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business im Breisgau Wirtschaft 1. FuckUp-Night in Freiburg Scheitern als Chance – Grünhof mit neuem Format Interview Bankbosse Marcel imm und Uwe Barth im Gespräch E-Autos Freiburg will wieder Vorreiter sein März 2016 Ausgabe Nr. 9 gratis Es sprudelt die Gewerbesteuer Südbadens Unternehmen spülen immer mehr Millionen in die Rathaus-Kassen

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Ausgabe 9, März 2016

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1. FuckUp-Night in FreiburgScheitern als Chance – Grünhof mit neuem Format

Interview Bankbosse Marcel Thimm und Uwe Barth im Gespräch

E-AutosFreiburg will wieder Vorreiter sein

März 2016Ausgabe Nr. 9

gratis

Es sprudelt die GewerbesteuerSüdbadens Unternehmen spülen immer mehr Millionen in die Rathaus-Kassen

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Wer die Windkraft quält, wird abgewählt.“ An-dreas Markowsky, Chef der Freiburger Öko-stromgruppe, nimmt kein Blatt vor den Mund,

wenn es um die Energiewende geht. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel reiche lieber den Großkonzernen mit ihren großen Off-Shore-Plänen die Hand, als weiter an einer erfolgreichen, dezentralen Energiewende zu arbeiten. Im Wirtschaftsministerium werde, un-terstützt vom rechten Flügel der CDU, hinter verschlossenen Türen an neuen Ausschreibungen für Windanlagen ge-arbeitet, die die kleinen Bürgerbeteili-gungsprojekte fortan deutlich benach-teiligen würden.

Auch Badenova-Chef Thorsten Radensleben konstatiert, dass das, was an Ausschreibungen vorbereitet wird, „eher auf die Großen zugeschnitten ist“. Deutschland habe mal „ein sehr gutes Erneuerbare-Energien-Gesetz gehabt, jetzt ist es nicht mehr gut.“ Abgesehen davon, dass die Preise für den Ausstoß von Kohlendioxid zu niedrig seien, würden auf der einen Sei-te 20 Milliarden Euro in neue Stromtrassen von der Küste in den Süden investiert, aber kaum jemand kalkuliere mal auf der

anderen, mit wie viel weniger Geld die Energiewende in einem regional und dezentral ausgerichteten System vorangetrieben werden könne. „Offenbar hat keiner die Kraft, hier einen Sys-temwechsel hinzubekommen.“ Für Radensleben ist die Ener-

giepolitik ein bisschen durch die Tagespolitik getrieben, es fehle eine klare politische Entschei-dung, wie Deutschland hier weitermachen will. Die Redaktion konfrontierte das Wirtschafts-ministerium mit den Stimmen aus Südbaden, die Berliner Behörde ließ eine schriftliche An-frage der Redaktion indes unbeantwortet. Auch die grün-rote-Landesregierung hatte nach der gewonnenen Wahl vor fünf Jahren vollmundig verkündet, dass in Baden-Württemberg bis 2020 zehn Prozent des Stroms aus der Windkraft geholt werden sollen, dazu sollten 1000 neue

Windräder gebaut werden. Auch dieser Plan dümpelte lange in der Flaute, 2014 lag der Anteil bei wenig turbulenten 1,1 Pro-zent. Erst seit 2015 dreht sich der Zubau schneller, es kamen 80 neue Anlagen dazu, es wurde viel mehr genehmigt als zuvor – und genau jetzt, so Markowsky, tritt Berlin auf die Bremse.

Herzlichst,Ihr Lars BargmannChefredakteur

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Vollbremsung bei der Energiewende

Südbaden stichelt gegen Berlin

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Inhalt

Mobilität

Warum die Elektroautos einfach nicht in Fahrt kommen 5

KommunenDie Gewerbesteuer spült Millionen in die Kassen der Kämmerer. Manche erle-ben dabei Achterbahnfahrten, manche erklimmen immer neue Höhen, es gibt aber auch Verlierer 6-7

VerbändeIHK und wvib haben rund 2000 Unternehmen zur aktuellen Lage befragt. Ergebnis: IHK-Präsident Steffen Auer spricht von einem „Allzeithoch“, wvib-Geschäftsführer Christoph Münzer von einer „guten bis sehr guten Lage“. Kritik gibt es wegen des Fachkräftemangels 8

Banken Auch die GLS leidet unter den niedrigen Zinsen und muss darauf reagieren 13

ExpertenSteuerberater Erik Herr über Betriebs- prüfungen und Bestechungsgelder 13

Wirtschaftsprüfer Mathias Hecht über neue Förderungen für den Miet-wohnungsbau 14

Bauen Spatenstiche und Richtfest: Stadtbau, Gisinger und Schaub mit Millionenprojekten 15

Menschen & Meldungen Die Rekordjäger von der S-Beteiligung / Gute Bilanzen bei Ganter und Waldhaus / Kolumne: Wie Hoteliers und FWTM nach dem Zoff um die Bettensteuer die Annäherung wagen / Sick investiert 25 Millionen Euro in Buchholz / Millionen- verluste bei Micronas / Weniger Arbeits-lose im Februar / Johnson Controls schließt Werk in Neuenburg 16-20

Scheitern als Chance Zu Gast bei der ersten FuckUp- Night in Freiburg 21

UnternehmenWas der Feel-good-Manager bei billiger-mietwagen.de so macht 22

MenschenDer neue Freiburger DGB-Chef Werner Siebler hatte schon mal Berufsverbot 23

Messen

Wie die die kleine Interbrossa zur Weltleitmesse Interbrush wurde 24-25

StadtentwicklungDer Siedlungsdruck lässt die Preise nun auch im Markgräflerland in die Höhe schießen 26-27

PolitikMindestlohn: Die Bilanz nach einem Jahr fällt durch- wachsen aus 28-29

Fakten bitte Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen 30

Titel Niedrige Zinsen, steigende Personal-kosten, haufenweise Bürokratie: Trotz schlechter Rahmenbedingungen haben Volksbank-Chef Uwe Barth und Spar- kassen-Vorstandsvorsitzender Marcel

Thimm ihre Gewinne stabilisiert. Ge-meinsam vergaben sie 2015 rund 1,66 Milliarden Euro neue Kredite. Rekord. Trotzdem wollen sie Filialen schließen. Ein Doppelinterview. 10 -12

IMPRESSUM business im BreisgauHerausgeber: chilli Freiburg GmbHNeunlindenstr. 35, 79106 Freiburgfon: 0761-292 70 60 | fax: 0761-292 70 [email protected]

Geschäftsführung: Michaela Moser (ViSdP)

Redaktion: Lars Bargmann

Autoren dieser Ausgabe: Tanja Bruckert, Valérie Baumanns, Dr. Stefan Pawellek, Philipp Peters, Erik Herr, Mathias Hecht, Erika Weisser

Titel: © istockphoto.com / erhui1979Fotograf: Neithard SchleierGrafik: Anke HuberLektorat: Beate VogtAnzeigen: Jonas Stratz, Uwe Bernhardt, Marlene Schick, Malika Amar

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Mobilität

Nicht konkurrenzfähigElektro-Autos kommen einfach nicht richtig in Fahrt

Zukunftsmusik: Der autonom fahrende Mercedes-Benz F015 Luxury in Motion kombiniert die Stromerzeugung an Bord mit einer besonders leistungsfähigen und kompakten Hochvoltbatterie. Zur Wasserstoffspeicherung sieht das Konzept Drucktanks aus CFK vor.

In Freiburg will man vorausfahren. Das Rathaus hat kürzlich erklärt, den Anteil an Elektrofahrzeu-gen in ihrer Flotte hochzufahren. Die Stadt will

Vorbild sein – bundesweit. Drei von vier Autos sollen bereits im nächsten Jahr Strom tanken. Das sei öko-logisch sinnvoller und spare Geld. Heißt es.

Eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Solare Ener-giesysteme (ISE) kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Die Freiburger Forscher haben ein Projekt der Badenova wis-senschaftlich begleitet. Der kommunale Energieversorger hat 20 Kommunen geholfen, Elektroautos anzuschaffen. Die Ba-denova hat die Autos gekauft und an die Kommunen verleast. Mit einem kleinen Bonus. „Dabei handelt es sich um einen Zuschuss als Sonderzahlung für ein Leasing eines E-Smarts, wodurch die monatliche Rate deutlich gesunken ist“, erklärt Badenova-Pressesprecher Roland Weis. Dann hat das ISE un-tersucht, wie oft die Autos unterwegs waren, wohin sie fuhren und was das gekostet hat. „Dabei kam grob vereinfacht heraus, dass die Wirtschaftlichkeit nur aufgrund des Leasing-Zuschus-ses erreicht wurde“, so Weis, „ohne diese Förderung wäre ein Elektroauto wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig.“Michael Kaulfuß glaubt, dass es andere Gründe sind, die zur Anschaffung eines Elektroautos führen. „Sie sind gut fürs Image, fürs Marketing“, sagt der Verkaufsleiter des Mercedes-Händlers Kestenholz in Freiburg. Dort wird auch der E-Smart verkauft. „Wir sind Marktführer“, sagt er stolz. Zwei von drei Neuzulassungen bundesweit gehen auf das Konto von Ge-schäftskunden. „Bei Elektroautos sind es mehr als 90 Prozent“, sagt Kaulfuß. Die Autos kommen über eine Tagesreichweite von 150 Kilometern kaum hinaus. Das reicht für die Fahrt von zu Hause ins Büro. Doch Pendlern sind die Autos oft zu teuer. Der Elektro-Smart mit einer Reichweite von 140 Kilome-tern kostet 25.000 Euro. Einstiegspreis. Fürs gleiche Geld

gibt’s von Mercedes die A-Klasse mit vierfacher Reichweite. Und während diese in fünf Minuten aufgetankt ist, dauert es beim Elektroauto noch immer mehrere Stunden. Kaulfuß hofft, dass die nächste Generation den Vorsprung der kon-ventionellen Antriebe aufholt. Aber das neue Modell kommt erst zum Jahreswechsel 2017. Was die Autos dann draufha-ben, verrät der Hersteller heute noch nicht.Und so laufen die schnurrenden Kleinwagen Gefahr, abge-hängt zu werden. Im Januar war bundesweit unter 500 neu zugelassenen Pkws nur ein Elektroauto. In Südbaden liegt die Quote im Bestand bei mageren 0,7 Prozent – und droht weiter zu sinken. Denn weil der Smart in Kürze neu aufge-legt wird, will keiner mehr einen alten kaufen.Jannis Florous vom BMW-Händler Märtin ist überzeugt, dass Elektroautos nur mit Hilfe der Politik in die Gänge kommen können. Eine Prämie von 3000 bis 4000 Euro müsste es schon sein, so der Verkäufer des elektrischen i3, den es ab 35.000 Euro gibt. Will man noch einen 9-Liter-Benzintank dazu – und so die Reichweite auf 300 Kilome-ter verdoppeln –, muss man sogar 40.000 Euro berappen.Dass die Politik eingreift, um die Autofahrer zum Umwelt-schutz zu überreden, wäre nichts Neues. Ende der 1980er-Jahre gab es einen Steuerbonus, wenn man ein Auto mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator bestellte. Damals ging es um 1100 Mark. Bundesweit fahren etwa 20.000 Elektroautos auf den Straßen. Die einst von Kanzlerin Angela Merkel genannte Zahl von einer Million bis ins Jahr 2020 sei nie realistisch gewesen, sagt Florous. Die Hersteller hätte nie so viele Autos bauen können. Ein Auto gibt es, das es in Sachen Reichwei-te mit den konventionellen Fahrzeugen aufnehmen kann: den Tesla. Der Einstiegspreis liegt bei etwa 120.000 Euro. Philipp PetersVi

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Eine Frage der StrategieDie Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten

Einnahmen der Kommunen

Kommunen

N och nie in der Geschichte der Stadt Freiburg waren die Gewerbesteuereinnahmen so hoch wie im vergangenen Jahr: 183,4 Millionen Euro

verbuchte Finanzbürgermeister Otto Neideck. Etwa 20 Prozent müssen die Kommunen als Umlage wieder ans Land abgeben. Bleiben unterm Strich fast 150 Millionen für den Stadtsäckel. Das Wirtschaftsmagazin business im Breisgau hat bei allen 47 Städten und Gemeinden im Breisgau die Zahlen seit 1996 angefragt. Dabei zeigt sich ein höchst heterogenes Bild: Manche haben ihre Erträge vervielfacht, andere kräftig verloren. Die Kom-munen können mit dem Gewerbesteuerhebesatz die Belastungen für die Betriebe steu-ern. Da ist ein sensibles Händchen gefragt.

Nach einer Erhebung der Unterneh-mensberatung Ernst & Young haben in Deutschland seit Jahresbeginn 1558 Kommunen die Hebesätze erhöht, nur 35 haben sie runter-gefahren. Der Satz ist ein Standortfaktor: Während klamme Kommunen um jeden Cent kämpfen müssen, leisten sich manche reiche einen niedrigen Satz – und ziehen damit Un-ternehmen magisch an. Der Münchner Promi-Vorort Grün-wald etwa hat einen Hebesatz von 240 (Freiburg: 420) und damit im vergangenen Jahr satte 172 Millionen Euro ein-genommen. Grünwald hat 11.000 Einwohner. Und 7000 Unternehmen. Noch günstiger sind die Hebesätze nur in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen (alle 200). Eschborn punktet mit 280, in Hamburg sind 470 fällig, in München 490, in Oberhausen 550. Wenn ein Betrieb 500.000 Euro Jahresgewinn macht, zahlt der in Oberhausen mithin fast das Doppelte wie in Eschborn – wo etwa die in Freiburg bekannte Aurelis Real Estate GmbH ihren Sitz hat.

Den Vogel schießt aber das rheinland-pfälzische Dierfeld ab, wo der Hebesatz bei 900 liegt. Dierfeld hat aktuell ein Dut-zend Einwohner. Der Rekordsatz wurde vom Bürgermeister mitbeschlossen: Der heißt Gerhard von Greve-Dierfeld und ist Inhaber der örtlichen Baumschule.Kuriose Zahlen gibt es auch in den Kommunen im Breis-gau. In Reute etwa gleicht die Planung der Gewerbesteuer-einnahmen für die Rechnungsamtsleiterin Marion Metzger einer Lotterie: 2011 waren es 1,54 Millionen Euro, 2012 nur 450.000, 2013 dann wieder 1.43 Millionen, 2014 kei-ne 300.000 Euro mehr. Der Anteil am Verwaltungshaushalt schwankt heftig zwischen 5,7 und 26 Prozent.

Während Herbolzheim 2006 noch fünf Millionen Euro einnahm, sackte das Er-gebnis bis 2011 auf 2,95 Millionen Euro ab. Kenzingen hingegen steigerte sich im selben Zeitraum von 1,13 Millionen auf 2,08 Millionen Euro. Während der An-teil der Gewerbesteuer am 2014er Haus-

halt in Sölden und Pfaffenweiler nur 3,65 und 3,75 Prozent ausmacht, verbuchen die Kämmerer in Malterdingen oder in Freiburg satte 23,1 Prozent und 21,7 Prozent (2015). Während Ebringen seine Erträge seit 1996 verachtfacht hat, sind die Einnahmen in Eichstetten und Merzhausen nahezu unverändert. Merdingen und Riegel hingegen verloren jeweils rund 40 Prozent. Die 1500-Seelen-Gemeinde Wittnau brachte derweil das Kunststück fertig, ihre Erlöse zwischen 2006 und 2011 um rund 2200 Prozent zu steigern.Die Kommunen spielen diese Gewerbesteuererlöse, zu denen noch die Mittel aus dem Finanzausgleich, die Grundsteuer, die anteilige Umsatz- und Einkommenssteuer und die Grund-erwerbssteuer kommen, nicht zweckgebunden in ihre Haus-halte ein. „Wir sind da leidenschaftslos“, sagt der Freiburger Kämmerer Bernd Nußbaumer.

In Reute fahren die Gewerbesteuern

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Das kassieren die Gemeinden Achterbahnfahrten beim Millionenspiel Gewerbesteuer

Kommune 1996 2006 2011 2016 (gepl.) % des Verwaltungshaushalts 2014

Au* 0,133 Mio. 0,366 Mio. 0,381 Mio. 0,52 Mio. 14,89 Breisach 3,512 Mio. 4,103 Mio. 4,96 Mio. 4,5 Mio. 10,23 Denzlingen 1,259 Mio. 2,940 Mio. 3,913 Mio. 3,821 Mio. 16,3 Ebringen 0,112 Mio. 0,495 Mio. 0,270 Mio. 0,96 Mio. (2015) 7,2 Ehrenkirchen 1,368 Mio. 1,216 Mio. 1,064 Mio. 1,3 Mio. 7,8 Eichstetten 0,838 Mio. 0,412 Mio. 0,523 Mio. 0,8 Mio. 6 Emmendingen 5,345 Mio. 6,052 Mio. 8,713 Mio. 9,5 Mio. 17,07 Freiburg 66 Mio. 119,7 Mio. 145,7 Mio. 160 Mio. 21,7 (2015)

Glottertal 0,173 Mio. 0,186 Mio. 0,576 Mio. 0,423 Mio. 9,29Gundelfingen 2,752 Mio. 2,964 Mio. 3,678 Mio. 3,4 Mio. 18,01Herbolzheim 0,785 Mio. 5 Mio. 2,95 Mio. 3,5 Mio. 12,87 (2015)

Horben 0,016 Mio. 0,108 Mio. 0,101 Mio. 0,14 Mio. 8,35 Kenzingen 1,429 Mio. 1,139 Mio. 2,087 Mio. 2,1 Mio. 9,0 Malterdingen 0,359 Mio. 0,587 Mio. 1,166 Mio. 1,322 Mio. 23,1 (2015)

March 1,131 Mio. 1,543 Mio. 1,355 Mio. 2,0 Mio. 9,96 Merdingen 1,13 Mio. 0,785 Mio. 0,54 Mio. 0,68 Mio. 7,6 Merzhausen 0,858 Mio. 1,009 Mio. 0,965 Mio. 0,95 Mio. 8,72 Pfaffenweiler 0,039 Mio. 0,268 Mio. 0,248 Mio. 0,22 Mio. 3,75 Reute k.A. 1,171 Mio. 1,541 Mio. 1 Mio. rd. 26 Riegel 1,825 Mio. 1,104 Mio. 0,531 Mio. 1 Mio. 10,54 Schallstadt 0,472 Mio. 0,752 Mio. 1,091 Mio. 1,3 Mio. 12,56Sölden 0,091 Mio. 0,069 Mio. 0,067 Mio. 0,08 Mio. 3,65 Teningen 3,177 Mio 5,281 Mio 6,463 Mio 6,5 Mio. 19,65Vörstetten 0,675 Mio. 0,401 Mio. 0,493 Mio. 0,593 Mio. 9,0 (2015)

Wittnau 0,006 Mio. 0,023 Mio. 0,5 Mio. 0,29 Mio. 7,42

*Die Redaktion hatte alle 47 Städte und Gemeinden angefragt. In der Übersicht fehlen solche, die nicht geantwortet hatten.

Kommunen

Mit den Gewerbesteuereinnahmen wird nicht wieder di-rekt in noch mehr Gewerbesteuer investiert. Aber indirekt: Denn mit den Millionen-Erlösen können die Kommunen investieren, in die Infrastruktur, in neue Gewerbegebie-te. Wenn etwa Bad Krozingen aktuell von privaten Eigen-tümern 15 Fußballfelder Flächen kauft, dann um dort ein neues Gewerbegebiet zu erschließen, das die Kasse von Bür-germeister Volker Kieber voller machen soll. Durch öffent-liche Millionen-Investitionen, etwa in den Straßenbau oder den Ausbau des ÖPNV, verdient das regionale Handwerk, die Betriebe zahlen einen Teil über die Gewerbesteuer wie-der zurück.Es gibt übrigens aktuell auch eine Kommune, die sich mit Händen und Füßen gegen zu hohe Gewerbesteuern wehrt. Nach einem Bericht der Fachzeitschrift „Der Neue Käm-merer“ muss die Deutsche Bank dem 8000-Seelen-Örtchen

Lützen in Sachsen-Anhalt 129 Millionen Euro Gewerbe-steuer nachzahlen, für eine dort ansässige Tochter, die einen Pensionsfonds verwaltet. Das versetzte Bürgermeister Dirk Könnecke in Angst und Schrecken. Der Mann wehrt sich gegen die Überweisung, weil die Bank gegen den Bescheid des zuständigen Finanz-amts Widerspruch eingelegt hat. Gewinnt sie, müsste Lüt-zen nicht nur das Geld zurück, sondern auch Zinsen zahlen – rund acht Millionen Euro jährlich. So fürchtet Könnecke kurioserweise den „wirtschaftlichen Bankrott“, wenn plötz-lich 129 Millionen Euro im Stadtsäckel landen. Der MDR berichtete zuletzt, dass sich derweil die Stadt, der Landkreis, das Finanzministerium und die Deutsche Bank auf eine Lö-sung geeinigt hätten.

Lars Bargmann

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Verbände

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Kritik an der Rente mit 63IHK und wvib beklagen Fachkräftemangel

J eweils mehr als 1000 Mit-gliedsunternehmen haben die Industrie- und Handelskam-

mer Südlicher Oberrhein (IHK) so-wie der Wirtschaftsverband Indus-trieller Unternehmen Baden (wvib) zur aktuellen Lage befragt. Ergeb-nis: IHK-Präsident Steffen Auer spricht von einem „Allzeithoch“, wvib-Geschäftsführer Christoph Münzer von einer „guten bis sehr guten Lage“. Kritik gibt es wegen des Fachkräftemangels.

Die regionale Wirtschaft schätzt die aktuelle Situation – trotz ökonomischer Probleme in China und Massenzuwan-derung – so gut wie lange nicht ein: Der IHK-Konjunkturklima-Index liegt zehn Punkte über dem langjährigen Mittel-wert von 120 Punkten. 22 Prozent der Unternehmen wollen weiter einstellen (bei den Industriebetrieben: 17), 14 Pro-zent Mitarbeiter abbauen. Vielstimmig wird der Fachkräftemangel beklagt. So habe sich die Zahl der offenen Stellen von 5400 auf 7700 erhöht. Als starke Ursache hierfür machen die Betriebe die „Rente mit 63“ aus – bundesweit nutz-ten 400.000 Arbeitnehmer diese Mög-lichkeit, im IHK-Gebiet sind es 6000 Fachkräfte, die den Unternehmen „vor-zeitig entzogen wurden“, so Auer. Die Investitionsbereitschaft sei wei-ter hoch, 36 Prozent der Betriebe wol-len mehr investieren, nur elf Prozent zurückfahren. Vor allem die Baubran-che sei bester Stimmung: 58 Prozent be-zeichnen ihre Geschäftslage als gut, 40 Prozent als zufriedenstellend. Über 90 Prozent erwarten sich noch bessere Ge-schäfte. Bei den Dienstleistern melden 65 Prozent eine gute Geschäftslage, nur drei Prozent sind unzufrieden. In der Gastronomie sprechen 54 Prozent von einer guten Lage, 46 Prozent nennen sie befriedigend.

Die Konsumfreude ist ungetrübt: Sin-kende Energiepreise, steigende Löhne und praktisch Null-Zinsen führen dazu, dass sich die Menschen etwas gönnen. Auer fordert von der Politik drei Din-ge: Bei der Bildung solle es keine wei-teren Systemwechsel mehr geben, Zahl und Qualität des Lehrpersonals müssten gestärkt werden. Die Duale Ausbildung müsse mehr gefördert werden: „Wir brauchen in der Region mehr ausgebil-dete Facharbeiter als studierte Ingenieu-re.“ Und schließlich müsse mehr Geld in die Infrastruktur gesteckt werden: „Nur mit Erhalt und Neubau von Straßen und Brücken kann die Wirtschaft im wahrsten Sinne fließen!“Beim wvib meldeten die Unterneh-men der sogenannten Schwarzwald-AG für 2015 ein Umsatzplus von 5,1 Pro-zent und 4,4 Prozent mehr Aufträge. „Trotz der zahlreichen globalen Risiken und Hindernisse auf den Absatzmärkten der wvib-Mitglieder ist die wirtschaft-liche Lage stabil und weiterhin gut bis sehr gut“, so Münzer. Die Mischung aus niedrigen Zinsen, preiswertem Erd-öl und starkem Dollar – von Münzer als „3-fach Doping“ bezeichnet – wirke

noch immer. 45 Prozent der Betriebe erwarten im ersten Halbjahr 2016 stei-gende Umsätze, nur 12 Prozent rechnen mit sinkenden Zahlen. Die Mehrheit der wvib-Firmen ist direkt oder indirekt vom Export abhängig. Konflikte und politische Spannungen weltweit sorgen hier für Verunsicherung, erschweren Planungen und bergen Zusatzrisiken. So berichten einige Unternehmen, dass lukrative Geschäfte mit Russland ein-gebrochen seien; die konjunkturelle Abkühlung in China macht der Auto-mobilindustrie und ihren Zulieferern sowie dem Maschinenbau Sorgen, der Nahe Osten berge kaum kalkulierbare Risiken, ebenso der Fall der Ölpreise. Ausweichchancen sind rar: Die Wirt-schaft in den Schwellenländern gewinnt verhalten an Dynamik, gleiches gilt für die Ökonomie des Euroraumes, der laut einer Prognose des Instituts für Welt-wirtschaft nur maximal zwei Prozent zulegen werde. Lediglich die USA und England locken mit einem Produktions-anstieg und vermehrter Kaufkraft; auch der Iran dürfte nach den Sanktionslo-ckerungen wieder interessant werden. Stefan Pawellek

Christoph Münzer: Dreifach-Doping für die Wirtschaft.

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Banken

»Kundennähe nicht auf dem Altar der Effizienz opfern«

Sparkassen-Chef Marcel Thimm und Volksbank- Vorstandssprecher Uwe Barth über Filialschließungen,

Rekordzahlen und beratende Maschinen

Niedrige Zinsen, steigende Personalkosten, hau-fenweise Bürokratie: Trotz der vielstimmig be-klagten Rahmenbedingungen haben die bei-

den großen Regionalbanken auch im vergangenen Jahr wieder überzeugende Zahlen vorgelegt. Volks-bank-Chef Uwe Barth und Sparkassen-Vorstands-vorsitzender Marcel Thimm haben buchstäblich die Taschen voller Geld. Gemeinsam vergaben sie neue Kredite in Höhe von 1,66 Milliarden Euro. Das sind an jedem Arbeitstag 6,6 Millionen Euro. Und dennoch kündigen sie die Schließung von Filialen und den Abbau von Stellen an. Ein nicht ganz leicht zu kom-munizierender Plan. Den sie im Interview mit busi-ness-im-Breisgau-Chefredakteur Lars Bargmann zu begründen versuchen.

business im Breisgau: Trotz anhaltender Niedrigzinspha-se haben Sie im vergangenen Jahr gesteigerte Millionen-Erträge (siehe Infobox Seite 12) eingespielt. Man könnte meinen, das Geschäftsmodell der regionalen Banken ist ge-gen alle Widrigkeiten gut gewappnet. Barth: Wir haben zwar heute aus dem Zinsgeschäft noch mehr als 60 Millionen Euro Ertrag. Wenn die Zinsen aber so niedrig bleiben wie jetzt, dann werden wir 2020 rund 20 Prozent weniger haben. Das sind 12 Millionen Euro. Das können wir zwar teilweise durch Wachstum kompen-

sieren, aber nie so stark, um es voll auszugleichen. Wir könnten zwar auch ein paar Jahre mit weniger Erlösen le-ben, aber keine zehn Jahre. Dann ist unser Geschäftsmo-dell infrage gestellt. Thimm: Ich bin noch skeptischer. Wenn die Zinsen so blei-ben, werden wir 2020 ein Drittel unserer Erträge verlie-ren. Nicht nur durch sinkende Zinsen, sondern auch durch steigende Kosten. Bei gleicher Mitarbeiterzahl steigen die Personalkosten jährlich um drei Prozent und der Aufwand durch immer mehr Bürokratie wird höher. Wir müssen also noch effizienter werden und versuchen, mehr Geschäft zu machen.

bib: Mehr Geschäft in weniger Geschäftsstellen. Die Spar-kasse hat angekündigt, bis 2020 bis zu 20 Geschäftsstel-len zu schließen und 150 Arbeitnehmer weniger zu haben. Wie sieht es bei der Volksbank aus? Barth: Auch ich denke heute schon an 2020. Wir können unsere Erträge relativ gut planen, besser als Unternehmen mit unterjährigen Auftragsschwankungen, weil wir lang-fristige Bestände verwalten. Deswegen müssen wir schon heute an unser Filialnetz gehen, schon heute an die Per-sonalplanung, damit wir 2020 noch das machen können, was wir sollen: Das Geld der Kunden verwalten und Kre-dite geben.

bib: Eine Zahl? Heute haben Sie 34 Geschäftsstellen ...Barth: ... mittelfristig werden wir 20 bis 25 haben. bib: Deutsche Bank, Hypo Vereinsbank, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken wollen in diesem Jahr bundesweit 1000 Filialen schließen. Allein in Freiburg gibt es mehr als 50 Geldinstitute, gibt es nicht viel zu viele Banken? Barth: Deutschland ist in der Tat overbanked.

bib: Wie viele Sparkassen-Filialen werden erhalten? Thimm: Wir sind in 35 Städten und Gemeinden tätig, um die 45 Geschäftsstellen werden wir wohl immer haben.

bib: Sind Fusionen in Ihren Häusern ein Thema? Thimm: Bei uns nicht. Vielen Sparkassen geht es ordentlich. Fo

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Das Fusionskarussell dreht sich aktuell nicht sehr schnell. Ob das Ende des Jahrzehnts noch so sein wird, entscheiden nicht zuletzt die Zinsen.Barth: Bei uns in Freiburg ist das momentan kein Thema. Thimm: Ich sehe das Thema der Geschäftsstellen nicht nur von der Kostenseite. Von unseren 69 Geschäftsstellen sind 30 Kleinstgeschäftsstellen mit weniger als zwei Mitarbeitern. Da haben wir auch zu wenig Fallzahlen, um eine hohe Beratungs-qualität sicherzustellen, denn das hängt eng zusammen. An-spruchsvollere Geschäfte brauchen die besten Berater mit den entsprechenden Fallzahlen. Drei Mitarbeiter in einer Filiale sind das Minimum. Unsere Beschäftigten wollen auch nicht allein ar-beiten, da geht es auch um Sicherheit, um Erfahrungsaustausch. In zweiter Linie geht es aber natürlich auch um die Kosten.

bib: Herr Barth, auch Sie haben sehr kleine Geschäftsstel-len, die wirtschaftlich nicht sinnvoll sind und deswegen ge-schlossen werden. Haben Sie keine Sorge, dass sie damit Kunden und auch Geschäft verlieren?Barth: Wir glauben nicht, dass das passiert. Wir werden die Kundenorientierung ja nicht auf dem Altar der Effizi-enz opfern. Wir bitten unsere Kunden, etwas längere, aber vertretbare Wege in Kauf zu nehmen. Die Internetbanken werden ja nun nicht plötzlich in der Fläche Filialen gründen und so um neue Kundschaft werben. Thimm: Wenn es in manchen Orten schon keinen Super-markt, keinen Arzt und keine Apotheke mehr gibt, dann kann man von uns nicht immer erwarten, dass wir da blei-ben. Der Kunde muss sich hier ohnehin schon in Nachbar-orte bewegen und da wollen wir dann auch sein.

bib: Ein Grund für den Druck auf Ihre Erträge ist auch die immer stärkere Regulierung: Wenn Kunden heute einen Kredit über 5000 Euro benötigen, kriegen sie mittlerwei-le einen Koffer voller Papiere mit nach Hause und können nach dem ganzen Aufwand dann auch noch 14 Tage lang überlegen, ob sie das wirklich wollten …

Barth: Nach dem ganzen Finanzdesaster ist Regulatorik per se nicht schlecht, sogar wichtig. Was aber für eine große internationale Investment-Bank richtig ist, muss für eine kleine Genossenschaftsbank nicht richtig sein. Wir bezwei-feln stark, dass hier die Angemessenheit stimmt. Thimm: Im Windschatten einer durchaus richtigen Ban-kenaufsicht kommt der Verbraucherschutz. Und da gibt es ein starkes Missverhältnis zwischen einer Bankdienstleis-tung und anderen Dienstleistungen. Unsere Kunden füh-len sich teilweise schon entmündigt. Und dann werden wir vom Staat auch noch immer stärker als Erfüllungsgehilfe benutzt, etwa beim Thema Geldwäsche. Das alles ist für die Regionalbanken sehr teuer.

bib: Es wird ja schon lange über die Regulierungswut ge-klagt, offenbar wenig erfolgreich. Barth: Unsere Verbände machen viel Lobbyarbeit, auch in Brüssel. Alle drücken Verständnis aus, aber die nächste EU-Verordnung fliegt trotzdem bald auf den Tisch. Thimm: Wenn sie heute eine Wohnung ohne Rücktritts-recht kaufen können, aber einen 3000-Euro-Konsumen-tenkredit nicht, dann stimmt etwas nicht.

bib: Wie bewerten Sie die aktuell wenig imposanten Wachstumsraten der deutschen Wirtschaft? Barth: Der südbadischen Wirtschaft geht es gut. Wir ha-ben 560 Millionen Euro an neuen Krediten ausgegeben, 300 im gewerblichen Bereich, 260 im privaten, hier vor allem für die Finanzierung von Immobilienankäufen oder Sanierungen. Was weniger gefragt ist, sind Kredite für In-vestitionen im klassischen, verarbeitenden Gewerbe. Thimm: Wir haben noch nie ein so großes Kredit-Neugeschäft gehabt, fast 1,2 Milliarden Euro. Zwei Drittel im Gewerbe, ein Drittel vor allem bei den Wohnbaufinanzierungen. Einen solchen Markt hatten wir in den letzten 20 Jahren nicht. Aber jenseits dessen wird eher gespart als investiert. Das Niveau bei Investitionen in die Zukunft ist eher mau.

Konkurrenten nur auf den ersten Blick: Uwe Barth (l.) und Marcel Thimm eint die Sorge um die Erträge von morgen.

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bib: Welche Besonderheiten lassen sich an Ihren Bilanzen ablesen? Barth: Eigentlich nur eine: Wir haben für unser Volumen schon seit Jahren sehr wenig Kreditrisiko. Es gibt nur ganz wenige Insolvenzen. Thimm: Wir haben saldiert auch keine Risiken. Das Beson-dere war aber die Höhe des Kreditgeschäfts.

bib: Solange die Konjunktur in Fahrt bleibt, ist alles gut? Thimm: Selbst wenn sie einbrechen würde und wir jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag an Kreditrisiken zu verbuchen hätten, wäre das normal und in unseren Preisen einkalkuliert.

bib: Die Digitalisierung des Bankgeschäfts schreitet schnell voran. Wo geht die Reise hin?Thimm: Die Digitalisierung war die größte Innovation der Branche in den letzten 50 Jahren. Damit wurde zum ersten Mal neuer Wettbewerb entwickelt. Heute gibt es zwischen Internetbanken und uns in dieser Hinsicht aber keine Un-terschiede. Jetzt folgt die nächste Stufe: Gibt es einen Bera-tungsalgorithmus? Kann man Beratung so programmieren, dass der Kunde ähnlich wie im persönlichen Gespräch zu ei-nem Produkt geleitet wird, das zu ihm passt. Das will nicht jeder Kunde, aber der eine oder andere doch. Das ist eine spannende Herausforderung. Barth: Wenn sich solche Firmen wie Apple, Amazon, Goog-le, Intuit und PayPal zur Financial Innovation Coalition (FIN) zusammenschließen, mit dem Ziel, den Markt der Finanzdienstleistungen zu revolutionieren, macht man sich

schon Gedanken. Wenn wir in 20 Jahren erleben, dass Be-ratung komplett digital erledigt wird, dann haben wir schon ein Problem mit dem Geschäftsmodell. Thimm: Man kann das denke ich mit dem Einzelhandel vergleichen. Da vermischen sich schon jetzt der stationäre Handel und die digitale Welt. Der Einzelhändler berät den Kunden vor Ort, das passende Produkt wird dann beim Händler im Internet bestellt und geliefert. Vielleicht arbei-ten unsere Kunden bald mit einer Maschine, aber der Bera-ter sitzt trotzdem nebendran und führt ihn.

bib: Die Digitalisierung, von der die gesichtslosen Banken profitieren, ist nicht nur Fluch für ihre Institute …Barth: Fluch und Segen würde ich sagen, weil sie uns auch hilft, produktiver zu sein. Vor zehn Jahren hatten wir zwei Milliarden Bilanzsumme, jetzt haben wir drei, aber 60 Mit-arbeiter weniger.

bib: Herr Barth, Herr Thimm, vielen Dank für dieses Gespräch.

Sparkasse Freiburg 2015 (Vgl. z. 2014)

Bilanzsumme 5,34 Mrd. € (-237 Mio.) Betr. Kundenvolumen 9,90 Mrd. € (+336 Mio.)– in Krediten 4,22 Mrd. € (+153 Mio.) – in Wertpapieren 5,68 Mrd. € (+183 Mio.) Ertrag 169 Mio. € (+2 Mio.)– aus Zinsen 119 Mio. € (-3 Mio.) – aus Provisionen 50 Mio. € (+5 Mio.) Personal- & Sachkosten 103 Mio. € (+2 Mio.) Operatives Ergebnis 66 Mio. € (+/-0) Ergebnis vor Steuern* 28 Mio. € (+/- 0) Steuern 21 Mio. € (+1 Mio.) Überschuss 7 Mio. € (-1 Mio.) CIR** 59,8 (+0,1) Geschäftsstellen 69 (-2) Mitarbeiter 1226 (-49)

Volksbank Freiburg 2015 (Vgl. z. 2014)

Bilanzsumme 3,00 Mrd. € (+180 Mio.) Betr. Kundenvolumen 5,35 Mrd. € (+280 Mio.)– in Krediten 1,95 Mrd. € (+130 Mio.) – in Wertpapieren 3,4 Mrd. € (+170 Mio.) Ertrag 84,2 Mio. € (+5,6 Mio.) – aus Zinsen 61,4 Mio. € (+4,5 Mio.) – aus Provisionen 22,8 Mio. € (+1,1 Mio.) Personal- & Sachkosten 49,7 Mio. € (+0,8 Mio.)Operatives Ergebnis 34,5 Mio. € (+4,5 Mio.) Ergebnis vor Steuern* 15,6 Mio. € (+1,6 Mio.) Steuern 11,4 Mio. € (+1,4 Mio.) Überschuss 4 Mio. € (+/- 0) CIR** 60 (-3) Geschäftsstellen 49 (+1) Mitarbeiter 518 (-3)

* nach Reservenbildung und Bewertungen / ** So viel Cent gibt die Bank für 1 Euro Ertrag aus

Die Bilanzen im Vergleich

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Von der Betriebsprüfung bis zu Bestechungsgeldern

Der Freiburger Steuerberater Erik Herr ist ein Routinier im Geschäft. Für die bib-Leser berichtet er in jeder Ausgabe über Nützliches & Kurioses, Aktuelles & Steuerbares.

Betriebsprüfung: Sie müssen nicht dulden, dass ein Prüfer Sie übergeht und versucht, Auskünfte bei Dritten einzuholen. Bei einem unlängst vor dem Bundesfinanzhof (BFH) entschie-denen Fall wurde bei einem ausländi-schen Lieferanten nach möglichen Provisionszahlungen angefragt, um die-se mit der vorliegenden Buchhaltung abzustimmen. In solchen Fällen ist das Ergebnis der Prüfung anfechtbar.Arbeitsecke: Nach einem aktuel-len Urteil des BFH ist eine Arbeitsecke steuerlich nicht mehr anrechenbar, da der Raum nahezu ausschließlich zur Er-zielung von Einnahmen genutzt werden muss, sich aber genau das nicht objek-tiv überprüfen lässt. Auch dann nicht, wenn ein Nutzungszeitenbuch geführt wird, da dies keinen ausreichenden Be-weiswert hat. Geburtstagsfeier: Ein Finanzgericht hat entschieden, dass die Kosten einer Ge-burtstagsfeier dann als Werbungskos- ten/Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn ausschließlich Arbeitskollegen eingeladen sind. Allerdings wurde Re-vision beim BFH eingelegt. Dennoch sollten Sie nachweisen können, dass keine Freunde oder Verwandte eingela-den waren, die Feier in den Räumen des Arbeitgebers und zumindest teilweise während der Arbeitszeit stattfand.Bestechungsgelder: Einem Arbeit-nehmer von einem Dritten gezahlte Bestechungsgelder zählen zu den sons-tigen Einkünften. Gibt der Empfänger diese Gelder aber an den geschädigten Arbeitgeber ab, werden diese als Wer-bungskosten gewertet. Werden sie nicht weitergeleitet und nicht erklärt, liegt eine Steuerhinterziehung vor! www.herr-stb.de

Kolumne

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Sinn statt ZinsGLS Bank zieht positive Bilanz /

Mehr Kunden und Einlagen in Freiburg

I n Zeiten historisch niedriger Zinsen ist die Vorstellung der Bilanz nicht bei allen Ban-

ken ein erfreulicher Termin. In der GLS Bank im Freiburger Sonnen-schiff ist die Stimmung hingegen gut. Während die Bilanzsumme der deutschen Bankenbranche 2015 um 145 Milliarden Euro ge-schrumpft ist, verzeichnet die sozial-ökologische Bank mit Sitz in Bochum einen Anstieg um 14,7 Prozent auf 4,17 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Sparkasse Freiburg beläuft sich aktuell auf 5,34 Milliarden Euro.

Dennoch stellt die sinkende Zins-marge auch die GLS vor eine Heraus-forderung. Die Bank reagiert mit einem strukturellen Umbau. Der Wandel der Bank beginnt in der Führungsspitze: Seit Anfang des Jahres ergänzen die bei-den neuen Vorstandsmitglieder Aysel Osmanoglu und Dirk Kannacher den bislang zweiköpfigen Vorstand.Es ist der erste Schritt einer umfas-senden Umstrukturierung: Bis 2017 will das Geldhaus seine Effizienz um ein Viertel erhöhen – durch verbesserte Prozesse und weniger Neueinstellungen. Außerdem denke man über zusätzli-che Ertragsquellen nach, wie etwa einen Grundbeitrag für die Kunden.

Hintergrund sind vor allem die nied-rigen Zinsen, die nicht nur nach Ein-schätzung der GLS noch jahrelang so bleiben werden. So liegt die Zinsmar-ge mit 1,87 Prozent erstmals unter der Zwei-Prozent-Marke. „Die Heraus-forderung durch die kleiner werden-den Zinsmargen stellt sich uns genauso wie jeder anderen Bank“, so Wilfried Münch, GLS-Regionalleiter Baden-Württemberg, unlängst in Freiburg.Doch die Zinsen sind auch ein Vorteil für die Bank, die ihr Geld nur in nach-haltige Projekte investiert. „Viele Men-schen denken: Wenn ich schon keinen Zins bekomme, nutze ich mein Geld wenigstens für etwas Sinnvolles“, sagt Münch. Das zeichnet sich in der Bilanz ab: Das Rohergebnis ist um 7,55 auf 84,46 Millionen Euro gestiegen. Der Gewinn allerdings wegen höherer Kos-ten und Rücklagenbildung um 670.000 auf 5,09 Millionen Euro gesunken.In Freiburg sind die Kundeneinlagen um elf Prozent auf 245 Millionen Euro gestiegen, die Kredite um 16 Prozent auf 97 Millionen. Die Zahl der Kun-den ist um zehn Prozent auf 12.000 Menschen gestiegen. Diese unterstüt-zen mit ihrem Geld regionale Projek-te wie das Freiburger Second Hand Kaufhaus inova secondo oder das Ecofashiongeschäft Zündstoff im Stühlinger. tbr

Strahlemänner nebst Strahlefrau: Dirk Kannacher, Thomas Jorberg, Andreas Neukirch und Aysel Osmanoglu bilden den neuen GSL-Vorstand.

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Banken

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Steuern

So will der Gesetzgeber den Wohnungsbau ankurbeln

Wirtschaftsprüfer Mathias Hecht über eine neue Förderung im Mietwohnungsneubau

N achdem der soziale Miet-wohnungsbau in Deutsch-land in den vergangenen

Jahrzehnten immer mehr zum Still-stand gekommen ist – nach Ex- pertenberechnungen fehlen bun-desweit aktuell 770.000 soziale Miet- wohnungen –, hat das Bundeska-binett Anfang Februar nun den „Entwurf eines Gesetzes zur steu-erlichen Förderung des Mietwoh-nungsneubaus“ gebilligt. Mit diesem Gesetz, das noch auf seine Geneh-migung durch die zuständige Euro-päische Kommission wartet, sollen zeitnah Investoren zum Neubau von Mietwohnungen in Ballungsräumen mit angespannter Wohnungssi-tuation gewonnen werden. Neuer Wohnraum soll nur für untere und mittlere Einkommensgruppen ge-schaffen werden, Wohnungen mit einem hohen Standard werden von einer Förderung ausgeschlossen. Unter anderem Freiburg, Emmen-dingen, Gundelfingen oder auch Bad Krozingen könnten profitieren.

Die Förderung soll durch eine Sonder-abschreibung erfolgen, hierzu wird ein neuer § 7b in das Einkommensteuerge-setz aufgenommen. Die Sonderabschrei-bung soll im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Jahr bis zu 10 Prozent, im dritten Jahr bis zu 9 Prozent betragen. Da die norma-le Abschreibung bei Wohngebäuden (2 Prozent jährlich) weiterhin gilt, können Investoren innerhalb von drei Jahren so-mit insgesamt bis zu 35 Prozent der Auf-wendungen steuerlich geltend machen. Das könnte den Bau von Mietwoh-nungsgebäuden tatsächlich attrakti-

ver machen, wenn es geeignete Flächen gibt. Die Sonderabschreibung ist indes nur in Gebieten mit engen Wohnungs-märkten möglich, dies sind Gemeinden mit den Mietenstufen IV bis VI, in de-nen die Mieten mindestens 5 Prozent oberhalb des Bundesdurchschnitts lie-gen. Zusätzlich werden auch Gebiete mit Mietpreisbremse (§ 556d BGB) und Gebiete mit abgesenkter Kappungsgren-ze (§ 558 Abs. 2 S. 2,3 BGB) gefördert. Zu den förderfähigen Gebieten würden demnach neben Freiburg (Mietenstufe 6 und Mietpreisbremse) auch Gundelfin-gen (Stufe 5), Emmendingen (Stufe 4) oder Bad Krozingen (Stufe 5) gehören.Der Gesetzgeber knüpft seine Of-fensive aber an eine ganze Reihe von Bedingungen: So dürfen die Herstel-lungskosten pro Quadratmeter Wohnflä-che insgesamt nicht mehr als 3000 Euro betragen. Liegen sie darüber, zieht sich die öffentliche Hand ruckartig zurück. Die förderfähige Bemessungsgrundlage wird auf maximal 2000 Euro je Quad-ratmeter begrenzt. Die Aufwendungen für das Grundstück und die Außenanla-gen unterliegen nicht der Förderung und sind nicht zu berücksichtigen.Der Investor muss wissen, dass nur die anteilig auf die Wohnfläche entfallen-den Anschaffungs- und Herstellungskos-ten förderfähig sind: Betrieblich genutzte Flächen sind nicht förderfähig. Gefördert werden nur neu hergestellte oder neu an-geschaffte Gebäude. Ein angeschafftes Gebäude ist dann neu, wenn es bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung ange-schafft wird.Zudem deckelt der Gesetzgeber den Fördertopf zeitlich: Gefördert werden sollen nur Mietwohnungsgebäude, für die der Bauantrag in den Jahren 2016

bis Ende 2018 gestellt wird. Die Son-derabschreibung kann letztmals im Jahr 2022 in Anspruch genommen werden – um eine volle Förderung zu erhalten, muss das Gebäude also bis 2020 fertigge-stellt sein. Zudem muss sich der Investor – und gegebenenfalls dessen Gesamt-rechtsnachfolger – verpflichten, die ge-förderte Fläche nach Fertigstellung oder Anschaffung mindestens zehn Jahre lang entgeltlich zu Wohnzwecken zu vermie-ten. Bei einem Verstoß wird die Sonder-abschreibung rückwirkend versagt.Ob durch dieses Gesetz eine erhöh-te Bautätigkeit erreicht werden kann, ist indes fraglich. Eine erhöhte Bautätigkeit kann nur erreicht werden, wenn das be-nötigte Bauland zur Verfügung steht, dies ist insbesondere in Freiburg leider kaum vorhanden. Zudem zeigen vergangene Förderungen mit Sonderabschreibungen, dass es hierdurch zu Fehlallokationen durch Preisbeeinflussung kommt. Für Investoren kann diese Förderung jedoch eine attraktive Alternative sein.

Mehr Infos zu Mietenstufen nach Gemeinden: www.wohngeld.org

Kompetenter Fachmann: Mathias Hecht.

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Neubau

Spatenstich-Richtfest-Dreierlei in FreiburgGisinger, Stadtbau und Schaub investieren rund 60 Millionen Euro

N ach dem Spatenstich ist vor dem Richtfest: Die Gisinger-Gruppe und die Freiburger

Stadtbau (FSB) haben innerhalb we-niger Tage den Auftakt für den Bau von 160 Wohnungen in Freiburg gesetzt. Das Sanitätshaus Schaub ist schon ein Stückchen weiter: Die Traditionsfirma feierte Richtfest im neuen Gewerbegebiet Haid-Süd und ist damit dort Pionier.

Den Anfang machte die Stadtbau: Ge-schäftsführer Ralf Klausmann und Bau-bürgermeister Martin Haag freuten sich, dass die FSB auf dem Güterbahnhofa-real 40 Mietwohnungen bauen kann, weil das Land das 6,8 Millionen Euro teure Effizienzhaus 55 mit zinslosen

5,1 Millionen Euro fördert. Das 2000 Quadratmeter-Grundstück an der Zita-Kaiser-Straße hatte das Rathaus der Ei-gentümerin Aurelis Real Estate im Wege eines städtebaulichen Vertrags kosten-los abgenommen und dann der FSB übertragen. Die Miete wird anfänglich bei 5,50 Euro pro Quadratmeter liegen (33 Prozent unterm Mietspiegel), ob-wohl der Bau eines Quadratmeters nach Klausmanns Angaben 2900 Euro kostet.Kurz drauf schaufelten Karl-Jörg und Stefan Gisinger zusammen mit Ober-bürgermeister Dieter Salomon und Haag die erste Erde fürs Projekt „Sonnenhöfe“ an der Uffhauser Straße. Gisinger baut hier bis 2020 auf knapp einem Hek- tar für rund 40 Millionen Euro 120 Ei-gentumswohnungen. „Für uns ist es ein

herausragendes städtebauliches, architek-tonisches und gestalterisches Projekt, das allein durch seine Formensprache einzig-artig ist und eine neue Bau-Ära in Has-lach einläutet“, sagte Karl-Jörg Gisinger. „Wir sind dankbar für jeden Bauträger, der in Wohnungsbau investiert, weil jede zusätzliche Wohnung zu einer Entspan-nung des Marktes beiträgt“, so Salomon. Die ersten 30 Wohnungen werden im Herbst 2017 fertig sein. Wieder nur ein paar Tage später feierte Schaub Richtfest an der Bötzinger Stra-ße, wo der Generalunternehmer Freyler Industriebau GmbH einen Verwaltungs-trakt mit 1600, ein Kundenzentrum mit 580 und eine Werkstatt mit 3500 Qua-dratmetern baut. Schaub investiert einen zweistelligen Millionenbetrag. bar

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Zarte AnnäherungGroß war der Auftrieb, als unlängst FWTM-Chef Bernd Dallmann, Tou-rismuschefin Franziska Pankow sowie die beiden Hotelchefinnen Astrid Späth und Kirsten Moser erklärten, warum es so sinnvoll sei, dass die FWTM nach 20-jähriger Abstinenz wieder den lo-kalen Hotel-Buchungsservice organi- siert. Der war, als das Internet noch auf wackligen Beinchen daherkam, ein verlustreiches Geschäft mit sechsstelli-gen Fehlbeträgen, ging hernach durch viele Hände, bis neulich der Branchen-riese HRS den amtierenden Anbieter schluckte – was manchen übel aufstieß. So groß der Auftrieb, so klein ist aber die wirtschaftliche Relevanz: Freiburgs Betten werden allenfalls bei größeren Kongressen oder Tagungen auf solche Weise gebucht.Nein, es war nach dem nervigen Dau-erstreit um die Bettensteuer vielmehr ein bisschen Symbolik, eine erste zarte Annäherung von Hoteliers und FWTM – wenngleich noch kein Schlüpfen unter eine Decke. Späth sei „sehr begeistert“, das sei der „erste Schritt“ dafür, Frei-burg als Marke besser zu vermarkten. Aus der Bettensteuer finanziert wird der indes nicht. Das, so Dallmann, gehe gar nicht, weil sonst die Kartellbehör-den anklopfen würden. So sind Provi-sionen rund um 12 Prozent zu zahlen und 160 Euro Grundgebühr – was bei kleineren Anbietern auf keine große Be-geisterung stieß. Dennoch: Es ist richtig, wenn Hoteliers und Tourismusförderer mehr an einem Strang ziehen, die Überschüsse aus der Bettensteuer so investiert werden, dass sie die Betten tatsächlich voller machen, und über freiburg.de Suchende mit we-nigen Klicks nebst Betten auch Karten für Fußball, Kultur oder Stadtführun-gen buchen können. Lars Bargmann

Kommentar Unternehmen

Sick setzt auf SüdbadenSensorhersteller investiert 25 Millionen Euro

WALDKIRCH. Die Sick AG hat in Buchholz ein neues Distributionszent-rum in Betrieb genommen. 25 Millionen Euro investierte der Sensorenspezialist. Der Vorstandsvorsitzende Robert Bauer begrüßte zur Eröffnung unter anderem EU-Kommissar Günther Oettinger, den Emmendinger Landrat Hanno Hurth oder den Waldkircher Oberbürger-meister Roman Götzmann. Für Sick ist es die größte Einzelinvestition in der 70-jährigen Geschichte des Unterneh-mens – und die wurde nicht in Asien oder Amerika investiert, sondern in Waldkirch.Das hochautomatisierte, 11.000 Quad-ratmeter große Lager bildet nun das lo-gistische Drehkreuz innerhalb Europas. Mehr als 40.000 Endkunden sowie die

Sick-Tochtergesellschaften weltweit wer-den zukünftig direkt von Buchholz aus beliefert. Das neue Gebäude entspricht den höchsten umwelttechnischen Stan-dards, so wird bei der Deutschen Gesell-schaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) eine Zertifizierung in Silber angestrebt. Sick bietet 40.000 Produkte an, die teil-weise sehr kurzfristig an die Kunden ausgeliefert werden. Das neue Logistik-zentrum, das die schnelle Belieferung dieser Kunden ermöglicht und sich in räumlicher Nähe zu den wichtigsten Produktionsstandorten befindet, sei ein „entscheidender Faktor“ im weltweiten Wettbewerb, meldet das Unternehmen, das in diesem Jahr sein 70-jähriges Beste-hen feiert. Das bisherige Lager war bereits vor Jah-ren zu klein geworden, sodass weitere Lagerflächen in Freiburg-Hochdorf und Kapazitäten bei externen Dienstleistern in Anspruch genommen wurden. Sick zählt zu den Technologie- und Markt-führern und ist mit mehr als 50 Tochter-gesellschaften und Beteiligungen sowie zahlreichen Vertretungen rund um den Globus präsent. Im Geschäftsjahr 2014 beschäftigte Sick weltweit rund 7000 Mitarbeiter und erzielte einen Konzern-umsatz von knapp 1,1 Milliarden Euro. bib

Von links: Hanno Hurth, Robert Bauer, Günther H. Oettinger, Roman Götz- mann (OB Waldkirch) und die Auf- sichtsrats-Ehrenvorsitzende Gisela Sick.

Bekenntnis zum Standort: Das neue Distributionszentrum der Sick AG in Buchholz lagert rund 40.000 Produkte.

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Sick

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FREIBURG. Die Privatbrauerei Gan-ter in Freiburg hat ein sehr erfolgreiches Brauerjahr 2015 hingelegt. Der Umsatz legte um 2,4 Prozent auf 17,7 Millio-nen Euro zu. Maßgeblichen Anteil hat-te das Geschäft mit der Gastronomie, das ebenfalls um 2,4 Prozent zulegte. Aber auch im Einzelhandel punktete Ganter mit einem Plus von 2,5 Prozent, vor allem die neuen Bügelflaschen- biere (Urtrunk, Magisch dunkel) ziehen Kunden an. Insgesamt legte das Fami-lienunternehmen beim Flaschenbier um 3,6 Prozent zu. Eine echte Er-folgsgeschichte ist das Jubiläumsbier, das helle Lager. Allein in den ersten Monaten nach der Markteinführung gingen gut 15.000 Kästen über die Tresen. „Die klare Ausrichtung als re-gionale Brauerei mit höchsten Qua-litätsansprüchen trägt also Früchte“, kommentieren die Geschäftsführer Katharina Ganter-Fraschetti und Detlef Frankenberger, die gerade erst wieder 2,8 Millionen Euro in eine neue Abfüllanlage investiert ha-ben. Die regionale Ausrichtung zieht: Im Braujahr 2014/2015 kamen rund 15.000 Besucher zu den Führungen beim Ganter-Brau-Erlebnis.

Kurz darauf schwappte die nächste gute Nachricht ins Haus: Bei der all-jährlichen DLG-Prämierung gewann der Urtrunk Silber, das „GANTER Badisch Weizen Hefehell“ ergatter-te sogar die Goldmedaille. „Dass wir diesen Erfolg aus dem Vorjahr wieder-holen konnten, erfüllt uns mit Stolz, gerade bei Weizenbieren ist das etwas ganz Besonderes“, sagt Braumeister Markus Dessecker. „Die Freude darüber ist natürlich riesig“, so Gan-ter-Fraschetti, „die Auszeichnungen zeigen, dass unsere Brauerei für abso-lute Bierkompetenz steht.“ bar

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Ganter auf ErfolgskursUmsatzplus und Medaillen

Unternehmensausrichtung trägt Früchte: Katharina Ganter-Fraschetti und Detlef Frankenberger.

Brauereien

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PMI setzt mehr als 10 Millionen um FREIBURG. Der Medizintechnik-Hersteller Pro Med Instruments (PMI) hat seinen Umsatz im vergangenen Jahr erstmals auf über 10 Millionen Euro gesteigert. Die Erlöse kletterten um 17 Prozent auf 10,3 Millionen Euro. Zum Gewinn macht das auf neurochirurgi-sche Produkte spezialisierte Unterneh-men um Geschäftsführer Matthias Schüle keine Angaben.

Pfizer spendet 15.000 Euro BERLIN/FREIBURG. Der Pharma-hersteller Pfizer mit Niederlassung in Freiburg hat 15.000 Euro für in Not geratene Menschen gespendet. Den Scheck überreichte der Leiter des Freiburger Pfizer-Werks, Axel Glatz, unlängst dem Freiburger Oberbürger-meister Dieter Salomon. Pfizer un-terstützt den Freiburger Sozialfonds bereits seit mehr als zehn Jahren.„Freiburg ist, als einer unserer welt-weit größten Produktions- und Ver-packungsstandorte, eine wichtige Be- triebsstätte für Pfizer – wir fühlen uns hier sehr verbunden. Aus diesem Grund möchten wir der Stadt und ih-ren Bürgern etwas zurückgeben“, so Glatz. Pfizer mit Hauptsitz in New York beschäftigt weltweit 107.000 Mitarbeiter und setzte 2014 49,6 Milliarden US-Dollar um.

Menschen & Meldungen

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Unmüssig verkauft FREIBURG. Die Unmüssig-Gruppe wird das derzeit im Bau befindliche Motel One am Siegesdenkmal für rund 28 Millionen Euro an die Allge-meine Rentenanstalt Pensionskasse AG verkaufen, eine hundertprozenti-ge Tochter der Württembergische Le-bensversicherung AG. In Frankfurt hat der Projektentwickler Peter Un-müßig unlängst den zur Revitalisie-rung anstehenden, 19-geschossigen Wohnturm „Blue Horizon“ für rund 55 Millionen Euro an einen instituti-onellen Investor veräußert.

FSM investiert in Kirchzarten KIRCHZARTEN. Der Kirchzartener Elektronikproduzent FSM AG hat im vergangenen Jahr seinen Umsatz um 19 Prozent auf 19 Millionen Euro gestei-gert. Nun hat das Unternehmen mit ak-tuell 130 Mitarbeitern neun Millionen Euro in einen neuen, 4600 Quadrat-meter großen Firmensitz am Rande von Kirchzarten investiert. Die Eröffnung ist für den 22. April geplant.

Menschen & Meldungen

Erneut Rekord bei der S-Beteiligung

Die Eigenkapitalstärker mit Ausnahmejahr

FREIBURG. Den Vorjahresrekord noch einmal geknackt: Nachdem die Beteili-gungsgesellschaft der Sparkasse Freiburg (S-Beteiligung) schon 2014 mit einem Gewinn von 1,5 Millionen Euro auf Re-kordniveau lag, konnte das vierköpfige Team um Geschäftsführer Hermann Dittmers im vergangenen Geschäfts-jahr noch einmal kräftig zulegen: Stol-ze 2,4 Millionen Euro – nebst 600.000 Euro Zinsen – überweist die Tochter aufs Konto der Mutter.Das starke Ergebnis verdankt sich vor al-lem erfolgreichen Verhandlungen über die ertragreiche Rückführung mehrerer Beteiligungen: Firmenchefs, die dank der Eigenkapitalspritze der S-Beteiligung ihre Ziele umsetzen konnten, kauften sich nun die Anteile wieder zurück. Zu-sätzlich profitierte Dittmers von Reser-ven, die er über die vergangenen Jahre gebildet hatte: „Ein solch gutes Ergeb-nis stellt bei uns sicherlich eine Ausnah-

me dar“, sagt der Geschäftsführer, „es zeigt aber auch, dass wir die letzten Jahre umsichtig sowie vorausschauend gewirt-schaftet haben.“ Ein Unternehmen habe im vergangenen Jahr den Schritt in die Insolvenz gehen müssen. Dies bringe das Geschäft einer Beteiligungsgesellschaft aber auch mit sich.Aktuell hält diese 47 Beteiligungen (mit je maximal 10 Prozent) an 33 Unter-nehmensgruppen mit einem Buchwert von 16 Millionen Euro. Für das weitere Wachstum stehe man mit mehreren Fir-men in vielversprechenden Gesprächen. Geplant sind neue Beteiligungen für 7,5 Millionen Euro. „Zu uns kommen auch Unternehmer, die neben der Optimie-rung ihrer Eigenkapitalquote ihr Privat-vermögen von ihrem Firmenvermögen trennen möchten“, erklärt Dittmers. Und genau das ermögliche eine Beteili-gung, für die keinerlei Sicherheiten zu stellen sind. bar

Foto © Sparkasse Freiburg

Firmensitz der S-Beteiligung: „Vorausschauend gewirtschaftet“.

Weniger Arbeitslose SÜDBADEN. Ende Februar waren in Freiburg sowie den Landkreisen Breis-gau-Hochschwarzwald und Emmen-dingen 15.056 Männer und Frauen ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquo-te sank im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte oder 371 Menschen auf 4,3 Prozent. Die Jugendarbeitslo-sigkeit liegt bei 2,3 Prozent. „Der Ar-

beitsmarkt befindet sich nach wie vor in einer sehr guten Verfassung“, sagt der Vorsitzende der Geschäfts-führung der Agentur für Arbeit Frei-burg, Christian Ramm. Es gehe nun nicht zuletzt darum, sich inten-siv um die Integration der Flüchtlin-ge zu kümmern. Gleichzeitig dürfe man die Belange von Langzeitarbeits-

losen oder Geringqualifizierten nicht aus den Augen verlieren. Und: Als strukturelle Folge einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt werde es für viele Arbeitssuchende zunehmend schwierig, „auf einen Zug aufzusprin-gen, der schon mächtig Fahrt aufge-nommen hat“. bib

Strom teurer, Gas günstiger SÜDBADEN. Der Energieversorger Badenova senkt zum 1. April, also nach dem Ende der Heizperiode, die Preise für Erdgas und erhöht zeit-gleich die Strompreise. Die Kunden müssten im Jahr durchschnittlich 17,88 Euro mehr für Strom ausgeben, heißt es in einer Mitteilung. Beim Gas spare ein Kunde mit 18.000 Kilowatt-stunden 23,56 Euro, einer mit 33.000 kWh 43,20 Euro jährlich.

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Menschen & Meldungen

Fischer zieht nach Freiburg FREIBURG. Die Unternehmensgrup-pe Fischer verlagert ihre Stahlanker-produktion, ihren Werkzeugbau und ihr Ordermanagement von Emmen-dingen ins Gewerbegebiet Freiburg-Hochdorf. Dort hat sich Fischer auf Vermittlung der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH eine Im-mobilie samt Grundstück gekauft. „Es ist mir eine Freude, dass wir für unse-re Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Region ein neues Gebäude als Ersatz für unseren bisherigen Standort in Emmendingen gefunden haben“, sagt Klaus Fischer.

Trumpf-Hüttinger baut abFREIBURG. Der Freiburger Maschi-nenhersteller Trumpf-Hüttinger baut 50 von 400 Stellen ab. Grund sei der drastische Umsatzrückgang in den ver-gangenen Jahren, wie der Geschäfts-führer Stephan Mayer der Badischen Zeitung erzählte.

Neues GewerbegebietBAD KROZINGEN. Die Kurstadt wächst nicht nur mit neuen Wohnbau-gebieten, sondern bereitet nun auch das neue Gewerbegebiet Am Krozinger Weg vor. Die Erschließung der etwa 15 Fußballfelder großen Fläche, noch im privaten Besitz, soll im Herbst starten. Die Badenova Konzept GmbH soll die Verhandlungen mit den Eigentümern und hernach auch Regie bei der Er-schließung führen.

Grüninger wird ChefSTAUFEN. Michael Grüninger wird Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Staufen-Breisach. Er tritt Anfang 2017 das Erbe von Herbert Lehmann an. Grü-ninger gehört seit Jahresbeginn dem Vor-stand der Sparkasse Hegau-Bodensee an.

340 Jobs fallen wegNEUENBURG. Der US-Autozulieferer Johnson Controls schließt sein Werk in Neuenburg. Damit gehen 340 Jobs ver-loren. IG Metall-Gewerkschaftssekretär Thomas Bittner äußerte sich gegen- über der BZ „entsetzt". Zwar gebe es eine Standortgarantie bis 2018, dennoch will das Unternehmen das Werk zum Ende des Jahres dichtmachen. Johnson Controls lie-ferte Autositze für Peugeot-Citroën nach in Sochaux und Mulhouse. bib

Millionenverlust bei MicronasZÜRICH/FREIBURG. Der Schwei-zer Chiphersteller Micronas mit Werk in Freiburg muss für 2015 ei-nen Umsatzeinbruch um 15 Prozent auf 134,4 Millionen Schweizer Fran-ken verkraften. Währungsbereinigt, in Euro gerechnet, ist der Umsatz um drei Prozent zurückgegangen. Die Fir-ma machte insgesamt 12,2 Millionen Franken Verlust. Nach Unternehmens-angaben sind 3,7 Millionen Franken Verlust allein durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses entstanden. Der japanische Konzern TDK Corporation wird Micronas übernehmen.

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Rehatec jetzt

in RiegelMehr Platz für mehr intelligente Lösungen

RIEGEL. Die Rehatec Planungsgesell- schaft mbH ist von Endingen nach Rie-gel gezogen. Das vor 30 Jahren gegrün-dete Unternehmen setzt damit weiter auf Wachstum. Die Architekturplaner und Spezialisten für technische Ge-bäudeausrüstung, bisher auf mehrere Gebäude verteilt, sitzen nun gemein-sam im ehemaligen Lekkerland-Büro-gebäude im Oberwald. „Das bedeutet hoch funktionale, sichere, wirtschaftli-che und nachhaltige Technik exakt auf den Bedarf unserer Auftraggeber zuge-schnitten“, sagt Rehatec-Geschäftsfüh-rer Robert Wehrle. „Deshalb war es uns wichtig, alle unter einem Dach zu versammeln, um unseren Kunden ein bestmögliches Zusammenspiel in jeder Projektphase zu bieten.“Rehatec bietet als Full-Service-Dienst-leister Beratungsleistungen, Gesamt- planung und Projektleitung für Ge-staltungs- und Gebäudekonzepte und die gesamte technische Gebäudeaus-rüstung. Typische Rehatec-Projekte sind die Ausstattung von Forschungs- oder Industriegebäuden mit Klima- und Heiztechnik, Brandmeldeanlagen, modernster Elektro-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik, Datentechnik oder mit Sonderversorgungsanlagen, oft in Verbindung mit Architektur und Anlagenlayout. bib

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Neuer Sitz: Lekkerland-Gebäude.

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Waldhaus mit RekordumsatzWeiter wachsen gegen den Trend

Erfolgreich: Dieter Schmid (Mitte) freut sich mit seinen Braumeistern Bern-hard Vötter (rechts) und Bernhard Ebner über das erfolgreiche Braujahr.

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Menschen & Meldungen

Zahoransky wächst TODTNAU. Die Zahoransky Group hat ihren Umsatz 2015 um 3 auf 83 Millionen Euro gesteigert. Die Ge-schäftsführer Ulrich Zahoransky und Gerhard Steinebrunner erwarten auch fürs laufende Jahr mehr Umsatz. Dafür wird derzeit im spanischen Werk die Flä-che auf 4200 Quadratmeter verdoppelt.

Coca-Cola schließt StandortRIEGEL. Der US-Getränkekonzern Co-ca-Cola schließt seinen Vertriebsstandort in Riegel, 23 von 57 Arbeitsplätzen fallen weg. Der Konzern: „Supermarktketten übernehmen die Belieferung ihrer Filia-len zunehmend selbst oder durch eigene Partner.“ Durch die sinkende Auslastung sei Riegel nicht mehr wirtschaftlich.

WALDHAUS. Während bundesweit der Bierabsatz weiter sinkt (allein zwi-schen 2006 und 2015 um mehr als elf Prozent), wächst er in der Privatbraue-rei Waldhaus ungebrochen: Die „Bier-manufaktur“ steigerte im vergangenen Braujahr den Ausstoß um acht Prozent auf 75.500 Hektoliter und fuhr mit knapp neun Millionen Euro den besten Umsatz der Unternehmensgeschichte ein. „Wir spüren den erfreulichen Rü-ckenwind in der Bevölkerung und füh-len uns auch im schwierigen deutschen Biermarkt pudelwohl“, kommentiert Brauereichef Dieter Schmid.„Der Trend geht seit einigen Jahren verstärkt in Richtung regionaler, au-thentischer Biere“, sagt Schmid. Verlie-rer seien die „klassische Massenbiere“. Schmids Zahlen sind durchaus beein-druckend: Zwischen 2010 und 2015 legte der Ausstoß um über 80 Prozent

zu. „Unsere Geschäftspolitik sowie die hundertprozentige Ausrichtung auf Qualität sind seit vielen Jahren verläss-liche Garanten für unsere Kunden. Und es werden kontinuierlich mehr“, freut sich Schmid. Dafür investierte die Brauerei im ver-gangenen Jahr schon 4,5 Millionen Euro ins neue Logistikzentrum, fürs laufende Jahr stehen erneut zwei Milli-onen Euro für neue Gärtanks und neue Technik zur Verfügung. Erst kürzlich waren alle zehn Bierspezialitäten von der Monde Selection in Brüssel mit ei-ner Gold-Medaille ausgezeichnet wor-den. „Die großen Herausforderungen, die der schrumpfende Biermarkt mit sich bringt, sind mir durchaus bewusst. Ich bin mir aber sicher, dass wir mit un-serem tollen Team sowie unserer starken Marke für die Zukunft gut aufgestellt sind“, so Schmid. bib

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chilli | business im Breisgau | 03.2016 | 21

Ein Hoch aufs ScheiternFreiburger FuckUp-Nights wollen zeigen: Zum Erfolg gehört auch Misserfolg

Startups

Paypal-Gründer Max Levchin hat es getan. Starbucks- CEO Howard Schultz auch.

Und Steve Jobs erst recht. Sie sind mit einer Idee so richtig ge-gen die Wand gefahren, bevor sie sich in die Liga der erfolgreichs-ten Geschäftsleute der Welt ein-reihten. Dass Scheitern zum Er-folg dazugehört, da ist man sich im Freiburger Gründerzentrum Grünhof sicher. Und so sollen hier nun regelmäßig Unternehmer bei sogenannten FuckUp-Nights von ihrem Scheitern erzählen.

Der große Arbeitsraum des Grün-hofs ist bei der ersten Freiburger Fuck-Up-Night auch auf dem letzten Platz gefüllt. Die Stimmung ist gut, es wird viel gelacht. Das liegt auch daran, dass auf der Bühne keine tragisch geschei-terten Existenzen stehen. Im Gegen-teil: Biosk-Betreiber Lars Millentrup, Serial Entrepreneur Magnus Kanholt und Visual-Statements-Gründer Be-nedikt Böckenförde sind erfolgreiche Freiburger Unternehmer – von denen allerdings jeder schon einmal mit ei-ner Idee voll daneben gelegen ist. Sei es der Traum, Döner fliegen zu lassen, die schwedische Telekommunikations-branche aufzumischen oder ein Café zu eröffnen.So ist auch Millentrups Gründerge-schichte eigentlich eine Bilderbuchge-schichte: Als die Unibibliothek 2008

in die Stadthalle zieht, übernehmen er und sein Geschäftspartner Julien Rös-len einen heruntergekommenen Kiosk und verwandeln ihn in das Kult-Biosk. Das Geschäft läuft von Anfang an gut, es folgen ein mobiler Kaffeestand und im Sommer 2014 ein Café in der Merianstraße.Doch während die Gäste dem Stadt-hallenkiosk weiterhin die Bude einlau-fen, herrscht im Café gähnende Leere. „Irgendwann ist man nachts aufgewacht und hat nur gedacht: Scheiße“, erinnert sich Millentrup. Als klar ist, dass nichts mehr geht, verkaufen die Jungunterneh-mer ihr Café.Millentrup hat aus seinen Fehlern ge-lernt: Im Sommer ein Café ohne Außen-plätze eröffnen, erwarten, dass der Laden auch ohne Werbung läuft, sich nicht ge-nug vom erfolglosen Vorgänger abgren-zen – all das könnte ihm heute nicht mehr passieren.Durch Fehler erfolgreicher werden: Das ist die Idee hinter den FuckUp-Nights, die 2012 ihren Anfang in Mexiko nah-men und mittlerweile in rund 150 Städ-ten weltweit stattfinden. Deutschland ist eine Hochburg dieser Events, vielleicht weil man sich hier mit dem Scheitern schwerer tut als in anderen Ländern.Nach einer Studie der Stuttgarter Uni-versität Hohenheim finden die meisten Deutschen, dass eine Unternehmens-gründung wegen des Risikos einer Bauchlandung nicht zu empfehlen ist. Kein Wunder: Zwar glauben die meisten

grundsätzlich auch an zweite Chancen – Unternehmer, die eine Idee einfach mal ausprobieren und damit scheitern, dür-fen aber kaum auf Verständnis hoffen.Das ist auch im Grünhof nicht anders: „Wir sehen hier, dass viele solche Angst vorm Scheitern haben, dass sie manche Projekte gar nicht erst starten“, sagt Lei-terin Martina Knittel. „Im Leben geht es doch immer darum, dass man los-läuft und dadurch lernt. Nur, wenn man eine Firma gründet, scheint das nicht zu klappen.“Abschreckend wirken da sicher auch die Statistiken: Nach drei Jahren müssen mehr als 30 Prozent der Gründer die Se-gel streichen, die ersten sechs Jahre über-lebt nicht einmal jedes zweite Startup. Dabei kann die richtige Herangehens-weise das Risiko schon drastisch verrin-gern: Beim Gründerbüro der Universität Freiburg gehen nach der ersten Beratung nur ein Drittel der Gründungsvorha-ben tatsächlich an den Start – von diesen überleben dann aber auch 78 Prozent. „Man sollte sich von den Risiken nicht abschrecken lassen“, sagt Gründerbü-roleiter Thomas Maier, der selbst schon eine Insolvenz hinter sich hat. „Die Überlebenschancen sind sehr hoch.“Ähnlich hört sich das auch bei Millen-trop nach seinem Vortrag im Grünhof an: „Ich hoffe, ich konnte die Leute er-mutigen, in die Selbstständigkeit zu ge-hen. Es lohnt sich – auch wenn man den Karren mal an die Wand fährt.“ tbr

Expansion fehlgeschlagen: Während der Biosk bei der Stadthalle brummte, blieben die Gäste dem Café in der Merianstraße fern.

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Eheberater im BüroFeel-Good-Manager sollen für eine bessere Stimmung im Job sorgen

Firmen-Events, Sportangebo-te, Latte-Macchiato-Flats und jeden Tag ein frisches Früh-

stück verwandeln den Arbeitsplatz in eine echte Wohlfühloase. Viele Chefs großer Unternehmen wissen, dass sie ohne zufriedene Mitarbei-ter keinen Erfolg haben können: Wer sich wohlfühlt, arbeitet effek-tiver. Um den Arbeitsalltag attrak-tiver zu gestalten, stellen Firmen vereinzelt sogar schon Feel-Good-Manager ein.

Auch große Unternehmen aus Frei-burg und der Region setzen auf das be-triebliche Gesundheitsmanagement, um ihren Mitarbeitern den Arbeitsalltag angenehmer, gesünder zu machen. So stellt etwa die Universität Freiburg ih-ren über 6000 Beschäftigten schon seit fünf Jahren den kostenlosen Pausen-express während der Arbeitszeit. „Mit Hilfe eines Übungsleiters lernen die Mitarbeiter kleine Übungen zur Deh-nung und Entspannung kennen, die sie in den Arbeitsalltag integrieren kön-nen“, erklärt Katharina Alberti, die Pau-senexpress-Projektleiterin an der Uni Freiburg, das Prinzip der aktiven Pause am Arbeitsplatz.Es gibt jedoch nur sehr wenige Un-ternehmen, die einen Mitarbeiter ein-stellen, der sich ausschließlich um das Wohlergehen seiner Kollegen küm-mert. „Der Fokus auf die Zufriedenheit

der Mitarbeiter wird weiter zunehmen, denn zufriedene Mitarbeiter erbringen bessere Leistungen“, prophezeit Raphael Meese, Feel-Good-Manager beim On-linevergleichsportal billiger-mietwagen.de mit Büros in Freiburg und Köln.Der 28-jährige Produktmanager löst Konflikte, kümmert sich um die Wün-sche seiner Kollegen, organisiert Fir-menfeiern und Ausflüge. Über einen sogenannten Optimierer – früher hieß das mal Kummerkasten – können die 210 Mitarbeiter ihre Beschwerden los-werden. Die Schlüsselgewalt liegt allei-ne bei Meese, der die beiden Kästen in Köln und Freiburg alle zwei Wochen leert und bearbeitet. Dann fungiert er als Mediator und trägt das Problem mit einem passenden Lösungsvorschlag der Geschäftsführung vor. Meese beschreibt sich selber als eine Art „Eheberater“, wenn er versucht, Konflikte zwischen zwei Kollegen zu schlichten, für laktose-freie Milch sorgt oder akustische Trenn-wände organisiert, die die Lautstärke in den Großraumbüros dämmen.Im Eingangsbereich des Freibur-ger Büros in der Konrad-Goldmann-Straße schlüpfen die Mitarbeiter zum Schichtbeginn in ihre Büro-Hausschu-he, schlendern an großen Pflanzen zu ihren Plätzen, und nach der Spätschicht darf auch mal das ein oder andere Bier-chen gezischt werden. Es gibt kostenlose Getränke, täglich frisches Obst und Ge-müse oder vergünstigte Beiträge durch

eine Kooperation mit dem Fitnessan-bieter Hansefit in Freiburg.Trotz wachsendem Interesse gibt es in Deutschland bisher nur wenige Feel-Good-Manager. Der Job setzt keine spe-zifische Ausbildung voraus. Meese hat Marketing und Internationales Manage-ment studiert und arbeitete bei mietwa-gen.de zunächst als Produktmanager: „Ich denke, dass Offenheit, Geselligkeit, Objektivität und organisatorisches Ge-schick wichtig sind.“ Trotzdem sieht er sich selber nur als Stellschraube des gan-zen Konstrukts, welches die Mitarbeiter in den Vordergrund stellt. Die unternehmerische Sorge um das Wohlbefinden der Mitarbeiter sorgt für Veränderungen in der Arbeitswelt. Der Europa-Park Rust etwa bietet sei-nen 3500 Mitarbeitern sogar eine ei-gene Akademie. „Fachtraining wie Sicherheits-, Service-, PC-, Verkaufs-, Kommunikations- und Teamtraining gehören zum Standard“, sagt Jakob Wahl, Referent der Geschäftsführung. Zudem unterhält der Park ein eigenes Fitness-Studio und sponsert seinen Mit-arbeitern auch mal Wein- oder Spiritu-osenseminare. Ein Feel-Good-Manager macht derweil nicht in jeder Firma Sinn. „Ein Unternehmen, das noch nie viel Wert auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter gelegt hat“, sagt Meese, „kann mit einem Feel-Good-Manager auch nicht alle Probleme lösen.“ Valérie Baumanns

Gute Atmosphäre: Hausschuhe, Rückzugsorte und frisches Gemüse – Raphael Meese (re.) sorgt dafür, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen.

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Personalentwicklung

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Gewerkschaften

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»8,50 Euro, auch für Flüchtlinge« Einst Berufsverbot, jetzt berufen: Werner Siebler ist neuer

DGB-Chef in Freiburg

Der Stadtverband Freiburg des Deutschen Ge-werkschaftsbunds (DGB) hat einstimmig einen neuen Vorsitzenden gewählt: Werner Siebler,

den langjährigen Betriebsrat bei der Deutschen Post AG und Vorsitzenden der ver.di-Betriebsgruppe Brief. Siebler ist kein Unbekannter: Der Tuniberger war 1984 als Briefträger entlassen worden, weil er Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei war. Er klagte sich erfolgreich zurück, erreichte aber keinen Beamtensta-tus mehr.

Siebler übernimmt das Amt von Bernd Wagner, der den rund 30.000 Freiburger DGB-Mitgliedern 13 Jahre lang vorstand. Die beiden Gewerkschafter haben schon oft zu-sammengearbeitet, unter anderem während des Poststreiks im vergangenen Jahr, an dem Siebler als Betriebsrat und Ver.di-Gruppenvorsitzender maßgeblich beteiligt war. Der 60-Jährige stand schon einmal an der Spitze einer DGB-Organisation: Von 1976 an war er fünf Jahre lang Vorsitzen-der des DGB-Jugendverbands. Er betritt „also kein Neuland“. Sein ganzes Berufsleben lang war er gewerkschaftlich enga-giert, scheute in den oftmals harten Arbeitskämpfen keine Auseinandersetzungen. Er hat dabei eine Hartnäckigkeit ent-wickelt, die nicht nur den Kollegen zugute kam, sondern ihn selbst dorthin brachte, wo er heute wieder ist: bei der Post. Dort hatte der gebürtige Waltershofener mit 15 Jahren als Postjungbote angefangen – mit der Ab- und Aussicht auf eine lebenslange Beamtenlaufbahn. Doch 1984 wurde der Brief-träger im Rahmen des sogenannten Radikalenerlasses von 1972 entlassen: Als DKP-Mitglied war er „ins Visier des Ver-fassungsschutzes geraten“; die Behörden hegten Zweifel dar-an, dass seine Gesinnung mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sei.

Erst 1991 kam Siebler wieder zur Post: Er hatte sich auf eine öffentlich ausgeschriebene Stelle als Zusteller beworben. Ob-wohl der umstrittene Erlass bereits abgeschafft und die Post kein Staatsunternehmen mehr war, wurde er abgelehnt. Er klagte sich aber erfolgreich ein.Jetzt, da er mit seinem Einstieg in die Altersteilzeit die letzte Phase seines Arbeitslebens einläutet, freut Siebler sich auf neue Herausforderungen. Darauf, „den Blick über die Post und ver.di hinaus auf andere Felder zu richten“. Und davon gebe es in Freiburg viele. Einerseits sei die Stadt „sehr reich gesegnet mit prekären Beschäftigungsverhältnissen“, in denen Menschen zu Niedriglohn und/oder in befristeten Verträgen arbeiten. Auf der anderen Seite gebe es aber auch viele gut bezahlte Arbeits-plätze im hochtechnologischen Sektor. Und entsprechend un-terschiedlich seien die Interessen, die es zu vertreten gilt: In den Tarifrunden, die in diesem Jahr anstehen und in denen es – notfalls auch mit Streik – immer um die Verbesserung der Ar-beitsbedingungen gehe. Verschlechterungen seien nicht hinnehmbar, so ist Siebler etwa strikt gegen alle Versuche, Sonderregelungen und Aus-nahmen beim Mindestlohn durchzusetzen, für den die Ge-werkschaften „mehr als zehn Jahre lang gekämpft“ hätten. Er solle im Gegenteil lückenlos eingeführt werden, auch für Flüchtlinge. Die 8,50 Euro seien viel zu wenig, die reichten „vorne und hinten nicht“ zum Leben. Es müsse ganz schnell eine Erhöhung auf über zehn Euro er-folgen, sonst sei auch die Altersarmut vorprogrammiert: Wer 40 Jahre lang für seine Arbeit nur den jetzigen Mindestlohn erhalte, der habe später „praktisch gar keine Rente“ und müsse Grundsicherung beantragen. Siebler selbst wird voraussichtlich von seiner Rente leben können. Auch wenn sie geringer ausfällt als die, die er ohne Berufsverbot hätte erwarten können. Erika Weisser

Sein ganzes Arbeitsleben lang hat sich Werner Siebler in der Gewerkschaft engagiert.

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Messen

24 | chilli | business im Breisgau | 03.2016

Die Geschichte einer WeltleitmesseWarum sich das Schicksal der Freiburger Interbrush in

einer Nacht in Zürich entschied

Man schrieb das Jahr 1960, als sich Vertreter der weltweiten Bürsten-

und Pinselindustrie anlässlich der Jubiläumsfeier des in Frei-burg ansässigen Branchenmaga-zins „Brossa-Press“ in der Frei-burger Stadthalle trafen. An eine Fachmesse dachte damals noch niemand. Erst 1977 ging die erste Interbrossa mit 70 Ausstellern in der Messehalle 2 über die Bühne. Es war der Auftakt zur Weltleit-messe Interbrush, die Ende April ihre elfte Auflage in Freiburg er-leben wird.

Die Zutaten waren vorhanden: Der Schwarzwald ist historisch ein Zent-rum der Bürstenindustrie, die Fach-presse war am Ort, da fassten sich der

damalige Freiburger Messechef Hel-mar Biskaborn und der Brossa-Press-Verleger Rainer Grüb ein Herz und machten aus dem Branchentreffen von 1960 die Interbrossa. Nach dem An-fangserfolg beschloss man gemeinsam, diese künftig alle drei Jahre zu machen. Nach der zweiten Auflage 1980 wech-

selte der Neuling in einen vierjährigen Turnus, der bis heute noch dem Inno-vationszyklus der Bürstenmaschinen entspricht.Es war vom Start weg eine interna-tionale Messe: Firmen aus aller Welt tummelten sich, zeigten ihre neuesten Maschinen, Zuliefermaterialien und

Rohstoffe, wichtige Abschlüsse wur-den getätigt. „Für einen flächenmäßig relativ kleinen Messeplatz wie Freiburg war das ein echter Volltreffer“, sagt der ehemalige Freiburger Messechef Klaus W. Seilnacht. Wegen des hohen Zuspruchs von Ausstellern und Be-suchern und der hohen Internationa-lität wurde die Freiburger Messe 1996 in den Weltverband der Messen „UFI“ aufgenommen – eine Anerkennung, die damals nur große, internationale Messeplätze erhielten.Um die UFI-Prüfer von Freiburg zu überzeugen, musste anfangs ein biss-chen improvisiert werden. Serviceräu-me mit internationalem Standard? „Die hatten wir in den alten Hallen nicht, die mussten wir provisorisch schaffen“, sagt Seilnacht, „wir bauten optisch ansprechende Verkleidungen

»Für Freiburg ein echter Volltreffer«

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Ein Himmel voller Pinsel: Die Erfolgsgeschichte der Bürstenmesse begann 1977 auf dem Alten Messplatz.

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Messen

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der Halleneingänge bis hin zu behelfs-mäßigen, regenfreien Übergängen von Halle zu Halle. Das erinnerte stark an ,potemkinsche Dörfer‘.“ Andere Messeplätze blickten in der Folge durchaus neidisch auf den Voll-treffer und so blieben Versuche nicht aus, die Interbrossa aus Freiburg weg-zulocken. Die veralteten Hallen an der Schwarzwaldstraße boten viele An-griffspunkte, konnten die Mindest-anforderungen einer internationalen Fachmesse kaum mehr erfüllen. „Es wa- ren die regelmäßig guten Ergebnisse der Aussteller, das gute Miteinander, der Ausblick, dass ein neues Messege-lände in Freiburg geplant wurde und nicht zuletzt die unschätzbare Tatsa-che, dass mit der Firma Zahoransky ein ganz Großer der Branche in unmittel-barer Nähe, in Todtnau und Freiburg, angesiedelt ist, die eine Abwanderung der Interbrossa in den 90er Jahren ver-hinderte“, erzählt Seilnacht.Die neue Messe öffnete 2000 ihre Tore, jetzt konnten alle eigentlich zu-frieden sein. Aber: Gleichzeitig wurde erstmals die Konkurrenzmesse „Brush-Expo“ in Luxemburg gemacht. Die Mehrzahl der Aussteller hielt Freiburg die Treue; in der Branche setzte sich die Meinung durch, dass eine Messe völ-lig ausreichend sei. In einer bis in die Nacht reichenden Sondersitzung in Zürich mit den führenden Vertretern der Branche und der Messe Freiburg konnte nach zähem Ringen eine Eini-gung erzielt werden. „Die Verhandlun-gen waren nicht einfach“, erinnert sich

Seilnacht, „wurden aber vom Geiste ge-tragen, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden. Ich war glücklich, dass sich Freiburg als einziger Standort durchsetzen konnte.“ Der Messename blieb dabei aber auf der Strecke: Aus der italienisch angehauchten Interb-rossa wurde die – internationaler klin-gende – Interbrush. 2006 kletterte Daniel Strowitzki, seit 2015 neuer Messechef, an Bord der Messegesellschaft: „Ich gehe zu jedem Verbandstreffen, rede regelmäßig mit den Landesvorständen, besuche Fir-men, um Wünsche der Branche recht-zeitig erkennen zu können.“ Es sei eine überschaubare Branche mit familiärem Charakter – deshalb passe deren Welt-treffen auch zu einem überschaubaren Messestandort. Im Schnitt 2,1 Tage bleibt ein Inter-brush-Besucher, von denen bis zu 90 Prozent aus dem Ausland kommen. Das führe dazu, dass die Hotels alle vier Jahre zu Interbrush-Zeiten gut be-legt sind und nicht wenige Besucher würden noch einige Urlaubstage im Schwarzwald dranhängen. „Freiburg“, sagt Seilnacht, „bietet die Möglichkeit, Geschäfte zu machen und sich danach zu entspannen.“ Und Strowitzki fügt schmunzelnd hinzu: „Besonders US-Besucher wollen nicht selten im Vor-feld wissen, ob es auch sicher frischen Spargel geben werde.“70 Aussteller waren es bei der Pre-miere 1977, Ende April werden es jetzt mehr als 200 sein. Das alte Messege-lände hatte rund 12.000 Quadratme-

ter Hallenfläche, heute sind alle 21.500 gefüllt. Die Bürstenindustrie, die 2014 über 700 Millionen Euro Umsatz al-lein in Deutschland verzeichnete, ist eine alte Branche: Die meisten Firmen sind 50 Jahre und älter. Kaum ein Laie kann sich vorstellen, wo deren Produk-te überall im Einsatz sind: technische Bürsten für den kratzerfreien Transport von Komponenten, für Waschstraßen, Make-up, Medizin, Malerei, Kehrbe-sen bis zum Handfeger.„Laut Statistik gibt es in jedem deut-schen Haushalt 46 Bürsten und Pinsel“, weiß Seilnacht: Wer aber glaubt, dass auf der Interbrush nur Stubenbesen ne-ben Zahnbürsten und Rasierpinsel ne-ben riesigen Rollenbürsten stehen, irrt. „Hier werden tonnenschwere Prototy-pen aufgebaut, mit denen diese Pro-dukte erst einmal hergestellt werden“, sagt Strowitzki. Was die Hallenbele-gung zu einer kniffligen Organisations-aufgabe werden lasse. Aber bisher ging immer alles problemlos über die Bühne – und das wird vermutlich auch 2016 wieder so sein. Stefan Pawellek

Info: Interbrush 2016

Wo: Messe FreiburgWann: 27. bis 29. April Eintritt: Tagesticket 40 Euro, Dauerticket 70 Eurowww.interbrush.com

Internationales Format: Einmal in vier Jahren trifft sich die Bürstenbranche der Welt in Freiburg – und profitiert dabei auch von zahlreichen Fachvorträgen.

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Der Siedlungsdruck in Süd-baden wird immer größer: Bauland- und Immobilien-

preise schießen dabei nicht nur in Freiburg in die Höhe, auch von Süden her kommt neuer Druck, weil Schweizer und Pendler im Grenzgebiet kräftig einkaufen. Es regiert ein Verkäufermarkt. Die Forderungen nach einer regional abgestimmten Siedlungspolitik werden lauter.

Angebot und Nachfrage regeln den Preis, lautet eine uralte Regel der Öko-nomie. Und sie gelte – darauf legen Wirtschaftswissenschaftler wert – für alles, was auf dem freien Markt gehan-delt wird. Also auch für Immobilien. Freiburg sei eine „Schwarmstadt“, sagt Oberbürgermeister Dieter Salomon mit leisem Stolz, jeder schwärme von ihr und wolle hier leben. Tatsächlich ist die

Breisgau-Metropole seit Mai 1987 bis Juni 2015 um rund 45.000 auf 222.343 Einwohner gewachsen. Allein in den vergangenen vier Jahren zogen 12.671 Menschen an die Dreisam, obwohl die Zensuserhebung 2011 praktisch bei allen Kommunen die Einwohnerzahl deutlich nach unten korrigierte.Die Zuzügler lösten eine entsprechen-de Nachfrage aus und drehten somit in-direkt auch an der Preisschraube: Kostete der Quadratmeter in einer Eigentums-wohnung 2009 noch rund 3000 Euro, waren es im vergangenen Jahr schon mehr als 4500. Ein weiterer Hauptver-dächtiger bei der Ursachenforschung ist der Mangel an Neubauten: 2014 wur-den ganze 15 Bauplätze für Ein- oder Zweifamilienhäuser ausgewiesen und nur 11 für den Geschosswohnungsbau. Und weil laut städtischem Gutachter-ausschuss neue Reiheneck- oder Dop-pelhäuser in Freiburg heute schon bis

zu 645.000 Euro kosten (in Günterstal kosten freie Reihenhäuser aktuell sogar rund 800.000), weichen die Menschen vermehrt ins Umland aus, etwa nach Emmendingen oder nach Denzlingen.In Denzlingen lagen die Bodenpreise 2006 zwischen 220 und 510 Euro, sie kletterten bis 2015 um gut 17 Prozent auf 265 und 590 Euro. Noch deutlicher dreht sich die Preisspirale beim Neubau: Nach Angaben aus dem Rathaus koste-te 2005 ein Quadratmeter im Geschoss-wohnungsbau 1193 Euro, 2010 schon 2595 Euro, 2015 dann stolze 3140 Euro. Auch der Gebrauchtmarkt zog nach: Die Preise legten zwischen 2005 und 2015 um knapp 44 Prozent zu – von 1518 auf 2185 Euro.In Emmendingen ist die Lage ähnlich: Die Baulandpreise legten um fast 20 Prozent zu. Die Quadratmeterpreise kletterten von 2500 auf 3300 Euro (Neubau) und von 1250 auf 1400 Euro

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Stadtentwicklung

Schwarmstadt, Schnäppchen und Spielräume

Immobilienmarkt Südbaden: Der Druck auf dem Kessel entlädt sich im Umland

Neubau-Areal in Weil am Rhein: Die Grenzstadt setzt auf Innenent-wicklung. Einen Wettbewerb für eine Fläche hat die Stuckert Wohnbau gewonnen.

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Stadtentwicklung

(Bestand). Parallel stiegen auch die Einwohnerzahlen: Denzlingen erlebte binnen elf Jahren (2004 bis 2014) ein erstaunliches Wachstum um 60 Prozent auf 13.406 Bür-ger, Emmendingen wuchs von 2006 bis Ende 2014 um knapp 1000 Bürger auf nun 26.872. Es gibt sehr viele dar-unter, die sich Freiburg nicht (mehr) leisten konnten. Tho-mas Schmidt, Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft der Sparkasse Freiburg, bringt es auf den Punkt: „In den vergan-genen fünf, sechs Jahren hat sich der Immobilienmarkt in der Region zu ei-nem ausgeprägten Verkäufermarkt ge-wandelt. An der Spitze steht Freiburg, einer der teuersten Wohnstandorte in Deutschland.“ Hier werde es selbst für Gutverdiener immer schwerer, die aufgerufenen Preise zu bezahlen, trotz günstiger Bauzinsen. Hauptnachfra-ger seien derzeit Kapitalanleger und solvente Mieter, die ins Eigentum wechseln wollen: „Familien sind vermehrt auf Standorte im Umland angewiesen.“So sind auch Bad Krozingen, Staufen, Müllheim und an-dere in den Fokus geraten. Schallstadts Bürgermeister Jörg Czybulka etwa erzählt, dass bei den von der Gemeinde ausgewiesenen Wohngebieten sehr viele Freiburger nach-fragten – was zu Unmut unter den Schallstadter Bürgern führe. Gleiches berichtet der Marcher Bürgermeister Hel-mut Mursa. Das Neubaugebiet „Neumatten“ in Hugstet-ten wurde von Freiburgern als „Schnäppchen“ angesehen, wohingegen Marcher Bürger die hohen Preise monierten. Dennoch: Im Umland sind die Preise, so Thomas Schmidt, etwa 1000 Euro unter denen in Freiburg. Der Siedlungsdruck strahlt mittlerweile bis nach Müllheim. „Man ist von hier mit der Bahn in 21 Minuten am Freiburger Hauptbahnhof“, so Rathaus-Chefin Astrid Siemes-Knoblich. Die Bevölkerung in Müllheim habe sich „sehr dynamisch ent-wickelt“. Das gilt aber nur für die allerjüngste Vergangenheit: Ende 2005 gab es 18.199 Einwohner, zur Jahresmitte 2015 dann 18.610. In der zweiten Jahreshälfte aber zog es an, die 19.000er-Einwohnermarke ist nun passiert. Eine solche Be-schleunigung habe man nicht erwartet, räumt Siemes-Knoblich ein, sie rechnet bis 2020 mit mindestens 1000 Neubürgern: „Bei uns treffen sich die Wellen aus Freiburg und Basel.“ Für Christian Haberberg, Geschäftsführer von Stauss & Partner in Freiburg und Bad Krozingen, liegt das Markgräflerland „strate-gisch gut“ und profitiere von der starken Nachfrage und dem knappen Immobilienangebot in Freiburg und im Grenzgebiet bei Lörrach: „Viele Interessenten kaufen verstärkt im Markgräf-lerland ihre Wunschimmobilie, die dort noch vorhanden und erschwinglicher sind als in den benachbarten Großstädten.“Auch Michaela Lehmann vom Markgräfler Immobilien-Bü-ro Ponkratz & Lehmann OHG, sieht eine stärkere Nachfra-ge: „Die instabile Lage auf dem Aktienmarkt lässt die Zahl der Kapitalanleger wachsen. Zu bemerken ist eine erhöhte Nach-

Die Wunschimmobilie

ist im Umland eher und deutlich günstiger

zu haben

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frage aus der Schweiz und von Pendlern. Die Folge ist ein Käu-ferüberschuss, was die Preise in die Höhe steigen lässt.“Auch in Lörrach stiegen die Baulandpreise seit 2005 um gut 21 Prozent auf jetzt durchschnittlich 377 Euro. Der Neu-bau legte im selben Zeitraum von 2137 auf 3300 Euro zu, der Altbau von 1222 auf 1626 Euro. Anders als andernorts ist die Stadt aber zuletzt nicht stark gewachsen (2005: 46.835 Ein-wohner, 2015: 48.677.)

Siemes-Knoblich regt an, dass im kommenden Regionalplan grö-ßere Spielräume für die Ausweisung von Neubaugebieten eingeräumt und Bauberechtigungen auch zwischen Kommunen getauscht werden kön-nen. Das findet auch Steffen Adams, Sprecher im Lörracher Rathaus. Er plädiert für eine konzertierte Vorge-hensweise, denn „die Entwicklung

um Müllheim und Neuenburg zeigt deutlich auf, dass eine abgestimmte Siedlungsentwicklung über den Regionalplan hinaus zunehmend an Bedeutung gewinnen wird.“ Stefan Pawellek

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Politik

Um drei ist Schicht im Schacht Auch nach einem Jahr Mindestlohn ist die Kritik

noch nicht verstummt

Seit dem 1. Januar 2015 gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn – und seitdem erhitzt er die Gemüter. Nicht nur der renom-

mierte Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raf-felhüschen hält ihn für falsch. Besonders groß ist der Unmut in der Gastronomie. So leiden laut einer ak-tuellen Umfrage des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga mehr als 60 Prozent der Mitgliedsbetriebe in Baden-Württemberg unter Ertragseinbußen durch das Mindestlohngesetz. Auch in Freiburg klagen die Gastronomen – mit dem Mindestlohn an sich hat das jedoch gar nichts zu tun.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund jubelt: Der Mindest-lohn sei „bislang ein großer Erfolg“. Statistiken scheinen das zu untermauern: Seit der Einführung ist die Beschäftigung gestie-gen, die Arbeitslosigkeit gesunken. Es gibt weniger Minijobs und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Frei-burg macht da keine Ausnahme: Die Zahl der sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten in der Region ist von Juni 2014 bis Juni 2015 um zwei Prozent gestiegen, die der geringfügig Entlohnten hingegen erstmals seit Jahren leicht gesunken.„Der Mindestlohn hat am Beschäftigungstrend nichts ge-ändert“, sagte Enzo Weber, Arbeitsforscher des Institute for Employment Research (IAB) bei einem Vortrag in der Frei-burger Agentur für Arbeit. „Bisher ist nicht zu beobachten, dass er dem Ar-beitsmarkt geschadet hat. Man kann dadurch aber auch nicht wesentlich Armut beseitigen“, so sein nüchter-nes Fazit. Genaue Evaluationen werde man erst 2017 ma-chen können, vorher beruhe jede Bewertung lediglich auf Einschätzungen.Auch der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffel-hüschen warnt vor voreiligen Schlüssen. Ohne Korrelations-analysen könne man nicht beurteilen, ob die Wirtschaft in dieser konjunkturellen Hochphase ohne den Mindestlohn nicht noch besser dastehen würde.„Ich halte den Mindestlohn nach wie vor für falsch“, so der Kritiker. Bei manchen Menschen läge die Produktivität ein-fach auf einem Niveau, das keine 8,50 Euro die Stunde wert sei. „Eine Gruppe, die ganz sicher massiv unter dem Min-destlohn leiden wird, sind die Zuwanderer mit niedrigem Qualifikationsniveau.“Eine These, die Hanspeter Fakler, Pressesprecher der Freibur-ger Agentur für Arbeit, so nicht unterschreiben würde: Für

Langzeitarbeitslose gebe es bereits eine Ausnahmeregelung vom Mindestlohn (Unternehmer könnten sechs Monate we-niger bezahlen), die im Freiburger Bereich allerdings noch in keinem Fall in Anspruch genommen wurde. „Wir gehen da-von aus, dass das bei Flüchtlingen genauso wäre.“Dass der Mindestlohn ein Weg aus der Armut sei, hält er je-doch ebenfalls für unrealistisch: Mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro bleibe man in Freiburg – vor allem als Ernährer ei-ner Familie – weiterhin in der Bedürftigkeit.Das zeigt auch eine Renten-Berechnung des Bundesarbeits-ministeriums: Um eine Rente von mindestens 769 Euro pro Monat – also gerade einmal die Grundsicherung im Alter –

zu bekommen, müsste ein Beschäftig-ter mindestens 11,50 Euro pro Stunde verdienen. Und das 45 Jahre lang bei einer Vollzeitstelle. Für Arbeitnehmer-vertreter wie die Gewerkschaft Nah-

rung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist eine Erhöhung daher unumgänglich. „Ein Leben lang arbeiten und dann doch nur ‚Alters-Hartz-IV‘ bekommen – das kann und das darf es nicht sein. Der gesetzliche Mindestlohn steckt noch in den Kin-derschuhen. Aber wir werden ihn groß bekommen“, ist sich NGG-Geschäftsführer Claus-Peter Wolf sicher.Ein weiterer Kritikpunkt: Die geringe Zahl der Menschen, die überhaupt profitiert haben. Anders als in Ostdeutschland, wo laut IAB-Studie vor Einführung des Mindestlohns 24 Pro-zent der Betriebe mindestens einem Mitarbeiter keinen Min-destlohn bezahlten, waren es in Baden-Württemberg weniger als 7 Prozent. „Letztendlich gibt es in unserer Region weni-ge schwarze Schafe“, weiß Andreas Kempff, Hauptgeschäfts-führer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein. „Die meisten zahlen den Mindestlohn oder mehr. Die wenigen, die darunter lagen, hätten mit dieser Bezahlung

Wenige schwarze Schafe in der Region

Bittere Beigaben: Während die Gewerkschaften feiern, schmeckt der Gastronomie der Mindestlohn gar nicht.

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Mindestlohn

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früher oder später vermutlich keine Mitarbeiter mehr gefun-den und ihre Bezahlung anpassen müssen.“Ähnlich wie in der Industrie stellt sich die Lage auch im Handwerk dar: „In vielen Bereichen des Handwerks liegt die Vergütung der Mitarbeiter schon lange über dem gesetz-lichen Mindestlohn“, so Wolfram Seitz-Schüle, Geschäfts-führer der Handwerkskammer (HWK) Freiburg. Klagen über den Mindestlohn an sich – sagt auch Kempff – gebe es kaum, eher über die damit verbundenen Dokumentationspflichten.Selbst im Gastgewerbe – der Branche, in der der Mindestlohn laut IAB am stärksten gegriffen hat – sind die 8,50 Euro kein Aufreger. Auch nicht für Jörg Dattler, Geschäftsfüh-rer des Schlossbergrestaurants Dattler: Schon vor der Einfüh-rung habe jeder Mitarbeiter – einschließlich der studentischen Aushilfen – mindestens 8,50 Euro bekommen. Dennoch muss Dattler finanzielle Einbußen hinnehmen: „Das Problem ist, dass das Arbeitszeitgesetz so in den Fokus gerückt ist.“ Durch das Mindestlohngesetz wird verstärkt darauf geachtet, dass die Schichten nicht länger als zehn Stunden sind – eine Rege-lung, die sich mit dem Gastronomiealltag schlecht verträgt. So würden etwa bei einer Hochzeit die Gäste oft bis in die Mor-genstunden feiern wollen. Seit dem Mindestlohn sei bei ihm

jedoch um drei Uhr Schluss. „Ich kann schließlich nicht mit-ten in der Nacht die Schicht wechseln. Welcher Mitarbeiter macht denn das mit?“ So ist einfach Schicht im Schacht. Auch für den Freiburger Gastronomen Toni Schlegel, der unter anderem das Greiffenegg Schlössle oder den Ganter Brauereiausschank betreibt, sind die Arbeitszeitregeln das ei-gentliche Übel: „Branchenweit hat das dazu geführt, dass die Öffnungszeiten eingeschränkt wurden. Auch das Greif-

fenegg Schlössle musste einen Ruhe-tag einführen.“ Die Regelung habe die Gastronomie durch den leer gefegten Arbeitsmarkt besonders getroffen: Es fänden sich keine Kräfte, die die kürze-

ren Arbeitszeiten auffangen könnten. „Im letzten Jahr haben wir einige Tage nicht so stark auslasten können, wie wir uns das gewünscht hätten“, moniert Schlegel. Auch die Mitarbei-ter selbst seien genervt. Viele hätten gerne in vier Tagen 40 bis 48 Stunden gearbeitet, um dann drei, vier Tage freizumachen. Das ist nun nicht mehr möglich.Die einzigen, die bei ihm vom Mindestlohn profitierten, sei-en die studentischen Aushilfen, so der Gastronom: „Und das war ja wohl nicht die Gruppe, die geschützt werden musste.“

Tanja Bruckert

Realitätsfernes Arbeitszeitgesetz

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30 | chilli | business im Breisgau | 03.2016

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen

Paare in Deutschland, bei denen die Frau mehr Einkommen hat (in %) 14Paare in Deutschland, bei denen der Mann mehr Einkommen hat (in %) 76Paare in Deutschland, bei denen beide gleich viel Einkommen haben (in %) 10

Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Freiburg Ende 2014 in Euro 1470Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Karlsruhe Ende 2014 in Euro 613 Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Stuttgart Ende 2014 in Euro 1050 Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Mannheim Ende 2014 in Euro 3047 Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Emmendingen Ende 2014 in Euro 825Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald Ende 2014 in Euro 988

Durchschnittliche Lebenserwartung eines 1970 in Baden-Württemberg geborenen Jungen 68,5 Durchschnittliche Lebenserwartung eines 1970 in Baden-Württemberg geborenen Mädchens 74,5Durchschnittliche Lebenserwartung eines 2014 in Baden-Württemberg geborenen Jungen 79,4 Durchschnittliche Lebenserwartung eines 2014 in Baden-Württemberg geborenen Mädchens 83,9

So viel machte die Gewerbesteuer 2014 bei den Einnahmen in Sölden aus (in %) 3,65So viel machte die Gewerbesteuer 2015 bei den Einnahmen in Malterdingen aus (in %) 23,1

Zahl der alleinerziehenden Deutschen mit minderjährigen Kindern 1996 (in Mio.) 1,3Zahl der alleinerziehenden Deutschen mit minderjährigen Kindern 2014 (in Mio.) 1,6 Zahl der alleinerziehenden Mütter 2014 (in %) 89

Veränderung der Gewerbesteuereinnahmen von 2006 auf 2011 in Herbolzheim (in Mio.) -3,05Veränderung der Gewerbesteuereinnahmen von 2006 auf 2011 in Emmendingen (in Mio.) +2,66 Veränderung der Gewerbesteuereinnahmen von 2006 auf 2011 in Freiburg (in Mio.) +26

Umsatz von Real Madrid in der Saison 2014/2015 ohne Transfererlöse (in Mio.) 577Umsatz von Bayern München in der Saison 2014/2015 ohne Transfererlöse (in Mio.) 474Umsatz von West Ham United in der Saison 2014/2015 ohne Transfererlöse (in Mio.) 160,9 Umsatz des SC Freiburg in der Saison 2014/2015 ohne Transfererlöse (in Mio.) 62,9

Zahl der Geburten in Freiburg 2015 5002Jahr, als zuletzt mehr als 5000 Kinder in einem Jahr in Freiburg geboren wurden 1968

Verkehrstote in Deutschland im Jahr 1991 11.300Verkehrstote in Deutschland im Jahr 2015 3450 Verkehrstote in Baden-Württemberg im Jahr 2015 484 Verkehrstote in Berlin im Jahr 2015 48Verkehrstote im Bereich der Polizeidirektion Freiburg 57

Anteil des reichsten Zehntels am Nettovermögen aller Haushalte in Deutschland 1998 (in %) 45,1 Anteil des reichsten Zehntels am Nettovermögen aller Haushalte in Deutschland 2013 (in %) 51,9

*alle Angaben mit Eigenbetrieben Lars Bargmann / Idee: brandeins

Fakten

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