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N°1 Lorem Itzum N° 1 | Dienstag, 15. Dezember 2015 E URE AVANTGARDISTISCHE S CHÜLERZEITUNG E inen Europäer erschlagen«, schrieb Jean Paul Sartre 1961 im Vorwort zu Frantz Fanons »Die Verdammten dieser Erde«, »heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzei- tig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen.« Dieses zeichentheoretische Bonmot ist Ausdruck ei- ner (auto-)aggressiven Hatz, die seitdem auf Flucht und Vertreibung aller »weißen Heten« (René Pollesch) aus Diskurs und Volkswirtschaft abzielt. Gierig stürzt sich die Genderisten-Maschinerie auf die has- tig verlassenen Posten und unsere FdGO ächzt fortan unter den früh- und hypersexualisierenden Feuerstößen des »kulturmar- xistischen Feminismus« (Anders Behring Breivik) auf unsere Kin- der. Mahnen sollte uns die Frage, wo wir wären, träte der weiße Mann nicht gewohnt stärkehaltig, vorwiegend festkochend und dabei vielseitig einsetzbar auf. Doch obwohl er dieser Tage aus- gebombt geglaubte SA-Erotik im wiedervereinigten Spaziergang erfährt, wird dieser Weg für ihn kein leichter sein. Denn der Ideo- logie des »Gender-Mainstreaming« ist nichts heilig, verweiblicht/ gleichgemacht wird einfach alles: Natur, Kultur, Deutschland. Besonders bunt treibt es das Literaturinstitut Hildesheim, das zum Wintersemester erneut eine Frau als wissenschaftliche Mit- arbeiterin anstellte. Damit sind dort erneut nur noch sechs von sieben Stellen in der Lehre mit Männern besetzt, eine Kampf- ansage an die natürliche Ordnung. Doch die Erlösung, ein Blick nach Thüringen genügt, ist nahe. Der dortige Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag, Björn Höcke, schwor bereits vor einem Jahr: »Wir wer- den diese Geisteskrankheit mit Namen Gender Mainstreaming aus unseren Schulen, unseren Universitäten vertreiben.« Und er hoffe, so der OStR für Sport und Geschichte weiter, »das auch in all den anderen Ländern praktizieren (zu) können.« 88. Wie er das so sagt, »in all den anderen Ländern...praktizieren«. Da bekommt man irgendwie Lust, sich anzufassen. Oder? Während er das so sagt… ein kleines Sommermärchen im Alltag, hmm? Auf der Institutstoilette dann die nächste Kastrationserfahrung. Wo ist das Pissbecken? Das hängen wir aber bis zum ersten Höcke- Besuch wieder hübsch auf, gell? Und lesen nochmal den Sartre. NOLO Schaler Rauch Lange Zeit galt Wayne McLarens Figur des Marlboro- Manns als Symbol für den »American Way Of Life«: ungebunden, einsam, frei. Zwei Jahre Chemotherapie, ein halber, funktionierender Lungenflügel und unzähli- ge Metastasen im Gehirn später, fällt der Groschen am Sterbebett. In diese Zeit des radikalen Umschwungs in der Tabakindustrie werden Kinder geboren, die, wiederum Jahre später, im Rahmen ihres Studiums eigene Figuren auf die Leinwand inszenieren dürfen. Und natürlich wird viel geraucht, wenn die Szenischen »Künstler« ihre Pärchen aufeinander loslassen. Ein bisschen Dietrich, ein bisschen Dean - für die Lässigkeit, für die Ruhemomente, die der zerstörerischen Kraſt der Formulierung »handlungsorientierter Kurzfilm« den Wind aus den Segeln nehmen. Während McLarens Antitabakkampagne längst vergessen ist, leben die Marlboro-Werte in uns weiter, als ikonographisches Bild für die Ewigkeit, als vorgefertigte Schablone für junge Filmschaffende. ll +++ Exklusiv-Interview mit M. von U. +++ no STATE, still great +++ Wolfgang S.: spielt auf Zeit +++ Droht die Verweiblichung des Literaturinstituts? +++ Schühwein für alle +++ Die Schleifspur Erektion Pächterhaus WARTEN A U F TOGO NEWSTICKER: It’s just a cigarette & it cannot be that bad KURSKRITIK »Authentizität ist nichts anderes als ein rhetori- scher Effekt, alles andere ist Utopie. Mehr kann es nicht sein.«, so erschallt es am Anfang der Auffüh- rung, die Prämisse ist gesetzt, die Spielwiese eröff- net. Der Limes zwischen Publikum und Performer flimmert früh, bald ist die Dichotomie verebbt, Parteien formen und verschieben sich, Meinungs- bilder werden neu koloriert. Im Spannungsfeld zwischen Henri Nannen und Marina Abramović beginnt der Diskurs. Was nach Chaos klingt, ist kreatives Kalkül. Zu jeder Zeit bestimmt Graf die Gangart. Mit dem taktilen Duktus eines Harald Schmidt stellt er die wichtigen Fragen an den Mikrokosmos Interview; jede schelmische Kritik ist inhaltlich abgesichert. Wo liegen die ontologi- schen Grenzen des Gesprächs, wo ist Performanz Fälschung und war André Müller ein verhinderter Psychoanalytiker? MIR Ich bin kein Unimann, entschuldigt er sich. Nein, Urs Allemann ist kein Dozent, kein Lehrender, kein Vermittler. Eigentlich redet er auch gar nicht gern über Gedichte, über das, was er da macht. Eigent- lich macht er lieber einfach: Liest - nein, singt, flüs- tert, jammert, bellt, brummt, jault, piept, summt. Schnell wird klar: Seine Welt ist die Bühne. Das Spiel mit der Stimme. Urs Allemann ist Dichter, ein Sprach- und Sprechkünstler. So werden wir zu Teilnehmern eines Experiments. Unterschiedliche Erwartungshaltungen, Arbeitsweisen kollidieren. Immer wieder werden die Stunden zu Geduldspro- ben für beide Seiten. Am Ende steht die gemeinsa- me Lesung im Literaturhaus. Allemann hat seinen Platz – auf der Bühne am Tisch sitzend verfolgt er das Treiben. Nun liegt es an uns, eine eigene Po- sition zu finden. Zum Glück traut manch eine/r sich, die Führung zu übernehmen und damit den Künstler von dieser unangenehmen Aufgabe zu befreien. Mehr davon!, hören wir. Gern, aber dann lieber ohne den Umweg über die Uni. MK Die Nachfrage nach weiblichem Lehrpersonal am Literaturinstitut: Sie ist groß. Ein überfüllter Blau- er Salon erwartet Jenifer Becker bei ihrem Debüt zu Beginn des Semesters. Oder ist es vielmehr die »Frage nach einem weiblichen Schreiben«, die ge- lockt hat? Dass diese Frage erst einmal hinterfragt werden muss, überrascht nicht und sorgt schnell für klare Fronten: Manch eine/r will anhand von Sitcom-Sexszenen weibliche Autorschaft erken- nen, manch eine/r hält die Intention der Frage schon für konstruiert. Also: back to the basics, Grundkurs Gender Studies. Bachmann wird durch Butler, Praxis durch Theorie ersetzt, Freud eifrig verteufelt, der Begriff Weiblichkeit definiert oder vielmehr – nicht definiert. Jenifer Becker – immer etwas zu spät, immer etwas erkältet und stets mit Hustenbonbon im Mund – hat die Diskussion un- ter Kontrolle. »Es ist ja auch schwer, über all das zu sprechen, ohne gleich als Powerfeministin da- zustehen.« Hm. Naja. Ja. Und? AKT Interviews führen. Eine Werkstatt Guido Graf die zeile will die zeile sein – Lyrik und Performance Urs Allemann Écriture féminine Jenifer Becker Post-Pestalozzi Struktur Butler Abduktion Genius Sorbonne ‘68 Wahnsinn Bonbon Eigentlich wollten wir Moritz von Uslar mit eigenen Mitteln schlagen. Am Ende kam der schnittige Interviewer nicht – und uns à la Castorf zuvor: Einmal nach den Sternen gegriffen und dann zurück ins Kinderzimmer. Aufwärmrunde. 1. Jean-Paul Belmondo oder Jean-Paul Sartre? 2. Judith Butler oder ein Humpen Bier? 3. Burschi oder Bubi? ... Weiter geht’s. 4. Wo blüht‘s besonders schön in der Uckermarck? 5. Stichwort Heimat: Was haben Sie vor Augen? 6. Welchen Bomberjackenspruch wird man demnächst aus Ihrem Mund hören? 7. Können Sie gleichzeitig singen und an Tuberkulose sterben? Kurz und schmerzlos, bevor die wirklich wichtigen Fragen kommen. Der Self-Ratingtest: Schätzen Sie Ihr Talent ein: null Punkte – kein Talent und zehn Punkte – maximales Talent. 8. Sadist. 9. Psychoanalytiker. 10. Benjamin von Stuckrad-Barre. Und jetzt holla die Waldfee. Endspurt mit Schmackes. 11. Wie viele Nazis im Stammbaum? 12. Sind Sie gerade verliebt? 13. Was macht ihr Vaterkomplex? Jeder hat eine zweite Chance verdient. Wir warten auf Ihre Antwort, Herr von Uslar. MIR & AKT 13 Fragen an M. von U. LITERATUR-EDITION Der Ideologie des »Gender-Mainstre- aming« ist nichts heilig, verweiblicht/ gleichgemacht wird einfach alles. Beauvoir

FaltBlatt Nr 1 15 12 15 - WordPress.comDezember 2015 D u bist das Prekariat – du hast nicht bloß einen popeligen Bachelor in Cultural Studies, mit Schlüsselqua-lifi kation in Gendersensibilität,

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N°1

Lorem Itzum

N° 1 | Dienstag, 15. Dezember 2015Eu r E ava n tg a r d i s t i s c h E sc h ü l E r z E i t u n g

Einen Europäer erschlagen«, schrieb Jean Paul Sartre 1961 im Vorwort zu Frantz Fanons »Die Verdammten dieser Erde«, »heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzei-

tig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen.« Dieses zeichentheoretische Bonmot ist Ausdruck ei-ner (auto-)aggressiven Hatz, die seitdem auf Flucht und Vertreibung aller »weißen Heten« (René Pollesch) aus Diskurs und Volkswirtschaft abzielt. Gierig stürzt sich die Genderisten-Maschinerie auf die has-tig verlassenen Posten und unsere FdGO ächzt fortan unter den früh- und hypersexualisierenden Feuerstößen des »kulturmar-xistischen Feminismus« (Anders Behring Breivik) auf unsere Kin-der. Mahnen sollte uns die Frage, wo wir wären, träte der weiße Mann nicht gewohnt stärkehaltig, vorwiegend festkochend und dabei vielseitig einsetzbar auf. Doch obwohl er dieser Tage aus-gebombt geglaubte SA-Erotik im wiedervereinigten Spaziergang erfährt, wird dieser Weg für ihn kein leichter sein. Denn der Ideo-logie des »Gender-Mainstreaming« ist nichts heilig, verweiblicht/gleichgemacht wird einfach alles: Natur, Kultur, Deutschland.

Besonders bunt treibt es das Literaturinstitut Hildesheim, das zum Wintersemester erneut eine Frau als wissenschaftliche Mit-arbeiterin anstellte. Damit sind dort erneut nur noch sechs von sieben Stellen in der Lehre mit Männern besetzt, eine Kampf-ansage an die natürliche Ordnung. Doch die Erlösung, ein Blick

nach Thüringen genügt, ist nahe. Der dortige Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag, Björn Höcke, schwor bereits vor einem Jahr: »Wir wer-den diese Geisteskrankheit mit Namen Gender Mainstreaming aus unseren Schulen, unseren

Universitäten vertreiben.« Und er hoffe, so der OStR für Sport und Geschichte weiter, »das auch in all den anderen Ländern praktizieren (zu) können.« 88.Wie er das so sagt, »in all den anderen Ländern...praktizieren«. Da bekommt man irgendwie Lust, sich anzufassen. Oder? Während er das so sagt… ein kleines Sommermärchen im Alltag, hmm? Auf der Institutstoilette dann die nächste Kastrationserfahrung. Wo ist das Pissbecken? Das hängen wir aber bis zum ersten Höcke-Besuch wieder hübsch auf, gell? Und lesen nochmal den Sartre. nolo

Schaler Rauch

Lange Zeit galt Wayne McLarens Figur des Marlboro-Manns als Symbol für den »American Way Of Life«: ungebunden, einsam, frei. Zwei Jahre Chemotherapie, ein halber, funktionierender Lungenflügel und unzähli-ge Metastasen im Gehirn später, fällt der Groschen am Sterbebett. In diese Zeit des radikalen Umschwungs in der Tabakindustrie werden Kinder geboren, die, wiederum Jahre später, im Rahmen ihres Studiums eigene Figuren auf die Leinwand inszenieren dürfen. Und natürlich wird viel geraucht, wenn die Szenischen »Künstler« ihre Pärchen aufeinander loslassen. Ein bisschen Dietrich, ein bisschen Dean - für die Lässigkeit, für die Ruhemomente, die der zerstörerischen Kraft der Formulierung »handlungsorientierter Kurzfilm« den Wind aus den Segeln nehmen. Während McLarens Antitabakkampagne längst vergessen ist, leben die Marlboro-Werte in uns weiter, als ikonographisches Bild für die Ewigkeit, als vorgefertigte Schablone für junge Filmschaffende. ll

+++ Exklusiv-Interview mit M. von U. +++ no STATE, still great +++ Wolfgang S.: spielt auf Zeit +++ Droht die Verweiblichung des Literaturinstituts? +++ Schühwein für alle +++

Die SchleifspurErektion Pächterhaus

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»Authentizität ist nichts anderes als ein rhetori-scher Effekt, alles andere ist Utopie. Mehr kann es nicht sein.«, so erschallt es am Anfang der Auffüh-rung, die Prämisse ist gesetzt, die Spielwiese eröff-net. Der Limes zwischen Publikum und Performer flimmert früh, bald ist die Dichotomie verebbt, Parteien formen und verschieben sich, Meinungs-bilder werden neu koloriert. Im Spannungsfeld zwischen Henri Nannen und Marina Abramović beginnt der Diskurs. Was nach Chaos klingt, ist kreatives Kalkül. Zu jeder Zeit bestimmt Graf die Gangart. Mit dem taktilen Duktus eines Harald Schmidt stellt er die wichtigen Fragen an den Mikrokosmos Interview; jede schelmische Kritik ist inhaltlich abgesichert. Wo liegen die ontologi-schen Grenzen des Gesprächs, wo ist Performanz Fälschung und war André Müller ein verhinderter Psychoanalytiker? mir

Ich bin kein Unimann, entschuldigt er sich. Nein, Urs Allemann ist kein Dozent, kein Lehrender, kein Vermittler. Eigentlich redet er auch gar nicht gern über Gedichte, über das, was er da macht. Eigent-lich macht er lieber einfach: Liest - nein, singt, flüs-tert, jammert, bellt, brummt, jault, piept, summt. Schnell wird klar: Seine Welt ist die Bühne. Das Spiel mit der Stimme. Urs Allemann ist Dichter, ein Sprach- und Sprechkünstler. So werden wir zu Teilnehmern eines Experiments. Unterschiedliche Erwartungshaltungen, Arbeitsweisen kollidieren. Immer wieder werden die Stunden zu Geduldspro-ben für beide Seiten. Am Ende steht die gemeinsa-me Lesung im Literaturhaus. Allemann hat seinen Platz – auf der Bühne am Tisch sitzend verfolgt er das Treiben. Nun liegt es an uns, eine eigene Po-sition zu finden. Zum Glück traut manch eine/r sich, die Führung zu übernehmen und damit den Künstler von dieser unangenehmen Aufgabe zu befreien. Mehr davon!, hören wir. Gern, aber dann lieber ohne den Umweg über die Uni. mk

Die Nachfrage nach weiblichem Lehrpersonal am Literaturinstitut: Sie ist groß. Ein überfüllter Blau-er Salon erwartet Jenifer Becker bei ihrem Debüt zu Beginn des Semesters. Oder ist es vielmehr die »Frage nach einem weiblichen Schreiben«, die ge-lockt hat? Dass diese Frage erst einmal hinterfragt werden muss, überrascht nicht und sorgt schnell für klare Fronten: Manch eine/r will anhand von Sitcom-Sexszenen weibliche Autorschaft erken-nen, manch eine/r hält die Intention der Frage schon für konstruiert. Also: back to the basics, Grundkurs Gender Studies. Bachmann wird durch Butler, Praxis durch Theorie ersetzt, Freud eifrig verteufelt, der Begriff Weiblichkeit definiert oder vielmehr – nicht definiert. Jenifer Becker – immer etwas zu spät, immer etwas erkältet und stets mit Hustenbonbon im Mund – hat die Diskussion un-ter Kontrolle. »Es ist ja auch schwer, über all das zu sprechen, ohne gleich als Powerfeministin da-zustehen.« Hm. Naja. Ja. Und? akt

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die zeile will die zeile sein – Lyrik und PerformanceUrs Allemann

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Page 2: FaltBlatt Nr 1 15 12 15 - WordPress.comDezember 2015 D u bist das Prekariat – du hast nicht bloß einen popeligen Bachelor in Cultural Studies, mit Schlüsselqua-lifi kation in Gendersensibilität,

EU r E aVa n tG a r D i S t i S C H E SC H Ü l E r Z E i t U n G N° 1 | Dienstag, 15. Dezember 2015

Du bist das Prekariat – du hast nicht bloß einen popeligen Bachelor in Cultural Studies, mit Schlüsselqua-

lifi kation in Gendersensibilität, soft skills und drei Auslandsaufenthalte sowie eine Ab-schlussperformance über das Verhältnis von Bauer sucht Frau zu Foucaults Machtbegriff. Nein, mittlerweile hängen dir genau solche Studierende in deinen Seminaren an den Lippen. Nur hattest du dir das irgendwie an-ders vorgestellt. Seit der Anmeldung deiner Promotion vor drei Jahren bist du viermal umgezogen, arbeitest eine volle Stelle, aber wirst nur für eine halbe bezahlt. Zum For-schen kommst du nicht mehr, da du mehr Zeit damit verbringst, Drittmittel an Land zu bringen, Anträge für potentielle Stellen zu schreiben oder Evaluationsbögen und Stundenzettel auszufüllen. Auch die erfolg-reiche Promotion ändert an der ganzen Sa-che nichts, nur dass der Welpenschutz auf der akademischen Hundepiste endgültig wegfällt. Die nächsten sechs Jahre wirst du durchschnittlich im Zwei-Jahres-Takt hoffen dürfen, dass deine Stelle verlängert wird. Nach all diesen Strapazen und einer besten-falls abgeschlossenen Habilitation wartet auf dich keine Festanstellung, geschweige

denn der Lehrstuhl: Auf etwa 40 Dokto-ranten/innen kommt eine Professur. Im schlimmsten Fall kannst du zunächst Hartz IV beantragen, da dich keine Universität in Deutschland ohne Weiteres mehr einstellen kann: »Liebe Frau Dr. Medwig-Kleie, tolle Vita, leider völlig überqualifi ziert, wir hätten eine schicke Maßnahme für Sie, dort lernen Sie, wie man für die hiesige Zeitung Artikel schreibt.«Doch ein paar Anmerkungen, warum in der akademischen Berufswelt so manches rich-tig schief läuft: Sorgenkind ist der akademi-sche Mittelbau, jene wissenschaftlichen Mit-arbeiter/innen, die einen Großteil der Arbeit an Universitäten schultern und irgendwo vor Promotion und Habilitation hängen. 90 Prozent dieser Gruppe steckt in befristeten Verträgen. Schuld an dieser Lage ist unter anderem das Gesetz über befristete Arbeits-verträge in der Wissenschaft (WissZeitVG). Nach diesem darf wissenschaftliches Perso-nal vor und nach der Promotion maximal jeweils sechs Jahre befristet angestellt wer-den. Damit sollte eigentlich ein Zuwachs an Feststellen bezweckt werden; de facto wer-den einfach nur noch befristete Stellen aus-geschrieben. Da es Betroffenen nach Ablauf

dieser Frist möglich wäre, sich auf eine feste Stelle einzuklagen, scheuen sich Universitä-ten vor einer erneuten Anstellung. Das heißt: Entweder gesetzlich aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden oder um eine der wenigen Professuren buhlen. Bei der Dichte an Be-werbern kommt es letzen Endes nur auf Be-ziehungen statt auf Qualifi kation an.Parteiübergreifend kam mittlerweile die Einsicht, dass solche Umstände nicht ganz wünschenswert sind. Das erste Ergebnis der Gesetzsnovelle zum WissZeitVG jedoch bleibt ernüchternd: Von einer bundesweiten Protestaktion begleitet, wurde es den No-vember über im Bundestag heiß diskutiert: Insbesondere die Argumentation der Union, die sich gegen jede größere Veränderung zu Gunsten der wissenschaftlichen Mitarbeiter sperrt, präsentiert die konsequente Ökono-misierung aller Lebensbereiche. Nach des-sen Paradigma werden Befristungen damit begründet, dass Wissenschaft primär von Innovationen und neuen Ideen lebe. Es be-dürfe quasi eines permanenten Zustroms an frischem Geist, der wie automatisch von jungen Wissenschaftler/innen produziert wird. Wissen wird auf den Status Ware redu-ziert, die möglichst schnell zirkulieren soll.

Um diesen Strom nach Belieben regulieren zu können, ist die kurzfristige Beschäftigung der Garant der Warenkontrolle. Dabei wird systematisch jede soziale Dimension von Wissensprozessen ausgeblendet. Erkennt-nisse, die sich in Diskursen entfalten, erfor-dern, neben einer gewissen Zweckfreiheit, den Dialog. Gespräche werden nicht allein durch gemeine Interessen getragen oder von atomaren Individuen initiiert, sondern entstehen erst aus den Beziehungen, die zwi-schen Personen gewachsen sind. Doch all diese Dinge lassen sich weder quantifi zieren noch verrechnen. Was nicht messbar ist, gibt es nicht. Und selbst wenn dieses Argument etwas Gewicht hätte, so ist der Preis dafür ein Klima der Anpassung und Angst, die Zer-trümmerung jeder Perspektive einer ganzen Berufsgruppe. maD

Anmerkung d. R.: Am 13. Januar wird Dr. Gui-do Graf der Preis für hervorragende Lehre ver-liehen. Nach derzeitigem Stand muss der Do-zent des Literaturinstituts zum Wintersemester 16/17 die Universität verlassen. Momentan ist eine Petition ausgeschrieben, die für die Einrich-tung einer unbefristeten Stelle plädiert.

Diese Zwei-Komponenten-Geilheit setzt auf High-Fashion aus low budget. Sie erlegen ihre Schnapper in Kilo-Läden oder der Metro, um sich als Vintage-

zwiebeln mit obligatori-schem Frappuccino 2go als Understatement-Avantgarde präsentieren zu können. Die 8-Kilo-Laptoptasche lässt die Menpower erahnen, die von den frisurlosen Köpfen direkt in den nächsten großen Gesellschaft sroman fl ießt.

06:32. Zwei Minuten nach verabredeter Zeit tref-fen wir »ungewöhnlich pünktlich für Studenten« in Christian Kapkes Hausmeisterbüro ein. Der be-ru�liche Frühaufsteher ist nicht müde. Wir schon. Es ist sein letzter Tag auf der Domäne: ein letzter Rundgang.

06:34 Der Computer fährt hoch. Fehlermeldung vom Drucker in Haus 2. Kümmert er sich später drum.06:40 Kapke jetzt im Arbeitsdress: Latzhose, Hausmeister-Blau.06:41 Im Hohen Haus will er »nur mal schauen, ob der Aufzug läuft, heute hab ich‘s eilig«. Auf-zug läuft. Eilig weiter. 06:53 Heizungszentrale. Hier waren wir ja auch noch nie.06:59 Haus 1, Abstieg in den Keller. Den kennt man noch aus dem letzten Projektsemester. Sind Festivals Ausnahmezustand für ihn? Ja,

und »manchmal kommt‘s mir vor, als ob‘s n Wettbewerb gibt: Wer macht die schönste Ver-anstaltung«. Ein guter Beobachter ist er. 07:02 Der blaue Salon heißt übrigens so, weil da früher blauer Teppich drin war. 07:06 Die Lüftung in der Steinscheune ist ganz oben und auch recht laut. Auch hier ist alles in Ordnung, liest Kapke an der Anzeige ab. Wir schleppen noch ein paar Stellwände.07:11 Inzwischen war man in jedem Gebäude mal drin, einmal hoch, und wieder runter, das hält doch fi t? »Naja, ist ja nicht so, dass ich ren-ne«, lacht er. Nö. Ist aber trotzdem ‘ne Lauferei.07:12 Dann sind die Abfalleimer dran. Spätes-tens jetzt wissen wir: An wirklich jeder Ecke im Hof steht ein Eimer. Und alle sind voll.07:28 Die Kopierer brauchen Papier. Und da war ja auch noch ‘ne Fehlermeldung in Haus 2. Kap-ke drückt zielsicher Knöpfe: Fehler behoben. Zum dritten Mal geht’s über den ganzen Hof.

07:45 »Eigentlich wollten sie ja alle nochmal zu mir kommen.« Die Putzfrauen. Wir gehen mit ihm ins Hohe Haus, verabschieden von den Menschen, die mit ihm das Gebäude pflegen. Eine ist noch da, ein kurzes Gespräch. »Alles Gute Ihnen!« - und »Ihnen auch«. Das war es, keine Verabschiedung, keine Blumen vom Chef.07:55 Das letzte Mal mit dem Aufzug wieder runter. »Ja so ein bisschen sinniert man dann schon: Was wird‘n jetzt? Ein Schritt ist das schon. Ich hab immer gedacht, das ist doch pip-pi wenn du gehst, dann bist du froh, dass du aufhörst mit Arbeiten. Aber jetzt ist man so an das Arbeiten gewöhnt, dass man bisschen ins Grübeln … oh, äh, ja da hat einer die Strahler an-gelassen…« Und Kapke verschwindet im Atelier, die Strahler ausmachen. lmk & Fr

Die Dokumentation »Die Unsichtbaren« erscheint im Februar 2016.

DER ERNSTE ARTIKEL HERVORRAGEND AUSSORTIERTMarvin Dreiwes

Die Wissenschaft im Zeitalter ihrer rationalistischen Austauschbarkeit

Die Säulen der Universität: Kapke goes Rente Impressum

Redaktion und LektoratMarvin Dreiwes, Maximilian Gallo,

Mareike Köhler, Luca Lienemann, Magnus Rust, NoLo, Sonja von Sonne,

Ann-Kristin Tlusty

LayoutMarvin Dreiwes

V.i.S.d.P.Ann-Kristin Tlusty

Gastbeiträge Lisa-Marie Krauß & Fabian Riemen

Aufl agepro Ausgabe 500 Stück,

gesetzt in der Andada und der Enscode Sans

Gruß an Guido Graf. Dank an MG.

These: Dieser natural beauty steht alles. Beweis: Sogar ihr Multifu-Rucksack »Snuggle Up!« bekommt It-Glanz. Das Geheimnis: Nur noch die Knusperhäute vom Brathähn-chen essen.

Guess what! Das Stirni ist das winter-liche Bandana der utra-coolen Mo-therfucker! Milano-Snitch fordert mit Schneefl ockenmuster den BigBoss Väterchen Frost zum Battle heraus. Freie Bahn, Marzipan!

ITZUMSTREET/STYLERocking, rolling, swag-

ging to the max.

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GENIE

SIAMESISCH SWEETNESS

JESUS

VEGANSON OF A GUN

SUBVERSIV

AMBITION

Wir haben ernste Informationen. Ein Teil die-ser Informationen könnte euch verunsichern.

Martin Jehle über Béla Balász: »Er geht weg von der Wissenschaft, weil er einen Feuilleton-Ton anschlägt.«

Rolf Elberfeld über Wim Wenders: »Der hat sich mittelalterliche Ontologie von [Thomas von] Aquin klar gemacht.«

QUID PRO

QUOTA

Guido Graf: »Autorenschaft entsteht viel-leicht erst im Gespräch.«

Alexander Kluge: »Kunst und Wissenschaft zusammen. Warum nicht? Das haben wir schließlich noch nicht ausprobiert.«

Mathias Mertens: »Die Bohlenfaust ist nicht die Beckerfaust, das habe ich auf facebook diskutiert.«

Barbara Hornberger: »Metakataloge sind Freunde.«

Guido Graf: »Die beste Idee kommt immer von den Anderen. Nie von dir selbst.«

Rolf Elberfeld: »Die Philosophen reden immer weiter; das ist ein affi rmatives Pro-blem.«