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Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse auf dem Weg durch die gläserne Decke GesellschaftsReport BW Ausgabe 3 – 2020 © Scusi | Fotolia

Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

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Page 1: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Frauen in Fuumlhrungspositionen ndash Chancen und Hemmnisse auf dem

Weg durch die glaumlserne Decke

GesellschaftsReport BW Ausgabe 3 ndash 2020

copy Scusi | Fotolia

Nr 3 | 2020 Seite 2GesellschaftsReport BW

Frauen in Fuumlhrungspositionen ndash Chancen und Hemmnisse auf dem Weg durch die glaumlserne Decke

Das Wichtigste in Kuumlrze

Frauen sind in Fuumlhrungspositionen in Baden-Wuumlrttemberg nach wie vor deutlich unterreprauml-sentiert Dies gilt fuumlr die Privatwirtschaft den Oumlffentlichen Dienst und auch die Politik Dabei spielt es offenbar keine Rolle wie stark sie in der Belegschaft vertreten sind bzw welchen Anteil sie unter allen Mitbewerber_innen haben

Die Haumlufigkeit von Frauen in Fuumlhrungspositionen variiert zwischen den Bundeslaumlndern Dies wirft die Frage nach dem Einfluss laumlnderspezifischer Faktoren (Kinderbetreuung vorhandene Vorbilder gesellschaftliches Rollenbild von Frau und Familie) auf die Einnahme von Fuumlhrungs-positionen durch Frauen auf um gezieltere Maszlignahmen ergreifen zu koumlnnen

Der GesellschaftsReport BW beschaumlftigt sich mit den Ursachen der Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen und der Frage inwieweit individuelle und bundeslandspezifische Kontexte Frauen foumlrdern oder hemmen in Fuumlhrungspositionen zu gelangen

Es zeigt sich zunaumlchst dass Frauen vor allem dann Fuumlhrungsverantwortung tragen wenn sie auszligerhalb von Groszligbetrieben arbeiten und in Teilen des Dienstleistungsbereichs bzw im Han-del taumltig sind oder im Vergleich zu Maumlnnern moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben

Daruumlber hinaus zeigt sich dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie in einem Bundesland leben das hinsichtlich des Familien- und Frauenbildes weniger traditionell gepraumlgt ist und in dem eine bedarfsgerechte Betreuung von Kindern (in Kitas) vorhanden ist

Das Ergebnis verdeutlicht die Notwendigkeit das bisher bestehende maumlnnlich konnotierte Fuumlhrungsverstaumlndnis ebenso auf den Pruumlfstand zu stellen wie das Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorgearbeit Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft koumlnnen Frauen dabei unterstuumlt-zen ihre Karriereplaumlne zu verfolgen indem sie branchenuumlbergreifende Frauenquoten fordern und realisieren innovative Fuumlhrungsmodelle bieten sowie die Vernetzung von Frauen foumlrdern und (Rollen-) Vorbilder sichtbar machen

Nr 3 | 2020 Seite 3GesellschaftsReport BW

1 Einleitung

Die Repraumlsentanz von Frauen in Entscheidungspositionen ist ein Gradmesser fuumlr die Gleichstel-lung in einer Organisation in der Politik und damit in einem Land (BMFSFJ 2016) Gleichstellung ist dann erreicht wenn die Verwirklichung beruflicher Ziele keine Frage des Geschlechts sondern das Ergebnis individueller Leistung ist (BMFSFJ 2017) Einen Meilenstein auf dem Weg zur Gleich-stellung in Deutschland markierte die Einfuumlhrung der Quote fuumlr mehr Frauen in Fuumlhrungspositio-nen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG) 2015 (siehe i-Box)

In Baden-Wuumlrttemberg hat sich der Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf der zweiten Fuumlh-rungsebene1 das heiszligt der Fuumlhrungsebene unterhalb des Vorstandes der Geschaumlftsfuumlhrung

1 Definition der Fuumlhrungsebene in den hier zitierten Daten des IAW Erste Fuumlhrungsebene = Geschaumlftsfuumlhrung Eigentuumlmer_innen Vorstand Filialleitung Betriebsleitung Im Oumlffentlichen Dienst Leitung der Einrichtung Zweite Fuumlhrungsebene = unspezifisch erfasst uumlber die Frage bdquoGibt es in Ihrem BetriebDienststelle unterhalb der obers-ten Fuumlhrungsebene noch eine zweite Fuumlhrungsebeneldquo

Das Gesetz fuumlr die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern an Fuumlhrungspositionen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG)

Seit 2015 schafft das FuumlPoG verbindliche Vorgaben zur Erhoumlhung des Frauenanteils in Fuumlh-rungspositionen Boumlrsennotierte Unternehmen mit einem paritaumltisch besetzten Aufsichtsrat sind dazu verpflichtet fuumlr das jeweils unterrepraumlsentierte Geschlecht einen festen Mindestan-teil von 30 zu erzielen Boumlrsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen sind verpflichtet selbst Zielgroumlszligen zu setzen

In Aufsichtsgremien des Bundes besteht eine feste Geschlechterquote von 30 (Bundesgre-mienbesetzungsgesetz) bei Neubesetzungen fuumlr Gremien in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen Die Bundesverwaltung ist durch das novellierte Bundesgleichstellungs-gesetz dazu verpflichtet im Gleichstellungsplan konkrete Zielvorgaben fuumlr den Frauen- und Maumlnneranteil auf jeder einzelnen Fuumlhrungsebene festzulegen Konkrete Maszlignahmen zur Ziel- erreichung muumlssen genannt werden

Die Wirksamkeit der bdquoQuoteldquo ist auf Ebene der Aufsichtsraumlte bestaumltigt waumlhrend sich der Wandel auf Vorstandsebene wo verbindliche Regelungen fehlen nur langsam vollzieht (Holst und Wrohlich 2019) Eine Strahlkraft der Quote auf die gesamte Privatwirtschaft (Spill-over-Effekt) ist aktuell kaum festzustellen (Kohaut und Moumlller 2019) Dort blieben die Frauenan-teile in den obersten Fuumlhrungspositionen im Zeitverlauf nahezu gleich Entsprechend wird kritisiert dass die Quote in Deutschland aktuell einen Symbolcharakter hat und auf weitere Teile der Privatwirtschaft ausgeweitet werden sollte (u a Karl et al 2020) International betrachtet ist Deutschland nach wie vor Schlusslicht bei der Besetzung von Fuumlhrungspositi-onen mit Frauen (ebd)

In den obersten Bundesbehoumlrden ist der Frauenanteil mit Vorgesetzten- und Leitungsauf- gaben von 2018 auf 2019 um 2 Prozentpunkte auf 36 angestiegen wobei starke Diffe- renzen zwischen den Behoumlrden zu beachten sind (Destatis 2020)

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bzw Betriebsleitung in Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst sukzessive erhoumlht (Abbildung 2 Seite 9 ) Im Vergleich zu 2012 sind Frauen 2018 sichtbar haumlufiger in leitenden Positionen zu fin-den (Anstieg von 330 auf 407 ) Doch die erste Fuumlhrungsebene erreichen unveraumlndert ins-gesamt nur 258 der Frauen Sie stoszligen beim Erklimmen der Karriereleiter an die bdquoglaumlserne Deckeldquo (Kapitel 2 ) Das gilt selbst in Branchen in denen Frauen in der Belegschaft stark vertre-ten sind wie dem Oumlffentlichen Dienst2 Obwohl dieser in Baden-Wuumlrttemberg weiblich dominiert ist (rund 70 der Bediensteten und Beschaumlftigten) erreicht nur ein gutes Drittel (342 ) der Frauen eine Fuumlhrungsposition auf der ersten Ebene3 Dabei gibt es auch auf kommunaler Ebene Unterschiede wie eine aktuelle Studie der Zeppelin Universitaumlt zeigt (Papenfuszlig und Schmidt 2020) In Freiburg im Breisgau sind 31 der Fuumlhrungspositionen kommunaler Unternehmen von Frauen besetzt in Stuttgart knapp 12 in Heidelberg gibt es keine Frauen im Top-Management

Auch in der Politik sind Frauen in entscheidenden und gestaltenden Positionen in Baden-Wuumlrttem-berg unterrepraumlsentiert Obwohl ihr Interesse politische Mandate und Aumlmter zu erlangen konti-nuierlich zugenommen hat wie der stetig ansteigende Anteil der Kandidatinnen fuumlr Kreistags- und Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1) erreichen nur wenige tatsaumlch-lich ein Mandat Positiv faumlllt auf dass im Laufe der vergangenen 20 Jahre die Luumlcke zwischen den Kandidatinnen und den gewaumlhlten Frauen etwas kleiner wurde4 Auf Kreis- und Gemeindeebene waren 2019 rund ein Viertel der Mandate von Frauen besetzt (1999 186 ) Im aktuellen Lan-desparlament wird ein Viertel der Mandate von Frauen bekleidet Im Vergleich mit den Parlamen-ten anderer Bundeslaumlnder zeigt sich jedoch dass Baden-Wuumlrttemberg derzeit den drittletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt belegt an das es die langjaumlhrige bdquorote Laterneldquo abgeben konnte (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2020) Die Rangliste wird von Hamburg (439 ) und Bremen (369 ) angefuumlhrt

Ein gleichberechtigter Zugang zu Mandaten ist aus zweierlei Gruumlnden bedeutend Erstens sind Mandatstraumlgerinnen in der Oumlffentlichkeit sichtbar und koumlnnen so fuumlr andere Frauen Vor-bild sein um selbst ein politisches Amt anzustreben und Tuumlroumlffner sein indem sie das eigene Amt nutzen um Frauen zum Zutritt zu verhelfen (Davidson-Schmich 2016) Zweitens koumlnnen mehr Mandatstraumlgerinnen eher die politische Agenda beeinflussen und so zum einen Themen denen Frauen mehr Bedeutung beimessen houmlheres Gewicht verleihen (Lloren 2014) und zum anderen auch frauenspezifische Perspektiven in parlamentarische Prozesse einbringen (Phillips 1995)

Die dokumentierten Befunde legen die Hypothese nahe dass die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen weniger auf ihr Koumlnnen und Wollen zuruumlckzufuumlhren ist als auf gesell-

2 Definiert als Organisationen ohne Erwerbscharakter das heiszligt Oumlffentliche Verwaltung und kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung

3 Die Personalstandstatistik verdeutlicht dass der Oumlffentliche Dienst Baden-Wuumlrttembergs sich bemuumlht den Frau-enanteil in Fuumlhrungspositionen zu erhoumlhen 2019 waren auf Ebene des Landes 377 der Beamt_innen bzw Ange-stellten mit einer potenziell bzw faktisch zur Fuumlhrung befaumlhigenden Besoldung (ab A14 bzw E 14 sowie folgende Besoldungsgruppen B R C W) weiblich was im Zehnjahresvergleich einem Anstieg von 102 Prozentpunkten entspricht Auf kommunaler Ebene lag der Frauenanteil in den entsprechenden Besoldungsgruppen bei 339 10 Jahre zuvor lag er hier sogar noch um 129 Prozentpunkte niedriger (209 )

4 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Kreistagswahlen 1999 133 2019 81 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Gemeinderatswahlen 1999 87 2019 51

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schaftliche und organisationsbezogene Strukturen bzw ndash im Politikbereich ndash auf Besonderhei-ten im Wahlrecht Der vorliegende GesellschaftsReport BW greift die Frage nach den Ursachen fuumlr die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf und setzt sich analytisch damit aus einander inwiefern bundeslandspezifische Kontexte Frauen darin foumlrdern oder hemmen die glaumlserne Decke zu durchbrechen

Dieser Analyseansatz wurde fuumlr Baden-Wuumlrttemberg bisher nicht verfolgt Die Umsetzung er- folgt in diesem Report durch beschreibende Analysen und Mehrebenenanalysen die es ermoumlg-lichen neben dem Einfluss individueller Merkmale von Frauen auf das Erlangen einer Fuumlhrungs-position auch bundeslandspezifische Kontextfaktoren miteinzubeziehen Die Datengrundlage zur Abbildung individueller Merkmale bildet der Mikrozensus 2018 Fuumlr die Analyse bundeslandspezi-fischer Kontexte werden die Betreuungsquote der unter 3-Jaumlhrigen und die Frauenerwerbsquote der Bundeslaumlnder sowie der jeweilige Frauenanteil im Landesparlament herangezogen Die Daten des International Social Survey Programmes (ISSP) 2018 werden verwendet um die Auspraumlgung eines traditionellen Rollenverstaumlndnisses in den Laumlndern abzubilden Neben den Analysen gibt der Report anhand von verschiedenen Praxisbeispielen Einblicke in Modellprojekte und zeigt Stell-schrauben zur Foumlrderung von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf

2 Die glaumlserne Decke oder Die Ursachen der Benachteiligung

Es gibt einige moumlgliche Erklaumlrungen dafuumlr dass Frauen in Baden-Wuumlrttemberg und Deutschland bei ihrem beruflichen Aufstieg trotz guter Ausbildung und Qualifikationen der Zutritt zu den obe-

Abbildung 1 Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturen fuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

368 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturenfuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen

in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

in

Datenquelle Wahlstatistik Baden-Wuumlrttemberg Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

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5

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25

30

35

20192016201420112009200620042001199919961994199219891988

Kreistagswahlen Kandidatinnen

Kreistagswahlen Gewaumlhlte

Gemeinderatswahlen Kandidatinnen

Gemeinderatswahlen Gewaumlhlte

Landtagswahlen Mandattraumlgerinnen

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ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

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3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

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Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

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erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

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Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 2: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 2GesellschaftsReport BW

Frauen in Fuumlhrungspositionen ndash Chancen und Hemmnisse auf dem Weg durch die glaumlserne Decke

Das Wichtigste in Kuumlrze

Frauen sind in Fuumlhrungspositionen in Baden-Wuumlrttemberg nach wie vor deutlich unterreprauml-sentiert Dies gilt fuumlr die Privatwirtschaft den Oumlffentlichen Dienst und auch die Politik Dabei spielt es offenbar keine Rolle wie stark sie in der Belegschaft vertreten sind bzw welchen Anteil sie unter allen Mitbewerber_innen haben

Die Haumlufigkeit von Frauen in Fuumlhrungspositionen variiert zwischen den Bundeslaumlndern Dies wirft die Frage nach dem Einfluss laumlnderspezifischer Faktoren (Kinderbetreuung vorhandene Vorbilder gesellschaftliches Rollenbild von Frau und Familie) auf die Einnahme von Fuumlhrungs-positionen durch Frauen auf um gezieltere Maszlignahmen ergreifen zu koumlnnen

Der GesellschaftsReport BW beschaumlftigt sich mit den Ursachen der Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen und der Frage inwieweit individuelle und bundeslandspezifische Kontexte Frauen foumlrdern oder hemmen in Fuumlhrungspositionen zu gelangen

Es zeigt sich zunaumlchst dass Frauen vor allem dann Fuumlhrungsverantwortung tragen wenn sie auszligerhalb von Groszligbetrieben arbeiten und in Teilen des Dienstleistungsbereichs bzw im Han-del taumltig sind oder im Vergleich zu Maumlnnern moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben

Daruumlber hinaus zeigt sich dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie in einem Bundesland leben das hinsichtlich des Familien- und Frauenbildes weniger traditionell gepraumlgt ist und in dem eine bedarfsgerechte Betreuung von Kindern (in Kitas) vorhanden ist

Das Ergebnis verdeutlicht die Notwendigkeit das bisher bestehende maumlnnlich konnotierte Fuumlhrungsverstaumlndnis ebenso auf den Pruumlfstand zu stellen wie das Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorgearbeit Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft koumlnnen Frauen dabei unterstuumlt-zen ihre Karriereplaumlne zu verfolgen indem sie branchenuumlbergreifende Frauenquoten fordern und realisieren innovative Fuumlhrungsmodelle bieten sowie die Vernetzung von Frauen foumlrdern und (Rollen-) Vorbilder sichtbar machen

Nr 3 | 2020 Seite 3GesellschaftsReport BW

1 Einleitung

Die Repraumlsentanz von Frauen in Entscheidungspositionen ist ein Gradmesser fuumlr die Gleichstel-lung in einer Organisation in der Politik und damit in einem Land (BMFSFJ 2016) Gleichstellung ist dann erreicht wenn die Verwirklichung beruflicher Ziele keine Frage des Geschlechts sondern das Ergebnis individueller Leistung ist (BMFSFJ 2017) Einen Meilenstein auf dem Weg zur Gleich-stellung in Deutschland markierte die Einfuumlhrung der Quote fuumlr mehr Frauen in Fuumlhrungspositio-nen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG) 2015 (siehe i-Box)

In Baden-Wuumlrttemberg hat sich der Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf der zweiten Fuumlh-rungsebene1 das heiszligt der Fuumlhrungsebene unterhalb des Vorstandes der Geschaumlftsfuumlhrung

1 Definition der Fuumlhrungsebene in den hier zitierten Daten des IAW Erste Fuumlhrungsebene = Geschaumlftsfuumlhrung Eigentuumlmer_innen Vorstand Filialleitung Betriebsleitung Im Oumlffentlichen Dienst Leitung der Einrichtung Zweite Fuumlhrungsebene = unspezifisch erfasst uumlber die Frage bdquoGibt es in Ihrem BetriebDienststelle unterhalb der obers-ten Fuumlhrungsebene noch eine zweite Fuumlhrungsebeneldquo

Das Gesetz fuumlr die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern an Fuumlhrungspositionen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG)

Seit 2015 schafft das FuumlPoG verbindliche Vorgaben zur Erhoumlhung des Frauenanteils in Fuumlh-rungspositionen Boumlrsennotierte Unternehmen mit einem paritaumltisch besetzten Aufsichtsrat sind dazu verpflichtet fuumlr das jeweils unterrepraumlsentierte Geschlecht einen festen Mindestan-teil von 30 zu erzielen Boumlrsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen sind verpflichtet selbst Zielgroumlszligen zu setzen

In Aufsichtsgremien des Bundes besteht eine feste Geschlechterquote von 30 (Bundesgre-mienbesetzungsgesetz) bei Neubesetzungen fuumlr Gremien in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen Die Bundesverwaltung ist durch das novellierte Bundesgleichstellungs-gesetz dazu verpflichtet im Gleichstellungsplan konkrete Zielvorgaben fuumlr den Frauen- und Maumlnneranteil auf jeder einzelnen Fuumlhrungsebene festzulegen Konkrete Maszlignahmen zur Ziel- erreichung muumlssen genannt werden

Die Wirksamkeit der bdquoQuoteldquo ist auf Ebene der Aufsichtsraumlte bestaumltigt waumlhrend sich der Wandel auf Vorstandsebene wo verbindliche Regelungen fehlen nur langsam vollzieht (Holst und Wrohlich 2019) Eine Strahlkraft der Quote auf die gesamte Privatwirtschaft (Spill-over-Effekt) ist aktuell kaum festzustellen (Kohaut und Moumlller 2019) Dort blieben die Frauenan-teile in den obersten Fuumlhrungspositionen im Zeitverlauf nahezu gleich Entsprechend wird kritisiert dass die Quote in Deutschland aktuell einen Symbolcharakter hat und auf weitere Teile der Privatwirtschaft ausgeweitet werden sollte (u a Karl et al 2020) International betrachtet ist Deutschland nach wie vor Schlusslicht bei der Besetzung von Fuumlhrungspositi-onen mit Frauen (ebd)

In den obersten Bundesbehoumlrden ist der Frauenanteil mit Vorgesetzten- und Leitungsauf- gaben von 2018 auf 2019 um 2 Prozentpunkte auf 36 angestiegen wobei starke Diffe- renzen zwischen den Behoumlrden zu beachten sind (Destatis 2020)

Nr 3 | 2020 Seite 4GesellschaftsReport BW

bzw Betriebsleitung in Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst sukzessive erhoumlht (Abbildung 2 Seite 9 ) Im Vergleich zu 2012 sind Frauen 2018 sichtbar haumlufiger in leitenden Positionen zu fin-den (Anstieg von 330 auf 407 ) Doch die erste Fuumlhrungsebene erreichen unveraumlndert ins-gesamt nur 258 der Frauen Sie stoszligen beim Erklimmen der Karriereleiter an die bdquoglaumlserne Deckeldquo (Kapitel 2 ) Das gilt selbst in Branchen in denen Frauen in der Belegschaft stark vertre-ten sind wie dem Oumlffentlichen Dienst2 Obwohl dieser in Baden-Wuumlrttemberg weiblich dominiert ist (rund 70 der Bediensteten und Beschaumlftigten) erreicht nur ein gutes Drittel (342 ) der Frauen eine Fuumlhrungsposition auf der ersten Ebene3 Dabei gibt es auch auf kommunaler Ebene Unterschiede wie eine aktuelle Studie der Zeppelin Universitaumlt zeigt (Papenfuszlig und Schmidt 2020) In Freiburg im Breisgau sind 31 der Fuumlhrungspositionen kommunaler Unternehmen von Frauen besetzt in Stuttgart knapp 12 in Heidelberg gibt es keine Frauen im Top-Management

Auch in der Politik sind Frauen in entscheidenden und gestaltenden Positionen in Baden-Wuumlrttem-berg unterrepraumlsentiert Obwohl ihr Interesse politische Mandate und Aumlmter zu erlangen konti-nuierlich zugenommen hat wie der stetig ansteigende Anteil der Kandidatinnen fuumlr Kreistags- und Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1) erreichen nur wenige tatsaumlch-lich ein Mandat Positiv faumlllt auf dass im Laufe der vergangenen 20 Jahre die Luumlcke zwischen den Kandidatinnen und den gewaumlhlten Frauen etwas kleiner wurde4 Auf Kreis- und Gemeindeebene waren 2019 rund ein Viertel der Mandate von Frauen besetzt (1999 186 ) Im aktuellen Lan-desparlament wird ein Viertel der Mandate von Frauen bekleidet Im Vergleich mit den Parlamen-ten anderer Bundeslaumlnder zeigt sich jedoch dass Baden-Wuumlrttemberg derzeit den drittletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt belegt an das es die langjaumlhrige bdquorote Laterneldquo abgeben konnte (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2020) Die Rangliste wird von Hamburg (439 ) und Bremen (369 ) angefuumlhrt

Ein gleichberechtigter Zugang zu Mandaten ist aus zweierlei Gruumlnden bedeutend Erstens sind Mandatstraumlgerinnen in der Oumlffentlichkeit sichtbar und koumlnnen so fuumlr andere Frauen Vor-bild sein um selbst ein politisches Amt anzustreben und Tuumlroumlffner sein indem sie das eigene Amt nutzen um Frauen zum Zutritt zu verhelfen (Davidson-Schmich 2016) Zweitens koumlnnen mehr Mandatstraumlgerinnen eher die politische Agenda beeinflussen und so zum einen Themen denen Frauen mehr Bedeutung beimessen houmlheres Gewicht verleihen (Lloren 2014) und zum anderen auch frauenspezifische Perspektiven in parlamentarische Prozesse einbringen (Phillips 1995)

Die dokumentierten Befunde legen die Hypothese nahe dass die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen weniger auf ihr Koumlnnen und Wollen zuruumlckzufuumlhren ist als auf gesell-

2 Definiert als Organisationen ohne Erwerbscharakter das heiszligt Oumlffentliche Verwaltung und kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung

3 Die Personalstandstatistik verdeutlicht dass der Oumlffentliche Dienst Baden-Wuumlrttembergs sich bemuumlht den Frau-enanteil in Fuumlhrungspositionen zu erhoumlhen 2019 waren auf Ebene des Landes 377 der Beamt_innen bzw Ange-stellten mit einer potenziell bzw faktisch zur Fuumlhrung befaumlhigenden Besoldung (ab A14 bzw E 14 sowie folgende Besoldungsgruppen B R C W) weiblich was im Zehnjahresvergleich einem Anstieg von 102 Prozentpunkten entspricht Auf kommunaler Ebene lag der Frauenanteil in den entsprechenden Besoldungsgruppen bei 339 10 Jahre zuvor lag er hier sogar noch um 129 Prozentpunkte niedriger (209 )

4 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Kreistagswahlen 1999 133 2019 81 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Gemeinderatswahlen 1999 87 2019 51

Nr 3 | 2020 Seite 5GesellschaftsReport BW

schaftliche und organisationsbezogene Strukturen bzw ndash im Politikbereich ndash auf Besonderhei-ten im Wahlrecht Der vorliegende GesellschaftsReport BW greift die Frage nach den Ursachen fuumlr die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf und setzt sich analytisch damit aus einander inwiefern bundeslandspezifische Kontexte Frauen darin foumlrdern oder hemmen die glaumlserne Decke zu durchbrechen

Dieser Analyseansatz wurde fuumlr Baden-Wuumlrttemberg bisher nicht verfolgt Die Umsetzung er- folgt in diesem Report durch beschreibende Analysen und Mehrebenenanalysen die es ermoumlg-lichen neben dem Einfluss individueller Merkmale von Frauen auf das Erlangen einer Fuumlhrungs-position auch bundeslandspezifische Kontextfaktoren miteinzubeziehen Die Datengrundlage zur Abbildung individueller Merkmale bildet der Mikrozensus 2018 Fuumlr die Analyse bundeslandspezi-fischer Kontexte werden die Betreuungsquote der unter 3-Jaumlhrigen und die Frauenerwerbsquote der Bundeslaumlnder sowie der jeweilige Frauenanteil im Landesparlament herangezogen Die Daten des International Social Survey Programmes (ISSP) 2018 werden verwendet um die Auspraumlgung eines traditionellen Rollenverstaumlndnisses in den Laumlndern abzubilden Neben den Analysen gibt der Report anhand von verschiedenen Praxisbeispielen Einblicke in Modellprojekte und zeigt Stell-schrauben zur Foumlrderung von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf

2 Die glaumlserne Decke oder Die Ursachen der Benachteiligung

Es gibt einige moumlgliche Erklaumlrungen dafuumlr dass Frauen in Baden-Wuumlrttemberg und Deutschland bei ihrem beruflichen Aufstieg trotz guter Ausbildung und Qualifikationen der Zutritt zu den obe-

Abbildung 1 Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturen fuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

368 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturenfuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen

in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

in

Datenquelle Wahlstatistik Baden-Wuumlrttemberg Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

0

5

10

15

20

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20192016201420112009200620042001199919961994199219891988

Kreistagswahlen Kandidatinnen

Kreistagswahlen Gewaumlhlte

Gemeinderatswahlen Kandidatinnen

Gemeinderatswahlen Gewaumlhlte

Landtagswahlen Mandattraumlgerinnen

Nr 3 | 2020 Seite 6GesellschaftsReport BW

ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

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3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

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Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

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erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

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Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

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Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

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ndash 010

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003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

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AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

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RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

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Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

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Page 3: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 3GesellschaftsReport BW

1 Einleitung

Die Repraumlsentanz von Frauen in Entscheidungspositionen ist ein Gradmesser fuumlr die Gleichstel-lung in einer Organisation in der Politik und damit in einem Land (BMFSFJ 2016) Gleichstellung ist dann erreicht wenn die Verwirklichung beruflicher Ziele keine Frage des Geschlechts sondern das Ergebnis individueller Leistung ist (BMFSFJ 2017) Einen Meilenstein auf dem Weg zur Gleich-stellung in Deutschland markierte die Einfuumlhrung der Quote fuumlr mehr Frauen in Fuumlhrungspositio-nen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG) 2015 (siehe i-Box)

In Baden-Wuumlrttemberg hat sich der Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf der zweiten Fuumlh-rungsebene1 das heiszligt der Fuumlhrungsebene unterhalb des Vorstandes der Geschaumlftsfuumlhrung

1 Definition der Fuumlhrungsebene in den hier zitierten Daten des IAW Erste Fuumlhrungsebene = Geschaumlftsfuumlhrung Eigentuumlmer_innen Vorstand Filialleitung Betriebsleitung Im Oumlffentlichen Dienst Leitung der Einrichtung Zweite Fuumlhrungsebene = unspezifisch erfasst uumlber die Frage bdquoGibt es in Ihrem BetriebDienststelle unterhalb der obers-ten Fuumlhrungsebene noch eine zweite Fuumlhrungsebeneldquo

Das Gesetz fuumlr die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern an Fuumlhrungspositionen in der Privatwirtschaft und im Oumlffentlichen Dienst (FuumlPoG)

Seit 2015 schafft das FuumlPoG verbindliche Vorgaben zur Erhoumlhung des Frauenanteils in Fuumlh-rungspositionen Boumlrsennotierte Unternehmen mit einem paritaumltisch besetzten Aufsichtsrat sind dazu verpflichtet fuumlr das jeweils unterrepraumlsentierte Geschlecht einen festen Mindestan-teil von 30 zu erzielen Boumlrsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen sind verpflichtet selbst Zielgroumlszligen zu setzen

In Aufsichtsgremien des Bundes besteht eine feste Geschlechterquote von 30 (Bundesgre-mienbesetzungsgesetz) bei Neubesetzungen fuumlr Gremien in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen Die Bundesverwaltung ist durch das novellierte Bundesgleichstellungs-gesetz dazu verpflichtet im Gleichstellungsplan konkrete Zielvorgaben fuumlr den Frauen- und Maumlnneranteil auf jeder einzelnen Fuumlhrungsebene festzulegen Konkrete Maszlignahmen zur Ziel- erreichung muumlssen genannt werden

Die Wirksamkeit der bdquoQuoteldquo ist auf Ebene der Aufsichtsraumlte bestaumltigt waumlhrend sich der Wandel auf Vorstandsebene wo verbindliche Regelungen fehlen nur langsam vollzieht (Holst und Wrohlich 2019) Eine Strahlkraft der Quote auf die gesamte Privatwirtschaft (Spill-over-Effekt) ist aktuell kaum festzustellen (Kohaut und Moumlller 2019) Dort blieben die Frauenan-teile in den obersten Fuumlhrungspositionen im Zeitverlauf nahezu gleich Entsprechend wird kritisiert dass die Quote in Deutschland aktuell einen Symbolcharakter hat und auf weitere Teile der Privatwirtschaft ausgeweitet werden sollte (u a Karl et al 2020) International betrachtet ist Deutschland nach wie vor Schlusslicht bei der Besetzung von Fuumlhrungspositi-onen mit Frauen (ebd)

In den obersten Bundesbehoumlrden ist der Frauenanteil mit Vorgesetzten- und Leitungsauf- gaben von 2018 auf 2019 um 2 Prozentpunkte auf 36 angestiegen wobei starke Diffe- renzen zwischen den Behoumlrden zu beachten sind (Destatis 2020)

Nr 3 | 2020 Seite 4GesellschaftsReport BW

bzw Betriebsleitung in Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst sukzessive erhoumlht (Abbildung 2 Seite 9 ) Im Vergleich zu 2012 sind Frauen 2018 sichtbar haumlufiger in leitenden Positionen zu fin-den (Anstieg von 330 auf 407 ) Doch die erste Fuumlhrungsebene erreichen unveraumlndert ins-gesamt nur 258 der Frauen Sie stoszligen beim Erklimmen der Karriereleiter an die bdquoglaumlserne Deckeldquo (Kapitel 2 ) Das gilt selbst in Branchen in denen Frauen in der Belegschaft stark vertre-ten sind wie dem Oumlffentlichen Dienst2 Obwohl dieser in Baden-Wuumlrttemberg weiblich dominiert ist (rund 70 der Bediensteten und Beschaumlftigten) erreicht nur ein gutes Drittel (342 ) der Frauen eine Fuumlhrungsposition auf der ersten Ebene3 Dabei gibt es auch auf kommunaler Ebene Unterschiede wie eine aktuelle Studie der Zeppelin Universitaumlt zeigt (Papenfuszlig und Schmidt 2020) In Freiburg im Breisgau sind 31 der Fuumlhrungspositionen kommunaler Unternehmen von Frauen besetzt in Stuttgart knapp 12 in Heidelberg gibt es keine Frauen im Top-Management

Auch in der Politik sind Frauen in entscheidenden und gestaltenden Positionen in Baden-Wuumlrttem-berg unterrepraumlsentiert Obwohl ihr Interesse politische Mandate und Aumlmter zu erlangen konti-nuierlich zugenommen hat wie der stetig ansteigende Anteil der Kandidatinnen fuumlr Kreistags- und Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1) erreichen nur wenige tatsaumlch-lich ein Mandat Positiv faumlllt auf dass im Laufe der vergangenen 20 Jahre die Luumlcke zwischen den Kandidatinnen und den gewaumlhlten Frauen etwas kleiner wurde4 Auf Kreis- und Gemeindeebene waren 2019 rund ein Viertel der Mandate von Frauen besetzt (1999 186 ) Im aktuellen Lan-desparlament wird ein Viertel der Mandate von Frauen bekleidet Im Vergleich mit den Parlamen-ten anderer Bundeslaumlnder zeigt sich jedoch dass Baden-Wuumlrttemberg derzeit den drittletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt belegt an das es die langjaumlhrige bdquorote Laterneldquo abgeben konnte (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2020) Die Rangliste wird von Hamburg (439 ) und Bremen (369 ) angefuumlhrt

Ein gleichberechtigter Zugang zu Mandaten ist aus zweierlei Gruumlnden bedeutend Erstens sind Mandatstraumlgerinnen in der Oumlffentlichkeit sichtbar und koumlnnen so fuumlr andere Frauen Vor-bild sein um selbst ein politisches Amt anzustreben und Tuumlroumlffner sein indem sie das eigene Amt nutzen um Frauen zum Zutritt zu verhelfen (Davidson-Schmich 2016) Zweitens koumlnnen mehr Mandatstraumlgerinnen eher die politische Agenda beeinflussen und so zum einen Themen denen Frauen mehr Bedeutung beimessen houmlheres Gewicht verleihen (Lloren 2014) und zum anderen auch frauenspezifische Perspektiven in parlamentarische Prozesse einbringen (Phillips 1995)

Die dokumentierten Befunde legen die Hypothese nahe dass die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen weniger auf ihr Koumlnnen und Wollen zuruumlckzufuumlhren ist als auf gesell-

2 Definiert als Organisationen ohne Erwerbscharakter das heiszligt Oumlffentliche Verwaltung und kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung

3 Die Personalstandstatistik verdeutlicht dass der Oumlffentliche Dienst Baden-Wuumlrttembergs sich bemuumlht den Frau-enanteil in Fuumlhrungspositionen zu erhoumlhen 2019 waren auf Ebene des Landes 377 der Beamt_innen bzw Ange-stellten mit einer potenziell bzw faktisch zur Fuumlhrung befaumlhigenden Besoldung (ab A14 bzw E 14 sowie folgende Besoldungsgruppen B R C W) weiblich was im Zehnjahresvergleich einem Anstieg von 102 Prozentpunkten entspricht Auf kommunaler Ebene lag der Frauenanteil in den entsprechenden Besoldungsgruppen bei 339 10 Jahre zuvor lag er hier sogar noch um 129 Prozentpunkte niedriger (209 )

4 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Kreistagswahlen 1999 133 2019 81 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Gemeinderatswahlen 1999 87 2019 51

Nr 3 | 2020 Seite 5GesellschaftsReport BW

schaftliche und organisationsbezogene Strukturen bzw ndash im Politikbereich ndash auf Besonderhei-ten im Wahlrecht Der vorliegende GesellschaftsReport BW greift die Frage nach den Ursachen fuumlr die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf und setzt sich analytisch damit aus einander inwiefern bundeslandspezifische Kontexte Frauen darin foumlrdern oder hemmen die glaumlserne Decke zu durchbrechen

Dieser Analyseansatz wurde fuumlr Baden-Wuumlrttemberg bisher nicht verfolgt Die Umsetzung er- folgt in diesem Report durch beschreibende Analysen und Mehrebenenanalysen die es ermoumlg-lichen neben dem Einfluss individueller Merkmale von Frauen auf das Erlangen einer Fuumlhrungs-position auch bundeslandspezifische Kontextfaktoren miteinzubeziehen Die Datengrundlage zur Abbildung individueller Merkmale bildet der Mikrozensus 2018 Fuumlr die Analyse bundeslandspezi-fischer Kontexte werden die Betreuungsquote der unter 3-Jaumlhrigen und die Frauenerwerbsquote der Bundeslaumlnder sowie der jeweilige Frauenanteil im Landesparlament herangezogen Die Daten des International Social Survey Programmes (ISSP) 2018 werden verwendet um die Auspraumlgung eines traditionellen Rollenverstaumlndnisses in den Laumlndern abzubilden Neben den Analysen gibt der Report anhand von verschiedenen Praxisbeispielen Einblicke in Modellprojekte und zeigt Stell-schrauben zur Foumlrderung von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf

2 Die glaumlserne Decke oder Die Ursachen der Benachteiligung

Es gibt einige moumlgliche Erklaumlrungen dafuumlr dass Frauen in Baden-Wuumlrttemberg und Deutschland bei ihrem beruflichen Aufstieg trotz guter Ausbildung und Qualifikationen der Zutritt zu den obe-

Abbildung 1 Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturen fuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

368 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturenfuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen

in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

in

Datenquelle Wahlstatistik Baden-Wuumlrttemberg Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

0

5

10

15

20

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30

35

20192016201420112009200620042001199919961994199219891988

Kreistagswahlen Kandidatinnen

Kreistagswahlen Gewaumlhlte

Gemeinderatswahlen Kandidatinnen

Gemeinderatswahlen Gewaumlhlte

Landtagswahlen Mandattraumlgerinnen

Nr 3 | 2020 Seite 6GesellschaftsReport BW

ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

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3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

Nr 3 | 2020 Seite 8GesellschaftsReport BW

Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

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erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

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Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 4: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 4GesellschaftsReport BW

bzw Betriebsleitung in Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst sukzessive erhoumlht (Abbildung 2 Seite 9 ) Im Vergleich zu 2012 sind Frauen 2018 sichtbar haumlufiger in leitenden Positionen zu fin-den (Anstieg von 330 auf 407 ) Doch die erste Fuumlhrungsebene erreichen unveraumlndert ins-gesamt nur 258 der Frauen Sie stoszligen beim Erklimmen der Karriereleiter an die bdquoglaumlserne Deckeldquo (Kapitel 2 ) Das gilt selbst in Branchen in denen Frauen in der Belegschaft stark vertre-ten sind wie dem Oumlffentlichen Dienst2 Obwohl dieser in Baden-Wuumlrttemberg weiblich dominiert ist (rund 70 der Bediensteten und Beschaumlftigten) erreicht nur ein gutes Drittel (342 ) der Frauen eine Fuumlhrungsposition auf der ersten Ebene3 Dabei gibt es auch auf kommunaler Ebene Unterschiede wie eine aktuelle Studie der Zeppelin Universitaumlt zeigt (Papenfuszlig und Schmidt 2020) In Freiburg im Breisgau sind 31 der Fuumlhrungspositionen kommunaler Unternehmen von Frauen besetzt in Stuttgart knapp 12 in Heidelberg gibt es keine Frauen im Top-Management

Auch in der Politik sind Frauen in entscheidenden und gestaltenden Positionen in Baden-Wuumlrttem-berg unterrepraumlsentiert Obwohl ihr Interesse politische Mandate und Aumlmter zu erlangen konti-nuierlich zugenommen hat wie der stetig ansteigende Anteil der Kandidatinnen fuumlr Kreistags- und Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1) erreichen nur wenige tatsaumlch-lich ein Mandat Positiv faumlllt auf dass im Laufe der vergangenen 20 Jahre die Luumlcke zwischen den Kandidatinnen und den gewaumlhlten Frauen etwas kleiner wurde4 Auf Kreis- und Gemeindeebene waren 2019 rund ein Viertel der Mandate von Frauen besetzt (1999 186 ) Im aktuellen Lan-desparlament wird ein Viertel der Mandate von Frauen bekleidet Im Vergleich mit den Parlamen-ten anderer Bundeslaumlnder zeigt sich jedoch dass Baden-Wuumlrttemberg derzeit den drittletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt belegt an das es die langjaumlhrige bdquorote Laterneldquo abgeben konnte (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2020) Die Rangliste wird von Hamburg (439 ) und Bremen (369 ) angefuumlhrt

Ein gleichberechtigter Zugang zu Mandaten ist aus zweierlei Gruumlnden bedeutend Erstens sind Mandatstraumlgerinnen in der Oumlffentlichkeit sichtbar und koumlnnen so fuumlr andere Frauen Vor-bild sein um selbst ein politisches Amt anzustreben und Tuumlroumlffner sein indem sie das eigene Amt nutzen um Frauen zum Zutritt zu verhelfen (Davidson-Schmich 2016) Zweitens koumlnnen mehr Mandatstraumlgerinnen eher die politische Agenda beeinflussen und so zum einen Themen denen Frauen mehr Bedeutung beimessen houmlheres Gewicht verleihen (Lloren 2014) und zum anderen auch frauenspezifische Perspektiven in parlamentarische Prozesse einbringen (Phillips 1995)

Die dokumentierten Befunde legen die Hypothese nahe dass die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen weniger auf ihr Koumlnnen und Wollen zuruumlckzufuumlhren ist als auf gesell-

2 Definiert als Organisationen ohne Erwerbscharakter das heiszligt Oumlffentliche Verwaltung und kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung

3 Die Personalstandstatistik verdeutlicht dass der Oumlffentliche Dienst Baden-Wuumlrttembergs sich bemuumlht den Frau-enanteil in Fuumlhrungspositionen zu erhoumlhen 2019 waren auf Ebene des Landes 377 der Beamt_innen bzw Ange-stellten mit einer potenziell bzw faktisch zur Fuumlhrung befaumlhigenden Besoldung (ab A14 bzw E 14 sowie folgende Besoldungsgruppen B R C W) weiblich was im Zehnjahresvergleich einem Anstieg von 102 Prozentpunkten entspricht Auf kommunaler Ebene lag der Frauenanteil in den entsprechenden Besoldungsgruppen bei 339 10 Jahre zuvor lag er hier sogar noch um 129 Prozentpunkte niedriger (209 )

4 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Kreistagswahlen 1999 133 2019 81 Prozentualer Unterschied zwischen Kandidatinnen und gewaumlhlten Frauen bei Gemeinderatswahlen 1999 87 2019 51

Nr 3 | 2020 Seite 5GesellschaftsReport BW

schaftliche und organisationsbezogene Strukturen bzw ndash im Politikbereich ndash auf Besonderhei-ten im Wahlrecht Der vorliegende GesellschaftsReport BW greift die Frage nach den Ursachen fuumlr die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf und setzt sich analytisch damit aus einander inwiefern bundeslandspezifische Kontexte Frauen darin foumlrdern oder hemmen die glaumlserne Decke zu durchbrechen

Dieser Analyseansatz wurde fuumlr Baden-Wuumlrttemberg bisher nicht verfolgt Die Umsetzung er- folgt in diesem Report durch beschreibende Analysen und Mehrebenenanalysen die es ermoumlg-lichen neben dem Einfluss individueller Merkmale von Frauen auf das Erlangen einer Fuumlhrungs-position auch bundeslandspezifische Kontextfaktoren miteinzubeziehen Die Datengrundlage zur Abbildung individueller Merkmale bildet der Mikrozensus 2018 Fuumlr die Analyse bundeslandspezi-fischer Kontexte werden die Betreuungsquote der unter 3-Jaumlhrigen und die Frauenerwerbsquote der Bundeslaumlnder sowie der jeweilige Frauenanteil im Landesparlament herangezogen Die Daten des International Social Survey Programmes (ISSP) 2018 werden verwendet um die Auspraumlgung eines traditionellen Rollenverstaumlndnisses in den Laumlndern abzubilden Neben den Analysen gibt der Report anhand von verschiedenen Praxisbeispielen Einblicke in Modellprojekte und zeigt Stell-schrauben zur Foumlrderung von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf

2 Die glaumlserne Decke oder Die Ursachen der Benachteiligung

Es gibt einige moumlgliche Erklaumlrungen dafuumlr dass Frauen in Baden-Wuumlrttemberg und Deutschland bei ihrem beruflichen Aufstieg trotz guter Ausbildung und Qualifikationen der Zutritt zu den obe-

Abbildung 1 Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturen fuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

368 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturenfuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen

in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

in

Datenquelle Wahlstatistik Baden-Wuumlrttemberg Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

0

5

10

15

20

25

30

35

20192016201420112009200620042001199919961994199219891988

Kreistagswahlen Kandidatinnen

Kreistagswahlen Gewaumlhlte

Gemeinderatswahlen Kandidatinnen

Gemeinderatswahlen Gewaumlhlte

Landtagswahlen Mandattraumlgerinnen

Nr 3 | 2020 Seite 6GesellschaftsReport BW

ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

Nr 3 | 2020 Seite 7GesellschaftsReport BW

3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

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Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

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erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

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Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

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AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

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RedaktionRegina Koch-Richter

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Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

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Page 5: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

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schaftliche und organisationsbezogene Strukturen bzw ndash im Politikbereich ndash auf Besonderhei-ten im Wahlrecht Der vorliegende GesellschaftsReport BW greift die Frage nach den Ursachen fuumlr die Unterrepraumlsentanz von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf und setzt sich analytisch damit aus einander inwiefern bundeslandspezifische Kontexte Frauen darin foumlrdern oder hemmen die glaumlserne Decke zu durchbrechen

Dieser Analyseansatz wurde fuumlr Baden-Wuumlrttemberg bisher nicht verfolgt Die Umsetzung er- folgt in diesem Report durch beschreibende Analysen und Mehrebenenanalysen die es ermoumlg-lichen neben dem Einfluss individueller Merkmale von Frauen auf das Erlangen einer Fuumlhrungs-position auch bundeslandspezifische Kontextfaktoren miteinzubeziehen Die Datengrundlage zur Abbildung individueller Merkmale bildet der Mikrozensus 2018 Fuumlr die Analyse bundeslandspezi-fischer Kontexte werden die Betreuungsquote der unter 3-Jaumlhrigen und die Frauenerwerbsquote der Bundeslaumlnder sowie der jeweilige Frauenanteil im Landesparlament herangezogen Die Daten des International Social Survey Programmes (ISSP) 2018 werden verwendet um die Auspraumlgung eines traditionellen Rollenverstaumlndnisses in den Laumlndern abzubilden Neben den Analysen gibt der Report anhand von verschiedenen Praxisbeispielen Einblicke in Modellprojekte und zeigt Stell-schrauben zur Foumlrderung von Frauen in Fuumlhrungspositionen auf

2 Die glaumlserne Decke oder Die Ursachen der Benachteiligung

Es gibt einige moumlgliche Erklaumlrungen dafuumlr dass Frauen in Baden-Wuumlrttemberg und Deutschland bei ihrem beruflichen Aufstieg trotz guter Ausbildung und Qualifikationen der Zutritt zu den obe-

Abbildung 1 Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturen fuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

368 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Frauenanteil in den Mandaten sowie den Kandidaturenfuumlr Landtags- Kreistags- und Gemeindetagswahlen

in Baden-Wuumlrttemberg von 1988 bis 2019

in

Datenquelle Wahlstatistik Baden-Wuumlrttemberg Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

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20192016201420112009200620042001199919961994199219891988

Kreistagswahlen Kandidatinnen

Kreistagswahlen Gewaumlhlte

Gemeinderatswahlen Kandidatinnen

Gemeinderatswahlen Gewaumlhlte

Landtagswahlen Mandattraumlgerinnen

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ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

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3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

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Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

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erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

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Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

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Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

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in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

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Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 6: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 6GesellschaftsReport BW

ren Fuumlhrungsetagen in Politik Verwaltung und der Privatwirtschaft haumlufig verwehrt wird Der Begriff der bdquoglaumlsernen Deckeldquo (Morrison 1987) beschreibt diese unsichtbare Barriere durch die bestimmte Faktoren und Strukturen die Chancen von Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erlangen subtil aber effektiv verringern (u a nach Holst und Wiemer 2010)

Auf der einen Seite verhindern bestehende und verfestigte Strukturen das Erklimmen der Kar-riereleiter Die Besetzung von Positionen auf der obersten Fuumlhrungsebene erfolgt gerade in der Privatwirtschaft nur wenig transparent und unstandardisiert Fuumlr das Erreichen von Fuumlhrungsposi-tionen sind zudem haumlufig informelle Netzwerke zentral durch die karriererelevante Informationen vermittelt werden Bereits bestehende Netzwerke tendieren jedoch dazu sich selbst zu erhal-ten und exklusiv zu sein sodass fuumlhrungsrelevante Netzwerke vornehmlich maumlnnlich dominiert bleiben Im Oumlffentlichen Dienst stehen die standardisierten Beurteilungsverfahren die eigentlich Benachteiligungen systematisch ausschlieszligen sollen in der Kritik Ungleichheiten zu befoumlrdern (Jochmann-Doumlll 2014) Teilzeittaumltigkeiten Telearbeit sowie Eltern- und Pflegezeiten die haumlufiger von Frauen in Anspruch genommen werden und fuumlr optimale Vereinbarkeitsloumlsungen stehen koumlnnen nachteilig in eine Beurteilung einflieszligen (ebd BMFSFJ 2017) Problematisch und zentra-ler Punkt der Kritik ist die Beurteilung von leistungsunabhaumlngigen Eigenschaften und Verhaltens-merkmalen die sensibel fuumlr Geschlechterstereotypisierung sind (zum Beispiel Entschlusskraft oder Sozialverhalten) Nicht zu vernachlaumlssigen ist die Berufswahl von Frauen die mit strukturel-len Nachteilen wie geringen Aufstiegschancen einhergeht (Hausmann et al 2015) Beispielsweise arbeiten Frauen haumlufig in Personal- oder PR-Abteilungen die kaum Aufstiegsmoumlglichkeiten bieten (Holst und Wiemer 2010) Gleichzeitig ist in Deutschland Fuumlhrung mit nahezu uneingeschraumlnkter zeitlicher Verfuumlgbarkeit und Praumlsenz assoziiert was vor allem Frauen vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt

Parallel dazu greifen auf der anderen Seite ideologische Barrieren die Frauen das berufliche Fort-kommen erschweren Wenn in der Gesellschaft und der eigenen Organisation ein traditionelles Frauen- und Familienbild vorherrscht werden Frauen fuumlr Fuumlhrungspositionen kaum vorgesehen Unabhaumlngig davon ob sie eine Familie haben oder nicht kann aufgrund ihres Geschlechts die ste-reotype Annahme vorherrschen dass sie fruumlher oder spaumlter berufliche Fehlzeiten verursachen werden Entsprechend erfahren sie weniger Foumlrderung Selbst wenn sie den Sprung in die oberste Fuumlhrungsetage geschafft haben werden sie oft kritischer und strenger beobachtet als Maumlnner (Alemann 2007) Hier greift auch die Annahme dass Frauen Persoumlnlichkeits- und Verhaltenseigen-schaften wie Durchsetzungsvermoumlgen Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft sowie Karri-ere- und Wettbewerbsorientierung und Selbstvermarktung fehlten die maumlnnlich konnotiert sind und mit Fuumlhrung assoziiert werden Auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen Persoumlnlich-keits- und Verhaltenseigenschaften auf die Karrierechancen widerlegt ist (Fietze et al 2009) hal-ten sich diese Stereotype haumlufig in den Koumlpfen der Gesellschaft und koumlnnen auch das Handeln von Entscheidungstraumlgern beeinflussen

Die Gruumlnde weshalb Frauen in der Politik kaum Zugang zu entscheidenden Mandaten finden koumln-nen auch in diesen beschriebenen Mechanismen liegen Gerade in Baden-Wuumlrttemberg scheint zudem im Vergleich zu anderen Laumlndern das Landtagswahlrecht so zu wirken dass es Frauen eher benachteiligt Einige Parteien versuchen durch eine selbst auferlegte Quote den Frauenanteil zu erhoumlhen (siehe i-Box)

Nr 3 | 2020 Seite 7GesellschaftsReport BW

3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

Nr 3 | 2020 Seite 8GesellschaftsReport BW

Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

Nr 3 | 2020 Seite 9GesellschaftsReport BW

erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

Nr 3 | 2020 Seite 10GesellschaftsReport BW

Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

Nr 3 | 2020 Seite 11GesellschaftsReport BW

antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

Nr 3 | 2020 Seite 12GesellschaftsReport BW

Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 7: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 7GesellschaftsReport BW

3 Der Weg durch die glaumlserne Decke

Die glaumlserne Decke in Baden-Wuumlrttemberg

Die Konstruktion der glaumlsernen Decke kann auch fuumlr Baden-Wuumlrttemberg nachgezeichnet wer-den Daten des Instituts fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tuumlbingen (detailliert Klee und Kleinmann 2019) zeigen wie strukturbedingte Mechanismen zunaumlchst durch die Branchen in denen Frauen arbeiten und damit indirekt nach ihrer Berufswahl variieren Abbildung 2 ver-deutlicht dies anhand von vier markanten Schluumlsselbranchen Frauen waumlhlen seltener Berufe im Baubereich Entsprechend gibt es kaum eine Branche in der sie seltener vertreten sind Der wirt-schaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungssektor wird von Frauen wie Maumlnnern aumlhnlich favorisiert Frauen- und Maumlnneranteile sind in dieser Belegschaft nahezu ausgewogen Schlieszlig-lich gelten Berufe im Oumlffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen als klassische Frauendomaumlnen wie auch in ihren entsprechenden Beschaumlftigungsanteilen von 686 bzw 772 (jeweils im Jahr 2018) deutlich wird Unter der Praumlmisse der Chancengleichheit von

Landtagswahlrecht und Frauenquoten in Parteien und bei Wahlen

Im Gegensatz zu anderen Bundeslaumlndern haben Waumlhler_innen in Baden-Wuumlrttemberg nur eine Stimme im Wahlkreis und es gibt keine Landeslisten die beispielsweise im Sinne des Reiszligverschluss- prinzips (auf jeden Bewerber folgt eine Bewerberin oder umgekehrt) quotiert werden koumlnnten Die Landtagskandidat_innen werden direkt von Parteimitgliedern des Wahlkreises bestimmt Die Geschlechtergerechtigkeit hat bei den bisher im Landtag vertretenen Parteien unterschied-lichen Stellenwert Waumlhrend FDP und AfD keine Geschlechterquoten festgelegt haben haben CDU SPD und Buumlndnis 90Die Gruumlnen auf freiwilliger Basis eigene Regelungen fuumlr die Reprauml-sentanz der Geschlechter auf Wahllisten undoder fuumlr (parteiinterne) Aumlmter eingefuumlhrt Die Gruuml-nen beispielsweise verfuumlgen uumlber ein festgeschriebenes Frauenstatut und haben seit 1986 das Ziel mindestens 50 aller Plaumltze in Gremien und auf Wahllisten mit Frauen zu besetzen Aumlhn-lich handhabt es die SPD seit 1994 mit einer Quote von 40 Die CDU hat 2001 unbefristet ein freiwilliges Frauenquorum eingefuumlhrt mit dem eine Frauenquote von einem Drittel erreicht wer-den soll (Deutscher Bundestag 2018)

Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Wuumlrttemberg hat nur die Fraktion der Gruumlnen mit der-zeit 470 weiblichen Abgeordneten annaumlhernd die eigenen Vorgaben erreicht Dies entspricht auch dem Frauenanteil der aufgestellten Kandidatinnen (460 ) Die Fraktion der CDU kommt auf 170 Frauen (Kandidatinnen 210 ) und die SPD auf 110 (Kandidatinnen 260 ) (Landeszentrale fuumlr politische Bildung 2016) Auch auf kommunaler Ebene koumlnnen die Gruumlnen bei der Wahl 2019 die eigenen Anforderungen mit Frauenanteilen von 490 (Gemeinderats-wahlen) bzw 533 (Kreistagswahlen) als erreicht ansehen Bei den Gemeinderatswahlen kam auch die SPD mit einem Frauenanteil von 360 ihrem selbst gesetzten Ziel von 40 recht nah (bei der Kreistagswahl allerdings nur 280 ) Die CDU hingegen blieb bei beiden Wahlen hin-ter dem freiwilligen Frauenquorum zuruumlck (Gemeinderatswahl 202 Kreistagswahl 120 ) (Wahlstatistik Statistisches Landesamt 2020)

Nr 3 | 2020 Seite 8GesellschaftsReport BW

Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

Nr 3 | 2020 Seite 9GesellschaftsReport BW

erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

Nr 3 | 2020 Seite 10GesellschaftsReport BW

Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

Nr 3 | 2020 Seite 11GesellschaftsReport BW

antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 8: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 8GesellschaftsReport BW

Maumlnnern und Frauen muumlsste sich der jeweilige Frauenanteil auch auf den Fuumlhrungsebenen wider-spiegeln Das sogenannte Repraumlsentanzmaszlig (RM) (nach Kohaut und Moumlller 2019) das genau diese Chancengleichheit als Verhaumlltnis aus dem Frauenanteil auf den Fuumlhrungsebenen zum An-teil von Frauen in der Belegschaft misst muumlsste dann einen Wert von 1 annehmen Tatsaumlchlich ist dies mittlerweile auf der zweiten Fuumlhrungsebene in nahezu allen Schluumlsselbranchen gelun- gen (Tabelle 1) Dieses Ergebnis kann auch als Erfolg des Diskurses uumlber die Erhoumlhung des Frauenan teils in Fuumlhrungspositionen gewertet werden

Mit Blick auf die oberste Fuumlhrungsebene und damit die entscheidungsmaumlchtigsten Positionen sieht dies jedoch anders aus Weder ist in einer der beobachteten Branchen der Frauenanteil auf der ersten Fuumlhrungsebene angestiegen noch indiziert das RM annaumlhernde Chancengleich-heit Am ehesten wird diese im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbereich

Das baden-wuumlrttembergische bdquoGesetz zur Verwirklichung der Chancengleich-heit von Frauen und Maumlnnern im Oumlffentlichen Dienst in Baden-Wuumlrttembergldquo (ChancenG)

Das Gesetz dient der Foumlrderung der Gleichstellung und der Verhinderung von Diskriminierung im Oumlffentlichen Dienst Kernpunkte dazu sind die Einsetzung von hauptamtlichen Gleichstel-lungsbeauftragten in allen baden-wuumlrttembergischen Stadt- und Landkreisen sowie in Gemein-den ab 50 000 Einwohner_innen sowie die Erweiterung und verbindliche Regelung der Rechte und Einflussmoumlglichkeiten der Beauftragten fuumlr Chancengleichheit

Eine Datengrundlage und Uumlbersicht uumlber die Repraumlsentanz von Frauen soll durch die Erstel-lung eines Chancengleichheitsplans geschaffen werden Neben der Darstellung in welchen Bereichen die Frauen unterrepraumlsentiert sind muss er eine Zielvorgabe enthalten mindestens die Haumllfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen in Bereichen in denen Frauen unter-repraumlsentiert sind zur Besetzung durch Frauen vorzusehen

Das Gesetz sieht daneben die gezielte Foumlrderung beruflicher Fort- und Weiterbildung weiblicher Beschaumlftigter vor Insbesondere sollen dazu Fort- und Weiterbildungsmaszlignahmen angeboten werden die eine Weiterqualifikation ermoumlglichen oder auf die Uumlbernahme von Taumltigkeiten in Bereichen der Unterrepraumlsentanz von Frauen vorbereiten

Wenn dem Land ein Berufungs- Entsende- oder Vorschlagsrecht fuumlr Gremien zusteht sind die Plaumltze des Landes zwingend mit einem Anteil von mindestens 40 seit dem 1 Januar 2019 mit 50 Frauen zu besetzen

Das Ministerium fuumlr Soziales und Integration hat 2019 die Universitaumlt Heidelberg mit der Evalua-tion des Chancengleichheitsgesetzes betraut Die Universitaumlt Heidelberg wird im Rahmen der Evaluation uumlberpruumlfen inwieweit die definierten Ziele erreicht wurden (u a Anteil an Frauen insgesamt in Fuumlhrungspositionen in flexiblen Modellen in Fortbildungsmaszlignahmen) Der Abschlussbericht soll im 1 Halbjahr 2021 erscheinen

Nr 3 | 2020 Seite 9GesellschaftsReport BW

erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

Nr 3 | 2020 Seite 10GesellschaftsReport BW

Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

Nr 3 | 2020 Seite 11GesellschaftsReport BW

antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 9: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 9GesellschaftsReport BW

erreicht (RM=062) Gerade aber im Oumlffentlichen Dienst der aufgrund seiner vielseitigen flexiblen Arbeitsbedingungen als attraktiv fuumlr Frauen gilt und dem eine Vorreiterrolle in puncto Gleichstel-lung zugesprochen wird5 ist der RM-Wert von 050 auffallend niedrig Nicht auszuschlieszligen ist dass es gerade die flexiblen Arbeitsbedingungen sind die Frauen zum Nachteil gereichen naumlmlich dann wenn beispielsweise familienbedingte Arbeitszeitreduktionen und Telearbeit die Beurteilung negativ beeinflussen (Jochmann-Doumlll 2014) Die Befunde sind ein Indiz dafuumlr dass sich zwischen der zweiten und der ersten Fuumlhrungsebene eine glaumlserne Decke befindet die den Aufstieg be- hindert

Als weiteres strukturelles Merkmal zeigt die Betriebsgroumlszlige (nicht dargestellt vgl hierzu Klee und Kleinmann 2019) dass Frauen sowohl auf der zweiten als auch der obersten Fuumlhrungsebene vor allem in Kleinst- und Kleinbetrieben fuumlhren Auf der zweiten Fuumlhrungsebene wird in diesen Be- trieben Chancengleichheit erreicht bzw ist sogar eine Chancenungleichheit fuumlr Maumlnner festzu-stellen (RM von 140 in Kleinstbetrieben mit bis zu vier Mitarbeitenden bzw 112 in Kleinbetrieben mit fuumlnf bis 19 Mitarbeitenden) allerdings nicht auf der obersten Ebene (RM 058 in Kleinst- bzw 055 in Kleinbetrieben) Mit zunehmender Betriebsgroumlszlige (mehr als 20 Beschaumlftigte) wird es fuumlr Frauen in Baden-Wuumlrttemberg zunehmend schwerer in die oberste Fuumlhrungsebene zu gelangen Das bedeutet dass Frauen zu einem Teil der Opportunitaumltsstruk turen groumlszligerer Betriebe die aus besseren Aufstiegs- und Einflussmoumlglichkeiten houmlheren Ver diensten und einer houmlheren Arbeits-platzsicherheit bestehen haumlufig keinen Zugang zu haben scheinen (Holst und Friedrich 2017)

Es besteht auch Grund zur Annahme dass die potenzielle oder tatsaumlchliche Familiengruumlndung Frauen an die glaumlserne Decke stoszligen laumlsst Die Daten des Mikrozensus 2018 zeigen fuumlr Baden- Wuumlrttemberg dass Frauen in Fuumlhrungspositionen zwar gleich haumlufig in einer Partnerschaft leben wie nicht fuumlhrende erwerbstaumltige Frauen (670 vs 680 ) aber nur 250 von ihnen Kinder haben (gegenuumlber 313 der nicht fuumlhrenden Frauen) Es ist naheliegend dass Kinder als Hin-derungsgrund fuumlr eine Karriere betrachtet werden ndash entweder von Arbeitgeber_innen oder von den Frauen selbst Doch unabhaumlngig davon ob sie Kinder haben oder nicht arbeiten sowohl fuumlhrende Maumlnner als auch Frauen in der Regel laumlnger als 355 Stunden pro Woche was dem Durchschnitt der woumlchentlichen Arbeitszeit aller erwerbstaumltigen Personen in Baden-Wuumlrttem-berg entspricht Fuumlhrende Frauen arbeiten durchschnittlich 393 Stunden pro Woche und damit knapp 5 Stunden weniger als fuumlhrende Maumlnner (444 Stunden) Das ist jedoch nicht gleichbe-deutend damit dass Frauen in Fuumlhrung generell weniger Zeit in ihre Arbeit investieren Vielmehr liegt der Median ndash der Wert der eine Stichprobe in zwei gleich groszlige Gruppen einteilt ndash sowohl fuumlr Maumlnner als auch fuumlr Frauen in Fuumlhrung bei 40 Stunden was bedeutet dass jeweils die Haumllfte von ihnen mehr als 40 Stunden arbeitet Unter Maumlnnern gibt es aber mehr Fuumlhrungskraumlfte mit besonders langen Arbeitszeiten was den Durchschnittswert hebt Waumlhrend 100 der fuumlh-renden Frauen mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten sind es bei den Maumlnnern rund ein Viertel Interessant ist wiederum dass Frauen in Fuumlhrungspositionen ihre durchschnittliche Wochenstun-denzahl auf 357 Stunden verringern wenn sie Kinder haben waumlhrend Vaumlter mit Fuumlhrungsver-

5 Der Oumlffentliche Dienst ist durch die Gleichstellungs- und Frauenfoumlrdergesetze des Bundes und der Laumlnder seit Jahrzehnten dazu verpflichtet seine Personalpolitik gleichstellungsorientiert auszurichten

Nr 3 | 2020 Seite 10GesellschaftsReport BW

Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

Nr 3 | 2020 Seite 11GesellschaftsReport BW

antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

Nr 3 | 2020 Seite 12GesellschaftsReport BW

Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

Nr 3 | 2020 Seite 13GesellschaftsReport BW

mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Nr 3 | 2020 Seite 14GesellschaftsReport BW

Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 10: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 10GesellschaftsReport BW

Tabelle 1 Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Abbildung 2 Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Repraumlsentanzmaszlig (RM)

Zweite Fuumlhrungsebene

Erste Fuumlhrungsebene

Gesamt 2012 07 06

Gesamt 2018 09 06

Baugewerbe 2012 02 05

Baugewerbe 2018 11 04

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2012 06 06

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen 2018 10 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2012 08 06

Gesundheits- und Sozialwesen 2018 10 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2012 07 06

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 2018 09 05

Anmerkungen Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen sind u a Rechts- Steuerberatungen und Unternehmensberatungen oder der Bereich Forschung und Entwicklung Organisationen o E (ohne Erwerbs- charakter) fassen neben der Oumlffentlichen Verwaltung auch kirchliche und sonstige religioumlse Vereinigungen sowie Sozialversicherung Fuumlr einen Uumlberblick vgl Klee und Kleimann 2019

Datenquelle IAW 2019 (Klee und Kleimann 2019) eigene Darstellung FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

367 20

Frauenanteil an der Belegschaft und an Personen in Vorgesetztenfunktion 2012 und 2018 nach Branchen

und Fuumlhrungsebenen in Baden-Wuumlrttemberg

Organisationen oE Oumlffentliche Verwaltung

Wirtschaftliche und Wissenschaftliche Dienstleistungen Baugewerbe Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

0

25

50

75

in 100

ersteFuumlhrungsebene

zweite Fuumlhrungsebene

Beschaumlftigte

2012 2018

Nr 3 | 2020 Seite 11GesellschaftsReport BW

antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

Nr 3 | 2020 Seite 12GesellschaftsReport BW

Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

Nr 3 | 2020 Seite 13GesellschaftsReport BW

mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Nr 3 | 2020 Seite 14GesellschaftsReport BW

Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

Nr 3 | 2020 Seite 15GesellschaftsReport BW

4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

Nr 3 | 2020 Seite 16GesellschaftsReport BW

3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

Nr 3 | 2020 Seite 17GesellschaftsReport BW

ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

Nr 3 | 2020 Seite 18GesellschaftsReport BW

eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

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AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

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RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

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VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

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Page 11: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

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antwortung ein unveraumlndertes Arbeitspensum aufweisen6 Dahinter kann sich die vermeintliche Erwartung an Maumlnner verbergen fuumlr die Karriere mehr leisten zu muumlssen selbst wenn sie Vaumlter sind (Bujard und Schwebel 2015) Es kann aber auch zeigen dass Frauen fuumlr sich flexible Fuumlh-rungsmodelle nutzen insbesondere dann wenn sie Kinder haben ndash und Karriereschritte eher gehen wenn die Moumlglichkeit zur flexiblen Ausgestaltung besteht Die Foumlrderung einer familien-freundlichen Organisations- und Fuumlhrungskultur kann somit die Karrieren von Frauen unterstuumltzen und helfen mehr Frauen in Fuumlhrung zu bringen (BMFSFJ 2019)

Dies fuumlhrt zur Frage welche Verantwortung die vorhandene Infrastruktur Gesellschaft und Poli-tik dafuumlr tragen dass Frauen Entscheidungspositionen wahrnehmen koumlnnen und wollen Eine gute Kinderbetreuungsinfrastruktur kann hilfreich sein wenn es darum geht Zeit fuumlr die Erwerbs-arbeit zu gewinnen In Baden-Wuumlrttemberg wurde die fruumlhe Bildung Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut Diese unterstuumltzt insbesondere Frauen in Fuumlhrungs-positionen hinsichtlich Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Kitzenmaier 2019) 2018 wurden in Baden-Wuumlrttemberg 291 der Kinder unter 3 Jahren in Kitas betreut Damit ist die Betreuungsquote in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen Sie lag aber unter der Quote einiger anderer Bundeslaumlnder insbesondere der der ostdeutschen Bundeslaumlnder sowie Hamburg und Berlin (Abbildung 3 )

Fuumlr die geringere Betreuung von Kindern in Baden-Wuumlrttemberg koumlnnte auch ein eher traditio-nelles Familien- und Frauenbild ursaumlchlich sein das einerseits die Bereitschaft Kinder auszligerhalb der Familie betreuen zu lassen andererseits aber auch die Bereitschaft als Frau eine Karriere anzustreben beeinflussen kann Fragt man in Baden-Wuumlrttemberg nach der Zustimmung dafuumlr dass es die Aufgabe des Ehemannes sei Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haus-halt und Familie zu kuumlmmern (Baumann et al 2018) stimmen immerhin 128 dieser Aussage und damit dem sogenannten maumlnnlichen Brotverdienermodell bdquoeherldquo bis bdquovoll und ganzldquo zu7 Im Vergleich zu anderen Bundeslaumlndern ist dies ein relativ hoher Anteil der die Hypothese des Ein-flusses von Rollenbildern stuumltzt (Abbildung 3 )8 Gerade vor dem Hintergrund einer wenig frauen-foumlrdernden Einstellung koumlnnten gesellschaftliche bdquoGatekeeperldquo (Tuumlroumlffner) und (Rollen-) Vorbilder Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungsaufgaben unterstuumltzen Gatekeeper koumlnnen einzelne einfluss-reiche Personen sein die in relevante Netzwerke eingebunden sind Eine Vorbildfunktion kann sichtbaren Frauen in fuumlhrenden Rollen zukommen die mitunter auch als Mentorinnen agieren Hier kommen neben Frauen in Fuumlhrungspositionen im eigenen Umfeld etwa Unternehmerinnen ebenso wie Politikerinnen in Betracht die in der Oumlffentlichkeit sichtbar sind

6 Der Befund dass Frauen ihre Arbeitszeit eher reduzieren und Maumlnner tendenziell eher ausweiten wenn sie Eltern sind wurde auch in GesellschaftsReport BW 22018 und GesellschaftsReport BW 12020 thematisiert

7 Eigene Berechnung der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt anhand der Daten des ISSP 2018 Dieses Ergebnis ist aufgrund der geringen Fallzahl in einigen Laumlndern eine Annaumlherung an das vor-herrschende Rollenverstaumlndnis

8 In Kontrast dazu steht dass laut dem bdquoLaumlndermonitor Fruumlhkindliche Bildungssystemeldquo der Bertelsmann Stiftung (2020) Eltern in Baden-Wuumlrttemberg einen houmlheren Betreuungswunsch formulieren 416 der Eltern von unter 3-jaumlhrigen Kindern wuumlnschten sich 2018 einen Betreuungsplatz Auch in Laumlndern mit traditionellerer Praumlgung als Baden-Wuumlrttemberg ndash Hessen Bremen oder Rheinland-Pfalz ndash ist der Bedarf an Betreuungsplaumltzen mitunter zu einem erheblichen Anteil nicht gedeckt Am geringsten faumlllt die Luumlcke zwischen Bedarf und Abdeckung der Betreu-ung unter 3-Jaumlhriger in den ostdeutschen Bundeslaumlndern aus

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Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

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mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

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Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 12: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 12GesellschaftsReport BW

Bruumlche in der glaumlsernen Decke

Diese Befunde legen nahe dass in Baden-Wuumlrttemberg sowie in anderen Laumlndern mit einem ver-gleichsweise geringen Anteil von Frauen in Fuumlhrungspositionen diese gesellschaftlichen Kontexte einen Einfluss auf Karrierechancen von Frauen haben In Abbildung 3 ist dieses Muster heraus-gearbeitet Demnach koumlnnten eine nach wie vor nicht bedarfsgerechte Betreuungsinfrastruktur ein traditionell gepraumlgtes Rollenverstaumlndnis in der Gesellschaft und ein Mangel an Rollenvorbil-dern Frauen auf dem Weg in Fuumlhrungspositionen behindern Um zu analysieren wie relevant diese bundeslandspezifischen Faktoren fuumlr Frauen auf ihrem Karriereweg in Relation zu persoumlnli-chen betrieblichen und beruflichen Merkmalen sind werden logistische Mehrebenen analysen auf Deutschlandebene durchgefuumlhrt Durch diese Art der Analyse koumlnnen Individuen (hier Frauen) ihre individuellen Merkmale und die Kontexte in denen sie leben (hier Bundeslaumlnder) gemeinsam in ihrem Einfluss auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition beruumlcksichtigt werden Als persoumlnliche Merkmale der Frauen die ihre Wahrscheinlichkeit eine Fuumlhrungsposition anzunehmen9 beein-flussen koumlnnen werden in der Analyse der Bildungsabschluss die Kinderanzahl eine moumlgliche Partnerschaft die Berufserfahrung zum Befragungszeitpunkt und die durchschnittliche woumlchent-liche Arbeitszeit beruumlcksichtigt Berufliche und betriebliche Merkmale werden durch die Branche und die Betriebsgroumlszlige erfasst Die Unterschiede der Bundeslaumlnder flieszligen in Form der Kinderbe-treuungsquote von unter 3-Jaumlhrigen in Kitas des Traditionalisierungsgrades (Definition entspre-chend Abbildung 3 ) sowie des Frauenanteils im jeweiligen Landesparlament ein Da zwischen der Kinderbetreuungsquote unter 3-Jaumlhriger und dem Traditionalisierungsgrad ein zu starker statisti-scher Zusammenhang besteht (Multikollinearitaumlt r=- 075) muumlssen getrennte Modelle fuumlr diese beiden Merkmale berechnet werden

Die Ergebnisse (Tabelle 1A Modell 2 Anhang ) fuumlr Deutschland bestaumltigen auf der Ebene der Indi-viduen zunaumlchst weitgehend das Bild das sich bereits deskriptiv fuumlr Baden-Wuumlrttemberg zeigte Frauen gelingt in erster Linie das Uumlberwinden der glaumlsernen Decke je kleiner der Betrieb ist in dem sie taumltig sind Nach Branchen differenziert sind die Aufstiegschancen im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (Referenzkategorie) in bdquoHandel und Reparaturldquo (beinhaltet auch den Bereich Kraftfahrzeughandel und -reparatur) sowie in der Branche der bdquosonstigen Dienstleistun-genldquo (beinhaltet zum Beispiel persoumlnliche Dienstleistungen wie Friseur sowie die Reparatur von Gebrauchsguumltern und Datenverarbeitungsgeraumlten) fuumlr Frauen am groumlszligten10 Dies gilt auch fuumlr Maumlnner (Tabelle 1A Modell 5 Anhang ) Geschlechtsspezifische Unterschiede nach Branchen bestehen hier nicht

Die komplexe Analyse zeigt auch dass Frauen mit einer houmlheren Wahrscheinlichkeit fuumlhren wenn sie mehr Stunden als andere erwerbstaumltige Frauen leisten und mehr Berufserfahrung besitzen Erwartbar ist dass Frauen dann haumlufiger fuumlhren wenn sie hohe Bildungsabschluumlsse erzielt haben Im Kontrast dazu steht das Ergebnis fuumlr Maumlnner die bereits dann haumlufiger fuumlhren wenn sie einen

9 Eine Fuumlhrungsposition wird im Mikrozensus anhand der von der Arbeitsagentur entwickelten Klassifikation der Berufe (KdlB 2010) definiert Fuumlhrung wird anhand des Schluumlssels 94 definiert was umfassende Leitungsfunktion mit Personal- und Budgetverantwortung indiziert Hinzugenommen wurden auch Geschaumlftsfuumlhrer_innen

10 Die Brancheneinteilung erfolgt in Anlehnung an das IAW (Klee und Kleinmann 2019 16)

Nr 3 | 2020 Seite 13GesellschaftsReport BW

mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Nr 3 | 2020 Seite 14GesellschaftsReport BW

Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

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RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

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Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

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Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

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Page 13: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 13GesellschaftsReport BW

mittleren Bildungsabschluss erreicht haben Fuumlr sie ist ein hoher Bildungsabschluss seltener eine Voraussetzung fuumlr das Erreichen einer Fuumlhrungsposition als fuumlr Frauen11

Obwohl die multivariaten Analysen bestaumltigen welche betrieblichen beruflichen und persoumln- lichen Merkmale Frauen in Deutschland auf ihrem Karriereweg unterstuumltzen oder hemmen ist das moumlglicherweise interessanteste Ergebnis dass trotz Beruumlcksichtigung dieser Merkmale Dif-ferenzen zwischen den Bundeslaumlndern bestehen bleiben (Abbildung 1A Anhang ) Anders aus- gedruumlckt Auch wenn beruumlcksichtigt wird dass Frauen in unterschiedlichen Branchen und Be- trieben taumltig sind und sie unterschiedliche private und berufliche Voraussetzungen haben fuumlhren sie in Baden-Wuumlrttemberg seltener als in vielen anderen Bundeslaumlndern

11 Der Blick in die Daten und den genauen KlB-Schluumlssel laumlsst vermuten dass dies Maumlnner sind die beratend (also bspw ihr Fachwissen zu Verfuumlgung stellen) oder aber in den Bereichen Vertrieb Einkauf und Geschaumlftsfuumlhrung taumltig sind Denkbar sind hier interne Karrierewege in ein und derselben Firma (vom Auszubildenden uumlber die Fach-karriere zur Fuumlhrungskraft)

Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kindertageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Frauenanteil in Fuumlhrungs- positionen

Betreuungs- quote U3

Traditionali- sierungsgrad

Anteil Mandat- traumlger_innen im

Landesparlament

Mecklenburg-Vorpommern 448 564 89 254

Thuumlringen 447 540 42 385

Brandenburg 395 564 63 352

Sachsen 371 509 91 317

Sachsen-Anhalt 359 571 56 264

Berlin 350 439 71 331

Niedersachsen 332 309 109 277

Hamburg 323 440 (00) 298

Schleswig-Holstein 314 337 74 301

Bremen 297 284 (182) 337

Saarland 296 286 (100) 353

Bayern 292 275 110 294

Baden-Wuumlrttemberg 290 291 128 245

Hessen 288 306 133 318

Nordrhein-Westfalen 280 272 125 276

Rheinland-Pfalz 243 309 129 356

Anmerkung Der Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen wird anhand des Mikrozensus definiert Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungsgrad wird anhand der Daten des International Social Survey Programme (ISSP) 2018 gemessen durch die Zustimmung zur Aussage bdquoEs ist die Aufgabe des Ehemannes Geld zu verdienen und die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo (Baumann et al 2018) Die Variable gibt den Anteil an Personen pro Bundesland an der dieser Frage zustimmt bzw voll und ganz zustimmt Da insbesondere in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen aber auch im Saarland die Fallzahlen nlt=50 betragen werden die Werte geklammert Entsprechend sind sie eingeschraumlnkt vergleichbar Der Frauenanteil im Landesparlament gibt eben- diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefragung Rechnung zu tragen

Datenquellen Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Abbildung 3 Frauenanteil in Fuumlhrungspositionen Betreuungsquote unter 3-Jaumlhriger in Kinder- tageseinrichtungen Traditionalisierungsgrad und Frauenanteil im Landesparlament in den Bundeslaumlndern Deutschlands 2018

Nr 3 | 2020 Seite 14GesellschaftsReport BW

Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

Nr 3 | 2020 Seite 15GesellschaftsReport BW

4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

Nr 3 | 2020 Seite 16GesellschaftsReport BW

3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 14: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 14GesellschaftsReport BW

Um diese Differenzen erklaumlren zu koumlnnen werden in einem naumlchsten Schritt bundeslandspezi-fische Faktoren in das Analysemodell integriert Modell 3a in Tabelle 1A (Anhang ) verdeutlicht dass es fuumlr das Erlangen von Fuumlhrungspositionen von signifikanter Bedeutung ist ob Familien geeignete Betreuungsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Kinder vorfinden Bestehen im eigenen Umkreis ausreichend und geeignete Optionen dann koumlnnen sich Eltern darauf verlassen dass fuumlr ihre Kinder gesorgt ist waumlhrend sie selbst erwerbstaumltig sind Ein fruumlher Kita-Besuch kann so nicht nur fuumlr die Entwicklung der Kinder gewinnbringend sein sondern auch die berufliche Entwick-lung (von Frauen) unterstuumltzen Entsprechend zeigt sich in Relation fuumlr Maumlnner das gegenteilige Ergebnis In Laumlndern in denen die Betreuungsquote hoch ist fuumlhren sie signifikant etwas selte-ner (Tabelle 1A Modell 6a Anhang )

Eng mit der Inanspruchnahme von Betreuungsmoumlglichkeiten verknuumlpft kann auch das Rollenbild in der Gesellschaft sein In einer Gesellschaft in der das maumlnnliche Brotverdiener-Modell weniger angesehen ist duumlrften auch mehr Frauen ihre Kinder in Betreuung geben Entsprechend zeigen die separaten Analysen in Modell 3b im Anhang dass Frauen aus traditionell gepraumlgten Bundes-laumlndern mit geringerer Wahrscheinlichkeit in eine Fuumlhrungsposition gelangen Je houmlher also die gesellschaftliche Akzeptanz ist dass Maumlnner und Frauen zum Haushaltseinkommen beitragen desto eher hat dies einen positiven Einfluss darauf dass Frauen Fuumlhrungspositionen erlangen Denkbar ist dass sie sich dann auch ermutigt fuumlhlen Chancen auf die Einnahme einer Fuumlhrungs-position zu ergreifen weil sie keine oder geringere gesellschaftliche Benachteiligungen fuumlrchten muumlssen Daneben erfahren sie in einem weniger traditionellen Umfeld voraussichtlich auch eine staumlrkere berufliche Foumlrderung

In den Analysen bestaumltigt sich jedoch nicht die Annahme dass weibliche Vorbilder gemessen am Frauenanteil in der Politik Frauen aus Privatwirtschaft und Oumlffentlichem Dienst dazu ermuti-gen koumlnnen selbst eine Fuumlhrungsposition zu erlangen Dies koumlnnte allerdings dem verwendeten eher schwachen Indikator geschuldet sein (Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament) Poli-tiker_innen koumlnnen Vorbilder sein jedoch sind sie in der unmittelbaren Lebenswelt weniger prauml-sent als bspw Frauen aus dem eigenen persoumlnlichen Umfeld oder gar der eigenen Organisation So ist zwar der Einfluss von Vorbildern auf das Verhalten von Frauen und Maumlnnern am Arbeits-markt hinreichend belegt (ua Morgenroth et al 2015 Solga und Pfahl 2009) Es besteht jedoch kein Grund zur Annahme dass die Zahl persoumlnlicher weiblicher Vorbilder am Bundesland festzu-machen ist

Dass Frauen in Fuumlhrungspositionen davon profitieren wenn in sie in ihrem Bundesland chancen-gleichheitsfoumlrdernde Strukturen vorfinden zeigt auch der Blick auf ihre Alltagsgestaltung (Daten des SOEP 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statisti-schen Landesamt) So investieren sie 1 Stunde pro Tag mehr fuumlr ihre Arbeit aber 15 Stunden weniger fuumlr Betreuungsaufgaben wenn sie in einem Bundesland leben in dem unter 3-Jaumlhrige im Bundesvergleich uumlberdurchschnittlich haumlufig auszligerhalb des Elternhauses betreut werden

Nr 3 | 2020 Seite 15GesellschaftsReport BW

4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

Nr 3 | 2020 Seite 16GesellschaftsReport BW

3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 15: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

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4 Best-Practice

Frauen die im Oumlffentlichen Dienst (OumlD) Fuumlhrungspositionen einnehmen moumlchten stehen vor der Herausforderung dass es nur wenige Vorbilder innerhalb des OumlD gibt die sie bei ihren Zielen und Herausforderungen unterstuumltzen koumlnnen Dabei sind es gerade Vorbilder die als Wegweiser motivieren und als Tuumlroumlffner fungieren koumlnnen Diesen Aspekt greift das Mentoring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf das 200910 mit dem Ziel entwickelt wurde den Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen deutlich zu erhoumlhen und so auch den Anteil von Frauen in Gremien (zum Beispiel in Beiraumlten Kommissionen Verwaltungs- und Aufsichtsraumlten ndash vgl auch sect 31 Abs 1 Landesgleichstellungsgesetz RLP) erheblich zu steigern12 Konkret richtet sich das Programm an weibliche Nachwuchsfuumlhrungskraumlfte des 4 Einstiegsamts der obersten Landesbehoumlrden in Rheinland-Pfalz und der Verwaltung des Landtages

Interview mit Birgit Groh-Peter | Projektleiterin und Leiterin des Referats bdquoFrauen im Oumlffentlichen Dienst in der Politik Kunst und Kultur Mentoringldquo des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz | Mento-ring-Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo

1 Was war die Ausgangssituation als Sie mit Ihrem Mentoring-Projekt begannenDer bdquo3 Bericht uumlber die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes des Landes Rheinland- Pfalzldquo (Berichtszeitraum 2003 bis 2007) hat einen Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen im gesamten Landesdienst von 24 ausgewiesen Dieser niedrige Anteil war Ausgangspunkt fuumlr das Mentoring- Programm bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo Es soll zu einer Sensibilisierung aller Betroffenen fuumlr die Belange der Frauen und einer staumlrkeren Netzwerkbildung unter den Frauen in Fuumlhrungspositionen beitragen Innerhalb der letzten Jahre haben ca 170 weibliche Mentees am Programm teilgenom-men Der Frauenanteil in Fuumlhrungsfunktionen betraumlgt nun im gesamten Landesdienst ca 34

2 Welche Ruumlckmeldungen erhalten Sie von Mentees und Mentor_innen Wie haben sie profitiertBei einer groszligangelegten Verbleibstudie (n=80 quantitative Befragung per Mail Ruumlcklauf n=50 entspricht 63 ) der Jahrgaumlnge 201011 bis 201617 haben 74 der ehemaligen Mentees eine berufliche Veraumlnderung erfahren 16 uumlbernahmen erstmalig eine Fuumlhrungsfunktion 38 uumlber-nahmen eine houmlhere Fuumlhrungsfunktion als zuvor 77 der Teilnehmerinnen wuumlrden erneut an dem Programm teilnehmen Auch die Mentor_innen stehen dem Programm positiv gegenuumlber was sich daran zeigt dass viele Mentor_innen immer wieder gerne fuumlr diese Funktion zur Ver-fuumlgung stehen Sie finden es bereichernd Wissen und Erfahrungen weiterzugeben und berich-ten dass auch sie viel von den Mentees lernen und mit einem anderen Blick auf manche Ablaumlufe in der Verwaltung schauen Die Mentor_innen leiten in der Regel Abteilungen oder fungieren als stellvertretende Abteilungsleitungen

12 Weiterfuumlhrende Informationen zum Programm unter httpsmffjivrlpdedethemenfrauenfrauen-in-der-wirt schaft-und-dem-oeffentlichen-dienstmentoring-programm-mehr-frauen-an-die-spitze

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3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

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ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

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eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

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Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

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Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

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Berlin

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Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

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RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

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Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

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Page 16: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 16GesellschaftsReport BW

3 Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Programms Was koumlnnen Sie anderen mitgeben Sehr wichtig fuumlr das Gelingen unseres Programms ist dass sich von Beginn an alle Ressorts die Staatskanzlei sowie die Landtagsverwaltung an bdquoMehr Frauen an die Spitzeldquo beteiligt haben das Programm unterstuumltzten und ihm positiv gegenuumlberstanden Wichtig war auch eine wissenschaft-liche Begleitung und Evaluation Hierdurch ist es moumlglich punktgenau und zeitnah das Programm an die Beduumlrfnisse der jeweiligen Programmrunde anzupassen Wertschaumltzung ist ein weiterer zentraler Punkt Jede Runde wird in angemessenem Rahmen durch eine Auftakt- und Abschluss-veranstaltung eroumlffnet bzw abgeschlossen Die Mentees erhalten ihre Teilnahmezertifikate aus der Hand der Ministerin fuumlr Familie Frauen Jugend Integration und Verbraucherschutz die Mentor_innen ein Dankschreiben der Ministerpraumlsidentin und die neuen Teilnehmenden werden begruumlszligt Ein groszliges Erfolgsgeheimnis des Programms sind auch die Teilnehmenden selbst Die Mentees sind hochmotiviert und empfinden das Programm als sinnvoll und herausfordernd Die Mentor_innen sind stolz darauf ein ganzes Jahr eine angehende Fuumlhrungskraft zu begleiten zu foumlrdern ihnen Tuumlren zu oumlffnen und die oftmals bdquoverschlungenenldquo Pfade in der Verwaltung zu zeigen

4 Wie koumlnnte der Frauenanteil im Oumlffentlichen Dienst weiter gesteigert werden Der Oumlffentliche Dienst hat sehr gut ausgebildete und engagierte Frauen die bereit sind Verant-wortung in einer Fuumlhrungsfunktion zu uumlbernehmen Wichtig ist dass diese Frauen in der Organi-sation bdquoerkanntldquo und gefoumlrdert werden Als ein sinnvolles Instrument der Frauenfoumlrderung stehen Mentoring-Programme wie unseres zur Verfuumlgung Da viele Frauen (und auch Maumlnner) eine Kar-riere anstreben und Beruf und Familie vereinbaren wollen bieten sich Instrumente wie beispiels- weise bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo als sinnvoller Weg an Auch mit dem Instrument bdquoFuumlhren in Teilzeitldquo hat Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht13

Internationaler Exkurs ndash Die Stadtverwaltung Norrkoumlping

Die Analysen haben den Einfluss herausgearbeitet den die Kontextbedingungen eines Bundes- landes darauf haben dass Frauen eine Fuumlhrungsposition erlangen Gerade die Kombination aus einer Offenheit der Gesellschaft gegenuumlber modernen Familienbildern ein familienfreundliches wohlfahrtsstaatliches System kombiniert mit einem genderneutralen Fuumlhrungsbild wird mit Schwe-den assoziiert Das Best-Practice Beispiel gibt Einblicke in die schwedische gender- und familien-orientierte Personalpolitik am Beispiel und aus der Perspektive der Stadtverwaltung Norrkoumlping14

Letacutes create Norrkoumlping Diese Mission der Stadtverwaltung Norrkoumlping ist wegweisend fuumlr ihr Handeln nach auszligen und innen Ihre Werte zeichnen sich durch Ergebnisorientierung Transpa-renz Gemeinwohlorientierung und Stolz aus die sich auch in ihrer Personalpolitik widerspiegeln In Norrkoumlping ist es keine Frage des Geschlechts der Laufbahngruppe oder des Dienstalters wer fuumlhrt Fuumlhrung ist an die individuelle Leistung geknuumlpft Diese Leistung wird anhand transparen-

13 Siehe hierfuumlr bdquoFuumlhren in Teilzeit ndash und es geht dochldquo ein Leitfaden mit guten Beispielen zu Fuumlhren in Teilzeit in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz (bestellbar auf der Seite des Ministeriums fuumlr Familie Frauen Jugend Inte-gration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz)

14 Das Beispiel der Stadtverwaltung Norrkoumlping wurde am 25032019 im Rahmen des 10 bdquoBW-Forum ndash Personal-verantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo vorgestellt und freundlicherweise fuumlr diesen Report von den Personalver-antwortlichen der Stadtverwaltung zur Verfuumlgung gestellt

Nr 3 | 2020 Seite 17GesellschaftsReport BW

ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

Nr 3 | 2020 Seite 18GesellschaftsReport BW

eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

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oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Nr 3 | 2020 Seite 20GesellschaftsReport BW

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Deutscher Bundestag (2018) Geschlechterparitaumlt in nationalen Parlamenten der EU-Staaten Aus- arbeitung Aktenzeichen WD 1 3000 - 01618 URL httpswwwbundestagderesourceblob 575544d40660e40b8b07c8c0f710d97b7d73e3wd-1-016-18-pdf-datapdf Download vom 22062020

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Holst Elke und Martin Friedrich (2017) Fuumlhrungskraumlfte ndash Monitor 2017 Update 1995-2015 DIW Berlin Politikberatung kompakt 121

Holst Elke und Anita Wiemer (2010) Frauen sind in Spitzengremien der Wirtschaft unterre-praumlsentiert Eine Analyse der Ursachen und Handlungsansaumltze In Wirtschaftsdienst 2010 10 S 692ndash699

Holst Elke und Katharina Wrohlich (2019) Frauenanteile in Aufsichtsraumlten groszliger Unternehmen in Deutschland auf gutem Weg ndash Vorstaumlnde bleiben Maumlnnerdomaumlnen In DIW Wochenbericht 3 2019 S 20ndash34

Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

Jochmann-Doumlll Andrea (2014) Gendergerechte Beurteilungen ndash Hinweise und Empfehlungen fuumlr eine gleichstellungsfoumlrderliche Gestaltung von Regelungen und Praxis Duumlsseldorf Hans- Boumlckler-Stiftung

Karl Anna-Lena Sebastian Schwidder Joumlrg Weingarten und Marion Weckes (2020) Ambition oder Symbolpolitik Europaumlische Geschlechterquoten fuumlr Fuumlhrungspositionen im Vergleich In Mitbestimmungsreport 59 5 2020 Duumlsseldorf Hans-Boumlckler-Stiftung

Kitzenmaier Ronja (2019) Entwicklung der Kleinkindbetreuung in Baden-Wuumlrttemberg In Statistisches Monatsheft Baden-Wuumlrttemberg 4 2019 S 17ndash22

Klee Guumlnther und Rolf Kleinmann (2019) Frauen in Fuumlhrungspositionen 2018 Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels Baden-Wuumlrttemberg In IAW Brief Reports 2 2019 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung eV

Klempt Charlotte und Guumlnther Klee (2017) Betriebliche Beschaumlftigungsentwicklung und be- triebliches Einstellungsverhalten in Baden-Wuumlrttemberg Eine geschlechtsspezifische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels (Wellen 2000ndash2016) In IAW Brief Reports 4 2017 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung e V

Kohaut Susanne und Iris Moumlller (2019) Frauen in leitenden Positionen Leider nichts Neues auf den Fuumlhrungsetagen In IAB-Kurzbericht 23 2019 Nuumlrnberg Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2016) Frauenanteil im baden-wuumlrttembergischen Landtag URL httpswwwlandtagswahl-bwdefrauenanteil_landtag2016html Download vom 22062020

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2020) Frauen in den Laumlnderparlamenten URL https wwwlpb-bwdefrauenanteil-laenderparlamentenc46221 Download vom 17072020

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 17: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 17GesellschaftsReport BW

ter Kriterien jaumlhrlich gemeinsam mit dem Gehalt das nicht fix ist diskutiert In Norrkoumlping liegen diese Kriterien in professionellen und interpersonellen Faumlhigkeiten Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein professionellem Auftreten und den Fuumlhrungsfaumlhigkeiten Hervorzuheben ist auch dass Gehaumllter von Maumlnnern und Frauen proaktiv verglichen und angepasst werden (Gender Pay Gap 2018 Schweden 122 Deutschland 209 (Eurostat 2020)) Interessant gegenuumlber dem deutschen Fuumlhrungsverstaumlndnis ist dass Fuumlhrung einmal erreicht immer verhandelbar ist bdquoBogenkarrierenldquo werden proaktiv gefoumlrdert Nach 4 Jahren in Fuumlhrung wird gemeinsam bilan-ziert Haben sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfuumlllt ist die Ruumlckkehr in die Fachkarriere jederzeit moumlglich In Norrkoumlping wird diese Option schaumltzungsweise einmal pro Jahr eigeninitia-tiv in Anspruch genommen Der Umkehrschluss daraus ist dass Erhalt und Verlust von Fuumlhrung nicht mit Prestigegewinn oder -verlust gleichbedeutend ist Fuumlr angestellte Maumlnner und Frauen ist zudem die Familiengruumlndung kein Ausschlusskriterium fuumlr eine Karriere Familien werden pro-aktiv durch Staat und Arbeitgeber_innen unterstuumltzt In Norrkoumlping koumlnnen beide Elternpaare ins- gesamt bis zu 480 Tage (16 Monate) Elternzeit nehmen bei 80 ihres letzten Gehalts15 Ihre Kin-der koumlnnen sie ab dem Alter von einem Jahr in die Kinderbetreuung geben Dafuumlr stehen aus-reichend Betreuungsplaumltze in der Gemeinde zur Verfuumlgung ndash auch fuumlr Ganztagesbetreuung oder Betreuung in den Randzeiten Damit wird gewaumlhrleistet dass beide Eltern in Vollzeit der Norm in Schweden erwerbstaumltig sein koumlnnen In Norrkoumlping sind alle Anstellungsverhaumlltnisse entspre-chend vollzeitbasiert wobei alle Angestellten ein Recht auf Teilzeit haben Dieses Recht neh-men aktuell 336 der Frauen und 156 der Maumlnner in Anspruch Es sind insgesamt weniger die Einzelmaszlignahmen als vielmehr das gesellschaftliche Arbeits- und Familienverstaumlndnis das in Schweden und Norrkoumlping dafuumlr sorgt dass Frauen gleiche Chancen wie Maumlnner erhalten sie per se fuumlr Fuumlhrungsaufgaben infrage kommen und dass die Betreuung von Kindern auszligerhalb des Elternhauses als gesellschaftliche Norm akzeptiert ist Es ist die Vorstellung dass Familie und Beruf sich nicht gegenseitig ausschlieszligen In Norrkoumlping stellen Frauen 816 der Belegschaft 74 der Fuumlhrungspositionen werden durch Frauen besetzt

5 Schlussbetrachtung

Die glaumlserne Decke ist fuumlr Frauen durchlaumlssiger wenn sie in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten in denen sie mit wenigen anderen konkurrieren im Handel bzw dem Bereich der sonsti-gen Dienstleitungen taumltig sind und moumlglichst hohe Bildungsabschluumlsse erworben haben Dieses Ergebnis zeigt dass Frauen auf ihrem Karriereweg nach wie vor nicht die gleichen Chancen haben wie Maumlnner Die vorliegenden Ergebnisse stellen das Familien- und Frauenbild in der Gesellschaft als eine Ursache fuumlr die mangelnde Chancengleichheit der Geschlechter heraus Frauen fuumlhren deutlich haumlufiger wenn dieses Bild in dem Bundesland in dem sie leben weniger traditionell gepraumlgt ist und die Betreuung von Kindern in Kitas ermoumlglicht und gefoumlrdert wird Dieses Ergeb-nis ist ein deutliches Signal an Politik Arbeitgeber_innen und Gesellschaft in Baden-Wuumlrttemberg den Diskurs uumlber die Rolle von Frauen Familie und Fuumlhrung fortzufuumlhren und zu intensivieren

Die verbindliche bdquoFrauenquoteldquo wie sie bereits nach dem FuumlPoG gilt und wie sie das ChancenG fuumlr Gremienbesetzungen vorsieht auf alle Branchen auszuweiten und

15 Siehe auch Deutscher Bundestag (2020) In Schweden sind 45 der Elterngeldbezieher maumlnnlich wobei Vaumlter im Durchschnitt 39 Tage in Anspruch nehmen (BMFSFJ 2018)

Nr 3 | 2020 Seite 18GesellschaftsReport BW

eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Bujard Martin und Lars Schwebel (2015) Vaumlter zwischen Wunsch und Realitaumlt Neue Vereinbar-keitsprobleme von Familie und Beruf bei Maumlnnern In Gesellschaft Wirtschaft Politik (GWP) 2 2015 S 211ndash224

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2019) Unternehmens-monitor Familienfreundlichkeit 2019 Berlin

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2018) Vaumlterreport Vater sein in Deutschland heute Berlin

Nr 3 | 2020 Seite 20GesellschaftsReport BW

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2017) Zweiter Gleich-stellungsbericht der Bundesregierung Berlin

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2016) 3 Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Maumlnnern in Deutschland Berlin

Davidson-Schmich Louise K (2016) Gender Quotas and Democratic Participation Recruiting Candidates for Elective Offices in Germany Ann Arbor Michigan University of Michigan Press

Destatis 2020 Gleichstellungsindex 2019 Gleichstellung von Frauen und Maumlnnern in den obers-ten Bundesbehoumlrden Wiesbaden Statistisches Bundesamt

Deutscher Bundestag (2020) Elterngeld in Schweden Sachstand Aktenzeichen WD 9 3000 ndash 08919 URL httpswwwbundestagderesourceblob678118fe6786d7febcf160b2ddbddc34d4 0ce1WD-9-089-19-pdf-datapdf Download vom 29062020

Deutscher Bundestag (2018) Geschlechterparitaumlt in nationalen Parlamenten der EU-Staaten Aus- arbeitung Aktenzeichen WD 1 3000 - 01618 URL httpswwwbundestagderesourceblob 575544d40660e40b8b07c8c0f710d97b7d73e3wd-1-016-18-pdf-datapdf Download vom 22062020

Eurostat (2020) Gender Pay Gap Statistics Gender Pay Gap How much Less Do Women Earn than Men URL httpseceuropaeueurostatstatistics-explainedindexphpGender_pay_gap_statistics Download vom 20072020

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Hausmann Ann-Christin Corinna Kleinert und Kathrin Leuze (2015) Entwertung von Frauenbe- rufen oder Entwertung von Frauen im Beruf In Koumllner Zeitschrift fuumlr Soziologie 67 2 S 217ndash242

Hausmann Ann-Christin und Corinna Kleinert (2014) Berufliche Segregation auf dem Arbeits-markt Maumlnner- und Frauendomaumlnen kaum veraumlndert In IAB Kurzbericht 9 2014 Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Holst Elke und Martin Friedrich (2017) Fuumlhrungskraumlfte ndash Monitor 2017 Update 1995-2015 DIW Berlin Politikberatung kompakt 121

Holst Elke und Anita Wiemer (2010) Frauen sind in Spitzengremien der Wirtschaft unterre-praumlsentiert Eine Analyse der Ursachen und Handlungsansaumltze In Wirtschaftsdienst 2010 10 S 692ndash699

Holst Elke und Katharina Wrohlich (2019) Frauenanteile in Aufsichtsraumlten groszliger Unternehmen in Deutschland auf gutem Weg ndash Vorstaumlnde bleiben Maumlnnerdomaumlnen In DIW Wochenbericht 3 2019 S 20ndash34

Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

Jochmann-Doumlll Andrea (2014) Gendergerechte Beurteilungen ndash Hinweise und Empfehlungen fuumlr eine gleichstellungsfoumlrderliche Gestaltung von Regelungen und Praxis Duumlsseldorf Hans- Boumlckler-Stiftung

Karl Anna-Lena Sebastian Schwidder Joumlrg Weingarten und Marion Weckes (2020) Ambition oder Symbolpolitik Europaumlische Geschlechterquoten fuumlr Fuumlhrungspositionen im Vergleich In Mitbestimmungsreport 59 5 2020 Duumlsseldorf Hans-Boumlckler-Stiftung

Kitzenmaier Ronja (2019) Entwicklung der Kleinkindbetreuung in Baden-Wuumlrttemberg In Statistisches Monatsheft Baden-Wuumlrttemberg 4 2019 S 17ndash22

Klee Guumlnther und Rolf Kleinmann (2019) Frauen in Fuumlhrungspositionen 2018 Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels Baden-Wuumlrttemberg In IAW Brief Reports 2 2019 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung eV

Klempt Charlotte und Guumlnther Klee (2017) Betriebliche Beschaumlftigungsentwicklung und be- triebliches Einstellungsverhalten in Baden-Wuumlrttemberg Eine geschlechtsspezifische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels (Wellen 2000ndash2016) In IAW Brief Reports 4 2017 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung e V

Kohaut Susanne und Iris Moumlller (2019) Frauen in leitenden Positionen Leider nichts Neues auf den Fuumlhrungsetagen In IAB-Kurzbericht 23 2019 Nuumlrnberg Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2016) Frauenanteil im baden-wuumlrttembergischen Landtag URL httpswwwlandtagswahl-bwdefrauenanteil_landtag2016html Download vom 22062020

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2020) Frauen in den Laumlnderparlamenten URL https wwwlpb-bwdefrauenanteil-laenderparlamentenc46221 Download vom 17072020

Lloren Anouk (2015) Womenlsquos Substantive Representation Defending Feminist Interests or Womenlsquos Electoral Preferences In The Journal of Legislative Studies 21 2 S 144ndash167

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2020) Im Spagat zwischen Erwerbstaumltigkeit und Fuumlrsorge ndash alleinerziehende Muumltter und Vaumlter in Baden-Wuumlrttemberg In GesellschaftsReport BW 1 2020

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2018) Generation unter Druck Die Beanspruchung von Menschen mittleren Alters In GesellschaftsReport BW 2 2018

Morgenroth Thekla Michelle K Ryan und Kim Peters (2015) The Motivational Theory of Role Modeling How Role Models Influence Role Aspirantslsquo Goals In Review of General Psychology 19 4 S 1ndash19

Nr 3 | 2020 Seite 22GesellschaftsReport BW

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Osterloh Margit (2014) Warum es ohne Quoten nicht geht ndash die Sicht der Verhaltensoumlkonomik In Die Volkswirtschaft 6 2014

Papenfuszlig Ulf und Christian Arno Schmidt (2020) Frauen in Top-Managementorganen oumlffent- licher Unternehmen ndash ein deutschlandweiter Staumldtevergleich (FIT-Public Management-Studie 2020) Friedrichshafen Zeppelin Universitaumlt

Phillips Anne (1995) The Politics of Presence Oxford Oxford University Press

Possinger Johanna (2013) Vaterschaft im Spannungsfeld von Erwerbs- und Familienleben bdquoNeuen Vaumlternldquo auf der Spur Wiesbaden Springer VS

Solga Heike und Lisa Pfahl (2009) Doing Gender im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich Discussion Paper SP I 2009-502 Berlin Wissenschaftszentrum Berlin fuumlr Sozialforschung (WZB)

Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

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008

ndash 010

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ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

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Berlin

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Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

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Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 18: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 18GesellschaftsReport BW

eine Nicht-Erfuumlllung zu sanktionieren koumlnnte ein hilfreicher Schritt sein Ob dabei eine feste Quote wie die 30 -Regelung im FuumlPoG oder aber die Orientierung an einem Reprauml-sentanzmaszlig das branchenspezifische Unterschiede beruumlcksichtigt zielfuumlhrend ist bliebe indes zu diskutieren Wichtig ist die potenzielle Signalwirkung fuumlr Arbeitgeber_innen und Gesellschaft sowie der moumlgliche Beitrag zum Abbau von Stereotypen (Osterloh 2014) Bis eine solche Quote auf den Weg gebracht waumlre koumlnnten Arbeitgeber_innen mit guten Beispiel vorangehen und sich selbst eine Quote oder Zielmarge auferlegen Frauen zielgerichtet foumlrdern16 oder bspw ein bdquoGleichstellungscontrollingldquo (Holst und Wiemer 2010) einfuumlhren

Eine Quotenregelung ist indes lediglich ein Instrument zur Korrektur von Ungleichheit Langfris-tig erfolgversprechend ist eine Neudefinition von Fuumlhrung Ein Fuumlhrungsverstaumlndnis das uumlber-lange Arbeitszeiten staumlndige Praumlsenz und Erreichbarkeit voraussetzt Erwerbsunterbrechungen im Lebenslauf sanktioniert und die Aufnahme in entscheidende Netzwerke erschwert schafft Frauen kaum Zutritt zu houmlheren Fuumlhrungsebenen Neben einem veraumlnderten Fuumlhrungsverstaumlnd-nis sind innovative Fuumlhrungsmodelle wichtig um Rahmenbedingungen zu schaffen die es Frauen ermoumlglichen Familie und Fuumlhrung zu vereinbaren Ein Beispiel hierfuumlr sind Fuumlhrungstandems Hand in Hand geht damit auch die Option der Fuumlhrung in Teilzeit Solche Modelle kommen auch Maumlnnern zugute die ihre Arbeit gerne flexibler gestalten bzw mehr Zeit mit ihrer Familie ver-bringen moumlchten17 Diese Modelle sind fuumlr Arbeitgeber_innen aber auch fuumlr die Fuumlhrungskraumlfte selbst mit Unsicherheiten behaftet da die bestehenden Strukturen nach wie vor stark durch eine Praumlsenzkultur gepraumlgt sind Entsprechend bedarf es adaumlquater Unterstuumltzungsangebote wie auf Landesebene die Initiative FamilyNet18 die Unternehmen bei der Gestaltung einer familien- orientierten Personalpolitik unterstuumltzen Fuumlr den Oumlffentlichen Dienst bietet der vom Sozialminis-terium Baden-Wuumlrttemberg gefoumlrderte Fachkongress bdquoBW-Forum ndash Personalverantwortliche im Oumlffentlichen Dienstldquo eine Vernetzungsmoumlglichkeit fuumlr Personalverantwortliche19 Da sich aber gerade der Oumlffentliche Dienst durch besondere Strukturen auszeichnet waumlre eine Plattform hilf-reich die gezielt fuumlr diesen Sektor Informationen zu einer innovativen und familiensensiblen Per-sonalpolitik buumlndelt und bereitstellt sowie Akteur_innen in den Austausch bringt

Fuumlr den Erfolg von Frauen sind nicht zuletzt Vorbilder und eigene Netzwerke wichtig die sie bei ihren individuellen Herausforderungen unterstuumltzen Ein Mentoring-Programm auf Landes- ebene wie es das Land Rheinland-Pfalz bereits kennt ist eine gute Moumlglichkeit und wird aktuell in Baden-Wuumlrttemberg als Pilotprojekt des Ministeriums fuumlr Soziales und Integration erarbeitet Daruumlber hinaus koumlnnen Netzwerkveranstaltungen Frauen in Fuumlhrung in den Austausch bringen und ihnen Tuumlren oumlffnen

Bei der Diskussion um mehr Frauen in Fuumlhrung darf nicht vergessen werden dass es nicht um die Frage geht ob Frauen bdquobessereldquo Fuumlhrungskraumlfteldquo sind oder ob weibliche Eigenschaften gut

16 Klempt und Klee (2017) zeigen fuumlr Baden-Wuumlrttemberg dass Frauen in Betrieben mit einer gezielten weiblichen Nachwuchsfoumlrderung haumlufiger Fuumlhrungspositionen auf erster Fuumlhrungsebene uumlbernehmen

17 Vaumlter geben diesen Wunsch nach mehr Zeit fuumlr die Familie immer haumlufiger an (BMFSFJ 2018) Jedoch machen sie von den familienfreundlichen Angeboten bei ihrem Arbeitgeber immer noch wenig Gebrauch weil sie um ihre Kar-riereentwicklung fuumlrchten (Possinger 2013) Gerade deshalb braumluchte es maumlnnliche Vorbilder

18 httpwwwfamilynet-bwde

19 httpswwwstatistik-bwdeFaFoManagementBW-Forumjsp

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2019) Unternehmens-monitor Familienfreundlichkeit 2019 Berlin

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2018) Vaumlterreport Vater sein in Deutschland heute Berlin

Nr 3 | 2020 Seite 20GesellschaftsReport BW

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2017) Zweiter Gleich-stellungsbericht der Bundesregierung Berlin

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2016) 3 Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Maumlnnern in Deutschland Berlin

Davidson-Schmich Louise K (2016) Gender Quotas and Democratic Participation Recruiting Candidates for Elective Offices in Germany Ann Arbor Michigan University of Michigan Press

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Deutscher Bundestag (2018) Geschlechterparitaumlt in nationalen Parlamenten der EU-Staaten Aus- arbeitung Aktenzeichen WD 1 3000 - 01618 URL httpswwwbundestagderesourceblob 575544d40660e40b8b07c8c0f710d97b7d73e3wd-1-016-18-pdf-datapdf Download vom 22062020

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Holst Elke und Anita Wiemer (2010) Frauen sind in Spitzengremien der Wirtschaft unterre-praumlsentiert Eine Analyse der Ursachen und Handlungsansaumltze In Wirtschaftsdienst 2010 10 S 692ndash699

Holst Elke und Katharina Wrohlich (2019) Frauenanteile in Aufsichtsraumlten groszliger Unternehmen in Deutschland auf gutem Weg ndash Vorstaumlnde bleiben Maumlnnerdomaumlnen In DIW Wochenbericht 3 2019 S 20ndash34

Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

Jochmann-Doumlll Andrea (2014) Gendergerechte Beurteilungen ndash Hinweise und Empfehlungen fuumlr eine gleichstellungsfoumlrderliche Gestaltung von Regelungen und Praxis Duumlsseldorf Hans- Boumlckler-Stiftung

Karl Anna-Lena Sebastian Schwidder Joumlrg Weingarten und Marion Weckes (2020) Ambition oder Symbolpolitik Europaumlische Geschlechterquoten fuumlr Fuumlhrungspositionen im Vergleich In Mitbestimmungsreport 59 5 2020 Duumlsseldorf Hans-Boumlckler-Stiftung

Kitzenmaier Ronja (2019) Entwicklung der Kleinkindbetreuung in Baden-Wuumlrttemberg In Statistisches Monatsheft Baden-Wuumlrttemberg 4 2019 S 17ndash22

Klee Guumlnther und Rolf Kleinmann (2019) Frauen in Fuumlhrungspositionen 2018 Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels Baden-Wuumlrttemberg In IAW Brief Reports 2 2019 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung eV

Klempt Charlotte und Guumlnther Klee (2017) Betriebliche Beschaumlftigungsentwicklung und be- triebliches Einstellungsverhalten in Baden-Wuumlrttemberg Eine geschlechtsspezifische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels (Wellen 2000ndash2016) In IAW Brief Reports 4 2017 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung e V

Kohaut Susanne und Iris Moumlller (2019) Frauen in leitenden Positionen Leider nichts Neues auf den Fuumlhrungsetagen In IAB-Kurzbericht 23 2019 Nuumlrnberg Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2016) Frauenanteil im baden-wuumlrttembergischen Landtag URL httpswwwlandtagswahl-bwdefrauenanteil_landtag2016html Download vom 22062020

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2020) Frauen in den Laumlnderparlamenten URL https wwwlpb-bwdefrauenanteil-laenderparlamentenc46221 Download vom 17072020

Lloren Anouk (2015) Womenlsquos Substantive Representation Defending Feminist Interests or Womenlsquos Electoral Preferences In The Journal of Legislative Studies 21 2 S 144ndash167

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2020) Im Spagat zwischen Erwerbstaumltigkeit und Fuumlrsorge ndash alleinerziehende Muumltter und Vaumlter in Baden-Wuumlrttemberg In GesellschaftsReport BW 1 2020

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2018) Generation unter Druck Die Beanspruchung von Menschen mittleren Alters In GesellschaftsReport BW 2 2018

Morgenroth Thekla Michelle K Ryan und Kim Peters (2015) The Motivational Theory of Role Modeling How Role Models Influence Role Aspirantslsquo Goals In Review of General Psychology 19 4 S 1ndash19

Nr 3 | 2020 Seite 22GesellschaftsReport BW

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

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Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

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Page 19: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 19GesellschaftsReport BW

oder schlecht fuumlr die Mitarbeitendenfuumlhrung sind Mit einer solchen Diskussion laumluft man Gefahr bestehende Geschlechterstereotype weiter fortzuschreiben (Holst und Wiemer 2010) Weder Frauen noch Maumlnner fuumlhren in sich homogen Es geht vielmehr darum zu verhindern dass Frauen systematisch die Chance auf Fuumlhrung verwehrt wird

Vor dem Hintergrund des Einflusses von gesellschaftlichen Rollenvorstellungen ist es letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe das bestehende Verstaumlndnis von Elternschaft und Sorge- arbeit zu uumlberdenken Es braucht ein Verstaumlndnis dafuumlr dass Familien- und Sorgearbeit keine Frage des Geschlechts sind dass sie Muumltter und Vaumlter Toumlchter und Soumlhne gleichermaszligen betreffen Auch hierfuumlr muumlssen in allen Bereichen ndash in Politik in Behoumlrden oumlffentlichen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft bis hinein in die Familien selbst ndash Rollenvorbilder sichtbar gemacht werden

6 Literatur

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Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2018) Vaumlterreport Vater sein in Deutschland heute Berlin

Nr 3 | 2020 Seite 20GesellschaftsReport BW

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Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

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Kohaut Susanne und Iris Moumlller (2019) Frauen in leitenden Positionen Leider nichts Neues auf den Fuumlhrungsetagen In IAB-Kurzbericht 23 2019 Nuumlrnberg Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2016) Frauenanteil im baden-wuumlrttembergischen Landtag URL httpswwwlandtagswahl-bwdefrauenanteil_landtag2016html Download vom 22062020

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Lloren Anouk (2015) Womenlsquos Substantive Representation Defending Feminist Interests or Womenlsquos Electoral Preferences In The Journal of Legislative Studies 21 2 S 144ndash167

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Morgenroth Thekla Michelle K Ryan und Kim Peters (2015) The Motivational Theory of Role Modeling How Role Models Influence Role Aspirantslsquo Goals In Review of General Psychology 19 4 S 1ndash19

Nr 3 | 2020 Seite 22GesellschaftsReport BW

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Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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Page 20: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 20GesellschaftsReport BW

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2017) Zweiter Gleich-stellungsbericht der Bundesregierung Berlin

Bundesministerium fuumlr Familie Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2016) 3 Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Maumlnnern in Deutschland Berlin

Davidson-Schmich Louise K (2016) Gender Quotas and Democratic Participation Recruiting Candidates for Elective Offices in Germany Ann Arbor Michigan University of Michigan Press

Destatis 2020 Gleichstellungsindex 2019 Gleichstellung von Frauen und Maumlnnern in den obers-ten Bundesbehoumlrden Wiesbaden Statistisches Bundesamt

Deutscher Bundestag (2020) Elterngeld in Schweden Sachstand Aktenzeichen WD 9 3000 ndash 08919 URL httpswwwbundestagderesourceblob678118fe6786d7febcf160b2ddbddc34d4 0ce1WD-9-089-19-pdf-datapdf Download vom 29062020

Deutscher Bundestag (2018) Geschlechterparitaumlt in nationalen Parlamenten der EU-Staaten Aus- arbeitung Aktenzeichen WD 1 3000 - 01618 URL httpswwwbundestagderesourceblob 575544d40660e40b8b07c8c0f710d97b7d73e3wd-1-016-18-pdf-datapdf Download vom 22062020

Eurostat (2020) Gender Pay Gap Statistics Gender Pay Gap How much Less Do Women Earn than Men URL httpseceuropaeueurostatstatistics-explainedindexphpGender_pay_gap_statistics Download vom 20072020

Fietze Simon Elke Holst und Verena Tobsch (2009) Persoumlnlichkeit und Karriere Shelsquos Got What it Takes In SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data Research No 220 Deutsches Institut fuumlr Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin

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Hausmann Ann-Christin und Corinna Kleinert (2014) Berufliche Segregation auf dem Arbeits-markt Maumlnner- und Frauendomaumlnen kaum veraumlndert In IAB Kurzbericht 9 2014 Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Holst Elke und Martin Friedrich (2017) Fuumlhrungskraumlfte ndash Monitor 2017 Update 1995-2015 DIW Berlin Politikberatung kompakt 121

Holst Elke und Anita Wiemer (2010) Frauen sind in Spitzengremien der Wirtschaft unterre-praumlsentiert Eine Analyse der Ursachen und Handlungsansaumltze In Wirtschaftsdienst 2010 10 S 692ndash699

Holst Elke und Katharina Wrohlich (2019) Frauenanteile in Aufsichtsraumlten groszliger Unternehmen in Deutschland auf gutem Weg ndash Vorstaumlnde bleiben Maumlnnerdomaumlnen In DIW Wochenbericht 3 2019 S 20ndash34

Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

Jochmann-Doumlll Andrea (2014) Gendergerechte Beurteilungen ndash Hinweise und Empfehlungen fuumlr eine gleichstellungsfoumlrderliche Gestaltung von Regelungen und Praxis Duumlsseldorf Hans- Boumlckler-Stiftung

Karl Anna-Lena Sebastian Schwidder Joumlrg Weingarten und Marion Weckes (2020) Ambition oder Symbolpolitik Europaumlische Geschlechterquoten fuumlr Fuumlhrungspositionen im Vergleich In Mitbestimmungsreport 59 5 2020 Duumlsseldorf Hans-Boumlckler-Stiftung

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Klee Guumlnther und Rolf Kleinmann (2019) Frauen in Fuumlhrungspositionen 2018 Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels Baden-Wuumlrttemberg In IAW Brief Reports 2 2019 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung eV

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Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

Impressum

  • Impressum
Page 21: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 21GesellschaftsReport BW

Jochmann-Doumlll Andrea (2014) Gendergerechte Beurteilungen ndash Hinweise und Empfehlungen fuumlr eine gleichstellungsfoumlrderliche Gestaltung von Regelungen und Praxis Duumlsseldorf Hans- Boumlckler-Stiftung

Karl Anna-Lena Sebastian Schwidder Joumlrg Weingarten und Marion Weckes (2020) Ambition oder Symbolpolitik Europaumlische Geschlechterquoten fuumlr Fuumlhrungspositionen im Vergleich In Mitbestimmungsreport 59 5 2020 Duumlsseldorf Hans-Boumlckler-Stiftung

Kitzenmaier Ronja (2019) Entwicklung der Kleinkindbetreuung in Baden-Wuumlrttemberg In Statistisches Monatsheft Baden-Wuumlrttemberg 4 2019 S 17ndash22

Klee Guumlnther und Rolf Kleinmann (2019) Frauen in Fuumlhrungspositionen 2018 Eine empirische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels Baden-Wuumlrttemberg In IAW Brief Reports 2 2019 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung eV

Klempt Charlotte und Guumlnther Klee (2017) Betriebliche Beschaumlftigungsentwicklung und be- triebliches Einstellungsverhalten in Baden-Wuumlrttemberg Eine geschlechtsspezifische Analyse auf der Basis des IAB-Betriebspanels (Wellen 2000ndash2016) In IAW Brief Reports 4 2017 Tuumlbingen Institut fuumlr Angewandte Wirtschaftsforschung e V

Kohaut Susanne und Iris Moumlller (2019) Frauen in leitenden Positionen Leider nichts Neues auf den Fuumlhrungsetagen In IAB-Kurzbericht 23 2019 Nuumlrnberg Institut fuumlr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2016) Frauenanteil im baden-wuumlrttembergischen Landtag URL httpswwwlandtagswahl-bwdefrauenanteil_landtag2016html Download vom 22062020

Landeszentrale fuumlr politische Bildung (2020) Frauen in den Laumlnderparlamenten URL https wwwlpb-bwdefrauenanteil-laenderparlamentenc46221 Download vom 17072020

Lloren Anouk (2015) Womenlsquos Substantive Representation Defending Feminist Interests or Womenlsquos Electoral Preferences In The Journal of Legislative Studies 21 2 S 144ndash167

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2020) Im Spagat zwischen Erwerbstaumltigkeit und Fuumlrsorge ndash alleinerziehende Muumltter und Vaumlter in Baden-Wuumlrttemberg In GesellschaftsReport BW 1 2020

Ministerium fuumlr Soziales und Integration Baden-Wuumlrttemberg (2018) Generation unter Druck Die Beanspruchung von Menschen mittleren Alters In GesellschaftsReport BW 2 2018

Morgenroth Thekla Michelle K Ryan und Kim Peters (2015) The Motivational Theory of Role Modeling How Role Models Influence Role Aspirantslsquo Goals In Review of General Psychology 19 4 S 1ndash19

Nr 3 | 2020 Seite 22GesellschaftsReport BW

Morrison Ann Randall P White und Ellen Van Velsor (1987) Breaking The Glass Ceiling Can Women Reach The Top Of Americalsquos Largest Corporations London Pearson Education

Osterloh Margit (2014) Warum es ohne Quoten nicht geht ndash die Sicht der Verhaltensoumlkonomik In Die Volkswirtschaft 6 2014

Papenfuszlig Ulf und Christian Arno Schmidt (2020) Frauen in Top-Managementorganen oumlffent- licher Unternehmen ndash ein deutschlandweiter Staumldtevergleich (FIT-Public Management-Studie 2020) Friedrichshafen Zeppelin Universitaumlt

Phillips Anne (1995) The Politics of Presence Oxford Oxford University Press

Possinger Johanna (2013) Vaterschaft im Spannungsfeld von Erwerbs- und Familienleben bdquoNeuen Vaumlternldquo auf der Spur Wiesbaden Springer VS

Solga Heike und Lisa Pfahl (2009) Doing Gender im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich Discussion Paper SP I 2009-502 Berlin Wissenschaftszentrum Berlin fuumlr Sozialforschung (WZB)

Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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  • Impressum
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Nr 3 | 2020 Seite 22GesellschaftsReport BW

Morrison Ann Randall P White und Ellen Van Velsor (1987) Breaking The Glass Ceiling Can Women Reach The Top Of Americalsquos Largest Corporations London Pearson Education

Osterloh Margit (2014) Warum es ohne Quoten nicht geht ndash die Sicht der Verhaltensoumlkonomik In Die Volkswirtschaft 6 2014

Papenfuszlig Ulf und Christian Arno Schmidt (2020) Frauen in Top-Managementorganen oumlffent- licher Unternehmen ndash ein deutschlandweiter Staumldtevergleich (FIT-Public Management-Studie 2020) Friedrichshafen Zeppelin Universitaumlt

Phillips Anne (1995) The Politics of Presence Oxford Oxford University Press

Possinger Johanna (2013) Vaterschaft im Spannungsfeld von Erwerbs- und Familienleben bdquoNeuen Vaumlternldquo auf der Spur Wiesbaden Springer VS

Solga Heike und Lisa Pfahl (2009) Doing Gender im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich Discussion Paper SP I 2009-502 Berlin Wissenschaftszentrum Berlin fuumlr Sozialforschung (WZB)

Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

Impressum

Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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  • Impressum
Page 23: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 23GesellschaftsReport BW

Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 1 Modell 2 Modell 3a Model 3b

Frauen

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 004 001 000 000

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 136 135 136

hoch 320 320 321

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 126 125 126

Partner_in im Haushalt 120 119 120

Berufserfahrung in Jahren 101 101 101

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 110 110 110

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 093 092 094

Baugewerbe 065 065 066

Handel und Reparatur 153 154 154

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 075 076 076

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 068 068 068

Gesundheits- und Sozialwesen 077 077 078

Sonstige Dienstleistungen 136 137 137

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 035 034 035

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 142 142 142

50ndash249 Beschaumlftigte 140 140 140

1 bis 49 Beschaumlftigte 119 119 119

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 102

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 095

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 099 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 101 102

Random Intercept ndash Varianz 002 006 001 001

LR Test 000 000 011 000

BIC 29 70288 26 82223 26 83765 26 83917

N 101 569 101 569 101 569 101 569

Signifikanzniveaus plt0001 plt001 plt005

Anmerkungen Die Werte bilden Odd Ratios ab Odds Ratios stellen bdquorelative Chancenldquo dar Das heiszligt es werden zwei Gruppen einer Variable (zum Beispiel niedrige Bildung und mittlere Bildung) miteinander verglichen und die jeweilige Chance der Gruppen auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (= die abhaumlngige Variable) zueinander ins Verhaumlltnis gesetzt Ein Odds Ratio von 1 bedeutet dass es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt die Chance dass ein Ereignis eintritt ist fuumlr beide Gruppen also gleich groszlig Bei einem O R gt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable groumlszliger als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe groumlszliger ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe Bei einem O R lt1 sind die Odds der beobachteten Auspraumlgung der Variable kleiner als die der Referenzkategorie der Variable Dies bedeutet dass die Chance der einen Gruppe kleiner ist dass ein Ereignis (= die abhaumlngige Variable) eintritt als die Chance der Vergleichsgruppe

bdquoRandom Intercept - Varianzldquo bedeutet dass hier die Varianz der Random Intercepts angegeben wird Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Sie sind bdquoran-domldquo weil sie zwischen den Bundeslaumlndern unterschiedlich sind Die Varianz dieser Random Intercepts zeigt wie stark der Anteil an fuumlhrenden Frauen zwischen den Bundeslaumlndern bdquostreutldquo also voneinander abweicht

Die Betreuungsquote beruht auf dem bundeslandspezifischen Anteil an Kindern unter 3 Jahren die 2018 in Kindertageseinrichtungen betreut wurden Der Traditionalisierungs-grad beruht auf dem Anteil der Zustimmung pro Bundesland in Prozent auf die Frage im ISSP 2018 bdquoDie Aufgabe des Ehemannes ist es Geld zu verdienen die der Ehefrau sich um Haushalt und Familie zu kuumlmmernldquo Der Frauenanteil im Landesparlament gibt diesen Anteil zum Zeitpunkt Ende 2017 wieder um dem Zeitpunkt der Mikrozensusbefra-gung Rechnung zu tragen

Lesebeispiel Modell 3b Bei einem hohen Bildungsabschluss (beobachtete Auspraumlgung der Variable Bildung) ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 321 mal so hoch als bei einem niedrigen Bildungsabschluss (Referenzkategorie der beobachteten Variable Bildung) Mit jedem Anstieg des Traditionalisie-rungsgrades um einen Prozentpunkt ist die relative Chance fuumlr Frauen eine Fuumlhrungsposition zu erreichen 095 mal geringer

Datenquelle Mikrozensus 2018 ISSP 2018 Statistik der Kinder- und Jugendhilfe eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

7 Anhang

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

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VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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Page 24: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

Nr 3 | 2020 Seite 24GesellschaftsReport BW

Noch Tabelle 1A Logistische Mehrebenenmodelle zur Analyse von Einflussfaktoren auf das Erlangen einer Fuumlhrungsposition ndash Frauen und Maumlnner 2018 in Deutschland im Vergleich

Merkmal

Modell 4 Modell 5 Modell 6a Model 6b

Maumlnner

Nullmodell + Individual- variablen

+ Makroindikatoren inklBetreuungs-

quote

+ Makroindikatoren inkl Traditio-

nalisierungsgrad

Intercept 007 001 000 001

Bildungsabschluss (Ref niedriger Bildungsabschluss)

mittel 214 214 214

hoch 606 607 606

Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt 113 113 113

Partner_in im Haushalt 154 154 154

Berufserfahrung in Jahren 102 102 102

woumlchentliche Arbeitszeit (zentriert) 109 109 109

Branche (Ref Verarbeitendes Gewerbe)

Land- und Forstwirtschaft Bergbau Energie 097 097 097

Baugewerbe 069 069 069

Handel und Reparatur 169 169 169

Verkehr und Kommunikation Kredit- und Versicherungsgewerbe 086 086 086

Wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen 080 080 080

Gesundheits- und Sozialwesen 102 102 102

Sonstige Dienstleistungen 185 186 185

Organisationen oE (im Wesentlichen Oumlffentliche Verwaltung) 041 041 041

Betriebsgroumlszlige (Ref 500 und mehr Beschaumlftigte)

250ndash499 Beschaumlftigte 138 138 138

50ndash249 Beschaumlftigte 143 143 144

1 bis 49 Beschaumlftigte 120 120 120

Betreuungsquote U3 in den Bundeslaumlndern 099

Traditionalisierungsgrad in den Bundeslaumlndern 100

Frauenanteil im jeweiligen Landesparlament 100 099

Erwerbsquote von Frauen im Bundesland 103 100

Random Intercept ndash Varianz 004 003 002 003

LR Test 000 000 000 000

BIC 58 50354 52 59454 52 62389 52 62931

N 116 356 116 356 116 356 116 356

Nr 3 | 2020 Seite 25GesellschaftsReport BW

Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

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Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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Abbildung 1 Anhang Bundeslandspezifische Differenzen im Erreichen einer Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

369 20Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg

Bundeslandspezifische Differenzen im Erreicheneiner Fuumlhrungsposition fuumlr Frauen unter Beruumlcksichtigung

individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen 2018

Anmerkungen Dargestellt sind Random Intercepts unter Kontrolle individueller beruflicher und betrieblicher Einflussgroumlszligen nach Bundesland Unter diesen Einflussgroumlszligen sind die dargestellten Variablen in Tabelle 1A Modell 2 zu verstehen Intercepts (auch Achsenabschnitt oder Schwellenwert) geben den Wert der abhaumlngigen das heiszligt zu erklaumlrenden Variablen (hier Fuumlhrungsposition janein) an wenn alle unabhaumlngigen Variablen das heiszligt Variablen die zur Erklaumlrung der abhaumlngigen Variablen beitragen koumlnnen den niedrigsten Wert annehmen (hier zum Beispiel niedriger Bildungsabschluss oder keine Kinder im Haushalt) Auch wenn der Einfluss der unabhaumlngi-gen Variablen beruumlcksichtigt wird fuumlhren Frauen in den entsprechenden Bundeslaumlndern unterschiedlich haumlufigDatenquelle Mikrozensus 2018 eigene Berechnungen der FamilienForschung Baden-Wuumlrttemberg im Statistischen Landesamt

032

030

024

023

022

015

008

ndash 010

ndash 012

ndash 015

ndash 016

ndash 017

ndash 019

ndash 020

ndash 045

003

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Wuumlrttemberg

Bremen

Saarland

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Hessen

Berlin

Schleswig-Holstein

Sachsen-Anhalt

Thuumlringen

Sachsen

Mecklenburg-Vorpommern

Hamburg

Brandenburg

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Der GesellschaftsReport BW wird herausgegeben vomMinisterium fuumlr Soziales und IntegrationBaden-WuumlrttembergElse-Josenhans-Straszlige 670173 Stuttgart

Tel 0711 123-0Internet wwwmsi-bwde

AutorinnenFaFo FamilienForschung Baden-WuumlrttembergDr Stephanie Saleth Stephanie Bundel Gabrina MaumltzkeBoumlblinger Str 6870199 Stuttgart

Tel 0711 641-2033Internet wwwfafo-bwde

RedaktionRegina Koch-Richter

LayoutAndrea Mohr

Copyright-Hinweisecopy Statistisches Landesamt Baden-Wuumlrttemberg Stuttgart 2020

Fotonachweis TitelbildScusi Fotolia

VerteilerhinweisDiese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Wuumlrttemberg im Rahmen ihrer verfassungsmaumlszligi-gen Verpflichtung zur Unterrichtung der Oumlffentlichkeit herausgegeben Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern waumlhrend eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer-bung verwendet werden Dies gilt fuumlr alle Wahlen Missbraumluchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen an Informationsstaumlnden der Parteien sowie das Einlegen Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden dass dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden koumlnnte Diese Beschraumlnkungen gelten unabhaumlngig vom Vertriebsweg also unabhaumlngig davon auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informati-onsschrift dem Empfaumlnger zugegangen ist Erlaubt ist es jedoch den Parteien diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden

Nr 3 | 2020 Seite 26GesellschaftsReport BW

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Page 26: Frauen in Führungspositionen – Chancen und Hemmnisse ...Gemeinderatswahlen seit den 1990er-Jahren zeigt (Abbildung 1), erreichen nur wenige tatsäch-lich ein Mandat. Positiv fällt

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