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Derek & Ruth Prince Gott stiftet Ehen

Derek & Ruth Prince Gott stiftet Ehen - profimusic · Derek Prince wurde in Indien als Sohn britischer Eltern geboren und besuchte das Eton College sowie das King’s College (Cam-bridge)

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Derek & Ruth PrinceGott stiftet Ehen

Derek & Ruth Prince

Gott stiftet Ehen

Titel der amerikanischen Originalausgabe: God Is A MatchmakerCopyright © by Derek Prince

Die amerikanische Originalausgabe ist erschienen bei:Baker Books, a division of Baker Book House Company,P.O. Box 6287, Grand Rapids, MI, USA.

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Werner Geischberger

5. Auflage 2011

Copyright © der deutschen Ausgabe 1999 by Asaph-Verlag

ISBN 978-3-931025-48-9Best.-Nr. 147548

Satz: Satz & Medien Wieser, D-StolbergUmschlaggestaltung: joussenkarliczek, D-SchorndorfDruck: Schönbach-Druck, D-Erzhausen

Printed in Germany

Für kostenlose Informationen über unser umfangreiches Lieferprogramm an christlicher Literatur, Musik und vielem mehr wenden Sie sich bitte an:

ASAPH, D-58478 LüdenscheidE-Mail: [email protected] – Internet: www.asaph.net

Inhalt

Der Hintergrund des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . .7Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

Was ich aus meiner Erfahrung gelernt habe1 Die Stimme der Braut und die Stimme des

Bräutigams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Lydia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Ruth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Der göttliche Weg in die Ehe4 Die Pforte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Es gilt, vier Grundhaltungen zu fördern . . . . . . . . 556 Acht Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 Wie sich ein Mann auf die Ehe vorbereiten sollte . . . 788 Wie sich eine Frau auf die Ehe vorbereiten sollte

Aus der Sicht von Ruth . . . . . . . . . . . . . . . . . 919 Welche Rolle spielen die Eltern und der Pastor? . . . 114

Sonderfälle10 Scheidung und erneute Heirat . . . . . . . . . . . . . 12611 Ein Leben in Ehelosigkeit? . . . . . . . . . . . . . . 142

Ruths Geschichte12 „Treffen wir uns im ‘King David’“ . . . . . . . . . . 156

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Derek Prince wurde in Indien als Sohn britischer Eltern geboren und besuchte das Eton College sowie das King’s College (Cam-bridge). Er studierte Griechisch und Latein sowie in Cambridge Philosophie, wobei er sich auf Logik spezialisierte und bei Ludwig Wittgenstein studierte. Während seiner Studienzeit hatte er eine Affäre mit einer verheirateten Frau in Irland, mit welcher er einen Sohn hatte. Seine Master-Dissertation unter dem Titel The Evolu-tion of Plato’s Method of Definition brachte ihm im Alter von 24 Jahren ein Stipendium ein.

Im Zweiten Weltkrieg verweigerte Prince den Dienst an der Waffe und beteiligte sich stattdessen im Sanitätsbereich. Nachdem er zur Ausbildung nach Scarborough geschickt worden war, be-suchte er dort eine Pfingstkirche und erlebte eine lebensverändernde Begegnung mit Jesus Christus. Aus dieser Begegnung zog er zwei Schlüsse: Zum einen, dass Jesus Christus lebe, zum anderen, dass die Bibel ein wahres, relevantes und aktuelles Buch sei. Diese Schlüsse beeinflussten den künftigen Verlauf seines Lebens grundlegend. Im Anschluss an seine Ausbildung wurde er nach Nordafrika geschickt, wo er in Ägypten, im Sudan und in Palästina Dienst tat.

Während er in Palästina Dienst tat, begegnete Prince Lydia Christensen, einer Dänin, die in Ramallah ein Waisenhaus führte und acht Mädchen adoptiert hatte. Obwohl Lydia 25 Jahre älter als Prince war, heirateten sie. Prince unterstützte energisch die Gründung des Staates Israel, welche er als Erfüllung einer bibli-schen Prophezeiung ansah, verließ aber mit dem letzten britischen Konvoi Jerusalem, um nach Großbritannien zurückzukehren.

In Großbritannien trat Prince an der Speakers’ Corner im Hyde Park in London auf, um Menschen aufzurufen, eine Pfingstkirche zu besuchen, die er in Notting Hill leitete.

1957 zog er mit Lydia nach Kisumu in Kenia, wo er Schulleiter wurde und ein kenianisches Baby adoptierte. Er beanspruchte, in dieser Zeit zwei Menschen vom Tod erweckt zu haben.

Der Hintergrund des Autors

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1962 zog die Familie Prince nach Kanada, im Anschluss gingen sie in ein Pastorat an der Peoples Church in Minneapolis und wur-den US-Bürger. Von hier wechselten sie zum Broadway Tabernacle in Seattle. In dieser Zeit erlangte Derek Prince seine erste weitere Bekanntheit durch einen Tonbandkassetten-Dienst mit Bibel-stunden und arbeitete bald mit dem Full Gospel Businessmen’s Fellowship International (in Deutschland: „Geschäftsleute des vollen Evangeliums“) zusammen. Dies führte zu einem Wechsel an Faith Tabernacle in Chicago und dann nach Ft. Lauderdale in Florida. Sein Schwiegersohn David Selby unterstützte ihn bald in seinem Dienst.

Dereks Buch Vergäße ich Dein, Jerusalem, die Lebensge-schichte Lydias, ist eine Abweichung von seinem „normalen“ Lehrstil. Gekennzeichnet durch Drama und Tempo, liest es sich wie ein Roman und hat viele in einen tieferen Glauben und eine größere Hingabe zum Herrn geführt. Das Buch erschien 1975, nur wenige Tage vor Lydias plötzlichem Tod durch Herzschlag.

Die künftige Ruth Prince lernte Derek in Jerusalem kennen, von nun an lebte er jedes Jahr für sechs Monate dort. Gemeinsam begründeten sie ein weltweites Missionsprogramm, welches Ma-terialien seines Dienstes für Pastoren um die ganze Welt frei ver-fügbar machte. Ein Missionar namens Ross Paterson organisierte, dass seine Lehren über Rundfunk in China ausgestrahlt wurden, wo Prince als „Ye Guang-Ming“ („Klares Licht“) bekannt wurde.

Ruth Prince starb 1998, Derek im September 2003. Seine letzten Tage verbrachte er in Jerusalem bei seinem Freund Eliyahu Ben-Haim.

Einführung

Ich kann den Leser am einfachsten in dieses Buch einführen,indem ich erkläre, was es nicht ist.

Zunächst einmal ist es kein rein theoretisches oder theologi-sches Buch. Es befaßt sich auch nicht mit abstrakten Wahrheiten.Vielmehr ist es direkt und fest in konkreten Lebenserfahrungenverwurzelt – in meinen eigenen Erfahrungen.

Seit mehr als vierzig Jahren habe ich meine wichtigstenEntdeckungen im geistlichen Leben auf diese Weise gemacht.Nie gewann ich Erkenntnisse, während ich hinter dem Schreib-tisch saß und über abstrakte Dinge nachdachte. In den meistenFällen wurden sie durch Situationen, die ich selbst erlebt habe,augenscheinlich und auch bestätigt. Erst später, während ichüber solche Situationen im Licht der Bibel nachsann, erkannteich allmählich die dahinter stehenden geistlichen Prinzipien, dieGott mich lehrte.

Im zweiten und dritten Kapitel dieses Buches erzähle ich, wieGott mich zur Ehe hinführte, zunächst mit Lydia, dann mit Ruth.In beiden Fällen führte Gott mich genau so, wie in der Bibel derprinzipielle Weg in die Ehe dargestellt wird.

Beim ersten Mal begriff ich nicht, was Gott eigentlich getanhatte. Als sich dieses Muster bei meiner zweiten Ehe wiederhol-te, erkannte ich, daß Gott in beiden Ehen genau dem Mustergefolgt war, das er vom Anbeginn der Menschheitsgeschichtefestgelegt hatte – eine Richtschnur, die er vorgegeben hat unddie sich bis zur Vollendung der Geschichte nicht verändern wird.Diese göttliche Richtschnur für den Weg in die Ehe ist dasHauptthema dieses Buches.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, daß ich mit diesemBuch nicht versuchen will, einen Plan für das Zusammenlebenvon Eheleuten oder für das Familienleben darzulegen. Es gibtderzeit eine Reihe von ausgezeichneten Büchern zu diesemThema. Vielmehr ist es mein Ziel, die Schritte zu erklären, diezu einer erfolgreichen Ehe führen. Ein Mann und eine Frau, dieGott erst nach seiner Wegweisung fragen, nachdem sie sich in

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einer Kirche das Jawort gegeben haben, sind wie der von Jesusbeschriebene Mann, der sein Haus auf Sand baut. In vielenFällen wird eine solche Ehe in den praktisch unvermeidlichenPrüfungen und Krisenzeiten nicht bestehen können.

Dieses Buch wird Ihnen helfen, Antworten auf einige derwichtigsten Fragen zu finden, die sich Ihnen im Laufe IhresLebens stellen werden: Wie kann ich wissen, ob es Gottes Willefür mich ist zu heiraten? Wenn es Gottes Wille ist, wie kann ichmich dann auf die Ehe vorbereiten? Und wie kann ich denPartner finden, den Gott für mich bestimmt hat?

Im achten Kapitel macht Ruth einige Vorschläge, wie sichspeziell Frauen auf die Ehe vorbereiten können. Wiederum imletzten Kapitel erzählt sie einige sehr persönliche Details dar-über, wie sie sich darauf vorbereitet hat, meine Frau zu werden.

Kapitel 9 bietet konkreten Rat für Eltern, wie sie ihre Kinderin diesem schwierigen und gefährlichen Lebensabschnitt, indem jene mit den emotionalen und geistlichen Problemen derPartnersuche ringen, begleiten können.

Dasselbe Kapitel liefert hilfreiches Material für Pastoren,Seelsorger, Lehrer, Mitarbeiter in der Jugendarbeit und alleanderen Diener Gottes, die sein Volk in ein erfülltes und frucht-bares Leben führen möchten. In keinem anderen Bereich istgesunde, biblische Unterweisung so notwendig, wie in der prak-tischen Umsetzung der göttlichen Richtschnur für die Ehe inunserer heutigen Zeit.

Kapitel 10 und 11 geben dringend erforderliche Hilfestellungfür die vielen Millionen von Menschen, die mit speziellen undproblematischen Fragen innerhalb des Themenbereichs Ehekonfrontiert sind – für jene, die die Leiden einer Scheidungdurchlebt haben und jene, die dazu bestimmt sind, ehelos zubleiben.

Vielleicht spricht dieses Buch auch noch eine andere Gruppevon Menschen an: jene, die Liebesgeschichten mögen, die ausdem Leben gegriffen und mit einer Prise Spannung gewürztsind! Ruth und ich hoffen, daß Ihnen dieser Teil unserer Ge-schichte gefallen wird. Und vergessen Sie eins nicht: die Span-nung bleibt bis zu Ruths letztem Kapitel „Treffen wir uns im‘King David’“!

Derek Prince, Jerusalem

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Was ich aus meinerErfahrung gelernt habe

1

Die Stimme der Braut und dieStimme des Bräutigams

Die Rippe aber, die Gott aus dem Menschen genommen hatte,gestaltete er zu einem Weibe und führte dieses dem Menschenzu (1. Mos. 2,22; Menge).

Als Gott die Bühne der Menschheitsgeschichte zum erstenMal betritt, stiftet er gleich eine Ehe. Was für eine tiefgründigeund aufregende Offenbarung!

Ginge es zu weit, wenn man sagen würde, Eva wäre am Armdes Herrn zu Adam gekommen, so wie heute eine Braut am Armihres Vaters durch den Mittelgang der Kirche zum Altar geht?Wer kann die Liebe und Freude ergründen, die das Herz desgroßen Schöpfers erfüllte, als er in dieser ersten Hochzeitsfeierüberhaupt Mann und Frau vereinte?

Gewiß ist dieser Bericht einer der unzähligen Beweise dafür,daß die Bibel nicht einfach das Werk menschlicher Autoren ist.Mose gilt für gewöhnlich als Autor des Schöpfungsberichts.Doch ohne übernatürliche Inspiration hätte er es nie gewagt, dieGeschichte der Menschheit mit einer Szene beginnen zu lassen,die derart vertraulich und innig ist; sie spiegelt zunächst dieinnige Beziehung zwischen Gott und Mensch wider, aber auchdie zwischen Mann und Frau.

Mose vermittelt uns hier ein Gottesbild, das nichts gemeinhat mit den religiösen Darstellungen, die wir landläufig mitKirchen und Kathedralen in Verbindung bringen. Ja, es ist zubezweifeln, ob Gott überhaupt an ihren Wänden oder in ihrenGlasfenstern so dargestellt werden würde, wie Mose ihn porträ-tiert.

Doch die Menschheitsgeschichte beginnt nicht nur mit einerHochzeit, sie ist auch dazu bestimmt, mit einer Hochzeit vollen-det zu werden. Johannes charakterisiert diese Szene für uns inOffenbarung 19,6-9:

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Und ich hörte etwas wie eine Stimme einer großenVolksmenge und wie ein Rauschen vieler Wasser undwie ein Rollen starker Donner, die sprachen:

Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige,hat die Herrschaft angetreten. Laßt uns fröhlich seinund frohlocken und ihm die Ehre geben; denn dieHochzeit des Lammes ist gekommen, und sein Weibhat sich bereitgemacht. Und ihr wurde gegeben, daßsie sich kleide in feine Leinwand, glänzend, rein; denndie feine Leinwand sind die gerechten Taten der Hei-ligen.

Und er spricht zu mir: Schreibe: Glückselig, die gela-den sind zum Hochzeitsmahl des Lammes!

Das Schauspiel, das Johannes uns kurz mitverfolgen läßt, sprichtvon Triumph, von Lobpreis und Anbetung, von Festlichkeit undGlanz, von schier unaussprechlicher Freude. Das Großartigstedaran ist jedoch die Tatsache, daß der allmächtige Gott selbst,der Schöpfer und Regent des Alls, bei dieser Hochzeitsfeierseines eigenen Sohnes den Vorsitz übernimmt. In ihrem Verlaufverschmelzen Himmel und Erde in einem Wohlklang des Lob-preises und der Anbetung, wie ihn das Universum noch nie zuvorgehört hat.

Es ist charakteristisch für die Zurückhaltung der Bibel, daßsie nicht versucht, die Gefühle des himmlischen Bräutigams undseiner Braut zu beschreiben. Keine irdische Sprache hätte Worte,die hierzu erforderlich wären. Wir stehen vor einem heiligenGeheimnis, das dem Herrn selbst und jenen, die sich durchgewissenhafte Vorbereitung „bereitgemacht“ haben, vorbehal-ten ist.

Vom 1. Buch Mose bis zur Offenbarung, vom ersten Akt imGarten Eden bis zum letzten Akt im Himmel, ist Hochzeit undEhe das Leitthema der Menschheitsgeschichte. Doch Gott bleibtkein distanzierter Beobachter, wenn sich dieses Schauspiel Aktfür Akt vor unseren Augen enthüllt. Vielmehr ergreift er dieInitiative, und in ihm erreicht es seinen Höhepunkt. Von Anfangbis Ende hat er gewaltigen persönlichen Anteil daran.

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Als Jesus auf die Erde kam, um Gott unter den Menschenbekannt zu machen, war seine Einstellung zur Ehe in völligerÜbereinstimmung mit der des Vaters. So wie der Vater dieGeschichte der Menschheit mit einer Hochzeit einleitete, sobegann Jesus seinen Dienst in der Öffentlichkeit auf der Hoch-zeit zu Kana. Als der Festgemeinde auf dem Höhepunkt derFeierlichkeiten der Wein ausging, bat Maria Jesus um Hilfe. Erreagierte, indem er ungefähr 600 Liter Wasser in Wein verwan-delte.

Noch dazu war das nicht irgendein Wein! Denn nachdem derSpeisemeister ihn gekostet hatte, rief er den Bräutigam zu sichund sagte: „Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor, undwenn sie betrunken geworden sind, dann den geringeren; du hastden guten Wein bis jetzt aufbewahrt“ (Joh. 2,10).

Wodurch wurde Jesus veranlaßt, sein erstes Wunder ausge-rechnet auf einer Hochzeit zu vollbringen? Welche wichtigeWahrheit demonstrierte er damit? Die Antwort ist einfach: Erzeigte, wie sehr ihm der erfolgreiche Verlauf dieser Hochzeits-feier am Herzen lag. Wäre der Wein ausgegangen, wären derBräutigam und die Braut vor allen Gästen blamiert worden, unddie Hochzeit hätte ein trauriges Ende gefunden. Um eine solcheKatastrophe abzuwenden, setzte Jesus zum ersten Mal seinewunderwirkende Kraft auf Erden ein.

Darüber hinaus achtete Jesus, als er das Wunder wirkte,darauf, daß keiner der Gäste mitbekam, was geschah. Er stelltesich nicht in den Mittelpunkt. Er zeigte damit, daß sich bei jederHochzeit alles nur um die Braut und den Bräutigam dreht.Obwohl Jesus das Wunder wirkte, sprachen die Gäste im End-effekt dem Bräutigam ihre Anerkennung aus.

Ab diesem Zeitpunkt begann der öffentliche Lehrdienst Jesu;dabei bekräftigte er stets den Eheplan, der bei der Schöpfung derWelt vom Vater festgelegt wurde. Aus diesem Grund lehnte erauch die Gepflogenheiten im Umgang mit dem Thema Ehe, diezu seiner Zeit üblich waren, ab. Als einige Pharisäer ihn mit einerFrage bezüglich Ehescheidung auf die Probe stellten, erwiderteer: „Habt ihr nicht gelesen, daß, der im Anfang den Menschengemacht hat, der machte, daß ein Mann und ein Weib sein sollte,und sprach: ‘Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassenund an seinem Weibe hangen, und werden die zwei ein Fleisch

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sein’? So sind sie nun nicht zwei, sondern ein Fleisch. Was nunGott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“(Mt. 19,4-6; LÜ).

Im hebräischen Alten Testament leitet sich der Name desersten Buches Mose („Genesis“) von dessen Eingangswortenab: „Im Anfang ...“ Indem Jesus in seiner Antwort diese Formu-lierung gebrauchte, verwies er die Pharisäer auf das Buch Ge-nesis und ganz besonders darauf, wie Gott Eva und Adam einsgemacht hatte. Mit anderen Worten: er bekräftigte den Eheplan,den der Vater damals festgelegt hatte, als etwas, das zu seinerZeit noch immer Gültigkeit hatte, und als den einzigen, von Gottvorgegebenen Maßstab für eine Ehe. Er weigerte sich, einenniedrigeren Maßstab durch seine Autorität zu billigen.

Die Pharisäer setzten zum Gegenangriff an, indem sie aufeine Verordnung aus dem mosaischen Gesetz verwiesen, dieScheidung auch aus anderen Gründen als eheliche Untreueerlaubte. Darauf antwortete Jesus mit den Worten: „Mose hateuch nur mit Rücksicht auf eure Herzenshärte gestattet, euch voneuren Frauen zu scheiden; aber von Anfang an ist es nicht sogewesen“ (Mt. 19,8; Menge). Wiederum richtete Jesus ihr Au-genmerk auf den Anfang, d. h. auf den Maßstab, der zu Beginndes Buches Genesis vorgegeben wurde. Das war das einzigeVorbild, das er akzeptierte. Jede Abweichung davon entsprechenicht dem Willen des Vaters, sondern sei lediglich ein Zuge-ständnis an die Herzenshärte der nicht erneuerten Menschen.

Aus dieser Unterhaltung Jesu mit den Pharisäern können wirChristen wichtige Rückschlüsse für unsere heutige Zeit ziehen:für uns gilt heute noch immer derselbe göttliche Maßstab für dieEhe, den Gott bei der Schöpfung festgelegt hat. Jede Verwässe-rung dieses Maßstabs ist lediglich ein Zugeständnis an dieHerzenshärte des nicht erneuerten Menschen.

Christen, die aus dem Geist Gottes wiedergeboren sind, sindeine „neue Schöpfung“ und nicht mehr dem Diktat ihres alten,nicht erneuerten Wesens unterworfen. Aus diesem Grund gilt fürdie Christen heute der göttliche Maßstab für die Ehe, den Gottbei der Schöpfung festgelegt hat und der von Jesus im Laufeseines Dienstes immer wieder bestätigt wurde.

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Der Bericht im 1. Buch Mose offenbart vier konkrete undlebenswichtige Wahrheiten über die Ehe, die alle heute nochGültigkeit haben.

Erstens: Gott allein ist der Urheber des Prinzips „Ehe“. Adamhatte keinen Anteil daran. Nicht er legte diesen Plan vor. Er batnicht einmal darum, auf diese Weise „versorgt“ zu werden. Gott– nicht Adam – beschloß, daß Adam eine Frau brauchte. Adamwar sich seines Mangels nicht bewußt.

Zweitens: Gott schuf Eva für Adam. Er allein kannte diePartnerin, die Adam brauchte.

Drittens: Gott stellte Eva Adam vor. Adam mußte sich nichtauf die Suche nach ihr machen.

Viertens: Gott setzte fest, wie die Beziehung zwischen Adamund Eva aussehen sollte. Das Endziel dieser Beziehung war dievollkommene Einheit: „Darum wird ein Mann seinen Vater undseine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie wer-den zu einem Fleisch werden“ (1. Mos. 2,24).

Wenn sich, wie Jesus aufzeigte, Gottes Richtlinie für die Ehebis heute nicht verändert hat, dann haben die vier Wahrheiten,die eben beschrieben wurden, für uns als Christen auch heutenoch ihre Gültigkeit. Das hat nun folgende praktische Auswir-kungen für uns:

Ein Christ wird heiraten, nicht weil es seine oder ihre Ent-scheidung ist, sondern die Entscheidung Gottes.

Ein christlicher Mann wird darauf vertrauen, daß Gott diePartnerin, die er braucht, auswählt und für ihn vorbereitet. Einechristliche Frau wird ihrerseits darauf vertrauen, daß Gott sie fürden Ehemann vorbereitet, für den er sie bestimmt hat.

Ein christlicher Mann, der im Willen Gottes lebt, wird fest-stellen, daß Gott die Partnerin, die er für ihn ausgewählt undvorbereitet hat, zu ihm führt. Eine christliche Frau wird ihrerseitsGott erlauben, sie zu dem Ehemann zu führen, für den er sievorbereitet hat.

Das Endziel einer Ehe ist heute noch dasselbe wie zur ZeitAdams und Evas – vollkommene Einheit. Doch nur wenn mandie ersten drei Anforderungen erfüllt, kann man auch erwarten,am Endziel anzukommen.

Manch einer ist nun vielleicht versucht, diese Prinzipien alsaltmodisch oder „übergeistlich“ abzutun. Doch im Reich Gottes

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wird die Währung nie abgewertet, werden die Wertmaßstäbe undRichtlinien nie ausgehöhlt. Für jene, die Jesus wirklich nachfol-gen, gelten nach wie vor dieselben Anforderungen wie zur ZeitJesu. Doch, Gott sei Dank, gibt es auch denselben Lohn!

Für mich sind diese Prinzipien keine abstrakten Theorien. Inmeinen beiden Ehen wurden sie Punkt für Punkt Wirklichkeit,wie ich in den folgenden beiden Kapiteln darstellen werde. Inbeiden Ehen war Gott der Urheber der Entscheidung zu heiraten,nicht ich. Ja, ich persönlich streckte mich überhaupt nicht nachder Ehe aus. In beiden Fällen suchte Gott eine Frau für mich aus,bereitete sie für mich vor und brachte sie zu mir. Und, was amwichtigsten ist, beide Male genossen wir ein Maß an Einheit,wie es heutzutage nur wenige Ehepaare erleben.

Das alles kam nun nicht zustande, weil ich irgendwelchenausgeklügelten theologischen Theorien gefolgt wäre, wie einMann in die Ehe gehen sollte. Vielmehr waren das die Auswir-kungen der souveränen Führung und Wegweisung des HeiligenGeistes in meinem Leben. Oftmals war ich mir dessen gar nichtbewußt, daß der Heilige Geist am Werk war. Doch als ich überden Verlauf meines Lebens im Licht der Heiligen Schrift nach-dachte, erkannte ich allmählich, wie Gott in meinen beiden Ehenin exakter Übereinstimmung mit der Richtlinie gehandelt hatte,die er „im Anfang“ festgelegt hatte. Ich gebe diese Prinzipiennun an Sie weiter, weil ich weiß, daß sie funktionieren. Sie habenmich glücklich gemacht, und ich kann meinen Glaubensge-schwistern nur wünschen, daß sie dasselbe damit erleben.

Diese kurze Analyse des biblischen Musters für die Ehe stehtim krassen Gegensatz zu den heutigen Maßstäben in der Welt,aber auch mit den Vorstellungen, die in vielen Teilen des LeibesChristi akzeptiert wurden. Die vorherrschende Grundeinstel-lung zur Ehe gibt in der Regel genau Aufschluß über denmoralischen und geistlichen Zustand einer Kultur oder Zivilisa-tion. Der Untergang einer Kultur zeigt sich am Niedergang ihresRespekts vor der Ehe. Entsprechend dazu gilt: Die Erneuerungeiner Kultur zeigt sich an der parallel dazu verlaufenden Erneue-rung der biblischen Werte in Bezug auf die Ehe.

In verschiedenen Bibelstellen wird aufgezeigt, welche Aus-wirkungen sowohl eine Zeit des Verfalls als auch eine Zeit derWiederherstellung auf die Ehe hat. In Jeremia 25,10-11 warnt

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Gott das Volk von Juda vor der drohenden Verwüstung durch diebevorstehende Invasion Nebukadnezars: „Und ich lasse unterihnen verlorengehen die Stimme der Wonne und die Stimme derFreude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut,das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe. Und diesesganze Land wird zur Trümmerstätte, zur Wüste werden ...“

Der Apostel Johannes zeichnet ein ähnliches Bild der end-zeitlichen Zerstörung unter dem antichristlichen System, das als„Babylon, die Große“ bekannt ist:

Und die Stimme der Harfensänger und Musiker undFlötenspieler und Trompeter wird nie mehr in dirgehört und nie mehr ein Künstler irgendeiner Kunst indir gefunden und das Geräusch des Mühlsteins niemehr in dir gehört werden, und das Licht einer Lampewird nie mehr in dir scheinen und die Stimme vonBräutigam und Braut nie mehr in dir gehört werden(Offb. 18,22-23).

Ein markantes Merkmal, das diese beiden Beschreibungen desVerfalls und der Verwüstung gemeinsam haben, ist das Verstum-men der Stimme von Bräutigam und Braut. Eine Kultur, die dasfröhliche Feiern einer Hochzeit nicht länger als Höhepunkt inihrem Leben erlebt, ist entweder schon im Untergang begriffenoder zumindest auf dem Weg dorthin.

Auch das Gegenteil stimmt: ein Charakteristikum der Wie-derherstellung einer Kultur ist die Wiederherstellung der Ehe alsQuelle der Freude und als Grund zum Feiern. In Jeremia 33,10-11 verheißt Gott die endzeitliche Wiederherstellung von Judaund Israel:

So spricht der Herr: An diesem Ort, von dem ihr sagt:Er ist verwüstet, ohne Menschen und ohne Vieh! – inden Städten Judas und auf den Straßen Jerusalems, dieöde sind, ohne Menschen und ohne Bewohner undohne Vieh, dort wird wieder gehört werden die Stimmeder Wonne und die Stimme der Freude, die Stimmedes Bräutigams und die Stimme der Braut ... die Stim-me derer, die Lob in das Haus des Herrn bringen. Denn

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ich werde das Geschick des Landes wenden wie imAnfang, spricht der Herr.

Wie in der Verwüstung, so auch in der Wiederherstellung – auchhier stehen Braut und Bräutigam wieder im Mittelpunkt. DemMaßstab der Heiligen Schrift zufolge ist die Wiederherstellungeines Volkes erst dann abgeschlossen, wenn „die Stimme desBräutigams und die Stimme der Braut“ wieder erschallen.

Verschiedene Kräfte können das biblische Fundament derEhe ins Wanken bringen: Der säkulare Humanismus stellt zumBeispiel die Ehe als eine Art sozialen Vertrag dar, in dem beideParteien die Freiheit haben, ihre eigenen Forderungen und Be-dingungen durchzusetzen und sie nach Lust und Laune verän-dern oder aufheben können, wenn sich ihre Einstellung zuein-ander ändert. Wer unter diesen Voraussetzungen eine Ehebeginnt, wird nie die körperliche und geistliche Erfüllung erle-ben, die die Bibel jenen verheißt, die ihrer Richtschnur folgen.

Andererseits kann sich formalistische Religiosität ohne dieGnade Gottes fast genauso verheerend auf eine Ehe auswirken.Wie die Bibel zeigt, sind Romantik und Leidenschaft wesentli-che Bestandteile einer Ehe. Beide Eigenschaften werden sehranschaulich im Hohelied dargestellt. Eine Ehe, der diese Kom-ponenten fehlen, ist – dem biblischen Maßstab zufolge – auftraurige Weise unvollständig. Romantik ohne Leidenschaft führtzu Frustration. Leidenschaft ohne Romantik ist nur wenig mehrals Lust, die vielleicht noch einen dünnen Schleier trägt.

Im Lauf der Jahrhunderte hat es der Leib Christi oft versäumt,das biblische Bild einer vollständigen Ehe zu zeichnen, die jedenBereich der Persönlichkeit eines Menschen einbezieht – dengeistlichen, den emotionalen und den körperlichen. Sex behan-delte man als notwendiges Übel, ja fast als eine Verfehlung desSchöpfers, die einer gewissen Entschuldigung bedarf. Selbstver-ständlich entspricht das nicht der Sicht des Schöpfers. Er schufMann und Frau als sexuelle Wesen und bezeichnete, nachdemer alles sorgfältig betrachtet hatte, alles als „sehr gut“ – also auchihre Sexualität.

In unserer Zeit durchflutet und erneuert Gott überall auf derWelt seine Gemeinde mit dem Heiligen Geist. Wie es bei gött-lichen Erneuerungen stets der Fall war, muß diese Erneuerung

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von „der Stimme des Bräutigams und der Stimme der Braut“angekündigt werden. Erst wenn die Gemeinde sich noch einmalganz und gar dem biblischen Vorbild für die Ehe verschreibt,kann sie eine vollständige und echte Erneuerung erleben. Dasbezieht sich nicht nur auf die Hochzeit an sich und das darauf-folgende Eheleben. Vielmehr muß es dort beginnen, wo eine Eheimmer beginnt: auf dem Weg, der zur Hochzeit führt.

Dieses Prinzip gilt für fast alle Formen menschlicher Aktivi-tät: Der Prozeß der Vorbereitung ist normalerweise ein wesent-licher Faktor, der zu einem erfolgreichen Ergebnis führt. EinEhepaar, das sich ein Haus baut, muß zum Beispiel monatelangdie verschiedensten Vorbereitungen treffen, bis es den Haus-schlüssel bekommt und einziehen kann. Es muß sich den Bau-grund aussuchen, einen Architekten und eine Baufirma beauf-tragen, viele verschiedene Pläne besprechen und alle möglichenEntscheidungen treffen, um sämtliche Fragen des Stils und derAusstattung zu regeln. Ein Ehepaar, das sich erst dann für seinHeim interessiert, wenn man ihm den Schlüssel in die Handdrückt, wird große Frustrationen und Enttäuschungen erleben,wenn es erst einmal eingezogen ist.

Wenn das für ein Haus aus Stein oder Holz gilt, wieviel mehrfür ein Haus aus lebendigen Steinen, aus Menschen, aus Ge-schöpfen, die unermeßlich komplex sind, aber auch ein uner-meßliches Potential in sich bergen!

Nein, eine erfolgreiche Ehe beginnt nicht mit der Hochzeit.Ihr Fundament wird viel früher gelegt – zunächst in der sorgfäl-tigen Vorbereitung des eigenen Charakters und dann im Zusam-menpassen eines Mannes und einer Frau, die Gott füreinanderbestimmt hat.

Ein Ehepaar, das unvorbereitet in die Ehe geht und schlechtzusammenpaßt, wird bestenfalls permanent frustriert sein,schlimmstenfalls totalen Schiffbruch erleiden. Andererseitskönnen sich ein christlicher Mann und eine christliche Frau, diedem Heiligen Geist gestattet haben, sie zu formen und sie aufdem biblischen Weg in Richtung Ehe zu leiten, voll Vertrauenauf ein erfülltes Eheleben freuen, in dem einer den anderenerfreut.

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Lydia

Am Anfang der Geschichte der Menschheit setzte Gott etwasfest: „Und Gott, der Herr, sprach: Es ist nicht gut, daß derMensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihmentspricht“ (1. Mos. 2,18).

Kein Mensch hat an sich selbst Genüge. Jeder Menschbraucht Gesellschaft. Um gegen diesen Mangel vorzugehen,setzte Gott die Ehe fest und gab Adam eine Frau. Die Ehe ist dieengste und innigste Form der Gemeinschaft, die zwischen zweiMenschen möglich ist. Sie ist so innig, daß die beiden tatsächlicheins werden.

In Epheser 5 nennt Paulus die Ehe ein „Geheimnis“. Salomovergleicht sie im Hohelied mit einem „verschlossenen Garten“.Keine akademische Fachrichtung, wie die Psychologie oder dieTheologie, vermag das Geheimnis zu lüften oder den verschlos-senen Garten aufzusperren. Gott allein ist im Besitz des Schlüs-sels. Er legt ihn in die Hände derer, die ihm auf dem Weg desGlaubens und des Gehorsams folgen.

Eine unverheiratete Person kommt womöglich in den Genußausgezeichneter Seelsorge; vielleicht liest sie alle möglichenempfehlenswerten Bücher; vielleicht hat sie einen freien Um-gang mit Ehepaaren; womöglich gönnt sie sich außerehelichenSex. Und dennoch bleibt sie außenstehend und uneingeweiht. Esgibt einen Aspekt der Ehe, den man nicht erklären kann; mankann ihn nur selbst erleben.

Aus diesem Grund möchte ich Ihnen in sehr persönlichenWorten die Geschichte meiner Ehe mit Lydia erzählen. Gottführte mich souverän und auf übernatürliche Art und Weise zurPartnerin seiner Wahl; so gab er mir den Schlüssel zu demGeheimnis in die Hand. Jemand sagte einmal, die beste Schuleder Welt sei die Schule der Erfahrung ..., aber sie sei auch dieteuerste!

1940 hatte ich nach vielen Jahren des Studierens einen festenPlatz als Professor der Philosophie an der Universität von Cam-bridge. Doch dann wurde ich rücksichtslos aus meinem akade-

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mischen Hintergrund herausgerissen und in die Wirren desZweiten Weltkriegs geworfen. Ich wurde in die britische Armeeals Krankenpfleger in einem Lazarett eingezogen; ich nahm mireine Bibel mit, die ich als „philosophisches Werk“ studierenwollte. Ich verwarf jede Theorie einer göttlichen Inspiration.

Ungefähr neun Monate später erlebte ich eines Nachts in derStube einer Kaserne eine direkte und persönliche OffenbarungJesu Christi. Die Woche darauf hatte ich in derselben Stubeerneut ein besonderes Erlebnis und ich wußte, daß es sich dabeium eine übernatürliche Erfüllung mit dem Heiligen Geist han-deln mußte. Bevor ich mir Zeit nehmen konnte, das Geschehenezu analysieren, hörte ich, wie Silben einer seltsamen Spracheüber meine Lippen kamen. Sie hörten sich orientalisch an, soähnlich wie Chinesisch oder Japanisch.

Auch wenn ich keine Ahnung hatte, was ich da sagte, wußteich irgendwie, daß ich direkt mit Gott in Verbindung stand. Inmeinem Innersten spürte ich auf wunderbare Weise, wie ich vonÄngsten und Spannungen frei wurde, von deren Existenz ich bisdahin nichts gewußt hatte. Und mit einem Mal wußte ich, daßich die Schwelle zu einer völlig neuen Welt überschritten hatte.

Während ich in der darauffolgenden Nacht auf meiner Stroh-matte lag – der traurige militärische Ersatz für ein Bett –, fingich wieder an, die eigenartigen Laute einer unbekannten Spracheauszusprechen. Diesmal fiel mir ganz besonders ihre Rhythmikauf, die schon beinahe poetisch klang. Dann hörten sie auf; estrat eine kurze Pause ein, und danach sprach ich wieder aufEnglisch. Doch nicht ich war es, der die Worte wählte, die, wiemir auffiel, den Rhythmus der Worte in der unbekannten Spra-che wiederholten. Ich schien zu mir selbst in der zweiten Personzu sprechen, doch ich war nicht der Urheber dieser Worte. VollEhrfurcht erkannte ich, daß Gott meine eigenen Lippen benutzte,um zu mir zu sprechen.

In anmutiger, poetischer Sprache zeichnete der Herr ein Bilddessen, was im Rahmen seiner Ziele noch vor mir lag. Das Bildsetzte sich aus Szenen und Symbolen zusammen, die unmöglichmeiner eigenen Phantasie entsprungen sein konnten. Ich konntesie mir auch nicht alle merken. Doch folgende Worte haben sichunauslöschlich in meinen Sinn eingeprägt: „Es wird wie einkleiner Bach sein. Der kleine Bach wird zu einem Fluß werden;

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der Fluß wird ein großer Fluß werden; der große Fluß wird zueinem Meer werden; und das Meer wird ein mächtiger Ozeanwerden ...“ Irgendwie wußte ich, daß diese Worte den Schlüsselzum Willen Gottes für mein Leben beinhalteten.

Während ich in den darauffolgenden Tagen über diese Erfah-rungen nachdachte und mich fragte, was noch alles auf michzukommen würde, ging mir ein Name nicht mehr aus dem Sinn:Palästina – damals noch der Name des Gebiets im Nahen Osten,das heute zwischen Israel und Jordanien aufgeteilt ist. Ich begriffnicht alles, was Gott über seinen Plan für mein Leben sagte, aberich hatte den starken und immer wiederkehrenden Eindruck, daßes irgendwie mit dem Land und den Leuten in Palästina ver-knüpft sein würde.

Einige Wochen später wurde meine Einheit in den NahenOsten verlegt. Ich hatte darüber spekuliert, ob nicht vielleichtPalästina unser Ziel sein würde. Doch stattdessen verbrachte ichdie nächsten drei Jahre in den Wüstengegenden Ägyptens, Li-byens und des Sudan. Dürre, wohin man sah, sowohl natürlicherals auch geistlicher Art. Meine einzige unerschöpfliche Kraft-quelle war die Bibel, die ich mehrmals durchlas. Doch trotz derDürre um mich her hatte ich das Gefühl, daß Gott begann, seinenPlan für mein Leben in die Tat umzusetzen und daß er inirgendeiner Weise mit Palästina zu tun haben würde.

Im Sudan traf ich einen Soldaten, der auch Christ war undeinige Zeit in Palästina gelebt hatte. Als wir uns unterhielten,sagte er: „In Palästina, nördlich von Jerusalem, gibt es einKinderheim, und wenn du einen echten geistlichen Segen be-kommen willst, dann mußt du es besuchen. Es wird von einerDänin geleitet. Soldaten aus dem ganzen Nahen Osten gehendorthin, und Gott begegnet ihnen in wunderbarer Weise.“

Ich fand es ein wenig seltsam, daß Soldaten in ein Kinder-heim gehen sollten, um gesegnet zu werden, aber ich behieltdiese Information im Hinterkopf. Allein daß er von Palästinagesprochen hatte, hatte etwas in mir ins Rollen gebracht. Über-dies hatte ich das Leben in der Wüste satt und sehnte mich nacheinem „Tapetenwechsel“.

Eines Tages informierte man mich dann ziemlich unerwartetdarüber, daß ich nach Palästina versetzt werden würde. EinenMonat später war ich in einem kleinen medizinischen Nach-

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schublager in Kiriat Motzkin, nördlich von Haifa. Ich hatte dortsehr wenig zu tun, und mir blieb viel Zeit fürs Gebet.

Gleich bei der ersten Gelegenheit, die sich mir bot, besuchteich das Kinderheim, und ich begriff sehr schnell, warum Solda-ten oft von weit her dorthin kamen. Die Atmosphäre war durch-drungen von der Gegenwart einer unsichtbaren Macht, die sichwie Tau auf alle Männer legte, die von den Anstrengungen undder Monotonie des Wüstenkriegs ausgelaugt worden waren. Ichselbst spürte, wie mein Geist vom Staub der drei Jahre Dürreund Wüste reingewaschen wurde.

Die Leiterin des Kinderheims stellte sich mir als Lydia Chri-stensen vor und hieß mich herzlich willkommen. Sie war einetypische Skandinavierin – blond und blauäugig. Bei einer TasseKaffee erzählte sie mir kurz, wie sie vor sechzehn Jahren vonDänemark nach Jerusalem gekommen war und ihre Arbeit an-gefangen hatte, indem sie in einem Keller ein im Sterben liegen-des jüdisches Baby betreute*. Aus diesem bescheidenen Anfangwar eine große „Familie“ herangewachsen, die Kinder aus allerHerren Länder beherbergte.

„Ich habe nie nach den Kindern gesucht“, berichtete mirLydia. „Ich nahm lediglich die auf, von denen ich wußte, daßder Herr sie mir geschickt hat.“

Ich fing meinerseits an, ihr davon zu berichten, wie sich mirder Herr in einer Kaserne offenbart und mich mit dem HeiligenGeist erfüllt hatte. Dann beschrieb ich die drei Jahre in derWüste, in deren Verlauf die Bibel meine einzige Kraftquelle undWegweisung war.

„Ich bin mir nicht ganz klar darüber, was die Zukunft bringenwird“, schloß ich, „aber ich habe das Gefühl, daß Gott einen Planfür mein Leben hat und daß dieser Plan irgendetwas mit Palästi-na zu tun hat.“

Lydia schlug vor, wir sollten darüber beten; ich hatte michdanach gesehnt und stimmte augenblicklich zu. Ich war jedochsehr überrascht, als Lydia auch noch einige kleine Mädchenaufforderte, mit uns zu beten. Vier oder fünf von ihnen kamenflugs herbei und setzten sich. Lydia sagte etwas auf Arabisch

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* Lydia erzählt ihre Geschichte in „Vergäße ich dein Jerusalem“(Dynamis Verlag)