Buch Deutsche Schreibschrift-Lesen Und Schreiben Lernen

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  • 2Beim Stbern in alten Archiven findet man sie noch, die fremd anmutenden, gestochen

    geschriebenen Handschriften und Briefe. Schn sehen sie aus, doch lesen oder gar schreiben

    knnen - das ist nicht drin.

    Hier gilt es einen Schatz zu heben: Wenn man die alten Kurrentschriften und die deutsche

    Stterlinschrift nher kennenlernt, wird man vielleicht als Familien- und Ahnenforscher ttig

    werden, das alte, liebevoll handgeschriebene Kochbuch nach exotischen Rezepten

    durchstbern und den Sinn alter Schriftstcke und Urkunden zu entziffern trachten.

    Mit diesem Lehrbuch und dem dazugehrigen bungsbuch, in dem die wichtigsten deutschen

    Handschriften von den Anfngen bis ins 20. Jahrhundert versammelt sind, kann man sich daran machen, zum Schriftgelehrten zu werden.

    Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt.Jede Verwertung auerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulssig und strafbar. Dies gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Umschlaggestaltung: Christa Mnner, Mnchen

    AUGUSTUS VERLAG AUGSBURG 1995 Weltbild Verlag GmbH, AugsburgSatz: l0 1/2 / 12 P. Trump Mediaeval von Utesch Satztechnik GmbH, HamburgDruck: Appl, WemdingGedruckt auf 120 g umweltfreundlich elementar chlorfrei gebleichtes Papier.

    ISBN 3-8043-0372-2

    Printed in Germany Sc/PR : JaBay & Lunaris d V.1.0

    Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

    Sss, Harald:Deutsche Schreibschrift lesen und schreiben lernen / HaraldSss. - Augsburg : Augustus-Verl.

    Lehrbuch. -Neuausg. - 1995 ISBN 3-8043-0372-2

  • 3Inhaltsverzeichnis

    Einfhrung ............................................................................. 4

    Geschichte der deutschen Schreibschrift ............................... 6

    Schrifttafeln im Vergleich ...................................................... 9

    Erster Teil: Das Lesen............................................................. 14

    Einleitung .......................................................................... 14Hinweise und Lesehilfen..................................................... 14bungsbeispiele ................................................................. 18Leseproben aus drei Jahrhunderten ..................................... 27bertragungen (Auflsungen) ............................................. 43

    Zweiter Teil: Das Schreiben ................................................... 49

    Einleitung........................................................................... 49Das Werkzeug des Schreibers .............................................. 49Die Offenbacher Schrift ...................................................... 52Die Stterlin-Schreibweise ................................................. 59Die Kurrent um l900 ....................................................... 61Anwendungsmglichkeiten ............................................... 65

    Literaturverzeichnis............................................................... 77

    Anschriftenverzeichnis .......................................................... 78

  • 4Einfhrung

    Nur die Schrift allein bewahret die kstlichenGedanken der weisen Mnner und die Ausspr-che der Gtter, ja selbst alle Philosophie und Wis-senschaft und bergibt sie von Jahrhundert zuJahrhundert den kommenden Geschlechtern.(Diodorus Siculus)

    Die Schrift zhlt zu den wichtigsten Errungen-schaften in der Geschichte der Menschheit. Erstsie verlieh der sprachlichen Aussage und demstummen Gedanken eine den Augenblick ber-dauernde, bewahrende Gestalt. Daher stellt dieEntwicklung eigenstndiger Schriftformen fr je-des Volk ein bedeutendes, wertvolles Kulturgut dar. Die deutsche Schreibschrift als Teil unserer geschichtlich gewachsenen Schriftkultur warjahrhundertelang das Ausdrucksmittel fr einenGroteil der handschriftlichen berlieferungenunseres Volkes. Generationen lernten sowohldeutsche als auch lateinische Buchstaben lesenund schreiben und so war es noch bis vor wenigen Jahrzehnten jedem halbwegs Gebildeten ohneallzu groe Mhe mglich, handschriftliche Auf-zeichnungen seiner Vorfahren zu entziffern. Erst die planmige Verbannung der deutschenSchreibschrift aus dem Schulunterricht seit 1941 mit ihren zwangslufigen Folgewirkungen brachtees mit sich, da heute die meisten Zeitgenosseneiner Stterlin oder gar Kurrent ziemlichratlos gegenberstehen.

    Wer beruflich mit handschriftlichen Doku-menten lteren Datums zu tun hat, sich mit ge-schichtlichen Wissenschaften wie Urkunden-,Wappen- oder Mnzwesen befat, Familienfor-schung betreibt oder ganz einfach einmal wissen mchte, welche Geheimnisse Tante Adele ihremKochbuch anvertraut hat oder was in Grovaters Lehr- und Dienstzeugnissen steht, wird nichtumhin kommen, sich mit den Formen der deut-schen Schreibschrift auseinanderzusetzen.

    Wenn wir uns in einer Zeit, in der Schreibma-schine und Bildschirmtechniken die Handschrif-ten allgemein aus den meisten Lebensbereichenverdrngt haben, mit dem Erlernen einer nichtmehr blichen Schreibform befassen, wird dieskeine von reinen Ntzlichkeitsgedanken getra-genen Beweggrnde haben. Gleich, ob Sie ausLiebhaberei fr die Bewahrung eines vernachls-sigten Kulturgutes, aus wissenschaftlichen Er-wgungen, reiner Freude am Schriftschreibenoder nur aus Neugier die Feder zur Hand nehmen, sollte eine deutsche Handschrift zu lernen sich nicht nur in blinden bungen erschpfen. Sieharrt als eine der weniger bekannten Ausdrucks-formen der Kalligraphie ihrer Wiederentdeckungund bietet auch in unserer Zeit eine Vielzahl von lohnenden Anwendungsmglichkeiten.

    Lesen und Schreiben lernen, dazu will Ihnendieses Buch Anregung und Hilfe sein. Es gliedert sich in zwei Teile, die durch eine kleine Ge-schichte der deutschen Schreibschrift sowie sie-ben ABC-Tafeln aus drei Jahrhunderten eingelei-tet werden. Sie sollen Ihnen einen Vergleich der Formbildungen ermglichen.

    Der erste Teil behandelt das Lesen von deut-schen Handschriften. Hinweise auf ihre Beson-derheiten und Lesehilfen leiten zum eigentlichen bungsabschnitt ber. Die um 1900 gebruchli-che Kurrentschrift bildet die Grundlage, auf der das Lesen vom Einzelwort zum fortlaufendenText mit eigens dafr geschriebenen Beispielengebt wird. Schlielich haben Sie anhand einer Reihe im Gleichdruck wiedergegebener Hand-schriften verschiedenen Inhaltes die Mglichkeit der praktischen Anwendung und Vertiefung Ihrererworbenen Kenntnisse. Eine bertragung smt-licher bungstexte ist am Anschlu daran abge-druckt.

  • 5Einfhrung

    Der zweite Teil soll Sie mit der Technik desSchreibens vertraut machen. Sie erfahren, wel-che Schreibgerte und Materialien man bentigtund wie man damit umgeht. Drei verschiedeneGrundalphabete werden vorgestellt und in ihremFormenaufbau erlutert. Neben der Offenbacher Schrift, auf der als zeitgemester Schreibform

    das Schwergewicht liegt, werden auch die Stter-lin sowie die um 1900 bliche Kurrent behandelt. Das dazugehrige bungsbuch ist als praktische Ergnzung zur sichtbaren berprfung IhresSchreibfortschrittes gedacht. Verschiedene Ab-bildungen als Anregung fr eine praktische, ge-stalterische Anwendung runden das Buch ab.

    Schriftblatt von Martin Hemersdorf

  • 6Kleine Geschichte der deutschen Schreibschrift

    Fr die Schriften des Abendlandes bildeten jene Schreibformen den Ausgangspunkt, die durch die Rmer von den Phniziern und Griechen ber-nommen und vervollstndigt worden waren. So wird heute allgemein die rmische Kapitalis mitihren 23 Buchstaben sowohl als Wurzel unserer lateinischen als auch der deutschen Druck- und Schreibschrift angesehen.

    Einen weiteren Markstein stellte die zu Ende des 8. Jahrhunderts im Reiche Karls des Groen entstandene Karolingische Minuskel dar, die in der Folge fr die Schriftformen fast allereuropischer Sprachen richtungweisend wurde.

    Im 13. Jahrhundert bahnte sich durch dieBrechung der bisher runden Buchstaben eineneue Entwicklung an. Das Ergebnis, dieGotische Minuskel, fand in Deutschland,England und Frankreich als BuchschriftVerwendung. Den Bedrfnissen nach einerschreibflssigeren Verkehrs- und Urkunden-schrift entsprechend, bildete sich ab dem 14.Jahrhundert die Gotische Kursive heraus, derenBuchstaben erstmals die Bestrebung zeigten,miteinander in Verbindung zu treten. Die bisAnfang des 16. Jahrhunderts in Gebrauchbefindlichen Verkehrsschriften hatten zwar nach wie vor die Gotische Kursive zum Vorbild,litten jedoch durch die rtlich sehr ver-schiedenen Ausprgungen der Klosterschreib-schulen an einer Uneinheitlichkeit der Formen.

    Es ist das Verdienst des wohl bedeutendstenSchreibmeisters seiner Zeit, Johann Neudrffer des lteren (1497-1563), nicht nur an der Schp-fung der Fraktur mageblich beteiligt gewesenzu sein, sondern mit seiner Schrifterneuerungauch den Grundstein fr die Entwicklung einereigenstndigen deutschen Schreibschrift gelegtzu haben. Er bernahm dazu die Gro- undKleinbuchstaben von der Fraktur, wobei erletztere vereinfachte und durch sogenannteblinde Linien

    verband. Obwohl Neudrffer in seinem Schreib-bchlein Eine gute Ordnung vnd kurtze vnter-richt... (Nrnberg, 1538) der selbstndigenSchriftgestaltung breiten Raum lie sokonnte eben (=senkrecht), liegend (=linksschrg) oder gesenkt (= rechtsschrg)geschrieben werden schuf er doch eineStileinheit, die lange erhalten blieb. Manunterschied drei Schriftarten: Die Fraktur alslangsam schreibbare Buchschrift, die Kurrent(von lat.: currere = laufen) als Konzept- undVerkehrsschrift und die stilistischdazwischenstehende Kanzlei als Akten-reinschrift.

    Die Schler seiner Nrnberger Schreibschule setzten Neudrffers Werk fort und sorgten, in-dem sie sich in verschiedenen Stdten niederlie-en, fr eine weite Verbreitung seiner Schreib-kunst. Der Duktus ihrer ABC-Bchlein be-herrschte die Zeit bis zur Mitte des 17.Jahrhunderts. Neben der Nrnberger bildetensich auch eine niederrheinische, schwbische,Schweizer und Dresdner Schule, die eineeigenstndige Weiterentwicklung betrieben.

    Die Schreibschrift des 18. Jahrhundertserhielt ihr Geprge groteils durch MichaelBaurenfeind. Die Grobuchstaben verlorenihren Frakturcharakter zugunsten einerschreibgerechteren Kurrentform, die Eigenartder Kurrent als Steilschrift mit leichterNeigung der kurzen Grundstriche nach linksund der langen Aufstriche nach rechts setztesich allgemein durch.

    Durch die Ausbreitung des Schulwesens seit dem 16. Jahrhundert war das Lesen und Schrei-ben immer mehr Gemeingut breiterer Schichten geworden, aber die Regelwerke der Schreibmei-ster richteten sich keineswegs nur an die Lehrer-schaft, sondern vielmehr an die gesamte schrei-bende ffentlichkeit (Tafel 1). 1714 wurde inPreuen erstmals die Normung der Schulschrift

  • 7Geschichte der deutschen Schreibschrift

    mittels Erla durchgefhrt, indem man die Vor-lagen des Schreibmeisters Hilmar Curas fr ver-bindlich erklrte. Dessen spitze Formen brger-ten sich durch Preuens Vorbild bald auch in den anderen deutschen Lndern ein.

    ber 300 Jahre lang hatte die breitgeschnbelte Vogelkielfeder, die ihrerseits die Rohrfeder abge-lst hatte, mit ihrem krftigen Duktus das Er-scheinungsbild der deutschen Schreibschrift be-stimmt. Ende des 18. Jahrhunderts kam von Eng-land, das schon rund 100 Jahre vorher den Schritt von der gotischen zur lateinischen Kursive voll-zogen hatte, eine neue Stilrichtung. Diese engli-sche Schreibschrift brachte mit ihrer Vorbildwir-kung starke Vernderungen: Der kennzeichnen-de Schwellzug der Buchstaben bedurfte der lang-geschnbelten Spitzfeder als Schreibwerkzeug,diese wiederum erforderte eine unnatrlicheHandhaltung. Unter diesen Einflssen entstan-den Lehrwerke wie jene von Johann Heinrigs(1809) oder Carl Hennig (1817), deren Formen im wesentlichen bis zum Anfang des 20. Jahrhun-derts richtungweisend blieben. Ober- und Unter-lngen wurden gleich gro geschrieben, der Nei-gungswinkel auf rund 60 Grad festgelegt (Tafel 2).

    Das zeitraubende Schneiden und die schnelleAbntzung der Vogelkielfedern beschleunigtedie Einfhrung der spitzen Stahlfeder (seit 1830in England und 1856 in Deutschland fabrikmig gefertigt), die aber durch den erforderlichenwechselnden Schreibdruck einen weiteren Nach-teil mit sich brachte. Schreibmethodiker wieHertzsprung (1854), Strahlendorff (1866) oderHenze (1870) versuchten, das neue Gert in den Schreibvorgang einzuflechten. Ihre Vorschriftenfallen durch sehr schrge Buchstaben (bis 45Grad) sowie unverhltnismig groe Ober- und Unterlngen auf, was zu einer starken Beein-trchtigung der Lesbarkeit fhrte. Erst um dieWende zum 20. Jahrhundert wurden die Verhlt-nisse innerhalb der Lineatur auf das Ma 2 :1 :2zurckgenommen und die Rechtsneigung auf 60bis 70 Grad beschrnkt (Tafel 3), ohne aber diesonstigen Mistnde abzuschaffen.

    Erst den Schrifterneuerern des 20. Jahrhun-derts wie Edward Johnston (England), Rudolf von

    Larisch (sterreich) sowie Ludwig Stterlin undRudolf Koch (Deutschland) war es vorbehalten,die Spitzfeder als Wurzel des Niedergangs sowohl der lateinischen als auch der deutschen Schreib-schrift zu erkennen. Gleichlaufend waren auchneue, handgerechte Arten von Stahlfedern ent-wickelt worden: Die Gleichzugfeder (auch Redis-oder Schnurzugfeder) sowie die Kugelspitzfederfr gleichbleibende, die Bandzugfeder (auchBreit- oder Wechselzugfeder) fr wechselndeStrichbreiten.

    Ludwig Stterlin (18651917), dessen Nameoft flschlich als Sammelbegriff fr alle deut-schen Schreibschriften verwendet wird, war derlandlufig wohl bekannteste Erneuerer. Er stellte seine Buchstaben senkrecht, vereinfachte derenFormen auf ein Mindestma und legte die Linea-tur auf das Verhltnis 1:1:1 fest. Seine Schulaus-gangsschrift, die mit einem Gleichzuggert ge-schrieben wird, fand ab 1914 versuchsweise, ab 1924 verbindlich (Erla U III A Nr. 138) in den preuischen Grundschulen Eingang und wurdebis 1930 bereits in den meisten deutschen Ln-dern im Unterricht verwendet (Tafel 4). Wenigbekannt ist, da Stterlin auch eine stilistischentsprechende lateinische Schulschrift schuf.

    Wieder andere Wege beschritt der wohl bedeu-tendste Schriftknstler unseres Jahrhunderts,Rudolf Koch (1876-1934), der seine OffenbacherSchrift 1927 unter dem Gesichtspunkt leichterSchreibbarkeit in Verbindung mit knstlerischerSchnheit entwickelte. Die im Winkel von 75 bis 80 Grad angesetzten Grundstriche verleihen sei-nen im Lineaturverhltnis von 2:3:2 stehendenBuchstaben durch den taktmigen Wechsel vonBewegung und Gegenbewegung ein lebendigesErscheinungsbild (Tafel 5). Trotz ihrer Vorzgekonnte sich die Offenbacher Schrift nur an eini-gen Schulen in Hessen vorbergehend halten,fand aber groe Anerkennung und Verbreitung in Schriftfachkreisen.

    Kochs Schler Martin Hermersdorf (1894-1981) entwickelte die Offenbacher Schrift weiter, indem er mit Kochs Einverstndnis einigeBuchstaben neu gestaltete. Im Rahmen des Iser-lohner Schreibkreises setzte er sich auch nach

  • 8Geschichte der deutschen Schreibschrift

    dem Krieg fr eine Wiedereinfhrung der deut-schen Schreibschrift im Unterricht ein. Diebayrischen Schulschriftvorlagen von 1950beruhen groteils auf seinen Richtformen(Tafel 7).

    Bis 1934 gab es in Deutschland keineeinheitliche deutsche Schreibschrift. Zwarhatten sich Stterlins Formen im wesentlichenim Schulbetrieb durchsetzen knnen, doch gabes auch hier rtliche Abweichungen, wie z. B.bei der in Bayern 1933/34 gelehrtenVolksschrift. Dieser Vielfalt setzten erst diemit Erla vom 07. 09. 1934 (R U II C 227) und ab dem Schuljahr 1935/36 gltigen Richtformen ein Ende. Diese hatten zwar ebenfallsStterlins Buchstaben als Vorbild, doch vermied man die allzu kindlich wirkenden Kringelzugunsten schreibflssigerer Formen mit leichterRechtsneigung (Tafel 6).

    Der Streit um Fraktur oder Antiqua, umZweckmigkeit und Vorzge der deutschen und lateinischen Druck- als auch Schreibschrift, er-reichte um die Wende zum 20. Jahrhundert sei-nen Hhepunkt. Die von beiden Seiten auf allen Ebenen gefhrte Auseinandersetzung gipfelte zu-nchst in der Reichstagsabstimmung vom 17.10. 1911, in der der eingebrachte Antrag auf Abschaf-fung der deutschen Schriften mehrheitlich abge-lehnt wurde und damit die fruchtbare Zwei-schriftigkeit fr die folgenden 30 Jahre erhalten blieb. Da schlielich durch einen Willkrakt der nationalsozialistischen Regierung der deut-schen Schrift das Aus erklrt wurde, istweitgehend unbekannt. Nachdem schon am03. 01. 1941 in einem Geheimerla dieDruckschriften

    Gotisch, Schwabacher und Fraktur mit einer in allen Einzelheiten falschen und geradezulcherlichen Begrndung (SchwabacherJudenlettern) verboten worden waren, wurdeauch durch Runderla vom 01. 09. 1941 (E II a334/41 E III, Z IIa) ein Schlustrich fr diedeutsche Schreibschrift gezogen. Fortan solltenur mehr die sogenannte Normalschrift, wie die lateinische Druck- und Schreibschriftbezeichnet wurde, gelehrt und verwendetwerden.

    Auch nach 1945 waren die kulturell Verant-wortlichen nicht bereit, sich fr die Wiederein-fhrung im Unterricht einzusetzen und verlie-hen damit dem NS-Erla eine unerwartete Folge-trchtigkeit. So kam es nur zaghaft und vorber-gehend zu einer schulmigen Verwendung als Zweitschrift, so z. B. in Bayern von 1950 bis 1971. Damit wird zwangslufig die Zahl derer, diediese Schriften lesen oder gar schreibenknnen, von Jahr zu Jahr geringer. Im Rahmender wiedererwachenden Begeisterung frUrkundenforschung und Zeitgeschichtevermitteln Volkshochschulen im Rahmen vonLehrgngen Grundkenntnisse der deutschenSchreibschrift. Ihrer Pflege und Frderung haben sich auch verschiedene Vereinigungen undBrgerbewegungen verschrieben wie z.B. derschon 1918 gegrndete (und 1941zwangsaufgelste) Bund fr deutsche Schriftund Sprache, die bungsmaterial anbieten,Brieffreundschaften vermitteln und schriftfachli-che Ausknfte erteilen. Die vollstndigen An-schriften sind im Anhang des Literaturverzeich-nisses angefhrt.

  • 9Schrifttafeln im Vergleich

    Tafel 1: Schreibschrift des 18. Jahrhunderts (1749)

    Auszugsweise Wiedergabe der Tafeln 3 und 4 aus dem Schreibbchlein des Johann Stps, Leipzig 1749. Im Original mit der breiten Gnsekielfeder und Eisengallustinte geschrieben und fr den Druck in Kupfer gestochen.

  • 10

    Schrifttafeln im Vergleich

    Tafel 2: Schreibschrift des 19. Jahrhunderts (1814)

    1 . A B C Das Werk lobt den Meister. E E F G2. G H Jedes Ding hat seine Zeit. K L M3. Nicht wien ist keine Schande, aber nicht lernen wol-

    len.4. O P Q Reden hat seine Zeit, u. Schweigen hat seine

    Zeit.

    5. S T Unglck verfolget den, der Bses thut. V W6. X Y Zum Laufen hilft nicht schnell seyn.7. Punkt . Koma, Kolon : Semikol. ; Ausrufz. ! Fragz. ?

    Parenthese () Gedankenst. - Anfhrungsz. (Unterscheidungszeichen)

    Spitzfederkurrent des 19.Jhdts. unter dem Einflu der englischen Schreibschrift, Neigungswinkel 55. Entnommen aus Instruktive Anweisung zur grnd-

    lichen Erlernung der Schnschreibkunst von J. A.Kirschner (l814).

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    Schrifttafeln im Vergleich Tafel 3:

    Schreibschrift des 19./20. Jahrhunderts (Kurrent um 1900)

    Mit der Spitzfeder ausgefhrte Kurrent, wie man sie um gig verschiedene Ausfhrungen; einige Zweitformen sind1900 schrieb. Der Neigungswinkel schwankte zwischen wiedergegeben. Die Ziffern und Satzzeichen entsprechen60 und 70, es sind aber auch fast senkrechte Schriften denen der Lateinschrift.bekannt. Bei den Grobuchstaben gab es berall geringf-

  • 12

    Schrifttafeln im Vergleich

    Tafel 4: Schulausgangsschrift von Ludwig Stterlin, 1911

    Tafel 5: Offenbacher Schrift von Rudolf Koch, 1927

    Das vorliegende ABC ist den Abbildungen 29 und 31 aus dem Schreibbchlein von Rudolf Koch (unvernderter Nachdruck der 8. Auflage) mit freundlicher Genehmigung des Brenreiter-Verlages, Kassel, entnommen.

  • 13

    Schrifttafeln im Vergleich Tafel 6: Richtformen

    der Verkehrsschrift von 1934

    Tafel 7: Deutsche Schreibschrift nach Vorlagen der Koch-Hermersdorf-Schrift, in Bayern von 1950bis 1955* als Zweitschrift im Schulgebrauch

    Abbildung gem Bekanntmachung des Bayrischen Staatsministeriums fr Unterricht und Kultus vom 22. 08.1950

    *) von 1955 bis 1971 war ein in Anlehnung an die Verkehrsschriftvon 1934 gestaltetes Musterblatt in Verwendung

  • 14

    Erster Teil: Das Lesen

    Einleitung

    Als Einstieg zum Lesenlernen der deutschenSchreibschrift eignen sich jene Formen, die, vongeringfgigen Abweichungen abgesehen, vomBeginn des 19. Jahrhunderts bis etwa 1925 an den Schulen des deutschsprachigen Raumes gelehrtwurden und auch die Handschriften dieser Epo-che bestimmten. Aus diesem Zeitraum stammenauch die weitaus meisten der uns heute noch zur Verfgung stehenden handschriftlichen berlie-ferungen unserer Vorfahren. Wer sich einmal mit den Buchstabenbildern der Kurrent vertrautgemacht hat, wird auch keine Schwierigkeitenmit neueren Formen (z.B. Stterlin) haben undsich mit vergleichsweise geringer Mhe in dievor 1800 gebruchlichen Stilformen einlesen.

    Der Lesebungsteil ist so aufgebaut, da Siesich zunchst stufenweise mit der um 1900 bli-chen Kurrent vertraut machen und in der Folgedie Mglichkeit haben, Ihr erworbenes Wissenbeim bertragen von Handschriften verschie-densten Inhalts zu festigen und zu erweitern.

    Eine Zusammenfassung der wichtigsten Be-sonderheiten enthlt der folgende AbschnittHinweise und Lesehilfen.

    Die ersten bungen beginnen damit, da Sie sich anhand von unzusammenhngenden Wr-tern die Klein- und Grobuchstaben einprgensollen. Die entsprechende bertragung findetsich jeweils unter dem betreffenden Wort, dasvollstndige ABC knnen Sie der Tafel 3 entneh-men. Sie sollten diese zwei Seiten auch ohneEinhalten der Wortreihenfolge halbwegs flssiglesen knnen, bevor Sie sich den nchsten Schritt vornehmen. Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um geschlossene Texte verschiedenerLnge. Um Sie nicht gleich anfangs mit verschie-

    denen Handschriften zu berfordern, sind allebisher genannten bungen vom Verfasser in ei-ner mglichst der Richtform um 1900 entspre-chenden Kurrent ausgefhrt.

    Mit der leserischen Beherrschung der bisheri-gen bungstexte haben Sie die Grundlage zumStudium echter historischer Handschriften er-worben. Die in der Folge abgebildeten Beispielestammen aus der Zeit zwischen 1925 und 1640und sind so ausgewhlt, da sie bei unterschiedli-chem Inhalt verschiedene Handschriften zeigen,insgesamt aber mit etwas Einfhlungsvermgengut zu lesen sind. Zur berprfung Ihrer Kennt-nisse und zum Nachschlagen von Wrtern, deren Sinn Sie nicht entschlsseln konnten, finden Sie eine bertragung smtlicher Lesebeispiele amSchlu dieses Teiles.

    Hinweise und Lesehilfen

    Bevor Sie mit den eigentlichen bungen begin-nen, sollten Sie diesen Abschnitt aufmerksamdurchlesen. Er enthlt in kurzgefater Form Wis-senswertes ber Besonderheiten und Dinge, dieIhnen anfangs Schwierigkeiten bereiten knn-ten.

    Die Buchstaben

    Grundlage ist die Kurrent der Jahrhundertwende. Wenn Sie die Buchstaben auf Tafel 3 (Seite 13)einzeln betrachten, werden Sie feststellen, daeinige den gewohnten lateinischen Gegenstk-ken fast gleichen und bei vielen anderen der Un-terschied vor allem in der Brechung der Rundun-gen besteht. Bei den Grobuchstaben werden Ih-

  • 15

    Hinweise und Lesehilfen

    nen die meisten unbekannten Formen begegnen; sie bedrfen einer gewissen Gewhnungszeit.

    Allgemeine Leseschwierigkeiten

    Die Leserlichkeit einer Handschrift hngt zwargrtenteils von der Ausfhrung der Buchstaben und ihrer Abweichung von einer bekanntenRichtform ab, doch wird trotzdem jeder denSchwierigkeitsgrad verschieden einstufen.Zwangslufig werden sich bei manchen WrternUnklarheiten ergeben. Lassen Sie diese vorerstaus und lesen Sie weiter. Oft ergibt sich die L-sung aus dem folgenden Sinnzusammenhang.Hilfreich kann es auch sein, sich den Zweck ei-nes Schreibens, die Rolle des Verfassers sowie des Empfngers (soweit jeweils bekannt) zu verge-genwrtigen. Viele Zweifelsflle treten bei Eigen-namen und Ortsbezeichnungen auf, die oft nurim Vergleich mit anderen, im Zusammenhangstehenden Handschriften gedeutet werden kn-nen. Wenn Sie sich einmal vllig festgelesenhaben empfiehlt es sich, bis zum nchsten Ver-such einige Zeit verstreichen zu lassen. SetzenSie sich zum Ziel, den Inhalt eines Schreibens gesamtschaulich zu erfassen; wenn einzelneWrter dabei unerklrlich bleiben, braucht Siedas nicht zu beunruhigen.

    Die s-Formen

    Die deutsche Schreibschrift kennt, ebenso wiedie Druckschrift, zwei verschiedene Formen des s: Das sogenannte

  • 16

    Erster Teil: Das Lesen

    Mgliche Verwechslungen von Buch-staben

    Ungewohnte Buchstaben knnen leicht zu Ver-wechslungen mit hnlichen oder solchen, die aus der lateinischen Schrift her gelufig sind, fhren. Die flchtige Schreibweise ausgeschriebenerHandschriften sowie persnliche Ausformungentun dann das ihrige hinzu. So gleichen sich meist e und n, auch g und p im Erscheinungs-bild ziemlich an. Das u unterscheidet sich vom n nur durch den kleinen Bogen ber der ff-nung, d unterscheidet sich von D meist nurdurch seinen spitzen Fu. Der Anschlu an dund D kann auf verschiedene Arten erfolgen.Anla fr Verwechslungen knnen auch B und L, K und R sowie N und die Ligatur Stgeben. In den meisten Fllen lt sich jedoch der richtige Sinn durch den Wortzusammenhang er-mitteln.

    Ligaturen (Verbundbuchstaben)

    Wenn zwei Buchstaben zu einem Zeichen zu-sammengefat werden, bezeichnet man dies alsLigatur. Man unterscheidet sprachliche undtechnische Ligaturen. Erstere sind Buchstaben,die durch die Verbindung ihren Lautwert ndern(z.B.: ch, ck, tz), zweitere entstehen bei derSchreibschrift zur Vereinfachung des Schreib-flusses, wobei unter Verschmelzung der altenFormen ein neues Buchstabenbild entstehenkann. In der Kurrent der Jahrhundertwende sind nur mehr wenige Ligaturen enthalten. Anla zu Verwechslungen gibt nur St, das dem N sehr hnlich ist. Das beim einzelstehenden c zurUnterscheidung fters verwendete Hkchen amBeginn des Abstrichs wird bei den Ligaturen ch und ck nicht geschrieben.

    ltere Buchstabenformen

    Beim Lesen von Schriftstcken, die vor 1850 ver-fat sind, werden zunehmend unbekannte Buch-stabenbilder auftauchen, von denen eine Aus-wahl hier dargestellt ist. Das e lt sich dabei leicht mit einem r verwechseln, das G wird gerne fr ein H gehalten. Verschiedene weitere Ausprgungen, besonders von Grobuchstaben,knnen Sie der Tafel l entnehmen. Das lange swurde oft auch nur als Mittel- und Unterlngegeschrieben; seine Form des mit einem kleinen Bogen endenden Aufstriches lt sich noch bis ins 20. Jahrhundert hinein verfolgen.

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    Hinweise und Lesehilfen

    Schriftmischungen - Mischschriften

    Anschriften, berschriften, Fremdwrter sowieOrts- und Eigennamen wurden zur Hervorhe-bung gerne in lateinischer Schreibschrift ge-schrieben. Eine Modeerscheinung des vorigenJahrhunderts war es auch, lateinische Grobuch-staben mit deutschen Kleinen zu mischen. Auch die wahllose Vermischung von deutschen undlateinischen Formen ist, vor allem bei wenig ge-bten Schreibern, immer wieder festzustellen,- in jngster Zeit bei vielen Vertretern jener Genera-tion, die nach 1941 mit der Umstellung vonDeutsch auf Latein nicht zurande kamen.

    verzeichnis) empfohlen, die in den meisten Fl-len Auskunft geben werden knnen. Bis in dieGegenwart gehalten hat sich nur der Verdoppe-lungsstrich ber m und n, der nicht mit dem Bogen ber dem u zu verwechseln ist.

    Abkrzungen

    Mit dem Alter der Schriftbelege mehrt sich auch die Zahl der darin verwendeten Abkrzungen,auf die wegen ihrer Flle hier nicht nher einge-gangen werden kann. Bei Handschriften aus dem vorigen Jahrhundert werden es vor allem Mnz-,Ma- und Gewichtsbezeichnungen sein, dieSchwierigkeiten bereiten. Zu diesem Thema sei-en die Bcher Schlssel zu alten und neuen Ab-krzungen und Leseschlssel zu unserer altenSchrift von Paul Arnold Grn (siehe Literatur-

    Rechtschreibung

    Vor 1901 war die Rechtschreibung in dendeutschsprachigen Lndern keinen allgemein-gltigen Richtlinien unterworfen. So wird manbeim Lesen von Handschriften aus dieser Zeitimmer wieder auf Wrter oder Wendungen sto-en, die heute nicht mehr gebruchlich und uns daher unverstndlich sind. Es ist daher ntzlich, sich etwas mit dem Sprachgebrauch der betref-fenden Epoche vertraut zu machen. ZustzlicheHilfe bieten Wrterbcher, wie sie auch im Lite-raturverzeichnis angefhrt sind.

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    Erster Teil: Das Lesen

    bungsbeispiele

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    bungsbeispiele

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    Erster Teil: Das Lesen

  • 21

    bungsbeispiele

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    Erster Teil: Das Lesen

    Aus dem Tagebuch des Schiffsarztes Dr. Fritz Hellauer (geringfgig gekrzt)

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    bungsbeispiele

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    Erster Teil: Das Lesen

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    bungsbeispiele

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    Erster Teil: Das Lesen

    Hinweise: Porst (oder auch: Post): Gargelstrauch, vor-nehmlich in Heide- oder Moorgebieten wach-sendGeest: Im Gegensatz zur Marsch das hhere, sandige und weniger fruchtbare Land im nord-deutschen Kstengebiet Wohld:Niederdeutsch fr Wald"

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    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Brief von Ottokar Kernstock an Frau Alma Kser vom01. 03. 1924, in dem er sein Fernbleiben entschuldigt Sammlung Kser

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    Erster Teil: Das LesenSammlung Neu

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    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Aussage von Rudolf von Larisch ber seine Pflegesttte Handschrift von Rudolf von Larischder Schrift- und Buchgestaltung Rudolf von Larisch und die Entwicklung neuer deutscher

    Schreibkunst5. Band der Monographien knstlerischer Schrift Verlag Heintze & Blanckertz, Berlin-Leipzig 1938

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    Erster Teil: Das Lesen

    Bcher, Gedicht von Karl Wolfskehl (1869-1948),1932. Geschrieben von Georg Hawranck (Jahrgang 1897)im Jahr 1990. SammlungS

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    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Geschftsbrief an Friedrich Methlow, Einmahnung von Verkleinerung des Originals auf 72 %Brgschaftsurkunden Sammlung Neu

  • 32

    Erster Teil: Das LesenSammlung Kser

  • 33

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Dienstzeugnis der Johanna Tiefenbacher, 1909 als Kchinin Sterzing in Ausbildung Sammlung S

  • 34

    Erster Teil: Das Lesen

    Brief des Inhabers der Bierhalle Ritter an den Prsidenten Verkleinerung des Originals auf 77 %eines Gesangvereins Sammlung Kanobel

  • 35

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Begleitschreiben der Rechnung fr Fourage an das Gro- Verkleinerung des Originals auf 83 %herzoglich-badische Feldartillerieregiment vom 25. Juni1866 Sammlung Neu

  • 36

    Erster Teil: Das Lesen

    Schreiben der Kanzlei des Groherzogs von Baden an den Verkleinerung des Originals auf 84 %Brgermeister von Ladenburg Sammlung Neu

  • 37

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Abschrift des Taufscheins der Anna Maria Mei, geb. Verkleinerung des Originals auf 97 %1823, aus dem Jahre 1853 Sammlung Kser

  • 38

    Erster Teil: Das Lesen

    Brief des Kaufmanns Klemm an seine Kinder von einer Fritz Klemm:Geschftsreise nach der Insel Fehmarn, 23. 11. 1843 Ltt Marieken ehr Kh

    Paul Hrtung Verlag, Hamburg 1962 Verkleinerung des Originals auf 70 %

  • 39

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Quittung des Martin Friedrich fr eine von Adam Gras- Verkleinerung des Originals auf 78 %singer geleistete Zahlung, 8. Juni 1845 Sammlung Neu

  • 40

    Erster Teil: Das Lesen

    Dienstzeugnis fr den Lehrling Peter Schfer, 01.11.1826 Verkleinerung des Originals auf 81 % Sammlung Neu

  • 41

    Leseproben aus drei Jahrhunderten

    Urkunde zur Errichtung eines Lehrstuhls der deutschen Die deutsche Schrift, Heft 3/1987 Sprach- und Redekunst an der Akademie der Wissen-schaften, datiert 1765

  • 42

    oben: Handschrift des Heinrich G. Paricius, Die zeitgeme Schrift, Studienhefte fr Schrift undRegensburgische Schreiberschule 1710 Formgestaltung

    Verlag Heintze und Blanckertz, Berlin-Leipzigunten: Handschrift des Schreibmeisters A. Mller, 1927-1943Lbeck 1643

    Erster Teil: Das Lesen

  • 43

    bertragungen

    bertragungen

    Rezept fr das Vanillebrod (geschriebener TextS. 20.)

    350 Gramm Zucker mit vier Eigelb u. zwei ganzen Eiern recht schaumig gerhrt, eine halbe Stange Vanille mitetwas Zucker fein gestoen u. durch ein Sieb passirt,zuletzt 350 Gram Mehl dazu gethan. Von der Masse klei-ne Hufchen auf ein Blech gesetzt, u. in miger Hitzegebacken.

    Eidesformel aus 113 (geschriebener Text S. 20)

    Ich gelobe und schwre: Die Rechte und Freiheiten des Volkes und der Brger zu achten, die Verfassung undverfassungsmigen Gesetze streng zu befolgen und die Pflichten meines Amtes getreu und gewissenhaft zu er-fllen, so wahr mir Gott helfe!

    Diejenigen Personen, denen ihre berzeugung die Lei-stung eines Eides nicht gestattet, knnen an dessen Stelle folgendes Amtsgelbde ablegen.

    Ich gelobe auf meine Ehre und mein Gewissen, dieRechte und Freiheiten des Volkes und der Brger zu ach-ten, die Verfassung und verfassungsmigen Gesetzestreng zu befolgen und die Pflichten meines Amtes getreu zu erfllen! (Aus der Staats-Verfassung des KantonsBern, 1893)

    Winckeldruckerey, (geschriebener Text S. 21)

    werden solche Druckereyen genennet, die man auf Dr-fern, Flecken, oder ndern freyen rtern anleget, wo man ohne Censur die Buchdruckerkunst zu allerhand uner-laubten Schriften mibrauchet. Es ist aber solches aus-drcklich verbothen von Ihro Roemisch-Kaiserl. Maje-stt Maximilian II. und Rudolphen II. in den Reichsab-schiedcn vom fahr 1570 zu Speyer, und 1577 zu Franck-furth, ingleichen von Hcrtzog Augusten zu Sachsen vom 26. May 1571, in welchem Rescript Wittenberg, Leipzig und Dresden alleine verstattet wird Druckereyen anzule-gen.

    19. Oktober 1905 (geschriebener Text S. 22)

    Das Schiff bis zum Erlaubten vollgeladen, die ganzenKajten und das ganze Deck voll Passagiere, dampfen wir nach Alexandrien. Ist 12 Tage hin. Von den Passagieren ist die hbsche, junge Frau des Postdirektors in Konstan-tinopel eine Wienerin, mit der ich mich recht gut unter-

    halte. Einige Levantinerinnen, in allen mglichen Spra-chen plaudernd, mich mit ihrem Schmuck und prchti-gen Toiletten wie alle Levantinerinnen an Varietedamen erinnernd = lauter Gesindel, wo die Frauen dem Herrgott den lieben Tag, die Mnner den Trken das Geld imHandel abstehlen. Auch Old England ist mit einer Anzahl von Vertretern erschienen = und seitdem mu man ber-all, bevor man sich niedersetzt, die Sessel abputzen, denn deren Schuhe und weikarierten Strmpfe erscheinensicher auf jedem Sessel, wenn nicht gar auf dem Tische, was auch hufig vorkommt. Gentlemanlike. Auch zwei deutsche Diakonissinen sind an Bord, die als Kranken-pflegerinnen in das Innere nach Damaskus gehen und mit nicht eingestandenem Bangen der Zukunft entgegensehen = sonst aber froh sind, einen so netten Doktor am Schiffe gefunden zu haben.

    Hermann Lns: Der Porst (geschriebener TextS. 23)

    An der Quelle, die am Fue der hohen Geest aus demanmoorigen Boden springt, steht ein brauner, blattloserStrauch, ber und ber mit goldig schimmernden Bluten-ktzchen bedeckt.Ein Porstbusch ist es. Schon im Sptsommer, als er nochim vollen Laube stand, hatte er seine Blten halb fertig; im Herbst und Winter vollendete er sie, und dann stand er da und wartete auf seinen Frhling. Lange hatte er warten mssen. Die Kolkraben kreisten laut rufend ber derWohld, die Birkhhne bliesen und trommelten auf denWiesen, Hasel und Erle blhten auf und blhten ab; doch erst als der Kranich im Moor m die Trompete stie und die Birke sich rhrte, durfte der braune Busch seinentausend Knospen den Willen lassen, und nun steht er da, umgeben von goldenem Schein und atmet einen strengen und starken Duft aus, der sich mit dem Hauche des jun-gen Birkenlaubes und dem Kiengeruche der sprossenden Kiefern vermischt.

    Alle die anderen Porstbsche, die zwischen den Rinn-salen, die aus der Geest quellen, stehen, hier einzelnund hoch, von Birken, Weiden, Eichen und Erlen bedrngt und von gewaltigen Wacholdern und hohen Stechpal-men, dort niedriger und in Scharen vereinigt, durchwu-chert von silbern anblhendem Wollgrase und lustigsprieendem Riede, haben ebenfalls ihre Ktzchen er-schlossen. Wenn sie aber auch noch so sehr prahlen und prunken, zur Alleinherrschaft kommen sie hier dochnicht. Denn das Bergmilzkraut ist noch da, das mit hell-blhendem Rasen die Wsserchen umflicht, stolze Dot-terblumen protzen aus saftigem Laub hervor, die Weiden-bsche leuchten von oben bis unten vor Bltenpracht,und das junge Laub der Birken, vermengt mit zierlichen Troddelchen, schimmert und flimmert im Morgenson-nenlichte.

  • 44

    Erster Teil: Das Lesen

    Einst, als der Wolf hier noch das Hirschkalb hetzte, bei Tage der Adler das groe Wort hatte und bei Nacht derUhu, herrschte der Porst unumschrnkt von der Geest bis an die Aller. Aber die Bauern brannten ihn nieder, rodeten ihn aus, schlugen Pfhle ein, zogen Drhte, trieben dasVieh in die Gatter, kalkten das Land, und nun sind Wie-sen und Weiden da, wo ehemals nichts war als Porst und Porst und immer wieder nur Porst und hier und da eine Eiche, ein Wacholder, ein Stechpalmenbusch. Nur an den Seiten der Wiesen und an einigen Grben hat er sich noch halten knnen und zieht braune, goldig leuchtende Strei-fen durch die grnen, vom Schaumkraut blulichweiberhauchten Flchen. Hinter den Wiesen aber, in dergroen Sinke, die von zwei flinken Bchen und einemfaulen Flchen berreich mit Wasser versorgt wird, hat der Porst noch die Obergewalt. Es fehlt dort anfangs nicht an Bumen und Struchern, knorrigen Eichen, schlanken Birken, stolzen Fichten und krausen Kiefern; aber jetzt,wo der Porst in Blte steht, kommen sie nicht zur Gel-tung, denn die ganze weite, breite, nur hier und da voneiner Krppelkiefer, einem Erlenhorste, einem Weiden-busche unterbrochene Flche ist ausgefllt von ihm, ist ein einziges goldenes, glhendes, loderndes Gefilde, er-fllt von tausendfltigem Leben.

    Dumpf murren in den Tmpeln die Moorfrsche, helllocken im Riede die Heerschnepfen, wehleidig klagendtaumeln die Kiebitze dahin, und mit jauchzendem Schrei kreist der Bussard unter den Wolken. Auf dem grauenWacholdergerippe sitzt der Raubwrger, schrill rufend,helle Weihen werfen sich mit gellendem Keckern aus der Luft, der Brachvogel steigt empor und lt seine wehm-tigen Triller weithin schallen, Kuckuck und Wiedehopfluten, die Turteltauben schnurren, und viele kleine und feine Stimmen erklingen, ab und zu bertnt von denherrischen Fanfaren des Kranichs oder von dem drhnen-den Basse des Rehbockes, der von einem Menschen Wind bekommen hat und nun durch den Porst flchtet, da der Bltenstaub hinter ihm herwirbelt und die graue Glok-kenheide, die braune Sandheide, das grne Ried und das silberne Wollgras mit dichtem gelben Puder verhllt.

    Heute herrscht der Porst hier noch und morgen undbermorgen. Um das dstere Erlengebsch frohlockt er und jauchzt aus dem modrigen Birkenwalde heraus. Aber die Sonne, die ihm nach langem Warten die Schnheitbrachte, wird sie ihm bald nehmen, der Wind streift ihm den goldenen Staub aus den Ktzchen, der Regen gibt ihm den Rest. Mit verdorrten, fahlen Blten wird er danndastehen; niemand wird nach ihm hinsehen, wenn er sich mit jungem Laube schmckt, und je voller er sich beblt-tert, um so unsichtbarer wird er und verschwindet zwi-schen der Heide und dem Riede und den Weiden und dem ppigen Bruchgebsch als ein Strauch, den keiner sieht und kennt. Im Herbste wird er dann noch einmal goldgelb und feuerrot leuchten und lodern und im Winter sichpurpurrot aus dem Schnee erheben, um auf den Frhling

    zu warten; doch niemand freut sich an ihm. Hinter den Erlen quillt eine Rauchsule empor und noch eine undimmer mehr. Die Bauern brennen den Porst; er stehtihnen im Wege. Hier liegen die blhenden Bsche zuTausenden am Boden, da starren sie tot und schwarz aus dem jungen Grase. ber das Jahr wird der feurige Buschnicht mehr so unumschrnkt hier herrschen; Wiesen und Weiden werden ihn durchziehen. Und noch ein Jahr und abermals eins wird kommen, und aus ist es mit ihm.Nicht mehr wird der Birkhahn hier balzen, der Kranich trompeten, die Heerschnepfe meckern.

    Verschwunden wird bis auf einige drftige Reste derPorst sein mit seiner Pracht und all dem bunten, reichen Leben, das sich in ihm barg.

    Sehr verehrte gndige Frau! (geschriebener TextS. 27)

    Das wehmtige Dichterwort Es war' zu schn gewesen,es hat nicht sollen sein, das in meinem Leben seit jeher eine groe Rolle gespielt hat, bewhrte sich auch diesmal, als es galt, zweifach Schnes: Ihre Gastfreundschaft und eine knstlerische Feierstunde im Konzertsaale zu genie-en. Besonders leid tut es mir, da ich Sie, verehrte Frau, und ihre lieben Hausgenossen enttuschen mute, diegewi schon in bewhrter Sorglichkeit Vorbereitungenauf meine Ankunft getroffen und ich bin so verwegen, es zu glauben sich darauf gefreut haben. Ich lasse alle,zumal Herrn Doktor, vielmals um Verzeihung bitten.

    Herr Kastelitz wird Ihnen die Hindernisse mitgeteilthaben, die meinen Reiseplan scheitern machten. Er trgt keine Schuld. Er hat sein Mglichstes getan und ich bin ihm fr das Opfer einer keineswegs angenehmen Winter-reise tatfestesten Dank schuldig. Lassen Sie mich hoffen, da die Zeit, da der hliche Tyrann Winter von denholden Mchten des Frhlings endgltig entthront seinwird, uns ein frohes Wiedersehen vergnnt, und entrich-ten Sie dem Kreise froher und guter Menschen, dessenMittelpunkt Sie sind, die wrmsten Gre

    Ihres in aufrichtiger Hochachtung ergebenenFestenburg, 1.3. 1924 Dr. O. Kernstock

    Zeugnis (geschriebener Text S. 28)

    Frulein Elisabeth Schemenau geboren 12. August 1901 zu Stockach in Baden, war vom 1. Dezember 1919 bis 2. August 1920 als Kinderpflegerin bei mir in Stellung.

  • 45

    bertragungen

    Whrend dieser Zeit hat sie sich durch groen Flei,Aufrichtigkeit und groe Liebe zu meinen 2 Kindern im Alter von l und 4 Jahren ausgezeichnet. In Pflege undPnktlichkeit ist Frl. Schemenau uerst zuverlssig und kann ich sie jedermann empfehlen.

    Sie verlt mein Haus auf eigenen Wunsch, da sie ihrer Mutter nicht mehr entbehrlich ist.

    Fr ihr ferneres Fortkommen und Wohlergehen wn-sche ihr recht viel Glck

    Ernst Guggenheim

    Bcher, Bcher, Bcher, Bcher, Meines Lebens Brot und Wein! Hllt mich nicht in Leichentcher -Schlagt mich in van Geldern* ein!

    Karl Wolfskehl, 1932

    *wertvolles Bttenpapier

    Rudolf von Larisch (1856-1934) (geschriebenerText S. 29)

    Die Liebe zu Edelschrift und Buch ist das Band, das uns vereint. Wer der Pflegesttte angehrt, ist in keiner Liste verzeichnet und mu es in seinem Inneren fhlen. Hohe Schriftqualitt und Gestaltungskraft sind Vorbedingung. Nur wer sich durch Schriftschreiben beglckt fhlt und Edelarbeit leisten will, mit dem Ziele auf Schrift- undBuchgestaltung, gehrt zu uns. So kann der Lrm und das unreine Wollen des Alltags an unseren Kreis nicht andrin-gen.

    Wir suchen das, was wir in unserem Herzen tragen und wollen es rein bewahren. Mge die Pflegesttte dieseSehnsucht erfllen helfen.

    Bcher (geschriebener Text S. 30)

    Bchern bin ich zugeschworen, Bcher bilden meine Welt. Bin an Bcher ganz verloren, Bin von Bchern rings umstellt.

    Zarter noch als Mdchenwangen Streichl' ich ein geliebtes Buch, Atme bebend vor Verlangen Echten Pergamentgeruch.

    Inkunabeln, Erstausgaben, Sonder-, Luxus-, Einzeldruck: Alles, alles mcht ich haben -Nicht zum Lesen, blo zum Guck!

    Bcher sprechen ungelesen seit ich gut mit Bchern stand,Wei ich ihr geheimstes Wesen: Welch ein Band knpft mancher Band!

    Herrn Fr. Methlow, Heidelberg (geschriebenerText S. 31)

    Unsere Centraldirection hat soeben telefonisch bei unsangefragt, ob die Brgschaftsurkunden in unseren Besitzgekommen sind. Leider muten wir die Anfrage vernei-nen. Wir bitten Sie dringend, uns heute noch wenigstensdie Brgschaft Ihrer Frau Mutter zukommen zu lassen;die Brgschaft des Herrn Neu hoffen wir morgen vonIhnen zu erhalten. Herr Director Dr. Hesse wird in dennchsten Tagen nochmals in Ihrer Angelegenheit hierherkommen und mchte bei dieser Gelegenheit in unse-rem Bro einen Einblick in Ihre Inventurbcher nehmen.Wir werden Sie vor dem Hierherkommen des Herrn Director Dr. Hesse bitten, uns einige dieser Bcher zuzu-schicken. Wir hoffen, da Sie schon in der nchsten ZeitGelegenheit haben, grere Waarenbestnde abzustoenund sehen Ihren Anschaffungen entgegen. Hoffentlich istes Ihnen mglich, die Verhandlungen mit der Firma Em-den zu einem guten Ende zu fhren. In einem VerkaufIhres Geschftes sehen wir fr Sie selbst und fr die bri-gen Beteiligten unbedingt die beste Lsung.Hochachtungsvoll (2 Unterschriften)

    Postkarte oben (geschriebener Text S. 32)

    Hochw.(ohlgeboren) HerrnFhnrich 41. Inft. RgmtFriedrich FranckCzernowitzBukowinaNun wie geht es Dir denn in Cz. (= Cernowitz) In ein paarTagen bin auch wieder dort und dann wirst Du Dichschon einleben. Ich fahre in 14 Tagen nach Wien, solltestDu irgendwelche Wnsche fr Deine Eltern haben so gibsie mir bekannt und ich mache dort eventuell meineAufwartung. Im brigen am Anfang Geduld und vieleGre Dein

    (Unterschrift)Schreibe bald Gru an Polawezky

  • 46

    Erster Teil: Das Lesen

    Postkarte unten

    WohlgeborenFruleinHelene Schindler VslauErnestinen-VillaLiebe Helene! Soeben habe ich Deinen Brief erhalten. Esfreut mich, da Du nun bald wieder hergestellt sein wirst. Eurer freundlichen Einladung, Euch zum hl. Abende zubesuchen, kann ich leider keine Folge leisten, da ich be-reits schon vor einigen Tagen der Tante Marie zugesagthabe den hl. Abend in Neustadt zu verbringen. Also be-sten Dank fr die freundliche Einladung. Vielleicht sehen wir uns hernach in den nchsten Tagen. Ja? Ich bin immer noch ohne dienstbaren Geist.Obwohl Du nichts erwhnst, hoffe ich doch, da Dumeine Karte erhalten hast. Nochmals Dir und DeinenEltern recht angenehme Feiertage wnschend, grtEuch alle Tante Milla

    gewohnt zu komen, damit Sie doch noch einige schne Lieder singen knten.Ihre gtige Antwort Herr Weber hierber gewrtigend Zeichnet bestens Grend

    Albert Huber z. Ritter *) = Mehrzahlform

    (geschriebener Text S. 35)

    an Verehrl. Verrechnung des Gr. bad. FeldArtillerie Regi-ments in Gottesaue

    In der Anlage erlauben wir uns Ihnen eine Bescheini-gung ber Fourage Lieferung an die dahier bequartirtge-wesene Batterie des obigen Regiments vom heutigen ber 37 f 40 mit der Bitte zu bermitteln uns den Betrag gefllig hierher senden zu wollen.

    Nach gemachter Auszahlung werden wir die Quittunghierber umgehend einsenden.Ladenburg, den 25. Juni 1866 Schaefer

    (geschriebener Text S. 33)

    Text links: Peter HoferGasthof z. gold. Hirschen Sterzing Am 15. Juni 1909 Am 01. Oktober 1909

    Text quer: Gesehen und besttiget am 22. 10. 1909 (Un-terschrift)

    Text rechts: KochenlernerinBesttige hiermit da Johanna Tiefenbacherbei mir als Kochenlernerin war und sichdurch Ihren Flei und Geschicklichkeit so-wie willig, sitlich, ehrlich u treu jedermanaufs beste zu empfehlen ist. Sterzing den l.Oktober 1909 Peter Hofer

    (geschriebener Text S. 36)

    Hochgeschtzter Herr Brgermeister!Seine Knigliche Hoheit der Groherzog haben das

    Beglckwnschungsschreiben der Vertreter derGemeinden des Amtsbezirks Ladenburg huldvollstentgegengenommen und mich gndigst zu beauftragengeruht denselben Hchst Seinen freundlichen Dank frdie darin kundgegebenen Gesinnungen derAnhnglichkeit und Treue auszusprechen.

    Indem ich durch diese Mittheilung dem mir geworde-nen gndigsten Befehle nachkomme bitte ich Sie dies zur Kenntni aller derer zu bringen, die sich der Adresseangeschlossen haben und zeichne hochachtungsvoll Euer Wohlgeboren ergebenster Diener

    (Unterschrift)

    Zrich, den 18. Feb. 1903 Herrn Weber! (geschriebener Text S. 34)

    Ich mchte die HHerrn* von der Gesangssektion gernewieder einmal zu einem Fa Bier einladen, hoffend dieHHerrn* werden mein Anerbieten nicht ausschlagen &.bitte ich Sie Herrn Weber als Prsident hflichst, mir gef. mittheilen zu wollen, an welchem Tage es Ihnen ambesten pat, & wie viel Mitglieder ich ungefhr erwartendarf, damit ich mich mit dem Platz richten kan. ebensowrde Sie dan bitten etwa eine Stunde frher als wie

    Taufschein (geschriebener Text S. 37)

    Endesgefertiger bezeiget hiermit aus dem Taufbuche der 1. (= als) f. (= auf) Pfarre Haag...* fol.204**. da vonMichael Mei bauer zu Krottendorf 165 hies. Pfarre mit seinem Weibe Anna geb. Pickl. whrend ihres Ehestandes eine Tochter erzeigt wurde, welche am fnften April des Jahr Christi, eintausendachthundertzwanzig und drey / : 5. April 1823 / geboren am selben Tage in der hiesigenlobwrdigen Pfarrkirche zum h: Michael von demHochw. Herrn Joseph Huber p.t. * * * Cooperator allhier in Gegenwa(r)t des Johann Schadorfer bauer zu Porstenberg

  • 47

    bertragungen

    hies. Pfarre als Pathen nach katholischem Gebrauche die h: Taufe empfangen hat, in welcher ihr der Nahme AnnaMaria beigelegt wurde. Urkund deen meine Handschrift und der beigedruckte Pfarrsigell. Pfarre Haag am 25. Mrz 1853

    Sebastian Deichard, Pfarrer

    eine mgliche Lesart wre: III St. = 3. Stck * fol.204 = Blatt 204**p.t. = prmisso titulo = mit (allen) vorangestellten

    Titeln

    Quittung: (geschriebener Text S. 39)

    Adam Grassinger als Pfleger des Schemenauers Erbenzahlt an den Martin Fridrich fr dessen volljhrige Efrau Margreda Schemenau den Sechsten Theil von dreyhun-dert Achzig fnf Gulden, mit Sechzig vier Gulden 10+ fr den verkauften Baublatz an den Evangelischen Pfarrfund wofr bescheind den EmpfangBargen, d. S.ten Juni 1845 Sechzig vier Gulden 10+richtig erhalten

    Martin Friedrich

    Lieben Kinder, gro und klein! (geschriebenerText S. 38)

    (geschriebener Text S. 40)

    Vorzeiger dieses, Peter Schf(f)er, Sohn des Herrn PeterSchf(f)er von Ladenburg, hat bei mir die Handlung, sowohl in Speeerey als Eisen-Waaren erlernt, und sich wh-rend dieser Zeit immer zu meiner Zufriedenheit treu undfleiig betragen, so da ich denselben der Wahrheit ge-m dieses eigenhndig bezeuge und mit meinem Hand-lungs-Siegel hiemit bekrftige.Heidelberg, d. l.tenNovbr. 1826 Jos. Stauch

    (Burg auf Fehmarn), den 23. Nov. 1843Da ich gerade etwas Zeit habe, und mich lieber mit Euchunterhalte, als zusehe, wie die anderen Gste (Billard]oder (Karten) spielen, so will ich Euch mal wieder einenkomischen (Brief) schreiben, und Euch erzhlen, wie esmir bisher ergangen hat. Gestern war es nur gut, da wirden (Wind) auf dem (Rcken) hatten, sonst wrden wirmit unserem (Wagen) nicht so gut fortgekommen seyndenn (es, wehte) sehr bedefdent. Unterwegs kehrten wirim (Kuh-Krug, oder aber: Neu[e]n-Krug) und im (See-Krug) ein, und sahen viele wilde (Gnse) und (Enten). InLtjenburg bestieg ich Abends den (Stellwagen, Postwa-gen) mit Herr (Sonne) aus (Segeberg). In Oldenburg tran-ken wir bey Herr (Beil, Axt) (ein Glas Wein), schliefen inHeiligen(hafen) l Stndchen auf Sthlen und (Bnken)und kamen mit Tages Anbruch beym Sund an. Da dasWasser aber so niedrig war, so muten wir eine weiteStrecke auf einem Mist (Karren) zum (Boot) hinfahren.Auf der anderen Seite ging es ebenso. Whrend wir aber so saen und auf den (Wagen) warteten, sah der Mann, dermit seinen groen (Stiefeln) im Wasser stand und das Boot festhielt, auf ein mal einen See (Hund) seinen diken (Kopf) aus dem Wasser heraussteken: Sieht er nicht greulichaus? Fr dimal genug. Gratulirt Tante Louise vielmal zuihrem Geburtstag u. sagt ihr, da ich ihr verleicht auchwas mit - bringe. Seyd ja recht artig, hrt ihr? Es grtEuch (herz)lich Euer l.(ieber) Papa

    (geschriebener Text S. 41)

    Von Gottes Gnaden Wir Maximilian Joseph, in Ober- und Niederbaiern, auch der obern Pfalz Herzog, Pfalzgraf bey Rhein, des Heil. Rom. Reichs Ertz-Truchse und Chur-frst, Landgraf zu Leuchtenberg, etc, etc. Entbiethenmnniglich Unsern Gru und Gnade zuvor! Da Wir Uns von dem Antritt Unserer Regierung her, nichts so sehr angelegen seyn lassen, als die hohem, nzlichen, undschnen Wissenschaften, soviel es sich immer thun lt, in Unsern Churlanden auszubreiten und allgemein zumachen: und wie Wir zu eben diesem Ende eine Akade-mie der Wissenschaften in Unserer Residenzstadt Mn-chen errichtet, wovon wir bereits viele gute und heylsa-me Wirkungen zu Unserer uersten Zufriedenheit ver-spret haben: so erachten Wir noch berig zu seyn, an die Excolir- * und Auszierung Unserer deutschen Mutterspra-che, welche bisher nicht wenig in hiesigen Gegendenvernachligt worden, nach dem Beyspiele anderer be-nachbarten deutschen Staaten ernstliche Hand anlegen zu lassen; in Erwgung, da an einer gleichfrmigen,deutlichen, nach bestimmten Regeln eingerichten undeben darum vor der Vernderung gesicherten deutschen Schreibart Unsern Landen und der Nachkommenschaft sehr vieles gelegen ist. Wir haben daher Unserer Akade-mie der Wissenschaften aufgetragen, nicht nur einen of-

    * Excoliren: ausbilden, verbessern

  • 48

    Erster Teil: Das Lesen

    fentlichen Lehrstuhl der deutschen Sprach- und Rede-kunst in Unserer Residenzstadt zu bestellen, sondernauch eine nach der hiesigen Landesbeschaffenheit undMundart soviel mglich eingerichtete Anleithung zurdeutschen Sprachkunst, zum Gebrauch der Schulen Un-serer Churlande durch einige aus ihrem Mittel verfassenund in Druck legen zu lassen.

    recht sizze, auch die Fsse unter den Tisch nach seiner Bequemlichkeit, nehmlich den linken Fu etwas besser hinaus als den rechten strekke, wie solches au obiger Figur zu ersehen ist.

    (geschriebener Text S. 42)

    Heinrich G. Paricius, Regensburgische Schreiberschule, 1710

    Ein Schreiber mu also erhaben sizzen, da dessen bey-de Ellenbogen ganz frey und ungezwungen, auf dem Ti-sche, worauf Er schreibet, sich bewegen knnen, den Leib kan Er zwar ein wenig fr sich neigen, doch also, da Er sich nicht an den Tisch lehne, noch das Haubt allzusehr fr sich sinken lasse, sondern alle Zeit gerade und auf-

    (geschriebener Text S. 42)

    Ehr Eltern, Gott und Herren dein,So wird Glck und Hel (= Heil) be dir sein.Ehre dein Vater und Mutter mit Worten und der That, damit Ihr Segen ber dich komme und bi ans Ennde bleibe. Denn der Segen des Vaters versichert die Huser der Kinder, vnnd (= und) der Mutter Fluch reist (= reit) derselbigen Fundament mit der Wurzel gar herau. Darumb pflege Ihrer und betrbe Sie nicht. Den die Gutthaten, so du Ihnen beweisest, werden nimmermehr vergessen.

  • 49

    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Einleitung

    Schrift schreiben ist zuallererst Handwerk.Deshalb soll und kann es nicht bungszieldieses Teiles sein, Ihnen knstlerischeFhigkeiten zu vermitteln, sondern Sie mit den Gesetzmigkeiten der Buchstabengestaltungvertraut zu machen. Erst das Beherrschen derFormgesetze einer Schriftart ermglicht diefreie Entfaltung eines persnlichen Stils.Deshalb sollte Ihnen auch eine Handschriftnicht zu gering erscheinen, um sie wie einehandwerkliche Ttigkeit von Grund auf zulernen.

    Was Sie alles zum Schreiben brauchen, erfah-ren Sie im folgenden Abschnitt. Dort wird auch die Beschaffenheit der Schreibwerkzeuge und der Umgang mit ihnen erklrt. Zeit, Geduld undFreude am Schaffen mssen Sie selbst mitbrin-gen. Sie sind die Grundvoraussetzung fr jedeerfolgreiche schreiberische Ttigkeit.

    Der eigentliche Lehrgang behandelt drei ver-schiedene Stilformen der deutschen Schreib-schrift. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Of-fenbacher Schrift. Das mag verwundern, weil die Kurrent des 19. Jahrhunderts und die Stterlin ungleich verbreiteter und bekannter waren. An-erkannte Fachleute wie z. B. Prof. Walter Sthle (Stuttgart), die selbst in Lehrgngen deutscheSchreibschrift vermitteln, lehren undempfehlen bewut die Offenbacher Schrift alszeitgemeste und sowohl schreibtechnischenals auch knstlerischen Erfordernissenentsprechende Form. Ergnzend dazu werdenaber auch die deutsche SchulausgangsschriftStterlins und die Schreibformen der um 1900gebruchlichen Kurrent vorgestellt underlutert. Hinweise zu den bungen imbungsbuch finden Sie bei allen dreigenannten Schriften.

    Auf der so geschaffenen Grundlage knnenSie sich ohne Schwierigkeiten auch andereStilformen aneignen.

    Verschiedene Anwendungsbeispiele fr diedeutsche Schreibschrift sind am Schlu diesesTeiles abgebildet. Sie sollen Ihnen zurAnregung dienen, die erworbenen Kenntnisseauch in die Praxis umzusetzen.

    Das Werkzeug des Schreibers

    Die Schreibgerte

    Allgemein teilt man die Schreibgerte nach der Art ihrer Spitze und des damit erzeugtenSchreibzuges ein. Es werden solche fr denGleichzug (gleichbleibende Strichstrken),Wechselzug (verschiedene Strichstrken beiunterschiedlicher Strichrichtung) sowie fr den Schwellzug (auf- und abschwellende Striche)unterschieden. Von den im Alltagslebenblichen Schreibwerkzeugen kommt nur einguter Fllhalter (Tintenfller, Fllfeder) inFrage. Kugelschreiber und Filzstift sollten Sievorderhand aus Ihrem Gedchtnis verbannen -sie verderben ohnehin nur die Handschrift. Die losen, auswechselbaren Stahlfedern, die manauch fr alle anderen kalligraphischen Schriften verwendet, eignen sich fr unsere Zwecke ambesten. Sie sind in den Strichbreiten von 1/2 mm bis 5 mm in den verschiedensten Ausfhrungenberall im Handel erhltlich und werden ineinen dazupassenden Federhalter gesteckt odergeklemmt. Es gibt auch Fllfedern

  • 50

    Zweiter Teil: Das Schreiben

    mit kalligraphischen Schreibspitzen, doch sinddiese in den schmalen Strichbreiten, wie wir sie hier bentigen, bislang noch nicht erhltlich.

    Gefllt wird die Feder, indem man sie einfach in die Schreibflssigkeit eintaucht und am Ge-frand abstreift. Die meisten Breit- und Redisfe-dern haben einen Tintenstauraum in Gestalt ei-ner ber- oder Unterfeder, den man zweckmi-gerweise mit dem Pinsel oder einer Pipette fllt.Jede Feder sollte nach einer neuerlichen Fllung auf einem gesonderten Schmierblatt mit einpaar Strichen eingeschrieben werden. Zwei klei-ne Gewohnheiten, die unangenehme Kleckservermeiden helfen.

    Nach der Verwendung mssen die Federn miteinem weichen Lappen und allenfalls warmemWasser von Rckstnden gereinigt werden. Dieber- oder Unterfedern nimmt man dabei ab.Wenn Sie lngere Arbeiten ausfhren oder dick-flssigere Schreibstoffe (Farbe) verwenden, sindZwischenreinigungen empfehlenswert.

    Grundstzlich wird eine Feder mit Halter ge-nau so in die Hand genommen und mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger gefhrt wie der gewohnte Fllhalter oder Kugelschreiber. Die Breitfeder hat eine meielfrmige Spitze, die mit ihrer gesam-ten Breite aufliegen mu. Bei der Redisfeder gilt dies fr die Flche des Schreibplttchens. Wh-rend des Schreibens ist die Feder immer im glei-chen Winkel zur Grundlinie zu halten und darfauch bei Bogenformen nicht gedreht werden! Ge-rade der Anfnger mu auf diese stndig gleich-bleibende Federhaltung besonders achten.

    Der Schreibzug entsteht bei allen Federn, au-er jenen fr Schwellzge, durch die Form derSchreibspitze. Die so entstandene Linie darf kei-ne eingerissenen Rnder aufweisen - sie deutenauf eine falsche Federhaltung hin. Bei Spitzfedern entsteht die unterschiedliche Linienstrke dage-gen durch den ausgebten Druck der Schreib-hand.

    Genaue Anweisungen ber die Art, Breite und den Haltungswinkel der jeweiligen Federn finden Sie bei den betreffenden Schriften.

    Die Schreibflssigkeit

    Zum ben eignet sich am besten gut deckendeschwarze Tinte, die leicht flieen soll. Tusche oder Scribtol sind wesentlich dickflssiger und

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    Das Werkzeug des Schreibers

    verkleben schnell die Federn; sie sollten nur ver-wendet werden, wenn Wischfestheit oder Licht-bestndigkeit gefragt sind. Zum Hervorheben be-stimmter Textteile kann man sich handelsbli-cher farbiger Tinten bedienen. Etwas aufwendi-ger ist es, mit Aquarell-, Tempera- oder Plakafar-ben zu schreiben, die mit Wasser auf das erforder-liche Ma verdnnt werden mssen. Durch dieunendlichen Mglichkeiten der Mischung lassensich aber besonders reizvolle Wirkungen erzie-len.

    Der Schreibuntergrund

    Bei der Wahl des Papiers sollten Sie immer darauf achten, da es glatt, gut geleimt und holzfrei ist, damit es nicht durch die Schneide der Feder auf-gerissen wird oder den Schreibstoff zerflieendaufsaugt. Fr bungszwecke gengt normalesweies Schreibpapier oder Offsetpapier (Kopier-papier). Fr anspruchsvollere Arbeiten wird man, wie bei anderen Kalligraphien, auf edlere Be-schreibstoffe zurckgreifen. Ingres-, Japan- oderMarmorpapiere sind in vielen Ausfhrungen undFarbtnen erhltlich. Nicht jedes Papier vertrgt sich mit jedem Schreibstoff. Ein Versuch mit ei-nem Probestreifen hilft Ihnen, unangenehmeberraschungen zu vermeiden. Ein Stck Papier unter der schreibenden Hand schtzt denSchreibuntergrund vor der sonst unvermeidli-chen Fettabsonderung der Haut.

    Alle deutschen Schreibschriften bewegen sich in einem Vierliniensystem, das durch die jeweiligen Verhltnisse der Ober- und Unterlnge zur Mit-tellnge bestimmt wird (siehe Abbildung). Bis Sie die Maverhltnisse einer Schrift beherrschen,werden Sie auf diese Hilfslinien nicht verzichten knnen. Es ist zweckmig, sich gleich soge-nannte Linienspiegel zum Unterlegen in ver-schiedenen Zeilengren anzufertigen. Auch dierechten (freien) Seiten des bungsbuches lassensich dafr verwenden. Mit wachsender Schreib-fertigkeit wird man sich auf die Grundlinie be-schrnken knnen oder berhaupt frei schreiben. Bei nicht durchscheinenden Papieren sollen dieHilfslinien mit einem spitzen Bleistift mglichst dnn gezogen werden. Da Radieren fast immerPapiere und Schreibstoff beschdigt, lt man die kaum sichtbaren Hilfslinien entweder stehenoder verwendet zum Linieren besser gleich einestumpfe Nadel. Kleine Schreibhefte mit vorge-druckten Lineaturen sind auch im Handel erhlt-lich.

    Die Lineatur

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Die Offenbacher Schrift

    Die von Prof. Rudolf Koch geschaffene und vonseinem Schler Martin Hermersdorf mit KochsZustimmung in kleinen Teilen genderte Offen-bacher Schrift wird in ihren krftigen, abwechs-lungsreichen Formen vom Spiel der Breitfeder in Bewegung und Gegenbewegung geprgt. Sie ver-bindet so die berlieferung der Schreibmeistervor 1800 mit den neuzeitlichen Erkenntnissender Kalligraphie. Einer alten Handwerkererfah-rung folgend, wonach das Vorbild des Meistersimmer noch der krzeste Weg zur Erlernung jeder Kunstfertigkeit ist, verstand Koch auch seineSchreibvorlagen als bindende Vorschrift. Auf die-ser sicheren Grundlage ist es jedem Begabtenmglich, seinen persnlichen Stil zu entfalten.

    Fr die ersten bungen kann der gewohnteFllhalter oder eine Kugelspitzfeder genommenwerden auch das bungsbuch trgt dem Rech-nung. Trotzdem sollten Sie sich mglichst bald mit der Breitfeder vertraut machen, da nur mit diesem Schreibgert das kennzeichnende For-menspiel der Offenbacher Schrift zur Geltungkommt.

    Grundlinie bildet. Die Feder verbleibt whrenddes Schreibens in dieser Stellung und darf nicht gedreht werden.

    Die Grundstriche stehen zur Grundlinie in ei-nem Winkel von 75 bis 80, eine leichte Schrg-lage, die der fortschreitenden Bewegung beimflieenden Schreiben entspricht. Die Lineaturder Offenbacher Schrift ist mittellngenbetontund bewegt sich im Verhltnis 2:3:2 oder 3:4:3.

    Nach dem Vorbild von Martin Hermersdorfsind die Buchstaben bestimmten Grundformenin namentlich bezeichneten Gruppen zugeordnetund sollen damit durch formenweisen Aufbaudas Lernen gegenber einer starren ABC-Folgeerleichtern. Schreiben Sie jedes Zeichen hch-stens zehn Mal einzeln und ben Sie es dannsofort im Wortzusammenhang. Das frdert dasGefhl fr den Schreibflu und vermeidet dasErmden in endlosen Einzelbuchstabenreihen.Milungene Buchstaben lassen wir stehen undschreiben sie daneben neu; nichts ausbessernoder bermalen! Die meisten Buchstaben kn-nen ohne Absetzen der Feder geschrieben wer-den, wo dies erforderlich ist, sind die Schreibzge mit Kennzahlen versehen.

    Zum ben bentigen Sie zunchst eine Breitfe- Das bungsbuch bietet, dem Aufbau des Lehr-der in den Strichstrken von 3/4 oder l mm. Sie buches folgend, auf den Seiten 6 bis 25 Wrterwird so aufs Papier gesetzt, da die meielfrmi- zum Nachschreiben. Es ist jedoch vorteilhaft, zu-ge Schreibspitze einen Winkel von 15 bis 20 zur nchst auf einem gesonderten Blatt zu ben, wo-

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    Die Offenbacher Schrift

    bei die rechte (freie) Seite des bungsbuches als Linienspiegel Verwendung finden kann. LassenSie Ihrer Einbildungsgabe bei Wortschpfungen freien Lauf; solange wir noch nicht bei den Gro-buchstaben angelangt sind, werden alle Wrter klein geschrieben.

    Kleinbuchstaben

    l Die Zackenformen (bungsbuch Seite 6)

    Auf- und Abstriche stehen in klaren Winkeln zueinander, der Abstand der Grundstriche bei n,m, u und sollte etwas geringer sein als die Buchstabenhhe. Bei e mu abgesetzt werden, es wirdohne Verbindungsstrich geschrieben, um eine Verwechslung mit n zu vermeiden. I-Punkte,

    Umlautzeichen und u-Bogen werden erst gesetzt, wenn ein Wort fertig ist. Das gilt auch fr den kleinen Bogen des einzelnen c, der bei den Ligaturen ch und ck wegfllt.

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    2 Die Hakenformen (bungsbuch Seite 8)

    Die Anstriche verlaufen steiler, weisen aber eine leichte Durchbiegung nach rechts auf, um denZeichenabstand nicht zu gro werden zu lassen. Dem langen s folgende Buchstaben setzen an derGrundlinie an. Bei t mu einmal, bei ck und k zweimal abgesetzt werden. Im praktischen,schnellen Schreibvorgang verschmelzen jedoch meist diese einzelnen Zge.

    3 Die Eierformen (bungsbuch Seite 10)

    Der oben ein wenig offene Kopf sowie flache End- und Zwischenbgen sind Kennzeichen derGrundform. Beim a und der Unterlnge des g darf die Auswlbung erst kurz vor der Grundliniebzw. Unterlinie erfolgen. Der Abstrich darf die Eiform nicht berhren, aber auch nicht zu weitentfernt sein, um beim a Verwechslungen mit o bei nachfolgenden Zackenformen zu verhindern.

    4 Die Schleifenformen (bungsbuch Seite 12)

    Die Schnittpunkte der Schleifen liegen knapp unterhalb der Mittel- bzw. oberhalb der Grundlinie;der Kopf mu so weit offen sein, da ein i-Punkt darin Platz findet. Fr h gibt es zwei Schreibmg-lichkeiten: welche man whlt, ist Geschmackssache

    .

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    Die Offenbacher Schrift

    5 Die Mandelformen (bungsbuch Seite 14) 6 Die Rollenformen (bungsbuch Seite 16)

    Dem blichen Anstrich folgt ein nach links aus-schwingender Grundstrich mit spitzem Auslauf,daran schliet ein umgekehrter u-Bogen und in der Folge ein nach links ausbuchtender Auf-strich. Nur v und w zeigen die volle Mandelform; bei r schliet der flache Endbogen, bei y der Ab-strich mit Linksschleife die halbe Mandel ab.

    Der Kopf des z verlangt ein leichtes Einrollen; der Knotenpunkt, von dem die Gegenbewegung zur Schleife nach unten fhrt, liegt auf halber Mittel-lngenhhe. Bei tz hngt sich das z mit seinem Kopf in den Grundstrich des t ein. Der Bogen bei wird an der Mittellinie angesetzt.

    7 Die Sonderformen (bungsbuch Seite 18) Das Anschlieen der Folgebuchstaben bereitetanfangs etwas Schwierigkeiten.

    Das s besteht aus zwei Rollen, deren untere nur Die Formen des p sind jenem der Lateinschriftbis 3/4 der Mittellnge reichen soll. Das d erfordert hnlich. Das x birgt in sich ein Andreaskreuz,eine steile Linksschleife, die den Grundstrich an Sein Schnittpunkt mu in 2/3 Hhe der Mittelln-seiner Spitze leicht berhrt und in flachem Bogen ge liegen, um der Endschleife die richtige Weiteunter die Mittellinie und wieder hinauf fhrt. zu geben.

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Grobuchstaben

    l Die Eierformen (bungsbuch Seite 20)

    Grundfigur ist, wie bei den Kleinbuchstaben, das oben leicht offene Eirund. Der anschlieende Bogenwird flach gehalten. Die Endschleife des G schneidet den Abstrich etwas ber der Grundlinie.

    2 Die Kernformen (bungsbuch Seite 20)

    Die eigentlichen Kerne drfen nicht zu breit sein, sie bilden das Ma fr die Zwischenrume von Mund N. Bei M wird entweder an der Mittellinie zum zweiten Aufstrich angesetzt oder ein Deck-zug (berschreiben einer Linie in Gegenrichtung) geschrieben, wie auf der Abbildung dargestellt.

    3 Die Mandelformen (bungsbuch Seite 20) 4 Die Rucksackformen (bungsbuch Seite 22)

    Sie werden wie die entsprechenden Kleinbuch- Die Schleife des R gleicht den Kernen von M oderStben - nur ohne den Anstrich - geschrieben. S, beim K entwickelt sich der Bogen aus einemDie Schleife des W entspricht den Kernen von rechts oben beginnenden Abstrich. Dervon M oder S. schrge Endstrich sttzt gleichsam die Ruckscke

    von R und K ab.

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    Die Offenbacher Schrift

    5 Die Schleifenformen (bungsbuch Seite 22) 7 Die Hkchen (bungsbuch Seite 22)

    Wichtig ist es, das richtige Verhltnis der Schlei-fen zueinander zu finden, die nicht zu klein aus-fallen drfen. Die rcklaufende untere B-Schleifesoll die obere nicht berhren. Der Abstrich des E ist zum grten Teil gerade. Fr H gibt es wieder zwei Schreibmglichkeiten; bei der einfachenForm ist ein Deckzug notwendig.

    An den waagerechten Querstrich des F knnen die Folgebuchstaben mit Ausnahme des l ange-schlossen werden.

    8 Die Sonderformen (bungsbuch Seite 24)

    Das D besteht aus zwei Gegenzgen, ohne da sich der unter die Mittellinie schwingende Kopfund der Unterbau berhren. Das erfordert etwasbung. Das X setzt sich aus zwei parallelen Ab-strichen zusammen; Folgebuchstaben werden ander Grundlinie angesetzt. Wie sein kleines Ge-genstck wird das Z geschrieben, nur da derKnotenpunkt an der Mittellinie ruht und sichdamit auch der Schnittpunkt der unteren Schlei-fe verschiebt.

    6 Die Fahnen (bungsbuch Seite 22)

    Der kennzeichnende Anfangsteil, die nach innen eingerollte Fahne, soll eine flache Welle bilden. Der Anschlubogen bei J, P und T wird wie bei t angesetzt.

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Zahlen und Satzzeichen(bungsbuch Seite 24)

    Die Zahlen reichen nur bis an die halbe Oberlnge. Die 3 ist in ihrer Form dem Z verwandt. DieVerwendung der Satzzeichen weicht nur insofern von jenen der Lateinschrift ab, als bei Trennun-gen der schrge Doppelstrich verwendet wird. Auch die Offenbacher Schrift erlaubt freie knst-lerische Entfaltung, wie das von Rudolf Koch selbst geschriebene und von starkem persnlichen Ausdruck gekennzeichnete Beispiel zeigt.

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    Die Stterlin-Schreibweise

    Die Stterlin-Schreibweise

    Im Gegensatz zu Rudolf Koch verstand Ludwig Stterlin seine Formen nicht als Vorbild fr eine Gebrauchsschrift, sondern nur als eine ausbauf-hige Anfangsschrift fr Schulanfnger. Die orna-

    mental wirkenden Buchstaben mit ihren kind-lich anmutenden Kringeln entsprachen seinerForderung nach Deutlichkeit und flieendemSchreibzug. Da diese Grundformen aber fr denschnellen Schreiballtag nicht verwendbar waren,stellte Stterlin es jedem anheim, den starrenZeichen nach eigenem Empfinden Bewegung zugeben.

    Zu den auffallenden Kennzeichen der Schulaus- Als Schreibgert verwenden wir eine Redisfedergangsschrift Stterlins zhlen die senkrechte in der Strichstrke von 1/2 mm oder 3/4 mm, dieStellung der Grundstriche zur Grundlinie (90), in einem Winkel von 40 bis 45 zur Grundliniedie fast geometrische Zusammensetzung der gehalten wird. Sie knnen aber zum ben auchBuchstaben aus Geraden und Kreisformen sowie eine Kugelspitzfeder oder Ihren Fllhalter neh-die Lineatur im Verhltnis 1:1:1. men.

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Bevor die Wrter im bungsheft auf Seite 26nachgeschrieben werden, sollten Sie schon einpaar Schreibversuche auf einem eigenen Blatt Pa-pier durchgefhrt haben, das Sie selbst vorlinie-ren oder einfach auf die Lineatur der freien rech-ten Seite (27) legen.

    Stterlin teilte seine Buchstaben in je fnfGruppen ein und es empfiehlt sich, auch in dieser Reihenfolge zu ben. Schreiben Sie die Buchsta-ben wieder nicht nur einzeln, sondern mglichst bald im Wortzusammenhang.

    Die Kleinbuchstaben

    - kurze Gerade: c, e, i, m, n, u, - lange Gerade: k, langes s, , t - Linksbogen: a, , b, d, f, l, o, , q, x- Rechtsbogen: j, p, r, s, v, w, y, z- Links- und

    Rechtsbogen: g, h

    Alle Kleinbuchstaben knnen ohne Absetzen derFeder in einem Zug geschrieben werden. Bei e, f, q und t ist deshalb ein mehr oder wenig langerDeckzug (berschreiben einer Linie in Gegen-richtung) notwendig. Das e mu sich in seinerBreite vom n klar unterscheiden. Die kleinenSchleifen, z. B. bei a, f oder w sollen als solcheerkennbar bleiben und nicht zu Punkten zusam-menschrumpfen. Die Schreibweise des p ist indrei Schritten dargestellt; sein Kopf darf nichtden ganzen Raum der Mittellnge ausfllen. DieRechtsbgen von s, v, w und y sind keine Ovale, sondern Kreisformen. Bei d und wird der Folge-buchstabe an der Grundlinie angeschlossen.

    Die Grobuchstaben

    - Linksrollen: A, , E, O, - Rechtsrollen: I, J, P, S, St, V, W, Y, Z- Rechts-Links-

    Rollen: F, G, H, M, N, Q, T, X- Untere Wellen: B, C, L, K- Rollwechsel: D, R, U,

    Bei den Grobuchstaben mu nur der Verbin-dungsstrich des E gesondert angesetzt werden.Deckzge schreibt man bei H, P, Q, St und T. Die Ovale von A, , G, O und sind oben geschlos-sen. Der Bogen des K bewegt sich innerhalb der Mittellnge. Der Schreibzug des P wird aus der Form des k gewonnen. D unterscheidet sich nur wenig von seinem kleinen Bruder, der Folgebuch-stabe wird jedoch an den auslaufenden Endbogen angeschlossen.

    Alle Umlautzeichen, die i-Punkte und u-Bgenwerden wie gewohnt erst nachtrglich ins fertige Wort eingesetzt.

  • 61

    Die Kurrent um 1900

    Auch bei Stterlin reichen die Zahlen nur bis Ein von Ludwig Stterlin selbst geschriebenerin die halbe Oberlnge; ihren Bogen liegen Kreis- Mustertext (entnommen der Zeitschrift Dieformen zugrunde. Fr die Verwendung der Satz- zeitgeme Schrift, Verlag Heintze & Blan-zeichen gilt das bei der Offenbacher Schrift Ge- ckertz, Berlin 1927-1943):sagte.

    Die Kurrent um 1900

    ber ein Jahrhundert lang wurden die Hand-schriften, sowohl deutsch als auch lateinisch,von der spitzen Feder geprgt. Wenn wir heute die mit ihren weit ausladenden Ober- und Unterln-gen schwungvoll geschriebenen Buchstaben je-ner Zeiten bewundern, vergessen wir nur zuleicht, da auch damals nur langes ben und vor allem der umfangreiche Gebrauch der Hand-schrift zu einem so gleichmigen und elegant wirkenden Schriftbild fhren konnte.

    Die Kurrentschrift mit ihren Schwellzgen ist schwierig zu schreiben und Sie sollten sich erst daran wagen, wenn Sie durch das Beherrschen der Offenbacher Schrift bereits Erfahrung gesammelthaben oder mit der Spitzfeder schon von frheren kalligraphischen Arbeiten her vertraut sind.

    Die Spitzfeder erzeugt den Schwellzug nichtdurch die Form ihrer Schreibspitze, sonderndurch den unterschiedlichen Druck, den dieHand whrend des Schreibens darauf ausbt. AlleAbstriche werden mit Druck geschrieben, da-durch spaltet sich die Federspitze, gibt mehr Tin-te frei und lt die Schreibspur anschwellen. Bei den Aufstrichen lassen wir die Feder ohne Druck

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    gleiten, sie wrde sonst steckenbleiben. Derbergang zwischen Druck und Gleiten darf beilangen Geraden und Bogenformen nicht pltzlicherfolgen, sondern mu mit der Abwrtsbewe-gung eingeleitet werden bzw. mit der Aufwrts-bewegung ausklingen. Dieser stetige Wechselvon Druck und Gleiten verlangt viel Aufmerk-samkeit und Gefhl. Lassen Sie sich nicht vonanfnglichen Mierfolgen entmutigen. Es dauertseine Zeit, bis man den Schwellzug vorbildge-m beherrscht.

    Eine weitere Hrde ist die ungewohnte, weil unnatrliche Haltung der Feder zum Krper hin. Sie soll ziemlich parallel zu den Grundstrichender Kurrent gefhrt werden, die sich ungefhr in einem Winkel von 60 bis 70 bewegen. DieSchrglage knnen Sie selbst whlen, doch mu diese dann immer gleichmig eingehalten wer-den.

    Zum ben ist es vorteilhaft, wenn die Zeileneine Mittellngenhhe von 3 bis 4 mm haben, damit Sie die Buchstaben klar ausfhren knnen. Beachten Sie beim Anfertigen der Lineatur dasVerhltnis von 2:1:2, das dieser Schrift zu eigen ist. Ein selbstgefertigtes Unterlegblatt mit Win-kelhilfslinien erleichtert es, die ungewohnteSchrglage einzuhalten.

    Die Buchstaben sind wieder nach Formmerk-malen in Gruppen zusammengefat, die Ihnenden bungsablauf erleichtern sollen. Bevor Sieim bungsbuch auf Seite 28 und 30 die Wrterzur Selbstkontrolle Ihres Knnens nachschrei-ben, sollten Sie deshalb mit der Kurrent schon ein wenig Erfahrung gemacht haben.

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    Die Kurrent um 1900

    Die Kleinbuchstaben

    - eckige Mittellngen: c, e, i, n, u, - Mittellngen

    mit Bogen: a, ; o, , r, v, w- Oberlngen: b, d, ck, k, l, s, t- Unterlngen: g, j, p, q, x, y, z- Vollngen: ch, f, h, langes s, , tz

    Das e mu eng geschrieben werden, um sptereine Verwechslung mit n auszuschlieen. Wich-tig ist die Ausfhrung der sogenannten Punkt-schleifen bei a, , b, g, o, , r, v, w und y. Sie sind mglichst klein zu halten und knnen auch die Form eines satten Punktes annehmen. Abgesetzt werden mu bei den Anschlubogen von f, k, tund tz. Den Bogen bei k und kann man imDeckzug schreiben oder in Hhe der halbenOberlnge ansetzen. Die Schleifen der Oberln-gen haben ihren Schnittpunkt auf der Mittellinie, jene der Unterlngen auf der Grundlinie. Fr das p gibt es zwei Schreibarten; hier liegt der Schlei-fenschnittpunkt etwas unter der Grundlinie. Bei s, und x wird der Folgebuchstabe an der Grund-linie angeschlossen. Ebenso verfhrt man bei d, kann aber hier auch den Endbogen herunterzie-hen.

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    Zweiter Teil: Das Schreiben

    Die Grobuchstaben

    -Obere Punkt-schleifen: A, , G, O, , Qu, U,

    - Wellen: I, J, T- Groe Schleifen: M, N, R, S- Untere Punkt-- Schleifen: V,W,Y- Kopfhkchen: C,F,K- Obere Anfangs-Schleifen: B, E, H, L

    - Sonderformen: D, P, X, Z

    Bei F (erste Form) wird der Querstrich angesetzt, der Folgebuchstabe aber an der Grundlinie ange-schlossen. Bei E, J, P, T und St mu der Anschlu-bogen angesetzt werden. Den Rucksack des Pschreibt man im Deckzug. Alle anderen auerden genannten Buchstaben lassen sich ohneSchreibunterbrechung ausfhren. Fr die Punkt-schleifen gilt das bei den Kleinbuchstaben Gesag-te. Das K bleibt mit seinem Bogen in der Hhe der halben Oberlnge. D unterscheidet sich von dhauptschlich durch den gerundeten Anfangs-zug; der Anschlu kann wie beim Kleinbuchsta-ben auf zwei Arten erfolgen.

    Bei den Grobuchstaben gab es berall leicht un-terschiedliche Abwandlungen. Einige Zweitfor-men sind zur Auswahl ins ABC aufgenommen.

    Zahlen und Satzzeichen

    Die Ziffern wurden gerne nur bis in die Hhe der halben Oberlnge geschrieben; sie gleichen imallgemeinen jenen der Lateinschrift (englischenSchreibschrift).

    Noch ein Hinweis: Lassen Sie sich nicht durch historische Vorbilder verleiten, jeden Buchsta-ben mit zustzlichen Schnrkeln zu verzieren.Eine schwungvolle Schleife am Anfang oder Endeeines Textteiles sollte auch fr den Knner ma-volle Beschrnkung sein.

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    Anwendungsmglichkeiten

    Anwendungsmglichkeiten

    Die ersten Gelegenheiten fr eine praktische An-wendung Ihrer Kenntnisse werden sich im priva-ten Bereich ergeben. Neben einer Verwendungals persnliche Handschrift fr Briefe oder Auf-zeichnungen (Tagebuch) bieten sich aber auchverschiedene gestalterische Mglichkeiten an:Tischkrtchen und Trschilder, Beschriftungvon Einmachglsern und Flaschen. Anspruchs-voller ist schon das Entwerfen von Briefkpfen, Bucheignerzeichen (Exlibris), Glckwunschkar-ten, Geburts- oder Hochzeitsanzeigen. Wendetman sich damit an eine breitere ffentlichkeit, kann es sinnvoll und zugleich gestalterisch reiz-voll sein, die bersetzung in einer kleinerenSchriftgre oder auf der Rckseite anzubringen. Mit diesem Kniff arbeitet auch die Werbung,wenn sie sich die deutsche Schreibschrift alsBlickfang zunutze macht.

    Vereine sind meist dankbare kalligraphischeAuftraggeber: Einladungen, Plakate und Urkun-den lassen sich gut ganz oder teilweise in Schreib-schrift ausfhren.

    Eine schne und erfllende Aufgabe ist esauch, Sinnsprchen oder Gedichten eine dem In-halt angemessene Form zu verleihen.

    Bei aller Gestaltungsfreude sollten Sie nie ver-gessen, da wenig meist mehr ist. BeschrnkenSie die Schriftgren auf hchstens drei bis vier, verzichten Sie auf zuviel Zierrat (Schwnge,Schlingen) und setzen Sie Farben mig und ge-zielt ein. Deutsche Schreibschriften knnen mit verschiedenen anderen Kunstschriften (Antiqua,Grotesk, Fraktur) zusammen verwendet werden,drfen jedoch keinesfalls untereinander ge-mischt werden! Ausfhrliche kalligraphischeGestaltungsanweisungen finden Sie auch imBuch Kalligraphie von Julius de Goede, das im gleichen Verlag erschienen ist.

    Neujahrsgru Fritz Kredel

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    Backanleitung Elfrun Khncke

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    Brief Ernst Schuhmacher

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    Buchumschlag Manfred Klandt

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    Spruch Harald S

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    Plan eines Bauernhofes Harald S

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    Festschrift (Titel) Harald S

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    Urkunde Harald S

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    Werbeblatt Fa. Naturstein-Mller Prof. Walter Sthle

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    Plakat Harald S

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    Mein Freund der Baum Jan Krger

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    Etikett, Trschild Harald S

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    Literaturverzeichnis

    Adelung, Johann Christoph: Grammatikalisch-kritisches Wrterbuch der hochdeutschenMundart. - Leipzig 1774-1786

    Busch, A. und Stoltefu, E.: Die Stterlin-Schreibweise (Band 23 der Reihe Der Bcher-schatz des Lehrers). Leipzig: Verlag Zick-feldt 1925

    de Goede, Julius: Kalligraphie -Schnschreiben. - Augsburg: AugustusVerlag 1989

    Die deutsche Schrift: Vierteljahreshefte zurFrderung der deutschen Sprache undSchrift. -Berlin und Hannover: Verlag Bundfr deutsche Schrift und Sprache 1924-1941und ab 1951

    Die zeitgeme Schrift: Studienhefte frSchrift und Formgestaltung. - Berlin: Verlag Heintze und Blankertz 1927-1943

    Doede, Werner: Bibliographie deutscher Schreib-meisterbcher von Neudrffer bis 1800. -Hamburg: Hauswedell 1957

    Dohna, Berthold zu: Warum nicht mal deutsch? Schleswig: Verlag Initiative deutscheSchrift 1983

    Gladt, Karl: Deutsche Schriftfibel (Anleitungzur Lektre der Kurrentschrift des 17. bis 20.Jahrhunderts). - Graz: Akademische Druck-und Verlagsanstalt 1976

    Gottsched, Johann Christoph: Vollstndigereund Neuerluterte Deutsche Sprachkunst. -Leipzig 1762

    Grimm, Jakob und Wilhelm: Deutsches Wrter-buch in 32 Bnden. Leipzig: Verlag Hirzel1854 bis 1960. Nachdruck durch: Deutscher Taschenbuch-Verlag, Mnchen 1984

    Grun, Paul Arnold: Schlssel zu alten und neuen Abkrzungen. Limburg/Lahn: Verlag C. A. Starke 1966

    Grun, Paul Arnold: Leseschlssel zu unsereralten Schrift (Nachdruck der Ausgabe von1935). - Limburg/Lahn: Verlag C. A. Starke1984

    Hermersdorf, Martin: Die deutsche Schrift (Son-derdruck aus Lehrerrundbrief 7/52"). - Frank-furt/M.: Hirschgraben-Verlag 1952

    Hermersdorf, Martin: Vom rechten Schreiben. -Stuttgart: Verlag J. F. Steinkopf 1937

    Jensen, Hans: Die Schrift in Vergangenheit undGegenwart. - Glckstadt und Hamburg 1959

    Jessen, Peter: Meister der Schreibkunst aus dreiJahrhunderten. - Stuttgart 1936

    Johnston, Edward: Schreibschrift, Zierschriftund angewandte Schrift. (Aus dem Englischenbersetzt von Anna Simons). - Leipzig: VerlagKlinkhardt und Biermann, 1910

    Kaempffe Albert/Melchior, Friedrich: Vom Wer-den unserer Schrift (Sonderdruck zum l00jh-rigen Bestehen der Federnfabrik Brause). - Iser-lohn: Brause 1950

    Koch, Rudolf: Die Offenbacher Schrift. - Berlin:Verlag Heintze und Blanckertz 1928

    Koch, Rudolf: Das Schreibbchlein - Eine Anlei-tung zum Schreiben. - Kassel-Wilhelmshhe:Brenreiter-Verlag 1930

    Koch, Rudolf: Das Schreiben als Kunstfertigkeit. Leipzig: Verlag des deutschen Buchgewerbe-vereines 1921

    Lange, Dr. Wilhelm: Rudolf Koch, ein deutscherSchreibmeister (Band 6 des Monographienknstlerischer Schrift). - Berlin/Leipzig: Ver-lag Heintze und Blanckertz 1938

    Leberecht, Franz: Hundert Jahre deutscher Hand-schrift.Berlin: Verlag fr Schriftkunde Heintzeund Blanckertz 1914

    Lw, Theodor: Gebrechen unseres Schulschreib-systems. Mnchen: Bayrische VerlagsanstaltKarl Theodor Senger 1913. Nachdruck durch:Faksimile-Verlag, Bremen 1985

    Schottelius, Justus Georg: Ausfhrliche Arbeitvon der deutschen Haubtsprache. - Braun-schweig 1663

  • 78

    Stiebner, Erhard/Leonhard, Walter: BruckmannsHandbuch der Schrift. - Mnchen: Verlag F.Bruckmann KG. 1977 und 1980

    Sturm, Heribert: Unsere Schrift - Einfhrung indie Entwicklung ihrer Stilformen. - Neustadt/ Aisch: Verlag Degener &. Co 1961

    Thies, Wilhelm: Die Entwicklung des Schreibun-terrichts und die Normalschrift. - Frankfurt/Main: Verlag Moritz Diesterweg 1943

    Tschichold, Jan: Meisterbuch der Schrift. - Ra-vensburg: Otto Maier Verlag 1965

    Verdenhalven, Fritz: Die deutsche Schrift. -Neu-stadt/Aisch: Verlag Degener & Co 1989

    Volk und Schrift: (bis 1936: Schrift und Schrei-ben), Zeitschrift fr alle praktischen und wis-senschaftlichen Fragen der Schrift und desSchreibens. Bonn: Verlag F. Soennecken1927-1943

    Anschriften

    Bund fr deutsche Schrift und Sprache: Ge-schftsstelle in D-26189 Ahlhorn, Postfach 1110. Vierteljahreszeitschrift Die deutsche Schrift,bungsmaterial, Fachauskunft, Schriftlehrgn-ge.Initiative deutsche Schrift: Berthold zu Dohna, D-24392 Kiesby/Schlei. Handschriftenarchiv,bungsmaterial.

    Freunde der deutschen Kurrentschrift: ObmannKurt Kanobel, CH-3063 Ittingen bei Bern, Grau-holzstrae 33. Brieffreundschaften, bungsma-terial

    Dankeschn

    Der Verfasser dankt nachstehenden Personen,Unternehmen und Vereinen fr ihre freundlicheAbdruckerlaubnis, Beitrge, fachliche Beratungund Hilfe zu diesem Buch.

    Heintze und Blanckertz GmbH & Co KG, Frank-furt/M. (S. 31, 44, 63, 68) Brenreiter-Verlag,Kassel (S. 14) Offizin Paul Hrtung KG, Hamburg (S. 40) Verlag Erich Rth, Eisenach (S. 70) Fa. Naturstein-Mller, Ehningen (S. 75)

    Bund fr deutsche Schrift und Sprache, Ahlhorn(S. 7, 15,43)

    Ursula Walcha, Frankfurt/M. (S. 60) Jan Kroger, Wedel/Holstein (S. 7, 11, 12, 77) Dr. Horst Hellauer, Bad Hall (S. 24) Hermann Kser, Timelkam (S. 29, 34, 39) Friedrich Neu, Elingen (S. 30, 33, 37, 38, 41, 42) Kurt Kanobel, Ittigen bei Bern (S. 36) Georg Hawranek, Linz/D. (S. 32) Ernst Schuhmacher, Radolfzell (S. 69) Prof. Walter Sthle, Stuttgart (S. 75) Elfrun Khncke, Steinfeld (S. 76)

    CoverInhaltsverzeichnisEinfhrungGeschichte der deutschen SchreibschriftSchrifttafeln im VergleichDas LesenEinleitungHinweise und LesehilfenbungsbeispieleLeseproben aus 3 Jahrhundertenbertragungen (Auflsungen)

    Das SchreibenEinleitungDas Werkzeug des SchreibersDie Offenbacher SchriftDie Stterlin-SchreibweiseDie Kurrent um 1900Anwendungsmglichkeiten

    LiteraturverzeichnisAnschriftenverzeichnis