicht: ... Änderungsbedarf, da-mit der Markt nicht wieder außer Kontrolle gerät?Zunächst einmal: Marktwirtschaft führt immer auch zu Überreakti-onen. Es hat immer Spekulationsbla-sen und Booms gegeben, und es hat die Zeiten gegeben, in denen Speku-lanten aus dem Fenster gesprungen sind, weil sie gerade alles verloren hatten. Die Frage ist: Welche Alter-native gibt es? Es gibt auch Staaten, in denen es keine Konjunkturzyklen gibt, die Menschen aber immer nah am Verhungern. Nordkorea ist dafür ein gutes Beispiel. Ist das besser?

BiTSLicht: Wie bewerten Sie denn unter den ganzen Gesichtspunk-ten das Konjunkturprogramm der Bundesregierung? Sie meint, mit ihrem Maßnahmenpaket eine Brü-cke bis zum nächsten Aufschwung schlagen zu können …Also eine Brücke ist es: Eine Brücke bis zur nächsten Wahl. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Wenn man meint, es ist eine Depression – gut. Aber bitte hört auf, im kleinen rumzufuckeln! Klare Regeln, wenig Regeln und die aber gut. Sicher, mie-se Zeiten und schlechtes 2009 – aber eine Massenkrise à la 30er Jahre, da macht uns Herr Bisky einen vor!

BiTSLicht: Würden Sie dann sagen, dass diese Krise eine Krise wie jede andere ist?Nein, eine Krise wie jede andere ist es sicher nicht! Da wüßte ich jetzt keine Parallele seit den 30er Jahren. Aber in den 30er Jahren hatten wir doppelstellige Prozentbeträge an Einbrüchen. Jetzt reden wir vielleicht von zwei Prozent Schrumpfung oder Stagnation.

BiTSLicht: Dann gibt es also tat-sächlich keine Parallele zu der Kri-se in den 30er Jahren?

In den 30er Jahren gab es einen Trend zur Isolation. Die Länder haben sich gegenseitig abgeschottet. Sämtlicher Wohlstandsgewinn, der durch inter-nationalen Handel und die Arbeits-teilung der Nationen entstanden ist, wurde abgewürgt. Das ist Konsens unter allen Ökonomen: Alle haben die Grenzen zugemacht und das führt zur Krise. Es wäre fatal, diesen Fehler noch einmal zu machen. Aber wir haben zurzeit keinen Trend zur Isolation. Wir haben Kooperation im Internationalen, wenn auch nicht in Idealform. Außerdem ist die Geld-menge damals von der Zentralbank enorm reduziert worden.

BiTSLicht: Und das war falsch. Demnach befinden sich die Zen-tralbanken im Moment auf dem richtigen Weg?Ja, die Zentralbanken schaffen Liqui-dität. Das sind richtige Maßnahmen. Ich habe aber die Sorge, dass man grundsätzliche Fehlentwicklungen nicht sich selbst korrigieren lässt. Wir brauchen eine Rezession. Wenn man Anpassung versucht zu verhin-dern, dann dauert sie lange. Wenn man den Schmerz akzeptiert und dem Markt die Anpassung erlaubt, ist er richtig schmerzhaft und richtig böse, aber wesentlich kürzer. Und dann geht es wieder aufwärts.

BiTSLicht: Ist das die Lehre aus den 30er Jahren?Wissen Sie, was die Weltwirtschaft-krise 1930 beendet hat? Der Zweite Weltkrieg und das war Keynsianis-mus pur. Das waren nämlich Staats-ausgaben ohne Ende für Rüstung und Güter. Mit der entsprechenden Verschuldung. Insofern muss man sagen, der Zweite Weltkrieg als Pro-gramm der Konjunkturförderung hat prima funktioniert. Aus amerika-nischer Sicht, aber bei denen wurde ja auf eigenem Territorium nicht gekämpft. Und auch für die Ame-rikaner waren die Kosten natürlich immens!

BiTSLicht: Dann kommt ihrer Meinung nach also der Keynesia-nismus, das heißt massive Staats-

ausgaben zur Ankurbelung der Konjunktur, als Maßnahme nicht infrage?Wenn man in einer solchen Lage ist, dass nun wirklich eine Depression da ist, dann kann ein staatlicher Schluck aus der Pulle nötig sein. Aber es ist auch mehr Schuldenmacherei und das ist schlecht.

BiTSLicht: Und Steuersenkung als Alternative? Ist mir prinzipiell immer lieber, als dass der Staat einfach nur mehr Geld ausgibt, weil ich davon ausge-he, dass die Privaten die Präferenzen einer Gesellschaft wesentlich besser kennen. Denn die Politiker vertun sich immer – die meinen ihre Präfe-renzen wären die der gesamten Nati-on – aber dem ist nicht so. Von daher gefallen mir Steuersenkungen besser. Bei zurzeit gleichen Staatsausgaben ist das aber mehr Schuldenmacherei. Im Allgemeinen würde ich sagen: Viel weniger Staatsausgaben und deutlich weniger Steuern in guten

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Titelthema

„Flexible Reaktion, das heißt auch Pleiten in Kauf nehmen.”

„Die Neuverschuldung kommt von uns.”

Zeiten! Aber man hat in den guten Zeiten des Aufschwungs verpennt, dass der Staat weniger ausgibt. Dann hätte man jetzt mehr Spielraum so-wohl für Steuernsenkungen als auch für Ausgaben.

BiTSLicht: Wenn nun neue Schul-den aufgenommen werden, woher nimmt Deutschland dann das Geld?Die Neuverschuldung heute, die kommt hier von uns. Das ist das In-teressante! Die Leute, die heute sagen ‘Oh oh, die Zeiten werden schlecht, ich gebe das mal nicht aus, ich spar das mal lieber.‘ – Ja, wie sparen die das denn? Die kaufen zum Beispiel eine Bundesanleihe dafür. Das ist Geld, was der Staat sich leiht und der gibt es dann aus. Und das ist schade, denn die privaten Leute können es eigentlich viel besser ausgeben.

BiTSLicht: Wie sieht es mit dem So-zialnetz aus? Wird es Änderungen geben?Die Agenda 2010 war ein erster rich-tiger Schritt. Leider, anstatt sie wei-ter fortzuschreiben, hat man sie zu-rückgedreht. Also Antwort darauf: Ja, definitiv sollte man daran etwas tun. Anreize sind wichtig, man sollte mehr Anreize zur Selbstverantwor-tung schaffen, anstatt diese kaputt zu machen, wie das ja bei Sozialsy-stemen meistens der Fall ist!

BiTSLicht: In den Medien geht es eigentlich hauptsächlich um die Auswirkungen in den Industrie-staaten… Wie sieht es denn im Rest der Welt aus?Wir klagen immer noch auf hohem Niveau, selbst in der Rezession. Wenn sie ein Land haben, nehmen Sie Indien oder China, wo gerade mehrere hundert Millionen aus der Armut raus in ganz ganz beschei-

dene, aber sichere Lebensverhältnisse gekommen sind und die werden jetzt wieder unter die Schwelle zurückge-treten, dann ist das natürlich eine ganz andere Sache, als wenn wir mal auf einen Urlaub verzichten. Wo es ums Überleben geht ist es natürlich richtig schlimm. Wenn ein Land davon lebt, dass es in die anderen

Märkte verkauft und jetzt stürzen auf einmal die Einnahmen ab, die sie bitter nötig haben, ist das schlimm! Ein paar Sachen sind natürlich posi-tiv: Niedrigere Energiepreise, wobei … wenn sie nicht grad Energieexpor-teure sind. Niedrige Rohstoffpreise hätte ich fast gesagt und vergessen, dass ja gerade viele afrikanische Staaten Rohstofflieferant sind. Also kurz und gut, alle sind betroffen.

BiTSLicht: Angela Merkel zeigt sich optimistisch: „Wir bauen eine Brü-cke, damit es 2010 wieder aufwärts geht.“ Rechnen auch Sie damit, dass es 2010 wieder aufwärts geht?Das Problem der Überschuldung ist noch lange nicht vom Tisch. Das wird sich hinterher durch Inflation mal wieder auswachsen müssen. Aber auch das Problem der privaten Über-schuldung ist ja noch nicht durch. Wir hatten gerade das Abschmieren der Immobilienwerte von Wohnei-gentum. Wir haben noch eine Welle, die kommt jetzt und zwar ist das das geschäftlich genutzte Immobilienei-gentum, also Bürogebäude. Und die Kreditkartengeschichte in den USA. Da sind ja Unsummen an Über-schuldungen! Wie lange es dauert, bis man sagen kann: ‘Ok, die Krise ist überstanden‘ – dass kommt ganz darauf an, wie man reagiert.

BiTSLicht: Und wie sollte ihrer Meinung nach regiert werden?Jetzt kommts: Je f lexibler die Reak-tion – und das heißt auch Pleiten in Kauf nehmen – umso kürzer wird es dauern. Vielleicht schlimmer für ein paar Monate, aber dann auch durch. Wenn der Staat aber wie in Japan ver-sucht, den Schmerz zu vermeiden, so nach Möglichkeit keine Rezession zulassen, dann können wir auch in zehn Jahren noch etwas von der Ge-schichte haben. In Japan hat es über zehn Jahre gedauert und in den USA hat die „Überwindung“ der DotCom Blase erst die Immobilienblase mög-lich gemacht. Also Entschuldigung, Herr Lafontaine und Herr Gysi: Je mehr Staat, umso länger wirds dau-ern und je mehr Markt, umso schnel-ler sind wir damit durch.

BiTSLicht: Demnach wäre Japan ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte?Ja, Japan hat dafür bitter gebüßt, dass die Banken ihren Müll nicht aus den Büchern nehmen mussten. Erst die Regierung Koizumi hat gesagt: ‘Ihr müsst den Schrott abschreiben.‘ Da-durch gingen auch ein paar Banken über die Klippe. Doch nachdem man sich ausgekotzt hatte, lief es wieder.

BiTSLicht: Aus Sicht eines Stu-denten zurzeit: Mache ich lieber noch einen Master, promoviere ich oder gehe ich doch in den Arbeits-markt?Sie haben zwei Möglichkeiten: Sie hocken sich in die Ecke und heulen, dass sie fertig werden inmitten der Krise und nicht ein paar Jahre vor-her oder später, wo es richtig abge-ht – oder sie nehmen die Dinge wie sie sind und hauen rein. Gute Leute werden immer gesucht, auch in einer Krise. Vielleicht gerade da.

ANDREA SCHEFFLER & WOLFGANG ANDRÉ SCHMITZ

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Titelthema

Zwischen Isolation und Öffnung

Eine globale Rezession zeich-net sich vor allem durch eins aus: Globale Betroffenheit. So geht die Wirtschaftskrise auch an der vi-ertgrößten Volkswirtschaft China nicht spurlos vorüber. Pleiten füh-ren zu Arbeitslosigkeit und Unmut in der unteren Schicht der Bev-ölkerung. Proteste – aufgrund des Wohlstandsgefälles – sind jedoch an sich nichts Neues für China. Die Aufholjagd der letzten Jahrzehnte hat eben seinen Preis.

Warum China sich so spät öffnete und durch rasante Aufholjagd sein Wohlstandsgefälle schuf.

Bremsspuren in Chinas Real-wirtschaft durch Rezession

Das neue und das alte China: Wenige wurden reich. Der Aufschwung ging zulasten von 200 Millionen Wanderarbeitern, die ehemals als Bauern arbeiteten.

Die Performance, die China in den letzten Jahrzehnten hinlegte, war nicht nur gigantisch, sondern für das ein oder andere Industrieland auch furchteinfößend. Nachdem der Riese sich 600 Jahre lang vom Weltmarkt fernhielt, kehrte er urplötzlich in der Mitte des 20. Jahrhunderts zurück.

Die Volksrepublik ist mittlerweile die drittgrößte Handelsnation der Welt. Wer heute Metropolen wie Beijing oder Shanghai besucht, fühlt sich wahrscheinlich eher inmitten eines Industrielandes als in einem Schwel-lenland. „Die Stadtzentren sind auf

den ersten Blick schon sehr mo-dern und imposant. Gerade in den Nebenstraßen sieht man aber die riesen Unterschiede zwischen den neureichen Chinesen, die hier im 60. Stockwerk eines Wolkenkratzers arbeiten und dem Chinesen, der sei-ne Wäsche noch auf einer Leine über dem Hauseingang trocknet und sei-nen Reis auf dem Bordstein zu sich nimmt“, erzählt der BiTS-Student Tim Schneider, der einen Monat lang ein Praktikum in China absolvierte.

Das Wirtschaftswachstum lag in den letzten fünf Jahren kontinuierlich im zweistelligen Bereich, in 2007 betrug es 11,9 Prozent. Ab 2004 regten sich erste Stimmen, die vor einer Über-hitzung der Volkswirtschaft warnten. Drei Jahre später erhöhte die chine-sische Zentralbank dann die Leit-zinsen, um dem Boom entgegenzu-wirken.

Inzwischen hat die Zentralbank den Leitzins vier Mal in Folge gesenkt. Finanzkrise und Rezession machen auch vor dem größten Schwellen-land wirtschaftlicher Entwicklung nicht halt. „Es wird zwar in den

deutschen Medien nicht so darge-stellt, aber China ist das Land, das durch die Rezession am meisten be-troffen ist“, meint Bernd Reitmeier, stellvertretender Geschäftsführer der Außenhandelskammer Shang-hai. Das BIP-Wachstum lag im drit-ten Quartal 2008 mit neun Prozent bereits 3,2 Prozentpunkte unter Vorjahresniveau. Reitmeier wendet jedoch ein: „Eine Rezession nach europäischem Maßstab ist es nicht, denn zwei Quartale mit keinem Wachstum darf es in China sowie-so nicht geben. China hat sich eine Grenze gesetzt: Die Volkswirtschaft ist auf 7,5 bis acht Prozent Wachstum angewiesen.“

Wie alle anderen Länder bekommt auch der rote Drachen die Brems-spuren vor allem in der Realwirt-schaft zu spüren. Die Rezession in den Industrieländern führt zu einem Nachfragerückgang nach chine-sischen Gütern. Laut chinesischer Staatsmedien sind rund 67.000 klein- und mittelständige Unternehmen in den ersten sechs Monaten dieses Jah-res Pleite gegangen. Betroffen sind vor allem die Wanderarbeiter, deren Zahl in China auf 150 bis 200 Mil-lionen geschätzt wird. Nach offiziel-len Angaben beträgt die Arbeitslo-senquote in China nur vier Prozent. Allerdings werden Wanderarbeiter in dieser Statistik nicht mit erfasst.

Im Zuge der Wirtschaftskrise wird vermehrt von Protesten und Unru-hen aus China berichtet. „Die Pro-teste richten sich gegen Unrecht, zum Beispiel dagegen, dass keine Löhne gezahlt werden“, erklärt Reitmeier. Für die Kommunistische Partei sind Proteste jedoch an sich nichts Neues. Hu Jintao, das Staatsoberhaupt der Volksrepublik, erkannte schon 2005 das Problem: „Einige haben von den

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sozialen und ökonomischen Verän-derungen im Land profitiert – aber viele haben durch die Stagnation und sozialen Turbulenzen aufgrund von politischen Entscheidungen gelitten.“ Im selben Jahr führte er sei-ne neue Reform, die „Schaffung ei-ner Harmonischen Gesellschaft“ ein.

Ziel dieses Konzeptes ist die Siche-rung der Stabilität im Land, die durch zunehmende Unzufriedenheit von Großteilen der ärmeren Bevölke-rung bedroht ist. Grund ist vor allem das Wohlstandsgefälle zwischen den wohlhabenden Küstenregionen und dem Hinterland. Eine Studie der Nankai Universität untersuchte die Einkommensverteilung im Land mittels des Gini-Koeffizienten. Die-ser Wert nimmt eine Zahl zwischen Null und Eins ein. Je höher der Wert, desto ungerechter ist die Verteilung. 0,4 bedeutet Alarmbereitschaft, 0,5 voraussichtlich soziale Unruhen. In China liegt der Wert bei 0,496. Eine Studie des National Bureau of Statistics of China belegte, dass zehn Prozent der wohlhabenden Städtebe-wohner über 45 Prozent des Gesamt-vermögens verfügen, während zehn Prozent der ärmeren Städtebewohner nur zwei Prozent des Vermögens für sich beanspruchen können.

Reitmeier, der seit zehn Jahren in China lebt, wendet allerdings ein: „Ganz klar, es gibt beträchtliche Spannungen im Land. Man muss es aber nicht überbewerten. Es ist nicht so, dass es nicht mehr balan-cierbar wäre. Die Regierung handelt schnell und stellt zum Beispiel auch Entschädigungen für ausgebliebene Löhne bereit.“Zudem sollte auch nicht vergessen werden, dass es gerade die vielen bil-ligen Arbeitskräften waren, die aus-ländische Investoren mit Kapital und Know-How ins Land lockten. 2005 waren noch 700 bis 800 Millionen Chinesen bereit, für zwei Dollar am Tag zu arbeiten.

Blickt man auf die Leistung der Chi-nesen zurück, so stellt sich einem zwangsläufig die Frage: Warum blieb China dem Weltmarktgeschehen ei-

gentlich so lange fern? Denn schon im 13. Jahrhundert dominierten die Chinesen die Meere und verfügten über hoch entwickelte Waffen. Sie erfanden den Buchdruck lange vor Johannes Gutenberg. Auch die Er-findung des Papiers, des Magnet-kompasses und des Schwarzpulvers geht auf sie zurück. Wolfgang Hirn schreibt in seinem Buch „Herausfor-derung China“: „Die Chinesen hät-ten die Welt erobern können. Doch sie wollten nicht.“

Der Grund: 1436 startete China sei-nen Rückzug in die selbst gewählte Isolation. Damals fand eine Rück-besinnung auf den Meister Konfu-zius statt, in dessen Weltbild Erobe-rungen nicht vorgesehen waren und Händler verachtet wurden. Konfu-zius sah China als das allwissende Reich der Mitte, dass von anderen Ländern nichts lernen könne. Es wurde der kaiserliche Bann gegen die Schifffahrt verhängt und die Isolati-on bestimmt. Die Chinesen blieben dem Weltgeschehen somit mehre-re hundert Jahre fern und bauten anstatt dessen lieber ihre legendäre Chinesische Mauer.

Mit der Entscheidung zur Abschot-tung verspielte China seine Chance, Weltmacht zu werden. Denn in der Zwischenzeit entwickelte sich vor allem das Britische Empire Schritt für Schritt weiter. Sie übernahmen die Meere, begannen mit der Kolo-nialisierung, trieben ihre Industria-lisierung voran – und gewannen an Stärke. Im 19. Jahrhundert setzten sie diese dann auch gegenüber China ein. England sah sich durch zuneh-mende Teeeinfuhren aus dem Reich der Mitte einem Handelsdefizit ge-genüber. Um das auszugleichen, be-gannen sie Opium nach China ein-zuführen. Natürlich wehrten sich die Chinesen – jedoch erfolglos. Sie un-terlagen England in zwei Opiumkrie-gen um 1839 bis 1860. China wurde gezwungen der Droge seine Häfen zu öffnen. Nicht nur Teile der Bevöl-kerung wurden abhängig, sondern auch der Außenhandel des Landes. Wirtschaftlich und militärisch war das Land am Boden. Es stürzte in eine Massenarmut.

Drei Jahrzehnte später kamen die Ja-paner. Mit zwei Kriegen demütigten sie China, die ursprünglich dominie-rende Macht Asiens. Gebietsabtre-

Alarmbereitschaft durch Wohlstandsgefälle

BiTSLicht 14 33

Titelthema

Mao wirtschaftet China herunter: Millionen Tote

Erste soziale Reform nach über 30 Jahren Öffnungspolitik

Das neue Programm: “Die Schaffnung einer Harmonischen Gesellschaft” soll China vor Protesten der unteren Bevölkerungsschicht schützen und für Stabilität im Land sorgen.

tungen und hohe Kriegsentschädi-gungszahlungen an Japan waren die Folge. Erst 1945 kamen die Alliier-ten China zur Hilfe und beendeten den Krieg. Zu dem Zeitpunkt hatte China jedoch schon sehr gelitten: Es fehlte eine Führung und so kam es zum Bürgerkrieg. Es siegte die Kommunistische Partei

unter der Führung von keinem gerin-geren als Mao Zedong. Er ging in die Geschichte ein als der Bauernfüh-rer, der mehr Menschen umbrachte als Hitler und Stalin. Der ehemalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei bestimmte 25 Jahre lang die Politik des Landes - und ruinierte es wirtschaftlich wie auch intellektuell.Maos Ziel war es, China in eine industrielle Großmacht zu ver-wandeln. In der Zeit des „Großen Sprungs nach vorn“ verfügte Mao, dass Tausende Bauern sich jeweils zu ländlichen Volkskommunen zu-sammenschließen. Davon erhoffte er sich Ertragsteigerungen. Resultat seiner Bemühungen war, wenn nicht die, dann eine der größten Hungers-nöte der Erde: 30 bis 40 Millionen Menschen kamen zu Tode. Wenige Jahre später widmete sich Mao ganz seiner Kulturrevolution. Dieses Mal witterte der Diktator kommunis-musfeindliche Tendenzen in der Be-völkerung. Seine Wut richtete sich letztendlich gegen die Intelligenz des Landes, also Lehrer, höhere Beamte und Akademiker. Millionen Jugend-liche folgten ihm und schlossen sich zur Roten Garde zusammen. Univer-sitäten wurden geschlossen, Anders-denkende verjagt oder von den fana-tischen Massen ermordet. Abermals starben Millionen Menschen.

Die Zerstörung durch Mao endete 1976, in dem Jahr, in dem er starb. Er hinterließ ein wirtschaftlich und intellektuell ausgeblutetes Land. Das Aufräumen überließ er Deng Xia-oping, dem Reformarchitekten des neuen Chinas. Deng war schließlich derjenige, der die Öffnungspolitik einleitete und die Notwendigkeit von Reformen erkannte. Er schuf erst-mals marktwirtschaftliche Elemente, indem er Bauern und Industriellen

erlaubte, einen Teil ihres Erwirt-schafteten zu behalten. Eine Dikta-tur des Proletariats, dem Endstadium des Kommunismus, wurde dadurch in weite Ferne gerückt.

Die jüngste wirtschaftliche Entwick-lung Chinas zeichnet sich vor allem durch ihre Schnelligkeit aus. Man bekommt den Eindruck, China holt auf, was es in der Zeit der Unterdrü-ckung durch England und Japan so-wie unter Mao versäumt hat. Die Chinesen haben aus ihrer Ver-

gangenheit gelernt: Abschottung führte zu über zweihundert Jahren Krieg und Demütigung. Nun sind die Zeiten der Isolation vorüber, Chi-na hat gelernt, zu handeln – und das recht erfolgreich: Betrug der Han-delsbilanzüberschuss in 2004 “erst“ 32 Milliarden US-Dollar, so lag er im vergangenen Jahr schon bei 262 Milliarden US-Dollar. Die Auslands-verschuldung betrug 2007 gerade mal 374 Milliarden US-Dollar. Dem gegenüber stehen allein Devisenre-serven in Höhe von 1.528 Milliarden US-Dollar: Damit verfügt China über die höchsten Devisenreserven weltweit. Zudem ist die Volksrepu-blik neben den USA das attraktivste Zielland für Direktinvestitionen.

„China wird meiner Meinung nach als erster die Krise überwinden. Denn China hat alle Möglichkeiten, dagegen zu regulieren. Gesetzesein-führungen können vom einen auf den anderen Tag wieder zurückge-nommen werden, wenn die Politiker feststellen, dass sie nicht funktionie-ren – das ist ja das schöne an China“, sagt Reitmeier.

Im Zuge der Rezession wird die wichtigste Aufgabe der Kommunis-tischen Partei die Stabilisierung im eigenen Land sein. Das Programm: „Die Schaffung einer Harmonischen Gesellschaft“ ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nach 30 Jahren ökonomischer Reformen unter Deng und seinen Nachfolgern ist sie die er-ste soziale Reform im neuen China. Anscheinend eine längst überfällige Reform, bedenkt man, dass einer der ersten Beschlüsse die Abschaffung der 2.600 Jahre alten Steuern auf die Landwirtschaft war. Zudem findet aktuell eine künstliche Erhöhung der Nahrungsmittelpreise statt, um den Bauern ein höheres Einkommen zu verschaffen. Für Unmut sorgt al-lerdings weiterhin die Tatsache, dass die Kommunistische Partei die Ge-waltenteilung und Mehrparteiende-mokratie immer noch ausdrücklich ablehnt. Eine Opposition gibt es nicht, doch die Rufe nach Demokra-tie werden lauter.

ANDREA SCHEFFLER

34 BiTSLicht 14

Über Leben

Massenmord im Internet

Die Knochen stehen heraus, ihre Körper sind ausgemergelt und das Gesicht ist eingefallen. Die Rede ist nicht etwa von Kriegsgefangenen oder afrikanischen Kindern. Diese Bilder stammen aus Deutschland. Tausende von Magersüchtigen be-suchen sie täglich: Die Internetsei-ten, auf denen sich Betroffene nicht nur austauschen, sondern auch ihre abgemagerten Körper zur Schau stellen.

„Das einzig Gute an deinem Körper ist dein Kopf.“ So lautet der Slogan der Internetseiten, die sich Pro-Ana nennen. „Pro-Ana“ ist die Abkür-zung für „pro anorexia“, wörtlich übersetzt „für Magersucht“. Diese

Bewegung begann vor etwa sechs Jahren in den USA und hat mitt-lerweile auch Deutschland erfasst. Betrieben werden die Seiten von Magersüchtigen, die ihre Krankheit verleugnen. Nach Untersuchungen der deutschen Gesellschaft für Er-nährung sind Magersüchtige zu 90 Prozent weiblich - Tendenz steigend. Wie der Name schon sagt, sind Pro-Ana-Anhänger für die Magersucht. Doch nicht nur das: Sie verherrli-chen sie, bezeichnen sie sogar als Lebensstil. Ihre Bilder nennen die mageren Mädchen „thinspiration“, was soviel bedeutet wie „Inspiration zum Dünnsein“. Sie sollen anderen Userinnen als Anreiz dienen, noch mehr abzunehmen. Die Mädchen liefern sich im Internet regelrechte

Wettbewerbe. Eine ganz besondere „thinsperation“ sind ihnen dabei die Stars und Sternchen, wie beispiels-weise Viktoria Beckham oder Nicole Richie, die auf dem roten Teppich und vor den Kameras mit hervorste-henden Knochen posieren. Auch die so genannten Magermodels, über die in letzter Zeit viel diskutiert wurde, sind für Pro-Anas das Vorbild an Per-fektion. Zuhauf finden sich Bilder von mageren Stars auf den Internet-seiten. Um so wie sie zu werden, tun Pro-Ana-Anhänger alles. In ihren Fo-ren geben sie sich gegenseitig Tipps, wie man die Krankheit am besten verheimlicht und wie man am effek-tivsten abnimmt.Janina Bergmann* war eine von ih-nen. Erst seit einem Jahr kann sie

Watte essen ist meist der einzige Ausweg der Magersüchtigen, um den Hunger zu stillen.

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Gefährlicher Trend aus den USA: Magersucht als Lebensstil?

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Über Leben

wieder normal essen. Alles begann im Alter von 13 Jahren. Janina wurde von ihren Mitschülern gehänselt, weil sie bereits in die Pubertät gekommen war und sich auch ihre weiblichen Formen immer mehr entwickelten. „Ich dachte, wenn ich weniger esse, dann kann ich alle Rundungen los-werden, auch meine Brüste“, erklärt die heute 21-Jährige ihre absurde Ge-dankenwelt von damals. Zunächst waren es nur Diäten. Dann begann Janina genau aufzuschreiben, wann sie was und wie viel gegessen hat-te und vor allem: wie viel sie abge-nommen hatte. Selbst vor und nach Toilettengängen wog sie sich. Die

Anzeige der Waage wurde zu ihrem einzigen Lebensinhalt. Völlig fixiert auf sich selbst, brach das soziale Um-feld weg. Ihre Freunde wandten sich von ihr ab, weil sie mit dem plötz-lichen Wandel der Freundin nicht mehr zurechtkamen. Janina fühlte sich unverstanden, hockte nur noch in ihrem Zimmer. „Ich dachte: Die sind ja bloß neidisch, dass ich so dünn bin und sie nicht. Ich verstand nicht, dass sie mich nicht so sahen, wie ich mich sah“, erklärt sie. Durch Zufall gerät Janina im Inter-

net auf eine Pro-Ana-Seite. Endlich fühlt sie sich verstanden, kann sich mit Gleichgesinnten austauschen. Immer wieder neue Abnehm-Me-thoden werden ihr empfohlen: Ab-führmittel, Entwässerungsmittel und Watteessen, um das Hungergefühl zu stillen. Janina ist alles recht, nur um ihr Ziel zu erreichen: Dünn sein um jeden Preis. Wie Janina verfallen immer mehr Magersüchtige den Pro-Ana-Foren. Die Gesundheit rückt völlig in den Hintergrund, denn „Pro-Anas“ ha-ben ihre eigenen Regeln. Wie in der Bibel gibt es auch hier die zehn Ge-bote, an die sich die Nutzer halten müssen. Das erste Gebot drückt die Grundeinstellung aus, die viele zu dieser Seite treibt: „Wenn ich nicht dünn bin, bin ich nicht attraktiv!“ Die Schäden für die Gesundheit und selbst der Tod schreckt viele nicht ab. „Dünn sein ist wichtiger als gesund sein!“ - eine makabere Lebenseinstel-lung. Das Hungern wird verherrlicht, „ana“ als beste Freundin dargestellt. Doch die beste Freundin kennt in Sachen Essen kein Pardon: „Du bist mir gegenüber eine Verpflichtung eingegangen. Ich bin Dein Leben und Deine Besessenheit“, heißt es auf einer der Seiten. Außerdem wer-den verschiedene Accessoires, die an das Hungern erinnern sollen, auf den Seiten verkauft: Anstecker mit den Aufschriften „Think thin“ oder „Ana Queens“ und Armbänder in verschiedenen Farben, die die Mäd-chen eindeutig identifizieren sollen. Rot steht für Magersucht, lila für Bulimie und weiß für Hungern. So

grenzen sie sich bewusst von anderen Menschen ab, fühlen sich, als seien sie etwas Besonderes. In „Report Mainz“ bezeichnete Sigrid Borse vom Frankfurter Zentrum für Essstö-rungen die Pro-Ana-Gemeinschaft sogar als eine Art Sekte.Die gefährliche Krankheit mutiert allmählich zum Trend, der viele Ärzte und Wissenschaftler alar-miert. Immerhin führt Magersucht in 15 Prozent der Fälle zum Tod. Die Deutsche Forschungsinitiative Ess-störungen e.V. (DFE) setzt sich daher dafür ein, dass Pro-Ana-Seiten zu-mindest eingegrenzt werden. Sie hat die Seite www.pro-ana.de gekauft. Statt eines Pro-Ana-Forums finden die Anhänger auf dieser Seite ledig-lich eine Definition der Krankheit. Die Betroffenen werden hier - ähn-lich wie bei den Warnschildern auf Zigaretten - über die Gefahren der Erkrankung aufgeklärt. Jurist Carl

Peter Piepenstock weiß, dass es in diesem Fall ein rechtliches Problem gibt. „Ein Erfahrungsaustausch, wie er in den meisten Fällen auf diesen Seiten stattfindet, ist generell gesetz-lich zulässig“, erklärt er. „Deshalb ist es nicht möglich, eine Internetseite einfach zu sperren oder zu verbie-ten.“ Piepenstock sieht jedoch noch die Möglichkeit, mit dem Jugend-schutz zu argumentieren: „Viele, die

Die 10 Gebote der „Pro-Ana“-Anhänger:

1. Wenn ich nicht dünn bin, bin ich nicht attraktiv. 2. Dünn sein ist wichtiger als gesund sein. 3. Ich muss alles tun, um dünner auszusehen! 4. Ich darf nicht essen, ohne mich schuldig zu fühlen! 5. Ich darf nichts essen, ohne danach Gegenmaßnahmen zu ergreifen. 6. Ich muss Kalorien zählen und meine Nahrungszufuhr dementsprechend gestalten. 7. Die Anzeige der Waage ist am Wichtigsten! 8. Gewichtsverlust ist gut, Zunahme ist schlecht. 9. Du bist niemals zu dünn!10. Dünnsein und Nahrungs- verweigerung sind Zeichen wahrer Willensstärke und Erfolgs!

Eingrenzung der Seiten durch Forschungsinitiative

Auch 40 Kilogramm sind noch zu viel.Richtlinien des Hungerns

36 BiTSLicht 14

Über Leben

diese Seiten besuchen, sind noch nicht volljährig und haben keine ge-festigten Persönlichkeiten. Sie sind daher besonders anfällig und müs-sen geschützt werden.“ Für solche Fälle ist die Organisation „jugend-schutz.net“ zuständig. Laut einem Bericht von Report Mainz soll es jugendschutz.net bereits gelungen sein, eine besonders grausame Seite zu löschen. Das funktioniere aller-dings nur, wenn der Betreiber der Seite dazu aufgefordert werde und

das Löschen dann persönlich vor-nehme. Doch das gelingt in den sel-tensten Fällen. Deshalb will jugend-schutz.net jetzt durchsetzen, dass die Personalausweisnummer auf den Pro-Ana-Seiten angegeben werden muss. So könnten zumindest keine Minderjährigen mehr dem Wahn zum Opfer fallen. Auch Internet-Suchmaschinen wie Yahoo und Ly-cos sind inzwischen auf den neuen Trend aufmerksam geworden und haben Pro-Ana-Seiten von ihrem In-

dex gelöscht.Das alles ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Pro-Ana-An-hänger finden immer wieder neue Wege, um sich vor dem Eingriff in ihre Seiten zu schützen. Bevor man die virtuelle Welt von Pro-Ana be-treten kann, muss man beispiels-weise einen Steckbrief ausfüllen, um als Magersüchtige eindeutig identifiziert werden zu können. Der Bodymaßindex sowie das absolute Tiefstgewicht sind nur einige der re-levanten Punkte. Auch Janina fand immer wieder Mittel und Wege, um auf die makaberen Seiten zu gelan-gen, die sie täglich besuchte. „Ich brauchte diese Seiten, ich brauchte die Unterstützung und Ratschläge der anderen“, sagt sie. Viele Mager-süchtige eröffnen auch einfach neue Foren und suchen sogar öffentlich nach Anhängern. In einer Anzei-ge im Internet sucht ein Mädchen, es nennt sich bealouise, neue Mit-glieder: „Neues/Altes Pro-Ana/Mia Forum sucht neue Seelen ab 18 Jah-ren“, heißt es hier. „Unsere Themen ANA MIA schöne Pics u.v.m schaut doch mal vorbei. Bea.“In einer Sat.1-Reportage behauptete eine Gründerin der Seite, sie würde

nichts Unrechtes tun, sondern den Magersüchtigen helfen, ihren Le-bensstil zu verwirklichen. Solche Aussagen erschrecken Ex-Mitglied Janina heute. Sie bezeichnet Pro-Ana sogar als „Massenmord im In-ternet“ und will damit nichts mehr zu tun haben. „Inzwischen soll es auch Foren für Bulimie-Kranke ge-ben, die dann entsprechend ‚Pro-Mia‘ heißen“, berichtet sie. „Aber das interessiert mich alles nicht mehr. Ich kann wieder normal es-sen, habe einen Freund und bin wieder glücklich. Dass Magersucht nicht glücklich macht, das weiß ich erst heute.“

ANNIKA SELLMANN

Hilfe für Betroffene gibt es unter:

www.magersucht-online.dewww.magersucht.de

Watte essen, um das Hun-gergefühl zu stillen

*Name von der Redaktion geändert

BiTSLicht 14 37

Über Leben

dass ihre Mama jetzt im Himmel sei. Seitdem haben Sterne für sie eine be-sondere Bedeutung.

Petra ließ sich, als sie 2006 zum er-sten Mal zum Tätowierer ging, zwei große Sterne über ihren Fußknöchel tätowieren. Der eine Stern ist ihrer Mutter gewidmet, der andere ihrer „Ersatzmutter“, die sie beim Frauen-chor kennen gelernt hat und seither immer für sie da ist. Petra wollte ein Tattoo, weil so ihre Mutter immer bei ihr ist - wie die Sterne am Himmel. „Ein Tattoo ist etwas Bleibendes“, findet sie. Der Entschluss, sich täto-wieren zu lassen, und insbesondere der damit verbundene Schmerz hal-fen ihr bei der Verarbeitung des Ver-lustes. Auch symbolisiert das erste Tattoo, das sie sich nach dem Abitur stechen ließ, einen neuen Lebensab-schnitt.

Im September dieses Jahres erwei-terte sie ihr Tattoo um ein „A“, dem Anfangsbuchstaben von Anette – dem Namen ihrer Mutter. Genervt oder gestört hat sie ihre Tätowierung noch nie, ganz im Gegenteil: Sie fällt ihr gar nicht mehr auf. „Das Tattoo ist wie ein stiller Begleiter." Es kam schon vor, dass sie auf ihr Tattoo an-gesprochen wurde und ganz verges-sen hatte, dass es überhaupt da ist. Petra würde sich ihr Tattoo auf gar keinen Fall entfernen lassen. Es hat für sie eine viel zu große Bedeutung.Bei der Wahl der richtigen Stelle auf ihrem Körper war es ihr sehr wich-tig, dass ein Arbeitgeber das Tattoo nicht sofort sieht. Bei bisherigen Ne-benjobs wie dem Kellnern war das Tattoo aber nie ein Problem. Weitere Tattoos werden folgen, aber welche und wo, steht noch nicht fest.

„Den Mutigen gehört die Welt“Warum sich viele BiTS-Studenten ein Tattoo stechen ließen.

Jeder, der tätowiert ist, hat dafür einen bestimmten Grund: Es kann etwas Einschneidendes im Leben vorgefallen sein, etwas Schönes oder Trauriges. Eine Tätowierung kann Kraft spenden oder einfach nur Körperschmuck sein. Aber warum muss es ein Tattoo sein? Und warum gerade das Motiv? BiTSLicht hat nachgefragt.

Petras Mutter starb vier Tage vor ih-rem zehnten Geburtstag an Brust-krebs. Damals wurde ihr erzählt,

>> Petra Hennemann

Die Nadel der Tätowiermaschine sticht nur wenige Zehntelmillimeter tief in die Haut ein und bringt die Farbe auf der mittleren Hautschicht (Dermis/Lederhaut) ein. Dort kann die Farbe nicht mehr vom Körper abgebaut werden und bleibt ein Leben lang erhalten.

Nichts ist ohne Risiken, auch das Tätowieren nicht:- Menschen, die Diabetes haben, an Infektionskrankheiten leiden, Bluter oder in Behandlung einer Thrombose sind, sollten sich nicht tätowieren lassen.- Durch unsaubere Arbeit oder mangelnde Desinfektion können Infektionskrank heiten wie Tuberkulose, Syphilis, Hepatitis oder sogar HIV übertragen werden. Schon mikrofeine Speicheltröpfchen des Tätowierers auf der frischen Tattoo wunde können der Auslöser sein.- Bis zu einem Jahr nach dem Tätowieren darf kein Blut gespendet werden.- Wenn das frisch gestochene Tattoo nicht sorgfältig gereinigt und gepflegt wird, besteht das Risiko einer Wundinfektion.- Es kann zu allergischen Reaktionen und Narbenbildung kommen – insbesonde re bei schlechten oder mangelhaft geprüften Tattoofarben. Diese Gefahr be steht besonders bei bunten, ungewöhnlich leuchtenden Farben.- Abstoßungsreaktionen des Körpers können auftreten.

Aktuelle Trends:Zeitlose Tribles, Schriftzüge auf dem Arm, Sterne und Tätowierungen am Rücken oder am Fußknöchel sind im Trend – aber auch Rosen- und Hibiskusblüten sind beliebte Motive.

Sterne für Verbundenheit

Petra Hennemann, 21 Jahre, 3. Semester Sport- und Eventmanagement

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38 BiTSLicht 14

Über Leben

An ihrem 17. Geburtstag passier-te es. Erst Schwindelanfälle, dann Schweißausbrüche – bis Atemnot sie nach Luft ringen ließ. „Es fühlte sich an, als müsste ich ersticken, ich dachte, ich bekomme einen Herz-infarkt und muss sterben. Ich hatte Todesangst.“

Es wird festgestellt, dass Katharina an einer Panikschwäche leidet. In den Sommerferien 2006 war sie schon einmal von plötzlichen Schwindelat-tacken überrascht worden - und mus-ste sogar ihren Urlaub abbrechen. Nach einem zweiwöchigen Kran-kenhausaufenthalt ging es ihr wieder besser. Niemand hätte vermutet, dass

Katharina Hoffmann, 19 Jahre, 1. Semester Business Psychology

sich der Vorfall in noch schlimmerer Form wiederholt.

In der drastischsten Zeit traten die Attacken dann sogar jede Stunde auf. „Ich wollte nicht mehr allein sein. Ich hatte kein Leben mehr“, erinnert sich die Studentin. Während eines mehrwöchigen Krankenhausaufent-

haltes in der Abteilung für psycho-somatische Störungen lernt sie den Umgang mit den unvorhersehbar auftretenden Panikattacken, um wieder ein „normales“ Leben führen zu können. Mit viel Mut und Kraft lernte sie selbstverständliche Dinge, wie zu duschen, alleine zu sein oder einzukaufen, ohne sich zu ängstigen.

Wie sich später herausstellte, soll der Auslöser in ihrer Schulzeit lie-gen. Als Katharina 14 Jahre alt war, schikanierte sie ihr Mathelehrer und stellte sie wiederholt bloß. Immer wieder musste Katharina für sie un-lösbare Aufgaben vorrechnen – an der Tafel. Bei der Notenvergabe sagte er: „Katharina, ich könnte dir eine Fünf geben, aber du bekommst eine Sechs.“ Immer wieder wiederholte der Lehrer, dass sie es nicht schaffen wird. Nach einem halben Jahr hielt sie dem Druck nicht mehr stand. Zudem belastete sie die Beziehung

zu ihrem damaligen Freund, der sie schlecht behandelte. Katharina wechselte an die Internatsschule am Seilersee. „Das war zu dieser Zeit recht hart für mich“, erinnert sich Katharina.

Die Kontrolle über sich selbst im Fall einer Panikattacke hat Katha-rina in diesem Jahr gelernt. Sie hat ihr Leben wieder zurück. Innerhalb von drei Wochen plante sie einen zweimonatigen Auslandsaufenthalt als Au-pair in Madrid - ein Sprung ins kalte Wasser. Sie wollte sich selbst beweisen, dass sie wieder mitten im Leben steht.

„Den Mutigen gehört die Welt.“

Ein Zitat, das Katharina ganz beson-ders prägte. Sie hat es mal in einem Buch gefunden. Immer wieder fiel es ihr ein, es begleitete sie durch diese schwere Zeit.

Sie entscheidet sich, das Zitat auf ih-rem Körper zu verewigen und einen Teil von sich werden zu lassen. Lange nachdenken musste sie nicht. Sie war gleich entschlossen, sich das Tattoo stechen zu lassen.

Das Zitat ist in arabischer Schrift auf der Innenseite ihres Fußes verewigt. Nicht jeder sollte den Spruch lesen können. Er sollte nur für sie sein. Die Stelle hat sie sich ausgesucht, weil ihr die Metaphorik gefällt.

Für sie steht der Fuß symbolisch dafür, „einen Schritt zu machen“. Es soll sie daran erinnern, stark zu sein, wenn es ihr schlecht geht. „Ich war eigentlich immer eine starke Person. Betroffen zu sein, geht schneller als man denkt.“ Katharina denkt auch schon über ein weiteres Tattoo nach. Ein Löwe soll es sein. Ihr Sternzeichen und das Symbol für Stärke.

„Katharina, ich könnte dir eine Fünf geben, aber du bekommst eine Sechs.“

>> Katharina Hoffmann

„Den Mutigen gehört die Welt.“

Einen Schritt nach vorn mit dem Tattoo am Fuß

BiTSLicht 14 39

Über Leben

Maria hatte schon länger über eine Tätowierung nachgedacht, sich in-formiert und mit Menschen, die tä-towiert sind, gesprochen. Als sie mit jemandem sprach, der sich seine Tat-toos in Thailand stechen ließ, erfuhr sie, dass die Preise dort günstiger und die Farben kräftiger sein sollen, so dass man die Tattoos nicht so oft nachstechen lassen müsse. Da kam

ihr die Idee, sich ihren Wunsch nach einem Tattoo in Thailand zu erfül-len - das erste Land auf ihrer neun-monatigen Weltreise.

In Thailand angekommen, suchte sie sich einen Tätowierer, bei dem es hygienisch aussah, und gab ihm mit

Händen und Füßen zu verstehen, wie genau ihre Hibiskusblüte aus-sehen soll. Eigentlich wollte sie nur eine einzelne Blüte haben. Schnell war ihr aber klar, dass dies nicht echt genug aussieht. So kamen eine zweite sowie Blütenblätter und Blütenstaub

>> Maria Anton*hinzu. Die Blüten sollten in pink, ih-rer Lieblingsfarbe, gestochen werden. Das Tattoo hat eine Größe von zehn mal vier Zentimetern und ist seitlich auf ihrem Unterbauch platziert. 80 Euro bezahlte sie in Thailand - in Deutschland hätte sie mindestens das Doppelte für ein farbiges Tattoo dieser Größe ausgeben müssen. Den unteren Bauchbereich hat sie sich

als Stelle ausgesucht, weil sie es dort nicht jeden Tag sieht. „Wenn ich es dann sehe, freue ich mich.“Die Hibiskusblüte bedeutet für Ma-ria Urlaub. In fast allen Ländern, die sie bisher bereist hat, gab es diese Blume. Einmal eine Auszeit zu neh-men - dies soll ihr das Tattoo sagen. Sie sieht es aber auch als Körper-schmuck. Das Tattoo jemals entfer-nen zu lassen, kommt für sie nicht in Frage.

Ihr Freund, der mit ihr zusammen reiste, versuchte damals, sie noch von ihrer Entscheidung abzubrin-gen. Er hatte weder für ein Tattoo noch für das Motiv Verständnis. Da-von ließ sich Maria allerdings nicht beeinflussen und erfüllte sich ihren Wunsch. Später änderte ihr Freund seine Meinung, fand es schließlich sogar schön. Auch ihre Freunde re-agierten positiv – wenn auch über-rascht – auf ihre Tätowierung. Immer wenn Maria am Strand war, wurde sie von anderen auf ihr Tattoo ange-sprochen. „So kommt man mit Leu-ten ins Gespräch.“

ESTHER SARACH

80 Euro bezahlte sie für das Tattoo in Thailand

Maria Anton*, 20 Jahre, 1. Semester Com-munication & Media Management

Hier ist uns leidernichts mehreingefallen...

Sind Siekreativer?

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„Wenn ich es dann sehe, freue ich mich.“

*Name von der Redaktion geändert

40 BiTSLicht 14

Über Leben

Niemand würde vermuten, was sich hinter der Zimmertür des Dort-munders Robert Roman befindet. Der 26-Jährige hat ein wirklich sehr ausgefallenes Hobby: Er sam-melt Autokennzeichen aus aller Welt, und hinter seiner Zimmertür verbirgt sich eine einmalige Schil-derlandschaft von Åland bis Zy-pern, die jeden Betrachter einfach nicht mehr loslässt.

Schon auf dem Weg durchs Treppen-haus in Roberts Schilderreich fallen die bunten Bleche, die die Flurwände zieren, ins Auge. Die Vorfreude auf das eigentliche Zimmer steigt mit jedem Schritt. Nach vielen Stufen

ist die Zimmertür, die ihrerseits von oben bis unten behängt ist, erreicht. „Hier lang“, sagt Robert und öffnet die Tür. Dahinter begrüßt den Besu-cher eine bunt leuchtende Schilder-welt, die mit nichts verglichen werden

kann. Die Augen sind überfordert und wissen nicht, wo sie zuerst hin-sehen sollen. Sie begeben sich auf eine außergewöhnliche Wanderung, erblicken sämtliche natürliche und unnatürliche Farben, Formen und Materialien und lassen ihren Besitzer beeindruckt im Raum stehen. Plötz-lich ist man in nur einem Zimmer buchstäblich von der ganzen Welt umgeben. Jeder Moment scheint wie eine kurze Ewigkeit. „Das geht vielen so, die zum ersten Mal mein Zimmer sehen“, sagt Robert und macht dabei eine lässige Handbewegung. Es dau-ert Minuten.

Roberts Sammelleidenschaft begann 1993, als er sein allererstes Kennzei-chen geschenkt bekam. Gerne erin-nert er sich daran zurück: „Es war ein Dortmunder Schild, dass mir ein Schrauber aus der Nähe geschenkt hatte. Die Kombination war DO-RY 198.“

Seit jeher ist Robert ein Fan von Old-timern und interessiert an allem, was antik ist und eine Geschichte zu er-zählen hat. Aber eigentlich habe sein Interesse an Schildern begonnen, sobald er groß genug war, um durch

das Autofenster schauen zu können: „Ich wollte immer wissen, wer wo-her kommt. Meine Mutter musste mir damals schon alle Plaketten auf Nummernschildern vorlesen.“ Sein erstes Schild aus dem Aus-land war ein Niederländisches. Auf

Flohmärkten stieß er außerdem hier und da auf Kennzeichen aus den USA. Als er dann 1996 eine ganze Sammlung von internationa-len Nummernschildern geschenkt bekam, war es gänzlich um ihn ge-schehen. Er war infiziert. Seit diesem Moment konnte sich der Dortmun-der ein Leben ohne die Autoschilder nicht mehr vorstellen.

Doch teilweise sei die Vergabe von Nummernschildern dermaßen will-kürlich, dass man sich am besten vor Ort auf die Suche macht.Robert besitzt beinahe aus jedem Land dieser Erde ein Schild, sei-ne Sammlung umfasst mittlerweile

Robert fehlen nur noch Schilder aus weniger als

30 Staaten der Welt.

„Ich mache in Ländern Urlaub, aus denen mir noch Schilder fehlen.”

Der Herr der SchilderDie ganze Welt in einem Zimmer.

Die Nummerschild-Sammlung von Robert Roman.

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Über Leben

mehr als 6.500 Schilder. Europa, Nord-, Süd- und Mittelamerika so-wie Asien und Australien hat er komplett. Nur noch 28 Staaten und winzige Eilande in den Ozeanen feh-len ihm. Und solche Kennzeichen

aus Ländern, die entweder gar nicht mehr existieren – wie etwa der afri-kanische Staat Katanga – oder deren Vergabe äußerst willkürlich und un-regelmäßig ist, wie eben die einiger pazifischer Inseln. „Jemals ein Schild aus dem Vatikan zu ergattern, ist zu 99% ausgeschlossen“, fügt er bedau-ernd hinzu. Eine „to-get-list“ gibt es nur in seinem Kopf. „Ich versuche meine Urlaube auf solche Länder zu legen, aus denen ich noch keine Schilder habe.“

Natürlich kommt Robert aus solchen Urlauben dann immer mit vollen Koffern nach Hause, und natürlich sind in diesen Koffern nicht die üb-lichen Touristen-Souvenirs. Seine Familie und Freunde, die mit ihm reisen, seien nicht immer begeistert, wenn Robert im Urlaub mal wieder verdächtig in Richtung eines Schrott-platzes schiele. „Ich steh’ eben nicht auf Strandurlaube. Ich frage immer jeden nach Schildern“, sagt er. Faul am Strand herumliegen sei nichts für ihn.

Inzwischen hat Robert sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit zehn Jahren handelt er mit Kfz-Kennzeichen bei eBay und ist täglich auf den meisten weltweiten eBay-Plattformen un-terwegs. Er kauft, handelt, feilscht, bangt, hofft und jubelt täglich. Er beliefert hunderte von Käufern in der ganzen Welt. Außerdem ist er Mitglied in einem Nummernschild-Club, dem „AKS“ (das steht für Auto-kennzeichensammler). Stets steht er anderen Schilder-Freaks mit Rat und Tat zur Seite und wird als unbestech-licher Schilder-Experte geschätzt. Er ist der „Herr der Schilder“.

Wenn er täglich mit Schildern zu tun hat, träumt er dann mittlerwei-le nicht schon nachts davon? „Klar“, antwortet er rasch, seine Sammellei-denschaft sei ein wichtiger Bestand-teil seines Lebens geworden. Ein

einziges Lieblingsschild hat Robert aber nicht: „Es fällt mir sehr schwer, mich auf einen Favoriten festzule-gen“, sagt er. Verständlich bei sol-cher einer Auswahl. Welches ist sein wertvollstes Schild? „Es gibt auch hier mehrere. Ich habe ein Schild aus Brandenburg von 1915, das ist das neunte jemals dort zugelassene Nummernschild und somit wohl das seltenste in meiner Sammlung.“

Dann gäbe es da noch eines von der pazifischen Inselgruppe Tristan da Cunha aus den Sechziger Jahren, für das er einst 800 Euro hingeblättert habe. Gleich nebenan hängt eines der US-amerikanischen Streitkräfte in Äthiopien, ebenfalls unersetzlich.

Erst kürzlich habe ein Shanghai-Nummernschild von 1920 seine

Sammlung bereichert. Den derzei-tigen Marktwert dieses Stücks Blech asiatischer Automobilgeschichte beziffert Robert auf 1.200 Euro. Sein skurrilstes Schild ist ein gelb-schwarzes Luxemburg-Schild mit der Nummer 55555. Auch das hand-

gemalte Somalia-Kennzeichen ließe sich gut in diese Kategorie einord-nen, sagt er. „Und, guck, hier habe ich ein selbst leuchtendes Heck-Schild von einem Oberklassewagen aus Hannover.“ Natürlich hat Robert

auch brandaktuelle Schilder aus vie-len Ländern wie etwa den USA, wo es beinahe vierteljährlich neue Aus-führungen, Farben und Slogans gibt

Robert hat aber auch noch Träume. Er gerät ins Schwärmen: „Das Schild des Dienstwagens von Himmler aus dem Zweiten Weltkrieg würd’ ich gern haben“, aber ausschließlich aus historischen und nicht aus poli-tischen Gründen, wie er betont. Das ist seiner Meinung nach eines der sel-tensten Schilder der Welt: „Ungefähr so selten wie das des einstigen Mond-fahrzeuges.“

Roberts Hobby hat viele Facetten, die über das bloße Sammeln hinaus-gehen: „Ich habe dadurch Menschen in vielen Ländern auf der ganzen Welt kennen gelernt und kenne mich geographisch sehr gut aus“, sagt er. Auch das Erlernen und Verstehen von Sprachen geschehe ganz neben-bei. „Außerdem hat jedes einzelne Schild seine ganz eigene Geschichte zu erzählen. So ein Schild ist ganz einfach der authentischste Teil eines fremden Landes. Kein billiges Pla-stik-Souvenir kann da mithalten.“

Bei aller Besonderheit ist sein Hob-by eines nicht: Ein Mädchenmagnet. Weibliche Sammler kenne er nicht. „Die Hoffnung auf eine Schilderen-thusiastin gebe ich aber nie auf.“

PS: Ihr habt Schilder übrig? Meldet euch bei der BiTSLicht Redaktion - wir vermitteln gerne.

JULIAN BORCHERT

„Mein allererstes Schild war aus Dortmund.”

KiribatiNordkoreaIrak

Altes Iserlohner DIN-Nummernschild

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Ansichtssache

„Politik soll Zukunfts-perspektiven ermöglichen“ Interview mit dem NRW-MinisterpräsidentenDr. Jürgen Rüttgers (CDU).

Er schaffte das, was vielen vor ihm verwehrt geblieben ist. Im Jahre 2005 übernahm Dr. Jürgen Rütt-gers nach 39 Jahren sozialdemokra-tischer Vorherrschaft in Nordrhein-Westfalen die Regierungsgeschäfte in der Düsseldorfer Staatskanzlei. Davor war der Landesvorsitzende der CDU von 1994 bis 1998 Bun-desminister für Bildung, Wissen-schaft, Forschung und Technologie unter der Regierung Helmut Kohl.

BiTSLicht: Herr Rüttgers, wollten Sie eigentlich schon immer Mini-sterpräsident werden?

Rüttgers: Ich hatte ganz andere Plä-ne. Aber mir war es wichtig, mich po-litisch aktiv zu engagieren. Vom Amt des Ministerpräsidenten habe ich nicht geträumt. Es ist aber ein sehr schönes Amt, das mit großen Heraus-forderungen verbunden ist. Deshalb

ist es mir als Ministerpräsident wich-tig, den Menschen im Land zu sagen, was wir für eine Politik machen und warum. Bei den vielen Gesprächen

mit Bürgerinnen und Bürgern merke ich: diese Politik kommt an.

BiTSLicht: Sie sind nun schon seit knapp 40 Jahren politisch aktiv. Welches Ereignis hat Sie

in dieser Zeit am meisten geprägt?

Rüttgers: Da ist zum einen meine Zeit als Zukunftsminister im Kabi-nett von Helmut Kohl. Da habe ich gelernt, Politik für die Zukunft zu ge-stalten. Ich fand es auch unglaublich spannend, in den Jahren des Auf-baus direkt nach dem Mauerfall die Politik in Deutschland für Ost und West mitzugestalten. Das hat mich sehr geprägt. Und natürlich war es der historische Wahlsieg im Jahr 2005, als wir etwas geschafft haben, was niemand für möglich gehalten hat: Die Ablösung der rot-grünen Landesregierung nach 39 Jahren!

BiTSLicht: Wenn Sie rückblickend in Ihrem Leben etwas anders ma-chen könnten: Was wäre das?

Rüttgers: Ich würde noch einmal als Student einige Zeit im Ausland ver-bringen. Das habe ich wegen meines politischen Engagements nicht ge-schafft.

Insbesondere jungen Menschen wird oft vorgeworfen, dass sie politisch verdrossen sind - und auch die Wahl-beteiligung bei den zurückliegenden

Wahlen zeigt, dass das politische Ge-schehen in unserem Land für viele Betroffene immer uninteressanter zu werden scheint. Wie meinen Sie, kann man Politik für diese Menschen wieder interessanter machen und sie frühzeitig an Themen beteiligen, die sie selbst betreffen?

Politik muss jeden Menschen jeder Generation ansprechen. Dafür trete ich seit Jahren ein. Aber so wenige junge Menschen sind das gar nicht, die sich für Politik interessieren. Wenn ich an meine Partei denke: Wir haben eine sehr engagierte Junge Union. Aber Sie haben Recht, dass

wir daran arbeiten müssen, mehr jun-gen Menschen Politik zu vermitteln. Ich bin deshalb sehr froh, dass im-mer wieder junge Besuchergruppen den Landtag in Düsseldorf besuchen. Seit der Regierungsübernahme lade ich unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen und jungen Erwachse-nen zu mir in die Staatskanzlei ein, um mit ihnen über aktuelle poli-tische Fragen zu diskutieren. Dabei ist mir wichtig: Ich will verstehen, wo die Sorgen der jungen Leute liegen, welche Fragen und Probleme sie ha-ben, welche Perspektiven und wie sie die Zukunft sehen. Wir müssen hart dafür arbeiten, Politik nicht „abge-hoben“ wirken zu lassen, sondern sie zu erden. Ich bin überzeugt, dass wir ganz viele Themen haben, die junge Menschen ansprechen: Von der Be-kämpfung der Jugendarbeitslosigkeit

„Die Zeit des Mauerfalls hat mich sehr geprägt.“

„Es geht um Sicherheit für die Menschen.“

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Ansichtssache

bis hin zum Hochschulfreiheitsge-setz unseres Landes, von der Da-seinsvorsorge über die Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes bis hin zu klima- und energiepolitischen Fragen.

BiTSLicht: Sie selbst haben die Themen Arbeit, Wachstum und Bildung in den Mittelpunkt Ihrer politischen Arbeit gestellt. Weshalb sind gerade diese Themen so wich-tig für Sie?

Rüttgers: Es geht um Sicherheit für die Menschen: Arbeit, Wachstum und Bildung stehen für eine stabile Wirtschaft und eine stabile Gesell-schaft. Wenn dieser Dreischritt ge-lingt, ermöglichen wir Zukunftsper-spektiven, das ist eine Aufgabe von Politik. Arbeit, Wachstum und Bil-dung sind Voraussetzung für Wohl-stand für alle und Sicherheit in einer globalisierten Gesellschaft. Das sind die Kernelemente der von Ludwig Erhard entwickelten sozialen Markt-wirtschaft. Dafür trete ich ein. Denn

soziale Gerechtigkeit und wirtschaft-liche Vernunft sind zwei Seiten einer Medaille.

BiTSLicht: Welche Ziele und Auf-gaben wollen Sie noch in der ak-tuellen Legislaturperiode angehen, bevor 2010 ein neuer Landtag ge-wählt wird?

Rüttgers: Wir haben viele Gesetzes-vorhaben und Veränderungen auf den Weg gebracht. Aktuell setzen wir das neue Sparkassengesetz um. Im Schulbereich sorgen wir allein in diesem Schuljahr dafür, dass die Zahl der Ganztagshauptschulen von 134 auf 250 steigt. Die Zahl der Lehrerstellen steigt auf 5.084, bis 2010 auf rund 6.000. Und wir wer-den ein neues Lehrerausbildungs-gesetz auf den Weg bringen. Die Ausgaben für Schule, Kinder und Jugend insgesamt verändern sich von 2005 bis 2009 um plus 28 Pro-zent, das sind 2,3 Milliarden Euro mehr als zuvor. Bei den U3-Plätzen verzeichnen wir im selben Zeitraum

eine Steigerung um 405 Prozent mit einem Plus von 44.600 Plätzen. Im Gesundheitssektor steht die Novel-lierung des Rettungsgesetzes an und im Innovationsbereich werden wir bis Jahresende die Standorte für die neuen Fachhochschulen und für die Erweiterung von bestehenden Fach-hochschulen festgelegt haben. Diese Vorhaben tragen auch erheblich zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung bei.

BiTSLicht: Zum Schluss noch eine Prognose: Wie wird die Bundes-tagswahl 2009 ausgehen und was bedeutet das für Deutschland?

Rüttgers: Ich bin zuversichtlich: Bundeskanzlerin Angela Merkel wird eine stabile Koalition von CDU und FDP führen, die unser Land nach vorne bringt.

TIM SCHNEIDER

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Ansichtssache

Florian fragt:

„Wo ist der Gentleman?”

Wolfgang schildert: „Die Gebote des Ypsilantis-mus”

Das Kino hat sich in seiner Ge-schichte immer weiterentwickelt, keine Frage. Erst kam der Ton, dann wurde es farbig. Alles vor meiner Zeit. Ich durfte dann Zeuge werden, wie Computer immer mehr die Ef-fekte spendierten, der Ton schon selbstverständlich aus verschiedenen Richtungen kam. Nun wird die klas-sische Filmrolle langsam durch digi-tale Projektoren abgelöst, und James Bond prügelt sich rabiat und ohne jede Manieren. Moment, Augen auf! Was habe ich in dem Effektfeuerwerk eben sehen müssen? James Bond prü-gelt sich - und seine Manieren sind ein Fall für die Super Nanny? Der Schurke ist auch kein Fantast in ei-ner interessanten Festung mehr. Er unterscheidet sich kaum mehr vom spießigen Büroangestellten.Seit einigen Monaten weiß zwar je-des Kind, dass „Banker und Mana-ger“ die großen Schurken der Welt-geschichte sind – das Aussterben der guten Sitten ist schleichend. Die interessanten Bond-Tools sind wohl auch dem Rotstift des MI-6 zum Op-fer gefallen. Doch Rettung naht. Ein großer Discounter, dessen Überwa-chungskompetenz einen peinlichen Skandal auslöste, bietet zusammen mit einer Boulevardzeitung eine Kamera an. Sie liegt auf dem Preis-niveau eines vermeintlichen James-

Bond-Tools, ist aber auf einem tech-nischen Stand, mit dem vielleicht gerade noch Roger Moore Spaß ge-habt hätte. Doch selbst er hätte sie nicht gebraucht, denn ein Gentle-men zückt nicht in jeder brenzligen Situation seine Kamera und hält erst einmal drauf. Einen Gegner so anzu-greifen, hätte für Mr. Bond schließ-lich auch nicht im Bett des damals obligatorischen Bond-Girls (wo ist das eigentlich abgeblieben?) geen-det, sondern im Haifischbecken (aus Tierschutzgründen geschlossen?) des Superschurkens.Doch der so genannte Leserreporter muss auch nicht den Superschurken angreifen. Seine Aufgabe: Für die Allgemeinheit gaffen. Ob der Ein-tagsfliegenstar aus der letzten Ca-stingshow belästigt oder die Pflicht zur Hilfeleistung verletzt wird: Alles muss genau dokumentiert werden. Der einzige - neben dem Boulevard-blatt -, der das noch als große Inno-vation feiert, wäre wohl der Schreib-tischhengst in Bonds Büro. Derweil würde sich James-Bond-Chefausstat-ter Q bei soviel Einfallslosigkeit im Grab umdrehen. Auch sein Nachfol-ger wird wohl nicht mehr wirkliche Innovationen für Spione entwickeln – Herr Bond prügelt sich nun lieber. Hoffentlich nimmt das ein Leserre-porter auf.

Der Trend ist nicht aufzuhalten: Ausgerechnet in Andrea Ypsilantis hessischer Heimat kündigt der Evan-gelische Regionalverband Frankfurt am Main an, 13 kirchliche Gebäude nicht mehr finanzieren zu können. Seit langem verlieren die beiden Amtskirchen beständig an Mitglie-dern, während das Konvertieren zu anderen Religionen eine Rander-scheinung bleibt. Und doch macht sich offenbar insbesondere in der Politik die Suche nach religiösen Erlebnissen bemerkbar. So konnte Gerhard Schröders Agenda-Politik zwar mit zahlreichen neuen Arbeits-plätzen und besten Wirtschaftsdaten für den Standort Deutschland glän-zen - Übersinnliches vermittelte sie nicht. Zu wenig. Die Lösung: Der

Ypsilantismus.Nicht nur, dass sich mit wenigen Handgriffen aus einem langweiligen Kruzifix ein fesches Y basteln lässt. Auch Ypsilantis von den Schröde-rianern viel gescholtener Sonnen-papst Hermann Scheer beglückte mit geradezu übersinnlichen ener-giepolitischen Eingebungen. Leeren hessischen Gotteshäusern standen bestens besuchte YPD-Regionalkon-ferenzen mit einhellig bejubelten, dunkelroten Tolerierungspredigten gegenüber. Wenn schon nicht die Trennung von Kirche und Staat, so doch zumindest die von Ypsilantis-mus und Landespolitik schien beina-he überwunden - bis vier Abtrünnige auf den Plan traten, die ihres Parteile-bens nicht mehr froh werden sollten.

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Ansichtssache

Gerrit klagt: „Hilfe, ich bin Apple-User!”

Tagelanges Warten auf die Vorstel-lung möglicher neuer Produkte. Seit Wochen gibt es Gerüchte: Neue iPo-ds, neue Macs oder gar das berühmte „one more thing“ (also was auch im-mer) sollen kommen. Aber was wird es wirklich? Soll ich mir jetzt noch einen iPod kaufen oder lieber zwei Wochen warten, denn Steve könnte ja einen neuen präsentieren. Macht es Sinn, jetzt noch in ein MacBook zu investieren oder soll ich mich ge-dulden? Man munkelt ja, dass da was kommen könnte. Ja, so geht es uns. Uns, den Apple-nutzern und Windowshassern. Win-dows ist bah! Es schmiert ab, es nervt rum und es ist unkomfortabel. Nicht so wie der neue Leopard von Apple. Der braucht im Gegensatz zu Vista keine 32 GB Arbeitsspeicher, um flüssig zu laufen, sieht obendrein chic aus und stürzt nie ab. Ein wei-terer Pluspunkt des neuen Betriebs-systems: 129 Euro verlangt Apple für das neue System - während Vista von Microsoft erst bei knappen 180 Euro beginnt. Also ist doch alles besser, oder? Na ja, fast. Das Notebook selbst ko-stet eben mehr. Für knappe tausend Euro bekommt man das günstigste MacBook. PC-Notebooks bekommt man für weniger als die Hälfte. Aber dann schon mit einem 15 Zoll Bild-schirm. Den gibt’s bei Apple erst für 1800 Euro. Aber laut Apple braucht der Privatnutzer auch keinen grö-ßeren Bildschirm, und wenn doch, dann kann er ja einen dranhängen. Und zwar an den neuen, erst vor we-nigen Wochen vorgestellten Monitor-anschluss mit dem grazilen Namen MiniDisplayport, den Apple auch gleich zum neuen Industriestandard erklärte. Nur Bildschirme mit diesem Anschluss sind – trotz Industriestan-

dards – rar gesät. Eigentlich gibt es nur einen Bildschirm, den man ohne teuren Adapter an das MacBook an-schließen kann. Den gibt’s natürlich direkt von Apple. 24 Zoll mit LED-Hintergrundbeleuchtung. Gut, liefer-bar ist der noch nicht und absehbar, wann er kommt auch noch nicht*, aber der Anschluss ist trotzdem In-dustriestandard, Steve wollte es wohl so. Aber vielleicht ändert der ja bald wieder seine Meinung, man weiß ja nie. So stellte Apple beim MacBook Air einen weiteren Monitoranschluss vor, den MicroDVI-Anschluss. Alles andere war zu groß für das kleinste Notebook der Welt. Wer daran ei-nen Monitor anschließen wollte, brauchte einen Adapter. Aber nun ist MircoDVI auch wieder Schnee von gestern, jetzt hat auch das MacBook Air den neuen Industriestandard – also den ohne passende Endgeräte. Aber so was nehmen wir gern in Kauf, denn die Produkte sehen ja einfach gut aus. Und sie haben jede Menge Extras, die dann auch den höheren Einstiegspreis rechtferti-gen. Da ist zum Beispiel das größe-re Trackpad als bei PC-Notebooks. Oder die beleuchtete Tastatur. Oder die Batteriestatusanzeige direkt auf dem Gehäuse. Oder der Stromste-cker mit magnetischem Anschluss. Wenn das den Aufpreis nicht recht-fertigt, dann weiß ich auch nicht.Und wenn man einmal nicht zufrie-den ist, dann wartet man eben ein bisschen, bis die Gerüchte sich wie-der erhärten und man sich vielleicht auf eine weitere Revolution im Tech-nikmarkt gefasst machen kann. So was wie ein MacBook in rot, das wird dann auch gleich der neue Industrie-standard – geil!

*Stand: 15. November 2008

Sie hatten es gewagt, die entschei-denden Gebote des Ypsilantismus nicht mit ihrem Gewissen vereinba-ren zu können: „Ampeln sind nur etwas für den Straßenverkehr. Lies nie den aktuellen Verfassungsschutz-bericht über ‚Die Linke‘. Und glaube an das Gute in Oskar Lafontaine.“

Nach Ypsilantis gescheiterter Wahl empfehlen Parteifreunde Nachfol-ger Thorsten Schäfer-Gümbel, es mit Barack Obama zu halten, um den hessischen Visionen des Ypsi-lantismus zumindest rhetorisch neu-en Schwung zu verleihen: „Jo, isch kann.“

Foto: Martin Esser

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Ansichtssache

Das Gewissen beeinflusst jeden von uns, manche mehr, manche weniger. Aber was ist eigentlich das Gewissen? Das Gewissen erinnert einen Menschen daran für die ei-genen Überzeugungen einzustehen. Beeinflusst ein Gewissen auch die menschliche Handlung? Häufig! Immer? Nein! Das ist der Punkt, an dem das schlechte Gewissen auf sich aufmerksam macht. Ist der Rubikon einmal überschritten, ist häufig sog-ar das schlechte Gewissen machtlos – ob seiner Zeit bei Caesars Feld-zug gegen Rom oder heutzutage bei irgendeiner Wahl. Schlechtes Gewissen? Eine para-doxe Wortschöpfung, denn kann es überhaupt ein schlechtes Gewissen geben? Jedenfalls nicht, wenn poli-tische Überzeugungen und Wahlver-sprechen aufrecht vertreten werden. Da spricht nicht der Homo Oeco-nomicus – denn dieser würde in einer solchen Situation den Vielen folgen und den Vorteil finden. Es spricht vielmehr der Homo Democraticus,

welcher eine eigene Meinung äußert und mit allen Konsequenzen dazu steht. Sei es eine Rüge, ein Parte-iausschluss oder gar die Zerstörung des Rufes – was die schlimmste poli-tische Strafe sein kann.Doch was hilft es eigentlich dem einzelnen Menschen, ein Gewissen zu haben, wenn viele andere ihres verbergen können? Fragt man den Bürger, ob Handlungen an vorher gegebenen Versprechen gemessen werden sollen, so wird eine überwälti-gende Mehrheit mit ja antworten. Wie weit reichen aber Versprechen und Gewissen, wo doch die „Dirne namens Macht“ so verführerisch von links außen winkt? Nein, es ist nicht falsch, ein gegebenes Versprechen zu brechen, sagen die Gewissenlosen! Es sei schlicht und einfach falsch, das Versprechen erst zu geben. Aber es sei vor allem niederträchtig, gegen den Willen der Partei zu verstoßen. Und was lernen wir daraus? „Die Par-tei, die Partei, die hat immer Recht! Und, Genossen, es bleibe dabei!“

Marcel überlegt:„Schlechtes Gewissen oder schlechter Ruf?“

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Versuchsgebiet

„Real people making real music...” - so knapp, aber doch aussagekräftig könnte diese Musik beschrieben werden. Entspannte Rockmusik, die einfach in jedem Moment und zu jeder Situation passt.Die 1996 an der Ohio State Univer-sity gegründete Band O.A.R. (Of

A Revolution) hat es außerhalb der USA bis jetzt kaum in die vordersten Regale der Plattenläden geschafft. Auch in den USA war-en sie lange nur Ken-nern ein Begriff. Mit ihrem im Juli 2008 veröffentlichten achten

Album ist es der Band nun gelungen, eine interessante Mischung aus Lie-dern wie „This Town“, die sich bere-its nach dem ersten Hören zumind-est im Refrain mitsingen lassen, oder „War Song“, der das Thema Irakkrieg behandelt und zum Nachdenken an-regen soll, zu kreieren.

Empfehlenswert ist diese CD be-sonders für alle Fans von nicht weit verbreitetem Alternative Rock aus den USA. Aber auch für alle, die sich von simplen Melodien mit Gitarre und Schlagzeug in einer Mischung aus gelungenen und oft aussagekräft-igen Texten begeistern lassen. Um mehr über diesen Geheimtipp zu erfahren, sollten Sie den Namen der Band bei YouTube eingeben oder die CD am besten gleich bestellen.

JAN-PHILIPP BECK

Soul, der wahrlich unter die Haut geht: Singer und Songwriter India Arie Simpson kombiniert auf ihrem 2001 veröffentlichten Debütalbum ehrliche und starke Texte. Wunder-schöne Melodien in 15 Eigenkompo-sitionen.Es beginnt mit der ersten Singleaus-

kopplung „Vi-deo“. Locker und fröhlich schneidet In-dia Arie ein Thema an,

das so viele Frauen von heute anscheinend ver-gessen haben: Eigenliebe! Liebe dich so, wie du bist. In Zeiten, in denen Schönheits-OPs, Faceliftings und ein krankhafter Schlankheitswahn schon fast normal zu sein scheinen, eine wunderbar gesunde Einstellung.Diese erfrischende Natürlichkeit

zieht sich durch die komplette LP hindurch. India Arie überzeugt durch Vielseitigkeit, Natürlichkeit und Talent. Ob nun „Promises“, „Brown Skin“ oder „Always in my head“ - kein einziger Song enttäuscht und für jede Stimmung ist etwas Pas-sendes dabei. Für alle, die Alicia Keys, starke Stim-men und selbstbewusste Frauen mö-gen.

LENA LÜHMANN

Angehört:O.A.R. - All Sides

Angehört:India Arie - Acoustic Soul

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Versuchsgebiet

„Wenn Moral ausdrückt, wie die Welt funktionieren sollte, dann zeigt uns die Ökonomie, wie sie wirklich funktioniert.“Jeder weiß es, aber oft ist es falsch – das konventionelle Wissen. Und trotzdem besteht es fort. „Du hast Angst vorm Fliegen? Aber es ist doch viel wahrscheinlicher bei einem Au-tounfall ums Leben zu kommen!“ Ist das so? Es stimmt, dass sehr viel mehr Menschen bei Autoun-fällen ums Leben kommen. Nur –

gewöhnlich verbringen die meisten Menschen auch sehr viel mehr Zeit im Auto. Kurzum: Die Todeswahrs-cheinlichkeit – oder Unwahrschein-lichkeit – ist beim Autofahren und Fliegen gleich groß.Steven Levitt und Stephen Dubner, ein Ökonom und ein Journalist, ge-hen den Tücken des konventionellen Wissens auf die Spur. Sie rechnen uns leicht verständlich und logisch vor, warum gerade die Gewinnbe-teiligung von Immobilienmaklern dafür verantwortlich ist, dass Makler ihre Kunden übers Ohr hauen. Sie begeben sich in die weiten Felder des Online-Datings und beweisen rein statistisch, worüber Online-Dater lü-gen. Sie zeigen auf, wie Sumo-Ringer betrügen und wie der Ku-Klux-Klan zu Fall gebracht wurde. Das Autorenduo greift Fragen aus dem alltäglichen Leben auf: Wie kann es sein, dass in den USA vom einen auf den anderen Tag sieben Millionen Kinder verschwanden?

Warum zum Teufel wohnen Drogen-händler eigentlich noch bei ihren Müttern? Warum ging die Krimi-nalitätsrate in den 90er Jahren in den USA wirklich zurück? Politiker argumentieren mit der boomenden Wirtschaft. Die beiden Autoren be-weisen, dass die Legalisierung der Abtreibung den entscheidenden Ausschlag gab. Denn: “Die Ökono-mie zeigt uns, wie die Welt wirklich funktioniert.“Das Buch ist deshalb so genial, weil es einem das Werkzeug in die Hand gibt, schlüssig gegen konventionelles, aber falsches Wissen zu argumentie-ren. Logisch und auf Zahlen basier-end, witzig und informativ. Ideal als Bettlektüre - gute Alternative für all diejenigen, die von TV-Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ und „Super-talent“ genervt sind.

ANDREA SCHEFFLER

Angelesen:Freakonomics

Zehn Jahre lebte Bill Bryson mit seiner Familie in England, bis es ihn zurück in seine alte Heimat

USA zieht. Mit seinem wunderbar trockenen, britischen Humor nimmt der gebürtige Amerikaner den Leser mit durch das alltägliche Amerika der frühen 90er-Jahre. Bryson ist auf seiner Reise durch 38 der 50 US-Staaten stets auf der Suche nach der perfekten Kleinstadt „Amal-gam“. Er sucht das sonnige, wunder-bare Stückchen Erde, auf dem er sich mit seiner Familie, die noch in Eng-land lebt, niederlassen kann. Sein ursprünglicher Plan entpuppt sich im Laufe des Buches allerdings als schwer in die Tat umzusetzen. Sein

Trip führt ihn stattdessen nach „So-mewhere, USA“: Tankstellen, Motels und Fast-Food-Fresstempel säumen fast jede Stadt…

Mit großartigem Wortgeschick und blumigen Illustrationen beschreibt Bryson dem Leser in den beiden Teilen des Buches, „Osten“ und „We-sten“, seinen Trip durch die endlosen Weiten der USA. Beide Trips beginnen in seinem Ge-burtsstaat Iowa. Von dort aus fährt er im ersten Teil gen Osten durch die Südstaaten, dann entlang der Ostkü-ste, durch Neuengland und schließ-lich entlang der Großen Seen wieder nach Iowa.

Im zweiten Teil nimmt der Leser auf dem Beifahrersitz von Brysons Che-

vy Platz und fährt mit ihm durch Ka-lifornien, Nevada, New Mexico und die anderen Staaten des einstigen Wilden Westens. Der Leser entdeckt die USA durch die Augen Brysons’, des beliebtesten Reise-Autoren seiner Generation. Je länger man „unter-wegs ist“, desto mehr erschließt sich dem Leser der Titel des Buches: Wie „verloren“ kommt sich Bryson nur in seinem Heimatland vor? Ist er ein Fremder in seinem eigenen Land ge-worden? Nicht nur für USA-Fans ist dieses tragisch-komische, amüsante Buch ein äußerst empfehlenswerter, 416-seitiger Reiseroman.

JULIAN BORCHERT

Angelesen: The Lost Continent

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Ansichtssache

Fatih Cevikkol-lu alias „Murat“ aus der TV-Serie „Alles Atze“ räumt mit den Stereotypen der

islamischen und türkischen Welt auf. Sein satirisches Buch „Der Moslem-TÜV“ verbindet realistische und fik-tive Elemente, die dem Leser eines klarmachen sollen: Integration ist nichts Befremdliches.Jeder Student und jede Studentin kennt ihn höchstwahrscheinlich. Jahrelang grüßte er uns regelmäßig am Freitagabend aus einem Kiosk in Essen. Alle kennen ihn als „Murat“, den türkischen Kiosk-Angestellten von Atze Schröder. Der bekannte Comedian Fatih Cevikkollu weiß sein Publikum aber nicht nur zu un-terhalten - er kann auch anders. „Der Moslem-TÜV“ ist eine gleichzeitig unterhaltsame und sozialkritische Satire auf die Integration der Musli-me in Deutschland.Cevikkollu betrachtet das Verhält-nis zwischen Deutschen und mus-limischen Türken mit einem Au-

genzwinkern und macht gleichwohl deutlich, was bei der Integration in Deutschland schief läuft. Er bezieht sich zum Beispiel auf den umstrit-tenen baden-württembergischen Einbürgerungstest. Süffisant zitiert er Frage 22: „Sie erfahren, dass Leu-te aus Ihrer Nachbarschaft oder aus Ihrem Freundes- oder Bekannten-kreis einen terroristischen Anschlag begangen haben oder planen. Wie verhalten sie sich?“Der Autor kommentiert: „Eigentlich fehlt nur noch die Hinzufügung: Sind Sie Terrorist? Bitte ankreuzen: ja / nein / nur gegen Bezahlung.“ Kommentare wie diese sind es, die dieses Buch lesenwert und unterhalt-sam machen.Cevikkollu spielt immer wieder mit der „Political Correctness“ und be-nutzt auch gerne mal Phrasen wie „Osama bin Schäuble“. Das Buch kritisiert manchmal offenkundig, mal unterschwellig die in der deut-schen Gesellschaft verankerten Vor-urteile gegen den Islam. Durch seine fiktiven Anekdoten weiß der Autor die Pointen zu setzen, auch wenn er

oftmals mit diesen Geschichten über das Ziel hinausschießt. Integration ist ein Thema, das viel zu oft nur aus der seriösen politischen Sichtweise diskutiert wird. Der „Moslem-TÜV“ ist zwar ein fiktiver Roman, doch kann und soll er zu einem gesell-schaftlichen Diskurs anregen. Der Autor macht deutlich, dass das Wort „Integration“ mit Leben gefüllt wer-den muss.Fatih Cevikkollus Buch ist besonders unterhaltsam und interessant, weil es das Thema Integration von hinten aufzäumt und es aus der Perspekti-ve der Moslems beschreibt. Für die deutschen Leser dieses Werkes bleibt am Ende die Erkenntnis: Vorurteile sind schnell aufgebaut, sie jedoch zu widerlegen, dauert sehr lange. Die Intention des Buches ist es, die deut-sche Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren. Durch seine hu-morige Art zeigt der Autor, dass man auch schwierige Themen unterhalt-sam aufbereiten kann.

SONJA GURRIS

Angelesen: Der Moslem-TÜV

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Ansichtssache

„Osama bin Laden habe ich nie beliefert. Nicht aus moralischen Gründen - er lies damals einfach seine Checks immer platzen. Mitte der achtziger Jahre wa-ren meine Waffen in acht der zehn wichtigsten Kriegs-gebiete der Welt vertreten.“ Die Schussgeräusche einer Kalaschnikow verändern sich in ein Kassengeräusch, jeder Schuss lässt die Kasse klingeln. Er ist der Lord of War, der Händler des Todes. Willkommen in der Welt des Waffenhändlers Yuri Orlov, gespielt von Oscar-Preisträger Nicolas Cage.Doch sein Leben besteht nicht nur aus dem Waffen-handel und den dadurch hervorgerufenen Problemen, dem auf den Plan gerufenen Konkurrenten Simeon Weisz (Ian Holm) oder dem Interpol-Agenten Jack Valentine (Ethan Hawke). Er muss ein Doppelleben führen, um seine dunklen Machenschaften vor seinen Eltern, seiner Frau Ava (Bridget Moynahan) und sei-nem Sohn zu verdecken. Zweifel an seinen Machen-schaften kommen ihm nicht – selbst als er mehrmals Zeuge von Massakern wird, die mit seinen Waffen durchgeführt werden. Auch wenn es seine Frau nicht wissen will, womit er sein Geld verdient, drängt sie ihn indirekt zur Aufgabe dieses Berufes. Doch ein Ausstieg aus diesem Geschäft ist schwerer als Yuri sel-ber zugeben möchte.Regisseur Andrew Nicol (Gattaca, Die Truman Show) zeichnet mit Liebe zum Detail ein erschreckendes Bild des globalen Waffenhandels. Die Schauspieler spielen ihre Rolle so authentisch, dass ihre Charaktere den Zuschauer bereits fesseln. Dass im Film vorkom-mende Panzer und ein Transportflugzeug reellen Waf-fenhändlern gehörten, ist ein genauso erschreckender Faktor. Abgerundet wird alles durch Referenzen auf reale Krisen von Anfang der Achtzigerjahre bis in die Gegenwart sowie Personen, die in diese verwickelt wa-ren und sind. Wer sich „Lord of War – Händler des Todes“ in sein DVD-Regal stellt, bekommt mehr als einen Spielfilm: Er erhält eine Dokumentation über den weltweiten Waffenhandel und seinen Zynismus.

FLORIAN HINTZE

Angeschaut:Lord of War

Foto: 20th Century Fox

BGD AZ Bitlicht 2008 15.05.2008 9:52 Uhr Seite 1 C M Y CM MY CY CMY K

BiTSLicht 14 51

Aufstieg

Wolfgang Brück ist geschäftsfüh-render Gesellschafter der Iserlohn Roosters GmbH und gleichzeitig als Rechtsanwalt in seiner eigenen Kanzlei tätig. In BiTSLicht erklärt er, wie und warum er in Zukunft mit der BiTS zusammenarbeiten möchte - und welche Visionen die Roosters haben.

BiTSLicht: Herr Brück, wie ist es zu Ihrem Engagement bei den Iserlohn Roosters gekommen?

Brück: Das ist eine ganz alte Ge-schichte. Im Jahr 1994 hatte mich der spätere erste Vorsitzende Jochen Vieler angesprochen und gefragt, ob ich mir nicht mal ein Eishockeyspiel angucken wolle. Das war genau das letzte Spiel in der Historie des alten ECD gegen Frankfurt in den Play-Offs. Das war das erste Spiel, das ich gesehen habe. Danach sind die dann auf gut Deutsch pleite gegan-gen. Dann habe ich mich in dem neu gegründeten Verein engagiert, war zweiter Vorsitzender.

BiTSLicht: Wie viel Arbeit nimmt das Eishockey bei Ihnen in An-spruch?

Brück: Das ist schwer zu sagen. Es gibt Phasen, da ist der Zeitaufwand größer. Es ist ja bekannt, dass ich in meinem Hauptjob als Rechtsanwalt intensivst tätig bin. Es ist einfach so, dass alles irgendwie ein 24 Stunden-Job ist. Da kann man nicht sagen, man macht am Tag drei Stunden für das Eishockey und die restliche Zeit

geht für die anwaltliche Tätigkeit drauf. Das ist unterschiedlich. Am Wochenende wird man auch durch die Spiele zeitlich in Anspruch ge-nommen. Von daher würde ich sa-gen: Es ist nicht genau zu begrenzen. Auf der anderen Seite sage ich mir, soweit die Familie das mitmacht und ich entsprechend Spaß dran habe, ist das auch kein Problem.

BiTSLicht: Wie sieht es mit Ihren Hockeyfähigkeiten aus?

Brück: Null! Ich spiele mit meinem Sohn manchmal zu Hause. Der zieht

dann seine Torhüter-Ausrüstung an und ich bemühe mich mit einem Schläger, den ich der Mannschaft gemopst habe, ihm ein paar Tore reinzuschießen. Ich kann gerade eis-laufen, aber ansonsten habe ich da keine Fähigkeiten.

BiTSLicht: Im Pokalspiel gegen die Kassel Huskies waren Studenten aus dem Studiengang Sport- und Eventmanagement zu Gast. Wie kam es zu der Einladung?

Brück: Es ist ja so, dass wir schon versuchen, mit der BiTS zusammen-zuarbeiten. Das ist nicht nur aufgr-und der räumlichen Nähe sinnvoll. Wir können zeigen, wie ein Proficlub im Sport geführt wird. Auf der anderen Seite gibt es an der BiTS kreative Studenten, die uns das eine oder andere an Input geben kön-nen. So können wir uns auch weit-erentwickeln. Es ist wichtig, dass wir als Standort im Eishockey kreativ und auch aufmerksam bleiben, was zum Beispiel veränderte Marktstruk-turen angeht. Es ist wichtig, dass wir mit den Studenten kommunizieren können. Wenn dann im Rahmen der Freizeit noch Spiele besucht werden

BiTS-Studenten stellen ihr Know-how zur VerfügungInterview mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Iserlohn Roosters GmbH.

„Schläger von der Mann-schaft gemopst.“

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Aufstieg

können, ist das für alle Seiten loh-nenswert.

BiTSLicht: Seit der Saison 2000/2001 spielen die Roosters in der DEL. Sind Sie mit der Entwicklung sportlich und finanziell zufrieden?

Brück: Es sind Welten, ob man in der zweiten oder ersten Bundesliga spielt. Wir sind und waren ein Club, der nur begrenzte wirtschaftli-che Möglichkeiten hat. Zu Beginn unseres Da-seins in der DEL waren wir stolz, dass wir als Un-derdog mit dem Abstieg nichts zu tun hatten. Dank der Mitarbeiter und dem En-gagement vieler Leute haben sich die finanziellen Möglich-keiten verbessert. Die Einnahmen wurden extrem gesteigert in den letzten Jahren. Und wenn die Ein-nahmen steigen, kann man natürlich auch in das Personal, sprich die Eishockeyspieler, mehr Geld invest-ieren. Dementsprechend merkt man

auch die Abhängigkeit davon, dass jetzt der sportliche Erfolg kommt. Man hat erstmals seit vielen Jahren letztes Jahr die Play-Offs erreicht. Von daher ist es eine kontinuierliche positive Entwicklung, aber kein Gr-

und zur Selbstzufriedenheit. Auch die anderen Clubs arbeiten hart und versuchen, sportlichen Erfolg hinzubekommen. Ich bin aber ganz zufrieden mit der Entwicklung zum jetzigen Zeitpunkt.

BiTSLicht: Der Nachwuchs der Iserlohn Roosters ist in der letz-ten Saison in die höchste deutsche Nachwuchsliga aufgestiegen. Welche Bedeutung hat das für den Verein?

Brück: Das war sicherlich sehr wich-

tig. Wir haben immer schon gesagt, dass wir nicht nur Profi-Eishockey

hier haben wollen, sondern dass wir uns auch der Nachwuchs-

förderung verpflichtet fühlen und diese jährlich entsprech-end finanziell unterstützen. Es ist für den Nachwuchs ein ähnlicher Sprung wie damals bei uns von der zweiten Bundesliga in die DEL. Aber die Erfolge stellen sich so langsam ein. Ich denke, das ist eine sehr positive Ent-wicklung.

BiTSLicht: Gibt es zukünftig eine Zusam-

menarbeit zwischen den BiTS-Studenten und den

Iserlohn Roosters im Be-reich Marketing?

Brück: Ich glaube, wir arbeiten schon zum Teil zusammen. Wir haben auch Projekte in der Vergan-genheit gehabt. Sie haben ein Know-how als Studenten an der BiTS, das wir zum Teil nicht haben. Dafür haben wir vielleicht eine gewisse Er-fahrung und können aus der Praxis heraus sagen, ob sich das eine oder andere tatsächlich übertragen lässt. Ich würde mich freuen, wenn solche Dinge intensiviert würden - denn dadurch können beide Seiten nur ge-winnen.

JONAS GRÜRMANN

Foto: Iserlohn Roosters GmbH

„BiTS-Kooperation für alle Seiten lohnenswert.“

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Aufstieg

Die Finanzkrise. Nicht nur im Jahr 2008 trifft sie viele Studenten be-sonders gegen Monatsende, die einen mehr, die anderen weniger. Ohne das Klischee des verwöhnten Privatstudenten unterstreichen zu wollen: die meisten BiTS-Studenten wahrscheinlich weniger.

Eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse hat zu der Entscheid-ung geführt, die hohen Studi-engebühren in Kauf zu nehmen. Nicht für alle ein leichter Entschluss, denn einige müssen viel-leicht selbst einen Teil ihrer BiTS-freien Zeit opfern, um den einen oder anderen Euro dazuzuverdienen. Und dennoch müs-sen wohl die wenigsten aufgrund ihrer Entscheidung Angst vor einem leeren Kühlschrank haben.

Laura D., 18 Jahre alt, aus Frankreich steckt im Vergleich wesentlich tiefer in der Krise. In ihrem Buch „Mein teures Studium“ (Mes chères études) beschreibt sie ihren Weg in die Pros-titution.

Die 18-Jährige stam-mt aus be-

s c h e i d e n e n Ve rhä l t n i s s e n , der Vater Arbeiter, die Mut-ter Krankenschwester. Sie teilt das

Schicksal vieler junger Menschen in Frankreich, deren Eltern zu arm sind, um ihren Kindern das Studi-um finanzieren. Aber das monatli-che Einkommen der Familie ist zu hoch, um staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen zu können. Die Frage danach, wie sich eine ehr-

geizige Studentin dazu „herablassen“ kann, beantwortet Laura D. durch die detaillierte Beschreibung ihrer Situation.Eindrucksvoll schildert sie in ihrem Buch, wie sie verzweifelt versucht, die Miete für ihre Wohnung und den

Lebensunterhalt aufzutreiben. Die Studentin jobbt zunächst in

einer Bar, später arbe-itet sie in einem

Call-Cen-

ter, verzichtet auf alles Überflüssige und lernt nebenbei für ihr Studium. Dennoch reicht das Geld hinten und vorne nicht, innerhalb kürzester Zeit verliert sie zwölf Kilo. Um Kosten zu sparen, sitzt sie selbst bei Minus-graden am Schreibtisch, ohne die

Heizung anzustellen.

Bei der Suche nach einem lukrati-veren Job im Internet stößt sie auf eine unauffällige Website. Beim Klick auf „käuflich - über 18“ wird sie fündig - unzählige Anzeigen ähnlichen Inhalts und eindeutiger Intention: Über 50-jährige Män-ner suchen „zärtliche Augenblicke“ oder „Massagen“, bei jungen Frauen, bevorzugt Studentinnen. Der Ge-danke an das schnelle Geld lässt sie

„Die erste Nachricht ver-gisst man nie.“

Laura D: Mein teures StudiumWie eine junge Französin durch Prostitution ihr Studium finanziert.

Tag 1 2 3 4 5 6 7

Besucheringesamt

101 561 764 1.021 1.155 1.381 1.690

Freundschafts-einladungen

10 15 2 3 5 5 4

Freunde in-sgesamt

10 25 27 30 35 40 44

Gruscheln 8 45 58 72 81 114 149

Nachrichten insgesamt

40 77 97 108 161 179 198

Michelle G.s Kontakte in der ersten Woche.

Mit solchen Nachrichten wurde der fiktive StudiVZ-Account von Michelle G. bombardiert.

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schnell die Zweifel und Hemmungen vergessen. Verklärt träumt sie bere-its vom „Wohlstand, und zwar ruckzuck“.Innerhalb einer Stunde verschickt sie etwa 40 Antworten.„Joe“, 57, der in seiner Annonce ge-schrieben hatte, „Junger Mann von

50 Jahren sucht für gelegentlich eine Masseuse. Studentinnen willkom-men“, reagiert zuerst auf ihr Ange-bot. Sie vereinbaren ein Treffen im Hotel und einen Stundenlohn von 100 Euro. Laura ist nervös.Joe bezahlt 250 statt 100 Euro und ködert sie mit immer ver-lockenderen Angeboten. Als sich ständig neue unbezahlte Rechnun-gen auf ihrem Sch-r e ib t i s ch s t ape l n , ve r abre -det sie sich immer öfter mit ihm und anderen Män-nern. Sie erträgt die Fantasien ihrer Freier, für viel Geld oder teure Geschenke lässt sie sich auch auf große Schmerzen ein.Nur durch Lernen und die Arbeit im Call-Center, die ihr das Gefühl gibt, „etwas Normales“ zu tun, lenkt sie sich von ihrem Doppelleben ab.

Als Laura eines Tages auf einen Kun-den wartet, wacht sie auf. Zuerst läuft ihr die eigene Familie

über den Weg. Als sie dann in ihrer Lieblingsbar sitzt, kommt einer ihrer Freier herein - mit Frau und Toch-ter. Sie fühlt sich verfolgt, ihr wird klar, dass es für sie in dieser Stadt keine Möglichkeit zur Umkehr gibt. Sie gesteht sich ein, dass sie immer wieder auf gute Angebote eingehen

wird, um durch das sch-nell verdiente Geld kurzfristig der Misere zu entkommen. Sie fasst den Entschluss, die Stadt zu verlassen. In Paris will sie ein neues Leben ohne Prostitution beginnen. Ein letztes Mal verkauft sie ihren Körper, um das Zugticket bezahlen zu können. In Paris zieht sie vorläu-fig bei einer Bekannten ein und fin-det nach langer Suche einen Job. Sie hat den Absprung vorerst geschafft, gibt aber zu, dass sie „mehr als ein-

mal versucht war, alles hinzuschmei-ßen und zurückzukehren, um den Geruch dieses Geldes zu schnup-pern“.

Laura D. gesteht sich in ihrem Buch ein, dass sie zu keiner Zeit umkeh-ren konnte. Ehrlich gibt sie zu, dass aus dem geplanten ersten und letzten Mal Gewohnheit wurde und sie sich auf diese Weise abhängig machte. Gleichzeitig machen die Aufzeich-nungen ihre Situation in gewisser Weise nachvollziehbar, ohne den Schritt in die Prostitution gutheißen zu wollen.

Alles nur Fiktion?

„In Frankreich prostituieren sich etwa 40.000 Studenten, um ihr Studium fortsetzen

zu können.“ Diese Informa-

t i o n d e r

S t u -dentengewerkschaft SUD (2006) sorgte für großes Aufsehen in Frank-reich und rief heftige Debatten über die bisher wenig wahrgenommene Problematik hervor. Laura D. ist nur ein Beispiel für viele Studenten, die sich aus Geldmangel prostitui-eren, weil ihnen die Zeit für einen ausreichend erträglichen Nebenjob fehlt.

Die Situation in Deutschland ist ähnlich.

Bernhard Albrecht zeigt in seinem Beri-

cht „Bafög der be-s o n d e r e n

Art. Zur S i t u a -

tion der s t u d e n -

tischen Prostitution in Deutschland“ (aus:

Laura D.: Mein teures Studium), dass es dieses Prob-lem keines-wegs nur in

F r a n k r e i c h gibt. Auch wenn

sich niemand auf eine genaue Zahl festlegen möchte, steige die Zahl der

Studentinnen, die sich für das Studium pros-

tituieren. Ob in Großbordel len

oder im Escortservice - vor allem in den teuren Großstädten scheint dieser Nebenjob immer öfter die Notlösung für die finanziellen Probleme der Studenten zu sein. Hinzu kommt der Trend der „virtu-ellen Prostitution“ über das Internet, die durch eine vorläufige Anonym-ität das Gefühl von Sicherheit ver-mittelt. Laut Albrecht entwickeln sich vor allem Online-Netzwerke wie StudiVZ zu immer beliebteren „Job-börsen“.

Nur eine Behauptung?

„Nur ein einziges Mal, mehr nicht!“

„Was mir wichtig ist: … es geht nicht um eine moralische Sache,

wenn man Sex miteinander hat, wohl aber sollen wir uns darüber im Klaren sein,

daß wir uns beim Sex voll und ganz mit dem anderen verbinden, zumindest auf einer tiefen, unbewussten Ebene.

Die Frage ist dann, ob wir das wollen.Aber eines geht nicht ohne das andere...

Ich möchte es schon,vorausgesetzt wir sind uns denn auch sympathisch“

BiTSLicht 14 55

Aufstieg

Bei einem Test sollte diese Ver-mutung überprüft werden. Ist es wirklich so einfach, via StudiVZ po-tenzielle Freier zu finden, die nach jungen Studentinnen suchen? Es gab zunächst Zweifel daran, dass sich innerhalb kürzester Zeit viele ernsthafte Nachfrager f i n d e n

w ü r d e n . Mit wenig Kreativität

entstand in der Redaktion der gefälschte Account von „Michelle G.“, 20 Jahre alt, BWL-Studentin an einer großen deutschen Univer-sität. Sie hört gern Techno-Musik, ist Stammgast im Saunaclub und hasst Bücher. Als Profilbild diente die Silhouette von der Taille abwärts, ein pinkfarbener Minirock, aus dem lange, schlanke Beinen ragen. Um

ihre Absichten eindeutig zu machen, trat Michelle G. (93-64-92) Gruppen wie „Sex gegen Taschengeld“ bei.10 Minuten später: Kurz nach-dem die gröbsten Einstellungen vorgenommen waren, hatte Michelle G. 15 Nachrichten erhalten.Ihr Postfach füllte sich von Minute zu Minute. Eine

lange „Gruschel“-Liste breitete sich auf der Startseite aus, immer mehr Interessierte besuchten Michelle G.Um die Entwicklung innerhalb von sieben Tagen (!) zu dokumentieren, führte Michelle G. sorgfältig Buch (siehe Tabelle).Dass sie potenzielle Nachfrager fin-det, stand also fest. Viele von ihnen blieben zunächst anonym oder ver-steckten sich ebenso offensichtlich hinter gefälschten Profilen. Andere gaben schamlos sämtliche Informa-

tionen über sich preis.Interessanter war aber, was nachge-fragt wurde. An eindeutigen Angebo-ten mangelte es Michelle G . definitiv nicht. Sei-en es ver-

m e i n t l i c h e Kommilitonen der Uni-

versität, über 40-jährige Geschäft-sleute, die ein Treffen im Luxusho-tel wünschten und sogar bereit sind, hohe Summen dafür zu zahlen, oder gleichaltrige Männer, die noch nie eine Freundin hatten und auf diese Weise Erfahrungen sammeln wollten. Allesamt machten früher oder später konkrete Angebote. Ei-nige fragten zunächst schüchtern nach und drängten erst nach 2-3 Tagen auf eine Verabredung. An-dere listeten ohne Umschweife un-verfroren Vorlieben und Fantasien auf. Immer wieder wurde nach Fotos und Handynummer gefragt. Und ohne nicht jugendfreie Angebote zu zitieren sei gesagt, dass zumindest ein Teil der Männer „professionell“ wirkte. Wohl nicht zum ersten Mal suchten sie nach der Frau für gewisse Stunden.

Es bleibt die Erkenntnis, dass das StudiVZ keineswegs nur von Stud-ierenden genutzt wird und nicht bloß reiner Zeitvertreib ist, sondern dass - ganz im Gegenteil - sogar

eine richtige Börse ex-istiert. Systematisch wird

nach „Großraum Ruhrgebiet, Ham-

b u r g / M ü n c h e n /Köln/Berlin und Umgebung, Sau-erland“ etc. aufgelistet, wer sich wo seine Wünsche erfüllen möchte. In anderen Social Networks wird es ver-mutlich ähnlich sein.

CAROLIN BECKER

“Michelle G.s Seite (Uni Köln)”

Nach wenigen Minuten die ersten Angebote

Nach kurzer Zeit die ersten Anfragen.

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Aufstieg

Karriere im ExportInterview mit Alumna Dagmar Bunia

BiTSLicht: Was wolltest du als Kind werden?

Bunia: Als Kind wollte ich ganz gerne Zahnärztin werden, doch es ist aus verschiedenen Gründen nicht dazu gekommen. Zum einen war mein Schulabschluss nicht aus-reichend für ein Medizinstudium und zum anderen war ich auch nicht so überzeugt von der Zahnmedizin, als dass ich über die ZVS hätte wart-en wollen. Hinzu kommt, dass ich bei meiner Mutter sehe, was das für ein harter Job ist. Da bin ich schon ins Zweifeln gekommen.

BiTSLicht: Wie bist du dann zur BiTS gekommen?

Bunia: Ich komme aus Hemer/Is-erlohn und habe davon gehört, dass eine neue private Hochschule nach Iserlohn kommt. Im Pioniersemes-

ter vor mir hat ein guter Freund sein Studium an der BiTS begonnen und

mir erzählt, dass die BiTS super ist, dass es ihm sehr viel Spaß macht und dass man hier noch mit an-

packen und etwas bewegen kann. Nach der Empfehlung habe ich mir die BiTS dann näher angeguckt und mich schnell für das Studium der BWL am Seilersee entschieden.

BiTSLicht: Inwieweit hat dir das Studium an der BiTS in deinem jetzigen Beruf geholfen?

Bunia: Es hat mir auf jeden Fall in Dingen wie dem eigenen Auftreten, meiner Kommunikationsfähigkeit oder der Fähigkeit, mich selbst zu präsentieren, geholfen. So etwas le-rnt man sehr gut an der BiTS. Häufig musste ich mich und meine Ideen während des Studiums präsentieren oder vor Publikum stehen. Das hilft mir im Vertrieb auf jeden Fall. So muss ich oft auf Kunden zugehen, mit ihnen telefonieren oder ihnen BILSTEIN vorstellen. Eben genau die Dinge, auf die mich mein Studi-um recht intensiv vorbereitet hat. Und auch das praxisnahe Studium hat mir sehr beim Berufseinstieg geholfen. Durch diverse Praktika während des Studiums habe ich be-reits mehrere Firmen kennen gelernt und wurde so nicht direkt ins kalte Wasser geschmissen.

BiTSLicht: Wie ging es nach dem Studium für dich weiter?

Bunia: Nach dem Studium habe ich einen Job gesucht und erhielt auf meine Bewerbungen auch ein paar Zusagen. Die Entscheidung für BIL-STEIN fiel dann sehr schnell. Das war alles überhaupt kein Problem und ging alles erstaunlich schnell.

BiTSLicht: Wie gestaltet sich dein typischer Tagesablauf?

Bunia: Ich komme morgens zwisch-en 8 Uhr und 8:30 Uhr ins Büro und muss dann leider erst ein paar interne, bürokratische Dinge erledi-gen. Zum Beispiel Lieferungen überprüfen oder gucken, was in der Nacht so rausgegangen ist. Bis vor kurzem war ich dabei alleine zustän-dig für meinen Vertriebsbereich, doch habe ich nun seit dem 1. No-vember Unterstützung bekommen, so dass mir auch einmal jemand etwas zuarbeiten kann. Von daher wird sich mein Tagesablauf nun ein bisschen ändern. Vorher musste ich beispielsweise auch Rechnungen ausdrucken, eintüten, verschicken und erst einmal schauen, wie die aktuelle Lage aussieht. Das entfällt nun größtenteils. Ansonsten telefo-

„Hier kann man noch was bewegen“

„Das BiTS-Studium hat mir sehr geholfen“

Dagmar Bunia (27) fing nach ihrem Abschluss des BWL-Studiums im August 2005 an der BiTS bei der BILSTEIN-Gruppe in Hagen-Hohenlimburg als Verkäuferin an. Dort ist sie für den Verkauf von kalt gewalztem Stahl nach Frankreich, Spanien und Skandinavien zuständig. BiTSLicht stand sie Rede und Antwort.

Foto

: Bils

tein

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Aufstieg

niere ich eben mit meinen Kunden, frage nach, ob alles in Ordnung ist oder die Kunden rufen mich an, weil sie irgendwelche Fragen haben oder ich Angebote abgeben soll. So sieht mein Tag immer anders aus und es wird nie langweilig. Vieles ist eben auf die Bedürfnisse der Kunden ab-gestimmt, damit sie immer gut ver-sorgt sind und es bei ihnen läuft. Meist endet ein Arbeitstag für mich dann gegen 18 Uhr. Mal geht er ein bisschen länger, mal kürzer. Das kann man bei uns ziemlich flexibel

variieren. Gerade durch mein neues Gebiet bin ich in letzter Zeit auch viel nach Spanien und Frankreich gereist, so dass es auch zu einem schönen Mix zwischen Reisen und dem Büro kommt.

BiTSLicht: Bist du mit deinem Job zufrieden?

Bunia: Ja, ich bin derzeit sehr zufrie-den. Ich habe gerade erst eine neue Aufgabe übernommen, die eine He-rausforderung darstellt, bei der ich

mich noch mehr entfalten kann. Es sind mehr Kunden hinzugekommen, so dass ich jetzt organisatorisch an-ders rangehen muss und dabei auch Unterstützung erhalte. Zumal ich mich mit meiner neuen Kollegin sehr gut verstehe.

BiTSLicht: Was wünschst du dir für deine berufliche Zukunft?

Bunia: Gute Frage. Natürlich immer ein paar Veränderungen, damit es nie langweilig und einseitig wird und abwechslungsreich bleibt. Natürlich auch Chancen, die Karriereleiter weiter raufzuklettern, um nicht auf einem Fleck stehen zu bleiben.

BiTSLicht: Welche Tipps gibst du kommenden Absolventen?

Bunia: Sich auf jeden Fall einen Job zu suchen, der einen zufrieden stellt und mit dem man sich identifizieren kann. Und nicht einfach irgendwo anzufangen, wo man nicht glücklich ist. Immerhin verbringt man schon sehr viel Zeit bei der Arbeit und wenn man dann unglücklich ist, ist das glaube ich das Schlimmste, was

einem passieren kann. Also wirklich nicht irgendetwas machen, nur um es zu machen, sondern gucken, was will ich machen und da dann auch hinter stehen. Hört dabei auf euer Herz, euren Bauch und eure innere Stimme. Bei BILSTEIN war das bei mir der Fall. Verkauft euch möglichst gut und dann stehen einem nach un-serer Ausbildung eine Menge Türen offen im Berufsleben.

TIM SCHNEIDER

„Meine Arbeitstage sind nie langweilig“

„Hört auf euer Herz und auf euren Bauch!“

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Verhör

Prof. Dr. Thomas Rieger im Interview

Was gefällt Ihnen an sich besonders?

Meine Ausgeglichenheit. Wenn Konflikte entstehen, bin ich der Part, der vermitteln kann.

Wem würden Sie aus welchen Gründen einen Orden verleihen?

Personen, die sich sozial engagieren oder gezielt ehrenamtlich betätigen. Vor allem den Personen, die in Sportvereinen tätig sind und dem deutschen Sport durch das Ehrenamt eine elementare Grundlage geben.

Auf welche eigene Leistung sind Sie besonders stolz?

Dass ich gelernt habe, Sushi professionell zuzubereiten.

Was sollten Sie als Kind werden?

Profi-Fußballer. Das hat aber leider nicht geklappt.

Wie können Sie am besten entspannen?

Bei einer Flasche Rotwein und einem Tatort.

Was ist für Sie eine Versuchung?

Ein großes Stück Erdbeertorte mit Schlagsahne.

Was war Ihr schönster Lustkauf?

Wahrscheinlich irgendein nettes Kleidungsstück oder Accessoire.

Wo hätten Sie gerne Ihren Zweitwohnsitz?

Auf Island. Aufgrund der besonderen natürlichen Gegebenheiten.

Was können Sie besonders gut kochen?

Waga-Mama-Chicken-Curry. Das ist eine Form der japanischen Nudelsuppe.

Was wäre Ihre Henkersmahlzeit?

Miso-Suppe plus Sushi-Auswahl.

Mit wem würden Sie gerne einen Monat lang tauschen?

Mit Papst Benedikt XVI.

Welche berufliche Aufgabe könnte Sie reizen?

Sportlicher Leiter bei Arminia Bielefeld.

Wenn Ihnen eine gute Fee alles Geld der Welt geben würde, was würden Sie damit tun?

Ich würde erst einmal meinen Peugeot abbezahlen, im Anschluss eine Skandinavien-Rundreise machen und dann zum Dietmar Hopp von Arminia Bielefeld werden.

Wo bleiben Sie beim Zappen hängen?

Bei einem guten skandinavischen oder britischen Krimi oder einer spannenden Dokumentation.

Ihr Lieblingsschauspieler/-in?

Axel Milberg.

Was sagt man Ihnen nach?

Da müssen Sie Ihre Kommilitonen fragen.

Wem sollten wir diese Fragen als nächstes stellen?

Prof. Dr. Thomas Meuser

TIM SCHNEIDER

Foto: Tim Schneider

Thomas Rieger ist seit 2007 als Do-zent für Sportmanagement mit dem Schwerpunkt des Managements von Sportorganisationen an der BiTS in Iserlohn tätig. Von 1996 bis 2003 studierte er an der Uni Bielefeld die Fächer Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitswissenschaften, bevor er von 2003 bis 2006 an der Uni Tübingen seine Promotion im Be-reich Sportwissenschaft anhängte.

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