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du und das tier Tierschutz aus erster Hand Rinder als Klimasünder? Wie Tierschutz den Wandel stoppen kann DÜNGEMITTEL Klimawirksame Gase entweichen INTENSIVE TIERHALTUNG Steigender Wasserverbrauch FUTTERMITTEL Waldflächen werden vernichtet SONDERDRUCK

du und das tier - Tierschutzbund...FOTOS: , ISTOCKPHOTO, AGRARFOTO, PHOTOS.COM, F. SCHMUTZER land produzierte eine Milchkuh im Jahr 2002 durchschnittlich 102,7 kg …

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du und das tierTierschutz aus erster Hand

Rinder als Klimasünder? Wie Tierschutz den Wandel stoppen kann

DÜNGEMITTELKlimawirksame Gase

entweichen

INTENSIVE TIERHALTUNGSteigender

Wasserverbrauch

FUTTERMITTELWaldfl ächen werden

vernichtet

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Waldflächenrodung, Wasserverschwendung, Futterimporte

Klimasünder Land Die Gefahren und Folgen der globalen Erwärmung gehören zurzeit zu den dominier Temperaturwerte und eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Naturkatastrophen lenken wie aktuelle Berichte von Wissenschaftlern, welche die Datenlagen genauestens an Treibhauseffekt dokumentieren. Doch nicht nur die bekannten Übeltäter Transportwesen aus. Auch die Nutztierhaltung mit all den mit ihr zusammenhängenden Strukturen trägt

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ür viele klang die Meldung der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)

überraschend: In dem Bericht „Der lange Schatten der Viehwirtschaft“ wurde verkündet, dass die Nutztierhal-tung mit einem Anteil von 18% mehr klimawirksame Gase produziert als das gesamte Transportwesen zu Lan-de. Damit gehört der Nutztiersektor ne-ben Industrie und Transportwesen zu den drei bedeutendsten Verursachern der schwerwiegendsten Umweltprob-leme! Der Nachricht im November 2006 folgten Zeitungsüberschriften wie „Klimakiller Kuh“ oder „Abgasfilter für rülpsende Rinder“, wobei die Sachlich-keit und das Tier selbst zeitweise aus den Augen verloren wurden.

Was verbirgt sich hinter den von der FAO aufgeführten 18%? Natürlich nicht nur die „Rülpser der Rinder“, son-

dern noch ganz andere Faktoren der Landwirtschaft. Zum einen werden klimaschädliche Gase durch Gülle, Düngemittel und Verdauungsvor-gänge von Nutztieren ausgestoßen (siehe Kasten Seite 13), zum anderen tragen der hohe Wasser- und Ener-gieverbrauch, einseitige Bewirtschaf-tungsformen und Brandrodungen für Weide- und Futteranbauflächen zu ei-ner Veränderung des Klimas bei.

Wassernutzung und -verschmutzung

Eine einzelne Hochleistungsmilchkuh trinkt am Tag bis zu 170 Liter Wasser. Insgesamt verbrauchen Nutztiere der-zeit 8% des global verfügbaren Trink-wassers. Sie zählen weltweit zu den größten Wassernutzern. Neben dem Eigenverbrauch der Tiere werden

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enden Themen in den Medien. Abnorme unsere Aufmerksamkeit genauso auf das Weltklima alysieren und die Beteiligung des Menschen am und Industrie üben einen negativen Einfl uss auf das Klima nachweislich zum Klimawandel bei.

Beim Austragen von Gülle aus intensiver Viehwirtschaft und beim Ausbringen von Düngemitteln auf

intensiv genutzten Ackerflächen gelangen verschiedene klimawirksame Gase in die Atmosphäre.

Die „rülpsenden“ Kühe machten im letz-ten Jahr als Klimakiller Schlagzeilen.

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[ KLIMAWANDEL UND T IERSCHUTZ]

Bis zu 170 Liter Wasser pro Tag trinkt eine Hochleistungsmilchkuh; dazu kommt der

Wasserverbrauch für den Futteranbau.

auch bedeutende Wassermengen für die Produktion von Nutztierfutter verwendet. Um ein Kilogramm Rind-fleisch zu erhalten, benötigt man ca. 15.000, für ein Kilogramm Getreide nur 450 Liter Wasser.

In vielen Regionen der Welt herrscht bereits Wasserknappheit, und die zu erwartende Erderwärmung wird die-sen Prozess noch verstärken. Nicht nur Flüsse und Wasserreservoire werden austrocknen, sondern auch Gletscher verschwinden, die bisher kontinuierlich für Wassernachschub sorgen.

Zusätzlich zum hohen Verbrauch trägt die Nutztierhaltung durch tie-rische Abfälle, Antibiotika, Hormone, Chemikalien, Düngemittel und Pesti-zide zur Wasserverschmutzung und Korallenriffzerstörung bei.

Futtermittelimporte

Futter für Nutztiere wird kaum noch regi-onal angebaut. Der Hauptteil wird von weit her antransportiert. Nach Deutsch-land importierte Futtermittel kommen fast zur Hälfte aus dem nicht-europäi-schen Ausland. Brasilien z.B. produziert 26% der weltweit gehandelten Soja-bohnen und exportiert diese größten-teils nach Europa. Zum einen verursa-chen die Transporte klimaschädliche Emissionen. Ebenso problematisch ist aber, dass das Tierfutter oft aus Gebie-ten stammt, in denen vorher Wälder gerodet wurden, um Platz für Anbau-flächen zu schaffen.

Nicht nur Futtermittel, sondern auch lebende Tiere, Eier, Sperma und Fleisch werden durch die ganze Welt transportiert. So werden tierische Er-zeugnisse wie Fleisch oder Milch als „Überschüsse“ der EU in andere Län-

der wie z.B. Brasilien exportiert. Das Futter, mit dem die in Europa gehal-tenen Tiere ernährt wurden, stammt jedoch zu einem großen Teil aus Brasilien. Die europäischen Landwir-te ernähren ihre Tiere also mit Futter aus anderen Kontinenten, um dann die überzähligen Tierprodukte in die gleichen Länder abzugeben.

Rückgang der Artenvielfalt

Nutztiere bilden ca. 20% der gesam-ten Biomasse der Erde. Die intensive Grünlandnutzung der industrialisierten Landwirtschaft und der Anbau von Fut-termitteln für Nutztiere in riesigen Mo-nokulturen führen zu einem Verlust der Artenvielfalt. So ist inzwischen in Stadt-gebieten ein höherer Tier- und Pflanzen-reichtum zu finden als auf dem Lande. In Deutschland sind 91 der amtlich festgehaltenen 198 Lebensraum-Ty-pen durch diese Art der Landwirtschaft bedroht. Zusätzlich führt die einseitige Hochleistungszucht dazu, dass nur noch wenige für die Intensivtierhaltung geeignete produktive Hybridlinien ge-züchtet werden und alte robuste Haus-tierrassen in Vergessenheit geraten. Nur noch vier Konzerne versorgen die Welt mit Zuchtmaterial für Legehennen, Masthühner und Puten. Die Zuchtlini-en von Schweinen liegen in der Hand von drei Firmen. In Deutschland liefern nur noch vier Schweinerassen 99% aller Schweine. Ein Rückgang der Artenviel-falt im Nutztierbereich ist dabei unum-gänglich.

Bedarf an Weideflächen für Nutztiere

Ca. 30% der gesamten eisfreien Land-fläche der Erde wird als Weideland für die Nutztierhaltung, zusätzlich 33%

der weltweiten Anbauflächen zur Fut-tergewinnung verwendet. Dafür wer-den großflächig Wälder abgeholzt. Nach einem von der Weltbank 2003 veröffentlichten Bericht wurden bis zu 88% der abgeholzten Flächen am Amazonas zu Weideland für Rinder umgewandelt, der Rest dient dem Futtermittelanbau. Schätzungen zufol-ge werden in 20 Jahren ca. 40% der tropischen Regenwälder zerstört sein. Doch diese „grünen Lungen“ werden benötigt, um den hohen Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre zu binden.

Die beschriebenen Szenarien wer-den noch zunehmen, da die Weltbe-völkerung stetig anwächst.

Die Zunahme des weltweiten Fleisch- und Milchkonsums wird zwar zum größten Teil in den Entwicklungs-ländern stattfinden, der Pro-Kopf-Ver-brauch von Fleisch wird aber weiter-hin in den Industrieländern um ein Vielfaches höher sein.

Sind Rinder die Hauptklimasünder?

Beim Verdauungsvorgang von Wie-derkäuern wird durch im Pansen le-bende Bakterien Methan freigesetzt. Die Mengen an pro Tier abgegebe-nem Methan variieren. In Deutsch-

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99% aller Schweine in Deutschland entstammen vier Zuchtrassen, deren

„Erbmaterial“ drei Firmen gehört.

Prognosen

Weltweite Fleischproduktion2001229 Millionen Tonnen

2050 (Schätzungen)465 Millionen Tonnen

Weltweite Milchproduktion2001580 Millionen Tonnen

2050 (Schätzungen)1.043 Millionen Tonnen

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land produzierte eine Milchkuh im Jahr 2002 durchschnittlich 102,7 kg Methan. Global fallen jährlich etwa 260 Millionen Tonnen Methan an, wobei 86 Millionen der Verdauung von Wiederkäuern entstammen. In Deutschland tragen Wiederkäuer im Gegensatz zu Ländern mit großen Rinderbeständen, wie Argentinien oder Brasilien, nur mit etwa 2% zum Treibhausgasaufkommen bei.

Doch nicht nur der Methanausstoß der Rinder ist problematisch, sondern auch der Energieaufwand für die Er-zeugung von Milch und Rindfleisch. Der größte Teil der Energie, der von Rindern über die pflanzliche Nahrung aufgenommen wird, geht wieder ver-loren. Um ein Kilo Gewicht zuzulegen, muss ein Rind bis zu 6 kg Futter verzeh-ren. Davon könnten mehr Menschen ernährt werden als von dem 1 kg Fleisch, das so erwirtschaftet wird.

Zudem werden bei der Rinderhal-tung in der konventionellen Landwirt-schaft beim Futtermittelanbau hohe Mengen an Düngemitteln verwendet, bei deren Herstellung viel CO2 freige-setzt und Energie verbraucht wird. Des Weiteren werden aus Gülle und Mist Ammoniak und Methan in die Luft ab-gegeben. Nach Ausbringung auf die Felder gelangen Stickstoff-, Nitrat- und Phosphorverbindungen in den Unter-grund, tragen zur Versauerung des Bodens und der Gewässer bei und fördern das Absterben von Wäldern.

Abgasfilter für rülpsende Rinder?

Um die Methanemissionen von Wie-derkäuern zu verringern, verfolgen Wissenschaftler unterschiedliche

Rund 102 kg Methan setzt eine Hochleistungskuh pro Jahr frei.

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Die Landwirtschaft ist maßgeblich am Ausstoß der klimawirksamen Gase Methan, Distickstoffmonoxid, Kohlen-stoffdioxid und Ammoniak beteiligt.

■ Methan (CH4) ist ein farb- und ge-ruchloses Gas, das unter anderem Hauptbestandteil von Erdgas ist, aber auch beim Verdauungsvorgang von Wiederkäuern freigesetzt wird. Nach Kohlenstoffdioxid ist es das bedeu-tendste von Menschen freigesetzte Treibhausgas, wobei es ein 20- bis 30-mal stärkeres Klimagas als Kohlen-dioxid ist. Weltweit werden schätzungs-weise 500 Millionen Tonnen Methan emittiert, etwa 70% davon sind auf den Menschen zurückzuführen. 37% dieser durch den Menschen induzierten Me-than-Produktion entstammt hauptsäch-lich der Wiederkäuerverdauung, aber auch Ausdünstungen aus der Gülle.■ Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) wird in der Medizin zu Narkosezwecken genutzt, findet aber auch beispielswei-se bei der Antriebstechnik von PKWs Verwendung. Freigesetzt in die Atmos-phäre wird N2O unter anderem bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe und beim Einsatz von künstlichem Dünger. Es trägt in der Atmosphäre zum Abbau von Ozon bei und ist deswegen mit ei-ner mittleren atmosphärischen Verweil-zeit von 100 Jahren und einem relativ hohen molekularen Treibhauspotenzial ein klimarelevantes Gas (N2O hat 296-mal so viel Erderwärmungspotenzial wie CO2). Sein Beitrag zum vom Men-schen verursachten Treibhauseffekt beträgt etwa 5%. Die Landwirtschaft ist zu 65% an diesen Emissionen beteiligt.■ Kohlenstoffdioxid, Kohlendioxid (CO2) ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und entsteht bei Verbrennungsvor-gängen sowie beim Zersetzen organi-scher Substanzen. Durch den hohen CO2-Ausstoß in den letzten Jahrzehnten wurde das natürliche Kohlenstoff-gleichgewicht der Erde gestört. Kohlen-stoffdioxid wird durch seine speziellen Eigenschaften zum bedeutsamsten Treibhausgas und ist zu mehr als 50%

Übersicht:

Klimawirksame Gase

für den durch den Menschen verur-sachten Treibhauseffekt verantwortlich. 78% der CO2-Emissionen sind Folgen der Nutzung fossiler Brennstoffe, der Rest hingegen resultiert aus veränder-ter Landnutzung, wie z.B. Rodungen für Weideflächen. Die Landwirtschaft hat ohne Berücksichtigung der Atmung zu 9% Anteil am CO2-Ausstoß.■ Ammoniak (NH3) ist eine chemi-sche Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff. Es ist ein stark stechend riechendes, farbloses und giftiges Gas, das Böden versauert, mit Stickstoff be-lastet und zu direkten Schäden an der Vegetation führen kann. Als eines der wichtigsten und häufigsten Produkte der chemischen Industrie wird Ammo-niak unter anderem als Ausgangsstoff für die Herstellung von Stickstoffdünger verwendet, es entsteht aber auch, wenn Eiweiß oder Harnstoff in den Ex-krementen von Nutztieren zersetzt wird. 64% der durch den Menschen verur-sachten Ammoniak-Emissionen stam-men aus der Landwirtschaft und dabei vornehmlich aus der Nutztierhaltung. Die deutsche Landwirtschaft pro-duzierte im Jahr 2005 23 Millionen Tonnen Methan, 41 Millionen Tonnen Lachgas und 44 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Damit hatten Emissionen aus der Landwirtschaft einen Anteil von rund 11% (ausgedrückt in CO2-Äquivalenten) an den Gesamtemissio-nen Deutschlands.

Riesige Waldflächen werden gerodet, um Weide- und Anbauflächen

für die Rinderhaltung zu schaffen.

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Fleischproduktion

Anteile der Wieder-käuer am weltwei-ten Methanausstoß

Die meisten Fleischrinder werden in Südamerika gezüchtet.

[ KLIMAWANDEL UND T IERSCHUTZ]Ansätze und Ideen. Eine setzt bei der Futterzusammensetzung an. Methan wird v. a. beim Abbau rohfaserhaltiger Futtermittel wie Heu, Stroh und Silage gebildet. Aus dieser Erkenntnis bilde-te sich die Theorie, dass Wiederkäuer wie Nichtwiederkäuer ernährt werden sollten, um den Methanausstoß zu be-grenzen. Eine solche Ernährung steht aber völlig im Gegensatz zur anato-mischen und physiologischen Veran-lagung von Wiederkäuern und ist aus gesundheitlichen, aber auch aus Tier-schutzaspekten inakzeptabel.

In der Diskussion sind auch komplett geschlossene Ställe, in denen Nutztie-re völlig von der Umwelt abgeschirmt gehalten werden. Die entstehenden Ausdünstungen sollten durch beson-dere Filtersysteme aufgenommen werden, sodass keine Schadgase in die Umwelt gelangen. Eine solche Hal-tungsform ist keineswegs tiergerecht. Aus Tierschutzsicht gehören Tiere ins Freiland und nicht lebenslang in Ställe eingesperrt. Weitere Ansätze reichen von der Zugabe von Verdauungsen-zymen, Fettquellen, Futterzusatzstoffen oder Tabletten bis hin zur Suche nach genetischen Angriffspunkten im Ge-nom der Pansenmikroben. Auch eine Impfung gegen Methan bildende Ein-zeller und Bakterien wurde in Australi-en schon untersucht.

Tierschutz ist Klimaschutz!

Der ökologische Landbau leistet auf-grund geringeren Tierbesatzes, mode-rater Leistung der Tiere, dem Verzicht auf synthetische Dünge- und Pflan-zenschutzmittel sowie weitgehend geschlossener Betriebskreisläufe be-deutende Beiträge zum Klimaschutz.

Bei einer extensiven Tierhaltung gel-ten genaue Vorgaben an die Anzahl von Tieren, die auf einem Hektar Land gehalten werden dürfen (z.B. schreibt die EU-Ökoverordnung maximal 14 Mastschweine pro Hektar vor). Bei einer artgerechten Haltung werden Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine auf Ein-streu gehalten. Die Exkremente der Tiere werden von der Einstreu aufgefangen. Dieser Festmist verbreitet niedrigere Me-than- und Ammoniak-Emissionen als reine Gülle. Untersuchungen haben ergeben, dass ökologische Betriebe beim Pflanzenbau bis zur Hälfte weni-ger Energie pro Hektar benötigen als konventionelle. Also produzieren Öko-Betriebe pro Hektar auch nur halb so viel Treibhausgase. Zusätzlich bindet der Boden bei ökologischer Bewirt-schaftung als Folge schonender Bo-denbearbeitung, Stallmistdüngung und humusmehrender Fruchtfolgen 12–15% mehr Kohlenstoff – die Menge an CO2 in der Luft wird reduziert. Die Böden passen sich besser an Auswir-kungen des Klimawandels an und speichern mehr und länger Wasser. Weltweit fließen jährlich ca. 90 Milli-onen Tonnen Erdöl in die Dünger-herstellung für den konventionellen Landbau und setzen 250 Millionen Tonnen CO2 frei. Im ökologischen Landbau werden keine synthetischen Düngemittel verwendet.

Eine Umstellung der Landwirtschaft auf Ökolandbau könnte in Deutsch-land eine Reduzierung von 65% der von der Landwirtschaft produzierten klimawirksamen Gase bedeuten. Be-sonders vorteilhaft für den Erhalt einer Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten ist die Haltung robuster Nutztiere in ganz-jähriger Freilandhaltung auf Gelände, das sowohl von Wald als auch von of-fenen Weiden geprägt ist. Am 9. GEO-Tag der Artenvielfalt 2007 wurden auf einem solchen 2.500 ha großen Ge-

lände in Thüringen, auf dem 500 Pfer-de und 1.500 Rinder gehalten werden, mehr Arten als je bei einem GEO-Tag zuvor gefunden (2.475 Spezies).

Wichtig sind eine Tierbesatzdichte von maximal einer Großvieheinheit pro Hektar sowie die ganzjährige Freilandhaltung, damit die Tiere im Winter auch Eichen und Buchen-triebe abfressen sowie andere nicht so attraktive Pflanzen und damit Ver-buschung vorbeugen und anderen konkurrenzschwachen Pflanzen den Wuchs ermöglichen. Durch diese

Art Nutztierhaltung entstehen unter-schiedlichste Landschaftstypen. Sie bieten zahlreichen Spezies, die in Deutschland zunehmend verschwin-den, neuen Lebensraum.

Was tut die Politik?

Im Frühjahr 2007 haben die Staats- und Regierungschefs der EU einvernehmlich beschlossen, die Treibhausgasemissio-nen der EU bis 2020 um 20% zu senken. Laut Umweltminister Sigmar Gabriel sollen die durch die Landwirtschaft entstehenden Gase um insgesamt 40 Millionen Tonnen verringert werden. Um das zu erreichen, sollen Stickstoffeinträ-ge in Böden verringert sowie Methan-emissionen aus Wirtschaftsdünger und generell Energie einspart werden, z.B. durch nachwachsende Rohstoffe. Auch der Prozess hin zur Extensivierung der Landwirtschaft und zu geringeren Tierzahlen soll unterstützt werden. Lei-der ist von einer Extensivierung bislang nichts zu spüren. Propagiert wird die Steigerung der Produktivität und Wett-

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67 %Restliches Methan

33 %Wiederkäuer

„Nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so

steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.“

(Albert Einstein)

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■ Die Nutztierhaltung produziert mit einem Anteil von 18% mehr klimawirk-same Gase als das gesamte Trans-portwesen zu Lande.■ Eine Kuh setzt während des Verdau-ungsvorganges im Jahr 102 kg des klimawirksamen Gases Methan frei. ■ Um 1 kg Gewicht bei einem Mast-rind zu erhalten, müssen 5–6 kg Futter verfüttert werden. Bei der Schlachtung wird aber nur die Hälfte des Tieres für den Verzehr verwendet. Dabei geht viel aufgewendete Energie verloren.■ Nutztiere verbrauchen 8% des global verfügbaren Trinkwassers und zählen somit zu den größten Wasser-nutzern weltweit. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erhalten, benötigt man insgesamt ca. 15.000 Liter Wasser, wo-hingegen für ein Kilogramm Getreide schon 450 Liter Wasser genügen.

Konventionelle Landwirtschaft

Wie die Nutztierhaltung dem Klima schadet

■ Durch tierische Ausscheidungen, Antibiotika, Hormone, Düngemittel und Pestizide wird Wasser verschmutzt, und Korallenriffe werden zerstört. ■ Als Futter wird für Nutztiere häufig Soja aus dem Ausland importiert. Das bedeutet nicht nur lange Trans-portwege, sondern auch die Rodung von u.a. Regenwald, was wiederum Treibhausgase freisetzt.■ 88% der abgeholzten Flächen am Amazonas wurden zu Weideland für Rinder umgewandelt, und die restlichen Prozente dienen dem Futter-mittelanbau.■ In Deutschland sind 91 der amtlich festgehaltenen 198 Lebensraum-Typen durch die heute betriebene Landwirtschaft bedroht. Das führt zu einem Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten in Deutschland.

■ Extensive Haltungsformen (z.B. Rin-der in Weidehaltung, von denen keine Hochleistung erwartet wird) sind günstiger bezüglich der Treibhausgas-emissionen als intensive Systeme (hoher Tierbesatz auf geringer Fläche, auf Hochleistung getrimmt). ■ Die Futtermittel für ökologisch gehaltene Tiere werden weitgehend ohne synthetische Dünge- und Spritzmittel angebaut. Weltweit fließen jährlich etwa 90 Milli-onen Tonnen Erdöl in die Herstellung von Dünger für den konventionellen Landbau und setzen 250 Millionen Tonnen CO2 frei. ■ Artgerechte Tierhaltung beinhaltet keine Langzeittiertransporte. Bei 5 Millionen Schweinen können durch kürzere Transportwege 20.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Ökologische Landwirtschaft

Vorteile einer artgerechten Tierhaltung für das Klima

■ Ein konventionell erzeugtes Schnitzel verursacht mit 800 g CO2/kg viermal so viele Treibhausgase wie ein ökologi-sches (200 g CO2/kg).■ Eine gesamte Umstellung der deut-schen Landwirtschaft auf Ökolandbau würde eine Reduzierung von 65% der von der Landwirtschaft produzierten klimawirksamen Gase bedeuten, ein Einsparpotenzial von 50 Millionen Tonnen. ■ Durch vollständigen oder teilweisen Verzicht auf Fleisch und/oder die Ver-wendung ökologischer Lebensmittel können klimaschädliche Treibhausga-se um 64% gegenüber einer fleischrei-chen konventionellen Kost eingespart werden (bei der Produktion von 1 kg Rindfleisch werden 6,5 kg CO2 frei-gesetzt, bei Obst nur 0,5 kg und bei Gemüse nur 150 g).

Der Deutsche Tierschutzbund ist der Klima-Allianz beigetreten, um gemein-

sam mit diesem Verbund aus Vertretern der Kirche und der Entwicklungs- und

Umweltorganisationen den Forderungen zu einem wirksamen Klimaschutz

Nachdruck zu verleihen. Weitere Informationen zur Klima-Allianz

finden Sie unter www.die-klima-allianz.de

Die Klima-All ianz

bewerbsfähigkeit von landwirtschaft-lichen Betrieben durch Vergrößerung der Bestandszahlen und Intensivierung der Bewirtschaftung. Das Sterben klei-nerer Höfe setzt sich fort.

Was können Tierfreunde zum Klimaschutz beitragen?

Wie Albert Einstein schon vor Jahr-zehnten richtig festgestellt hat, ist die konsequenteste Maßnahme für den Klimaschutz auch heute der Verzicht auf Fleisch und andere tierische Er-zeugnisse, also die vegane bzw. zu-mindest vegetarische Lebensweise.

Auch wenn nicht jeder diese Kon-sequenz aufbringt, gibt es dennoch für jeden Einzelnen Möglichkeiten, bei der Ernährung einen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten:■ Verzichten Sie häufiger auf Fleisch und andere tierische Erzeugnisse (Jo-ghurt, Käse, Eier). ■ Seien Sie bereit, mehr für tierische Erzeugnisse zu zahlen. Damit ermög-lichen Sie eine klimafreundlichere extensive Landwirtschaft.■ Kaufen Sie Lebensmittel, die aus artgerechter und umweltschonen-der Nutztierhaltung stammen, wie z.B. Fleisch vom NEULAND-Verein für tierge-rechte und umweltschonende Nutztier-haltung (www.neuland-fleisch.de).■ Achten Sie auf Regionalität! Regi-onale Erzeugnisse vermeiden lange Transportwege.■ Achten Sie auf Saisonalität! Saiso-nal im Freiland gezogenes Obst und Gemüse ist weniger klimabelastend als in Treibhäusern erzeugtes.■ Meiden Sie Tiefkühlprodukte, denn diese benötigen bei der Verarbeitung, beim Transport, bei der Lagerung und Aufbereitung große Mengen an Ener-gie. HENRIETTE MACKENSEN

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Jedes Mitgeschöpf hat einen Anspruch auf Unversehrtheit und ein artgerechtes

Leben. Dies ist der Grundsatz, dem sich der Deutsche Tierschutzbund e.V. verschrieben hat. Der Deutsche Tierschutzbund wurde 1881 als Dach-

organisation der Tierschutzvereine in Deutschland gegründet, um dem Miss-

brauch von Tieren wirksamer entgegentreten zu können. Heu-te ist er Europas größte Tier- und Naturschutzdachorganisa-tion. Mit mehr als 700 angeschlossenen örtlichen Tierschutz-vereinen und über 500 vereinseigenen Tierheimen vertritt er mehr als 800.000 Tierschützer. Der praktische Einsatz zum Wohle der Tiere und die Stärkung des Tier- und Naturschutz-gedankens sind seine zentralen Aufgaben. du und das tier ist

die Zeitschrift des Deutschen Tierschutzbundes. Fördermitglieder erhalten die Zeitschrift kostenlos.

Weitere Informationen: Deutscher Tierschutzbund e.V., Baumschulallee 1553115 BonnTel.: 0228-60496-0Fax: 0228-6049640E-Mail: www.tierschutzbund.de/kontakt.html www.tierschutzbund.de

SpendenkontoKonto Nr. 40 444Sparkasse KölnBonnBLZ 370 501 98

NEULANDBesonders artgerechte

und umweltschonende Tierhaltungegionale Herkunft und tier-gerechte Haltung, Milch von glücklichen Kühen und Eier

von frei laufenden Hühnern statt Fleisch aus Massentierhaltung und qualvollen Tiertransporten – Tier-schutz beginnt beim Einkaufskorb.

Bereits 1988 haben der Deut-sche Tierschutzbund, der BUND, die AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuer-liche Landwirtschaft) und BUKO gemeinsam den NEULAND-Verein für tiergerechte und umweltscho-nende Nutztierhaltung gegründet. Spezielle Richtlinien wurden festge-legt, nach denen die Tiere auf NEU-LAND-Höfen gehalten werden. Die Tiere erhalten hier Auslauf, viel Platz im Stall und Stroh , Futter ohne Gen-technik und ohne Leistungsförderer. Mutterkuhhaltung ist vorgeschrie-ben, und zusätzlich zur besonders artgerechten Tierhaltung wird auch auf Regionalität Wert gelegt.

NEULAND-Tiere kennen keine Spaltenböden und Güllegruben, keine Anbindung im Dunkelstall und kein Zähneabkneifen oder Schwanzkupieren, wie es ihre Art-genossen in der intensiven, agrar-

industriellen Haltung ertragen müs-sen. Auf NEULAND-Höfen haben alle Tiere einen natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus, ganzjährigen Auslauf, sie vertragen Wind und Wetter und sind deshalb besonders gesund.

Regelmäßige Kontrollen bei den Landwirten, Fleischern und Schlachtbetrieben durch unab-hängige Fachleute garantieren den Verbrauchern die Sicherung des hohen Qualitätsstandards.

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NEULAND-Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung e.V.

GeschäftsstelleBaumschulallee 15

53115 BonnTel.: 0228-604960

Fax: 0228-6049640E-Mail: [email protected]

www.NEULAND-fleisch.de

Weitere Informationen

Der Deutsche Tierschutzbund e.V.

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